„Ich habe es ein- fach mal wie im Training gemacht.“

SPORT
Montag, 1. August 2016
21
Lukas und die
Fußballerweisheit
Interview: Maxi Welzmüller
Er ist der neue Leitwolf im Mittelfeld. Maximilian Welzmüller
hat gegen Kiel eine starke Leistung auf der Sechs abgeliefert –
und dann das Spiel entschieden.
Im Interview spricht der 26-Jährige über seinen Bruder, die Englische Woche und sein Traumtor.
ALEXANDER HAAG
Herr Welzmüller, was haben Sie gedacht, bevor Sie aus 30 Metern einfach
draufgehalten haben?
Welzmüller: Ich dachte mir: Mach’s einfach mal wie im Training oder beim Aufwärmen. Es ist ohnehin lustig, dass ich
gerade diesmal getroffen habe.
Warum?
Mein Bruder Lukas, der nicht im Stadion
sein konnte, hat mich vor dem Spiel angerufen. Obwohl ich es nicht hören wollte, hat er mir eine alte Fußballerweisheit
gesagt.
Wie lautete die?
Schieß’ einfach mal ein Tor ...
Ist es ein verdienter Sieg?
Ich denke, dass er aufgrund der Chancen
verdient ist. Ich denke an Gerrits Pfostenschuss. Auch danach hatten wir noch
eine hundertprozentige Chance. Und in
der zweiten Hälfte haben die Kieler dreimal auf der Linie geklärt.
Jubel nach dem Traumtor: Maximilian Welzmüller (links) hat mit einem Distanzschuss aus 30 Metern das 1:0-Siegtor für den VfR Aalen erzielt. Der Torschütze feiert gemeinsam mit Mika Ojala seinen außergewöhnlichen Treffer gegen Holstein Kiel.
(Fotos: Eibner)
Mit Traumtor zum Traumstart
Fußball, 3. Liga: VfR Aalen gewinnt 1:0 (0:0) gegen Holstein Kiel – Welzmüller trifft aus 30 Metern
Es ist ein perfekter Start in die
neue Drittligasaison. Der VfR Aalen hat auch das zweite Spiel gewonnen und vor heimischem Publikum den Aufstiegsfavoriten
Holstein Kiel überraschend mit 1:0
(0:0) geschlagen. Maximilian Welzmüller erzielte mit einem herrlichen Distanzschuss aus 30 Metern
den entscheidenden Treffer.
ALEXANDER HAAG
Zum Schluss deutete alles auf eine Nullnummer. Eine der besseren Sorte wohlgemerkt. Und Patrick Kohlmann war
nicht der einzige in der Scholz-Arena,
der „nicht gedacht hätte, dass noch ein
Tor fällt“, so der Kapitän von Holstein
Kiel. Dann aber kam Maximilian Welzmüller an den Ball. Der 26-Jährige zögerte kurz, blickte auf und zog aus 30 Metern ab. Der leicht abgefälschte Ball
sprang vom Innenpfosten ins Kieler Tor
– 1:0. Die Entscheidung kurz vor dem
Schlusspfiff. Ein Wahnsinnstor. „Das
war schon ein sehr guter Schuss von
Welzi“, sagte auch Peter Vollmann.
Ansonsten war der Trainer des VfR Aalen wieder einmal bemüht, keine allzu
große Euphorie aufkommen zu lassen.
Von einer deutlichen Leistungssteigerung im Vergleich zur Vorwoche wollte
er nichts wissen. Und doch sahen die Zuschauer im ersten Heimspiel einen weitaus stärkeren VfR Aalen als bei der Saisonpremiere. Einen, der gegen den vermeintlichen Topfavoriten keineswegs
versteckte und auch mutig nach vorne
TAKTISCHE AUFSTELLUNG
spielte. Wobei die hohe individuelle
Qualität der Kieler immer wieder zur
Geltung kam. Es war vor allem der ExAalener Dominick Drexler, der gefährliche Aktionen der „Störche“ einleitete
und Freistöße herausholte. Der VfR ließ
sich davon aber nicht beeindrucken und
spielte selbst frech nach vorne. Und: Der
Außenseiter hatte die erste große Chance. Kiels Keeper Kenneth Kronholm klärte einen langen Ball vor der Strafraumlinie zu kurz. Gerrit Wegkamp versuchte
es mit einem Heber, traf aber statt das
leere Tor nur den Pfosten (10.). Die gut
4000 Zuschauer sahen auch danach ein
unterhaltsames Spiel mit Möglichkeiten
auf beiden Seiten. Wegkamp traf freiste-
Stimmen zum Spiel: „Spielerisch war es eine Klasse besser“
Gerrit Wegkamp, VfR-Angreifer: „Das war ein
deutlicher Qualitätsunterschied im Vergleich zu
Wiesbaden. Wir haben
viel flüssiger nach vorne
gespielt, auch ich war
diesmal voll drin im Spiel.
Die Rote Karte war berechtigt, es war ein klares
Foul an mich.“
Daniel Bernhardt, VfR-Torwart: „Wir haben nichts
Großes zugelassen und
waren gegen diese Topmannschaft sehr gut eingestellt. Wobei es nicht
einfach war gegen zehn
Mann, aber wir waren
sehr geduldig. Und dafür
sind wir diesmal belohnt
worden.“
Dominick Drexler, Angreifer Holstein Kiel: „Es war
sehr schwer in Unterzahl.
Wir haben gekämpft und
versucht, den Lucky
Punsch zu schaffen. Das
ist dann Aalen gelungen.
Der VfR war bei Elf gegen
Elf sehr gut, nach der
Halbzeit aber einfallslos.“
Matthias Morys, VfR-An-
SPIELINFORMATIONEN
Auswechslungen VfR Aalen:
66. Sucsuz (Note: –) für Kefkir, 82. Vasiliadis
(–) für Kartalis, 82. Morys (–) für Wegkamp
Wegkamp (2,5)
Kartalis
(2)
Kefkir
(3)
Preißinger (2,5)
Menig
(2,5)
Geyer
(2)
Ojala
(2,5)
Welzmüller (1,5)
R. Müller
(2)
Bernhardt (2,5)
Schwabl
(2)
hend den Ball nicht richtig (23.), und
Rico Preißinger rutschte bei einem
Schussversuch aus (29.). Auf der anderen
Seite zielte Saliou Sané per Kopf zu ungenau (30.), und Evans Nyarko schoss aus
16 Metern knapp drüber (45.).
Es war aber auch ein Spiel mit vielen
Nicklichkeiten. Und einem Foul, das für
viel Aufregung sorgte. Wegkamp lief von
der Mittellinie alleine auf das Kieler Tor
zu, Rafael Czichos verfolgte ihn. Als der
VfR-Angreifer seinen Gegenspieler
kreuzte, kam es zum Kontakt. Wegkamp
fiel, Czichos flog – wegen einer Notbremse mit Rot vom Platz (41.). „Wir brauchen
nicht drüber zu reden, es hätte nicht zu
dieser Situation kommen dürfen“, um-
Holstein Kiel: Kronholm – Herrmann, Hoheneder, Czichos, Kohlmann – Nyarko, Dürholtz
(43. Sigurbjörnsson) – Lewerenz, Janzer (73.
Siedschlag) – Sané (85. Fetsch), Drexler
0:1 Welzmüller (87.)
Welzmüller, Kartalis – Czichos, Drexler, Sané
Czichos, (41., Notbremse)
Patrick Alt (Heusweiler)
4 021
Scholz-Arena, Aalen
greifer: „Gegen zehn Kieler war es zu wenig von
uns, dann haben wir aber
doch noch durch einen
Sonntagsschuss verdient
gewonnen.“
Karsten Neitzel, HolsteinTrainer: „Wir müssen uns
an die eigene Nase fassen. Wir müssen aggressiver und cleverer werden
und eins draufpacken.“
Markus Schwabl, VfR-Kapitän: „Spielerisch war es
eine Klasse besser als in
Wiesbaden.“
alex
ging Karsten Neitzel die Frage, ob der
Platzverweis berechtigt war.
Stattdessen stellte der Holstein-Trainer
nach Pause um. Ohne Erfolg. Kiel schaffte es in Unterzahl nicht, den VfR Aalen
ernsthaft unter Druck zu setzen. Stattdessen waren es die Ostälbler, die in
Führung hätten gehen müssen, doch
Alexandros Kartalis, Mika Ojala und
Wegkamp schafften es nacheinander
nicht, den Ball im Tor unterzubringen
(73.). Dann hatte Maximilian Welzmüller
seinen großen Auftritt.
Kiel gilt als Topfavorit auf den Aufstieg.
Ja, die Kieler haben eine sehr hohe Qualität. Ich denke, dass man deren Leistungsstärke nicht an einem Spiel festmachen sollte. Ich bin mir sicher, dass die
Kieler nach dem 38. Spieltag unter den
ersten Fünf stehen.
Der VfR Aalen hat nach zwei Spielen
sechs Punkte auf dem Konto. Was bedeutet das für den weiteren Saisonverlauf?
Dass wir noch 38 Punkte von unserem
Ziel entfernt sind.
Und für die Englische Woche, die am
Dienstag bei Rot-Weiß Erfurt weitergeht?
Dass es sich überragend anfühlt, mit
sechs Punkten in eine Englische Woche
starten zu dürfen.
3. Liga
0
Erneut fällt der Siegtreffer
kurz vor dem Schlusspfiff
Wie schon in Wiesbaden hat der VfR
Aalen kurz vor Schluss entscheidend zugeschlagen. Und er hätte sogar noch
nachlegen können, doch Matthias Morys scheiterte nach Vorarbeit von Sebastian Vasiliadis an Kronholm (90.+2). Danach war es überstanden.
Der VfR Aalen hat jetzt aus den ersten
beiden Spielen die Optimalausbeute von
sechs Punkten geholt. „Wir sind sehr
froh über das Ergebnis“, sagte Peter Vollmann, der ein Spiel erlebt hat, „in dem
für beide alles drin war“.
Allerdings hatte nur Aalen einen Maximilian Welzmüller, der – wie es Kiels Kapitän Patrick Kohlmann hinterher formulierte – „das Herz in die Hand genommen und das Tor erzwungen hat“.
Ein Video finden Sie unter
www.schwaepo.de.
VFR-SPIELER DES SPIELS
TORJÄGER
Zweikampfstark,
ballsicher und unaufgeregt: Maximilian Welzmüller ist
beim VfR Aalen als
Sechser sowohl der
Abräumer vor der
Abwehr als auch
dank seiner herausragenden Technik Maxi Welzmüller
der Ideengeber im
Spiel nach vorne. Gegen Holstein Kiel
gelang dem 26-Jährigen zudem das
entscheidende Tor zum 1:0 – durch einen Sonntagsschuss aus 30 Metern Entfernung. Maxi Welzmüller krönte damit seine starke Leistung mit einem
Traumtor.
alex
1. Cauly Oliveira Souza (Fortuna Köln)
Benjamin Pintol (Hallescher FC)
3. Lars Bender (Fortuna Köln)
Christian Bickel (SC Paderborn)
Hamdi Dahmani (Fortuna Köln)
ZAHL DES SPIELS
2
2
1
1
1
6
Punkte hat der VfR Aalen nach dem zweiten
Spieltag – vier mehr als in der Vorsaison.
VORSCHAU 3. SPIELTAG
Dienstag, 18.30 Uhr: Rot-Weiß Erfurt – VfR
Aalen, 19 Uhr: FC Magdeburg – SC Paderborn,
Holstein Kiel – SF Lotte, SV Wehen Wiesbaden –
Fortuna Köln
Mi, 18.30 Uhr: Werder Bremen II – FSV Zwickau, 19 Uhr: FSV Mainz 05 II – VfL Osnabrück,
Chemnitzer FC – FSV Frankfurt, Hansa Rostock –
SG Sonnenhof Großaspach, Preußen Münster –
MSV Duisburg, Jahn Regensburg – Hallescher FC
„
ZITAT DES SPIELS
Ich habe es einfach mal wie im
Training gemacht.“
Maximilian Welzmüller
Torschütze des VfR Aalen