Energieversorgung – Nutzung der Sonnenenergie
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Solare Niedertemperaturwärme
Mit der Sonne heizen
Über die Hälfte des gesamten Endenergiverbrauchs
der Bundesrepublick wird für die Bereitstellung von
Niedertemperaturwärme, also von Wärme bei Temperaturen unter 100 °C, verwendet. In den Haushalten liegt der Anteil noch höher. Hier entfallen zwischen 70 und 80 % des Energieverbrauchs auf die
Heizung und etwa 10 % auf die Warmwasserbereitung. Dieser Bedarf an Niedertemperaturwärme
wird fast ausschließlich durch Kohle, Öl, Gas sowie
durch elektrische Energie gedeckt, also durch Energieträger, die sich zur Erzeugung sehr viel höherer
Temperaturen eignen. Deshalb ist es sinnvoll, zur
Bereitstellung von Wärme unter 100 °C die Sonnenenergie zu nutzen. Dadurch werden die Vorräte
hochwertiger Energieträger geschont.
Als passive Nutzung der Sonnenenergie zur Unterstützung der Raumheizung bezeichnet man eine
klimagerechte Bauweise. Für Neubauten, vor allem
für neu anzulegende Siedlungen heißt das, die Sonne
in die Planungen einzubeziehen.
So ermöglichen nach Süden ausgerichtete große
Dach- und Fassadenflächen die passive Nutzung der
Sonnenenergie vor allem im Winter durch verglaste
Vorbauten und Wintergärten. Zusätzliche Wärme
kann man durch große Fensterflächen mit Dreifachverglasung und einer Spezialbeschichtung gewinnen, die für sichtbares Sonnenlicht durchlässig sind,
aber die langwelligen, von warmen Innenräumen
kommenden Wärmestrahlen zurückhalten. In gleicher Weise wirkt die transparente Wärmedämmung (TWD), die das Sonnenlicht durchlässt und so
für eine Erwärmung der Hauswände sorgt, gleichzeitig isoliert, da sie für die von den Hauswänden abgestrahlte langwellige Wärmestrahlung undurchlässig
Rollosystem
Eine intensivere, aktive Nutzung der Sonnenenergie ermöglichen an südlichen Dach- und Fassadenflächen installierte Sonnenkollektoren und Solargeneratoren.
Sonnenkollektoren
Ein Gerät, das die Sonnenenergie in nutzbare Wärme
umwandelt, ist der Sonnenkollektor. Hochwertige
Energie benötigt man nur zu seiner Herstellung. Die
Energierückflusszeit - das ist die Zeit, in der die Anlage so viel Energie liefert, wie zu ihrer Herstellung
verbraucht wurde - liegt bei modernen Kollektoren je
nach der geografischen Lage zwischen 1,5 und 3 Jahren; ihre Lebensdauer wird mit etwa 15 bis 20 Jahren
angegeben.
Die durch die Glasabdeckung eines Sonnenkollektors dringende Strahlung wird durch seine schwarze
Oberfläche absorbiert. Diese erwärmt sich und die
durch den Absorber fließende Flüssigkeit (Bild 2).
Entsprechend der erreichten Temperatur strahlt der
Absorber langwellige Wärmestrahlen ab, für die die
Glasabdeckung undurchlässig ist (vgl. Treibhauseffekt, S. 142). Dadurch erwärmt sich der Kollektorinnenraum und über Konvektion und Wärmeleitung
auch die Glasabdeckung, die Wärme nach außen
abgibt. Den dadurch eintretenden Wärmeverlust verringert man durch eine zweite Glasabdeckung. Noch
wirkungsvoller unterbindet man den Wärmeverlust
durch eine selektive Beschichtung des Absorbers, die
das Sonnenlicht fast vollständig absorbiert, aber für
die langwellige Wärmeabstrahlung undurchlässig
Glas
Außentemperatur
10 °C
Solarstrahlung
Außen
ht
Lic
Temperatur in °C
Glas
ist. Die TWD besteht aus ca. 10 cm starken Platten
aus Glas oder Kunststoff mit wabenförmigen Hohlkammern. Im Sommer schützen Rollosysteme vor
Überhitzung (Bild 1).
Glas
Innen
Te
m
50
pe
rat
ur
Absorber
ft
Lu
60 °C
40
Wärmeabgabe
30
20
10
Isolation
TWD
Massivwand
1 Funktionsweise der transparenten Wärmedämmung
kalter
Zulauf
2 Heißer Absorber bei kühler Außentemperatur
warmer
Ablauf
Elemente der Thermodynamik
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3 Versuche mit einem Modellkollektor
4 Null-Heizenergiehaus mit Langzeitspeicher
ist. Durch Vakuumröhren- oder Vakuumflachkollektoren verhindert man den durch Konvektion und Leitung verursachten Wärmetransport zur Glasabdeckung. Die Herstellung solcher Vakuumkollektoren ist zwar aufwendiger, ihr Wirkungsgrad aber
deutlich höher. Dies kommt einer Einsparung an Kollektorfläche gleich.
Deren Aufgabe ist es, die im Sommer durch die Kollektoranlage gesammelte und nicht verbrauchte
Energie für die kalte Jahreszeit zu speichern. Die auf
Seite 141 in Bild 3 gezeigte Siedlung wird durch
einen zentral gelegenen, gut isolierten Wassertank
mit einem Fassungsvermögen von 4 500 m3 versorgt. Sein Inhalt wird während der Sommermonate
durch das heiße Kollektorwasser über Wärmetauscher aufgeheizt. Im Winter entnimmt man ihm über
Wärmepumpen nach Bedarf Heizenergie (vgl. [7], Nr.
16/96). Auch die von einigen Fertighausfirmen entworfenen und von dem Stuttgarter Fraunhoferinstitut für Bauphysik wissenschaftlich begleiteten Null-Heizenergie-Häuser enthalten Langzeitwärmespeicher (Bild 4). Solche Häuser sind - solange
nur Pilotprojekte existieren - noch recht teuer. Sie
verweisen aber auf eine Technik, die es ermöglicht,
schrittweise endliche Energieträger durch Sonnenenergie zu ersetzen.
Kollektor-Praxis
Für die Montage von Sonnenkollektoren eignen sich
vor allem nach Süden geneigte Dachflächen oder
Südfassaden. Für einen täglichen Warmwasserbedarf zwischen 200 und 300 l wird eine Kollektorfläche von 5 bis 8 m2 und ein Warmwasserspeicher
von etwa 400 l empfohlen (weitere technische Daten
und Selbstbauanleitungen vgl. [2]). Bei guter Wärmedämmung eines Einfamilienhauses und einer Kollektorfläche von 10 bis 15 m2 schätzt man einen solaren Beitrag zur Raumheizung von etwa 25% und bis
zu 80% für die Warmwasserbereitung. Eine Kollektoranlage sollte so dimensioniert sein, dass in den
Sommermonaten, in denen der Wirkungsgrad der Öloder Gasheizungen wegen der verlustreichen
Stillstandzeiten besonders niedrig ist, keine anderen
Heizsysteme benötigt werden. Im Sommer und vor
allem in der Übergangszeit bewährt sich die Beheizung von Schwimmbecken durch Kollektoranlagen.
Wie bei BHKW kann man auch bei Kollektoren überschüssige Wärme im Sommer zur Kühlung durch
Absorptionskältemaschinen nutzen.
Langzeitwärmespeicher
Da 80-90 % der in einem Haushalt verbrauchten
Energie auf Heizung und Warmwasser entfallen,
liegt der Gedanke nahe, die Kollektorfläche derart zu
erweitern, dass man in Verbindung mit einer guten
Wärmedämmung und Systemen zur Wärmerückgewinnung (fast) ohne weitere Heizsysteme auskommt.
Wegen der geringen Sonneneinstrahlung im Winterhalbjahr setzt das Langzeitwärmespeicher voraus.
Aufgaben
1 Beschreiben Sie die Funktionsweise eines Sonnenkollektors.
2 Orientieren Sie sich über Energiesparhäuser mit
und ohne Langzeitwärmespeicher (Quellen: Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart, Prospekte von
Fertighausfirmen, ...).
3 Orientieren Sie sich über Techniken der Wärmedämmung und der passiven Nutzung von Sonnenenergie. Quelle: [7], Nr.7/91; 5/96; 10/97.
Experimentieren Sie
Bestimmen Sie mit dem Modellkollektor (Bild 3) oder
mit einem selbst gebauten Kollektor die Erwärmung
des Wassers im Kollektor durch die Sonne oder durch
eine Halogenlampe als Funktion von Auftreffwinkel
und Bestrahlungsdauer. Untersuchen Sie an einem
Modellhaus aus der Physiksammlung die Eigenschaften einzelner Dämmmaterialien.