EBM-Labor: Der Honorarklau geht weiter

Zimmerm
Forum Politik
EBM-Labor: Der Honorarklau
geht weiter
ZIMMERMANN
RECHNET AB
Der Bewertungsausschuss hat am 11. März
einem geschickt getarnten Geldabfluss aus
2016 umfangreiche Änderungen beschlos-
dem hausärztlichen Sektor zu tun.
sen, die sich auf die KBV-Vorgaben zur Ho-
Ab dem dritten Quartal 2016 beschleunigt
norarverteilung beziehen. Der „ungeübte“
sich dieser Abfluss sogar noch. Indem der
Leser dieser Änderungen dürfte Schwierig-
Bewertungsausschuss die molekulargene-
keiten haben, diese überhaupt zu verstehen.
tischen Leistungen (Nrn. 32860 bis 32863
Vielleicht ist das aber gewollt, denn die Än-
EBM) vom „Labortopf“ in den „Topf“ für das
derungen führen zu einer weiteren Quer-
genetische Labor verlagert, wird das den
subventionierung fachärztlicher Leistungen
Hausärzten entzogene Honorar sogar „in
aus dem hausärztlichen Honoraranteil.
Sicherheit gebracht“.
Abschnitt 7.1 der KBV-Vorgaben sieht näm-
Man muss den „Hut ziehen“ vor so viel
Cleverness in der KBV-Führung, insbesondere weil in einem anderen Bereich der Geldzogen finanziert werden – und zwar nach
strom genau umgekehrt gelenkt wird:
dem jeweiligen Anteil, der entsprechend des
Kommt es im VergütungsTrennungsfaktors auf den
volumen des Grundbetrags
hausärztlichen oder fachMehrbedarf müssen
„ärztlicher Bereitschaftsärztlichen Bereich entfällt.
Haus- und Fachärzte
dienst“ zu einem UnterDieser „Labortopf“ ist zwar
anteilsmäßig finanzieren.
schuss, finanziert diesen
über eine Laborquote Q
quartalsbezogen die
budgetiert, aber nur bis zu
entsprechende Zahl der
einem Mindestwert in Höhe
Vertragsärzte in den
von 0,9158 Prozent. Den
jeweiligen Versorgungsbereichen. Da in der
verbleibenden Mehrbedarf an Geld müssen
Regel Hausärzte Bereitschaftsdienste
Haus- und Fachärzte anteilsmäßig tragen.
übernehmen, finanzieren sie ihr NotdienstDa die Leistungen im „Labortopf“ aber fast
honorar etwa zur Hälfte praktisch selbst.
ausschließlich Fachärzten unterschiedlicher
Hinzu kommt: Wenn noch Portalpraxen in
Fachrichtungen zufließen, haben wir es mit
Krankenhäusern entstehen, erhöht sich
dieser Verlust und wird sich bald schmerzlich am Praxis-Honorar bemerkbar machen.
Denn auch die in Portalpraxen erbrachten
Leistungen sollen aus dem neuen eigenen
Honorartopf für den ambulanten Notdienst
bezahlt werden.
Übrigens: Bis zum 30. September 2015 sollte
nach den zugrunde liegenden Beschlüssen
der Bewertungsausschuss prüfen, ob der
Mailen Sie Ihre Fragen an die Redaktion unter
Grundbetrag „Labor“ anteilig in den [email protected].
ärztlichen und fachärztlichen Grundbetrag
Sie erhalten zeitnah eine persönliche Antwort.
überführt werden kann. Damit wäre die
Allgemein relevante Themen werden veröffentlicht.
Transferroute unterbrochen. Passiert ist bisher diesbezüglich nichts!
Dr. Gerd W. Zimmermann
ist seit 1979 als niederge­
lassener Allgemeinarzt in
Hofheim/Taunus tätig
und ebenso lange Mitglied
im Deutschen Hausärzte­
verband. Er ist unser
Gebührenordnungsexperte und schreibt
regelmäßig für Sie.
lich schon jetzt vor: Ein Unterschuss im
Grundbetrag „Labor“ muss ggf. quartalsbe-
Haben Sie Fragen
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Der Hausarzt 08/2016
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zur Abrechnung und/oder zur Praxisführung?
ann
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rechnet ab
NäPA keine Alternative zu VERAH®
Wegen beschränkter Ausbildungskapazitäten und des notwendigen
zeitlichen Vorlaufs für die Organisation der Fortbildungen, können
in nahezu allen Kassenärztlichen
Vereinigungen (KV) zahlreiche
nicht-ärztliche Praxisassistentinnen
(NäPA) die Ausbildung nicht rechtzeitig abschließen. Stichtag ist der
30. Juni 2016. Etwa 53 Prozent der
Praxen mit einer NäPA haben dementsprechend bisher nur eine befristete Abrechnungsgenehmigung.
Daher haben sich die Partner des
Bundesmantelvertrages (BMV-Ä)
darauf geeinigt, die Übergangsregelung für die NäPA in Ausbildung um sechs Monate zu verlängern. Neuer Stichtag ist damit der
Nach der aktuell gültigen
Delegations-Vereinbarung ist die
Genehmigung für eine NäPA auch zu
erteilen, wenn nachgewiesen wird,
dass die Ausbildung bis zum 30. Juni
2016 abgeschlossen wird. In diesen
Fällen ist die Genehmigung bis zum
voraussichtlichen Abschluss der
Fortbildung nunmehr bis zum 31.
Dezember 2016 zu befristen.
So gesehen bestätigt sich im Grunde
genommen nur, dass es sich bei dieser
von der KBV geschaffenen „Figur“
um eine Fehlkonstruktion handelt.
Jedenfalls gibt es bei der in den Hausarztverträgen (HZV) etablierten Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH®) solche Engpässe
nicht.
31. Dezember 2016.
Die GOÄ ist (zu Recht) tot?
Die Bundesärztekammer (BÄK) hat das Handtuch geworfen: Praktisch „auf den letzten Drücker“ hat sie erkannt,
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dass der vorgelegte GOÄ-Entwurf den Ärzten nicht zugemutet werden kann. Was in erster Linie einen Schlag ins
Gesicht für die Verhandler bedeutet, wird nun nach und
nach zum Horrorszenario, wenn Details bekannt werden.
Im neuen Paragraf 4 der GOÄ heißt es zum Beispiel: „Eine
erbrachte oder veranlasste Laborleistung muss in einem
medizinisch plausiblen Kausalzusammenhang mit der zu
Grunde liegenden Diagnose stehen.“ Im neuen Paragraf
12 findet sich die Regelung „bei Ersatz von Auslagen nach
Paragraf 10 den Betrag und die genaue Bezeichnung der
Auslage, bei Arzneimitteln den Wirkstoffnamen sowie die
konkret verbrauchte Menge. Übersteigt die Summe der
Der Hausarzt 08/2016
Rechnet sich eine NäPA überhaupt?
Einnahmen
Ausgaben
(12.851 × 10,27 Cent=) 1.341,14 Euro/Quartal
447,04 Euro/Monat/
2.741,46 Euro
2.294,42 Euro
(Besuche / Monat)
135 × 17,32 Euro = 2.338,20 Euro
Gewinn / Monat
43,78 Euro
Bei einem Gehalt der Stufe 2 des MFA-Tarifvertrages
(5. bis 8. Berufsjahr) müsste die NäPA etwa 135 Hausbesuche im Quartal machen, damit für den Praxisinhaber
zumindest ein kleiner „Gewinn“ von 43,78 Euro* und damit Kostenneutralität resultiert.
*Berechnungsgrundlage: Höchstwert für die Pauschale­
nach Nr. 03060 EBM/Quartal und 135 NäPA-Besuche
nach Nr. 03062 EBM
berechneten Auslagen den Betrag von 50 Euro, sind die
Belege über die entstandenen Kosten beizufügen.“
Laborleistungen wären in der neuen GOÄ um 30 bis
50 Prozent abgewertet und würden sowieso keine große
Rolle bei der Rechnungstellung mehr spielen. Auch ist es
sicherlich kein Problem, den Wirkstoffnamen bei einem
Arzneimitteleinsatz anzugeben. Aber woran misst sich
„die konkret verbrauchte Menge“?
Auseinandersetzungen mit dem Patienten sind hier programmiert, wenn die Kasse die Leistung nicht erstattet.
Zudem macht es die Auslagenberechnung deutlich aufwändiger, dass bei einem Gesamtbetrag von 50 Euro „Belege“
(nicht mehr wie bisher alternativ „ein sonstiger Nachweis“)
beizufügen sind.
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Forum Politik
Das neue Reha-Formular und seine Folgen
Von 1. April 2016 an darf jeder Hausarzt
fall oder eine Berufskrankheit vorliegt.
eine Reha zu Lasten der Gesetzlichen
Bei Rehabilitationsleistungen für Alters-
Krankenversicherung (GKV) verordnen.
rentner kommt eine Reha in Betracht,
Die Leistung wird mit 31,52 Euro nach
wenn beispielsweise nach Unfall oder
Nr. 01611 EBM innerhalb der gedeckelten
Krankheit ein Leben in gewohnter Um-
Gesamtvergütung bezahlt (wie in Der
gebung erhalten bleiben soll. Ebenso
Hausarzt 5,6 berichtet). Ist das Budget
zuständig ist die Krankenkasse bei Re-
am Quartalsende erschöpft, wird das
habilitationsleistungen für Mütter und
somit zur Gratisleistung.
Väter, Kinder und Jugendliche, wenn es
Eine solche medizinische Rehabilitation
sich nicht um eine reine Vorsorgeleis-
kann bei Patienten erforderlich sein,
tung handelt, sondern eine Beeinträchti-
wenn krankheits- oder behinderungsbe-
gung vorliegt und die Rehabilitation me-
dingt nicht nur vorübergehende Beein-
dizinisch notwendig ist.
trächtigungen der Teilhabe am Leben
in der Gemeinschaft bestehen oder drohen. Das kann zum Beispiel bei einer
Gonarthrose oder bei einer Herzinsuffizienz der Fall sein. Bei Berufstätigen
ist hier die Rentenversicherung zuständig. An der Verordnung dort ändert sich
nichts. Das Honorar ist hier etwas niedriger, dafür aber garantiert.
Die Krankenkasse ist zuständig, wenn
keine Minderung der Erwerbsfähigkeit
vorliegt oder droht und kein Arbeitsun-
Teil A des neuen Formulars
müssen Hausärzte ausfüllen, wenn
Ärzte eine Reha-Beratung für ihren
Patienten bei dessen Krankenkasse
veranlassen wollen. Wenn klar ist, dass
die GKV für die Rehabilitationsleistung
zuständig ist und sie ggf. auch befürwortet, müssen die Teile B bis D
ausgefüllt und an die Krankenkasse
übermittelt werden. Das Ausfüllen
dieses Formularteils ist aufwändig, weil
hier Kontextfaktoren abgefragt werden,
die nicht jedem Hausarzt geläufig sein
dürften.
Deshalb war das Ausfüllen des Formulars bisher an eine spezielle Fortbildung
gebunden. Diese Verpflichtung fällt
jetzt weg, so dass man diese erhebliche
bürokratische Belastung der Praxis
nicht mehr durch Nichterwerb der Qualifikation verhindern kann. Die KBV bietet deshalb eine Onlinefortbildung an.
Warum der bei der KBV angesiedelte
Ausschuss zum Abbau bürokratischer
Belastungen in der Praxis diese Neuregelung zugelassen hat, bleibt eines der
vielen Geheimnisse der Körperschaft!
Neue Obergrenze auch für hausärztliche Psychotherapie
Für die Zuschläge 35251, 35252 und 35253 EBM auf psy-
biert. Ab 379.713 Punkten entfällt der Zuschlag.
chotherapeutische Leistungen des EBM-Kapitels 35.2 hat
Halber Tätigkeitsumfang: Die Zuschläge sind berechnungs-
der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) jetzt eine
fähig, wenn die Gesamtpunktzahl der abgerechneten GOP
Obergrenze beschlossen. Weiterhin gilt, dass Praxen die
35200 bis 35225 in einem Quartal maximal 189.856 Punkte
Zuschläge erst ab einer Mindestpunktzahl erhalten. Die Zu-
beträgt. Die Abstaffelung um den Faktor 0,5 greift für den
schläge können nur abhängig vom Tätigkeitsumfang (voll
Bereich zwischen 162.734 bis 189.856 Punkte.
bescheids) und mit entsprechender Genehmigung (nach
Psychotherapie-Vereinbarung) angesetzt werden.
Voller Tätigkeitsumfang: Ärzte erhalten die Zuschläge, sofern ihre Gesamtpunktzahl der abgerechneten GOP 35200
bis 35225 in einem Quartal zwischen 162.734 und 379.712
Punkten liegt. Für den Korridor zwischen 325.468 Punkten
bis 379.712 Punkten wird die Bewertung der Zuschläge hal-
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Formal tritt der Beschluss rückwirkend zum 1. Januar
2012 in Kraft. Die nun in den EBM aufgenommene
Obergrenze für die Zuschläge sowie Abstaffelung zwischen
Vollauslastung und Obergrenze mit dem Faktor 0,5 findet
jedoch erst ab dem 1. April 2016 und somit für die Abrechnungen des zweiten Quartals Anwendung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen setzen die Zuschläge automatisch zu.
Der Hausarzt 08/2016
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oder reduziert – gemäß des Zulassungs-/Genehmigungs-