WHITEPAPER Context-Aware Frontend Architecture Beispielszenarien für eine kontextsensitive Applikationslandschaft WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Context-Aware Frontend Architecture Beispielszenarien für eine kontextsensitive Applikationslandschaft AUTOREN: Richard Attermeyer, Stephan Rauh & Rolf Scheuch, OPITZ CONSULTING Deutschland GmbH KONTAKT: rolf.scheuch@ opitz-consulting.com +49 2261 6001-1223 Inhaltsübersicht Vorwort VORWORT Mit der Zusammenstellung dieser aktuellen Fallstudien möchten wir Ihnen einen Ansatz für eine zukunftsfähige Applikationslandschaft zur Unterstützung der digitalen Transformation vorstellen. Eine flexible und auf alle Kanäle und Geräte (Omni Channel) ausgerichtete Context-Aware Frontend Architecture (CAFA) kann Ihnen als Blueprint bei der Modernisierung und Transformation Ihrer bestehenden Systeme auf eine flexible Applikationslandschaft dienen. Die Referenzarchitektur basiert auf unseren Erfahrungen aus unterschiedlichen Projekten. Alle vorgestellten Fallstudien setzen darauf, die bislang monolithischen (Legacy-)Systeme durch neue flexible Applikationsarchitekturen zu ersetzen und entkoppeln dabei Frontend- und Backend-Dienste. Treiber waren die Digitalisierung der bestehenden Geschäftsmodelle sowie ein „Design for Change“-Ansatz zur schnellen Implementierung neuartiger digitaler Geschäftsmodelle. MOTIVATION QUALITÄTSMERKMALE GESCHÄFTSPARTNER AUF EIGENER PLATTFORM EINBINDEN BLUEPRINT CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE FALLSTUDIEN – ÜBERBLICK FS 1: WACHSTUMSSICHERUNG MITTELS API MANAGEMENT FS 2: HÖHERE KUNDENBINDUNG DURCH DIGITALISIERUNG FS 3: INDUSTRIE 4.0 AUF DEM SHOP FLOOR FS 4: FLEXIBILISIERUNG DER STANDARDSOFTWARE WAHLFREIHEIT: MAKE & BUY Bei unseren Fallstudien haben wir unseren Fokus auf die Architektur und ihre Motivation gerichtet. Wichtig war es uns außerdem, die Lessons Learned aus den Retrospektiven festzuhalten. Andere Themen wie z. B. die Implementierungsphase haben wir dagegen etwas kürzer gehalten. ORGANISATORISCHE IMPLIKATIONEN CHANCEN & RISIKEN Gerne klären wir offene Fragen mit Ihnen oder erläutern tiefere Details aus den Projekten. Sprechen Sie uns an. ZUSAMMENFASSUNG ANMERKUNGEN & QUELLEN ÜBER OPITZ CONSULTING Texte und Abbildungen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. OPITZ CONSULTING kann jedoch für eventuell fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Das Recht an dar-gestellten Verfahren, Showcases, Implementierungsbeispielen und Source Codes liegt ausschließlich bei OPITZ CONSULTING. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 2 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Motivation Qualitätsmerkmale Mit zunehmendem Wettbewerbsdruck müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle und -prozesse in immer kürzer werdenden Zyklen anpassen. Gleichzeitig wird die Interaktion mit externen Geschäftspartnern durch Globalisierung und digitale Vernetzung immer komplexer. Verlässlicher Informationsaustauch mit qualitativ hochwertigen Daten entscheidet darüber, ob Prozesse effizienter werden und Kundenbindung erhöht wird. Gleichzeitig ermöglicht die rasante technologische Entwicklung innovative Ansätze bei der MenschMaschine-Interaktion. Diese Herausforderungen setzen die bislang gewachsenen Applikationslandschaften unter Druck: Eine grundlegende Veränderung erscheint unumgänglich. Auf die genannten Treiber möchten wir im Folgenden ausführlicher eingehen, weil sich in diesen Herausforderungen implizit auch Qualitätsmerkmale der zukünftigen Applikationsarchitektur verbergen. Kein Wunder, dass das Thema der Modernisierung von bestehenden Applikationen und Legacy-Systemen deutsche Unternehmen momentan beschäftigt wie kein anderes. Viele dieser Alt-Systeme bewirken eine „strukturelle Zukunftsunfähigkeit“1), wenn es um die Weiterentwicklung der Applikationslandschaft geht. Diese integrierten und umfänglichen Systeme, auch Monolithen genannt, erweisen sich als änderungsresistent. Zukünftige Applikationsarchitekturen erfordern ein Umdenken in den Unternehmen. Bei unseren Kunden sehen wir die folgenden grundlegenden Treiber für den Umbau der Applikationslandschaften: ■ VERBESSERUNG DER MENSCH-MASCHINE-INTERAKTION Computergestützte Benutzerschnittstellen sind aktuell im Umbruch. Vor wenigen Jahren war die Oberflächenwelt noch überschaubar. Es gab Desktop-Anwendungen, Webbasierte Interfaces und native Oberflächen für spezielle Devices wie Smartphones. Nun aber verschwimmen diese Grenzen durch den Industriestandard HTML5 und neue Trends wie den Instant Apps2) oder den Universal-Apps bei Microsoft3). Hinzu kommt, dass sich die traditionelle explizite Bedienung von Oberflächen mittels Maus, Tastatur und Touchscreens zu einer eher impliziten Bedienung durch Gesten, Sprache, Augen- und Körperbewegung hin verändert. Dies geht einher mit den momentan vielleicht noch futuristisch anmutenden Trends der 3D-Technologie für eine möglichst realitätsnahe Objektdarstellung. All dies lässt sich nur durch die Nutzung der gerätespezifischen APIs erreichen. Die Nutzung etwa von ASP.NET oder von JSP ist bei einer Apple Watch oder bei Wearables aktuell nicht vorstellbar. Sie möchten neue Möglichkeiten der Mensch-MaschineInteraktion nutzen. Es geht ihnen um die Umstellung auf bedarfsgerechte User-zentrische Omni-Channel-Oberflächen. Sie sehen die Notwendigkeit, neue Chancen durch Digitalisierung zu nutzen. Geschäftspartner sollen auf der eigenen Plattform eingebunden werden. Die Leistungsfähigkeit der Rechnerwelten wie auch die Rechenleistung der Endgeräte befeuert diese Entwicklung zusätzlich. Interaktive 3D-Brillen werden bei steigender Leistungsfähigkeit immer kleiner. Somit werden wir in den nächsten fünf bis sieben Jahren eine grundlegende Veränderung der Mensch-Maschine-Interaktion erleben. Für uns ergeben sich daraus diese grundlegenden, fast schon rhetorisch anmutenden, Fragen: Damit bestehende Systeme diese neuen Möglichkeiten nutzen können, bedarf es einer flexiblen Architektur. Nur so ist es möglich, auch in Zukunft mit der rasanten Entwicklung der Client-Technologien mitzuhalten. ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Macht es weiterhin Sinn, ein sogenanntes integriertes Gesamtsystem, durch einen neuen Monolithen mit moderner Technologie zu ersetzen? Liegt in der Denkweise des „Big is beautiful“ das Kernproblem der aktuellen Misere der Applikationsarchitektur? Ist eine alleinige Konzentration auf Standardsoftware und deren Customizing alleine nicht bereits ein Hemmschuh der Differenzierung und Digitalisierung? Sollte man die Frontends mit der sich verändernden User Experience von den Backend-Systemen entkoppeln? Was können wir aus erfolgreichen Plattformansätzen lernen? (z. B. Apple‘s App-Store-Ansatz) Wie können wir die Vorteile von Diversität und Differenzierung bei den Systemen nutzen, anstatt diese zu bekämpfen? © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Untersuchungen zum Applikationslebenszyklus der unterschiedlichen logischen Schichten der Software bestätigen dies. Generell hält das relationale Datenmodell etwa 10-12 Jahre, die Geschäftslogik bleibt trotz Weiterentwicklung ca. 57 Jahre stabil, aber die Möglichkeiten der Benutzeroberflächen ändern sich alle 2-3 Jahre grundlegend. Aus unserer Sicht kann eine flexible Nutzung unterschiedlicher und neuartiger Mensch-Maschine-Interaktion nur erreicht werden über eine striktere Trennung der Funktionalität und Steuerung der computergestützten Benutzerschnittstelle von der grundlegenden Geschäftslogik der Backends. SEITE 3 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Die Lösung liegt in einer weitergehenden Entkopplung der Dabei handelt es sich um interne Systeme, z. T. durch die Softwareschichten von Frontend und Backend. Aufteilung der Backendsysteme in Microservices hervorgerufen, aber auch zunehmend Online-Schnittstellen externer These 1: Zukünftige Oberflächen verändern sich unabhängig Anbieter oder Cloud-Systeme. Clients können durchaus auch und schneller als die Geschäftslogik im Backend. Services von unterschiedlichen Backend-Systemen, ggf. sogar von externen Unternehmen (z. B. Partner- oder Dienstleistungsunternehmen), nutzen. Ein Treiber dieser Entwicklung BEDARFSGERECHTE USER-ZENTRISCHE OBERFLÄCHEN sind die zunehmend eingesetzten Software-as-a-Service(SaaS)-Lösungen, die Implementation eigener CloudParallel zu den neuen Trends in der Computernutzung lassen Lösungen wie auch die Anbindung von Dingen beim Internet sich beim Aufbau von IT-Systemen grundsätzliche Entwick- der Dinge (IoT) und in Digitalisierungsprojekten. lungen zur Komplexitätsreduktion bei Client- und BackendSystemen erkennen. Aus unserer Sicht führen diese Überlegungen zur Implementation von kleinen, bedarfsgerechten und an einer Frontend-Systeme spezifischen Aufgabe ausgerichteten Applikationen. Diese Unternehmen wie auch Anbieter von Standardsoftware Vielzahl an kleinen Apps werden über ein Enterprise-Apps verändern den Oberflächenentwurf, von großen, mono- Store-Konzept, ähnlich einem Mobile Device Management, lithischen Clients mit komplexen, beinahe allmächtigen Ober- verwaltet und können auch hierüber ihren Kontext flächen, die alle Anwendungsfälle abdecken, hin zu kleineren, austauschen6). spezialisierten Clients für einzelne Anwendungsfälle oder Benutzergruppen. Dies lässt sich recht gut mit den Apps aus These 2: Zukünftige Oberflächen passen sich in schnellen der mobilen Welt vergleichen. Eng umrissene Aufgabenfelder Zyklen dem Bedarf und den Erfahrungen der Nutzer an. werden mit bedarfsgerechten und intuitiven Oberflächen versehen. NEUE CHANCE DURCH DIGITALISIERUNG NUTZEN Im Clientumfeld ermutigen zusätzlich die verschiedenen Endgeräte mit ihren stark unterschiedlichen Leistungen und Seit einiger Zeit lassen sich zwei nicht ganz trennscharfe Funktionalitäten ein solches Umdenken. Smart Watches und Trends hinsichtlich der Nutzung von Computern beobachten, Hololenses4) können nur sehr wenige bzw. stark aggregierte die auch im Unternehmenskontext immer mehr an Informationen anzeigen. Mobiltelefone und Tablets sind für Bedeutung gewinnen: die Eingabe von langen Texten nicht geeignet, ermöglichen stattdessen die Aufnahme von Sprachnachrichten oder Fo- Ubiquitous Computing beschreibt den Trend zu einer tos. Generell eignen sich alle mobilen Endgeräte mit ihren Arbeitswelt, bei der alles zu einem Computer wird und die kleinen Displays nur für überschaubare UIs mit verhältnis- Arbeit unterstützt. Smartphones und Tablets aber auch mäßig wenigen Masken. Devices wie Armbänder oder 3D-Brillen sollen jederzeit bei der Arbeit Verwendung finden und situativ unterstützen. Backend-Systeme Feste Arbeitsstationen gehören der Vergangenheit an und Diese Komplexitätsreduktion ist nicht ausschließlich ein Rechenleistung ist überall zu Diensten. Zu diesem Trend Trend bei den Clientsystemen, sondern auch bei den gehören auch die Omni-Channel-Ansätze7) bei der Interaktion Backend-Systemen. Der Monolith im Backend, der die mit Geschäftspartnern oder Endkunden. erwähnte strukturelle Zukunftsunfähigkeit durch die hohe Komplexität und die daraus resultierende geringe Flexibilität Pervasive Computing bedeutet, dass die Welt vernetzter verursacht, wird zunehmend als Architekturentwurf in Frage wird. Sensoren, Gegenstände und menschliche Akteure agiegestellt. Der aktuelle Microservice-Architekturansatz5) ren in einem gemeinsamen Netzwerk. Bekanntester Treiber unterteilt komplette Systeme (Frontend und Backend) in dieser Entwicklung ist die deutsche „Industrie 4.0“-Initiative. kleinere, anhand der Geschäftslogik abgegrenzte Services. Beim pervasive Computing beginnen computerbasierende Systeme, mithilfe von Sensorik die Umwelt wahrzunehmen Ziel ist es dabei, Weiter- und ggf. auch Neuentwicklung und diese Informationen mit dem Anwender zu teilen. Dabei voneinander zu entkoppeln, Abhängigkeiten zu reduzieren kommen soziale Informationen aus pseudo-sozialen Netzund so das Gesamtsystem flexibler zu halten. Ferner wird die werken wie einer Fabrikhalle in den Austausch. Zum Netzklassische Kommunikation eines Clients mit genau einem werk „Fabrikhalle“ gehören Arbeiter genauso wie Maschinen. Server-Backend heute immer öfter durch die Kommunikation Zusammen ergibt sich ein virtuelles Gesamtbild beim Bemit mehreren unabhängigen Services ersetzt. trachter, etwa mit Ansätzen der Augmented Reality. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 4 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Beide Trends befeuern sich gegenseitig. Denn: Je eher ich die Dinge vernetzte, desto eher kann ich überall elektronische Hilfsmittel nutzen. Und je eher ich überall arbeiten möchte, desto eher sind wir bestrebt, die verwendeten Geräte zu vernetzen. Der Trend des Cloud Computings mit den SaaS-Lösungen verschärft noch einmal den Aspekt des Time-to-Market und erfordert hybride Infrastrukturarchitekturen10) für die Applikationslandschaft. Dafür braucht es eine modulare Architektur des Backends und der Frontend-Komponenten. Die Releasezyklen der einzelnen Komponenten dürfen nicht die Aus unserer Sicht führt diese Entwicklung zu kontext- Plattform als Ganzes kompromittieren. sensitiven Applikationen, die neben einem gesicherten Kontext im Rahmen einer Omni-Channel-Strategie auch den These 4: Die eigene Applikationslandschaft wird zukünftig Kontext der Umgebung auswerten und verstehen. Somit wird zu einer Plattform für ein „Ecosystem of value“. die Applikation selbst zu einem Baustein im umfassenden Netzwerk des Internet of Everything und kann auf die Umwelt reagieren. Eine weitere Nutzung liegt im Machine Learing8). Gerade durch die enorme Steigerung der Leistungsfähigkeit heutiger Rechner, der Skalierung durch Cloud Computing und die sinkenden Kosten für CPU und Speicher lassen sich Wir präsentieren in der Folge den Blueprint einer zukunftsnun bereits bestehende Ansätze des Machine Learnings weisenden Referenzarchitektur, die die geschilderten Treiber adressiert und die nötigen Qualitätsmerkmale besitzt. Diese realisieren. Referenzarchitektur bezeichnen wir als Context-Aware These 3: Zukünftige Oberflächen fördern die Vernetzung bei der Front End Architecture (CAFA) und wird in der Abbildung 1 Mensch-Maschine-Interaktion. dargestellt. CAFA erweitert die drei bislang etablierten Deployment-Schichten der Architektur, um die sogenannte Delivery-Schicht. Blueprint Context-Aware Frontend Architecture Geschäftspartner auf eigener Plattform einbinden Durch die Digitalisierung verändern sich traditionelle Wertschöpfungsketten. Immer größere Chancen ergeben sich aus der Einbindung von Geschäftspartnern; sei es, um Geschäftsprozesse zu optimieren oder um die eigene Fertigungstiefe an die Marktgegebenheiten anzupassen. Hierfür muss die IT-Plattform des Unternehmens die Geschäftspartner in beide Richtungen einbinden: Hierdurch entsteht seitens der Deployment-Architektur eine Vier-Schichten-Architektur mit einer eigenen ausgestaltbaren physikalischen Schicht für die mobile und digitale Welt. Dieses Konzept der Vier-Schichten-Architektur11) wurde 2015 von Forrester12) in Analystenberichten aufgegriffen. Wir haben dieses Konzept zu einem Blueprint der Context-AwareFrontend-Applikationsarchitektur weiterentwickelt und nutzen es bei der Beratung unserer Kunden als Basis für die Konzeption einer Zielarchitektur für zukunftsweisende Applikationslandschaften. Zum einen geht es dabei um die Einbeziehung und Integration von Diensten Dritter. Zum anderen kann das Unternehmen selbst als Lieferant auftreten und „Dritten“ als Geschäftspartnern über Schnittstellen den Zugang zu den Business Capabilities des Unternehmens anbieten. Die Analysten von Forrester sprechen von einem „Ecosystem of value“9), das sich permanent an die Kunden- und Marktgegebenheiten anpasst, Kostensenkungspotenziale ermöglicht und durch neuartige, überraschende Dienste von Dritten auch die Kundenbindung erhöht. Diese Ansätze sollen einfach, schnell und transparent implementierbar sein. Aus unserer Sicht muss die Applikationslandschaft die Abbildung 1: Flexibilität und Unterstützung einer Omni-Channel Fähigkeit besitzen, in kürzester Zeit und unkompliziert neue Strategie durch CAFA Anforderungen der sich verändernden Geschäftsmodelle zu erfüllen. Voraussetzung hierzu ist die Möglichkeit, Geschäftspartnern (Dritten) die eigenen Business Capabilities über gesicherte Schnittstellen anzubieten oder selbst Dienste Dritter in den eigenen Prozessen zu konsumieren. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 5 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ DELIVERY-TIER: WARUM EINE EIGENE PHYSIKALISCHE SCHICHT EINZIEHEN? Mit steigender Anzahl und Möglichkeiten unterschiedlicher Devices, der rasanten Entwicklung von HTML5 bzw. den Entwicklungsumgebungen für die Devices sind die InnovaDie Schwachstelle beim Deployment etablierter tionszyklen15) deutlich höher als bei der Veränderung von logischer Drei-Schichten-Architekturen liegt in der mangel- Business Services für die Backend-Prozesse. haften und zu schwerfälligen Unterstützung der unterschiedlichen mobilen Devices und deren eingebauter Sensorik Ein weiteres Argument für die Einführung einer zusätzlichen sowie einer fehlenden Erweiterung auf die Anforderungen Schicht liegt in der Ermöglichung eines API-Managements16) für die Skalierung und die Security der mobilen Lösungen. des Internet der Dinge (IoT). Gerade in der mobilen Welt ist die Bandbreite noch immer Die etablierte Drei-Schichten-Architektur stellt eine Plattform ein Hemmschuh und die schwergewichtigen SOA-Protokolle für Business Services zur Verfügung und abstrahiert somit können hier zu Engpässen führen. Aktuell nutzen mobile Lödie Backend-Dienste von einer spezifischen Oberfläche. sungen oft RESTfull-JSON-Dienste (REST), die auf http(S) ProGrundsätzlich eine richtige Denkweise, sollte man meinen: tokollen basieren. Blickt man in die Zukunft des Internet der Diese Services sind in der Regel als Webservices auf einer Dinge werden sich noch leichtgewichtigere Protokolle, etwa SOA-artigen Infrastruktur implementiert und nutzen einen CoAP17) or MQTT18) durchsetzen. Ferner besteht nun die Enterprise Service Bus, der auf einer eigenen Service Tier Chance, einen Teil der Delivery Tier in einer DMZ auszulagern und somit die eigenen Backend-Prozesse externen Dritten implementiert ist. zur Verfügung zu stellen. Hierdurch wird die eigene IT-Welt Betrachtet man die Anforderungen allerdings aus der Sicht zu einer Applikationsplattform für Geschäftspartner. Dieses der Frontends und bezieht die User Experience als entschei- Konzept werden wir in den Fallstudien genauer beschreiben. denden Faktor mit ein, so zeigt sich, dass diese Denkweise in die falsche Richtung führt: Die unterschiedlichen Clients Die Entkopplung der Frontends von den Backend-Services benötigen Daten mit unterschiedlichen Aggregationsstufen, ermöglicht ferner eine „Applikationsstrategie der zwei verbinden Daten aus unterschiedlichen, auch externen, Geschwindigkeiten“. Die sich permanent verändernden, Services zu neuen Informationsobjekten, nutzen Public API Outside-in-getriebenen Oberflächen einerseits und die beoder Device-spezifische Möglichkeiten, die den bestehenden darfsgerechten Oberflächen, die auf sicheren und robusten Business Services nicht bekannt sind. Bleibt man nun dem Business Services beruhen, andererseits. Dieser organisaKonzept der Drei-Schichten-Architektur treu, so müssen die torische Aspekt wird am Ende noch eingehender betrachtet. Business Services zeitnah auf die spezifischen Belange der Devices angepasst werden, oder bestehende Services wer- FRONTEND TIER: WELCHE ARTEN VON OBERFLÄCHEN den über neue zusammengesetzte Composite Services13) BZW. UIS GIBT ES? zusammengefasst. Wenn sich die Business Services in Richtung von Client-spezifischen Schnittstellen entwickeln, wird Momentan können wir fünf grundlegende Frontenddies das Paradigma der SOA aushebeln. In der Folge be- Kategorien identifizieren, die auch in Abbildung 2 dargestellt stimmt und bremst die Bereitstellung der SOA-Dienste die sind. Diese Klassen an Frontends sind im CAFAInnovation bei den Oberflächen. Architekturmodell abbildbar und werden im Folgenden etwas näher erläutert. Aktuell wird diese Herausforderung auf der Frontend-Seite zu häufig umgangen, indem die fehlende Logik einfach in die Frontends implementiert wird. Dies führt zu komplexen und auch aufwendigen Lösungen für einfache Frontends und oft zu Widersprüchen durch die redundante Implementierung der Geschäftslogik. Aus architektonischer Sicht benötigen wir deshalb eine eigene physikalische Schicht – die Delivery Tier14). Oberflächen und Funktionalitäten können durch die Entwicklung auf das gewünschte Device optimal aufeinander abgestimmt werden, ohne die unterlagerten stabilen Business Services Abbildung 2: Klassifikation von User-Interfaces permanent zu verändern. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 6 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Klasse „Complex Apps“ Zu dieser Klasse gehören Systeme mit funktionsreichen und komplexen Oberflächen, die oft als „Expertensysteme“ kategorisiert werden. Dies sind die klassischen schwergewichtigen Oberflächen, die bekannten Rich-GUI-Oberflächen von Desktop-Anwendungen – jedoch zukünftig mit einem verstärkten Augenmerk auf grafische Darstellungen von Sachverhalten, und weniger „Tabellenwüsten“. Insbesondere die Nutzung der Sensoren eines Smartphones, etwa der Kamera mit Bilderkennung, GPS oder Spracherfassung bis hin zu einer NFC- oder Blue-Tooth–Kopplung an Maschinen und Geräte, bieten neue Möglichkeiten, diese Geräte in den Arbeitsalltag und in Geschäftsprozesse einzubinden. Die notwendige Datenpflege zur Verwaltung der Tätigkeiten wird unabhängiger von den Arbeitsstationen und verlagert sich an den Ort der manuellen Tätigkeit. Zu dieser Klasse gehören auch Planungssysteme mit Features zur (grafischen) Simulation sowie UIs für die Pflege komplexere Datenstrukturen und Oberflächen, die den Anwender, etwa über modale Dialoge, bei der Bearbeitung von prozessorientierten Tasks unterstützen. Klasse „Analytical Apps“ Die Klasse der analytischen Systeme umfasst die Oberflächen, die Drill-Down, Data Mining oder Ad-hoc Reporting unterstützen. Diese Systeme sind seitens der Datenstrukturen und der -zugriffe meist generisch. Hier bietet der Markt etablierte, leistungsstarke Standardlösungen an. Da große Datenmengen verarbeitet werden und die Zugriffspfade, etwa SQL-Befehle, über Parameter aus der Aufgabenstellung heraus generiert werden, bietet es sich an, erprobte BI-/ Big-Data-Architekturen und deren Systeme zu verwenden. Die Komplexität der Darstellung, die Vielfalt an Funktionalität und die Menge an Informationen, die der Anwender zur Bearbeitung dieser Tasks benötigt, erfordern einen größeren Bildschirm. Die Rechenleistung der dezentralen Einheit ist dabei nicht unbedingt entscheidend, sondern eher die Notwendigkeit, viele Informationen aus unterschiedlichen Gesichtspunkten grafisch übersichtlich und aufgabengerecht darzustellen. Ein gutes Beispiel dafür sind Anwendungen für Callcenter mit einem 360-Grad-Blick auf den Anrufer. Klasse „Realtime Apps“ Eine weitere Klasse sind die Near Real-time-Systeme, die ein technisches oder auch fachliches Monitoring wie etwa die Darstellung des aktuellen Status über Leitstände ermöglichen. Hierzu gehört auch die Möglichkeit Simulationsergebnisse grafisch mit den aktuellen Daten der Produktionslandschaft zu verbinden, um geplante Änderungen zu sehen. Die Darstellung dieser Leitstände oder Monitoring-Systeme sind komplex, sie verändert sich im Sekundentakt. Mehr und mehr wird die physikalische Welt in den Oberflächen „augmented“19) bzw. Veränderungen werden simuliert. Ansätze aus dem Bereich der Gamefication finden hier Einzug. Sie vermitteln den Anwendern ein Abbild der Realität und machen es gleichzeitig möglich, spielerisch mit der Oberfläche zu interagieren20). Klasse „Mobile Apps“ Die Klasse der mobilen Lösungen stellt, obwohl diese schonseit Jahren intensiv privat genutzt werden, die eigentliche Neuerung für Business Applikationen dar. Über mobile Geräte, die im Sinne des „Bring your own Device“ (BYOD) auch persönliche Tablets oder Smartphones sein können, bietet die flexible Applikationslandschaft kleine aufgabenspezifische Lösungen an. Diese Lösungen haben einfachste, selbsterklärende Oberflächen, die meist ohne eine explizite manuelle Datenerfassung auskommen. Denn eine manuelle Dateneingabe ist auf Smartphones nicht effizient möglich. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Diese Systeme benötigen meist eigene Datenstrukturen21), um die Abfragen generieren und ausführen zu können. Oder Sie nutzen im Big-Data-Bereich iterative MapReduceVerfahren22) , um Daten zu filtern und die Ergebnisse weiterzuverwenden. Klasse „IoT-based Apps“ Mit dieses Klasse an Systemen haben wir uns etwas schwergetan. Gleichwohl möchten wir diese eigentlich noch nicht klar definierbare Klasse der IoT-basierenden Applikationen hier mit aufnehmen, da die Applikationsarchitektur gerade aufgrund der Neuartigkeit dieser Klasse ein „Design for Change“ benötigen wird. Wie entwickelt man Anwendungen für Hololenses? Und mit welcher technologischen Basis erfolgt die Entwicklung? Nimmt man als Beispiel Google Glasses, so ist für die Entwicklung entscheidend, dass es APIs für die fachliche Logik aus dem Backend gibt, die unabhängig von der OberflächenDarstellung sind. So ist es möglich, über die Hardwarespezifischen APIs der Google Glasses eben diese APIs zu nutzen und mit Daten anderer Quellen anzureichern. Geräte wie das Myo Armband23), das Armbewegungen erkennt und somit Befehle ohne grafische Oberflächeninteraktion ermöglicht, benötigen eine technische API, die die App nutzen kann, um Bewegungen an Befehle zu koppeln. Beide Geräteklassen können kombiniert hochmoderne Interaktionen ermöglichen, bedürfen jedoch eine iterative, eher am Lean-Startup angelehnte Entwicklung, um noch unbekannte Technologien effektiv einzusetzen und somit schnell Mehrwerte zu generieren. SEITE 7 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ LEITLINIEN FÜR ARBEITSWEISE UND OBERFLÄCHE Die Oberflächen werden neben den Services der Backends auch Umwelt-Variablen der Maschinenwelt oder CloudAls Ergebnis lassen sich die folgenden Leitlinien bezüglich basierender Lösungen von dritten Parteien einbeziehen. Arbeitsweise und Oberfläche formulieren: In einem klassischen Ansatz würde man jetzt versuchen, ■ Klassische sequentielle Geschäftsprozesse mit sämtliche Anwendungen als Dach-Lösung unter einem EnterEntscheidungsbäumen werden immer unwichtiger. prise Portal zu implementieren. Das Portal übernimmt die ■ Die bedarfsgerechte Information zum richtigen Zeitpunkt Aufgaben einer zentralisierten Authentifizierung und und „context-aware“ zum aktuellen Standort wird zu einem Autorisierung der registrierten Anwendungen. Jedoch sind entscheidenden Faktor, um eine ganzheitliche Sicht zu uns aktuell keine Portallösungen bekannt, die eine große ermöglichen und Entscheidungen zu treffen. Anzahl disjunkten Applikationen mit unterschiedlichen Platt■ Rechtzeitige Information, zügige Entscheidungen und formen sinnvoll unterstützen würden. Gleichwohl benötigt operatives Handeln treten in Vordergrund. man eine ordnende Hand, gerade in einem potenziellen ■ Erfahrungsaustausch und Crowd Sourcing in Peergroup „Wildwuchs-Szenario“ wie dem Internet der Dinge. Abbildung und Kollaboration sollen möglich sein. 3 beschreibt die Interaktion der Devices mit dem Enterprise ■ Der Arbeitsplatz ist zunehmend nicht mehr statisch work- App Store. Die Delivery Tier mit dem API Management überflowbasiert, sondern eher aufgaben- und eventorientiert. nimmt somit die nichtfunktionalen Aufgaben des Enterprise■ „Everywhere“, also überall, muss das System als Arbeits- Portals in einer heterogenen Welt. mittel einsetzbar sein. ■ Nutzung von verteilten, aber auch externen, Daten- Analog zu den App-Ansätzen bei Smartphones, sei es im Konbeständen soll möglich sein. text von Apple oder von Android, schlagen wir die Implemen■ Oberflächen sollen einfach, klar und aufgabengerecht sein tierung einer CAFA vor. Jede Applikation, unabhängig von und nicht umfänglichen „Expertensystemen“ entsprechen. ihrer Implementation, registriert sich in einer zentralen Registry. Diese Registry ermöglicht die Authentifizierung, auch FRONTEND TIER: WARUM EIN ANSATZ FÜR CONTEXTüber die individuellen Mechanismen der eingesetzten AWARE ENTERPRISE APPS? Devices wie Fingerabdruck oder Retina-Scan und führt Buch über die erlaubten Funktionalitäten der Benutzergruppen Ziel der neuen Oberflächen sollte die Etablierung einer Omni- und Benutzer (Autorisierung). Ferner kennt die Registry aus Channel-fähigen Kommunikationsplattform24) mit einheitli- den physikalischen Parameter des Devices auch die erlaubchen IT-Services sein. Hierbei ist „alles“ ein Desktop-Rechner, ten Devices für eine Anwendung. also auch BYOD, Machinen etc. Beim Oberflächendesign sollte eine „Mobile First“-Strategie25) verfolgt werden, um orts- Jede App hat ferner erlaubte Input-Parameter, URL– und APIungebundenes Arbeiten mit unterschiedlichen Devices zu Strukturen und auch die REST-Strukturen für die fachliche ermöglichen. Logik. Diese Parameter werden im zentralen App Store über ein Device Management verwaltet. Mit diesem Ansatz ist es Ferner werden komplexe Prozesse nicht in der Software- dem virtuellen Portal möglich, pro Device einen Homeoberfläche selbst dargestellt, sondern es gibt vor allem Screen zu erstellen, der auf die individuellen Parameter des bedarfsgerechte Oberflächen für anstehende Aufgaben. Benutzers eingeht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein „Information-Worker“ andere Oberflächen braucht. Gefragt sind hier nicht mehr die klassischen Expertenoberflächen mit komplexen Personalisierungsstrategien, die diese in aufgabengerechte Monolithen verwandeln26). Informationen und Oberflächen sollen einfach austauschbar sein, um neue Ansätze bei der MenschMaschinen-Interaktion implementieren zu können. Das ist nur möglich, wenn die Semantik der Geschäftsobjekte bekannt ist und Geschäftslogik in den unterschiedlichsten Kontexten wiederverwendbar ist. Hier hilft die Trennung von Geschäftslogik und Oberflächen, sodass Oberflächen eher als Bauteile im bzw. Aufbauten auf dem Backend zu sehen sind. Abbildung 3: Interaktion von Device und Enterprise App Store Zukünftig werden alle Objekte eine „Intelligenz“ besitzen, und die IT-Leistung wird zunehmend dezentralisiert. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 8 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Da die App-Landschaft, im Gegensatz zu den umfassenden Expertensystemen auf dem Desktop, nun aus einer großen Anzahl von aufgabenspezifischen, disjunkten, kleinen Lösungen besteht, muss es möglich sein, aus einer App heraus eine andere App aufzurufen und hierbei den Kontext zu behalten. Generell wird die App selbst die Transaktionsgrenze ziehen. Andernfalls müssten im Fehlerfall extrem komplexe Compensation-Handler für den Rollback erstellt werden, um Transaktionen über App-Grenzen hinweg zurückzurollen. Dies schränkt natürlich das Design ein: Transaktionen sind nur auf der Ebene einer App möglich. Die Übergabe eines Kontexts erfolgt in einer ähnlichen Technologie, die Android selbst verwendet27). Jede App schreibt den Kontext beim Verlassen schemafrei in eine Clipboard History. Die aufgerufene App nutzt daraufhin diese History, um sich selbst zu positionieren. Fallstudie 1: Wachstumssicherung mittels API Management Diese Fallstudie beschreibt eine Applikationsmodernisierung, die zum Ziel hatte, durch eine skalierbare Architektur den geplanten Wachstum und den Ausbau des Geschäfts in neue Marktsegmente zu sichern. Das Unternehmen ist ein internationales Handelshaus mit weltweiten Partnern in seinen Bonusprogrammen. UNTERNEHMEN UND GESCHÄFTSTREIBER Das Unternehmen agiert am Markt als einer der weltweit führenden Anbieter von Bonusprogrammen. Über 500 Partnerunternehmen übermitteln ihre Verkäufe an das Unternehmen und die Verwaltung der Bonuspunkte erfolgt durch Dieses App-Store-Konzept sichert, trotz der Vielfalt der Ober- eine zentrale IT-Plattform. flächen-Technologien, eine einheitliche Sicht durch ein virtuelles Portal. Dieses manifestiert sich als Home- Im Rahmen einer Wachstumsstrategie wollte man zum einen Anwendung auf den unterschiedlichen Devices und beachtet durch intensivierten Vertrieb mehr Partnerunternehmen aus die Parameter des Device Managements im App Store. Als den bestehenden Marktsegmenten für das Bonusprogramm Folge werden etwa JavaFX-basierende Applikationen auf dem gewinnen. Zum anderen sollten durch neue Marktsegmente Homescreen bei Tablets nicht angeboten und umgekehrt Umsatzsteigerungen erzielt werden. werden auf dem Desktop keine Apps angeboten, deren Anwendung auf den Sensoren der spezifischen Devices Die bestehende Lösung war den zukünftigen Anforderungen beruhen. Neue Applikationen, die die Sensorik der Devices nicht gewachsen, weder im Hinblick auf die notwendige Pernutzen, passen ebenfalls in das Schema, solange eine formance des Volumens an zukünftig prognostizierte TransRegistrierung im App Store möglich ist. Dies schränkt die aktionen, noch für die interne Verbesserung des recht aufEinbindung zukünftiger Technologien aus unserer Sicht wendigen Onboardings für neue Partner und dem Service für derzeit nicht ein. bestehende Partner. Durch den Einsatz geeigneter IT-System und Automatisierung, sollte versucht werden, die bestehende Mitarbeiteranzahl nur unwesentlich zu erhöhen. Fallstudien – Überblick Steckbrief des Unternehmens Fallstudie Branche Unternehmen Funktionalität Treiber FS1 Bonusprogram me Internationales Handelshaus ERP Wachstum, Time-toMarket Streckengeschäft Europäisches Handelshaus CX Applications Wachstum, Digitalisierung FS3 Diskrete Fertigung Automotive, Konzern MES Industrie 4.0, Prozesseffizienz FS4 Callcenter Handel ERP Kundenbindung, Prozess- FS2 © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Gründung 1990 Tätigkeitsfeld Bonusprogramme Branche Handel Firmenstruktur Konzerntochter; GmbH Umsatz n.a. Mitarbeiter Ca. 300 SEITE 9 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Der Plan war, die bestehende Kommunikations- und Integrationsplattform grundlegend zu überarbeiten, um den Anforderungen der zukünftigen Geschäftsentwicklung Effizienz Früherkennung von Problemen bei Geschäftspartnern begegnen zu können. Grundlegende Herausforderungen lagen im Bereich der Sicherheitsanforderungen durch die Compliance Erweiterte Betrugsprävention und Revisionssicherheit Zugriffe von externen Partnern sowie in der Flexibilität zukünftiger neuer Partner, die schneller, kostengünstiger, Flexibilität Automatisierung des Onboardings neuer Partner und der Serviceleistungen aber auch transparent, in einem Self-Service-Ansatz auf die Plattform ziehen sollen. Hieraus folgt sofort die Effektivität Schnellere Reaktionsfähigkeit auf Anforderungen weitergehende Anforderung der Prozesssicherheit und Skalierbarkeit für den Durchsatz sowie der Verfügbarkeit des LÖSUNGSANSATZ Systems bei einem steigenden OnlineTransaktionsaufkommen. Man erwartet eine Verdopplung Der differenzierende Faktor bei Bonusprogrammen wird des Transaktionsaufkommens auf ca. 16 Mio. TX pro Tag. mehr und mehr zum „ease-of-use“ für die beteiligten externen Partner. Die eigentlichen Programme und die Angebote Seitens der IT-Architektur war die Herausforderung zum beginnen sich anzugleichen und als Differenzierung treten einen, die QoS (Quality of Service) und die Stabilität zu nun die geringeren Interaktionskosten in den Vordergrund. sichern. Dabei sollte gleichzeitig die Möglichkeit bestehen, Skaleneffekte zu nutzen, um manuelle Interaktion Big-Data-Ansätze bzw. die Bon-Analyse spielten als Differen- weitestgehend zu vermeiden bzw. diese nur auf den zierung eine geringe Rolle, da diese Analysen durch die umfassenden, aber leichtgewichtigen Onboarding-Prozess Systeme des externen Partners oder durch dessen Cloud- eines neuen Partners zu beschränken. Lösungen erfolgen. Herausheben lassen sich die folgenden Eigenschaften, die Die Leistungen des Bonusprogramms müssen transparent der neuen Plattform ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen durch die externen Partner in ihre IT-Welt implementierbar sollten: sein und gleichzeitig den vollen Funktionsumfang besitzen. Diese Entwicklung ließ sich auch im vorliegenden Fall ■ Zuverlässigkeit und Prozesssicherheit in der Skalierung bei wachsendem Geschäftsmodell aufzeigen. Die Batch-Welt mit den SFTP-Ansätzen des Datenaustausches nimmt kontinuierlich ab und die Online- ■ Höchstmögliche Automatisierung zur Reduktion der manuellen Interaktion Verarbeitung mit REST-API wächst kontinuierlich. ■ Schnelle, transparente Prozesse für das Onboarding neuer Partner Die Herausforderung für den Lösungsansatz war nun die Umstellung einer eher auf Batch-Verarbeitung aus- ■ Erweiterte Betrugsprävention und Revisionssicherheit gerichteten Systemarchitektur auf den zukünftigen Schwerpunkt desReal-time-Zugriffs der externen Partner auf die Der Lösungsansatz war, eine Delivery-Schicht in der DMZ, Geschäfts-logik des Anbieters des Bonusprogramms. aufzubauen, welche die, oft individualisierten REST-Aufrufe der Partner auf ein einheitliches kanonisches Datenmodell Abbildung 4 beschreibt die gewählte Zielarchitektur. transformiert, die Private-Key-Verschlüsselung unterstützt und eine erste, sehr schnelle, Betrugsprävention durchführt (siehe Abbildung 4). Geschäftstreiber LESSONS LEARNED Abbildung 4: API-Plattform Zielarchitektur für © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 eine extern BPEL versus Eventmanagement: Die Anforderungen an Revisionssicherheit, Restart und Recovery und der Wunsch nach einem Monitoring bzw. einer Near Real-timeStatusverfolgung legten den Einsatz von BPEL oder einer allgemeinen Process Engine nahe. Performancetests zeigten jedoch sehr schnell, dass der Overhead einer Process Engine zugunsten einer Event-getriebenen Lösung verändert werden nutzbare musste. SEITE 10 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Stabiles Backend: In diesem Fall war das Vorliegen eines stabilen Backends hilfreich. Der maximale Funktionsumgang war durch die Business Services (und deren Operations) eindeutig definiert. Eine Empfehlung unserseits wäre, so möglich, zuerst eine Stabilisierung des Backends durchzuführen. Fallstudie 2: Höhere Kundenbindung durch Digitalisierung Diese Fallstudie bezieht sich auf die Konzeption einer zukunftsweisenden Applikationslandschaft für eine stärkere Einbindung von Geschäftspartnern (Ecosystems of value) und um Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen. UNTERNEHMEN UND GESCHÄFTSTREIBER Das Unternehmen ist einer der führenden Dienstleister zur Sicherung der Logistik durch ein Streckengeschäft und erweiterte Dienstleistungen. Steckbrief des Unternehmens Gründung 1930 Tätigkeitsfeld Streckengeschäft Branche Dienstleister Firmenstruktur Konzern Umsatz > 5 Milliarden EURO Mitarbeiter 500-1.000 Geschäftstreiber Effizienz Automatisierung von Fähigkeit, Tine2Market Prozesse, Omni-Channel Compliance Prozesstransparenz für Kunden Flexibilität „Design for Change“ und IoT (Telemetrie) Effektivität Ecosystems of value, Cloud Computing Die aktuelle Systemwelt, die größtenteils auf veralteten und extrem veränderten Version von SAP beruhte, erfüllte nicht mehr die Bedürfnisse des zukünftigen Geschäfts. Dieses wandelt sich derzeit erheblich, neue Wettbewerber drängen auf den Markt und die Kunden verlangen nach erweiterten Angeboten. Die Applikationslandschaft stand daher auf dem Prüfstand. In einer Studie erhob man die bestehenden und neu geforderten Business Capabilities und bewertete sie bezüglich der IT-Unterstützung. Dies war letztlich der wesentliche Treiber und Ausgangspunkt für eine Applikationsmodernisierung und die Entwicklung einer Strategie für die zukünftige Applikationslandschaft. Die Aufgabe lag in der Transformation der BatchSchnittstellen auf Webservices mit einer SOA-Schicht im Enterprise Service Bus. Weiterhin erfordern viele der neuen Business Capabilities den Einsatz von digitalen Daten der Kunden, um Angebote Near Real-time anbieten zu können. Die so erstrebte steigende Kundenzufriedenheit sollte das grundlegende Geschäftsmodell des Streckengeschäfts absichern und die Dienste des Unternehmens als Single Source Provider ausbauen. Hierzu gehörte auch der Ausbau der eigene IT-Plattform für ein „Ecosystems of value“, über das Dritte Dienstleistungen für den Markt anbieten und so das Service-Angebot erweitern können. Um die gewünschten Ziele zu erreichen, mussten im Frontend sowohl mobile Endgeräte unterstützt als auch eine IoTLandschaft zur Datengewinnung in die Applikationsarchitektur eingebracht werden. Dies entsprach im Wesentlichen der Enterprise-App-Welt in der Frontend Tier. Viele der gewünschten Funktionalitäten für eine Erweiterung des Geschäftsmodells basierten auf der bestehenden Geschäftslogik der Alt-Systeme, jedoch mit einer entspreHieraus ergab sich die Leitlinie „Design for Change“, und die chenden Erweiterung um GPS-und Sensor-Daten der Flexibilität der neuen Architektur zeigte sich als wesentlicher Fahrzeuge. Abbildung 5 beschreibt den Lösungsansatz für Treiber einer neuen Ausgestaltung. ein Ecosystem of value. Ein weiterer Aspekt war, dass die Nutzung an externen SaaSLösungen zunahm. Hierdurch verschob sich die Integration von On-Premise in die Cloud, sodass eine eigene externe Service Tier für die Cloud based Integration28) physikalisch geplant wurde. Da das Unternehmen zukünftig selbst SaaS-Lösungen anbieten wollte bzw. ganz neue GeLÖSUNGSANSATZ schäftsmodelle durch die Freischaltung eigener AbwicklungsDie bestehende Applikationslandschaft ist auf Batch prozesse für Dritte (meist Startups) verfolgen möchte, wurde Processing ausgelegt. Die Analyse der Business Capabilities ein Teil der Delivery Tier als PaaS-Lösung in einer externen mit den Fachbereichen zeigte jedoch die Notwendigkeit einer Private Cloud implementiert. Near Real-Interaktion mit den Kunden auf. Abbildung 5: Referenzarchitektur für ein „Ecosystem of value“ © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 11 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ UNTERNEHMEN UND GESCHÄFTSTREIBER Der Konzern ist einer der führenden Produzenten von Fahrzeugen. Das Vorhaben zum Re-engineering und zur Harmonisierung auf dem Shop Floor wurde von der Produktionsleitung einer Sparte getrieben und von den weltweiten Werken unterstützt. Abbildung 5: Referenzarchitektur für ein „Ecosystem of value“ Zu Projektbeginn wurden im Unternehmen sehr viele Daten erhoben, aber nicht verwendet. Um mit diesen Daten die neuen Geschäftsmodelle zu unterstützen bzw. über explorative Ansätze des Data Mining neues Wissen zu generieren, wurde eine BI-Welt geplant. Das bestehende DWH-CoreSystem sollte um Fast Data29) und unstrukturierte Daten erweitert werden. Diese werden in einem Data Lake abgelegt und dann über Analytics-Ansätze in einem Batch-Mode analysiert, um belastbare Modelle zu entwickeln, die anschließend aus dem Data Stream der IoT-Cloud30) ablaufen und Near Real-time Informationen an den Kunden bringen. LESSONS LEARNED Batch2Realtime: Der Teufel steckt im Detail! Die Konzeption und die Umstellung der Batch-Interfaces war aufwendiger als geplant. Im Laufe des Vorhabens haben wir somit nur die absolut notwendigen Interfaces „re-engineered“, damit die neuen Frontends entwickelt werden konnten. Business Capabilities: Im Vorfeld über Business Capablities die notwendigen Anforderungen an die IT-Unterstützung zu erheben, ist empfehlenswert. Die Fachbereiche werden damit gezwungen, sich über ihre Geschäftsmodelle und ihr Angebot Gedanken zu machen und auch die zukünftigen Entwicklungen ihres Portfolios zu betrachten. Die IT hatte damit ein gutes Fundament, um seine Strategie aufzusetzen. Fallstudie 3: Industrie 4.0 auf dem Shop Floor Diese Fallstudie bezieht sich auf das Re-Engineering und die Harmonisierung der bestehenden, unterschiedlichen Manufacturing Execution Systeme (MES) für den Shop Floor bei der Produktion bzw. Montage im Automotive-Umfeld. Die zukünftige Lösung sollte eine stabile Basis für die nächsten 12-15 Jahren bilden, aber Innovationen aus dem Industrie-4.0-Umfeld ermöglichen. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Die aktuellen MES-Lösungen bestehen aus unterschiedlichen individuellen Applikationen, die umfangreich auf die Spezifika der unterschiedlichen Werke des Unternehmens eingehen. Im Zuge einer umfassenden Plattform-Strategie, sollen die individuellen Arbeitsweisen angepasst und die Unterschiede minimiert werden. Gleichzeitig veränderte sich die Arbeitswelt durch Industrie4.0-Ansätze bereits jetzt. Maschinen, Roboter wie auch das Endprodukt selbst besaßen bereits intelligente, selbststeuernde Einheiten. Viele der Produktionsprozesse waren weitestgehend automatisiert. Der Werker selbst trat zunehmend nur noch als „Eskalationsmanager“ bei Störungen auf. Sein Arbeitsplatz war bereits mobiler und verlagerte sich mehr und mehr auf den Shop Floor. Der Vorteil: Neben der Ersparnis von Laufzeiten in den riesigen Hallen, erfolgt die Problemlösung vor Ort und auch zunehmend kollaborativ, teilweise sogar online werksübergreifend mit anderen Technikern. Die Möglichkeiten der Frontend-Technologien erweitern sich alle 2-3 Jahre und schaffen somit neue Möglichkeiten in der Produktion. Die Innovationen im Bereich der mobilen Endgeräte mit neuen Formen der Informationsdarstellung und der Roboter in der Produktion sind rasant und somit ergeben sich permanent neue Nutzungsmöglichkeiten. Insbesondere werden sich Oberflächen beziehungsweise Anforderungen an die Unterstützung durch ein Frontend in rascheren Zyklen als die zugrunde liegende Geschäftslogik verändern. Diese Chancen der verbesserten Arbeitsweisen sollten daher schnell und unabhängig von den Release-Zyklen des eigentlichen Backends verfolgt werden können. Steckbrief des Unternehmens Gründung Vor 1900 Tätigkeitsfeld Produktion Branche Automotive Firmenstruktur Konzernsparte Umsatz > 5 Milliarden EURO Mitarbeiter > 10.000 SEITE 12 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Geschäftstreiber Effizienz Reduktion Prozesskosten, Eskalationsmgmt. verbessern Schwarmintelligenz auf Shop-Floor, Mobiles Arbeiten ermöglichen Compliance – Flexibilität Innovationsgeschwindigkeit erhöhen Effektivität Chancen des Industrie 4.0 ergreifen, werksübergreifende Harmonisierung, Muster von Schwachstellen erkennen LÖSUNGSANSATZ Abbildung 6: Applikationsarchitektur für ein Industrie-4.0-fähiges MES Die Frontend-Komponenten sollten durch eine spezifische Frontend-Serviceschicht von der Geschäftslogik der MESBackend-Komponenten entkoppelt werden, um den unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten und Anforderungen gerecht zu werden. Eine Ausnahme bilden teilweise Leitstände mit einer Realtime-Anzeige von Daten und spezifischen Bildschirmen (Boards, große Monitore, Ansätze zur Simulation der Produktion) sowie die Analysesysteme mit dynamischen, aber nur lesenden Datenzugriffen auf den zentralen DatenDas neue MES verfolgt in seiner Architektur eine Plattform- bestand des MES-Backends. strategie durch die Entkopplung der Benutzeroberflächen vom MES Backend über eine API-Schicht, die auf REST- Aufgabenorientierte Apps statt unflexibler Monolithen Services basiert. Die grundlegende Geschäftslogik des MES Die Frontend-Komponenten betrachteten wir als Apps und wird über Business Services mit der nötigen fachlichen Ge- sahen beim Design kleine aufgabenbezogene und bedarfsschäftslogik und den unterschiedlichen aufgabenbezogenen gerechte Applikationen vor. Diese werden, ähnlich den Oberflächenkomponenten angeboten und ermöglicht die bekannten Smartphone Apps, über einen werksübergreifenWiederverwendung und gesicherte Nutzung von Diensten. den App Store verwaltet und in einem leichtgewichtigen Abbildung 6 zeigt die Architektur des Lösungsansatzes. virtuellen Portal, je nach Rechten und Geräteart, angezeigt. Vorbild waren die Anwendungslandschaften der App-Stores. Lose Kopplung von Frontend und Backend via Explizit war hier keine Portal-Lösung im klassischen Sinne REST-Schnittstellen angedacht, da dann eine Einschränkung bei der Darstellung Das neue MES kommuniziert mit den Frontend- erfolgt und das Portal selbst zum Engpass bei der Funktio Komponenten in der Regel über eine REST-Protokoll- nalität geworden wäre. basierende API-Schicht. Hierbei erfolgen CRUD-Operationen (Create, Read, Update und Delete) ausschließlich über die Events im Mittelpunkt mit Tasklisten und Anwendungsimplementierte Geschäftslogik des MES, die durch die APIs kontext veröffentlicht wird. Das heißt, es erfolgt eine lose Kopplung Grundlegend verändert hat sich die Philosophie der Steueder Frontend-Komponenten von der eigentlichen Verarbei- rung durch den „Werker“. War diese in der Vergangenheit tungslogik. Das war eine Designanforderung, um die unter- geprägt durch starre Prozesse, so verändert sich die Arbeitsschiedlichen Geschwindigkeiten der Veränderung zu syn- weise nun in Richtung eines eventorientierten Ansatzes mit chronisieren. Ein weiterer Vorteil war, das automatisierte einer Taskliste für Eskalationen und Meldungen und weg von Tests über die APIs nun für eine nahezu hundertprozentige einem Workflow-Ansatz mit vordefinierten Aktivitäten. Abdeckung sorgen. Aus einem Eintrag der Taskliste öffnet das System durch InDie eigentliche Steuerung und Anzeige der Informationen terpretation des Kontextes automatisch die entsprechende erfolgt jetzt durch die Frontend-Komponenten im Sinne einer App, um die Aufgaben zu lösen. Das Konzept ähnelt der bedarfsgerechten und transparenten Informationsbereit- Dateipräferenz von Betriebssystemen. Die App kennt die stellung. Dies eröffnet die Möglichkeit, auch auf Daten aus Meldungstypen und die Apps, die diese verarbeiten können. anderen Systemen (auch verteilten, werksübergreifenden Umfangreiche „Expertenoberflächen“ sind jetzt kaum mehr Systemen) zuzugreifen oder spezifische optimierte Daten- von Nöten, sondern das Design der Oberflächen bietet vor strukturen für das Frontend zu verwenden. allem transparente, selbsterklärende Oberflächen für bestimmte Arbeitsschritte. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 13 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Die Lösungsansätze wurden in konkreten User Journeys und PoCs mit dem Kunden verifiziert und gegen die Systemarchitektur des geplanten MES gespiegelt. Das aktuelle Architekturkonzept konnte die dokumentierten User Journeys vollständig abdecken. Ein weiterer Gesichtspunkt der konsequenten Entkopplung von Oberfläche und Backend ist die Chance, eine Governance für die „IT der zwei Geschwindigkeiten“ zu erreichen. Das Ergebnis waren eine fehlerfreie, eher planbare und an der Robotik ausgerichtete Entwicklung des MES Backends mit schnellen Releasezyklen und an den Bedarf ausgerichteten Oberflächen für die Werker. Die Herausforderung war dabei der Spagat zwischen der starken Standardisierung der Prozesse, die in einem Callcenter notwendig und sinnvoll sind, und der Flexibilität, die notwendig ist, um sich den Veränderungen des Marktes, insbesondere der Kundenbindung, anzupassen. Das zweite Unternehmen ist Monopolist in seinem Geschäftsfeld. Da die Branche aber seit etlichen Jahren schrumpft, besteht dennoch ein starker Druck, die Kosten zu reduzieren. Einer der Ansätze war es, die Arbeit der Sachbearbeitung über eine attraktive Web-Anwendung auf den Kunden zu verlagern. Beide Parteien sollten von dieser LESSONS LEARNED Lösung profitieren: Der Kunde erhält einen 24/7-Service, während das Unternehmen Personal in der Sachbearbeitung Data Streaming einsparen bzw. dieses für neue Geschäftsfelder einsetzen Unser erster Ansatz vernachlässigte das Data Streaming der kann. Maschinen. Zum einen als Rohstoff für Analysen und Steckbriefe der Unternehmen Predictive-Maintenance-Ansätze und zum anderen für die event- und Message-getriebene SPS-Steuerung des Maschinenparks. Im abschließenden Blueprint sind wir auf die physikalischen Tiers der Middleware, auch in Bezug auf Security-Aspekte, näher eingegangen. Security Die Projektgruppe hat das Security-Thema anfangs nicht ausreichend betrachtet. Da der Shop Floor über die Mobile Devices sozusagen „öffentlich“ wurde, waren verschärfte Sicherheitsvorkehrungen angebracht. User Journeys Der Ansatz des Kunden, mit den Beteiligten die Arbeitswelt über User Journeys31) zu erleben, hat bei der Konzeption neuer Oberflächen deutlich geholfen. Wir werden diesen Ansatz zukünftig aufgreifen und mit den Ansätzen des Impact-Mappings32) zusammenführen. Fallstudie 4: Flexibilisierung der Standardsoftware Diese Fallstudie betrachtet zwei sehr ähnliche Projekte, bei denen es in zwei unterschiedlichen Unternehmen und Branchen zu ähnlichen Lösungsansätzen bei der Applikationsarchitektur gekommen ist. Gründung 1912 bzw. 1949 Tätigkeitsfeld Callcenter bzw. Internetauftritt Branche Energieversorgung / Finanzdienstleistungen Firmenstruktur GmbH Umsatz n. a. Mitarbeiter Ca. 1.200-2.500 LÖSUNGSANSATZ In beiden Fällen entschieden sich die Unternehmen beim Backend für etablierte und bewährte Standardsoftware. Neben SAP kamen weitere Standardprodukte zum Einsatz. Für das Frontend hatten sich die Unternehmen für ein innovatives, modernes Produkt entschieden, mit dem sie sich von den Mitbewerbern absetzen und ihre Kunden und Mitarbeitern besser unterstützen können. Einführung des Delivery Tiers für die Frontends Die Projekte für Backend und Frontend wurden gleichzeitig, aber unabhängig voneinander durchgeführt. Auf der Backend-Seite wurde versucht, die Anzahl der Schnittstellen gering zu halten und Wiederverwendung zu fördern. UNTERNEHMEN UND GESCHÄFTSTREIBER Das erste Unternehmen befindet sich in einem hart umkämpften Marktumfeld, dass sich rapide ändert. Die Bestandssoftware für sein Callcenter war in die Jahre gekommen, entsprach nicht mehr den Ansprüchen der User an moderne Benutzeroberflächen und musste daher modernisiert werden. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Generell fiel uns auf, dass sich die Anforderungen an das Frontend schneller änderten als die Anforderungen im Backend. Bei der Benutzeroberfläche lohnt es sich, flexibel auf neue Anforderungen und Ideen reagieren zu können. Die Kerngeschäftsprozesse hingegen sind unternehmenskritisch und jede Änderung will gut überlegt sein. SEITE 14 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Diese unterschiedlichen Voraussetzung führten dazu, dass die Schnittstellen des Backends nicht recht zu den Anforderungen des Frontends passen wollten. Je mehr sich die Backend-Prozesse am Standard orientieren, desto stärker fällt diese Diskrepanz ins Gewicht. Die Projekte fuhren also eine zweigleisige Strategie: Die neu eingeführte Schicht in der Delivery Tier war hilfreich, um die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten von Client und Server zu ermöglichen. Aber es lohnte sich in vielen Fällen, komplexe Services im Backend zu implementieren. Beispielsweise aus organisatorischen Gründen: Niemand kennt das Backend besser als der Backend-Entwickler. Wenn Standardservices in der Middleware oder im Frontend orchestriert werden sollen, müsste dort das Know-how in der Regel erst aufbaut werden. Ein klassisches Beispiel ist die Adressverwaltung in SAP. Kontaktdaten wie Anschrift, Telefonnummer und E-MailAdresse sind in den meisten Anwendungen einfache Eingabefelder in einer Maske. Im Backend werden sie in einer komplexen Datenstruktur gespeichert. Die entsprechende Schnittstelle wurde dem Client-Projekt ursprünglich LESSONS LEARNED unverändert als Webservice bereitgestellt. Das Ergebnis war, dass es einige Wochen dauerte, das Laden und Speichern der Starre BPM-Prozesse nicht immer hilfreich Kontaktdaten zu implementieren. Aus strategischen Überlegungen heraus wurden die Prozesse in beiden Fällen mit BPM modelliert und ausgeführt. RückNach dieser Erfahrung änderte das Projektteam seine blickend betrachtet hatte dieser Ansatz nicht nur Vorteile. Strategie. Zum einen wurden auf der Backend-Seite Eine der Gefahren war es, BPM für alles einsetzen zu wollen. dedizierte Services für die jeweilige Aufgabe angefordert. Es gibt aber in jedem Unternehmen auch Abläufe, die nicht Das hatte mehrere Vorteile: standardisiert werden können, deren Modellierung vergessen wurde oder die nicht modelliert werden konnten, weil die ■ Das fachliche und technische Know-how über die entsprechenden Anforderungen erst später entstehen. In Besonderheiten des Backend-Systems ist auf Backend- diesen Fällen ist es wichtig, dass die Software auch ohne Seite vorhanden, während es auf Frontendseite erst einen starren, vordefinierten BPM-Prozess verwendet werden aufgebaut werden muss. kann oder dass die Prozesse flexibel genug sind, auch unvor■ Es besteht die Chance, Daten bereits an der Quelle zu hergesehene Abläufe abbilden zu können34). aggregieren. Dadurch verbessert sich die Performance, Bei der Toolauswahl gilt es zu beachten, dass es leichtund die Angriffsfläche für Hacker wird kleiner. ■ Die Erfahrung zeigte, dass es in vielen Fällen einfacher und gewichtige und schwergewichtige BPM-Engines gibt. Hier billiger ist, SAP Services in wenigen Zeilen ABAP-Code zu kann man keine generelle Empfehlung aussprechen: Beide komponieren, als dies auf der Client-Seite zu versuchen. Engines haben in unterschiedlichen Einsatzszenarien ihre Das gilt insbesondere dann, wenn Webservices verwendet Existenzberechtigung. Es lohnt sich, zu Projektbeginn eine werden. Webservices erzeugen eine große Menge Boiler- Evaluierungsphase einzuplanen, um die passende BPMplate-Code33), und die meisten Webservice Tools erzeugen Engine auszuwählen. Oder zu prüfen, ob überhaupt eine unterschiedliche Klassen für identische SAP- BPM-Engine benötigt wird. Die Einführung eines BPMDatenstrukturen. Das Wissen, dass es sich um ein und Systems ist eine weitere Abstraktionsebene. In den meisten dieselbe Datenstruktur handelt, geht im Webservice Fällen führt das dazu, dass sich Mitarbeiter auf das BPMverloren. Das Ergebnis sind arbeitsintensive und fehler- System spezialisieren. Das wird auch im Architekturmodell trächtige Konsolidierungsmaßnahmen der Entwickler. deutlich: BPM ist eine weitere Schicht. Nicht in allen Fällen ist es möglich oder sinnvoll, für jeden Client spezielle Schnittstellen bereitzustellen. Dafür kann es viele Gründe geben – nicht zuletzt den Grund, dass es viele Standardsoftwareprodukte gibt, die eine individuelle Anpassung der Schnittstelle nicht vorsehen. Um dem Client in diesem Fall trotzdem maßgeschneiderte Schnittstellen bieten zu können, haben wir Backend und Frontend durch eine weitere Serviceschicht entkoppelt. Im Laufe der Projekte wurden die Vorteile dieser zusätzlichen Schicht deutlich. Die Clientseite gewinnt eine Menge Flexibilität. Auch Änderungen der Schnittstelle auf dem Backend verlieren ihren Schrecken: Es müssen nur einige wenige Schnittstellen in der Delivery Tier angepasst werden, aber nicht die vielen Stellen, an denen die Client-Anwendungen diese Schnittstellen verwenden. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Eine denkbare Alternative ist es, auf den intelligenten Mitarbeiter zu setzen. Wie bereits weiter oben beschrieben, zeichnet sich im Allgemeinen die Tendenz ab, dass der „Arbeitsplatz“ eher aufgaben- und eventorientierter wird, und nicht mehr auf einem statischen Workflow basiert. Geben Sie Ihren Mitarbeitern also die Werkzeuge an die Hand, die sie für ihre Arbeit benötigen. Wie die Aufgaben gelöst werden können, wissen Ihre Mitarbeiter auch ohne die Hilfe eines Prozessmodells. In der Praxis kristallisieren sich bei diesem Ansatz wieder Prozesse heraus – aber diese Prozesse können jederzeit flexibel geändert werden. SEITE 15 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Projektlaufzeit: Eines der beiden Projekte dauerte mehr als ■ Die Releasefähigkeit wird in keiner Weise eingeschränkt. fünf Jahre. Damit wurde ein Problem deutlich, dass sonst ■ Es entstehen keine risikoreichen Migrationsprojekte. eigentlich erst in der Wartungsphase auffällt: Die Architektur ■ Die Releasefähigkeit anderer Systeme wird nicht beeinträchtigt. muss flexibel sein. Die Anforderungen, die wir heute umsetzen, fallen in fünf Jahren möglicherweise weg, werden durch andere Anforderungen ersetzt oder sie werden im Wir sehen drei sinnvolle Ansätze, um externe Kaufsysteme in Laufe der Zeit ausdifferenziert. Ihre Anwendungsentwickler die Applikationslandschaft einzubeziehen. Abbildung 7 stellt müssen mit dieser Situation umgehen können. Dafür diese dar. brauchen sie eine flexible Architektur, die mit den Anforderungen mitwachsen kann. Das gilt in besonderem Maße für den Client, bei dem die rasante Entwicklung der Technik hinzukommt. Auch eine Technologie, die heute up to date ist, ist in fünf Jahren möglicherweise veraltet und muss durch eine andere Technologie abgelöst werden. Modularisierung Um das Problem der fehlenden Flexibilität zu lösen, hatten wir die Anwendung in kleinere Module aufgeteilt nach der Idee der Microservices: Wir bauen kleinere Einheiten, die leichter zu verstehen sind und unabhängig voneinander gewartet und weiterentwickelt werden können. Die Kunst dabei Abbildung 7: Make-and-Buy-Entscheidungen bei CAFA ist es, die Microservices trotzdem so zu verzahnen, dass sie aus Anwendersicht eine zusammenhängende Anwendung ALTERNATIVE 1: BUY ALS SELF-CONTAINED APPLICATION bilden. Eine Herausforderung des Microservice-Ansatzes ist Aus Deployment-Sicht stellt die Einbindung von Selfdie Vermehrung der Schnittstellen und deren Governance. Contained Applications36) eine sinnvollen Alternative dar, da das erworbene System weitestgehend unabhängig von der Ganzheitliches Denken der Fachbereiche Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus diesen Projekten war, bestehenden Applikationslandschaft verändert werden kann. dass die Auftraggeber selbst keine Modularisierung wollten, Die verwendeten Interfaces sind das sogenannte „Nadelöhr“. dies war allein der Wunsch der IT. Der Fachbereich hingegen Sollten sich die Interfaces verändern müssen, so müssen die dachte ganzheitlich: Er will seine Aufgabe möglichst einfach Business Services der Service Tier verändert werden. Diese und effizient lösen. Idealerweise braucht er dafür nur ein Entscheidung liegt jedoch in der Hand des jeweiligen UnterWerkzeug. Das beißt sich natürlich mit dem Wunsch der IT, nehmens. Schwieriger in Bezug auf Governance und Termindurch kleine und handliche Microservices Flexibilität und planung ist der Impact einer notwendigen Veränderung der Wartungsfreundlichkeit herzustellen. Die Herausforderung Serviceschicht, die das Standardprodukt nachvollziehen sollbeim Entwurf einer flexiblen, zukunftssicheren Architektur ist te. Hier hängt viel von den Verträgen mit dem Systemes also, ein aus Modulen bestehendes System zu bauen, das lieferanten ab. die ganzheitliche Denk- und Arbeitsweise der Anwender unterstützt. Im Laufe der Projekte haben wir dafür das Konzept Ein weiterer Nachteil liegt in der Schwierigkeit, die Funktionader Enterprise App mit einem Enterprise App Store und der lität des Standardprodukts über die Business-Service-Schicht Kontextübergabe zwischen verschiedenen Apps entwickelt, möglichen Frontend-Komponenten über die APIs anzubieten. wie oben beschrieben. ALTERNATIVE 2: BUY ALS PLATTFORMKOMPONENTE Wahlfreiheit: Make & Buy Die Flexibilität des App-Store-Ansatzes zeigt sich auch in den Alternativen zur Einbeziehung von Standard-Komponenten in die Enterprise-App-zentrische Applikationsarchitektur. Grundlage beim Zukauf einer Standardlösung muss allerdings sein, dass durch eine Veränderung35) des Standardprodukts Probleme, wie diese ausgeschlossen sind: © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Bei dieser Variante, die im Grunde der Spezialfall einer Einschränkung von Alternative 1 ist, stellt sich die StandardLösung als eine Plattformkomponente dar. Lediglich mit einer Basis-Oberfläche oder gar mit einem Expertensystem ausgerüstet, bringt die Komponente einen API-Layer oder einen Business Service Layer (logische Schicht) mit, die durch Frontend-Systeme und Business Services konsumiert werden können. Diese aufgesetzten Lösungen sollten wiederum Self-Contained Applications sein. SEITE 16 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in der Möglichkeit, das Die gewählte Architektur ist auf Veränderung ausgelegt und System flexibel in die Frontend-Entwicklung einzubinden. unterstützt unterschiedliche Geschwindigkeiten beim Deployment von neuen Versionen. Darüber hinaus gibt es im ALTERNATIVE 3: BUY EINER OBERFLÄCHENKOMPONENTE klassischen Sinne keinen einheitlichen Releasestand mehr. Fast alle Komponenten sind unabhängig voneinander In diesem Fall erwirbt man eine Oberflächenkomponente, die veränderbar. Die Oberflächen mit den Apps sind individuell durch Nutzung der eigenen Business Services oder API releasefähig und eine Absprache ist nur notwendig, wenn Interfaces eine kundenspezifische und somit erweiterte Ober APIs und somit implizit Geschäftslogik verändert werden -flächenfunktionalität bereitstellen kann. muss. Die Oberflächen werden sich erfahrungsgemäß permanent verändern und können über agile Ansätze in Diese Variante ist eine gute Grundlage für die Nutzung der engerer Zusammenarbeit mit den Stakeholdern optimiert eigenen Applikationsplattform durch Dritte. werden. Der Rechenkern des Backends wird sich langsam und kontrolliert verändern. Da jeder Störfall teuer ist, steht hier das Motto „Make no mistakes“ im Vordergrund. Fehler beim Die vorgestellte agile Applikationsarchitektur unterstützt Frontend wirken sich nicht auf das Backend aus, da die allAnsätze zur Implementierung einer „IT der zwei Geschwindig- gemeingültige Geschäftslogik, die von den APIs aufgerufen keiten“, auch Bimodale-IT37) genannt. Die Entkopplung der wird, die Fehler abfängt. Frontends ermöglicht Lean-Startup-Ansätze für Innovationen oder die Verwendung von agilen Methoden wie Scrum, um GOVERNANCE mit Fachbereichen gemeinsam bedarfsgerechte Lösungen zu erstellen. Die Entkopplung und die weitestgehende Der vielleicht wichtigste organisatorische Punkt ist die ImpleUnabhängigkeit der Oberflächenkomponenten, die wir als mentierung einer leichtgewichtigen Governance für die PlattEnterprise Apps bezeichnet haben, ermöglicht unabhängige form selbst. Die IT-Organisation muss sich auf eine solche und schnelle Releasezyklen für eine schnelles Time-to-Market Governance einstellen und das gesamte Frontend einschließvon neuen Ideen. lich Backend als „eine“ Plattform verwalten und nicht als Projekte oder eine Sammlung von Systemen. Andernfalls Der Backend-Bereich einschließlich der robusten und besteht die Gefahr, dass die Organisation das agile Gebilde gesicherten Business Services, (in Abbildung 8 unterhalb der der Enterprise Apps über das Portfoliomanagement gestrichelten gelben Linie dargestellt) wird sich in wohl- schleichend wieder als eine Einheit sieht und somit der definierten, planbaren Zyklen verändern. Hier steht die Langsamste gewinnt. Business Continuity im Vordergrund und der Slogan „Make no mistakes“ soll das hier durchaus angebrachte Eine solche Governance muss die Technologievielfalt einSicherheitsstreben unterstreichen. schränken, ohne die Vorteile von neuen Technologien für den Anwender aus den Augen zu verlieren. Ferner muss die Governance nun als neue Facette erreichen, dass Aspekte wie die Geschwindigkeit der Oberflächenveränderung und Veränderungen durch den Zukauf von Standardkomponenten die Plattform selbst nicht kompromittieren. Organisatorische Implikationen Chancen & Risiken Abbildung 8: Implizite einer bimodalen IT Unterstützung © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 von Bisher sind wir mehr auf die Vorteile der flexiblen EnterpriseApps-zentrischen Applikationsarchitektur eingegangen, die das CAFA zu bieten hat, und weniger auf die möglichen organisatorischen Schwierigkeiten. Deshalb möchten wir im Folgenden im Sinne eines Benefits- und Risikomanagements Ansätzen auf möglichen Risiken aber auch auf Benefits und Chancen der vorgestellten „Designed for Change“-basierenden CAFA zu sprechen kommen. SEITE 17 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ CHANCEN Hier muss man aus den Erfahrungen der umfassenden SOAFactory-Ansätze lernen und den Apps einen Freiraum bieten. die Architektur können Unabhängigkeit: Durch unabhängige Frontend Enterprise Apps wie auch BackendSysteme mittels Microservice-Architekturen implementiert werden, die unabhängig voneinander sind und somit unterschiedlichen Application-Lifecycle-Ansätzen folgen. Governance: Designvorgaben/Patterns müssen entwickelt werden, um Leitlinien und Ansatzpunkte für Entscheidungen zu bekommen. Eine leichtgewichtige Governance muss die Einfachheit und Stabilität der API-Interfaces verteidigen. Hierzu gehört auch die Umkehrung der SOA-Sicht von „so viel Standardkomponenten: Die Chance besteht darin, wie möglich“ auf „so wenig wie nötig“. passende Standardsoftware und Standardkomponenten zu nutzen, falls diese die API-Schicht als Client oder als Server Fehlschlagrisiko Das Enterprise-App-Store-Konzept wie auch die CAFA sind unterstützen. neuartig und erst jetzt entstehen punktuell Lösungen, die Aufgabenspezifische Apps: Bedarfsgerechte und aufgaben- diese Konzepte aufgreifen. Bestehende Forschungsansätze spezifische Apps steigern die Effizienz der Benutzer und und Best Practices zum Common Plattform Development unterstützen eine kundenzentrische Sichtweise. sollten hier einbezogen werden. Einfachheit: Die Frontends der Apps sind bedarfs- und Machbarkeit: Über PoCs und produktive Pilot-Installationen aufgabengerecht und müssen somit selbsterklärend sein. sollte man die neuen Konzepte in eingeschränkten operativen Umgebungen eingehend prüfen. Akzeptanz: Hohe Akzeptanz der Anwender durch Outside-in-Design und spezifische Oberflächen, die zur Problemlösung bei einer bestimmten Aufgabe entwickelt wurden. Viele aktuelle Anfragen unserer Kunden beziehen sich auf Innovation: Die Unabhängigkeit der Releasezyklen wirkt sich innovative Ansätze zur Modernisierung ihrer Applikationspositiv auf Innovationen aus, da Änderungen und auch neue landschaft und gleichzeitig auf die Fragestellung, wie man die Apps das Verhalten der bestehenden Apps nicht berühren. notwendige Flexibilität für die Anforderungen der Digitalisie rung erreichen kann. RISIKEN Mit der vorgestellten Referenzarchitektur CAFA haben wir Neben den typischen Projektrisiken liegt die wesentliche Ihnen einen Ansatz präsentiert, den wir aktuell bei unseren Gefahr in einem schleichenden Kompromittieren der Architekturberatungen zur Applikationsstrategie empfehlen. Architekturmuster des CAFA. Die Governance muss in der Die vorgestellten Fallstudien haben gezeigt, dass die VerwenLage sein, das Muster des „Designed for Change“ in ihren dung des Blueprint nicht 1:1 erfolgt, aber die Kernidee des Entscheidungsprozessen zu übernehmen und hierbei die Designed for Change und somit die konsequente Entkopplung unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Vorgehensmodelle der Frontends vom Backend spiegeln sich letztendlich in allen Lösungen wider. und Methoden einzubeziehen. Zusammenfassung Steigende Wartungskosten Das Konzept ermöglicht einen Wildwuchs an (spannenden) Technologien. In der Folge können sich die Wartungskosten negativ entwickeln38). Insbesondere bei der Entwicklung einer Roadmap für ein Transformationsvorhaben von einer Legacy-Landschaft auf eine flexible Applikationslandschaft dient der vorgestellte Blueprint als Zielarchitektur. Governance: Eine Governance muss implementiert werden, Die grundlegenden Vorteile entstehen durch die konseum den möglichen technologischen Wildwuchs auf ein sinn- quente Entkopplung der Frontends mit einer hohen volles Maß einzuschränken. Änderungsrate von den nach Stabilität strebenden BackendSystemen. Jedoch besteht die Lösung nicht aus zwei separaZu enge Kopplung ten Frontend– und Backend-Monolithen, sondern angestrebt Durch eine zu enge Kopplung der API-Schicht inklusive der sind kleinere und in sich releasefähige Systeme in Front– und fachlichen Logik des Backends mit den benötigten Funktiona- Backend. Hier sollten auch die aktuellen Ansätze ROCA und litäten der unterschiedlichen Apps besteht das Risiko, dass Microservice-Architekturen einbezogen werden. die API-Schicht zu einem Nadelöhr wird. © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 SEITE 18 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ Anmerkungen & Quellen An dieser Stelle beginnt die Outside-in-Betrachtung von Softwarelösungen, und somit die konsequente Ausrichtung der Mensch-Maschine-Interaktion an den Bedürfnissen der 1) Anwender, an Bedeutung zu gewinnen. 2) Ein weiterer Vorteil der vorgestellten CAFA ist die Möglichkeit, eine Enterprise-App-zentrische Architektur zu implemen- 3) tieren. Gerade bei den aktuellen Fragestellungen der Digitalisierung und des Internet der Dinge bietet sich der 4) 5) vorgestellte CAFA-Ansatz an. Aktuell beschäftigen wir uns in diesem Zusammenhang zum einen intensiv mit der Optimierung der Delivery Tier 6) mittels Backend-for-Frontend-Konzepten40), um die Frontends optimal mit Objekten zu versorgen und zum anderen mit der Anpassung von methodischen Ansätzen aus dem Enterprise Architecture Management, um die funktionalen Anforderungen, auch für die Bedürfnisse der Endanwender, über Business Capabilities41) zu erfassen. 7) „One size fits all“ oder rigide Harmonisierungs- und Standardisierungsinitiativen torpedieren den „Designed for Change“Ansatz des CAFA. Andererseits sind Lean-Startup-Ansätze und teilweilweise agile Methoden nicht unbedingt ziel- 8) führend bei der Entwicklung stabiler Backend-Systeme. Wie so oft sind Ausgewogenheit und bedarfsgerechtes 9) Vorgehen entscheidend. Hier greift die geschilderte Governance für die Plattform ein. 10) Insbesondere die weitere Differenzierung der Endgeräte in 11) den kommenden Jahren erfordert eine flexible Architektur, um die neuen Gerätetypen zu unterstützen und einen multimodalen Zugriff auf die Backend-Systeme zu ermöglichen. Einen Vorschlag, der diese multi-modale Nutzung unterstützt, haben wir mit dem Stil der Context-Aware Frontend Architecture (CAFA) vorgestellt. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob sich dieser Architektur-Stil trägt und welchen Einfluss eine breite kontextabhängige Gerätenutzung auf Front- 12) end-Architekturen haben wird. Wie unsere Fallstudien zeigen, waren unsere ersten Erfahrungen bislang durchweg positiv. 13) Der Druck zur Digitalisierung der bestehenden Geschäfts- 14) modelle wächst und somit auch der Druck auf die zentrale IT, innovative und vor allem flexible Lösungen zu liefern. Neue Ansätze der Applikationslandschaft, wie auch der beschriebene CAFA-Ansatz müssen verfolgt werden, um die Lieferfähig- 15) keit der IT zu erhöhen und somit implizit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern. 16) 17) © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Lünendonk Whitepaper „Software-Modernisierung“, Lünendonk, 2015 http://android-developers.blogspot.de/2016/05/ android-instant-apps-evolving-apps.html http://smallbusiness.chron.com/microsoft-pwa33554.html https://www.microsoft.com/microsoft-hololens/en-us Bernhardt, Sven: “Microservices architecture – thoughts from a SOA perspective”, SOA Magazine, 2014 Dies fühlt sich wie bei Netflix an: Die unterschiedlichen Endgeräte führen stets den aktuelle Benutzerkontext mit, sodass der Anwender die Ausgabegeräte nach Belieben wechseln kann, aber seinen Kontext stets behält. Jedes Endgerät hat Stärken und Schwächen und der Benutzer kann sein Endgerät frei wählen. Omni Channel bedeutet die Verallgemeinerung der Multi-Channel-Ansätze bei der Benutzerinteraktion und fordert, dass alle verfügbaren und genutzten Interaktionsmöglichkeiten auch im Geschäftsmodell beachtet werden. TDWI Europe (Hg.): „Big Data – Ein Überblick“, dpunktVerlag, 2016 http://blogs.forrester.com/nigel_fenwick/14-03-20the_future_of_business_is_digital https://www.mulesoft.com/resources/esb/hybridcloud-integration-solutions Im Deutschen werden „Layer“ und „Tier“ homonym mit dem Wort „Schicht“ übersetzt. Wir betrachten in diesem Fall nicht die logische Architektur („Layers“) betrachten, sondern die notwendigen physikalischen Schichten („Tiers“). „Tiers are the physical deployment of layers”, siehe Rockford Lhotka, http:// www.lhotka.net/weblog/ShouldAllAppsBeNtier.aspx, 2005 http://blogs.forrester.com/ted_schadler/13-11-20mobile_needs_a_four_tier_engagement_platform https://docs.oracle.com/cd/E18727_01/doc.121/ e12064/T291171T509870.htm http://www.sigs-datacom.de/fachzeitschriften/ objektspektrum/archiv/artikelansicht/artikel-titel/ frontend-architekturen-fuer-microservice-basiertesysteme.html Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit Digital Labs oder Lean-Startup-Ansätze bei der Entwicklung bzw. Verprobung von Ideen einzuführen, etwa im Rahmen einer digitalen IT-Strategie. http://searchcloudapplications.techtarget.com/ definition/API-management Constrained Application Protocol, http://coap.technology/ SEITE 19 WHITEPAPER „CONTEXT-AWARE FRONTEND ARCHITECTURE“ 18) 19) 20) 21) 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28) 29) 30) 31) 32) 33) 34) 35) 36) 37) 38) 39) 40) 41) Message Queue Telemetry Transport http://mqtt.org/ http://www.theaugmentedreality.de/ http://www.trading212.com/ http://dbs.uni-leipzig.de/html/seminararbeiten/ semSS98/arbeit5/dwdm-vortrag5-11.html https://www-01.ibm.com/software/data/infosphere/ hadoop/mapreduce/ https://www.myo.com/ http://www.e-commerce-magazin.de/effizient-durchomni-channel Aus heutiger Sicht könnte man auch von einem TabletFirst Approach sprechen (http:// blog.springstudio.com/2015/04/09/tabletfirst/) Adaptive Case Management (bpmpractice.de/wpcontent/uploads/2013/10/ACM-V4.06.pdf) https://developer.android.com/reference/android/ content/Intent.html https://www.mulesoft.com/resources/cloudhub/ipaasintegration-platform-as-a-service http://www.oracle.com/us/solutions/fastdata/ index.html https://www.bosch-si.com/ads/iot-technology-de/ index.html?gclid=CPSyi8SemswCFY4y0wodE7oOJQ http://www.businessmodelcreativity.net/usercustomer-journey-mapping/ https://www.impactmapping.org/ https://en.wikipedia.org/wiki/Boilerplate_code Näheres zum Thema Adaptive Case Management (ACM) findet man in Kapitel 9 vom Buch “Design Principles for Process-driven Architectures Using Oracle BPM and SOA Suite 12c”; https://www.amazon.de/ Design-Principles-Process-driven-Architectures-Oracleebook/dp/B00ZPJWBL2/ref=sr_1_1? ie=UTF8&qid=1465491270&sr=81&keywords=winterberg+design. Aus unserer Sicht sollte so wenig wie möglich programmiert werden, sondern wirklich nur im klassischen Sinn customized werden: Nur Anpassung von Standardeinstellungen, möglichst ohne Programmierung. http://scs-architecture.org/ http://www.gartner.com/it-glossary/bimodal/ An dieser Stelle können wir von der Open-SourceGemeinde des Github lernen und unternehmensintern bereichsübergreifende eigene Open Source und Social Coding Communities aufbauen! http://roca-style.org/ https://www.thoughtworks.com/de/radar/techniques/ bff-backend-for-frontends http://searchsoa.techtarget.com/definition/businesscapability © OPITZ CONSULTING GMBH 2016 Über OPITZ CONSULTING Das IT-Beratungshaus OPITZ CONSULTING wurde 1990 von Peter Dix, Bernhard Opitz und Rolf Scheuch in Bensberg bei Köln gegründet – mit dem Ziel, Organisationsberatung und IT-Projektabwicklung in einem Unternehmen zu vereinen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Kunden führte zur überregionalen Expansion. Unter dem Dach der OPITZ CONSULTING Unternehmensgruppe führen heute die OPITZ CONSULTING Deutschland GmbH acht Standorte in Deutschland und die OPITZ CONSULTING Polska Sp. z.o.o. drei Standorte im benachbarten Polen. WAS WIR MACHEN. EIN EINBLICK. OPITZ CONSULTING trägt als führender Projektspezialist für ganzheitliche IT-Lösungen zur Wertsteigerung von Unternehmen bei und bringt IT und Business in Einklang. Wir sind Berater, Lösungsarchitekt und Projektspezialist und helfen Ihnen, den richtigen Weg zu finden. Wir bieten Leistungen in den Bereichen: ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ BI & Big Data Cloud & Infrastruktur Digitalisierung Software Development Managed Services BPM & Systemintegration Lizenzmangement WAS WIR WOLLEN. EIN AUSBLICK. Wir wollen gemeinsam mit allen Branchen Lösungen entwickeln, die dazu führen, dass sich diese Organisationen besser entwickeln als ihr Wettbewerb. Unsere Dienstleistung erfolgt partnerschaftlich und ist auf eine langjährige Zusammenarbeit angelegt. SEITE 20
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