Energieversorgung – Nutzung der Sonnenenergie 144 Solare Niedertemperaturwärme Mit der Sonne heizen Über die Hälfte des gesamten Endenergiverbrauchs der Bundesrepublick wird für die Bereitstellung von Niedertemperaturwärme, also von Wärme bei Temperaturen unter 100 °C, verwendet. In den Haushalten liegt der Anteil noch höher. Hier entfallen zwischen 70 und 80 % des Energieverbrauchs auf die Heizung und etwa 10 % auf die Warmwasserbereitung. Dieser Bedarf an Niedertemperaturwärme wird fast ausschließlich durch Kohle, Öl, Gas sowie durch elektrische Energie gedeckt, also durch Energieträger, die sich zur Erzeugung sehr viel höherer Temperaturen eignen. Deshalb ist es sinnvoll, zur Bereitstellung von Wärme unter 100 °C die Sonnenenergie zu nutzen. Dadurch werden die Vorräte hochwertiger Energieträger geschont. Als passive Nutzung der Sonnenenergie zur Unterstützung der Raumheizung bezeichnet man eine klimagerechte Bauweise. Für Neubauten, vor allem für neu anzulegende Siedlungen heißt das, die Sonne in die Planungen einzubeziehen. So ermöglichen nach Süden ausgerichtete große Dach- und Fassadenflächen die passive Nutzung der Sonnenenergie vor allem im Winter durch verglaste Vorbauten und Wintergärten. Zusätzliche Wärme kann man durch große Fensterflächen mit Dreifachverglasung und einer Spezialbeschichtung gewinnen, die für sichtbares Sonnenlicht durchlässig sind, aber die langwelligen, von warmen Innenräumen kommenden Wärmestrahlen zurückhalten. In gleicher Weise wirkt die transparente Wärmedämmung (TWD), die das Sonnenlicht durchlässt und so für eine Erwärmung der Hauswände sorgt, gleichzeitig isoliert, da sie für die von den Hauswänden abgestrahlte langwellige Wärmestrahlung undurchlässig Rollosystem Eine intensivere, aktive Nutzung der Sonnenenergie ermöglichen an südlichen Dach- und Fassadenflächen installierte Sonnenkollektoren und Solargeneratoren. Sonnenkollektoren Ein Gerät, das die Sonnenenergie in nutzbare Wärme umwandelt, ist der Sonnenkollektor. Hochwertige Energie benötigt man nur zu seiner Herstellung. Die Energierückflusszeit - das ist die Zeit, in der die Anlage so viel Energie liefert, wie zu ihrer Herstellung verbraucht wurde - liegt bei modernen Kollektoren je nach der geografischen Lage zwischen 1,5 und 3 Jahren; ihre Lebensdauer wird mit etwa 15 bis 20 Jahren angegeben. Die durch die Glasabdeckung eines Sonnenkollektors dringende Strahlung wird durch seine schwarze Oberfläche absorbiert. Diese erwärmt sich und die durch den Absorber fließende Flüssigkeit (Bild 2). Entsprechend der erreichten Temperatur strahlt der Absorber langwellige Wärmestrahlen ab, für die die Glasabdeckung undurchlässig ist (vgl. Treibhauseffekt, S. 142). Dadurch erwärmt sich der Kollektorinnenraum und über Konvektion und Wärmeleitung auch die Glasabdeckung, die Wärme nach außen abgibt. Den dadurch eintretenden Wärmeverlust verringert man durch eine zweite Glasabdeckung. Noch wirkungsvoller unterbindet man den Wärmeverlust durch eine selektive Beschichtung des Absorbers, die das Sonnenlicht fast vollständig absorbiert, aber für die langwellige Wärmeabstrahlung undurchlässig Glas Außentemperatur 10 °C Solarstrahlung Außen ht Lic Temperatur in °C Glas ist. Die TWD besteht aus ca. 10 cm starken Platten aus Glas oder Kunststoff mit wabenförmigen Hohlkammern. Im Sommer schützen Rollosysteme vor Überhitzung (Bild 1). Glas Innen Te m 50 pe rat ur Absorber ft Lu 60 °C 40 Wärmeabgabe 30 20 10 Isolation TWD Massivwand 1 Funktionsweise der transparenten Wärmedämmung kalter Zulauf 2 Heißer Absorber bei kühler Außentemperatur warmer Ablauf Elemente der Thermodynamik 145 3 Versuche mit einem Modellkollektor 4 Null-Heizenergiehaus mit Langzeitspeicher ist. Durch Vakuumröhren- oder Vakuumflachkollektoren verhindert man den durch Konvektion und Leitung verursachten Wärmetransport zur Glasabdeckung. Die Herstellung solcher Vakuumkollektoren ist zwar aufwendiger, ihr Wirkungsgrad aber deutlich höher. Dies kommt einer Einsparung an Kollektorfläche gleich. Deren Aufgabe ist es, die im Sommer durch die Kollektoranlage gesammelte und nicht verbrauchte Energie für die kalte Jahreszeit zu speichern. Die auf Seite 141 in Bild 3 gezeigte Siedlung wird durch einen zentral gelegenen, gut isolierten Wassertank mit einem Fassungsvermögen von 4 500 m3 versorgt. Sein Inhalt wird während der Sommermonate durch das heiße Kollektorwasser über Wärmetauscher aufgeheizt. Im Winter entnimmt man ihm über Wärmepumpen nach Bedarf Heizenergie (vgl. [7], Nr. 16/96). Auch die von einigen Fertighausfirmen entworfenen und von dem Stuttgarter Fraunhoferinstitut für Bauphysik wissenschaftlich begleiteten Null-Heizenergie-Häuser enthalten Langzeitwärmespeicher (Bild 4). Solche Häuser sind - solange nur Pilotprojekte existieren - noch recht teuer. Sie verweisen aber auf eine Technik, die es ermöglicht, schrittweise endliche Energieträger durch Sonnenenergie zu ersetzen. Kollektor-Praxis Für die Montage von Sonnenkollektoren eignen sich vor allem nach Süden geneigte Dachflächen oder Südfassaden. Für einen täglichen Warmwasserbedarf zwischen 200 und 300 l wird eine Kollektorfläche von 5 bis 8 m2 und ein Warmwasserspeicher von etwa 400 l empfohlen (weitere technische Daten und Selbstbauanleitungen vgl. [2]). Bei guter Wärmedämmung eines Einfamilienhauses und einer Kollektorfläche von 10 bis 15 m2 schätzt man einen solaren Beitrag zur Raumheizung von etwa 25% und bis zu 80% für die Warmwasserbereitung. Eine Kollektoranlage sollte so dimensioniert sein, dass in den Sommermonaten, in denen der Wirkungsgrad der Öloder Gasheizungen wegen der verlustreichen Stillstandzeiten besonders niedrig ist, keine anderen Heizsysteme benötigt werden. Im Sommer und vor allem in der Übergangszeit bewährt sich die Beheizung von Schwimmbecken durch Kollektoranlagen. Wie bei BHKW kann man auch bei Kollektoren überschüssige Wärme im Sommer zur Kühlung durch Absorptionskältemaschinen nutzen. Langzeitwärmespeicher Da 80-90 % der in einem Haushalt verbrauchten Energie auf Heizung und Warmwasser entfallen, liegt der Gedanke nahe, die Kollektorfläche derart zu erweitern, dass man in Verbindung mit einer guten Wärmedämmung und Systemen zur Wärmerückgewinnung (fast) ohne weitere Heizsysteme auskommt. Wegen der geringen Sonneneinstrahlung im Winterhalbjahr setzt das Langzeitwärmespeicher voraus. Aufgaben 1 Beschreiben Sie die Funktionsweise eines Sonnenkollektors. 2 Orientieren Sie sich über Energiesparhäuser mit und ohne Langzeitwärmespeicher (Quellen: Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart, Prospekte von Fertighausfirmen, ...). 3 Orientieren Sie sich über Techniken der Wärmedämmung und der passiven Nutzung von Sonnenenergie. Quelle: [7], Nr.7/91; 5/96; 10/97. Experimentieren Sie Bestimmen Sie mit dem Modellkollektor (Bild 3) oder mit einem selbst gebauten Kollektor die Erwärmung des Wassers im Kollektor durch die Sonne oder durch eine Halogenlampe als Funktion von Auftreffwinkel und Bestrahlungsdauer. Untersuchen Sie an einem Modellhaus aus der Physiksammlung die Eigenschaften einzelner Dämmmaterialien.
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