Der DKV Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2016 Prof. Dr. Ingo Froböse, Dr. Birgit Wallmann-Sperlich 1 | 48 Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser, jetzt ist Urlaubszeit – wir alle fiebern auf sie hin, um einmal wieder richtig ausspannen zu können, unseren Hobbys nachzugehen, geruhsame Zeit mit der Familie zu verbringen und unsere Akkus wieder aufzuladen. Und diese Erholungsphasen sind unglaublich wichtig, um wieder Ressourcen aufbauen zu können und leistungsfähig in den Alltag zurückzukehren. Dies leuchtet den meisten ein. Was viele allerdings nicht wissen, ist dass die Erholung am besten, am nachhaltigsten und am effektivsten aktiv erfolgt, wie zum Beispiel durch Wandern, Radfahren, Strandspiele etc., um der geistigen Anstrengung und Anspannung aus dem Alltag und Job einen Gegenpol zu liefern. Zudem ist ausreichender und erholsamer Schlaf die zweite wichtige Komponente. Dies nennt man auch psychophysische Regeneration. Durch diese aktive Erholung können wir Nachhaltigkeit, Intensität und Länge der Erholungswirkung gegenüber der passiven Erholung im Liegestuhl deutlich unterstützen. Anspannungen können die Folge sein. Deswegen ist es wichtig, mehrfach am Tag Pausen einzubauen – am besten mit Bewegung, denn nur so kann man sich physisch wie auch psychisch von der vorherigen Beanspruchung bestmöglich regenerieren – auch am Arbeitsplatz. Aber nicht nur im Urlaub ist Erholung wichtig, sondern auch – oder besser gesagt vor allem – müssen wir täglich etwas für unsere Regeneration tun, um leistungsfähig, ausgeglichen und gesund den Alltag zu meistern. Wie Sie vielleicht wissen, liebe Leserinnen und Leser, war ich einmal Leistungssportler. Bei Sportlern haben wir vollstes Verständnis, dass sie Pausen benötigen, um Energie wieder aufzuladen und somit ihre Leistungsfähigkeit zu stabilisieren bzw. zu stärken. Aber im Arbeitsleben neigen wir dazu, Pausen als Schwäche zu betrachten. Und dies ist grundlegend falsch. Die moderne Arbeitswelt erlaubt kaum mehr Pausen, sondern fordert permanent Höchstleistung. Zudem nähert sich die Arbeitswelt immer mehr dem Privatleben an: Mails werden gecheckt am Feierabend und am Wochenende und es wird einem eine gewisse ständige Erreichbarkeit abverlangt. Dies kann allerdings zu gesundheit lichen Folgen führen, denn der Organismus wird anfälliger für Infekte und auch psychische Überlastungen und Ich bin froh, dass wir diesen Report wieder gemeinsam mit der DKV Deutsche Krankenversicherung verwirklichen konnten. Er liefert wiederum wichtige Impulse für die öffentliche Diskussion, denn es ist eine öffentliche Aufgabe, unser Lebensumfeld so zu gestalten, dass ein gesundes Leben darin möglich ist. Des Weiteren bringt der DKV Report auch die Forschung zum Gesundheitsverhalten weiter voran, insbesondere was die Daten zum sitzenden Lebensstil und zur körperlichen Aktivität angeht. Denn diese Risikofaktoren werden leider in unserer Gesellschaft immer noch viel zu wenig beachtet. Und das wollen wir ändern! Aus diesem Grund haben wir uns in diesem Jahr besonders dem Arbeitsplatz in unserer Befragung gewidmet und hier einen speziellen Fokus auf die Büroarbeitsplätze gelegt, da hier von den Arbeitsaufgaben häufig kaum Bewegung abverlangt wird und der sitzende Lebensstil vorherrscht. Allerdings gehört auch in den Büroalltag Bewegung und Abwechslung sowie eine ausgewogene Ernährung, um psychophysischen Gesundheits risiken vorzubeugen. Wir brauchen meiner Meinung nach bessere und effektivere Konzepte für die Arbeitswelt, um eintöniges Sitzen zu reduzieren und regenerative Prozesse zu unterstützen. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung (ZfG) Vorwort 2 | 48 Liebe Leserinnen, liebe Leser, sie überwachen unseren Blutdruck, analysieren unseren Schlaf und zählen unsere Schritte – Fitnessarmbänder und intelligente Uhren, sogenannte Wearables. Die tragbaren Minicomputer werden von einigen als Helfer am Handgelenk gefeiert, die ihren Nutzern zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen. Und sie sollen erst der Anfang sein: Vor Kurzem las ich von smarten Socken, die derzeit entwickelt werden. Durch Drucksensoren sollen sie dabei helfen, die eigene Lauftechnik zu optimieren. Ob sich hier ein neuer Trend abzeichnet? was kann dabei helfen, aufzustehen oder sich zu bewegen? Der DKV Report macht deutlich: Oft sitzen wir aus bloßer Gewohnheit, ohne über Alternativen nachzudenken. Es gibt viele kleinere und größere Dinge, mit denen Unternehmen und ihre Mitarbeiter die Sitzzeiten verringern könnten. Damit starten kann jeder Einzelne von uns unmittelbar. Einfach aufstehen – ganz analog. Der DKV Report zeigt: Zwar besitzen etwa fünf Prozent unserer Befragten ein Wearable, fast die Hälfte benutzt es aber nicht oder nicht mehr. Und nur weitere fünf Prozent würden sich gerne eines anschaffen. Aktuell ist für die meisten Menschen ein Wearable nicht relevant; für den Rest ist es eher eine Spielerei statt eines Instruments, das sie dauerhaft nutzen möchten. Clemens Muth, Vorstandsvorsitzender der DKV Deutsche Krankenversicherung Doch unabhängig davon, ob Wearables zum Trend werden: Die Debatte um diese Geräte lohnt sich in meinen Augen in jedem Fall. Denn sie führt uns zur Frage nach einem bewussteren, gesünderen Verhalten – und damit auch zur Bewegung. Bereits 2002 stellte die Weltgesundheitsorganisation fest, dass sich vier von fünf Erwachsenen weltweit nicht genug bewegen. Als Krankenversicherung sehen wir die negativen Folgen von zu wenig Bewegung in Gestalt von Krankheitsbildern. Verändert hat sich seit 2002 anscheinend wenig: Wir sitzen zu häufig und zu lange, in der Freizeit, vor allem aber bei der Arbeit. Am Arbeitsplatz verbringen wir einen Großteil unseres Lebens. Jeder zweite Berufstätige arbeitet vorwiegend am Schreibtisch, Auszubildende und Studenten sitzen zwei Drittel ihrer Arbeitszeit. Das war Anlass für uns, mit diesem DKV Report das Sitzen bei der Arbeit näher unter die Lupe zu nehmen. Wir wollten wissen: Warum sitzen Menschen bei der Arbeit so lange? Und Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen 3 | 48 Über den DKV Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2016 Zum vierten Mal geben wir Ihnen in unserem DKV Report Einblicke in das Ernährungs-, Alkoholkonsum-, Bewegungs-, Sitz-, Stress- und Aktivitätsverhalten der Deutschen. Wir fragen: Ernähren sich die Menschen abwechslungsreich und regelmäßig? Bewegen sie sich genug? Wie viele Minuten sitzen die Menschen täglich während des Transports, der Arbeit, der Freizeit und der Mediennutzung? Gehen sie verantwortungsvoll mit Alkohol und Nikotin um? Finden sie einen guten Ausgleich zum stressigen Alltag? Und wie viele Menschen leben in allen diesen Bereichen gesund? Quinoa, Clean Eating, Rohkost oder vegan – immer wieder werden neue Ernährungstrends kreiert und mit Büchern, Beratern, Kursen und Apps an den Mann oder die Frau gebracht. Auch wenn der gesundheitliche Nutzen dieser Trends umstritten ist, führen sie doch dazu, dass das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung steigt. Das spiegelt sich auch in diesem Report wider. Doch nicht nur die Ernährung spielt eine wichtige Rolle für einen gesunden Lebensstil. Entscheidend ist das Zusammenspiel vieler Faktoren, die zur Gesunderhaltung und zum Wohlbefinden beitragen. Wer viel sitzt, riskiert seine Gesundheit. Klar ist: Überlanges Sitzen macht einen Großteil unseres Alltags aus. Studien weisen darauf hin, dass Sitzen zu einem eigenständigen Risikofaktor unserer Gesundheit geworden ist. Ein erhöhtes Risiko, insbesondere für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, kann die Folge sein. Studien zeigen, dass sich dieser Fakt auch steigernd auf das frühzeitige Sterblichkeitsrisiko auswirkt2. Von den Berufstätigen wollten wir wissen, wie lange sie bei der Arbeit gerne sitzen möchten. Ein Großteil der Befragten wünscht sich demnach, im Job weniger zu sitzen. Wir haben auch nachgefragt, was die Menschen daran hindert, bei der Arbeit aufzustehen und sich zu bewegen. Erstmals haben wir in diesem Zusammenhang auch gefragt, in welchen Branchen die Berufstätigen besonders häufig sitzen (müssen). Warum die Menschen so lange sitzen und welche Veränderungen sie sich in ihrem Arbeitsumfeld vorstellen können, um weniger zu sitzen, lesen Sie in dem vorliegenden Report. Dieser von der DKV und dem Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) herausgegebene Report zeigt Ihnen wissenschaftlich fundierte und differenzierte Ergebnisse zum aktuellen Gesundheitsverhalten von ca. 2.800 in Deutschland lebenden Menschen. Unsere Ergebnisse wurden auf Basis von Telefon interviews, durchgeführt von der GfK Nürnberg, gewonnen und ermöglichen, Trendentwicklungen zu den Befragungen aus den Jahren 2010, 2012 und 2014 zu erkennen. Die Sitzzeiten behalten wir im Blick. 2014 hat die DKV zum ersten Mal das Sitzverhalten der Deutschen detailliert erhoben: Etwa 7,5 Stunden pro Tag verbrachten die Menschen im Sitzen, einen Großteil davon vor dem Fernseher oder bei der Arbeit. Da bei Büroangestellten das Sitzen am Arbeitsplatz den größten Beitrag zur täglichen Sitzzeit leistet1, haben wir diesen Aspekt in diesem Jahr noch genauer betrachtet. Weniger als die Hälfte unserer Befragten, die vornehmlich am Schreibtisch arbeiten, unterbrechen das Sitzen ausreichend mit Stehzeiten oder Bewegung. Auch in Besprechungen sitzen in der Regel alle, obwohl man gut stehen oder vielleicht sogar gehen könnte. 1 Parry S, Straker L: The contribution of office work to sedentary behaviour associated risk. BMC Public Health 2013, 13:296. 2 Chau JY, Grunseit AC, Chey T, Stamatakis E, Brown WJ, Matthews CE, Bauman AE, van der Ploeg HP: Daily sitting time and all-cause mortality: a meta-analysis. PLoS One 2013, 8:e80000. Rezende LF, Sa TH, Mielke GI, Viscondi JY, Rey-Lopez JP, Garcia LM: All-Cause Mortality Attributable to Sitting Time: Analysis of 54 Countries Worldwide. Am J Prev Med 2016. Übersicht Inhalt 1 3 Ingo Froböse / Clemens Muth Über den DKV Report 5 6 6 7 8 Kapitel 1 Methodik 1.1 Studiendesign 1.2 Stichprobendesign 1.3 Untersuchungsinstrumente 1.4 Stärken und Limitationen 9 10 11 12 12 13 13 14 Kapitel 2 Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 2.1 Im Bundesdurchschnitt 2.2 Im Geschlechtervergleich 2.3 Im Altersvergleich 2.4 Nach Körpergewicht 2.5 Nach Bildungsstatus 2.6 Nach Haushaltsnettoeinkommen 2.7 Im Vergleich zu den Vorjahren 2010 bis 2014 15 17 18 19 20 21 22 23 24 Kapitel 3 Körperliche Aktivität 3.1 Im Bundesdurchschnitt 3.2 Im Geschlechtervergleich 3.3 Im Altersvergleich 3.4 Nach Körpergewicht 3.5 Nach Bildungsstatus 3.6 Nach Haushaltsnettoeinkommen 3.7 Nach Freizeit- und Transportverhalten 3.8 Im Vergleich zu den Vorjahren 2010 bis 2014 25 26 27 27 28 29 30 30 Kapitel 4 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 4.1 Im Bundesdurchschnitt 4.2 Im Geschlechtervergleich 4.3 Im Altersvergleich 4.4 Nach Körpergewicht 4.5 Nach Bildungsstatus 4.6 Nach Haushaltsnettoeinkommen 4.7 Im Vergleich zu dem Vorjahr 2014 31 33 35 36 Kapitel 5 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit 5.1 Ist- und Wunschzustand von körperlicher Aktivität im Job 5.2 Ansichten, Einflüsse und Gewohnheiten von Schreibtischarbeitern 5.3 Rückenschmerzen 37 39 40 41 42 43 44 45 46 Kapitel 6 Gesundes Leben in den Bundesländern 6.1 Gesamtergebnisse im Ländervergleich 6.2 Körperliche Aktivität 6.3 Ernährung 6.4 Nichtrauchen 6.5 Mäßiger Alkoholkonsum 6.6 Gesunder Umgang mit Stress 6.7 Aktivität in der Freizeit und beim Transport 6.8 Sitzende Tätigkeit nach Bundesländern 47 Kapitel 7 Fazit 4 | 48 5 | 48 Methodik 1. Methodik Methodik 6 | 48 1.1 Studiendesign Im Auftrag der DKV hat das Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) diese repräsentative Umfrage zum individuellen Gesundheitsverhalten der in Deutschland lebenden Menschen geplant und ausgewertet. Hierzu führte das Meinungsforschungsinstitut GfK Nürnberg die Befragung im Zeitraum vom 25. Februar 2016 bis zum 1. April 2016 bei über 2.800 Einwohnern in Deutschland durch. Im Rahmen eines leitfaden- und computergestützten Telefoninterviews wurden die Personen zu folgenden Gesundheitsbereichen um ihre Selbsteinschätzung gebeten: körperliche Aktivität, Sitzverhalten, Ernährung, Stressempfinden und -verhalten sowie Alkohol- und Nikotinkonsum. In diesem Jahr betrachtet der DKV Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ verstärkt das Sitzverhalten und die körperliche Aktivität bei der Arbeit. Dabei stehen Arbeitnehmer, die vornehmlich am Schreibtisch arbeiten, besonders im Fokus. Außerdem wurde das Thema Rückenschmerzen näher betrachtet. Bei dem vorliegenden Studienbericht handelt es sich bereits um die vierte Auflage des DKV Reports „Wie gesund lebt Deutschland?“. Da das Studiendesign seinen Vorgängern aus den Jahren 2010, 2012 und 2014 in Bezug auf Jahreszeit, Fragestellung und Vorgehen ähnelt, können Trends im Gesundheitsverhalten der befragten Personen aufgezeigt werden. 1.2 Stichprobendesign Für den vorliegenden Studienbericht wurden insgesamt 2.830 Interviews mit Personen über 18 Jahre geführt. Die Aussteuerung erfolgte, wie auch in den Vorjahren, repräsentativ nach Geschlecht und Alter. Die Stichprobe wurde außerdem nach den Merkmalen Haushalts- sowie Ortsgröße und Bundesland gewichtet. Die Angaben zur Stichprobe und Gewichtung basieren auf der Media-Analyse 2014, erhoben durch die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e. V. (agma). Diese Ergebnisse werden halbjährlich veröffentlicht und stellen die in Deutschland lebende Bevölkerung repräsentativ dar (www. agma-mmc.de). Wie in den Jahren 2012 und 2014 wurden im Jahr 2016 mindestens 200 Interviews pro Bundesland geführt. Ausnahmen sind die Bundesländer Bremen und Saarland. Da sie eine zu geringe Stichproben-Basis aufweisen, wurden sie gemeinsam mit Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ausgewertet. Es ist allerdings zu beachten, dass die Stichproben innerhalb der Länder nicht mehr repräsentativ sind. Für das Schwerpunktthema in diesem Jahr „Sitzen und körper liche Aktivität bei der Arbeit“ wurden insgesamt 1.621 Berufs tätige interviewt. Den Menschen, die während ihrer Arbeitszeit überwiegend am Schreibtisch tätig sind (n=733), wurden noch weitere Fragen zum Thema Sitzen und Arbeit gestellt, um Einstellungen sowie Förder- und Hinderungsfaktoren diesbezüglich näher zu betrachten. 7 | 48 Methodik 1.3 Untersuchungsinstrumente Für die Darstellung eines umfassenden Abbildes des individuellen Gesundheitsverhaltens wurden in diesem Report, wie auch in seinen Vorgängern aus den Jahren 2010, 2012 und 2014, folgende Themenkomplexe erfragt: • Einschätzung des Gesundheitsverhaltens • körperliches Aktivitätsverhalten während der Arbeit, des Transports und der Freizeit • Ernährungsverhalten • Rauchverhalten • Alkoholverhalten • Stressverhalten • subjektive Einstellungen zum Thema körperliche Aktivität und Gesundheit, Sitzverhalten während der Arbeit, des Transports und der Freizeit sowie während der freizeitlichen Mediennutzung (nur werktags) (vgl. 2014) Bei der 2016er-Befragung wurden folgende zusätzliche Schwerpunkte integriert: • Sitzen und körperliche Aktivität bei der Arbeit • Häufigkeit von Rückenschmerzen sowie der damit verbundene Gang zum Arzt und die empfohlenen Therapien Auch in diesem DKV Report wurde in den Bereichen „körper liche Aktivität“ und „Sitzverhalten“ auf standardisierte und wissenschaftlich erprobte Instrumentarien zurückgegriffen. Dabei wird als Erhebungsinstrument für das körperliche Aktivitätsverhalten der standardisierte „Global Physical Activity Questionnaire“ (GPAQ)1 genutzt. Er wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen, da er unter anderem eine hinreichende Validität aufweist. Der GPAQ ermöglicht durch den Einsatz in vielen Ländern weltweit einen internationalen Vergleich von Aktivitätsdaten in den Lebensbereichen Arbeit, Transport und Freizeit. Um das Sitzverhalten der befragten Personen detailliert auswerten zu können, wurde in diesem Report auf den Marshall Sitting Questionnaire² zurückgegriffen. Dieser erfragt jeweils für die Werk- und Wochentage getrennt die durchschnittliche tägliche Sitzzeit in fünf Alltagsbereichen. Dadurch kann die durchschnittliche Sitzdauer in Stunden und Minuten berechnet werden. In diesem Jahr haben wir die Sitzzeiten nur für die Werktage erfragt. Zur Darstellung des Aktivitätsverhaltens am Arbeitsplatz wurde der Occupational Sitting and Physical Activity Questionnaire (OSPAQ)³ hinzugezogen. Er berücksichtigt die Anteile des Sitzens, Stehens, Gehens und der Körperlichen-Arbeit an einem typischen Arbeitstag. Korrespondierend dazu wurden die Teilnehmer darum gebeten, ihre gewünschten Sitz-, Steh-, Geh- und Körperliche-Arbeit-Anteile an einem typischen Arbeitstag zu nennen. Somit ist ein Ist-und-Wunschwert- Abgleich der Situation möglich. Die Sitzunterbrechungen wurden nach der Abfragesystematik von Clark et al., 20114 erfasst. Auch die psychosozialen Einflussfaktoren, die sich auf das Sitzverhalten während der Arbeit auswirken (zum Beispiel soziale Normen: Würde es Kollegen stören, wenn Sie am Arbeitsplatz während einer Besprechung stehen?), wurden in dem DKV Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2016 berücksichtigt. Um in Erfahrung zu bringen, welche dieser Faktoren einen Einfluss auf das Sitzverhalten haben, kamen Abfrageformate aus internationalen Studien5 zum Einsatz. Zusätzlich wurden fördernde und hindernde (Büroumgebungs-) Maßnahmen in den Interviews abgefragt, die das Aufstehen und ein Mehr an körperlicher Bewegung bei der Arbeit am Schreibtisch unterstützen oder einschränken. Methodik 8 | 48 1.4 Stärken und Limitationen Differenzierte Erhebung gesundheitsrelevanter Lebensstilfaktoren. Dieser Studienbericht ermöglicht eine differenzierte Erhebung unterschiedlicher gesundheitsrelevanter Lebensstilfaktoren wie körperlicher Aktivität, Ernährung, Stressempfinden, Alkoholgenuss und Rauchverhalten. Dabei werden auch international anerkannte Untersuchungsinstrumente (zum Beispiel GPAQ) verwendet, die einen Vergleich mit anderen Ländern zulassen. Aktivitäts- und Sitzverhalten umfassend dargestellt. Eine weitere Stärke ist die Erfassung körperlicher Aktivität in unterschiedlichen Lebensbereichen, wie Arbeit/Beruf, Transport und Freizeit. In diesem Rahmen wurden zudem Daten über das Sitzverhalten gewonnen, welches als eigenständiger Risikofaktor für die Gesundheit neben dem Bewegungsmangel6 gilt. Schreibtischarbeiter im Fokus. Hervorzuheben ist in diesem Jahr, dass der DKV Report 2016 einen erweiterten Blickwinkel auf das Bewegungs- und Sitzverhalten während der Arbeit legt. Speziell die Personen, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten, werden näher betrachtet. Testtrennwerte als Richtlinien für einheitliche Einschätzung des Gesundheitsverhaltens. Um eine bessere Einschätzung des Gesundheitsverhaltens der in Deutschland lebenden Menschen vornehmen zu können, wird auch in diesem Studienbericht mit Benchmarks gearbeitet. Werden diese Werte erreicht, kann davon ausgegangen werden, dass die Befragten in den betroffenen Bereichen (körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen etc.) gesund leben bzw. die Mindestanforderungen erfüllen. Bei der Festlegung dieser Testtrennwerte wurden die Empfehlungen und Standards unterschiedlicher Fachgesellschaften berücksichtigt. Wann ein Benchmark von befragten Personen realisiert wird, kann in den jeweiligen Kapiteln dieses Reports nachgelesen werden. Hinweis: Die Benchmarks geben keine Informationen über die gesamte Verteilung eines Merkmals in der Stichprobe, welche eine genauere Einschätzung zulassen würde. Repräsentative Stichproben können verglichen werden. In diesem Jahr liegt die Response-Rate des DKV Reports „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2016 bei 13,5 Prozent. Bei den getroffenen Aussagen der Interviewpartner handelt es sich um reine Selbsteinschätzungen. Daher sind die vorliegenden Ergebnisse aus einem subjektiven Blickwinkel zu betrachten. Eine Trendentwicklung der vorliegenden Daten zu den Vorjahren kann aufgezeigt werden. Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass es sich um jeweils unterschiedliche Personen handelt, die zu den Themen interviewt wurden. Unabhängig davon sind alle vier Stichproben für die in Deutschland lebende erwachsene Bevölkerung repräsentativ und können daher miteinander in Verbindung gesetzt werden. 1 Armstrong T, Bull F. Development of the World Health Organization Global Physical Activity Questionnaire (GPAQ). Journal of Public Health. 2006;14(2):66-70. Bull FC, Maslin TS, Armstrong T. Global physical activity questionnaire (GPAQ): nine country reliability and validity study. J Phys Act Health. 2009 Nov;6(6):790-804. 2 Marshall AL, Miller YD, Burton NW, Brown WJ. Measuring total and domain-specific sitting: a study of reliability and validity. Med Sci Sports Exerc. 2010 Jun;42(6):1094-102. 3 Chau JY, Van Der Ploeg HP, Dunn S, Kurko J, Bauman AE. Validity of the occupational sitting and physical activity questionnaire. Med Sci Sports Exerc. 2012 Jan;44(1):118-25. 4 Clark BK, Thorp AA, Winkler EA, Gardiner PA, Healy GN, Owen N, et al. Validity of self-reported measures of workplace sitting time and breaks in sitting time. Med Sci Sports Exerc. 2011 Oct;43(10):1907-12. 5 De Cocker K, Duncan MJ, Short C, van Uffelen JG, Vandelanotte C. Understanding occupational sitting: Prevalence, correlates and moderating effects in Australian employees. Prev Med. 2014 Oct;67:288-94. Dunstan DW, Wiesner G, Eakin EG, Neuhaus M, Owen N, Lamontagne AD, et al. Reducing office workers’ sitting time: rationale and study design for the Stand Up Victoria cluster randomized trial. BMC Public Health. 2013 Nov 9;13(1):1057. 6 Chau JY, Grunseit AC, Chey T, Stamatakis E, Brown WJ, Matthews CE, et al. Daily sitting time and all-cause mortality: a meta-analysis. PLoS One. 2013;8(11):e80000. Rezende LF, Sa TH, Mielke GI, Viscondi JY, Rey-Lopez JP, Garcia LM. All-Cause Mortality Attributable to Sitting Time: Analysis of 54 Countries Worldwide. Am J Prev Med. 2016 Mar 23. 9 | 48 Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 2. Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse Die Mehrheit der Befragten hält sich für (sehr) gesund. Das Bewusstsein für eine ausgewogene Ernährung steigt, zugleich sinkt jedoch die körperliche Aktivität. Der Trend geht zum Nichtrauchen. Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 10 | 48 Definition der Benchmarks 2.1 Im Bundesdurchschnitt Körperliche Aktivität Dieser Benchmark ist angelehnt an die 2010 veröffentlichten internationalen (Mindest-)Aktivitätsempfehlungen pro Woche der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Er ist erfüllt, wenn Erwachsene mindestens 150 Minuten moderater oder 75 Minu ten intensiver körperlicher Aktivität pro Woche oder einer Kombination derselben nachgehen. Dabei kann die körperliche Aktivität in Einheiten von mindestens 10 Minuten aufgeteilt werden und in den Bereichen Arbeit, Transport und Freizeit vorkommen. Fast zwei Drittel aller befragten Bundesbürger (63 Prozent) schätzen ihren eigenen Gesundheitszustand als gut oder sehr gut ein. Rundum gesund leben aber nur die wenigsten: Betrachtet man die Benchmark-Ergebnisse in den Bereichen körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stress empfinden, erreicht nur etwa jeder Neunte alle Empfehlungen, das sind 11 Prozent. Das mehrheitlich gesündeste Verhalten zeigen die Befragten beim Thema Alkohol. Über 85 Prozent erreichen den empfohlenen Richtwert. Ernährung Zur Berechnung dieses Benchmarks wurden für diesen Report zehn Fragen, die sich nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) richten, mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten gestellt. Dabei handelt es sich um allgemeine Fragen, die die Zusammensetzung, nicht aber die Menge der verzehrten Lebensmittel erheben. Die Verteilung der jeweiligen Ernährungspunkte richtet sich nach den Empfehlungen der DGE. Der Benchmark zur gesunden Ernährung ist erreicht, wenn zwei Drittel dieser Ernährungsempfehlungen umgesetzt werden. Sie umfassen ein ausgewogenes Essverhalten mit Obst, Gemüse, Fisch, kalziumreichen und Vollkornprodukten sowie wenig Fleisch, Süßigkeiten und Knabbereien. Regelmäßige Mahlzeiten und ausreichend Zeit bei deren Verzehr sind für das Erreichen des Benchmarks ebenso wichtig. Benchmark-Realisierung Gesamt. Rauchen Dieser Benchmark ist als Nichtraucher erreicht. Alkohol Der Grenzwert für ein ausgewogenes Alkoholverhalten ist realisiert, wenn entweder gar kein Alkohol oder gelegentlich nur ein Glas Wein oder Bier getrunken wird. Zur Erfassung des Alkoholgenussverhaltens wurde zum einen nach der Trinkhäufigkeit und zum anderen nach der Menge der konsumierten alkoholischen Getränke gefragt. Dazu wurden sowohl Getränke wie Bier, Wein und Sekt als auch Spirituosen getrennt voneinander erfasst. Stress Ein gesundes Stressverhalten liegt vor, wenn entweder kein Stress empfunden wird oder wenn Stress durch wirksame Strategien (unter anderem Sport, Musik, Lesen, Bewegung, Freunde treffen, Entspannungsübungen u. v. m.) ausgeglichen werden kann. Alle Benchmarks Erwachsene 11 Aktivität 45 Ernährung 50 Rauchen 78 Alkohol 85 Stressempfinden 58 (Angaben in Prozent) Hundebesitzer leben gesünder. Insgesamt besitzen 16 Prozent der befragten Deutschen einen Hund. 14 Prozent der Menschen mit Hund leben rundum gesund, das sind 3 Prozent mehr als bei den Menschen ohne Hund. Besonders der Benchmark zur körperlichen Aktivität wird mit Hund (56 Prozent) deutlich häufiger erreicht als ohne Hund (43 Prozent). Außerdem können Hundebesitzer tendenziell etwas besser mit Stress umgehen. Von ihnen erlangen 59 Prozent den Benchmark zum Stressempfinden (bei Personen ohne Hund: 57 Prozent). 11 | 48 Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 2.2 Im Geschlechtervergleich Frauen sind das gesundheitsbewusstere Geschlecht – sie achten wesentlich mehr auf eine ausgewogene Ernährung und leben insgesamt gesünder. Im Benchmark-Vergleich liegen die Frauen vorn. Während sie zu 13 Prozent alle Benchmarks erreichen, trifft das auf die Männer nur zu 8 Prozent zu. Frauen können etwas besser ihren täglichen Stress kompensieren. 60 Prozent erreichen in diesem Bereich den empfohlenen Benchmark. Bei den Männern sind es etwas weniger (55 Prozent). Übrigens: 28 Prozent der befragten Frauen setzen dabei auf Entspannungsverfahren (zum Beispiel Yoga, Meditation u. v. a.). Von den Männern geben nur 13 Prozent an, solche Methoden zu nutzen. Im Bereich der körperlichen Aktivität liegen die Männer vorn. Sie bewegen sich etwas mehr als Frauen (Männer: 47 Prozent, Frauen: 44 Prozent). Allerdings punkten die Frauen in ihrem Ernährungsverhalten. Über die Hälfte (56 Prozent) der weiblichen befragten Personen erreicht den Ernährungs-Benchmark. Die Männer realisieren diesen mit 43 Prozent – ganze 13 Prozent weniger. 77 Prozent der Frauen essen täglich Obst und Gemüse (Männer: 58 Prozent) und verzehren dabei zu 19 Prozent die empfohlenen fünf oder mehr Stücke (Männer: 12 Prozent). Außerdem essen 67 Prozent von ihnen täglich kalziumreiche (Männer: 62 Prozent) und 55 Prozent Vollkornprodukte (Männer: 46 Prozent). Der tägliche Verzehr von Fleisch ist bei Männern mit 24 Prozent häufiger als bei Frauen mit 11 Prozent. Experten empfehlen, nicht jeden Tag Fleisch zu essen, sondern nur ein bis zwei Mal pro Woche. 12 Prozent der befragten Frauen geben an, gar kein Fleisch zu essen. Zu Fisch und Meeresfrüchten greifen Männer und Frauen meist ein bis zwei Mal pro Woche. Frauen verzehren diese Nahrungsmittel mit 62 Prozent etwas häufiger als Männer (58 Prozent). 28 Prozent der befragten Männer und Frauen verzichten gänzlich auf Fisch und Meeresfrüchte. Im Vergleich: 2014 waren es noch 36 Prozent. Es greifen also erheblich mehr Menschen zu Fisch und Meeresfrüchten. Der Anteil der Frauen, die den Benchmark Alkohol nicht erreichen, ist sehr viel geringer (7 Prozent) als der entsprechende Anteil der Männer (24 Prozent). Wenn Frauen jedoch zum Glas greifen, dann trinken sie am liebsten Wein und Sekt (55 Prozent), Männer hingegen am häufigsten Bier (64 Prozent). Auch beim Rauchen haben die bisherigen Geschlechterunterschiede weiterhin Bestand: 19 Prozent der Frauen sind Raucher, dagegen 25 Prozent der Männer. Benchmark-Realisierung nach Geschlecht. Geschlecht Alle Benchmarks Erwachsene Männlich Weiblich 8 13 Aktivität 47 44 Ernährung 43 56 Rauchen 75 81 Alkohol 76 93 Stressempfinden 55 60 (Angaben in Prozent) Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 12 | 48 2.3 Im Altersvergleich Jüngere Menschen sind am aktivsten, ältere Menschen leiden am wenigsten unter Stress. Menschen ab 66 Jahren leben am häufigsten rundum gesund. Insgesamt erreichen sie mit 14 Prozent den Benchmark zum gesunden Lebensstil am häufigsten und liegen damit im Altersvergleich vorn. Mit nur 5 Prozent erreicht die Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren am seltensten alle Benchmarks. Die jüngsten Befragten rauchen am häufigsten (30 Prozent), trinken am meisten Alkohol (20 Prozent) und achten am wenigsten auf eine ausgewogene Ernährung (36 Prozent). Allerdings sind sie am häufigsten körperlich aktiv (51 Prozent) – jeder zweite Befragte von ihnen bewegt sich ausreichend (30–45-Jährige: 43 Prozent, 46–65-Jährige: 47 Prozent, ab 66-Jährige: 41 Prozent). Obwohl die befragten 18–29-Jährigen im Altersvergleich am wenigsten häufig den allgemeinen Benchmark zum gesunden Leben erreichen, schätzen sich ganze 78 Prozent von ihnen als gesund oder sogar sehr gesund ein. Personen ab 66 Jahren legen großen Wert auf eine bewusste Ernährung. Sie verzehren am häufigsten (64 Prozent) drei Hauptmahlzeiten pro Tag und nehmen sich am meisten Zeit für das Essen ihrer Mahlzeiten (26 Prozent mehr als 30 Minuten pro Hauptmahlzeit). Außerdem essen sie täglich am häufigsten Obst und Gemüse (79 Prozent) und sogar 5 Stücke oder mehr davon (19 Prozent), kalziumreiche Nahrungsmittel (73 Prozent) sowie Vollkornprodukte (65 Prozent). Insgesamt erreichen Personen ab 66 Jahren mit 58 Prozent am häufigsten den Ernährungs-Benchmark im Altersvergleich. Benchmark-Realisierung nach Alter. Alter 2.4 Nach Körpergewicht* Adipöse Menschen achten am häufigsten auf eine ausgewogene Ernährung, sind körperlich aktiv und rauchen am wenigsten. Allerdings leiden sie am häufigsten unter Stress. Menschen, die stark übergewichtig sind, leiden am häufigsten unter Stress. Nur 45 Prozent der Befragten erreichen den Benchmark zum gesunden Stressempfinden. Bei den Normalgewichtigen schaffen dies hingegen ganze 63 Prozent. Jedoch achten die Befragten mit Adipositas überdurchschnittlich häufig auf ihre Ernährung – etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) realisieren den Benchmark. Auch körperlich sind sie aktiv. 47 Prozent von ihnen kommen der Empfehlung der WHO nach. Am rundum gesündesten leben die Normalgewichtigen. Sie können am besten mit Stress umgehen (63 Prozent), trinken wenig Alkohol (87 Prozent) und achten auf eine ausgewogene Ernährung (51 Prozent). Insgesamt führen 13 Prozent von ihnen einen rundum gesunden Lebensstil. Benchmark-Realisierung nach Körpergewicht. < 18,5 18,5– 24,9 25– 29,9 ≥ 30 8 13 9 9 Aktivität 43 46 44 47 Ernährung 46 51 48 53 91 Rauchen 72 76 78 88 86 82 Alkohol 88 87 83 84 56 70 Stressempfinden 57 63 55 45 18–29 30-45 46-65 ab 66 5 10 12 14 Alle Benchmarks Erwachsene Aktivität 51 43 47 41 Ernährung 36 49 51 58 Rauchen 70 76 75 Alkohol 80 89 Stressempfinden 56 50 Alle Benchmarks Erwachsene (Angaben in Prozent) BMI (Angaben in Prozent) * Die Einteilung in Gewichtsklassen richtet sich nach dem Body-Mass-Index (BMI) und folgt der BMI-Gewichtsklassifikation für Erwachsene durch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Diese unterteilt folgende Kategorien: BMI <18,5 kg/m² = Untergewicht; BMI 18,5-24,9 kg/m² = Normalgewicht; BMI 25-29,9 kg/m² = Übergewicht; BMI ≥ 30 kg/m² = Adipositas. 13 | 48 Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 2.5 Nach Bildungsstatus 2.6 Nach Haushaltsnettoeinkommen* Befragte mit Abitur erreichen am häufigsten den Benchmark zum gesunden Leben. Je höher der Bildungsgrad, desto gesünder der Umgang mit Stress. Nur insgesamt 7 Prozent aller Befragten mit einem Hauptschulabschluss erreichen alle Benchmarks, die auf ein gesundes Leben einzahlen. Knapp die Hälfte von ihnen ist jedoch körperlich aktiv (47 Prozent) und bewegt sich somit häufiger ausreichend als die Befragten mit Abitur (43 Prozent) und die Akademiker (37 Prozent). Allerdings leiden sie unter erhöhtem Stress bzw. können diesen nicht gut kompensieren. Nur 52 Prozent erreichen den empfohlenen Wert für ein gesundes Stressempfinden (mittlere Reife: 58 Prozent, Abitur: 59 Prozent, Studium: 61 Prozent). Besserverdiener bewegen sich am wenigsten und trinken am häufigsten Alkohol. Obwohl sie am häufigsten den Benchmark für eine gesunde Ernährung erreichen (48 Prozent), erreichen gleichzeitig nur 38 Prozent der Besserverdiener auch den Benchmark „Aktivität“. Die befragten Gering- (53 Prozent) und Normalverdiener (54 Prozent) leben in diesem Bereich um einiges gesünder – über die Hälfte erreicht den empfohlenen Richtwert bei der körperlichen Aktivität. Mit dem Konsum von Alkohol gehen sie jedoch sehr verantwortungsvoll um – nur 13 Prozent erreichen den Benchmark zum gesunden Alkoholkonsum nicht. Die Akademiker hingegen trinken mit 19 Prozent überdurchschnittlich häufig zu viel Alkohol. Personen, die einen mittleren Schulabschluss haben, sind besonders körperlich aktiv. Die Hälfte (52 Prozent) bewegt sich ausreichend und erreicht damit den empfohlenen Benchmark. Personen mit einem Studienabschluss tun dies im Vergleich dazu am seltensten – nur 37 Prozent von ihnen sind ausreichend körperlich aktiv. Aber sie achten am meisten auf ihre Ernährung. 56 Prozent ernähren sich ausreichend ausgewogen. Auch der Umgang mit Stress macht ihnen am wenigsten zu schaffen. 61 Prozent der Akademiker gelingt es, Mechanismen zu finden, mit denen sie ihren Alltagsstress gut bewältigen können. Benchmark-Realisierung nach Bildungsstatus. Hauptschule Mittl. Reife Abitur, FH-Reife Studium Kein Abschluss 7 12 13 10 3 Aktivität 47 52 43 37 24 Ernährung 49 47 49 56 30 Rauchen 79 76 76 82 82 Alkohol 87 86 85 81 96 Stressempfinden 52 58 59 61 43 Bildungsstatus Alle Benchmarks Erwachsene (Angaben in Prozent) Umgekehrt verhält es sich allerdings beim Stress. Während 55 Prozent der Befragten mit einem Einkommen von über 2.500 Euro damit gut umgehen können, gelingt dies Personen der beiden darunterliegenden Gehaltsgruppen nur zu jeweils 50 bzw. 51 Prozent. Außerdem gibt es unter den befragten Besserverdienern die meisten Nichtraucher (75 Prozent). Beim Alkoholkonsum erreichen die Geringverdiener mit 92 Prozent am häufigsten den Benchmark, gefolgt von den Normalverdienern mit 88 Prozent und den Besserverdienern mit 84 Prozent. Benchmark-Realisierung nach Haushaltsnettoeinkommen. Haushaltsnettoeinkommen Bis unter 1.500 € 1.500 € bis 2.499 € 2.500 € und mehr Alle Benchmarks Erwachsene 10 8 9 Aktivität 53 54 38 Ernährung 41 45 48 Rauchen 68 69 75 Alkohol 92 88 84 Stressempfinden 50 51 55 (Angaben in Prozent) *Veränderte Basis von n=1.133 Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse 14 | 48 2.7 Im Vergleich zu den Vorjahren 2010 bis 2014 Menschen fühlen sich immer gesünder. Aber: Nur 11 Prozent realisieren den Benchmark. Wer alle Benchmarks in den Bereichen körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stressempfinden erreicht, fühlt sich auch gesund. Befragte können immer besser mit Stress umgehen. Stark verbessert hat sich der Umgang mit Stress. 58 Prozent der Menschen finden 2016 gute Mechanismen, um ihr Stressempfinden zu senken (zum Beispiel Lesen, Musik hören, Sport treiben etc.). 2012 traf das nur auf 47 Prozent der Befragten zu. Insgesamt schätzen sich 63 Prozent der Befragten als gesund oder sogar sehr gesund ein – 2010 waren es noch 55 Prozent. Dennoch erreichen in diesem Jahr nur 11 Prozent der Befragten die Benchmarks für einen gesunden Lebensstil (2010: 14 Prozent). Benchmark-Realisierung im Jahresvergleich. Menschen bewegen sich weniger. Die körperliche Aktivität rückt bei den Deutschen weiter in den Hintergrund. Nur noch 45 Prozent der befragten Personen erreichen in diesem Jahr den empfohlenen Richtwert zur körperlichen Bewegung – ganze 9 Prozent weniger als in den Vorjahren 2014 und 2012. 2010 erreichten noch 60 Prozent diesen Benchmark. Ausgewogene Ernährung wird wichtiger. Umgekehrt verhält es sich beim Ernährungsbewusstsein. Immer mehr Menschen achten auf gesunde und ausgewogene Mahlzeiten. 2016 erreichen die befragten Personen am häufigsten den Benchmark zur gesunden Ernährung. Jeder zweite Deutsche ernährt sich demnach ausreichend ausgewogen. Trend geht zum Nichtraucher. Während die Anzahl der Nichtraucher unter unseren Befragten im Jahr 2014 leicht gesunken war, liegt sie in diesem Jahr wieder auf dem Niveau von 2012. 78 Prozent der Menschen sind Nichtraucher. 2010 waren es mit 75 Prozent etwas weniger. 2016 2014 2012 2010 Alle Benchmarks Erwachsene 11 11 11 14 Aktivität 45 54 54 60 Ernährung 50 45 47 48 Rauchen 78 76 78 75 Alkohol 85 87 84 81 Stressempfinden 58 52 47 49 (Angaben in Prozent) 15 | 48 Körperliche Aktivität 3. Körperliche Aktivität Die Menschen in Deutschland bewegen sich immer weniger. Körperliche Aktivität Ausreichend Bewegung in unserem Alltag ist ein wichtiger Baustein für unsere Gesundheit. Wenn wir körperlich nicht ausreichend aktiv sind, steigt das Risiko, krank zu werden, und wir fühlen uns schlapp. Außerdem unterstützt regelmäßige körperliche Freizeitaktivität uns dabei, unseren Alltagsstress zu bewältigen, wodurch wir weniger anfällig für psychosomatische Krankheiten wie zum Beispiel Burn-out sind. Darüber hinaus sind chronische Rückenschmerzen, Übergewicht, Bluthochdruck, Brust- und Darmkrebs sowie Diabetes nur einige Folgen von zu wenig körperlicher Aktivität. Aktuell leiden mehr als sechs Millionen Deutsche an Diabetes.1 Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO für Erwachsene mindestens 150 Minuten moderate bis körperlich intensive Aktivität pro Woche.2 Wie und wann man diese 150 Minuten aufteilt, ob drei Mal wöchentlich für etwa eine Stunde im Fitnessstudio, eine längere Wanderung am Wochenende oder der tägliche Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad, bleibt demnach jedem von uns selbst überlassen. Aber: Man sollte mindestens zehn Minuten am Stück aktiv sein. Wichtig: Es kommt auf die ganzheitliche Betrachtung von körperlicher Aktivität an. Entscheidend ist also nicht nur, wie häufig die Befragten sich in ihrer Freizeit bewegen, sondern auch, wie häufig sie ihre Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen und ob sie körperliche Arbeit leisten (sei es im Beruf oder auch im Haus oder im Garten). Der DKV Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2016 unterscheidet zwischen moderater und intensiver körperlicher Aktivität. Die Ergebnisse werden jeweils über das metabolische Äquivalent (MET)* in MET-Minuten umgerechnet und aufgezeigt. Damit wird sowohl die Dauer als auch die Intensität der körperlichen Aktivität berücksichtigt. Die körperliche Aktivität 16 | 48 während der Arbeit bezieht sich auf alle Tätigkeiten, die erledigt werden müssen, also neben der Berufstätigkeit das Studium oder die Ausbildung, landwirtschaftliche Tätigkeiten, aber auch Arbeiten in Haus und Garten wie etwa Staubsaugen oder Harken. Da jeder Befragte ein sehr individuelles körperliches Aktivitätsverhalten zeigt, weisen die erfassten MET-Minuten eine sehr hohe Streuung auf. Dadurch entstehen Ausreißer, die den Mittelwert stark beeinflussen können (zum Beispiel, wenn einige Menschen im Vergleich zu den meisten anderen in ihrer Altersgruppe extrem viel körperliche Aktivität angegeben haben). Um trotzdem ein möglichst reales Abbild der Daten widerspiegeln zu können, wird in den Infografiken sowie im Text zusätzlich der Median berücksichtigt. Er teilt die Daten mittig und ist Ausreißern gegenüber stabiler. Damit liegen jeweils 50 Prozent der Stichprobenwerte unterhalb sowie oberhalb des Medians. Nur in der Gesamtbetrachtung von Mittelwert und Median lassen sich mögliche Tendenzen erkennen. Benchmark körperliche Aktivität Der Aktivitäts-Benchmark ist an die internationale (Mindest-)Aktivitätsempfehlung pro Woche der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angelehnt und liegt bei 600 MET-Minuten. Danach sollten Erwachsene mindestens 150 Minuten moderater oder 75 Minuten intensiver körperlicher Aktivität oder jeglicher Kombination der beiden Genannten pro Woche nachgehen. Dabei kann die körperliche Aktivität in Umfänge von mindestens 10 Minuten aufgeteilt werden. *Das metabolische Äquivalent wird verwendet, um den Energieverbrauch verschiedener Aktivitäten miteinander zu vergleichen. Dabei ist 1 MET der Grundumsatz einer erwachsenen Person im Sitzen und ist definiert als die Sauerstoffaufnahme von 3,5 ml/min/kg (Ainsworth et al. 1993). Körperlich moderate Aktivitäten werden mit 4 MET berechnet, körperlich intensive Aktivität mit 8 MET. Das metabolische Äquivalent wird benutzt, um die Intensität einer körperlichen Aktivität als ein Vielfaches des Ruheumsatzes zu beschreiben und so den Energieumsatz eines Menschen, bezogen auf sein Körpergewicht, zu quantifizieren. Ein Beispiel: Wird eine 4-MET-Aktivität über 30 Minuten ausgeführt, hat die Person 120 MET-min (30 Minuten x 4 MET) bzw. 2 MET-h akkumuliert. 120 MET-min können beispielsweise auch durch 15 Minuten einer 8-MET-Aktivität (15 Minuten x 8 MET) erzielt werden. 1 Gesundheitsberichterstattung des Bundes: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Gesundheit/Gesundheitszustand/GesundheitInDeutschlandPublikation.pdf?__blob=publicationFile 2 World Health Organization: Global recommendations on physical activity for health. 2010. 17 | 48 Körperliche Aktivität 3.1 Im Bundesdurchschnitt Über die Hälfte der Deutschen ist nicht ausreichend körperlich aktiv. 80 Prozent der Befragten verrichten keine intensive körperliche Arbeit. Die restlichen 20 Prozent tun dies im Mittel für 90 Minuten pro Woche (Median, 720 MET-Minuten). Moderate körperliche Arbeit verrichten 40 Prozent der Befragten. Bei den 40 Prozent, die moderate körperliche Aktivität bei der Arbeit angeben, liegt der Median bei 2 Stunden pro Woche (120 MET-Minuten). Intensiven Sport während ihrer Freizeit treiben insgesamt 42 Prozent der Deutschen. Diese weisen dann einen Median von 23 Minuten pro Woche (80 MET-Minuten) auf. Etwas mehr Menschen sind moderat sportlich aktiv: 48 Prozent. Dagegen sind 32 Prozent in ihrer Freizeit überhaupt nicht aktiv. Um Orte des täglichen Bedarfs zu erreichen, bewegt sich weit mehr als die Hälfte der befragten Personen (61 Prozent) zu Fuß oder mit dem Fahrrad fort. Jeder Dritte (34 Prozent) ist so an sieben Tagen in der Woche unterwegs. Die 61 Prozent, die aktiven Transport angeben, haben einen Median von 45 Minuten pro Woche (180 MET-Minuten). Der Median der Gesamtstichprobe liegt bei 18 Minuten (72 MET-Minuten) pro Woche. Den Benchmark zur körperlichen Aktivität erreichen nur 45 Prozent der Befragten. Das bedeutet, dass sich über die Hälfte der Deutschen nicht ausreichend bewegt. Körperliche Aktivität 18 | 48 3.2 Im Geschlechtervergleich Frauen und Männer sind sich in ihrem körperlichen Aktivitätsverhalten ähnlich. Geht es um die körperliche Aktivität insgesamt, liegen Männer und Frauen fast gleichauf. 47 Prozent der Männer und 44 Prozent der Frauen erreichen den Benchmark zum körperlichen Aktivitätsverhalten – in beiden Fällen weniger als die Hälfte der Befragten. Intensive, also schweißtreibende Aktivität bei der Arbeit geben 19 Prozent der Frauen und 21 Prozent der Männer an. Frauen, die intensiver körperlicher Aktivität bei der Arbeit nachgehen, weisen einen Median von 75 Minuten pro Woche auf (600 MET-Minuten), Männer von 118 Minuten pro Woche (945 MET-Minuten). Über die Stichprobe hinweg liegt der Median allerdings bei 0. 40 Prozent der Männer und Frauen geben an, während der Arbeit moderat körperlich aktiv zu sein. Frauen haben dabei einen Median von 105 Minuten pro Woche (600 MET-Minuten), Männer von 150 Minuten pro Woche (600 MET-Minuten). Über die Gesamtstichprobe hinweg liegt der Median bei 0 MET-Minuten. 53 Prozent der Männer geben überhaupt keine körperliche Aktivität bei der Arbeit an, bei den Frauen sind es 54 Prozent. 62 Prozent der Frauen und 59 Prozent der Männer geben an, dass sie mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen, um Orte des täglichen Bedarfs zu erreichen. Sind sie auf diese Art unterwegs, dann sind es Männer für 45 Minuten (180 MET-Minuten) und Frauen für 53 Minuten pro Woche (210 MET-Minuten). Für die Gesamtstichprobe liegt der Median von körperlicher Aktivität während des Transportes allerdings nur bei 15 Minuten (60 MET-Minuten) für die Männer sowie bei 23 Minuten (90 MET-Minuten) pro Woche für die Frauen. Körperlich moderate Freizeitaktivitäten geben Frauen häufiger an (53 Prozent) als Männer (44 Prozent). Unter den so aktiven Männern liegt der Median bei 45 Minuten pro Woche (180 MET-Minuten), unter den Frauen bei 34 Minuten pro Woche (135 MET-Minuten). 31 Prozent der Frauen sind in ihrer Freizeit überhaupt nicht körperlich aktiv, bei den Männern sind es 32 Prozent. Mittelwert und Median der körperlichen Aktivität nach Geschlecht für die Gesamtstichprobe. Intensive körperliche Arbeit bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 228 / 0 177 / 0 202 / 0 Moderate körperliche Arbeit bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 338 / 0 302 / 0 320 / 0 Körperliche Arbeit beim Transport (Mittelwert / Median) 175 / 60 202 / 90 188 / 72 Intensive körperliche Arbeit in der Freizeit (Mittelwert / Median) 128 / 0 99 / 0 114 / 0 Moderate körperliche Arbeit in der Freizeit (Mittelwert / Median) 108 / 0 120 / 40 114 / 0 50 100 150 Männer Mittelwert 45 Prozent der männlichen und 40 Prozent der weiblichen Befragten geben an, sich in ihrer Freizeit intensiv körperlich zu bewegen. Wenn sie das tun, ist die Dauer bei Männern und Frauen gleich: Bei beiden 23 Minuten pro Woche (Männer: 186 MET-Minuten, Frauen: 180 MET-Minuten). Über die Gesamtstichprobe liegt der Median bei 0 MET-Minuten. 200 250 300 350 Gesamt Median Frauen Mittelwert Gesamt (Mittelwert / Median) Männer: 972 / 540 (Angaben in MET-Minuten) Frauen: 898 / 480 Gesamt: 934 / 510 19 | 48 Körperliche Aktivität 3.3 Im Altersvergleich Je älter die Befragten, desto weniger intensiv ist ihre körperliche Aktivität. Während bei den Altersgruppen von 18 bis 65 Jahren jeweils 21 Prozent intensive körperliche Arbeit verrichten, tun dies nur noch 17 Prozent der Menschen über 65 Jahre, also im Rentenalter. Betrachtet man diejenigen genauer, sieht man, dass auch die Dauer dieser Aktivität mit dem Alter sinkt (18–29 Jahre: 150 Minuten pro Woche (1.200 MET-Minuten), 30–45 Jahre: 131 Minuten pro Woche (1.050 MET-Minuten), 46–65 Jahre: 92 Minuten pro Woche (737 MET-Minuten), > 65 Jahre: 53 Minuten pro Woche (420 MET-Minuten)). Körperlich moderate Aktivität bei der Arbeit dagegen gibt die älteste Altersgruppe mit 43 Prozent am häufigsten an. Die Dauer ist hier aber geringer als bei jüngeren Menschen (> 65-Jährige: 90 Minuten pro Woche (360 MET-Minuten), 30–45-Jährige: 150 Minuten pro Woche (600 MET-Minuten)). 57 Prozent der 18–29-Jährigen, 55 Prozent der 30–45-Jährigen, 53 Prozent der 46–65-Jährigen und 51 Prozent der über 65-Jährigen geben überhaupt keine körperliche Aktivität bei der Arbeit an. Der Großteil der befragten Altersgruppen ist regelmäßig körperlich aktiv, um von Ort zu Ort zu gelangen. Personen zwischen 46 und 65 Jahren tun dies mit 57 Prozent am wenigsten häufig, Menschen ab 66 Jahren mit 65 Prozent am häufigsten. Wenn die Ältesten auf diese Weise aktiv sind, dann sogar von allen Altersgruppen am längsten mit 53 Minuten pro Woche (210 MET-Minuten). Die jüngeren Altersgruppen, die Transportaktivität angeben, weisen einen Median von 45 Minuten pro Woche (180 MET-Minuten) auf. Dies spiegelt sich auch in den MET-Minuten über die ganze Stichprobe hinweg wider. Umgekehrt verhält es sich jedoch bei intensiven Sport-, Fitness- und Freizeitaktivitäten. Hier liegen die 18–29-Jährigen weit vorn. Von ihnen sagen 63 Prozent, dass sie solchen intensiven Freizeitaktivitäten nachgehen (30–45-Jährige: 45 Prozent, 46–55-Jährige: 40 Prozent, ab 66-Jährige: 27 Prozent). Die höheren Altersgruppen gehen eher moderaten Freizeitaktivitäten nach, am häufigsten die 46–65-Jährigen mit 52 Prozent. Zusammengefasst wird der Anteil derer, die gar keiner körper lichen Aktivität in der Freizeit nachgehen, mit dem Alter höher (18–29-Jährige: 20 Prozent, 30–45-Jährige: 31 Prozent, 46–65-Jährige: 32 Prozent, ab 66-Jährige: 41 Prozent). Mittelwert und Median der körperlichen Aktivität nach Alter für die Gesamtstichprobe. Intensive körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 225 / 0 247 / 0 212 / 0 118 / 0 Moderate körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 297 / 0 251 / 0 366 / 0 341 / 0 Körperliche Aktivität beim Transport (Mittelwert / Median) 207 / 70 156 / 70 183 / 60 219 / 90 Intensive körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) 76 / 0 178 / 120 113 / 0 107 / 0 Moderate körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) 102 / 0 91 / 0 127 / 52 131 / 0 50 100 150 200 250 18–29 Jahre 46–65 Jahre 30–45 Jahre Älter als 66 Jahre 300 350 Median Gesamt (Mittelwert / Median) 18–29 Jahre: 1.007 / 600 46–65 Jahre: 968 / 540 30–45 Jahre: 960 / 480 Älter als 66 Jahre: 796 / 445 (Angaben in MET-Minuten) 400 Körperliche Aktivität 20 | 48 3.4 Nach Körpergewicht Die normalgewichtige Bevölkerung ist in ihrer Freizeit am häufigsten körperlich aktiv. 45 Prozent der Befragten erreichen den Benchmark für ausreichende körperliche Aktivität. Hier gibt es keine nennenswerten Unterschiede zwischen normalgewichtigen, übergewichtigen und adipösen Personen. Die Gewichtsgruppen unterscheiden sich jedoch nach der Art der körperlichen Aktivität. Adipöse Menschen geben am häufigsten an, einer Arbeit nachzugehen, bei der sie körperlich sehr intensiv aktiv sind (27 Prozent). Weit dahinter liegen leicht übergewichtige Personen (22 Prozent), dann normalgewichtige (18 Prozent) und untergewichtige Menschen (13 Prozent). Mittelwert und Median der körperlichen Aktivität nach Körpergewicht für die Gesamtstichprobe. Intensive körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 92 / 0 183 / 0 225 / 0 254 / 0 Auch wenn es um die moderate körperliche Aktivität bei der Arbeit geht, geben adipöse Personen mehr Bewegung an. Die Hälfte von ihnen (49 Prozent) ist demnach während der Arbeit moderat aktiv. Moderate körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) Insgesamt geben 62 Prozent der untergewichtigen, 57 Prozent der normalgewichtigen, 51 Prozent der übergewichtigen und 46 Prozent der adipösen Personen keine körperliche Aktivität bei der Arbeit an. Körperliche Aktivität beim Transport (Mittelwert / Median) Über die Gesamtstichprobe hinweg sind normalgewichtige Personen tendenziell mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs, um Orte des täglichen Bedarfs zu erreichen, als übergewichtige oder adipöse Menschen. Bei Normalgewichtigen liegt der Median hier bei 23 Minuten pro Woche (90 MET-Minuten), Übergewichtige und Adipöse kommen auf 15 bzw. 19 Minuten pro Woche (60 bzw. 74 MET-Minuten). Intensive körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) Geht es um Bewegung in ihrer Freizeit, gerät die Hälfte der Normalgewichtigen (49 Prozent) dabei regelmäßig stark ins Schwitzen. Bei den adipösen Menschen gehen nur 25 Prozent einer solchen intensiven Freizeitaktivität nach. 52 Prozent der Normalgewichtigen geben zudem an, dass sie in ihrer Freizeit moderat körperlich aktiv sind, bei den übergewichtigen Personen sind es nur 45 Prozent. Je höher das Übergewicht, desto eher sind die Menschen in ihrer Freizeit inaktiv: 26 Prozent der normalgewichtigen, 36 Prozent der übergewichtigen und 42 Prozent der adipösen Menschen geben gar keine körperliche Aktivität in der Freizeit an. 285 / 0 305 / 0 321 / 0 384 / 0 201 / 100 205 / 90 172 / 60 165 / 74 80 / 0 67 / 0 100 / 0 137 / 0 Moderate körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) 139 / 0 126 / 30 105 / 0 87 / 0 50 100 150 200 250 < 18,5 kg/m² 25–29,9 kg/m² 18,5–24,9 kg/m² ≥ 30 kg/m² 300 350 Median Gesamt (Mittelwert / Median) < 18,5 kg/m²: 817 / 420 25–29,9 kg/m²: 917 / 495 18,5–24,9 kg/m²: 953 / 540 ≥ 30 kg/m²: 949 / 540 (Angaben in MET-Minuten) 400 21 | 48 Körperliche Aktivität 3.5 Nach Bildungsstatus Je höher der Bildungsstatus, desto weniger intensive körperliche Aktivität bei der Arbeit. Mit steigendem Bildungsstatus verlagert sich die körperliche Aktivität weg von der Arbeit und hin zum Freizeitsport. Befragte mit Hauptschulabschluss und mittlerer Reife leisten am häufigsten körperlich intensive Arbeit (Hauptschulabschluss: 26 Prozent, mittlere Reife: 25 Prozent). Bei den Menschen mit Abitur geben nur 15 Prozent intensive Arbeitsaktivitäten an, bei den Akademikern nur 12 Prozent. Auch bei den moderaten körperlichen Tätigkeiten während der Arbeit sind Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss (Hauptschulabschluss: 49 Prozent, mittlere Reife: 47 Prozent) anteilig stärker aktiv als solche mit höherem Abschluss (Abitur: 36 Prozent, Studium: 28 Prozent). Die Akademiker stellen mit 68 Prozent auch den größten Anteil von Menschen, die bei der Arbeit nicht körperlich aktiv sind (Hauptschulabschluss: 45 Prozent, mittlere Reife: 46 Prozent, Abitur: 59 Prozent). Um von Ort zu Ort zu gelangen, bewegen sich die Menschen mit Studienabschluss etwas häufiger zu Fuß oder mit dem Rad fort (63 Prozent) als befragte Personen aus den darunterliegenden Bildungsklassen (Hauptschulabschluss: 60 Prozent, mittlere Reife: 59 Prozent und Abiturienten: 60 Prozent). Sehr viel deutlichere Unterschiede gibt es in der Freizeit. Sowohl intensive wie moderate Bewegung in der Freizeit findet sich am häufigsten bei Befragten mit Abitur oder Studium. 53 Prozent der Personen mit Studium und 51 Prozent der Menschen mit Abitur kommen bei der körperlichen Aktivität in ihrer Freizeit stark ins Schwitzen, bei Personen mit Hauptschulabschluss nur 24 Prozent. Mittelwert und Median der körperlichen Aktivität nach Bildungsstatus der Gesamtstichprobe. Intensive körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 279 / 0 290 / 0 134 / 0 73 / 0 Moderate körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 390 / 0 388 / 0 291 / 0 191 / 0 Körperliche Aktivität beim Transport (Mittelwert / Median) 184 / 70 214 / 60 173 / 70 171 / 80 Intensive körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) 70 / 0 111 / 0 147 / 60 128 / 60 Moderate körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) 95 / 0 113 / 0 130 / 40 121 / 60 50 100 150 200 250 Hauptschule Abitur/FH-Reife Mittlere Reife Studium 300 350 Median Gesamt (Mittelwert / Median) Unter den Menschen mit Hauptschulabschluss sind 47 Prozent in ihrer Freizeit komplett inaktiv, bei den Akademikern sind es nur 22 Prozent (mittlere Reife: 33 Prozent, Abitur: 24 Prozent). Hauptschule: 1.012 / 540 Abitur/FH-Reife: 862 / 480 Mittlere Reife: 1.114 / 619 Studium: 685 / 420 (Angaben in MET-Minuten) 400 Körperliche Aktivität 22 | 48 3.6 Nach Haushaltsnettoeinkommen* Besserverdiener bewegen sich in ihrer Freizeit mehr als während der Arbeit. Parallel zur Analyse der unterschiedlichen Bildungsabschlüsse verändert sich die Aktivität mit steigendem Einkommen weg von der Arbeit und hin in die Freizeit. Zusätzlich fällt auf, dass mit steigendem Einkommen die Menschen tendenziell seltener zu Fuß gehen oder das Fahrrad benutzen, um von A nach B zu kommen. Betrachtet man das Haushaltsnettoeinkommen, wird deutlich, dass die Geringverdiener am häufigsten während der Arbeit und des Transports körperlich aktiv sind. 30 Prozent von ihnen bewegen sich während ihrer Arbeit körperlich intensiv. Dagegen leisten nur 17 Prozent der Besserverdiener körperlich intensive Arbeit. Mittelwert und Median der körperlichen Aktivität nach Haushaltsnettoeinkommen der Gesamtstichprobe. Intensive körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 368 / 0 363 / 0 179 / 0 Moderate körperliche Aktivität bei der Arbeit (Mittelwert / Median) 571 / 0 389 / 0 287 / 0 Körperliche Aktivität beim Transport (Mittelwert / Median) 155 / 60 135 / 40 236 / 90 Intensive körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) Auch der Anteil der Menschen, die angeben, während der Arbeit moderat körperlich aktiv zu sein, nimmt mit wachsendem Einkommen ab (bis unter 1.500 Euro: 45 Prozent, 1.500–2.499 Euro: 46 Prozent, 2.500 Euro und mehr: 32 Prozent). Über die Gesamtstichprobe stellen wir fest: Je höher das Einkommen, desto weniger bewegen sich die Menschen zu Fuß oder mit dem Rad fort. Der entsprechende Median sinkt mit steigendem Einkommen von 23 Minuten pro Woche (90 MET-Minuten) auf 10 Minuten pro Woche (40 MET-Minuten). Deutlich am häufigsten körperlich intensiv bewegen sich hingegen die Besserverdiener während ihrer Freizeit mit 56 Prozent. Ihnen folgen die Normalverdiener mit 47 Prozent. Am wenigsten häufig zeigt sich intensive Aktivität in der Freizeit bei den Geringverdienern (32 Prozent). Ähnlich verhält es sich bei der moderaten körperlichen Aktivität während der Freizeit. 57 Prozent der Besserverdiener geben an, während ihrer Freizeit moderat körperlich aktiv zu sein. Das Schlusslicht in diesem Bereich bilden auch hier die Geringverdiener. Nur 43 Prozent und damit nicht einmal die Hälfte der Befragten in dieser Gehaltsgruppe geht in ihrer Freizeit körperlich moderaten Aktivitäten nach. 37 Prozent der Geringverdiener sind in ihrer Freizeit komplett inaktiv, gegenüber 20 Prozent in der höchsten Einkommensgruppe. *Veränderte Basis von n=1.133 72 / 0 127 / 0 125 / 60 Moderate körperliche Aktivität in der Freizeit (Mittelwert / Median) 101 / 0 102 / 30 112 / 60 100 200 300 400 Bis unter 1.500 € 2.500 € und mehr 1.500–2.499 € Median 500 Gesamt (Mittelwert / Median) Bis unter 1.500 €: 1.368 / 753 1.500–2.499 €: 1.120 / 634 (Angaben in MET-Minuten) 2.500 € und mehr: 834 / 431 600 23 | 48 Körperliche Aktivität 3.7 Nach Freizeit- und Transportverhalten Deutsche fahren häufig mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß. Die Mindestaktivitätsempfehlungen beziehen jede körperliche Aktivität mit ein – auch die bei der Arbeit. Dennoch lohnt es sich, einmal nur die Bewegung in der Freizeit und beim Transport zu betrachten. Denn Arbeitsaktivität bringt zwar den Stoffwechsel in Schwung, ist aber für den Körper oft einseitig belastend und daher nicht unbedingt gesund. Körperliche Aktivität nach Geschlecht. Männer Frauen Benchmark Aktivität erreicht 47 44 Aktivitätsempfehlung durch Freizeit- und Transportaktivität erreicht 22 23 (Angaben in Prozent) Lässt man die Arbeitsaktivität außer Acht, ergibt sich folgendes Bild: Insgesamt erreichen nur 23 Prozent der Befragten die Mindestaktivitätsempfehlung allein mit der Bewegung in der Freizeit und beim Transport. Am wenigsten häufig wird die Empfehlung von Befragten in der Altersgruppe zwischen 30 und 45 Jahren (17 Prozent), von übergewichtigen (19 Prozent) und adipösen (17 Prozent) Menschen sowie von Menschen mit Hauptschulabschluss (18 Prozent) erfüllt. Männer (22 Prozent) erfüllen diese Empfehlung fast so oft wie Frauen (23 Prozent). 14 Prozent der Menschen bewegen sich weder beim Transport noch in ihrer Freizeit. Diese Gruppe ist besonders gefährdet, Krankheiten zu entwickeln, die auf einen Bewegungsmangel zurückzuführen sind. Körperliche Aktivität nach Alter. 18–29 Jahre 30–45 Jahre 46–65 Jahre Älter als 65 Jahre Benchmark Aktivität erreicht 51 43 47 41 Aktivitätsempfehlung durch Freizeit- und Transport aktivität erreicht 30 17 23 23 (Angaben in Prozent) Körperliche Aktivität nach Körpergewicht. Benchmark Aktivität erreicht Aktivitätsempfehlung durch Freizeit- und Transportaktivität erreicht (Angaben in Prozent) < 18,5 kg/m² Median 18,5–24,9 kg/m² Median 25–29,9 kg/m² Median ≥ 30 kg/m² Median 43 46 44 47 28 27 19 17 Körperliche Aktivität 24 | 48 Körperliche Aktivität nach Transport und Haushaltsnettoeinkommen.* Bis unter 1.500 € 1.500 € bis 2.499 € 2.500 € und mehr Benchmark Aktivität erreicht 53 54 38 Aktivitätsempfehlung durch Freizeit- und Transportaktivität erreicht 19 24 17 (Angaben in Prozent), *Veränderte Basis von n=1.133 Körperliche Aktivität nach Bildungsstatus. Benchmark Aktivität erreicht Aktivitätsempfehlung durch Freizeit- und Transportaktivität erreicht Hauptschule Mittlere Reife Abitur/ FH-Reife Studium 47 52 43 37 18 25 25 23 (Angaben in Prozent) Fitnessarmbänder sind nicht für jeden interessant. Auf Fitnessarmbänder als Unterstützung oder Anreiz, sich häufiger im Alltag und/oder bei der Arbeit zu bewegen, greifen bisher nur wenige Deutsche zurück. 6,4 Prozent der Befragten besitzen ein Fitnessarmband aber lediglich 3,5 Prozent nutzen es. Bei ihnen ist tendenziell die Funktion „Schritte zählen“ mit 65 Prozent die am häufigsten gebrauchte Funktion, gefolgt von „Puls messen“ (49 Prozent) und Kalorienverbrauch (34 Prozent). 2,9 Prozent benutzen das Armband nicht oder nicht mehr. Den Menschen, die es nicht mehr nutzen, war der Umgang entweder zu anstrengend (20 Prozent) oder es hat sie genervt (18 Prozent). 16 Prozent von ihnen geben an, dass sie sich dadurch nicht motiviert fühlten, und 12 Prozent war die Nutzung einfach zu langweilig. Bei den Gründen unterscheiden sich Männer und Frauen. Männer geben vor allem an, die Nutzung des Geräts sei zu anstrengend gewesen (27 Prozent) oder hätte sie nicht motiviert (24 Prozent). Frauen dagegen sagen, sie hätten keine Zeit, das Gerät zu nutzen (17 Prozent), oder es sei verschwunden (16 Prozent). Der Großteil der Befragten (94 Prozent) hat jedoch gar kein Fitnessarmband und nur 5 Prozent der Deutschen haben vor, sich eines zu kaufen. 3.8 Im Vergleich zu den Vorjahren 2010 bis 2014 Menschen bewegen sich weniger als noch vor sechs Jahren. War 2010 noch deutlich mehr als die Hälfte der Befragten körperlich ausreichend aktiv, sind es in diesem Jahr nur noch 45 Prozent – nicht einmal mehr die Hälfte der Deutschen bewegt sich gemäß der Mindestaktivitätsempfehlung. Bereits zwischen den Jahren 2010, 2012 und 2014 war eine Tendenz zu weniger Bewegung erkennbar, allerdings lag der Unterschied damals nur bei 6 Prozent. Heute sind es im Vergleich zu 2010 ganze 15 Prozent, zu den Jahren 2012 und 2014 jeweils immer noch 9 Prozent. Da die Befragung zum DKV Report immer im Frühjahr (März) stattfindet und das Frühjahr 2016 ungewöhnlich kalt und regnerisch war, könnte dies für den Rückgang der Aktivität mitverantwortlich sein. Beziffern lässt sich dieser Effekt jedoch nicht. Benchmark Aktivität im Jahresvergleich. 2010 2012 2014 2016 60 54 54 45 (Angaben in Prozent) Benchmark Aktivität durch Freizeit und Transport im Jahresvergleich. 2010 2012 2014 2016 28 25 24 23 (Angaben in Prozent) 25 | 48 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 4. Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag Die Menschen sitzen sieben Stunden am Tag – am häufigsten während der Arbeit und vor dem Fernseher. Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 26 | 48 4.1 Im Bundesdurchschnitt Stundenlanges Sitzen gehört für die meisten Deutschen selbstverständlich zum Alltag. Auffällig ist, dass in der jüngsten Altersgruppe, den unter 30-Jährigen, die selbst angegebenen Sitzzeiten pro Werktag am höchsten sind. Damit haben sich schon die jungen Erwachsenen einen Lebensstil angewöhnt, der langfristig negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit erwarten lässt. Forschungsergebnisse zeigen recht klare Zusammenhänge zwischen hohen Sitzzeiten und einer Steigerung des Erkrankungsrisikos, vor allem für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Überlanges Sitzen steht auch im Verdacht, das Risiko für die Gesamtsterblichkeit zu erhöhen. Bei Personen, die bereits 7 Stunden pro Tag sitzen, führt zum Beispiel jede weitere Stunde Sitzen zu einer 5-prozentigen Erhöhung der Gesamtsterblichkeit.1 Unter einem sitzenden Lebensstil verstehen wir alle Tätigkeiten im Wachzustand, die mit einem niedrigen Energieverbrauch zwischen 1,0 und 1,5 MET einhergehen und im Sitzen oder Liegen stattfinden.2 Darunter zählen Ruhezeiten auf der Couch, das Sitzen vor dem Computer oder dem Fernseher sowie auch Sitzzeiten während der Arbeit oder des Transports. Der häufigste Grund für das Sitzen bleibt der Fernseher mit hohen Sitzzeiten, vor allem in den höheren Altersgruppen, und zudem die Arbeit und die Freizeit. Lange Sitzzeiten, vor allem beim Fernsehen und in der sonstigen Freizeit. An einem gewöhnlichen Werktag sitzen die Deutschen 420 Minuten (Median) – das sind ganze 7 Stunden. Die größte Streuung der Sitzzeiten findet sich im Bereich der Arbeit. Zwar liegt der bundesdeutsche Median in diesem Bereich nur bei 60 Minuten (Befragte, die nicht arbeiten, eingeschlossen), aber 25 Prozent geben allein für das Arbeiten 5 Stunden und mehr Sitzzeit an. Diese Sitzzeiten untersuchen wir genauer im Kapitel „Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit am Schreibtisch“. Im Ganzen betrachtet, sitzen die Bundesbürger aber vor dem Fernseher am längsten (Median: 120 Minuten pro Tag). 25 Prozent sitzen sogar 3 Stunden und mehr vor der Flimmerkiste. Nur 8 Prozent geben an, gar nicht vor dem Fernseher zu sitzen. Sehr lange Sitzzeiten finden sich des Weiteren während der sonstigen Freizeitaktivitäten (Median: 120 Minuten). Hier sind Dinge wie Essen, Treffen mit Freunden im Café, Kino, Lesen auf der Couch etc. zusammengefasst. Die Sitzzeiten in der Freizeit vor dem Computer sind kürzer als die Zeiten vor dem Fernseher, mit 60 Minuten (Median) Dauer im Mittel. 13 Prozent der Menschen sitzen allerdings mehr als 2 Stunden pro Werktag in ihrer Freizeit vor dem Rechner, 26 Prozent nur bis zu 10 Minuten. Dagegen erscheinen die Sitzzeiten beim Transport, also im Auto oder in anderen Verkehrsmitteln, eher kurz: Eine halbe Stunde im Mittel verbringen die Befragten hier sitzend. Allerdings sind 15 Prozent der Menschen mehr als eine Stunde täglich unterwegs. 1 Chau JY, Grunseit AC, Chey T, Stamatakis E, Brown WJ, Matthews CE, et al. Daily sitting time and all-cause mortality: a meta-analysis. PLoS One. 2013;8(11). 2 Sedentary Behaviour Research N: Letter to the editor: standardized use of the terms “sedentary” and “sedentary behaviours”. Appl Physiol Nutr Metab 2012, 37(3):540-545. 27 | 48 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 4.2 Im Geschlechtervergleich 4.3 Im Altersvergleich Frauen verbringen weniger Zeit im Sitzen als Männer. Insgesamt sitzen Frauen mit durchschnittlich 405 Minuten (6 Stunden 45 Minuten) pro Tag weniger lang als Männer, die im Schnitt 460 Minuten am Tag mit Sitzen verbringen – also 7,5 Stunden. Junge Menschen sitzen am längsten während ihrer beruflichen Tätigkeit. Mit 180 Minuten pro Werktag (3 Stunden) sitzen junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren am längsten bei der Arbeit. Auch ihre Sitzzeiten während des Transports sind höher als die der älteren Personen. Sie verbringen täglich etwa 40 Minuten (Median) im Sitzen, um von Ort zu Ort zu gelangen. Generell sitzen die jungen Deutschen an einem gewöhnlichen Werktag am längsten – nämlich 540 Minuten (9 Stunden). Wenn sie sitzen, dann tun dies beide Geschlechter am längsten vor dem Fernseher (jeweils 120 Minuten (Median)) und am zweitlängsten in ihrer Freizeit (ebenfalls jeweils 120 Minuten im Median). Viel kürzer sitzen sowohl Männer als auch Frauen, wenn sie sich von Ort zu Ort bewegen, mit jeweils etwa 30 Minuten (Median). Bis auf die Bereiche des Fernsehens und der sonstigen Freizeit sitzen Männer in allen anderen Situationen länger als Frauen. Mittelwert und Median der Sitzzeiten werktags nach Geschlecht. Hingegen geben Befragte ab 66 Jahren werktags die wenigste Sitzzeit an – 360 Minuten (6 Stunden). Wenn gesessen wird, dann ist der Fernseher anteilig bei älteren Menschen der häufigste Grund (Median 156 Minuten). Mittelwert und Median der Sitzzeiten werktags nach Alter. Von Ort zu Ort fahren (Mittelwert / Median) 60 / 40 48 / 30 41 / 30 43 / 30 Von Ort zu Ort fahren (Mittelwert / Median) 54 / 30 40 / 30 47 / 30 Arbeit (Mittelwert / Median) Arbeit (Mittelwert / Median) 151 / 60 132 / 45 141 / 60 148 / 60 36 / 0 Fernsehen (Mittelwert / Median) 86 / 90 Fernsehen (Mittelwert / Median) 118 / 120 121 / 120 120 / 120 Computer (Mittelwert / Median) 56 / 30 67 / 60 65 / 60 63 / 60 52 / 30 Freizeit (Mittelwert / Median) 109 / 120 122 / 120 116 / 120 80 Männer 120 98 / 60 104 / 120 102 / 120 119 / 120 137 / 120 160 60 120 180 Median Gesamt (Mittelwert / Median) Männer: 479 / 460 159 / 156 Freizeit (Mittelwert / Median) Gesamt Frauen 98 / 120 125 / 120 Computer (Mittelwert / Median) 78 / 60 40 195 / 180 176 / 120 Frauen: 432 / 405 18–29 Jahre 46–65 Jahre 30–45 Jahre Älter als 66 Jahre Median Gesamt: 455 / 420 Gesamt (Mittelwert / Median) (Angaben in Minuten pro Werktag) 18–29 Jahre: 522 / 540 46–65 Jahre: 460 / 443 30–45 Jahre: 462 / 450 Älter als 66 Jahre: 390 / 360 (Angaben in Minuten pro Werktag) 240 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 28 | 48 4.4 Nach Körpergewicht Übergewichtige Befragte sitzen am längsten vor dem Fernseher. Übergewichtige und adipöse Menschen sitzen während ihrer Arbeit kürzer als normal- und untergewichtige Personen (Untergewichtige: 120 Minuten, Normalgewichtige: 120 Minuten, Übergewichtige: 30 Minuten, Adipöse: 0 Minuten (Median)). Mittelwert und Median der Sitzzeiten werktags nach Körpergewicht. Vor dem Fernseher sitzen übergewichtige sowie adipöse Menschen dagegen mit einem Median von 120 Minuten am längsten. Arbeit (Mittelwert / Median) In ihrer sonstigen Freizeit sitzen die Befragten aller Gewichtsgruppen relativ ähnlich lang, im Mittel jeweils 120 Minuten (Median). Grundsätzlich sitzen adipöse Menschen am längsten in ihrem Alltag (465 Minuten), gefolgt von den untergewichtigen Befragten mit 450 Minuten. Normal- und übergewichtige Menschen sitzen mit 420 Minuten pro Werktag gleich viel. Von Ort zu Ort fahren (Mittelwert / Median) 54 / 36 44 / 30 47 / 30 53 / 30 100 / 0 166 / 120 162 / 120 124 / 30 Fernsehen (Mittelwert / Median) 101 / 90 105 / 120 126 / 120 165 / 120 Computer (Mittelwert / Median) 91 / 60 65 / 60 65 / 60 75 / 60 Freizeit (Mittelwert / Median) 126 / 120 111 / 120 118 / 120 125 / 120 25 50 75 100 125 < 18,5 kg/m² 25–29,9 kg/m² 18,5–24,9 kg/m² ≥ 30 kg/m² 150 175 Median Gesamt (Mittelwert / Median) < 18,5 kg/m²: 473 / 450 25–29,9 kg/m²: 448 / 420 18,5–24,9 kg/m²: 452 / 420 ≥ 30 kg/m²: 480 / 465 (Angaben in Minuten pro Werktag) 200 29 | 48 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 4.5 Nach Bildungsstatus Je höher der Bildungsgrad, desto länger sitzen die Menschen bei der Arbeit. Während Personen mit einem abgeschlossenen Studienabschluss die längsten Sitzzeiten bei der Arbeit aufweisen (Median 180 Minuten), sitzen Personen mit einem Hauptschulabschluss mehrheitlich überhaupt nicht bei ihrer täglichen Arbeit (Median 0 Minuten). Mittelwert und Median der Sitzzeiten werktags nach Bildungsstatus. Befragte Personen aller Bildungsgrade verbringen mit jeweils 30 Minuten (Median) ähnlich viel Zeit während des Transports im Sitzen. Arbeit (Mittelwert / Median) Auch bei den Fernsehzeiten liegt der Median in allen Bildungsgraden durchgängig bei 120 Minuten. Hier gibt es jedoch trotzdem Unterschiede: 25 Prozent der Menschen mit Hauptoder Realschulabschluss sitzen 3 Stunden und mehr täglich vor dem Fernseher, unter den Menschen mit Abitur oder Studium sind dies nur 5 bzw. 6 Prozent. Von Ort zu Ort fahren (Mittelwert / Median) 41 / 30 48 / 30 49 / 30 47 / 30 56 / 0 122 / 30 176 / 120 210 / 180 Fernsehen (Mittelwert / Median) 144 / 120 129 / 120 100 / 120 100 / 120 Computer (Mittelwert / Median) Dafür sitzen Befragte mit einem Hauptschulabschluss kürzer vor dem Computer als Befragte mit einem höheren Bildungsabschluss (Studium: Median 60 Minuten, Abitur: Median 60 Minuten, mittlere Reife: Median 60 Minuten, Hauptschulabschluss: Median 30 Minuten). 52 / 30 65 / 60 75 / 60 76 / 60 Freizeit (Mittelwert / Median) 123 / 120 121 / 120 111 / 120 105 / 120 30 60 90 120 150 Hauptschule Abitur/FH-Reife Mittlere Reife Studium 180 210 Median Gesamt (Mittelwert / Median) Hauptschule: 384 / 360 Abitur/FH-Reife: 478 / 470 Mittlere Reife: 451 / 420 Studium: 506 / 510 (Angaben in Minuten pro Werktag) 240 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten im Alltag 30 | 48 4.6 Nach Haushaltsnettoeinkommen* Je höher das Einkommen, desto mehr wird während der Arbeit gesessen. Mit dem Einkommen wachsen vor allem die Sitzzeiten bei der Arbeit. Demnach sitzen Befragte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 1.500–2.500 Euro (Median 120 Minuten pro Werktag) länger als Befragte mit einem Einkommen bis unter 1.500 Euro (20 Minuten pro Werktag). Befragte mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 2.500 Euro sitzen mit 240 Minuten pro Werktag wiederum länger bei der Arbeit als Befragte der mittleren Einkommensklasse. Mittelwert und Median der Sitzzeiten werktags nach Haushaltsnettoeinkommen. Bei den Sitzzeiten vor dem Fernseher gibt es zwischen den Einkommensklassen nur kleine Unterschiede. Alle Einkommensklassen haben einen Median von 120 Minuten pro Werktag angegeben. Allerdings unterscheiden sich die Besserverdiener bei weiterer Betrachtung. Von ihnen geben nur 2 Prozent an, 3 Stunden und mehr pro Werktag fernzusehen. In der mittleren Einkommensklasse sind es hingegen 7 Prozent und bei den Geringverdienern sogar 12 Prozent. Fernsehen (Mittelwert / Median) Von Ort zu Ort fahren (Mittelwert / Median) 38 / 20 56 / 30 50 / 30 Arbeit (Mittelwert / Median) 118 / 30 182 / 120 242 / 240 117 / 120 111 / 120 96 / 120 Computer (Mittelwert / Median) 71 / 60 60 / 60 63 / 60 Freizeit (Mittelwert / Median) Während der freizeitlichen Computernutzung und der sonstigen Freizeit unterscheidet sich das Sitzverhalten nicht zwischen den Gehaltsklassen und ist für alle Befragten mit 60 Minuten (Median) bzw. mit 120 Minuten (Median) pro Werktag angegeben. Auffällig ist, dass Menschen mit geringem Einkommen während ihres Transportes kürzer sitzen (20 Minuten pro Werktag) als die Normal- und Besserverdiener (30 Minuten pro Werktag). Betrachtet man das gesamte Sitzverhalten an einem Werktag, sitzen Personen ab einem Haushaltsnettoeinkommen von 2.500 Euro mit 540 Minuten (Median) am längsten. Es folgen die Normalverdiener mit 480 Minuten (Median) sowie die Geringverdiener, die werktags 400 Minuten (Median) ihrer Zeit im Sitzen verbringen. 117 / 120 107 / 120 103 / 120 40 80 120 160 Bis unter 1.500 € 2.500 € und mehr 1.500–2.499 € Median 200 240 280 Gesamt (Mittelwert / Median) Bis unter 1.500 €: 435 / 400 2.500 € und mehr : 535 / 540 1.500–2.499 €: 497 / 480 (Angaben in Minuten pro Werktag) 4.7 Im Vergleich zu dem Vorjahr 2014 *Veränderte Basis von n=1.133 Weiter hohe Sitzzeiten – im Bereich Arbeit, freizeitliche Computernutzung und sonstige Freizeit sogar leicht zunehmende Tendenz. 2014 gaben die Bundesbürger an, 450 Minuten pro Werktag zu sitzen, 2016 sind es 420 Minuten – 0,5 Stunden weniger. Dies ist die Sicht des Medians, des Wertes des mittelsten aller Befragten. Sieht man sich den Durchschnittswert an, ist dieser weitestgehend stabil – mit einer Veränderung von 460 auf 455 Minuten. In beiden Jahren war der längste Sitzgrund die Arbeit (2014: 136 Minuten (Median 60 Minuten), 2016: 141 Minuten (Median 60 Minuten)), mit leicht steigender Tendenz. Das Viertel der Stichprobe, das 2014 am meisten bei der Arbeit saß, tat dies mindestens 240 Minuten pro Werktag – 2016 sind es mindestens 300 Minuten pro Werktag. 31 | 48 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit 5. Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit Weniger als die Hälfte der Schreibtischarbeiter unterbrechen während ihrer Arbeitszeit ausreichend häufig das Sitzen. Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit 32 | 48 In diesem Jahr nehmen wir die Sitzzeiten bei der Arbeit besonders in Augenschein, mit einem speziellen Fokus auf die Berufstätigen, die hauptsächlich am Schreibtisch arbeiten. Wir wollen wissen, wie hoch die Sitzzeiten an ihrem Arbeitsplatz tatsächlich sind, welche Möglichkeiten sie haben, diese durch Bewegung zu unterbrechen, und was sie selbst tun, um sich während ihrer Arbeitszeit mehr zu bewegen. Außerdem wollten wir von ihnen wissen, welche Sitzgewohnheiten und welche Einstellungen sie generell zum Thema Sitzen während der Arbeit haben. Um das Aktivitätsverhalten am Arbeitsplatz sinnvoll zu erfassen, haben wir uns an dem Occupational Sitting and Physical Activity Questionnaire (OSPAQ)2 orientiert. Dieser erfasst die Anteile sowie die Dauer des Sitzens, Stehens, Gehens und körperlicher Arbeit an einem typischen Arbeitstag. Zusätzlich haben wir die Studienteilnehmer zu den jeweils gewünschten Anteilen an einem typischen Arbeitstag befragt und haben Wunsch und Wirklichkeit verglichen. Um die Sitzunterbrechungen möglichst genau zu erfassen, haben wir uns an der Abfragesystematik von Clark et al. 20113 orientiert. Nur 43 Prozent und damit nicht einmal die Hälfte derjenigen Personen, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten, erreichen den Benchmark zum bewegten Büroarbeitstag. 57 Prozent von ihnen bewegen sich im Büroalltag zu wenig. Bezüglich der besseren Einschätzung der psychosozialen Einflussfaktoren auf das Sitzverhalten während der Arbeit, wie zum Beispiel sozialer Normen, wahrgenommener Vor- und Nachteile, Gesundheitskompetenz oder Gewohnheitsstärke von Sitzen bei der Arbeit etc., haben wir uns nach Abfrageformaten aus internationalen Studien gerichtet.4 Des Weiteren wurden Umgebungsmaßnahmen abgefragt, die das Aufstehen, weniger Sitzen und das Mehr an Bewegung am Arbeitsplatz fördern. Benchmark bewegter Büroarbeitstag Ein gesundes Arbeitsverhalten während des Jobs am Schreibtisch wird erreicht, wenn mindestens 25 Prozent der Arbeitszeit im Stehen und/oder Gehen und/oder bei körperlicher Aktivität verbracht werden1. Der Benchmark wurde für das vorliegende Kapitel mit 25 Prozent sehr moderat angesetzt. In diesem Zusammenhang wird nach Initiierung von mehr Bewegung am Arbeitsplatz ein Wert von 50 Prozent empfohlen1. Hinweis: Diesem Kapitel liegt eine geänderte Fallzahl zugrunde, da wir nur Befragte einschließen, die beruflich tätig sind oder sich in der Ausbildung befinden (n=1.621). Bei einigen Fragen haben wir den Fokus auf die Schreibtischarbeiter gelegt. Hier wurden nur Personen ausgewertet, die zum einen einer beruflichen Tätigkeit nachgehen und zudem laut Selbstangabe überwiegend am Schreibtisch arbeiten (n=733). Diesen Benchmark werten wir nur für Berufstätige/Auszubildende/Studenten aus, die angegeben haben, überwiegend am Schreibtisch zu arbeiten. 1 Buckley JP, Hedge A, Yates T, Copeland RJ, Loosemore M, Hamer M, et al. The sedentary office: a growing case for change towards better health and productivity. Expert statement commissioned by Public Health England and the Active Working Community Interest Company. British Journal of Sports Medicine. 2015 June 1, 2015. 2 Chau JY, Van Der Ploeg HP, Dunn S, Kurko J, Bauman AE. Validity of the occupational sitting and physical activity questionnaire. Med Sci Sports Exerc. 2012 Jan;44(1):118-25. 3 Clark BK, Thorp AA, Winkler EA, Gardiner PA, Healy GN, Owen N, et al. Validity of self-reported measures of workplace sitting time and breaks in sitting time. Med Sci Sports Exerc. 2011 Oct;43(10):1907-12. 4 De Cocker K, Duncan MJ, Short C, van Uffelen JG, Vandelanotte C. Understanding occupational sitting: Prevalence, correlates and moderating effects in Australian employees. Prev Med. 2014 Oct;67:288-94. Dunstan DW, Wiesner G, Eakin EG, Neuhaus M, Owen N, Lamontagne AD, et al. Reducing office workers‘ sitting time: rationale and study design for the Stand Up Victoria cluster randomized trial. BMC Public Health. 2013 Nov 9;13(1):1057. 33 | 48 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit 5.1 Ist- und Wunschzustand von körperlicher Aktivität im Job Deutsche wünschen sich, während der Arbeit weniger zu sitzen. Der Großteil aller befragten Berufstätigen arbeitet 5 Tage pro Woche (57 Prozent), meistens zwischen 31 und 40 Stunden. Dabei besteht ihre Arbeit hauptsächlich aus sitzenden Tätigkeiten (48 Prozent), gefolgt vom Gehen (23 Prozent) und Stehen (19 Prozent). Auszubildende und Studenten sitzen während ihrer Arbeit am längsten. Von allen arbeitenden Berufsgruppen sitzen Schüler, Auszubildende und Studenten während ihres Arbeitsalltages (58 Prozent) anteilmäßig am meisten (Arbeiter/Facharbeiter: 24 Prozent, Angestellte: 48 Prozent, Beamte: 53 Prozent, Selbstständige: 55 Prozent). Die Sitzzeiten sind bei der Arbeit sehr unterschiedlich verteilt: 34 Prozent der Befragten sitzen höchstens 20 Prozent ihrer Arbeitszeit, 30 Prozent sitzen mindestens 80 Prozent ihrer Arbeitszeit. Auch sie wollen deutlich weniger sitzen (Ist-Wert: 58 Prozent, Wunsch-Wert: 43 Prozent), mehr gehen (Ist-Wert: 22 Prozent, Wunsch-Wert: 28 Prozent), mehr stehen (Ist-Wert: 17 Prozent, Wunsch-Wert: 20 Prozent) und auch mehr körperliche Arbeit verrichten (Ist-Wert: 11 Prozent, Wunsch-Wert: 16 Prozent). Insgesamt betrachtet, möchten 21 Prozent aller Berufstätigen während ihrer Arbeit mehr sitzen, 35 Prozent gleich viel sitzen und 44 Prozent weniger sitzen. Alle Berufstätigen Mittelwert Ist-Anteil Wunsch-Anteil Sitzen 48 40 Gehen 23 28 Stehen 19 20 Körperliche Aktivität 16 18 (Angaben in Prozent) In diesen Top-5-Branchen wird besonders lange gesessen: 1. Internet- und Informationstechnologie 2. Energie, Wasser und Umwelt 3. Versicherungen 4. Banken und Finanzdienstleistungen 5. Marketing, PR, Design Auszubildende und Studenten Mittelwert Ist-Anteil Wunsch-Anteil Sitzen 58 43 Gehen 22 28 Stehen 17 20 Körperliche Aktivität 11 16 (Angaben in Prozent) Schreibtischarbeiter sitzen insgesamt 11 Stunden pro Tag. Auf die Frage, ob sie häufig am Schreibtisch arbeiten, antworten 46 Prozent der Berufstätigen und Menschen in Ausbildung mit Ja. Dies entspricht einem Anteil von 733 Befragten. Betrachten wir nur die Schreibtischarbeiter, so verbringen sie 73 Prozent ihrer Arbeitszeit im Sitzen. Weniger als die Hälfte (43 Prozent) von ihnen erreicht den Benchmark für einen bewegten Büroarbeitstag. Der Median für die Sitzdauer bei Schreibtischarbeitern liegt bei 5 Stunden und 36 Minuten, hier sind Teilzeit- und Vollzeitkräfte erfasst. 25 Prozent der Schreibtischarbeiter arbeiten pro Tag sogar mindestens 7 Stunden und 12 Minuten im Sitzen. Damit erhöht sich für diese Menschen auch die gesamte Sitzzeit über den Tag verteilt. Sie liegt für Schreibtischarbeiter bei 11 Stunden (Median) und ist damit 240 Minuten (4 Stunden) länger als die Sitzzeit der Gesamtbevölkerung an einem normalen Werktag. Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit Jedoch wollen Schreibtischarbeiter bei der Arbeit deutlich weniger sitzen, nämlich nur 53 Prozent ihrer Arbeitszeit (Ist-Wert: 73 Prozent, Wunsch-Wert: 53 Prozent). Damit würden sie auch den wissenschaftlichen Empfehlungen folgen (Buckley et al. 2015), die besagen, dass man an einem 8-stündigen Arbeitstag zunächst 2 Stunden von Stehen und leichter körperlicher Aktivität akkumulieren und diese dann weiter auf 4 Stunden pro Tag steigern sollte (anteilig bei Teilzeit). Menschen mit Schreibtischjob wünschen sich außerdem, häufiger zu gehen (Ist-Wert: 14 Prozent, Wunsch-Wert: 23 Prozent) und etwas mehr zu stehen (Ist-Wert: 11 Prozent, Wunsch-Wert: 17 Prozent), als dies bisher in ihrem Arbeitsalltag der Fall ist. Befragte, die hingegen nicht vorrangig am Schreitisch arbeiten, würden gerne etwas mehr sitzen (Ist-Wert: 24 Prozent, Wunsch-Wert: 28 Prozent) und etwas weniger stehen (Ist-Wert: 26 Prozent, Wunsch-Wert: 23 Prozent). 34 | 48 Stehen während der Arbeit sollte nicht die einzige Alternative zum vielen Sitzen bleiben. Der Wunsch der Schreibtischarbeiter zeigt deutlich: Weniger sitzen, sich mehr bewegen am Arbeitsplatz! Es zeigt sich aber auch, dass Sitzen nicht allein durch Stehen, zum Beispiel an Stehschreibtischen, ersetzt werden kann, sondern dass auch Lösungen gefunden werden müssen, die mehr Bewegung am Arbeitsplatz zulassen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass aus gesundheitlicher Perspektive nicht nur die Reduktion der gesamten Sitzdauer von Bedeutung ist, sondern auch das Unterbrechen. Häufiges Aufstehen regt zum Beispiel den Glukosestoffwechsel an und kann so unter anderem der Entstehung von Diabetes Typ II entgegenwirken (Dunstan et al. 2012)4. Das heißt, bei Schreibtischarbeitern unterstützen Lösungen, die das Sitzen unterbrechen und einen Wechsel von Sitzen, Stehen und Bewegen zulassen, die Gesundheit. 10 Prozent unserer befragten Schreibtischarbeiter bleiben in der Regel mindestens 1 Stunde am Stück sitzen. 32 Prozent unterbrechen 1 Mal pro Stunde das Sitzen – das ist zu wenig. Allerdings geben auch 24 Prozent an, 4 Mal und häufiger in der Stunde ihre sitzende Tätigkeit am Schreibtisch zu unterbrechen. Schreibtisch arbeiter Mittelwert Nicht-Schreibtischarbeiter Mittelwert Ist-Anteil Sitzen 73 24 Wunsch-Anteil Sitzen 53 28 Ist-Anteil Gehen 14 32 Wunsch-Anteil Gehen 23 31 Ist-Anteil Stehen 11 26 40 Wunsch-Anteil Stehen 17 23 30 Ist-Anteil körperliche Aktivität 5 25 20 Wunsch-Anteil körperliche Aktivität 9 25 10 Sitzunterbrechung bei Schreibtischarbeitern. 32 19 10 13 9 15 0 (Angaben in Prozent) 0 Mal/Stunde 3 Mal/Stunde 1 Mal/Stunde 4 Mal/Stunde 2 Mal/Stunde 5 Mal und mehr/Stunde (Angaben in Prozent) Auf der anderen Seite geben 25 Prozent der arbeitenden Bevölkerung (Stichprobe) an, 30 Prozent und mehr während ihrer Arbeitszeit zu stehen. Sie tun dies im Mittel 10 Minuten (Median) am Stück. Das spricht für einen recht häufigen Positionswechsel und ist gesundheitlich generell positiv zu betrachten. Allerdings arbeiten 2 Prozent der Berufstätigen in einem Job, in dem sie mindestens 2 Stunden am Stück stehen müssen. Das wiederum kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, vor allem muskuloskeletaler Art, führen. Auch hier gilt die Devise: Stetiger Wechsel der Körperpositionen fördert die Gesundheit. 4 Dunstan DW, Kingwell BA, Larsen R, Healy GN, Cerin E, Hamilton MT, et al. Breaking up prolonged sitting reduces postprandial glucose and insulin responses. Diabetes Care. 2012 May;35(5):976-83. 35 | 48 Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit 5.2 Ansichten, Einflüsse und Gewohnheiten von Schreibtischarbeitern Viele denken, dass zu langes Sitzen während der Arbeit ihrer Gesundheit nicht schadet. Nur 53 Prozent aller Schreibtischarbeiter sind der Meinung, dass es ihrer Gesundheit schadet, wenn sie während der Arbeit hauptsächlich sitzen. Das bedeutet auch: 47 Prozent denken, dass das lange Sitzen am Schreibtisch keinerlei negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat. Sitzen besitzt eine starke Gewohnheitskomponente. Das Sitzverhalten hat in vielen Lebensbereichen eine sehr große Gewohnheitskomponente. Wir neigen demnach häufig dazu, uns in verschiedenen Situationen automatisch hinzusetzen, ohne darüber nachzudenken. Um also das Sitzverhalten zu reduzieren und zu unterbrechen, bedarf es Maßnahmen, die diese Automatismen unterbrechen. Eine Veränderung der Umgebung, zum Beispiel Besprechungsstehtische anstatt Besprechungstischen, kann somit das Verhalten positiv beeinflussen. Auch regelmäßige Aufforderungen, das Sitzen über längere Zeit hinweg zu unterbrechen, können diese Angewohnheiten auflösen und dazu beitragen, das häufigere Aufstehen zu verinnerlichen. Sitzgewohnheiten und -einstellungen von Schreibtischarbeitern. Wir haben die Schreibtischarbeiter nach ihren Einstellungen und Gewohnheiten gefragt: 73 Prozent geben an, sich, ohne nachzudenken, an den Schreibtisch zu setzen. Interessanterweise ist diese Gewohnheit bei Personen mit einem elektrisch höhenverstellbaren Schreibtisch weniger häufig ausgeprägt – von ihnen setzen sich nur 64,3 Prozent hin, ohne darüber nachzudenken. Ebenso sagen 73 Prozent, sie setzten sich bei Besprechungen hin, ohne darüber nachzudenken. Hier spielen aber nicht nur Gewohnheiten eine Rolle, sondern auch das Gefühl, welches Verhalten am Arbeitsplatz angebracht oder sozial erwünscht ist. Die soziale oder organisatorische Norm, „am Arbeitsplatz bei Besprechungen zu sitzen“, ist bei Schülern, Auszubildenden und Studenten am größten. Nur 23 Prozent von ihnen geben an, dass es keinen stören würde, wenn sie während der Arbeitsbesprechung stünden – bei Selbstständigen sind es 71 Prozent. 62 Prozent der Schreibtischarbeiter geben an, dass es ihre Entscheidung sei, ob sie während der Arbeitszeit sitzen oder stehen. Schülern, Auszubildenden und Studenten (54 Prozent) sowie Angestellten (58 Prozent) steht es nach eigener Aussage am seltensten frei, am Arbeitsplatz zu stehen – hier ist die wahrgenommene Kontrollüberzeugung geringer (Selbst ständige: 81 Prozent). Personen, die den Benchmark zur körperlichen Aktivität nicht erreichen, sehen weniger häufig Vorteile darin, bei der Arbeit weniger zu sitzen. Menschen, die den Benchmark zum bewegten Büroarbeitstag erreicht haben, finden es auch tatsächlich angenehmer, während ihrer Arbeitszeit weniger zu sitzen (55 Prozent), als Personen, die den Benchmark nicht erreicht haben (42 Prozent). Außerdem glauben 28 Prozent der Befragten ohne BenchmarkRealisierung, dass es für sie überhaupt nicht von Vorteil sei, bei der Arbeit weniger zu sitzen. Zusammenhangsanalyse der psychosozialen Faktoren/ Einstellungen in Bezug auf das Sitzverhalten. Zusammenhangsanalysen, die für soziodemografische Variablen adjustiert sind, ergeben, dass länger bei der Arbeit gesessen wird, wenn das eigene Gesundheitswissen höher ist (zum Beispiel „Bei der Arbeit hauptsächlich zu sitzen, ist für meine Gesundheit schlecht“). Wenn die Selbstkontrolle, bezogen auf das Sitzen, niedrig ist, sitzen Berufstätige während der Arbeitszeit ebenfalls länger (zum Beispiel „Es ist meine Entscheidung, ob ich am Schreibtisch zum Arbeiten sitze oder stehe“). Die wahrgenommenen Vorteile einer geringeren Sitzzeit bei der Arbeit wirken sich ebenfalls auf die Sitzdauer aus. Je stärker diese empfunden werden, desto geringer ist auch der Sitzanteil am Arbeitsplatz. Hinzu kommt: Je ausgeprägter die Gewohnheit, ist sich zu setzen (zum Beispiel „Ich setze mich an meinen Schreibtisch, ohne darüber nachzudenken“), umso höher ist auch der Sitzanteil während der Arbeit. Sitzgewohnheiten und Sitzzeiten während der Arbeit Höhenverstellbare Schreibtische motivieren Schreibtisch arbeiter am häufigsten zum Aufstehen. Den größten Anreiz, um die Sitzzeiten während der Arbeit häufiger zu unterbrechen, geht für Schreibtischarbeiter von einem höhenverstellbaren Schreibtisch aus (12 Prozent). Derzeit haben 15 Prozent von ihnen tatsächlich einen elektrisch höhenverstellbaren Schreibtisch an ihrem Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Investition lohnt sich aber in vielen Fällen nicht: Nur knapp die Hälfte (49 Prozent) nutzt diesen Tisch auch, um regelmäßig aufzustehen. Weitere Anreize, die seitens der Befragten genannt wurden, um weniger zu sitzen und sich mehr zu bewegen, waren: andere Tätigkeiten (11 Prozent), Abwechslung/Bewegung (6 Prozent) oder Aktivitäten wie Kollegen besuchen (5 Prozent), Kaffee trinken/holen (4 Prozent). Zu viel Computerarbeit verhindert häufiges Aufstehen. Am häufigsten geben die befragten Schreibtischarbeiter an, dass zu viel Arbeit bzw. zu viel Computerarbeit (23 Prozent) sie daran hindere, während ihres Arbeitsalltages häufiger aufzustehen. Auch Schreibtische, die nicht höhenverstellbar sind, hindern sie daran, ihre Sitzzeiten zu minimieren (16 Prozent). Weitere genannte Hinderungsgründe sind: Bequemlichkeit und Faulheit (8 Prozent), zu vieles Sitzen aus Gewohnheit (5 Prozent) und Arbeiten, die nur im Sitzen ausgeführt werden können (5 Prozent). Schulregeln (4 Prozent) und auch Vorschriften des Arbeitgebers (3 Prozent) sind weitere Gründe für langes Sitzen. Diese Maßnahmen sind bei Schreibtischarbeitern am Arbeitsplatz vorhanden bzw. werden durchgeführt, um weniger zu sitzen und sich mehr zu bewegen. Treppen statt Aufzug: Zu Kollegen gehen, statt E-Mails zu schreiben: Aktenordner außer Reichweite platzieren: Kurze Gehpausen: Beim Telefonieren aufstehen: Zentraler Druckerraum: Viel trinken für häufigere Toilettengänge: Mülleimer außer Reichweite: Meetings im Stehen: Stehpult: 36 | 48 5.3 Rückenschmerzen Fast die Hälfte aller berufstätigen Befragten klagt über Rückenschmerzen. 43 Prozent der deutschen Berufstätigen leiden unter Rückenschmerzen. Allerdings gehen nur 28 Prozent von ihnen zum Arzt und lassen sich behandeln. Für die Gesamtstichprobe geben 45 Prozent an, Rückenschmerzen zu haben, und 32 Prozent von ihnen waren in den letzten drei Monaten deswegen beim Arzt. Am häufigsten wird ihnen dann Bewegung (29 Prozent) und Physiotherapie (24 Prozent) verordnet/empfohlen, gefolgt von Schmerzmitteln und Medikamenten (jeweils 19 Prozent) sowie Massagen und gezieltem Rückentraining (jeweils 18 Prozent). 76 74 58 58 55 53 47 41 31 29 (Angaben in Prozent) Drei Viertel (77 Prozent) der Personen, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten, finden an ihrem Arbeitsplatz mindestens fünf dieser Maßnahmen vor. Am häufigsten nutzen sie die Treppe statt des Aufzugs. Generell haben Personen, bei denen im Unternehmen keine oder nur wenige dieser Maßnahmen zur Unterbrechung der Sitzzeiten durchgeführt werden, einen höheren Sitzanteil (1 bis 8 Maßnahmen: etwa 74 Prozent Sitzanteil) als Personen, bei denen mehrere Maßnahmen durchgeführt werden (9 oder mehr Maßnahmen: 68 Prozent Sitzanteil). Frauen (50 Prozent) geben häufiger an, Rückenschmerzen zu haben, als Männer (39 Prozent). Im Altersgruppenvergleich leiden Personen ab 66 Jahren mit 50 Prozent am häufigsten unter Rückenschmerzen. Mit 35 Prozent gehen sie auch am häufigsten zum Arzt und lassen sich therapieren. Kommen die Rückenschmerzen vom langen Sitzen? In der Wissenschaft wird überlanges Sitzen vor allem mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer höheren Sterblichkeit in Verbindung gebracht (siehe Kapitel 4). Die Vermutung, dass langes Sitzen bei der Arbeit auch zu mehr Rückenschmerzen führt, konnten wir mit den Daten dieses DKV Reports nicht belegen. Vielmehr scheint es für einen gesunden Rücken jedoch wichtig zu sein, sich außerhalb der Arbeit regelmäßig zu bewegen: Befragte, die die Aktivitätsempfehlungen allein durch körperliche Aktivität während des Transports und der Freizeit erreichen, geben an, in den letzten drei Monaten weniger Rückenschmerzen gehabt zu haben (39 Prozent) als diejenigen, die die Aktivitätsempfehlungen nicht allein durch Transport- und Freizeitaktivität erreichen (46 Prozent). 37 | 48 Gesundes Leben in den Bundesländern 6. Gesundes Leben in den Bundesländern Menschen aus Süddeutschland schätzen sich selbst am häufigsten als sehr gesund lebend ein. Gesundes Leben in den Bundesländern Auf die Frage, wie sie ihren aktuellen Gesundheitszustand einschätzen würden, antworten die Befragten aus Bayern am häufigsten (27 Prozent) mit „sehr gut“. Im Vergleich zu den Menschen aus anderen Bundesländern fühlen sie sich demnach am gesündesten. Auch die Baden-Württemberger behaupten dies mit 19 Prozent häufig von sich. Wenn man dagegen den Anteil der rundum gesund lebenden Menschen betrachtet, zeigt sich: Die meisten gesund Lebenden finden sich in Norddeutschland. Die Befragten aus Mecklenburg-Vorpommern erreichen am häufigsten den Benchmark für einen gesunden Lebensstil (19 Prozent), gefolgt von den Einwohnern aus Thüringen, Berlin und Sachsen. 38 | 48 Hinweis: Um der Länderauswertung eine höhere Aussagekraft zu geben, haben wir die jeweiligen Stichproben aus 2014 und 2016 zusammengelegt. Der zugrunde gelegte Fragebogen war identisch, die erhobenen Daten wurden gemeinsam analysiert. Die Länderauswertung im vorliegenden Kapitel beruht auf den Angaben von insgesamt 5.932 Befragten. Zu beachten ist, dass sich aufgrund der unterschiedlichen Basis die Zahlen in Bezug auf die Gesamtbevölkerung anders darstellen als in Kapitel 2 „Gesundes Leben in Deutschland – die Ergebnisse“, das sich ausschließlich auf die Daten aus dem Jahr 2016 stützt. 39 | 48 Gesundes Leben in den Bundesländern Gesamt: 11 Prozent 6.1 Gesamtergebnisse im Ländervergleich Anteil der rundum gesund lebenden Menschen im Ländervergleich. Am häufigsten erreichen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern alle Benchmarks zum gesunden Leben; Befragte aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen am seltensten. Der Blick auf die empfohlenen Benchmarks in den Bereichen körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stress empfinden zeigt: Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern erreichen diese Maßstäbe am häufigsten. Insgesamt 19 Prozent von ihnen führen ein rundum gesundes Leben. Erreichen aller Benchmarks im Ländervergleich Schleswig-Holstein und Thüringen erreichen an zweiter Stelle mit 14 Prozent den Benchmark in allen fünf Kategorien. Die Bundeshauptstadt liegt mit 11 Prozent im guten Mittelfeld. Der geringste Anteil gesund lebender Menschen findet sich in Hessen und Rheinland-Pfalz/Saarland (jeweils 10 Prozent) sowie in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (jeweils 9 Prozent). > 14 13–14 10–12 < 10 Mecklenburg-Vorpommern19 Schleswig-Holstein14 Thüringen14 Hamburg13 Niedersachsen/Bremen13 Sachsen 13 Brandenburg12 Bayern11 Berlin11 Sachsen-Anhalt11 Hessen10 Rheinland-Pfalz/Saarland 10 Baden-Württemberg9 Nordrhein-Westfalen9 (Angaben in Prozent) Gesundes Leben in den Bundesländern 40 | 48 6.2 Körperliche Aktivität Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern erreichen am häufigsten den Benchmark „körperliche Aktivität“. Unter den Bewohnern Mecklenburg-Vorpommerns finden sich anteilig die meisten ausreichend körperlich aktiven Menschen. Über die Hälfte (55 Prozent) von ihnen erreicht den Benchmark zur körperlichen Aktivität. Auf dem zweiten Platz landen die Berliner mit 54 Prozent vor den Sachsen, die mit 53 Prozent am dritthäufigsten die WHO-Empfehlungen zur körperlichen Aktivität umsetzen. Knapp unter dem Bundesdurchschnitt von 50 Prozent in diesem Gesundheitsbereich liegen die Bewohner aus Hessen, Rheinland-Pfalz/Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein (jeweils 49 Prozent) sowie die Befragten aus Nordrhein-Westfalen mit 48 Prozent. Gesamt: 50 Prozent Anteil der körperlich aktiven Menschen im Ländervergleich. Erreichen Benchmark körperliche Aktivität im Ländervergleich > 54 52–54 49–51 < 49 Mecklenburg-Vorpommern55 Berlin54 Sachsen53 Brandenburg52 Bayern51 Hamburg51 Baden-Württemberg50 Niedersachsen/Bremen50 Thüringen50 Hessen49 Rheinland-Pfalz/Saarland49 Sachsen-Anhalt49 Schleswig-Holstein49 Nordrhein-Westfalen48 (Angaben in Prozent) 41 | 48 Gesundes Leben in den Bundesländern 6.3 Ernährung Befragte aus Nord- und Ostdeutschland ernähren sich am gesündesten. Am gesündesten ernähren sich die Menschen aus Sachsen- Anhalt – 54 Prozent erreichen den Benchmark. Dicht dahinter liegen die Befragten aus Mecklenburg-Vorpommern, die mit 53 Prozent den Benchmark erreichen, sowie die Menschen aus Niedersachen/Bremen und Sachsen mit 52 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 47 Prozent – somit ernähren sich etwas weniger als die Hälfte der Deutschen ausgewogen. Unter dem aktuellen Durchschnitt liegen die Befragten aus den Bundesländern Rheinland-Pfalz/Saarland (45 Prozent) und Hamburg (44 Prozent). Besonders häufig unausgewogen ernähren sich die Baden- Württemberger und Hessen. Nur jeweils 40 Prozent von ihnen erreichen den Benchmark. Gesamt: 47 Prozent Anteil der sich gesund ernährenden Menschen im Ländervergleich. Erreichen Benchmark Ernährung im Ländervergleich > 53 49–53 44–48 < 44 Sachsen-Anhalt54 Mecklenburg-Vorpommern53 Niedersachsen/Bremen52 Sachsen52 Brandenburg50 Berlin50 Schleswig-Holstein49 Nordrhein-Westfalen48 Thüringen48 Bayern47 Rheinland-Pfalz/Saarland45 Hamburg44 Baden-Württemberg40 Hessen40 (Angaben in Prozent) Gesundes Leben in den Bundesländern 42 | 48 6.4 Nichtrauchen Bayern, Brandenburg, Hessen und Sachsen haben die meisten Nichtraucher. Der Anteil der Nichtraucher in Deutschland liegt bei 76 Prozent. Am wenigsten wird in Sachsen geraucht. 84 Prozent der Befragten sind hier Nichtraucher. Mit etwas Abstand (4 Prozent) folgen die Bayern, Brandenburger und Hessen an zweiter Stelle. Von ihnen rauchen 20 Prozent. Die meisten Raucher leben in Berlin (29 Prozent). Breites Mittelfeld: Insgesamt sechs Bundesländer bzw. Regionen liegen 2 Prozentpunkte unter oder über dem Benchmark von 76 Prozent Nichtrauchern in ganz Deutschland. Gesamt: 76 Prozent Anteil der Nichtraucher im Ländervergleich. Erreichen Benchmark Rauchen im Ländervergleich > 80 77–80 72–76 < 72 Sachsen84 Bayern80 Brandenburg80 Hessen80 Thüringen79 Mecklenburg-Vorpommern77 Niedersachsen/Bremen76 Nordrhein-Westfalen76 Rheinland-Pfalz/Saarland76 Hamburg75 Sachsen-Anhalt75 Baden-Württemberg73 Schleswig-Holstein72 Berlin71 (Angaben in Prozent) 43 | 48 Gesundes Leben in den Bundesländern 6.5 Mäßiger Alkoholkonsum In Berlin, Sachsen und Thüringen wird am häufigsten zum Alkohol gegriffen. Menschen aus Brandenburg und Hessen erreichen mit jeweils 90 Prozent am häufigsten den Benchmark für einen gesunden Alkoholkonsum. Aber auch das sind nur 4 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt (86 Prozent). Nur die Menschen aus Berlin, Sachsen und Thüringen (jeweils 82 Prozent) unterschreiten diesen Durchschnittswert etwas deutlicher. Gesamt: 86 Prozent Anteil der Menschen mit mäßigem Alkoholkonsum im Ländervergleich. Erreichen Benchmark Alkohol im Ländervergleich > 89 87–89 84–86 < 84 Brandenburg90 Hessen90 Mecklenburg-Vorpommern89 Schleswig-Holstein88 Baden-Württemberg87 Niedersachsen/Bremen87 Nordrhein-Westfalen87 Sachsen-Anhalt86 Bayern85 Hamburg85 Rheinland-Pfalz/Saarland84 Berlin82 Sachsen82 Thüringen82 (Angaben in Prozent) Gesundes Leben in den Bundesländern 44 | 48 6.6 Gesunder Umgang mit Stress Gesamt: 55 Prozent Die Hamburger empfinden am wenigsten Stress. Fragt man die Deutschen, wie stressresistent sie sind, dann sagen deutlich mehr als die Hälfte, dass sie sich nicht gestresst fühlen bzw. mit dem bestehenden Stress gut umgehen können. 55 Prozent erreichen den Benchmark zum Stressempfinden. Umgekehrt heißt das jedoch, dass 45 Prozent der Bundesbürger auf ungesunde Art mit Stress konfrontiert sind. Anteil der Menschen mit gesundem Stressempfinden im Ländervergleich. Erreichen Benchmark Stressempfinden im Ländervergleich > 59 55–59 53–54 Die Hamburger leben am entspanntesten. 64 Prozent von ihnen fühlen sich nicht gestresst oder wissen, wie sie die Ruhe behalten, wenn es mal stressig wird. Auch Menschen aus Bayern, Rheinland-Pfalz/Saarland und Schleswig-Holstein kann der Stress nur wenig anhaben. 59 Prozent von ihnen erreichen die Empfehlung zum gesunden Stressempfinden. Am meisten gestresst sind die Befragten aus Niedersachsen/ Bremen und Berlin. 48 Prozent der in diesen Bundesländern lebenden Menschen fühlen sich gestresst oder können Stress nur schlecht kompensieren. < 53 Hamburg64 Bayern59 Rheinland-Pfalz/Saarland59 Schleswig-Holstein59 Sachsen55 Thüringen55 Baden-Württemberg54 Brandenburg54 Hessen54 Mecklenburg-Vorpommern54 Nordrhein-Westfalen53 Sachsen-Anhalt53 Niedersachsen/Bremen52 Berlin52 (Angaben in Prozent) 45 | 48 Gesundes Leben in den Bundesländern Gesamt: 24 Prozent 6.7 Aktivität in der Freizeit und beim Transport Anteil der Menschen, die sich während des Transports und in der Freizeit ausreichend bewegen, im Ländervergleich. In Berlin top, in Sachsen-Anhalt flop – Bewegung allein durch Freizeit- und Transportaktivitäten. Wenn man die Arbeit als Quelle von körperlicher Aktivität nicht betrachtet, sondern nur die Bewegung in der Freizeit und beim Transport (zum Beispiel mit dem Fahrrad fahren), dann liegen die meisten Deutschen unter den Empfehlungen. Nur knapp ein Viertel (24 Prozent) von ihnen bewegt sich so betrachtet noch ausreichend. 32 Prozent der Berliner erreichen die WHO-Mindestempfehlungen allein durch ein aktives Freizeit- und Transportverhalten. Auch Menschen aus Mecklenburg-Vorpommern (30 Prozent) und Hamburg (29 Prozent) liegen über dem Bundesdurch schnitt. Nicht ganz so aktiv sind die Menschen in Sachsen-Anhalt, wenn es zum Beispiel darum geht, zu Fuß zum Einkaufen zu gehen oder in ihrer Freizeit körperlich aktiver zu sein. Nur 21 Prozent von ihnen realisieren die WHO-Mindestempfehlungen allein durch Freizeit- und Transportaktivität. Erreichen Benchmark Aktivität durch Freizeit und Transport im Ländervergleich. > 30 25–30 22–24 < 22 Berlin32 Mecklenburg-Vorpommern30 Hamburg29 Niedersachsen/Bremen28 Schleswig-Holstein25 Baden-Württemberg24 Brandenburg24 Rheinland-Pfalz/Saarland24 Hessen23 Nordrhein-Westfalen23 Bayern22 Sachsen22 Thüringen22 Sachsen-Anhalt21 (Angaben in Prozent) Gesundes Leben in den Bundesländern 46 | 48 Gesamt: 435 Minuten 6.8 Sitzende Tätigkeiten nach Bundesländern Durchschnittliche Sitzzeiten aller Befragten an einem Wochentag Berliner haben das meiste Sitzfleisch. Für sitzende Tätigkeiten an einem gewöhnlichen Wochentag liegt die Hauptstadt unangefochten auf Platz 1 und stellt somit das Schlusslicht dar. So lange wie die Berliner sitzt keiner in Deutschland, nämlich 535 Minuten an einem gewöhnlichen Wochentag, also knapp 9 Stunden. (Mittelwert). Sitzzeiten werktags im Ländervergleich. < 400 449–400 455–450 Im Mittelfeld der Sitzzeiten pro Tag liegen die Befragten aus Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Sie sitzen 450 Minuten (7,5 Stunden). Eine ganze Stunde weniger und damit auch gleichzeitig am wenigsten häufig sitzen mit 390 Minuten (6,5 Stunden) die Menschen aus Baden-Württemberg. > 455 (Angaben in Minuten) Baden-Württemberg390 Mecklenburg-Vorpommern400 Bayern420 Schleswig-Holstein435 Thüringen435 Rheinland-Pfalz/Saarland443 Brandenburg450 Hamburg450 Nordrhein-Westfalen450 Sachsen450 Sachsen-Anhalt450 Niedersachsen/Bremen455 Hessen469 Berlin535 47 | 48 Fazit 7. Fazit Die meisten fühlen sich gesund – die wenigsten leben rundum gesund. Das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung steigt, während die körperliche Aktivität abnimmt. 63 Prozent der befragten Deutschen geben in diesem Jahr an, dass ihr Gesundheitszustand gut oder sogar sehr gut sei. Das sind 9 Prozent mehr als noch im vergangenen DKV Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2014 (54 Prozent). Die Menschen fühlen sich also mehrheitlich gesund. Anders sieht es aus, wenn man fragt, was sie für ihre Gesundheit tun. Hier sind es auch in diesem Jahr nur 11 Prozent der Befragten, die rundum gesund leben. Sie erfüllen in allen Kategorien – körperliche Arbeit, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stressempfinden – den Benchmark und führen somit anhand unserer Kriterien in der Gesamtbetrachtung einen gesunden Lebensstil. Schaut man etwas detaillierter auf die einzelnen Benchmarks, so zeigt sich, dass der empfohlene Richtwert für die körperliche Aktivität in diesem Jahr mit 45 Prozent deutlich weniger häufig erreicht wurde, als es noch vor zwei Jahren der Fall war (54 Prozent). Andererseits steigt jedoch das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung. Waren es 2014 noch 45 Prozent der Befragten, die den Benchmark in dieser Kategorie erreichten, sind es heute 50 Prozent. Auch den Alltagsstress können die Menschen etwas besser kompensieren. Aktuell erreichen 58 Prozent die Empfehlung für einen gesunden Umgang mit Stress (2014: 52 Prozent, 2012: 47 Prozent, 2010: 49 Prozent). Büromenschen sitzen 11 Stunden pro Tag. Überlanges Sitzen gehört wie selbstverständlich zu unserem Leben. Unser Alltag mag zwar bunt und abwechslungsreich sein: Wir mögen arbeiten, die Lieblingsserie ansehen, uns mit Freunden treffen, in sozialen Netzwerken surfen oder die Oma besuchen. Für unseren Körper dagegen heißt das alles in der Regel: monotones Sitzen, teilweise über Stunden am Stück. In vielen Situationen denken wir nicht bewusst darüber nach, uns hinzusetzen, sondern tun es ganz automatisch. Dies ist auch eines der Ergebnisse des DKV Reports „Wie gesund lebt Deutschland?“ 2016. In diesem Jahr haben wir speziell die Menschen, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten, in Bezug auf ihr Sitzverhalten und ihre Einstellungen zu diesem Thema betrachtet. Bei der Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass Personen, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten, insgesamt 11 Stunden pro Tag sitzen. Die mittlere Sitzzeit in Deutschland liegt bei 7 Stunden (Median) pro Werktag. Fast drei Viertel der Schreibtischarbeiter geben an, sich bei Besprechungen oder im Büro hinzusetzen, ohne sich darüber Gedanken zu machen. Und das, obwohl knapp über die Hälfte (53 Prozent) der Schreibtischarbeiter der Meinung ist, dass es schlecht für ihre Gesundheit sei, wenn sie bei der Arbeit überwiegend sitzen. Das heißt aber auch: Fast der Hälfte sind die gesundheitlichen Nachteile des überlangen Sitzens unbekannt. Daran wird deutlich, dass das Thema Sitzen, als eigenständiger Risikofaktor für unsere Gesundheit, noch zu wenig in unserem Bewusstsein verankert ist. Fazit Hinzu kommt, dass die jungen Erwachsenen sehr viel in ihrem Alltag sitzen – auch das ist ein Ergebnis der vorliegenden DKV Reports. Ob während der Schulstunden, der Vorlesungsblöcke in der Uni oder der Theoriephasen in der Berufsausbildung – bei 58 Prozent der Schüler und Studenten besteht der Arbeitsalltag vor allem aus sitzenden Tätigkeiten (Selbstständige: 55 Prozent, Beamte: 53 Prozent, Angestellte: 48 Prozent, Arbeiter- und Facharbeiter: 24 Prozent). Auch oder gerade für diese Zielgruppe der Auszubildenden und Studierenden bedarf es in der Zukunft konkreter Maßnahmen zur Reduzierung von Sitzzeiten und Förderung der körperlichen Aktivität im Setting Betrieb bzw. Universität. Die Arbeitsumgebung kann helfen, weniger zu sitzen. Das lange Sitzen entspricht nicht den Wünschen der Berufstätigen. Sie wollen deutlich weniger sitzen. Dabei wünschen sich die meisten, etwas mehr zu stehen, aber auch mehr zu gehen und sich körperlich zu betätigen. Damit wollen die Berufstätigen genau das, was Wissenschaftler empfehlen: Nämlich nicht mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im Sitzen zu verbringen. Um das zu erreichen, bedarf es neuer Bürokonzepte, die gesunde Sitzunterbrechungen und gleichzeitig mehr Bewegung am Arbeitsplatz ermöglichen. Es gibt viele kleinere und größere Dinge, die Unternehmen bzw. die Berufstätigen selbst tun können, um die Sitzzeiten zu verringern. Dazu zählen zum Beispiel: Mülleimer, Drucker und Aktenordner außerhalb der Reichweite des eigenen Schreibtisches zu platzieren, kurze Gehpausen statt Kaffeepausen am Tisch einzulegen sowie auch Stehtische zum Arbeiten oder für Besprechungen bereitzustellen und zu nutzen. 48 | 48 Allerdings sind Stehschreibtische nicht die alleinige Wunderwaffe im Kampf gegen zu hohe Sitzzeiten. Nur die Hälfte der Menschen mit höhenverstellbarem Schreibtisch nutzt ihn auch regelmäßig, um sich zum Arbeiten hinzustellen. Hier bedarf es weiterer verhaltensorientierter Maßnahmen. Zudem sollte der Fokus nicht allein darauf liegen, Sitzzeiten durch Stehzeiten zu ersetzen, sondern auch auf dem Mehr an Bewegung – ganz nach dem Motto „Sitze weniger und bewege dich mehr“. Dies entspricht auch den Wünschen und Bedürfnissen der Berufstätigen an Schreibtischarbeitsplätzen. Klassische Konferenzsitzungen an Tisch und Stuhl können hin und wieder durch Walk-and-Talk-Meetings ersetzt werden. Zusätzlich bieten sich betriebliche Strukturen an, die die Wege zwischen den Abteilungen bewusst planen und abwechslungsreich gestalten. Das kann auch für den Weg zum Kunden gelten: Kleinere Entfernungen lassen sich statt im Dienstwagen auch gut auf dem Dienstfahrrad erledigen. Zudem ist es auch Teil der Unternehmenskultur, den persönlichen Austausch zwischen den Mitarbeitern zu fördern, etwa durch eine offene Büroarchitektur. Bewegungsmangel als gesundheitliche Gefahr der Zukunft. Das Bewusstsein für gesunde Ernährung ist gestiegen. Dazu tragen unter anderem diverse Kochsendungen im Fernsehen genauso bei wie die Diskussionen um gesundes Essen in Kantinen und Mensen. Auch die Kampagnen gegen das Rauchen zeigen langfristig Wirkung – die Zahl der Raucher sinkt. Ebenso nimmt das exzessive Trinken bei Jugendlichen ab, unter anderem dank Initiativen wie „Kenn dein Limit“. Über den Bewegungsmangel und das lange Sitzen in unserer Gesellschaft diskutieren wir aber noch zu wenig. Dabei ist das Thema eine der großen Herausforderungen für die Zukunft. Denn der Bewegungsmangel ist Teil unserer Kultur, und die digitale Revolution verstärkt ihn zusätzlich. Wir müssen zum einen versuchen, die Menschen stärker zu aktiver Freizeitgestaltung zu motivieren, und zwar vor allem diejenigen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen und geringerem Einkommen. Zum anderen geht es darum, unser Umfeld so zu gestalten, dass wir auch im Alltag und am Arbeitsplatz in Bewegung kommen – auch dann, wenn die körperliche Arbeit in Zukunft immer weni ger wird. Impressum Wissenschaftliche Leitung Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung der Deutschen Sporthochschule Köln Prof. Dr. Ingo Froböse Dr. Birgit Sperlich Am Sportpark Müngersdorf 6 50933 Köln Pressekontakt DKV Deutsche Krankenversicherung ERGO Media Relations Victoriaplatz 2 40198 Düsseldorf Telefon 0211/477-5187 [email protected] Text und Gestaltung Publiplikator GmbH Stand August 2016 51 | 48 Kapitel
© Copyright 2024 ExpyDoc