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14. August 2016
Leserservice 08 00/222 42 24 02 · www.der-sonntag.de
Jeden Sonntag
370.000 mal
im Briefkasten.
Der Sonntag
am Hochrhein
Sommertheater um die Bahn
Professionelle Flüchtlingshilfe
SC-Test gegen Milan
Wer ist für die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke zuständig? Darüber streiten sich die
Landes-und Bundespolitiker der Region. Wie eine
Frage der Definition zum Sommerstreitthema
SEITE 2
wurde.
Unter dem Eindruck des Zustroms tausender
Flüchtlinge imvergangenen Sommer haben sich
unzählige Hilfsinitiativen gegründet. Die meisten arbeiten noch immer – inzwischen professioSEITE 3
neller und mit festen Strukturen.
Der SC Freiburg erwartet am
Sonntag den AC Mailand zu einem Freundschaftsspiel. WiederimKaderistSC-TorhüterAlexander Schwolow (Foto). SEITE 9
Die Tür zu Ihrem Tor
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Gefährliche Aufrüstung
Immer mehr Bürger in der Region beantragen den KLEINEN WAFFENSCHEIN – Die Polizei sieht das mit Besorgnis
Die Verunsicherung wegen
Übergriffen, Amokläufen
und Terroranschlägen veranlasst immer mehr Menschen in der Region, sich
zu bewaffnen: Anträge auf
den Kleinen Waffenschein
haben sich dieses Jahr vervielfacht. Die Polizei sieht
die Aufrüstung mit Sorge
und warnt vor Eskalation.
SIGRUN REHM
Reger Kundenverkehr herrscht
an diesem Mittwochmittag bei
Messer Nosch in der Freiburger
Bertoldstraße. Eine Mittvierzigerin erkundigt sich nach Pfeffersprays: „Kann man das auch ins
Flugzeug mitnehmen?“ Nur in
den Koffer, nicht ins Handgepäck, lautet die Antwort von Inhaber Werner Nosch. Ein Bub
bringt eine kleine Softairpistole
zur Reparatur und schaut zu, wie
Noschs Mitarbeiter vorsichtig
den Abzug prüft. Zwei etwa
zwölfjährige Jungen lassen sich
Messer zeigen, er sei Pfadfinder,
sagt einer. Sein Freund berichtet,
dass seine Mutter sich ein Pfefferspray zugelegt habe, damit sie
sich beim Joggen sicherer fühle:
„Sie würde es aber nur im Notfall
anwenden.“ Zwei Mittzwanziger
kommen herein, schauen sich
prüfend um, zögern, nicken sich
zu und gehen wieder. Mag sein,
dass ihnen gerade zu viel los ist.
„Die Menschen haben Angst
und wollen selber für Sicherheit
sorgen“, sagt Werner Nosch. Seit
den Überfallen auf dem Stühlinger Kirchplatz im Mai 2014 sei
die Nachfrage nach Waffen zur
Selbstverteidigung deutlich gestiegen. Seit der Kölner Silvesternacht 2015/16 habe die Zahl der
Kunden weiter zugenommen.
„Ich brauche eine Pistole“, laute
oft der erste Satz, wenn ein KunWALDSHUT-TIENGEN
Junger Fußgänger
bei Unfall getötet
Gestern früh kam ein 23-jähriger
Mann bei einem schweren Verkehrsunfall in Waldshut-Tiengen ums Leben. Er war gegen 3.3o
Uhr auf der Bundesstraße 34 in
Höhe des Gewerbeparks Hochrhein zu Fuß unterwegs und
wurde von einem Auto erfasst,
das von Tiengen in Richtung
Waldshut fuhr. Dabei wurde der
junge Mann so stark verletzt,
dass er noch an der Unfallstelle
starb. Die genaueren Umstände
des Verkehrsunfalls sind bislang
nicht bekannt. Für die Dauer der
Unfallaufnahme musste die B 34
voll gesperrt werden. Mögliche
Zeugen werden gebeten, sich
beim Polizeirevier WaldshutTiengen unter Telefon 0 77 51/
DS
8 31 65 32 zu melden.
Die Anträge auf den Kleinen Waffenschein sind unmittelbar mit der Nachrichtenlage verknüpft. So stieg
FOTO: DENISISMAGILOV/FOTOLIA
die Nachfrage nach den Silvesterübergriffen von Köln sprunghaft an.
de den Laden betritt, erzählt
Nosch. Doch ein mit Platz-, Gasoder Pfefferpatronen bestücktes
Schießeisen, für das es den Kleinen Waffenschein braucht, sei
seines Erachtens für Ungeübte
kaum geeignet. „Ich rate dann
eher zum frei verkäuflichen
Pfefferspray.“ Viele, vor allem
Frauen, folgten seinem Rat.
Außer Pfeffersprays führt
Nosch Springmesser, Wurfmesser, Elektroschocker, Schlagstöcke und Schusswaffen, die mit
unterschiedlicher Munition geladen werden können. Von den
Pistolen kann er nur wenige Modelle zeigen: „Die Firmen haben
Lieferprobleme, weil die Nachfrage so hoch ist“, sagt Nosch.
–
Zehn mal so viele Anträge
im Kreis Waldshut
–
Tatsächlich ist der Trend zur Waffe eindeutig: Die Städte und
Landratsämter der Region melden einen starken Anstieg bei
Anträgen zum Kleinen Waffenschein, wie eine Stichprobe des
Sonntag diese Woche ergab: Lag
die Zahl der Anträge in der Stadt
Emmendingen bei zehn im Jahr
2014, so sind es dieses Jahr bereits jetzt 25. Im Kreis Emmendingen ist im selben Zeitraum eine Vervierfachung zu verzeichnen. Fast fünfmal so viele Anträge wie vor zwei Jahren wurden
2016 im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald bewilligt, knapp
sechsmal so viele in der Stadt
Freiburg, siebenmal so viele im
Kreis Lörrach und mehr als achtmal so viele in Waldkirch. Im
Kreis Waldshut hat sich die Zahl
von 13 auf 137 mehr als verzehnfacht. Die Frauenquote lag zwi-
schen acht (Kreis Emmendingen) und 23 Prozent (Stadt Freiburg). Null bis zehn Prozent der
Anträge wurden abgelehnt.
„Wir sehen diese Entwicklung
mit Besorgnis“, sagt Laura Riske,
Pressesprecherin im Polizeipräsidium Freiburg: „Die Waffe vermittelt eine Scheinsicherheit,
die im Ernstfall alles schlimmer
machen kann.“ Ob Messer, Pfefferspray oder Reizstoffpistole:
Jede Waffe könne erheblich zur
Eskalationvon Konflikten beitragen und außerdem leicht gegen
einen selbst eingesetzt werden.
Die möglichen Verletzungen seien oft schwer, so Riske: „Schon
ein Pfefferspray kann schlimmste Schleimhautreizungen auslösen, der an den Kopf aufgesetzte
Schuss aus einer Schreckschusspistole kann tödlich sein.“ Dass
die Aufrüstung der Bürger im
Polizeialltag bisher nicht aufgefallen ist, wertet sie als „Glück“.
Aller Erfahrung nach müsse
man davon ausgehen, dass, wer
eine Waffe hat und in eine bedrohliche Situation kommt, sie
auch einsetzt. Und das oft, ohne
die Handhabung je geübt zu haben: „Der Kleine Waffenschein
sagt ja nichts darüber aus, ob jemand die Fähigkeit hat, die Waffe zu führen“, so Riske. Die Polizei
habe ihre Taktik nicht geändert,
seit mehr Bürger bewaffnet sind:
„Die Kollegen mussten schon
immer damit rechnen, dass eine
Person sie angreift“, sagt Laura
Riske.
Obwohl das Sicherheitsgefühl
vieler nach den Nachrichten von
Übergriffen, Amokläufen und
Terroranschlägen erheblich gelitten hat, ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Übergriffs zu
werden, nicht gestiegen. Die Opfergefährdungszahl, mit der der
Statistiker des Polizeipräsidiums
Freiburg die Zahl der Opfer von
Straftaten gegen Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Eh-
re und sexuelle Selbstbestimmung angibt, hat sich seit 2011
kaum verändert: Nach wie vor
liegt die Opferquote bei etwa einem Prozent. Laura Riske rät zur
Besonnenheit und zu Selbstverteidigungskursen: „Damit lassen
sich Auftreten und Sicherheitsempfinden nachhaltig stärken –
und zwar ohne das mit einer
Waffe verbundene Risiko.“
FAKTEN
DEN KLEINEN WAFFENSCHEIN kann man ab 18 Jahren bei den zuständigen Behörden persönlich beantragen. In Südbaden sind das
die Stadt Freiburg und die
Landratsämter Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach und Waldshut,
wobei die Städte Emmendingen und Waldkirch (mit
Gutach und Simonswald),
Lörrach (mit Inzlingen),
Rheinfelden (mit Schwörstadt), Weil am Rhein, Waldshut-Tiengen und die Verwaltungsverbände MüllheimBadenweiler und Bad Säckingen eigene Waffenbehörden
haben. Sie prüfen „Zuverlässigkeit“ und „persönliche
Eignung“ per Abfrage beim
Bundeszentralregister, dem
staatsanwaltschaftlichen
Verfahrensregister und der
Polizei. Wer Vorstrafen hat,
nicht geschäftsfähig, psychisch oder suchtkrank ist,
bekommt den Schein nicht.
ZUM SCHIESSEN berechtigt
der Kleine Waffenschein nur
in Notwehr. Für Erwerb und
Besitz einschlägiger Waffen
ist er nicht verpflichtend,
wohl aber, um sie zu tragen.
Die Gebühr beträgt je nach
Behörde 47 bis 100 Euro. SIR
„Asylbewerber sind zurückzuweisen“
Der Lörracher CDU-Politiker Armin Schuster fordert konsequente KONTROLLEN an der deutsch-schweizerischen Grenze
Der Innenpolitiker Armin Schuster (CDU) fordert angesichts des
Flüchtlingsandrangs an der
Schweizer Grenze, dass Deutschland künftig auch Asylbewerber
abweisen müsse. „Noch kommt
die Bundespolizei mit der Situation klar. Aber die Zahl der illegalen Migranten wird weiter steigen“, sagte der Lörracher Bundestagsabgeordnete dem Sonntag. „Dann brauchen wir
konsequente Kontrollen an der
deutsch-schweizerischen Grenze. Das bedeutet: Asylbewerber
ohne besondere humanitäre
Gründe sind zurückzuweisen.“
Zwar hat die Bundespolizei ihre Kontrollen im südbadischen
Grenzraum bereits verstärkt,
weil die dort endende Flüchtlingsroute über Italien und die
Schweiz stark an Bedeutung gewonnen hat. Doch weiterhin gilt
Angela Merkels Entscheidung
vom Herbst 2015: Wer in
Deutschland Asyl beantragen
will, wird hereingelassen. Auch
wenn er aus einem sicheren
Land wie der Schweiz einreist.
Dagegen wendet sich Schuster. Als Leiter der Bundespolizeiinspektion war er früher selbst
für den Grenzschutz zuständig.
Nun fordert er: „Wir müssen zurückfinden zu dem, was bei uns
im Asyl- und Aufenthaltsgesetz
steht und in Europa gilt: Wer aus Beim Polizeirevier Weil am Rhein sind diese Woche wieder Flüchtlinge
einem
sicheren
Drittstaat angekommen. In Decken gehüllt haben sie vor dem Eingang übernachFOTO: HERBERT FREY
tet und auf ihre Registrierung gewartet.
kommt, wird abgewiesen.“
Der SPD-Landtagsabgeordnete und ehemalige Justizminister
Rainer Stickelberger fordert hingegen mehr Personal für das Revier der Landespolizei in Weil am
Rhein. Denn dort melden sich
viele Asylbewerber, die es unbemerkt über die Grenze geschafft
haben. „Die derzeitige Situation
ist mit der bisherigen Personalausstattung nicht mehr zu bewältigen und damit untragbar“,
schrieb Stickelberger diese Woche an Innenminister Thomas
Strobl (CDU). Aus dessen Ministerium heißt es, eine Unterstützung durch zusätzliche Polizeikräfte könne nur „in Abhängigkeit der landesweiten EinsatzlaDAG
ge erfolgen“.
2 AUS DER REGION
Der Sonntag · 14. August 2016
Dampf ablassen
Politik am Zug: Warum gibt es schon wieder Zank um die HOCHRHEINSTRECKE ?
Im Sommer lassen sich Abgeordnete mit Kühen fotografieren, und streithanseln tun sie auch gerne. Wie
jetzt wieder. Ob die Hochrheinstrecke dadurch
schneller elektrifiziert
wird?
RENÉ ZIPPERLEN
In der Schweiz verdienen, in Deutschland wohnen – was vielversprechend klingt, wurde für nachträglich besteuerte Grenzgänger zur groFOTO: DANIEL GRAMESPACHER
ßen Enttäuschung.
„Manch einer kann
nicht mehr profitieren“
Ministerium beendet Hängepartie um PENSIONSSTEUER
Das Übel der Besteuerung der
schweizerischen Pensionskassen existiert seit 2005, als die
Oberfinanzdirektion Karlsruhe –
einen Tag nach der Bundestagswahl – darüber informierte, dass
rückwirkend ab dem 1. Januar
2005 die schweizerischen Pensionskassen nicht länger als Kapitallebensversicherung zu behandeln seien und daher Kapitalauszahlungen auch nach mehr als
zwölfjähriger Versicherungsdauer besteuert werden müssen. Eine Unterscheidung in Obligatorium und Überobligatorium
wurde nicht getroffen. Die Folge:
Eine überhöhte Besteuerung der
Leistungen aus zusätzlicher freiwilliger Vorsorge.
Dass die Unterscheidung aber
notwendig ist, bestätigte sowohl
ein Urteil des Bundesfinanzhofes, als auch das baden-württembergische Finanzgericht. Umgesetzt hatte die Finanzverwaltung
diese Urteile nicht. Bis jetzt: Das
Bundesministerium der Finanzen hat in einem Schreiben vom
27. Juli darüber informiert, dass
diverse Entscheidungen des
Bundesfinanzhofs anzuwenden
sind und eine nach Obligatorium und Überobligatorium differenzierte steuerliche Behandlung von Beiträgen und Leistungen aus einer schweizerischen
Vorsorgeeinrichtung der Säule 2
erfolgen muss. Mit diesem
Schreiben, so teilen die südbadischen CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Dörflinger, Thorsten Frei, Andreas Jung, Gabriele
Schmidt und Armin Schuster in
einer gemeinsamen Pressemitteilung mit, schaffe das Bundesfinanzministerium Klarheit bei
der einkommensteuerlichen Behandlung der Beiträge und Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen nach der zweiten Säule der
schweizerischen Altersvorsorge.
–
Überraschend hohe
Steuerforderungen
–
Das schweizerische Altersvorsorgesystem stützt sich auf drei
Säulen: Die erste Säule ist die
staatliche Vorsorge AHV, die
zweite Säule ist eine berufliche
Vorsorge, auch Pensionskassen
genannt, die dritte Säule entspricht der privaten Vorsorge.
Säule eins, die staatliche Vorsorge, die wie in Deutschland obligatorisch ist und daher auch mit
der deutschen Sozialversicherungsrente vergleichbar, dient
der Sicherung des Existensbedarfs nach dem Ausscheiden aus
dem Berufsleben. Wer im Alter
seinen Lebensstandard aufrechterhalten will, sorgt in der
Schweiz wie in Deutschland zusätzlich vor – die Schweizer aber
unterscheiden bei der beruflichen Vorsorge zwischen einer
gesetzlichen Mindestversicherung, dem Obligatorium, und einer weitergehenden Vorsorgeverpflichtung, dem „Überobligatorium. “ Die dritte Säule entspricht der privaten Vorsorge.
Dass bei der einkommensteuerlichen Behandlung der Beiträge
und Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen nach der zweiten
Säule der schweizerischen Altersvorsorge nicht zwischen Obligatorium und Überobligatorium unterschieden wurde, hatte
für südbadische Grenzgänger –
allein im Einzugsbereich des Bereich des Finanzamtes Lörrach
sind 23000 registriert – fatale
Folgen.
Uwe Wehrle von der Interessengemeinschaft Pensionskasse
schildert: „Im Rahmen unserer
ehrenamtlichen Aktivitäten haben wir sehr viele ehemalige
Grenzgänger kennengelernt, die
sich auszahlen lassen wollten –
dann aber mit Steuerforderungen von bis zu einem Viertel der
Auszahlungsbeträge
überraschend konfrontiert wurden.
Manch einer kann vom jetzigen
Ergebnis nicht mehr persönlich
profitieren. Elf Jahre an einer inhaltlich haltlosen Position festzuhalten ist definitiv zu lang, vor
allem auch angesichts der Tatsache, dass die unteren Finanzbehörden nicht wirklich von den
Verfügungen der übergeordneten Behörden überzeugt waren –
so wenigstens meine Wahrnehmung.“
–
Unterstützung von
Manchmal ist das Online-Lexikon Wikipedia erfrischend präzise: „Die Bahnstrecke Lübeck–Puttgarden verbindet als
Teil der internationalen Vogelfluglinie Lübeck und die Ostseeinsel Fehmarn.“ Damit sollte eine Frage geklärt sein: Warum will
der Bund dort selbst mit Millionen elektrifizieren, aber nicht
am schönen Hochrhein? Wo keine Vögel, da keine Kröten?
Aber Polemik beiseite, da sind
andere zuständig. Zum Beispiel
die Abgeordneten Armin Schuster (Bundestag, CDU) und Josha
Frey (Landtag, Grüne), die in diesem Leben wohl nicht mehr gemeinsam zum Vogelflug nach
Rügen fahren werden. Josha Frey
war vor zwei Wochen zornig auf
das unionsgeführte Bundesverkehrsministerium. Das wollte,
trotz einer erstmaligen, groß angelegten Bürgerbeteiligung den
Bundesverkehrswegeplan 2030
noch vor der Sommerpause
durchwinken. Noch wichtiger
aber: Die seit 100 Jahren erwartete Elektrifizierung der Hochrheinstrecke ist darin wieder
nicht enthalten. Also appelliert
der enttäuschte Frey, „das von
Minister Dobrindt verhängte
Stopp-Schild für die Hochrheinbahn abzuräumen.“
Armin Schuster fackelte nicht
lange und schlug diese Woche
zurück: „Der Landesverkehrsminister muss das Stoppschild
wegräumen, nur dann kann es
vorangehen.“ Der Bund sei nämlich für die Strecke gar nicht verantwortlich. Denn ihr rein regionaler Charakter sei „unter den
Verkehrsexperten unstreitig“. In
Wirklichkeit warte man in Berlin
darauf, dass Landesverkehrsminister Winfried Hermann endlich die Gelder beantrage, die der
Bund im Rahmen des Gemein-
deverkehrsfinanzierungsgesetzes GVFG zur Verfügung stellt.
Leider verlieren die bissigen
Argumente beider Seiten an
Schärfe, je genauer man hinschaut. So weiß auch Frey, was
im Koalitionsvertrag vereinbart
ist: Dass sich das Land – gegen
ordentlich Geld – beim Bund dafür einsetzen will, sich selbst um
die Strecke kümmern zu dürfen.
Dabei scheint die für den Bundesverkehrswegeplan wichtige
Frage ihres rein regionalen Charakters
Interpretationssache.
Womit wir zum Vogelflug auf
Fehmarn zurückkommen – die
Strecke ist darin geplant. Demnach wäre sie mehr als nur regio-
nal, touristisch oder ornithologisch bedeutend. Genau wie
Freilassing-Markt
Schwaben.
Löhne-Hameln-Elze. Oder auch
Lindau-Friedrichshafen-Ulm. Alles seit 3. August neue Bundesprojekte. Mit der Hochrheinstrecke konnten sich Land und Region in Berlin nicht durchsetzen.
Drum feixen die ebenfalls von
Schuster angegriffenen Grünen
im Kreistag Lörrach zurück:
Schuster hätte sich bei seinen
Parteifreunden dafür stark machen sollen. „Sein Einfluss in Berlin scheint nicht sehr groß zu
sein.“ Dort gilt die Strecke, die
immerhin die Achse MünchenBasel verbessert, als „S-Bahn-Ver-
WAR NOCH WAS?
Stickelberger und Schuster
Montag
Politisch unterstützt sei die IG
pension insbesondere in der Anfangsphase von Rainer Stickelberger, auch Armin Schuster habe sich sehr für die Interessen
der Deutschen stark gemacht.
Laut Mitteilung haben die CDUAbgeordneten diese Auffassung
wiederholt in Gesprächen mit
der Finanzverwaltung vertreten.
Laut ihrer Mitteilung hatten sich
die genannten CDU-Abgeordneten nach den Mitte Juni 2015 veröffentlichten Grundsatzurteilen
des Bundesfinanzhofs (BFH) zur
steuerlichen Beurteilung der
Auszahlungen aus privatrechtlichen schweizerischen Pensionskassen an Finanz-Staatssekretär
Michael Meister (CDU) gewandt,
der zugesagt haben soll, eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer sachgerechten bundeseinheitlichen Regelung einzusetzen. Das Ergebnis dieser Arbeitsgruppe
sei
das
nun
veröffentlichte BMF-Schreiben.
Die Abgeordneten kündigten an,
sich nun für eine zügige Umsetzung der Besteuerungsgrundsätze in der Steuerverwaltung
einsetzen zu wollen. NINA LIPP
Starke Verkehrsbehinderungen
auf der B34 und A98 bei Bad Säckingen. Der Grund: An einem
Sattelzug hat sich die Klappe geöffnet, der transportierte KLÄRSCHLAMM platscht auf die Straße. Ein Autofahrer kann den Laster an der A 98 überholen und
stoppen. Anschließend müssen
Feuerwehr und Straßenmeisterei den Matsch von der Straße
schaufeln, in Container laden
und die Fahrbahn von dem
schmierigen Belag reinigen.
–
So ein Zug kann ganz schön Dampf machen und die klare Sicht verneFOTO: JÖRG SAUTER
beln. Hier die Dreiseenbahn am Schluchsee.
kehr“. Die Elektrifizierung bringe
„keinen überregionalen Nutzen“,
heißt es auf Anfrage. Also: Ländersache.
Landesverkehrsminister Hermann wird von der CDU schon
länger vorgeworfen, er bringe
das Hochrheinprojekt nicht voran. Tatsächlich scheint er so oft
„Durchbrüche“ zu verkünden
wie Fahrradzähler einzuweihen:
wöchentlich. Doch er verwahrt
sich gegen pauschale Kritik. Das
Land stehe nicht auf der Bremse,
„das Gegenteil ist der Fall“.
Dass nicht der Landesverkehrsminister die Bundesmittel
aus dem GVFG beantragt, sondern die Bahn, ist weniger bedeutend. Aber: Vor Antragstellung muss ein Planfeststellungsbeschluss her. Und eine KostenNutzen-Rechnung.
Darauf
besteht der Bund. Vorher ist eine
Antragstellung gar nicht möglich, so das Ministerium. Man
darf davon ausgehen, dass das
alle Akteure wissen.
Für den Abschluss des Planfeststellungsverfahrens rechnet
das Land mit rund drei Jahren.
Die Planung selbst wird von der
Region beauftragt. Ende Juli beschloss der Kreistag Waldshut,
Gelder freizugeben und mit dem
Nachbarlandkreis Lörrach eine
Kosten-Nutzen-Analyse zu beauftragen. Zehn Millionen Euro
werden kalkuliert, zwei Millionen hat das Land laut Hermann
in den Haushalt eingestellt, je eine Million zahlen die Kreise
Waldshut und Lörrach sowie der
Kanton Basel-Stadt. Weitere fünf
Millionen sollen über Interreg
von der EU kommen. Allein könne die Region die Planung nicht
stemmen, sagt das Land. Die Anträge sind gestellt, laut Landrat
Martin Kistler seien die Gelder
„gutgesprochen“. Insgesamt soll
das Projekt 160 Millionen Euro
kosten. Kistler rechnet laut Südkurier mit 60 Prozent vom Bund.
Am Donnerstag schrieb noch
ein Abgeordneter eine Replik auf
Hermanns Replik. Felix Schreiner, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Landtag. Er wolle sich für diese Gelder „nachdrücklich einsetzen“, damit es
vorangehe. Ohne Seitenhieb.
War’s das mit dem Sommer?
Dienstag
Ein 45-jähriger Waldshuter bekommt Besuch von der Polizei.
Offenbar hat er in einem Schuhgeschäft seine alten Galoschen
in einem Schuhkarton zurückgelassen und den Laden mit neuen, unbezahlten SCHUHEN an
den Füßen verlassen. Der Diebstahl wird zwar erst im Nachhinein bemerkt, doch ein Polizist erkennt den Täter bei der späteren
Durchsicht der Überwachungsvideos. Kurzerhand stattet er
ihm einen Besuch ab. Die neuen
Schuhe stehen neben dem Bett.
Die Woche vom 8. bis 13. August
Mittwoch
In Bad Säckingen startet der
FUSSVERKEHRS-CHECK. Ziel ist
es, mit einem Bündel kleiner
Maßnahmen attraktive und sichere Fußwege im Stadtgebiet
zu schaffen. Auch Ideen und Anregungen aus der Bürgerschaft
sollen gesammelt werden. Bad
Säckingen war im Juli zu einer
von acht Modellkommunen gekürt worden, neben Freiburg,
Heilbronn, Herrenberg, Karlsbad, Lahr, Ludwigsburg und Rangendingen. Insgesamt hatten
sich 36 Kommunen beworben.
Donnerstag
Die FORSTBETRIEBSGEMEINSCHAFT (FBG) Vorderer Hotzenwald ist mit ihren über 1 600 Betrieben zertifiziert. Laut FBG
wurden ökologische, wirtschaftliche, soziale und sicherheitstechnische Aspekte der Waldbewirtschaftung berücksichtigt.
Rund 20 Betriebe seien ausgelost und beurteilt worden. Zertifiziert wurde nach PEFC (Programme for the Endorsement of
Forest Certification Schemes) für
eine nachhaltige Waldwirtschaft.
Der prominenteste Bürger der Region wohnt bald in Berlin. Vermeldet
FOTO: JKI
zumindest „Bild“ im Zusammenhang mit der Trennung.
Freitag:
Dass der BUNDESTRAINER des
Weltmeisters aus Schönau beziehungsweise aus Freiburg – mittlerweile eigentlich ja aus Wittnau – kommt, hat sich wohl erledigt: Bild meldet, dass sich Jogi
Löw und seine Frau Daniela nach
36 Jahren getrennt haben – und
der ehemalige SC-Spieler wo-
möglich nach Berlin ziehen will,
wo er schon seit einer Weile eine
Wohnung habe.
Samstag
Alt-Landrat Bernhard Wütz feiert heute seinen 75. GEBURTSTAG. Vor zehn Jahren legte der
Tiengener sein Amt nieder, 26
DS
Jahre hatte er es ausgeübt.
DIE DRITTE SEITE 3
Der Sonntag · 14. August 2016
Diesmal wird es anders
Viele der neu gegründeten FLÜCHTLINGSINITIATIVEN haben sich etabliert. Ihre Hilfe ist nicht mehr wegzudenken – drei Beispiele
D
as Bild des ertrunkenen
syrischen Jungen Aylan
im Spätsommer 2015 hat
Jan Kurth (34) wie so viele andere
Menschen nicht mehr losgelassen. Das war auch die Zeit, als die
Bilder von flüchtenden Menschen auf der Balkanroute um
die Welt gingen. Und in Freiburg
eröffnete die Erstaufnahmestelle für bis zu 950 Flüchtlinge an
der Lörracher Straße. Mit Musikworkshops hatte sich der Freiburger Sänger und Komponist
Jan Kurth bis dahin schon in der
Flüchtlingshilfe engagiert. Jetzt
wollte er mehr tun. In Kurths Bekanntenkreis gab es viele, die genauso dachten. Wie die Portugiesin Leonora Lorena (32), die Freiburg nach dem Studium verlassen hatte, um für die UN als
Umweltingenieurin tätig zu werden. Zuletzt arbeitete sie an einem Hilfsprojekt zur Wasserversorgung in Syrien. 2015 kam sie
nach Freiburg zurück. Sie wollte
mit Menschen zu tun haben,
nicht nur mit abstrakten Projekten, sagt sie.
Die beiden erinnern sich gut
an die Diskussionen vergangenen Sommer bis spät in die
Nacht hinein – mit vielen Ideen.
Eine gefiel allen gut: gemeinsame Essen mit Flüchtlingen organisieren. „Die Essenskultur ist
ein wunderbares Mittel des Austauschs“, sagt Leonora Lorena.
Anfang September ließ sich die
Gruppe aus 17 Aktiven zwischen
24 und 35 Jahren als Verein mit
dem Namen „Zusammen leben“
eintragen. Im Oktober organisierte die Gruppe das erste Willkommensfest auf dem Kinderabenteuerhof im Stadtteil Vauban. In drei Gruppen holten sie
Flüchtlinge in der Erstaufnahmestelle ab und führten sie zum
Festgelände. Mehr als 500
Flüchtlinge haben teilgenommen. Es gab Musik, es wurde Pizza gebacken, geredet, gelacht,
und die Kinder haben gespielt.
Finanziert wurde das Fest durch
Spenden und Crowdfunding. Die
Freiburger Bäckerei Pfeifle etwa
hat den Pizzateig zur Verfügung
gestellt, das Geschirr steuerten
die Pfadfinder St. Georgen bei. Jeder Helfer wusste eine andere
Stelle, wo man um Hilfe nachfragen konnte.
Die eigentliche Idee des Vereins ist es aber, dass solche Feste
an allen Orten in Deutschland
stattfinden können. Dazu hat
„Zusammen leben“ eine Internetseite als Plattform erstellt
(www.zusammenessen.de). Ein
Interessierter kann dort sein
Festprofil eintragen: was für eine
Veranstaltung er mit Flüchtlingen plant, wie viel Platz er hat,
für welche Sprachen es Übersetzer gibt. Die Seite funktioniert
aber nur in Zusammenspiel mit
Initiativen vor Ort. Vier solche
Ableger gibt es bereits: in Mar-
Willkommensfest für Flüchtlinge in Freiburg im Oktober 2015: Jedes Vereinsmitglied kannte jemanden, der hilft.
burg, Mannheim, Freising und
Leipzig. In Freudenstadt soll eine
entstehen. Flüchtlinge aus der
Erstaufnahmestelle in Freiburg
haben die Idee dorthin mitgenommen.
Für die Internetseite bekam
der Verein einen deutschlandweit ausgeschriebenen Preis von
Google über 10 000 Euro. Damit
hat „Zusammen leben“ die Internetseite gründlich überarbeiten
lassen. Vor kurzem gab es zudem
einen kräftigen Zuschuss der
Deutschen Fernsehlotterie. Der
ermöglicht jetzt eine Festanstellung für mindestens drei Jahre.
Beim Essen ist es nicht geblieben. Es gibt auch gemeinsames
Kochen und gemeinsames Gärtnern. Die jeweilige Aktivität ist
Mittel zum Zweck. Im Vordergrund steht das Kennenlernen.
„Wir haben in Deutschland
schon einige Einwanderungswellen erlebt, und immer wurden Fehler gemacht“, sagt Jan
Kurth, „diesmal soll es anders
werden.“ Der Verein ist mittlerweile auf 24 Mitglieder angewachsen, darunter sind zwei
RIX
Flüchtlinge.
E
in Reisekoffer und ein exotischer Vogel, blaugeringelte
T-Shirts, luftige Sommerkleidchen, blumige Sonnenhüte
und ein Strand mit Muscheln:
Die Schaufenster sehen wieder
einmal so einladend aus, dass
ein elegant gekleidetes Paar den
Laden betritt und bald schon
Feste Kräfte und Springer arbeiten viermal wöchentlich im Waldkircher
Kleiderladen, nehmen Spenden an, sortieren und beraten auf Wunsch.
Jutta Beckmann, Regina Hermle, Hildegard Leister, Sonja Walser und
FOTO: TJA
Gerlinde Sharawi (von links).
fündig wird. „Wir erleben nicht
selten, dass Passanten hereinkommen, weil sie uns für einen
ganz normalen Kleiderladen halten, der ausgewählte SecondHand-Textilien und besondere
Einzelstücke anbietet“, sagt Hildegard Leister und freut sich
über die phantasievolle Dekoration der Kollegin, die das Sommerfenster unlängst gestaltet
hat. „Natürlich müssen wir zahlungskräftige Kunden spätestens an der Theke aufklären,
wenn sie fragen, was die schöne
Bluse kostet“, erklärt die ehrenamtliche Mitarbeiterin des Kleiderladens Waldkirch.
Kleider, Bettwäsche, Handtücher, Schuhe, Accessoires, Regenschirme, Koffer und Taschen
– all das wird seit Mai 2015 im
Erdgeschoss eines in städtischem Besitz befindlichen Hauses in der Waldkircher Innenstadt nämlich gegen eine kleine
Spende abgegeben. Je nach
„Kaufkraft“ und Ermessen. Die
Ware selbst ist ebenfalls gespen-
FAKTEN
Studie zur
Flüchtlingshilfe
Der Zustrom hunderttausender Flüchtlinge im vergangenen Jahr hat zu einem
unvergleichlichen Ausmaß
an bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland
geführt. Neue Formen der
Organisation und Koordination sind entstanden. Die
Bertelsmannstiftung
kommt nun in einer aktuellen Untersuchung zum
Ergebnis, dass sich die meisten neu gegründeten Initiativen im zurückliegenden
Jahr professionalisiert haben, nur wenige klagen über
Überforderung. Die Kommunen wissen das ehrenamtliche Engagement zu
schätzen. Die Initiativen sind
zum Ersatz staatlicher Maßnahmen geworden – zudem
sind sie hochgradig relevant,
um den Geflüchteten ein
soziales Ankommen zu ermöglichen, schreiben die
RIX
Autoren der Studie.
det. Von Bürgern aus Waldkirch
und Umgebung, deren Bereitschaft, wie Initiatorin Jutta Beckmann sagt, von Beginn an überwältigend ist. „Es vergeht nach
wie vor kein Tag, an dem nicht
gespendet wird, und die Menschen reagieren auch sofort auf
besondere Wünsche, etwa Rucksäcke und Reisetaschen in der
Sommerzeit“, berichtet die Waldkircherin. Behältnisse wir diese
bräuchten jetzt auch zunehmend die ersten im Elztal aufgenommenen und nun schon
größtenteils
anerkannten
Flüchtlinge, deren Schicksal die
Idee zum Aufbau des Ladens gab.
„Anstoß war die Flüchtlingswelle im vergangenen Jahr, aber
wir wollen mit unserem Angebot
auch Menschen mit geringem
Einkommen oder mit kleiner
Rente, Arbeitslose und Minijobber erreichen“, erklärt Jutta Beckmann. Das sei von Anfang an gelungen. Der Kleiderladen, dessen
Miete die Stadt trägt, ist auch
nach über einem Jahr eine
Erfolgsgeschichte: Immer noch
sind fast alle der anfangs 25 Ehrenamtlichen im Alter von 40
bis 80 Jahren aktiv. Als mittlerweile gemeinnütziger Verein
kann man nicht nur Spendenquittungen ausstellen, sondern
auch Arbeitsgelegenheiten für
Flüchtlinge anbieten. Ein Nigerianer und ein Syrer sind derzeit
beliebter und fester Teil des gut
gelaunten Teams. „Im Gespräch
mit uns und den Kunden lernen
sie Deutsch, und sie helfen uns
beim Dolmetschen“, erklärt Hildegard Leister und fügt hinzu:
„Wir kommen alle sehr gern hierher und der Laden ist für viele
Menschen zu einem Treffpunkt
geworden. Wenn wir hier zuschließen, gehe ich mit einem
guten Gefühl nach Hause“. TJA
A
ls sich in Bad Säckingen im
Oktober 2014 der Verein
Refugees Integrated gründete, hatten die damaligen Mitglieder noch keine Ahnung, wie
sehr die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge in der Stadt am
Hochrhein im Laufe des kommenden Jahres ansteigen würde.
Dasvorrangige Ziel war zunächst
auch nicht die Betreuung von
Asylsuchenden, vielmehr wollte
man am Diskurs zur Flüchtlings-
FOTO: MARC DORADZILLO/ZVG
thematik teilnehmen. Als dann
die Zahl der Flüchtlinge sprunghaft anstieg, gab die Stadt dem
Verein das Mandat zur Koordination der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung. Wenig später
wurden die ersten Arbeitskreise
gebildet, als Anfang März 2015
die ersten Bewohner eine Containersiedlung im Gewerbegebiet
Trottäcker bezogen, glaubten
sich alle gut vorbereitet.
Dann kam der Praxisschock:
Bei den Asylbewerbern handelte
es sich nicht um traumatisierte
Familien, die dem syrischen Bürgerkrieg entflohen waren, sondern um allein reisende Männer,
größtenteils aus dem Kosovo,
mit wenig Chancen, in Deutschland bleiben zu können. Am Ende heftiger, vereinsinterner Diskussionen stand die Entscheidung für ein pragmatisches Vorgehen. „Wir haben beschlossen,
keinen Unterschied zu machen,
wir haben uns gesagt: Wer hierher kommt, dem helfen wir.
Trotzdem mussten wir viel über
unseren Ansatz, unser Selbstverständnis sprechen“, sagt Frank
van Veen, stellvertretender Bürgermeister und Vorsitzender
von RI. „Unsere Unterstützung
ist ein Angebot, das die Flüchtlinge annehmen können, aber
nicht müssen.“ Knapp zwei Jahre
nach der Vereinsgründung zählt
RI knapp 100 Mitglieder, die sich
in den Gruppen Sprachkurse,
Sport und Freizeit, Begleitung,
einem internationalen Café, Kinder, Transport, Übersetzung , unbegleitete minderjährige Ausländer und Vermittlung von
Wohnung, Arbeit und Praktika
engagieren.
Als die Arbeit von RI im August mit 8 000 Euro von der Landesregierung im Programm „Gemeinsam in Vielfalt“ ausgezeichnet wurde, die lokale Bündnisse
der
Flüchtlingshilfe
unterstützt, war die Freude riesig. Kein Verständnis hat van Veen aber für die Entscheidung des
Gemeinderates, keinen städtischen Integrationsbeauftragten
einzustellen – und das, obwohl
der Bad Säckinger Gemeinderat
im September 2015 mit großer
Mehrheit die Schaffung einer
solchen Stelle unterstützte. „Das
wäre ein wichtiges Zeichen der
Stadt gewesen, unsere Mitglieder stoßen oft an ihre Grenzen“,
sagt van Veen. Die Stelle wäre für
drei Jahre vom Land gefördert
worden. Die Begründung, der
Verwaltung: Die Flüchtlinge
würden durch das Landratsamt
ausreichend versorgt, es bestehe
kein erhöhter IntegrationsbeNIL
darf.
Die schönsten Tagesfahrten
D
Mi. 17. 8.
Do. 18. 8.
Sa. 20. 8.
Sa. 20. 8.
So. 21. 8.
Luino – größter Wochenmarkt Oberitaliens
39,–
Landesgartenschau in Öhringen
einschl. Eintritt 49,–
Große Berner Oberlandfahrt – Grindelwald
28,–
Berner Oberland, Kleine Scheidegg – mit Bergbahn
64,–
Cannobio – Sonntagsmarkt am Lago Maggiore
39,–
Fußballfahrt nach München (inkl. Karte)
Sa. 27. 8. FC Bayern München – SV Werder Bremen
119,–
Badeferien Spanien – Sonne – Strand und Meer
Jede Woche: Costa Brava und Costa Dorada ab HP 363,Herzlich willkommen bei unseren beliebten Reisen
18. 8.–21. 8. Hamburg, das Tor zur Welt – mit Hafenrundfahrt ÜF 398,–
20. 8.–21. 8. Bregenzer Festspiele „Turandot“
HP 313,–
Badeferien in Italien
Jeden Samstag: Badeferien in Igea Marina /Adria ab HP 576,22. 8.–27. 8. Atlantik – Bretagne – Normandie
25. 8.–30. 8. Nordfriesland – Insel Sylt – Hallig Hooge
26. 8.–29. 8. Hansi Hinterseer – Open-Air in Ebbs
Mit Blumenkorso und Achenseeschifffahrt
4. 9.– 8. 9. Auf zu den Ostfriesen – mit Meyerwerft
7. 9.–11. 9. Märkische Heide – Spreewald – Berlin – Potsdam
HP 738,–
HP 692,–
HP 419,–
HP 492,–
HP 512,–
Ferienwochen im Zillertal und am Achensee
ab ÜF 543,–
Jeden Sonntag in schönen Pensionen oder Hotels
12.
14.
15.
17.
17.
17.
9.–15.
9.–18.
9.–18.
9.–18.
9.–18.
9.–27.
9.
9.
9.
9.
9.
9.
19. 9.–23. 9.
19. 9.–25. 9.
19. 9.–25. 9.
20. 9.–25. 9.
22. 9.–25. 9.
26. 9.– 3.10.
29.10.–30.10.
Moseltal – Trier – Luxemburg
HP 447,–
Ferientage in Igea Marina /Adria – mit Ausflügen HP 469,–
Almabtrieb im Zillertal – gr. Volksfest in Fügen HP 376,–
„Rhein in Flammen“ – St. Goar, St. Goarshausen HP 243,–
„Glacier-Express“ im Panoramawagen
HP 397,–
Ferienerlebnis in Zadar im 4-Sterne-Hotel
HP 1247,–
mit Ausflügen und All inklusive
Schlösser der Loire – mit Bootsfahrt auf d. Cher HP 763,–
Insel Rab – mit schönen Ausflügen
HP 629,–
Südpolen, Breslau, Krakau, Riesengebirge
HP 779,–
Südtirol – Dolomiten – Pustertal
HP 694,–
Almabtrieb und Ladinerfest in Südtirol
HP 387,–
Bezaubernde Amalfiküste – mit Capri u. Pompeij HP 689,–
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4 AUS DER REGION
GESICHTER DER WOCHE
YASER ALANSARI UND QUSAY ALKHAFAJI
S
Geflüchtete werden Retter
chwimmen konnten Yaser keiten einzubringen, für den ErAlansari und Qusay Alkha- folg des Projekts. „Ich will arbeifaji schon, als sie als Flücht- ten, Geld verdienen und Steulinge nach Deutschland kamen ern bezahlen“, sagt der aus Bag– damit war die Grundlage für
dad stammende Iraker
eine Ausbildung
Alkhafaji. Außerzum Rettungsdem motiviert ihn
schwimmer gegesein Wunsch, seine
ben. Ab sofort werFrau und den kleiden der 22-jährige
nen Sohn, den er
Syrer und der 27noch nie in den Arjährige Iraker im
men halten konnWaldkircher Freite, nachkommen
bad „’s Bad“ die
zu lassen. „Am
Schwimmmeister
schwersten war die
unterstützen und
Theorie“, sagt Yaser
Yaser Alansari (links)
ein waches Auge
Alansari. Nach
und Qusay Alkhafaji
auf die Badegäste
noch nicht einmal
sind stolz auf die Prühaben. Dass Meneinem Jahr in
schen schwimmen fung zum RettungsDeutschland seien
können, ist in Syri- schwimmer. FOTO: MZD die sprachlichen
en und dem Irak
Hürden hoch. Aber
keineswegs selbstverständlich. auch in der Praxis galt es vieles
Für Alansari war es aber von
zu üben, Streckentauchen und
früh an wichtig, sich über Was- Rückenschwimmen hatten sie
ser halten zu können. Er wuchs in ihrer Heimat nicht gelernt.
in der Mittelmeerstadt Latakia Das Rettungsschwimmerabzeiauf: „Dort war ich am Strand
chen in Silber bestätigt ihnen
Rettungsschwimmer“, erzählt
nun, in Not geratene Schwimer. Seine Idee, dies auch in
mer im Wasser abschleppen zu
Deutschland zu sein, wurde
können. Eingesetzt werden die
durch eine Kooperation der
beiden bis zum Ende der Saison
DLRG von Denzlingen, Waldjeweils 20 Stunden im Bad. Dort
kirch und Kollnau möglich. Die ist man froh, mit ihnen nicht
drei Ortsgruppen der Wassernur das Personal aufstocken zu
rettungsorganisation sorgten
können, geschätzt werden auch
für die Ausbildung der beiden
ihre Sprachkenntnisse. Auf AraGeflüchteten. Dass Qusay Alkbisch können sie nun andere
hafaji schwimmen konnte, als
Flüchtlinge auf die Gefahren
er vor neun Monaten nach
im Wasser aufmerksam maDeutschland kam, verdankt er
chen. Danach soll es mit Praktiseinem älteren Bruder sowie
ka und Deutschkursen weiter
Euphrat und Tigris: „In den bei- gehen: für den Juristen Alkhaden Flüssen sind wir oft baden faji möglicherweise bei der
gegangen.“ Mehr jedoch als die Stadtverwaltung. Alansari, der
Fähigkeit, sich über Wasser zu
Marketing studierte, möchte
halten, sorgte ihr Wille, sich in
Physiotherapeut werden und
MZD
Deutschland mit ihren FähigSchwimmkurse geben.
Der Sonntag · 14. August 2016
Palmen und Fischernetze
Die neu eröffnete STRANDBAR in Bad Säckingen soll alle Generationen ansprechen
Zahlreiche Bad Säckinger
kamen diese Woche neugierig ans Rheinufer unterhalb des Schlosscafés. Ziel
war die neueröffnete
Strandbar von Pavlos Karageorgis.
HANS CHRISTOF WAGNER
Immer wieder war die ursprünglich schon für 2015 angekündigte Eröffnung der neuen Attraktion verschoben worden. Der Gemeinderat hegte Bedenken, das
Genehmigungsverfahren dauerte und auch die Natur wollte lange nicht mitspielen: Der Wasserstand des Rheins war zu hoch.
Aber am vergangenen Montag
war es dann doch so weit – Vater
Rhein und die Behörden spielten
mit. Die Stadt hat Karageorgis
zwei vom Weihnachtsmarkt
stammende Buden und sechs
Palmen überlassen. Außerdem
hat sie für die Stromversorgung
gesorgt. Dafür muss der Betreiber Pacht bezahlen.
Die Gäste können sich wahlweise an kleinen Bambus-Büdchen, Tischen mit Lounge-Sesseln, in Strandkörben und auf
stoffbespannten Liegestühlen
niederlassen und das maritime
Feeling verspüren. Dieses will
Karageorgis auch mit Palmen,
Schiffstauen am Boden, Fischnetzen und einem am Ausgabestand hängenden Rettungsring
herstellen. Delos steht darauf,
ein Geschenk der Firma Ultadrex, wie der Betreiber berichtet.
Selbstbedienung ist angesagt,
Service gibt es keinen, dafür
Pfand auf die Gläser. Auf der Karte dominieren klassische Cock-
Die neue Bar punktet mit ihrer Lage direkt am Rhein.
tails wie Pina Colada, Caipirinha,
Mojito und Tequila Sunrise. Aber
es gibt auch viel Nichtalkoholisches.
–
Weit entfernt von einem
„Ballermann am Rhein“
–
Schließlich soll die neue Strandbar etwas für alle sein – für Singles, Paare, Familien mit Kindern
und Senioren. Nicht auf der Karte stehen die Hot Dogs, doch
auch sie werden serviert, bislang
die einzige Speise im Angebot.
Vom „Ballermann am Rhein“, der
mit der Strandbar kommen
könnte, war im Vorfeld warnend
FOTO: WAGNER
die Rede. Doch davon ist die
neue Sommereinrichtung ganz
weit entfernt. Ganz Säckingenlike, gesittet und ruhig, geht es
am Rheinufer zu. „Machen Sie
doch mal ein Foto von den beiden älteren Damen da, die mit
dem Rollator. Sie würden mir damit einen großen Gefallen tun“,
sagt Karageorgis. Das soll das
Bild von seiner Strandbar sein:
Gastronomie für Jung und Alt.
Zusätzlich hat der Grieche
noch einen Security-Dienst engagiert. „Ich stehe selbst hinter
der Bar, ich kann nicht alles
überblicken. Ich will auf Nummer sicher gehen“, sagt er. In der
ersten Woche, weil alles noch
neu war, hatte die Strandbar täglich ab 17 Uhr geöffnet, doch ab
nächster Woche will Karageorgis
den Betrieb auf die Zeit von Donnerstag bis Sonntag beschränken, dann schon ab 16 Uhr. Von
den Fackeln, die entlang des
Uferwegs und der Mauer stehen,
haben die Besucher aber nicht
allzu viel: Schon um 22 Uhr,
kaum dass es richtig dunkel ist,
schließt die Strandbar bereits
wieder. Die Konzession erlaubt
Karageorgis, die ganze Woche
über zu öffnen. Doch er glaubt
nicht, dass sich das rechnen würde.
Sandra Krause, Loni Gerspach,
Annemarie Schuldis und Gisela
Greiner, die heute die Strandbar
austesten, sind trotzdem begeistert. Die vier Freundinnen kennen Karageorgis schon als Betreiber der Galeria-Cocktailbar
in den Beck-Arkaden und vom
All Inn. Auch das SchlossparkCafé, direkt oberhalb der Strandbar, hat er seit Mitte Mai gepachtet. Das ist auch das logistische
Zentrum für die Strandbar. Dort
lagern Getränke, Buden, Tische
und Stühle. Noch bis Ende August soll der neue Stern am Bad
Säckinger Gastronomie-Himmel leuchten.
Doch nächstes Jahr will Karageorgis die Strandbar nicht nur
früher öffnen, sondern sie auch
attraktiver und größer machen,
womöglich mit dem Auftritt von
DJs und der Freifläche, die dieses
Jahr schon hätte kommen sollen.
Platz dafür wäre in Richtung
Diebsturm. Aber das wird auch
von dem Testlauf 2016 abhängen, den Stadt, Gemeinderat und
Betreiber vereinbart haben.
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AUS DER REGION 5
Der Sonntag · 14. August 2016
Refugium für Seerosen
WIESE, WASSER, EIS AM STIEL (5)
Der Schlüchtsee in Grafenhausen im Hochschwarzwald
Naturnahes Badevergnügen mit ungewöhnlicher
Optik bietet der bei Grafenhausen im Kreis Waldshut
gelegene Schlüchtsee auf
gut 900 Höhenmetern. Es
ist eine romantische Szenerie: Das dunkle, je nach
Lichteinfall schwärzliche
oder bräunliche Wasser, ist
eingefasst von dunklem
Tann und einer geschützten
Ecke mit seltenen Seerosen.
Nähe der Schweiz ist zu spüren.
So trifft man beim Flanieren um
den See auf gut situierte, flirtwillige Seniorinnen oder auf einen
leicht angeschickerten Betriebsausflug einer Zahnarztpraxis
aus Waldshut. Auf der Wiese am
Kiosk haben Familien mit Kindern ihren Spaß.
Für Kinder bietet das Umfeld
des Sees ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm. Das Heimatmuseum Hüsli mit seiner
Schwarzwaldklinik-Nostalgie ist
der Startpunkt für einen Naturerlebnisweg zum See, der mit
großen, fantasievoll geschnitzten Märchenskulpturen dekoriert ist. Die Figuren wurden aus
Bäumen gestaltet, die 1999
durch den Orkan Lothar gefällt
wurden. Auch der Besuch des
Schlüchtseehofs lohnt sich. Hier
werden Pferde gezüchtet und
Kinder können dort reiten.
STEPHAN ELSEMANN
Das Wasser des Schlüchtsees ist
sehr weich, sein Farbe stammt
vom moorigen Grund. Um den
See herrscht ein Kleinklima, das
vom Rhein her kommt. So ist es
am Schlüchtsee immer etwas
wärmer als im nahen Rothaus.
Zudem ist das Wasser nur bis zu
fünf Metern tief. Mit den Sommersonnenstrahlen erwärmt es
sich schneller, als bei dieser Höhe zu vermuten ist. Dies alles erläutert der 90-jährige Erich
Gold. Als ehemaliger Pächter des
Schlüchtseehofs kennt er den
See so gut wie kein Zweiter.
Die Ursprünge des Sees waren
wirtschaftliche. Das Kloster
Sankt Blasien brauchte einen
Eisweiher für seine im 18. Jahrhundert gegründete Brauerei in
Rothaus und so staute man das
Flüsschen Schlücht zum See auf.
Eine Textilienfärberei kam bald
hinzu. Sie bestand bis in die
1920er Jahre. Auf den Wiesen
wurde gebleicht und das Wasser
des Sees zum Färben genutzt.
Der Blick für die Schönheit des
Sees kam erst im 20. Jahrhundert auf und damit auch der Badebetrieb.
Zeuge dieser ersten Badejahre
ist ein kleines hölzernes Badehäuschen für „Mädchen“ und
„Knaben“. Der Naturschutz zog
ein, als um 1920 die schweizerische Adelsfamilie Ernest von
Adelsheim See und Wald erwarb.
„Frau von Ernest hat die Seero-
FAKTEN
Schlüchtsee
Typisch für den Schlüchtsee ist
sein mooriges Wasser. Zum See
führt ein Naturerlebnisweg, der
mit fantasievollen Skulpturen beFOTOS: SEL
stückt ist.
sen geliebt“, erinnert sich Erich
Gold. Als Ritter für die Seerosen
der „gnädigen Frau“ schlug sich
Gold jahrzehntelang und kämpfte mit den Zumutungen der Zeiten – vor allem in den 1970er Jahren war es wohl schlimm: Langhaarige, Bötchenfahrer und
Hundehalter gefährdeten den
Bestand der seltenen Blumen.
Noch immer hört man den
Grimm in seiner Stimme, und
wenn es die Seerosen heute noch
gibt, so ist es wohl zu einem guten Teil Erich Gold zu verdanken.
Der Bereich um die Rosen ist
heute mit Baumstämmen abgeteilt, die sie vor allzu heftiger Zuwendung durch die Badegäste
schützen. An den Wochentagen
sind es ohnehin nicht so viele,
und man kann die perfekte Ruhe
genießen. Nur am Wochenende
herrscht etwas mehr Betrieb. Die
Am Sportplatz, 79865 Grafenhausen im Hochschwarzwald, kein Telefon am Kiosk,
Tourist-Info Grafenhausen,
Telefon 0 76 52/12 06 85 71
Kinderreiten am Schlüchtseehof: 0 77 48/56 75
Badesaison: Mitte Juni – Anfang September
Öffnungszeiten des Kiosks:
11 – 18 Uhr, bei gutem Wetter
Eintritt frei, da keine Badeaufsicht.
Kiosk: Schnitzel mit
Pommes 6 Euro, Currywurst
3,70 Euro, Bier 2,40 Euro
Besonderheiten: Auf über
900 Metern Höhe gelegen,
Naturschutzgebiet mit Seerosen, Umkleiden und sanitären Einrichtungen am
Kiosk, Grillplatz oberhalb
des Sees am Parkplatz. Jugendzeltplatz auf Anmeldung. Kinderreiten am
Schlüchtseehof, Erlebnisweg
SEL
„Schlühüwanapark“.
NACHGEFRAGT
HARALD BURGER, SPINNENRETTER
„So riesig ist sie nicht“
Herr Burger, am frühen Dienstagmorgen
wurden Sie von zwei Ihrer Polizistenkollegen in einen Lörracher Supermarkt
gerufen – und haben dort eine Riesenspinne vor dem sicheren Tod bewahrt.
Womöglich wäre früher oder später
jemand mit einer Klatsche gekommen,
aber es war noch nicht viel Betrieb. Als
ich kam, bewachten zwei Kollegen vom
Streifendienst die Palette, unter der sich
die Spinne verkochen hatte. Wir räumten sie leer, bis wir die
Spinne sehen konnten, und versuchten, sie mit einem Behältnis
einzufangen. Nach ein paar Minuten wollte sie wegrennen.
Das war ihr Fehler.
Wobei es ihr jetzt wohl besser geht als im Markt.
Ich habe sie zu mir nach Hause genommen. Ich habe früher
Großspinnen wie Vogelspinnen gehalten und hatte noch ein
Terrarium, das ich reaktivieren konnte.
Kannten Sie die Art der Riesenkrabbenspinnen?
Mir war klar, dass es eine Jagdspinne ist, Riesenkrabbenspinnen
kannte ich bis dahin nicht. Wobei sie mit ihren zehn Zentimetern
Beinspannweite so riesig nicht ist. Ich verstehe aber, dass manche
Leute da erschrecken, zumal sie sehr schnell ist.
Wie kamen Sie selbst zu Spinnen?
Mich hat ihre Lebensweise interessiert, die Art, wie sie leben
und jagen – und natürlich auch ihre Farbgebung. Ich habe
früher einige gehalten, andere viel mehr. Sobald es etwas gibt
mit einem exotischen Tier, ruft man bei der Polizei mich oder
einen anderen Kollegen an.
Werden Sie oft gerufen?
Vielleicht einmal im Jahr. Wegen einer Spinne aber erst ein
Mal, es gab auch schon eine Bartagame und eine Schlange,
die bei jemandem unter dem Bett auftauchte – was der gar
nicht gut fand. Sie blieb dann zwei Jahre bei mir.
Bei offensichtlich gefährlichen Tieren versuchen
wir natürlich, die zuständigen Stellen
zu informieren und eine artgerechte
Unterbringung des Tieres zu erreichen.
Wie steht es um die Zukunft Ihrer neuen
Mitbewohnerin?
Über einen Bericht der SWR-Landesschau
kam es zum Kontakt zum Naturkundemuseum Karlsruhe, die sind nun
wissenschaftlich an ihr interessiert.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE
RENÉ ZIPPERLEN
In seinem Element
Christian Wunderlin bietet Kurse im STANDUP-PADDLING
Als Schweizer Krankheit ist es
berühmt geworden – das Heimweh. Vor einem Jahr hat es auch
Christian Wunderlin erwischt.
Von den Traum- und Sehnsuchtsorten dieser Welt zog es
den Mann zurück ins Fricktal.
Dort, genauer in Stein, nur wenige hundert Meter von seinem Elternhaus entfernt, hat er sich
selbstständig gemacht, beseelt
davon, den Hochrhein zur Windsurf- und Standup-Paddel-Destination auszubauen.
Mauritius, Kapverden, Fuerteventura, Dominikanische Republik, Ägypten, Teneriffa – Wunderlin hat dort gelebt, wo andere
Ferien machen. Aber er hat dort
auch gearbeitet, hat Urlaubern
das Windsurfen, Standup-Paddeln und Kiten beigebracht – 15
Jahre lang als lizenzierter Trainer.
Seit er wieder in seiner alten
Heimat ist, wollen die Leute immer eines als Erstes von ihm wissen: Warum hast du diese Paradiese nurverlassen? Was hat dich
bewogen, wieder ins schöne,
aber nicht gerade pulsierende
Fricktal zurückzukehren? Um
Antworten ist der 46-Jährige
nicht verlegen: „Die Sicherheit in
der Schweiz und die Möglichkei-
ten, die einem dieses Land bietet,
all das schätze ich sehr“, sagt
Wunderlin.
„Wir haben in der Schweiz
wirklich den Joker gezogen, gerade im Vergleich mit anderen
Ländern, die ich schon gesehen
habe.“ In seinem Heimatland
war die Existenzgründung kein
großer Akt. Schon in Spanien, zu
dem Teneriffa, wo er die letzten
fünf Jahre verbrachte, gehört,
hätte es viel mehr Aufwand mit
sich gebracht, wenn es überhaupt geklappt hätte. Er weiß
von Surfschulen dort zu berichten, die auch noch 30 Jahre nach
Gründung viel Ärger mit der Bürokratie hätten, um die nötigen
Genehmigungen zu ergattern.
–
Standup-Paddelbretter
in der Yoga-Version
–
Und so glamourös, wie die Leute
vielleicht glauben, war sein Leben als Beach-Boy früher auch
nicht. Von wegen Strandpartys
und so. Wunderlin hat all die Jahre ganz gesund gelebt und tut es
auch noch: kein Alkohol, kein Nikotin und außer Kaffee auch
sonst keine Drogen.
So hat er sich sein jugendliches Antlitz bewahrt, so ist er
auch mit 46 noch jung und fit geblieben. Obwohl: Surflehrer zu
sein, sei keine Altersfrage, das
könne man auch noch jenseits
der 50. Und Jobs hätte er weiterhin genügend bekommen.
In seinem Surfshop Stonesurf,
direkt auf der Schweizer Seite
der Holzbrücke gelegen, lehnen
die Standup-Paddelbretter an
der Wand. Es gibt sie in der aufblasbaren Variante. Unaufgepumpt und zusammengerollt
kann man sie samt Pumpe und
Paddel in einen Rucksack stecken und ins Wasser lassen, wo
immer man möchte. Es gibt sie
sogar in der Yoga-Version: breit
genug, um darauf seine Übungen zu absolvieren – auf dem
Wasser ein noch größerer Balance-Akt als an Land.
Wunderlin geht mit seinen
Standup-Paddel-Schülern entweder in Richtung Möhlin oder
Sisseln. Dort, jeweils vor den
Staustufen der Wasserkraftwerke, ist die Strömung nicht so
stark, dort gleicht der Rhein eher
einem See als einem Fluss. So
können die Teilnehmer dort
leichter die Technik erlernen
und kommen im Wasser schneller voran. Wunderlin: „Das ist
einfach zu lernen, einfacher als
Christian Wunderlin will den Surfsport auf dem Rhein fördern.
Windsurfen.“ Aber auch dafür
bietet er Kurse an, auch auf dem
Rhein, auch bei Möhlin. „Ich will
möglichst alles auf dem Rhein
machen“, sagt er. Im August soll
ein neues Angebot hinzukommen: Kite-Surfen. Das soll erst
einmal nur im Trockenen stattfinden, auf einer Wiese beim
Münchwilen. So können die Teilnehmer zunächst den Umgang
mit dem Kite, dem Drachensegel, erlernen.
Aufs Wasser wird es dann aber
auf einem Schweizer See gehen.
Weil die sich besser fürs Surfen
eignen als der Rhein mit seiner
dichten Uferbepflanzung. Wunderlin kann sich auch vorstellen,
Kiten mit Snowboards anzubieten. Dann hätte er auch Einnahmen im Winter. Denn von seinem Wassersport-Angebot allein
kann er nicht oder noch nicht leben. Bademeister in Frei- und
Hallenbädern des Fricktals und
Leiter von Schwimmkursen für
Kinder sind seine weiteren
Standbeine. Aber so ein Surfer
braucht ja auch nicht viel. Für
ihn ist es schon Lohn genug, auf
dem Wasser zu sein und die Ge-
FOTO: HANS CHRISTOF WAGNER
nugtuung zu verspüren, in seinen Kursen und geführten Touren andere auch für das Element
zu begeistern. Das ist seine Vorstellung von Reichtum. Mit
Stonesurf, der Surfstation im
Fricktal (Stone steht für Stein),
will Wunderlin es auf jeden Fall
schaffen.
Denn eines kommt für Christian Wunderlin gar nicht mehr infrage: die Rückkehr in den Bürojob, in die Versicherungsbranche, in der er früher gearbeitet
hat.
HANS CHRISTOF WAGNER
6 AUS DER REGION
Der Sonntag · 14. August 2016
Auf Umwegen ins Dunkel
Gerhard Schneider, Chef des Uni-Rechenzentrums, über Mythen rund um das DARKNET
Der Amokläufer von München hat seine Waffe vielleicht im so genannten
Darknet beschafft, das als
eine Art digitale Unterwelt
diskutiert wird. Zu Recht?
Ein Gespräch mit Gerhard
Schneider, Direktor des Rechenzentrums der Uni Freiburg, über ein kaum bekanntes Stück Internet.
Herr Schneider, das Darknet ist
ein mythenbeladener Ort, an
dem es finster zu sein scheint:
Der „Stern“ zum Beispiel schrieb
zuletzt vom „Parallel-Internet
für Kriminelle“. Trifft das zu?
Ja und nein. Es ist wie im täglichen Leben: Mit einem Messer
können Sie Brot schneiden oder
jemandem die Kehle durchtrennen. Man muss sich also fragen:
Wer nutzt eigentlich dieses Darknet? Und um das zu verstehen,
muss ich zuerst wissen, wie das
Eigentlich ist das Darknet nur eine Technologie – aber eine, die auch Verbrechern gut gefällt.
Internet funktioniert.
Falls sich das kurz erläutern
lässt...
Es funktioniert ähnlich wie das
Telefonnetz. Das transportiert
die Absenderadresse zum Empfänger, der sieht die Nummer
des Anrufers. So geschieht es bei
Internet-Verbindungen
auch:
Wenn Sie bei Amazon etwas bestellen, muss Amazon den Absender kennen, um eine Bestätigung senden zu können. Doch
ich kann es auch als störend
empfinden, dass Amazon meine
elektronische Adresse dann
speichert und mein Einkaufsverhalten aufzeichnet. Ich kann also
fragen: Muss das sein, dass die
meine Adresse kennen?
Und versuchen, diese zu verbergen.
Genau. Und dafür baut man nun
Umsteigebahnhöfe ein. Ich schicke meine Anfrage nicht an
Amazon, sondern an einen Rechner, der schickt sie wieder an einen anderen Rechner. Und so
weiter. Am Ende bekommt Amazon als Absender nur die letzte
Umsteigestation zu sehen. Jeder
Umsteigebahnhof
allerdings
führt eine Tabelle, woher die
Nachricht kam und wohin sie
ging – so kann eine Antwort dennoch wieder zum Absender gelangen.
Und wenn ich jetzt noch ein
Geflecht von Webseiten habe,
die sich nur auf diese Weise besuchen lassen und über Google
und Co. nicht auffindbar sind...
...dann haben Sie das Darknet.
Wer betreibt nun aber dieses
gesamte System?
Es gibt keine Organisation, die
das betreibt, keine Mafia. Es sind
viele Freiwillige. Leute, die die
Welt retten wollen. Firmen, die
ähnliche Gedanken haben. Die
bekannteste Software, die zum
Aufbau und Browsen dieses Netzes notwendig ist, heißt „Tor“
(siehe Infokasten) und ist Open
Source – also für jeden frei verfügbar. Viele Menschen auf der
Welt betreiben einen Tor-Server,
aus den unterschiedlichsten Motivationen heraus. Manche davon allerdings auch mit Finanzierung durch die US-Regierung.
Was ist denn deren Absicht?
Zum Beispiel, Dissidenten in
gewissen Staaten Kommunikationskanäle zu geben. Für solche
Zwecke wird das Darknet nämlich vielfach genutzt: Schauen
Sie in die Türkei: Erdogan-Kritiker wollen momentan sicher
nicht unter ihrem Namen etwas
in einem Blog veröffentlichen,
nicht mal unter falschem Namen, denn die türkischen Sicherheitsbehörden könnten ihre
Identität ermitteln. Also nutzen
sie die Umsteigebahnhöfe. Auch
beim Arabischen Frühling haben solche Netze eine Rolle gespielt. Dass auch ein Edward
Snowden dieses System nutzt,
dürfte dagegen nicht im Sinne
der USA gewesen sein (lacht).
Seite des Darknet beleuchtet.
Was ist mit der kriminellen?
Natürlich gibt es auch Leute, die
etwas zu verbergen haben und
die sagen: In dieses Netz können
andere nicht hineinschauen, also gehen wir dort unseren illegalen Aktivitäten nach. Genau wie
ein Mensch, der in die dunkle
Ecke der Straße geht, um mit Heroin zu handeln.
Okay. Also kann ich im Darknet
ganz einfach Waffen anbieten
oder kaufen?
Sie brauchen einen Provider,
der Ihnen Platz anbietet und Sie
über eine der klassischen
Also geht es im Darknet tatsäch- Darknet-Adressen, die auf .onion
lich primär um politisch motienden, erreichbar macht. Wie
vierten Schutz der Privatsphäre? finden Sie den? Da gibt es natürlich spezielle Suchmaschinen.
Interessanterweise ist Facebook Aber so einfach ist das gar nicht.
einer der großen Player im Dark- Und genauso wenig kann ein 16Jähriger einfach mit zwei Mausklicks eine Waffe dort kaufen.
Aber man braucht bei ersten
Gehversuchen gar nicht lange,
bis man auf irgendwelchen Haschisch-Shops landet.
Gerhard Schneider.
FOTO: SEEGER
net und über eine der typischen,
auf „.onion“ endenden Adressen
erreichbar, damit Menschen einen anonymen Zugang zu Facebook haben. Die Geheimpolizei
des jeweiligen Staates sieht dann
nicht, dass sie dort plaudern.
Ja. Aber bekommen Sie das Zeug
da auch wirklich? Da könnte ja
auch die Polizei auf der anderen
Seite warten. Oder jemand, der
Sie bezahlen lässt, Ihnen dann
aber gar nichts schickt. Da ist alles möglich, wie im richtigen Leben auch. Und das Risiko ist für
alle Beteiligten hoch. Schließlich
können Sie im Betrugsfall nicht
einfach Anzeige erstatten. Und
dann muss ja auch noch der letzte Schritt getan werden.
Der wäre?
Wenn nun unkontrolliert ist, wer
die Umsteigebahnhöfe betreibt,
dann könnte aber doch auch
ebenjene Geheimpolizei einen
betreiben – und mitlesen.
Sie haben trotz allem Ihr Haschisch gefunden und sogar einen vertrauenswürdigen Verkäufer. Was jetzt? Ihre Ware fällt
ja nicht aus dem Rechner heraus.
Genau. Vielleicht betreibt ja
auch die Mafia ein paar Server.
Oder die NSA – ich wette, dass die
da ein paar Umsteigebahnhöfe
anbieten. Wer weiß, wie viele TorServer Putin betreibt? Diese Frage sollte die Dissidenten in China oder die Journalisten in der
Türkei nachdenklich stimmen:
Die Idee funktioniert – ich kann
aber nicht erkennen, ob ein Umsteigebahnhof zu den Guten
oder zu den Bösen gehört.
Genau. Der letzte Schritt findet
im Realen statt und bleibt damit
nie völlig verborgen. Gauner
glauben, dass die Strafverfolger
keine Chance haben, wenn sie in
einem schlecht einsehbaren Bereich des Netzes arbeiten. Aber
das stimmt gar nicht. Es wird für
die Behörden nur mühsamer.
Jetzt haben wir die politische
Sie kommt per Paketdienst?
Was glauben Sie, wohin sich das
Prinzip Darknet weiterentwickelt?
FOTO: DPA
Vergiftete
Bachforellen
Rätselhaftes FISCHSTERBEN in Niedereggenen
Insgesamt sind im Hohlebach in
Schliengen-Niedereggenen am
vergangenen Wochenende mehrere Hundert Fische verendet –
mutmaßlich durch das Einleiten
einer bisher noch unbekannten
Substanz in den Dorfbach.
Als Fischpächter Hermann
Graser am Sonntagmorgen nach
seinen Fischbestand schaute,
traute er seinen Augen kaum:
Dutzende Fische trieben verendet und mit offenem Maul an
der Wasseroberfläche. Eine Anwohnerin hatte ihn kurz zuvor
alarmiert. Schon vor fünf Jahren
war es zu einem ähnlichen Vorfall gekommen: Damals waren
Rückstände eines Schnapsbrennprozesses bei Regen aus
dem abgestellten Anhänger eines Landwirtes geschwemmt
worden und in den Hohlebach
gelangt. Auf einer Länge von 200
Metern verendeten mehrere
Dutzend Fische.
Diesmal ist das Ausmaß größer: Die toten Fische ließen sich
noch bis zum etwa einen Kilometer entfernten Niedereggener
Schützenhaus finden. Etwa 150
Bachforellen und rund 100
Bachschmerlen sammelte Graser ein. Die Polizei geht davon
aus, dass die Verunreinigung ihren Ursprung in der Gegend der
Feuerbach-/Brückenstraße hatte
und durch die Niederschlagsentwässerung in den Hohlebach gelangt ist. Dass die Fische mit offenem Maul gefunden wurden,
lässt vermuten, dass sie an
Sauerstoffmangel starben.
Nun kann Hermann Graser
wieder von vorne anfangen. Er
betreibt die Fischpacht seit zwölf
Jahren als Hobby mit seinem
Sohn und seinem Enkel. Es hatte
Jahre gedauert den Bestand
durch das Besetzen mit Fischeiern wieder zu stabilisieren. Seine
Bachforellen brauchen zum Erreichen der Fanglänge vier bis
fünf Jahre. Nach seinen Angaben
sind unter den toten Fischen etwa 80 Prozent Jungfische. Er
selbst habe alles, was er bisher
gefangen hatte, wieder zurückgesetzt. Gegessen habe er dieses
Jahr noch keinen einzigen Fisch.
In Geld beziffern möchte er den
Schaden nicht. „Das ist eher ein
ideeller Wert“, so Graser. Um die
Ursache des Fischsterbens festzustellen werden einige Tiere
durch ein Institut untersucht.
Die Abteilung „Umwelt/Gewerbe“ des Polizeipräsidiums Freiburg hat Ermittlungen aufgenommen. Die Umweltschutzabteilung des Landratsamts ist inLARS KIRCHBERG
formiert.
Das hängt von der politischen
Entwicklung ab. Wie oft wir damit den Guten helfen und was
die Nebenwirkungen sind. Würden wir die Darknet-Philosophie
verbieten, würden wir einigen
Menschen und auch der Demokratie Schaden zufügen. Und
LESERMEINUNG
dass jemand Umsteigebahnhöfe
baut, lässt sich ohnehin nicht
Die Bewohner in den betroffevermeiden. Man wird sich daran BRENNET-AREAL
nen Wohngebieten werden künfgewöhnen, dass es so etwas gibt.
Zum Artikel „Neues vom Brennettig ins Brennet-Areal zum EinAreal“ in der Ausgabe vom 31. Juli:
kaufen gezwungen, was in der
Das Darknet ist zwar nicht über
Folge zu verdichtetem Verkehr
Google und Co. zu durchsuchen,
führt. Die schon jetzt hoffnungsaber dennoch offen. Nun könnte
Langfristig
nachteilige
los überlastete B 34 ist die einzies ja auch noch kriminelle Netze
ge Verkehrsader, die diesen begeben, die von außen gar nicht
Entscheidung
wusst zusätzlich geschaffenen
zugänglich sind.
Der Beschluss des Gemeindera- Verkehr aufnehmen kann. Während sich die im Areal ansässiNatürlich. Wenn man sich schon tes, den modifizierten Entwurf
gen Eidechsen großer Aufmerküber das Darknet empört, was des Bebauungsplanes zur Neumachen wir dann mit den völlig gestaltung des Brennet-Areals in samkeit der Planer wegen ihrer
Umsiedelung erfreuen dürfen,
unsichtbaren Netzen? Die Mafia eine zweite Offenlage zu schikönnte ihr eigenes Netz betrei- cken, bedarf einiger Anmerkun- verschwendet niemand auch
nur einen Gedanken an die Entben, zu dem niemand von außen gen. Die Anmerkung von Gelastung der angrenzenden BeKontakt hat – vermutlich tut sie meinderätin Ruth Cremer-Ridas schon. Ein geschlossenes cken auf ein „völlig verändertes“ wohner der B 34.
Verkehrskonzept verwischt die
Die B 34 hat trotz aller gegenSystem. Ein echtes Darknet.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE Fakten. Die Einrichtung von
teiligen Beteuerungen der GutJENS KITZLER Überquerungshilfen für Fußachter und des Regierungspräsigänger und Radfahrer über die
diums keine AufnahmekapaziTullastraße kann nicht als Erfolg tät mehr. Der Abfluss des VerFAKTEN
gefeiert werden, da die beiden
kehrs aus der Tullastraße über
Gruppen von Verkehrsteilnehdie Jurastraße in nur noch nördmern in den bisherigen Planun- liche Richtung wird zum DesasDarknet
gen so gut wie keine Rolle spiel- ter werden. Der Verkehr zwiDas Darknet ist ein Geflecht
ten. Wer im Gemeinderat glaubt schen Brennet-Areal und Gewervon Webseiten, auf die man
in Kenntnis des künftig wachbegebiet „Buchbrunnen“ wurde
nur unter Verwendung spesenden Verkehrs auf der B 34
nach dem Motto „Augen zu und
zieller Software kommt, die
ernsthaft daran, eine Überquedurch“ von den Verantwortligleichzeitig die Identität des
rungshilfe zwischen Jura- und
chen ausgeblendet. Radfahrer
Nutzers verschleiert. Die beFricktalstraße für Fußgänger
und Fußgänger gelten dort ofkannteste ist der Browser des
werde ein sicherer Überweg?
fenbar als nicht existent, obTor-Projekts (The Onion
Dies sind allenfalls marginale
gleich an besagter Kreuzung
Router), den man auch im
Änderungen aber keine substan- schon vor Jahren ein Fußgänger
normalen Netz zum anonytiellen Verbesserungen.
tödlich verunglückte.
men Surfen benutzen kann.
Die Konzeption des BrennetWissend um die nicht lösbaDas Darknet ist von Google
Areals setzt darauf, bereits in
ren Verkehrsprobleme haben
und Co. nicht durchsuchbar,
Bad Säckingen ansässige Märkte Bürgermeister und Gemeindeim Internet finden sich alzu zentralisieren. Die Versorrat mehrheitlich eine für die
lerdings Listen mit ersten
gungssituation für die Bevölke- Stadt Bad Säckingen langfristig
Zielen, deren Adressen nach
rung wird damit nicht verbesnachteilige Entscheidung getrofdem Muster
sert, im Gegenteil: Lidl und Aldi fen. Aufgrund der Faktenlage
http://xyzxyzxyz.onion“
siedeln um, Neukauf gibt auf.
wäre es konsequent gewesen, die
aufgebaut sind.
vorliegende Planung abzulehEntdeckungsreisen gestalnen und im Interesse zukünftiten sich zäh: Da das Tor-Netz
ger Generationen ausschließlich
den Verkehr über Zwischenauf eine Wohnbebauung zu setstationen leitet, ist es oft quäzen, auch wenn dies den Gelänlend langsam, viele Links
deeigentümer aktuell nicht inenden im Nichts, weil Server
teressiert. BERNHARD SEIFER,
BAD SÄCKINGEN
gerade abgeschaltet sind
oder nicht mehr existieren.
An fragwürdigen wie klar
> LESERBRIEFE können wir nur
abdrucken, wenn sie mit vollem
unlauteren Angeboten manNamen und mit Wohnort untergelt es im Darknet nicht, bezeichnet sind. Kürzungen behalten
zahlt wird meist in der anDas Brennet-Areal hätte mit Woh- wir uns vor. Sie erreichen uns unter
onym verwendbaren Internungen bebaut werden sollen,
„Leserservice & Kontakt“ auf
net-Währung „Bitcoins“. JKI
meint ein Leser. FOTO: HANS LORITZ www.der-sonntag.de.
MENSCHEN UND MÄRKTE 7
Der Sonntag · 14. August 2016
Aus Murg in die Welt
Die MARYAN BEACHWEAR GROUP wird in diesem Jahr 70, das Erfolgsmodell Bikini feiert ebenfalls diesen Sommer seinen Geburtstag
Der Hochrhein war einst
Standort für viele Textilunternehmen – für Maryan
Beachwear ist er es nach 70
Jahren noch immer. Der
Murger Bademodenhersteller ist somit gleich alt wie
das Erfolgsmodell Bikini.
be es zwar gegeben, die luftigere
Erfindung der Eltern war jedoch
eine Neuheit und wurde unter
anderem auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel gefeiert. Als
die Miederbranche in den
1960ern ins Straucheln geriet,
wandten sich die Döbeles der
Bademode zu, ihre Erfahrung in
Sachen figurformende Unterwäsche erwies sich als großer VorSAVERA KANG
teil.
Sie sind gerade aus Lyon zurückHeute lebt dieses Erbe vor algekommen, von der größten lem in der Marke Charmline weiBranchenmesse, bald geht es ter, der funktionellen Kollektion,
nach London, Inspiratidie sich als Pionierin in Sachen
on sammeln. Maya
Shapewear versteht. Denn die
Mehlhorn kennt die
Maryan Beachwear Group
Metropolen der Welt,
besteht neben der Premihat in Hongkong geummarke Maryan Mehllebt, kennt sich in der
horn aus drei weiteren:
englischen HauptAußer Charmline sind
stadt aus – und
das Watercult für jünkehrte 2007 heim
gere Kundinnen und
nach Murg, um im
Lidea – „Das ist die
FamilienunternehMarke mit Cup-Fomen einzusteigen.
kus“, die Linie für
Anfangs sei es eine
Frauen mit großem
Umstellung geweBusen, erklärt Masen, heute weiß
ryan Mehlhorn. Lisie: Mit etwas Abdea-Körbchen gibt
stand inspiriert
es bis zur Größe
die bunte GroßH, ein Alleinstelstadtwelt umso
lungsmerkmal.
mehr.
Maya Mehlhorn
Maya Mehlbeschreibt
die
horn ist bei
Herausforderung
Maryan Beachdahinter: Die Bawear für Design und
deanzüge und BiEinkauf zuständig,
kinis sollen Halt bieMutter
Maryan
ten und bequem
Mehlhorn – mit der
sein, das erfordert eisie die Geschäftsleiniges an Materialtung bildet – designt
technik – spezielle Einebenfalls und kümmert
lagen, neue Bügelforsich um die Technik. Ihre
men und moderne TextiliEltern, Pia und Paul Döbele,
en. Gleichzeitig darf all das
waren es, die 1946 in
nicht zu sehen sein. In vielen
Murg den ersten schlankTeilen stecken außerdem etmachenden Stoff produliche Stunden Handarbeit:
zierten – „Gummipanzer“ haStickereien,
aufgenähte
Den weißen Bikini habe sie damals auch getragen, sagt Maryan Mehlhorn (kleines Bild links). Heute entwerfen sie und ihre Tochter Maya
Mehlhorn Bademode für Kundinnen auf der ganzen Welt – der Bikini
FOTOS: KANG, ZVG (3)
(links) stammt aus der aktuellen Kollektion.
Perlen und Steinchen – die Details, die von Weitem nicht immer gleich ins Auge springen,
sollen ein Statement sein für die
Handwerkskunst und gegen die
Wegwerfkultur. Nichts für den
schmalen Geldbeutel. In 57 Länder exportieren die Mehlhorns
mittlerweile.
–
Spielplatz Stofflager
–
Dass Maryan Mehlhorn als das
jüngste Kind „und noch dazu als
Mädchen“, wie sie sagt, in die elterlichen Fußstapfen trat, war
1976 ungewöhnlich. Die DiplomIngenieurin für Bekleidungstechnik lernte während des Studiums ihren heutigen Mann,
Thomas Mehlhorn, kennen und
übernahm schließlich zusam-
men mit diesem den Betrieb. So
wuchs Tochter Maya Mehlhorn
ebenfalls in einer Familie auf, in
der das Thema Textil allgegenwärtig war. Als Kind spielte sie
mit der Zwillingsschwester im
Stofflager, nach dem Abitur absolvierte sie Praktika bei großen
Marken in Italien, studierte in
England Fashion Technology, arbeitete in verschiedenen Unternehmen. Als es 2007 dann hieß,
die Eltern könnten Unterstützung im Unternehmen gebrauchen, kehrte Maya Mehlhorn zurück nach Murg, wo 130 der 375
festangestellten Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz haben.
In Laufenburg befindet sich
außerdem das Logistikzentrum
mit den orangefarbenen Streifen, die schon von weither sicht-
„Arge Probleme“
Die Landwirtschaft in der Region stellt sich auf eine miserable GETREIDEERNTE ein
Wie viel werden die Landwirte
der Region in diesem Jahr ernten
können? Diese Frage lässt sich
zum jetzigen Zeitpunkt noch
nicht mit abschließender Sicherheit beantworten. Doch schon
jetzt gibt es Meldungen, die ein
düsteres Bild zeichnen und von
teils miserablen Erträgen in Südbaden sprechen. Andererseits
wird aber beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband
(BLHV) darauf verwiesen, dass
viel vom Standort abhängt – und
manches Glückssache ist.
Padraig Elsner, Pressesprecher
des BLHV, fasst die Situation so
zusammen: „Die Ernte war in
diesem Jahr sehr durchwachsen,
richtig gut gelaufen ist es nirgendwo.“ Bei allen Getreidearten
habe es „arge Probleme“ gegeben. Der Grund ist ebenso simpel wie einschneidend: Die Witterung im Frühjahr war kalt und
sehr feucht. Dadurch, so Elsner,
sei das Wachstum zunächst stagniert. Und die Nässe sorgte dafür, dass sich vor allem Pilze im
Getreide ausbreiten konnten.
–
In der Ortenau Ausfälle
von bis zu 60 Prozent
–
In der Region gebe es insgesamt
„deutlich unterdurchschnittliche Erntemengen“, in Richtung
Ortenau seien auch Ausfälle von
bis zu 60 Prozent verzeichnet
worden. In der näheren Umgebung von Freiburg gab es laut
Padraig Elsner beim derzeitigen
Stand Einbußen von bis zu einem Drittel, die unter anderem
bar sind. Derzeit wird es auf die
doppelte Fläche vergrößert, das
Geschäft läuft – im Londoner Luxuskaufhaus Harrod’s gibt es die
exklusive und limitierte Kollektion „Maryan Mehlhorn for Harrod’s“, die eigene Ladenkette „Body and Beach“ hat gerade die
vierzehnte Filiale eröffnet.
Ein Faktor, warum sich das Unternehmen halten konnte, während andere den Hochrhein verließen oder ganz vom Markt verschwanden, sei sicher die frühzeitige
Verlagerung
der
Produktion ins Ausland – unter
anderem nach China – gewesen,
meint Maya Mehlhorn, die vom
Standort überzeugt ist: „Wir sind
in der Mitte Europas, haben mit
dem TGV eine schnelle Anbindung nach Paris, sind schnell in
Mailand und haben die Flughäfen Basel und Zürich in der Nähe.“ Diese Faktoren sind entscheidend für ein Unternehmen,
das rund 70 Prozent seiner Ware
exportiert. Doch: „Ursprünglich
war es das weiche Wasser“, erzählt die Mutter über den Standortvorteil am Hochrhein. Deswegen siedelte sich ab 1830 vor allem die Seidenbandproduktion
aus der Schweiz diesseits des
Flusses an. Auch die Vorfahren
der Familie Döbele kamen damals aus der Schweiz.
Dass im Jahr der Gründung
der elterlichen Firma auch der
Bikini erfunden wurde, der sie
seither begleitet, ist ein schöner
Zufall. „Das ist die sinnlichste Kleidung, die in
der Öffentlichkeit getragen wird“, sagt Maryan Mehlhorn über
den
erfolgreichen
Zweiteiler. Keine Stäbchen um die Taille, keine Ösen am Rücken –
das neue Körperbewusstsein und die Möglichkeit,
mit den flexibleren Strandklamotten Sport zu treiben, haben
Freiheit gebracht. Sie zeigt Fotos
aus vergangenen Jahrzehnten.
Zeitlos elegant die Modelle, doch
Frisuren und Accessoires verraten sofort, dass sie einer anderen
Dekade entstammen.
„Wir müssen unsere Marken
jedes Jahr neu erfinden“, sagt Maryan Mehlhorn denn auch – die
Kollektion für 2017 haben sie gerade vorgestellt, Häkelkanten
und Vintage-Blumen sollen an
Stränden und Swimmingpools
dominieren. In Gedanken sind
die beiden Frauen aber bereits
weiter in der Zukunft. Welches
Material überrascht 2018, welche
Muster werden Mode? Die Mehlhorns haben es schon vor Augen.
Sonnensteuer wirkt
anders als geplant
Abgabe auf EIGENVERBRAUCH bringt kaum Geld
Noch ist die Getreideernte in Südbaden nicht abgeschlossen, die bisherigen Berichte lassen aber nichts Gutes
FOTO: DPA
erwarten.
auf die große Sporenbelastung
zurückzuführen seien. Und die
Berichte, die von Landwirten an
den BLHV gehen, würden „immer enttäuschender“. Auch die
Qualität des Getreides fällt unterschiedlich aus.
Immerhin: Schäden ließen
sich durch Reinigungsmaßnahmen jetzt ausnahmslos wieder
gut bearbeiten. Außerdem gebe
es extreme Standortunterschiede: Wer Glück mit dem Wetter
hatte und zugleich konsequent
Pflanzenschutzmittel eingesetzt
hat, konnte in der Regel bessere
Erträge erzielen. Wenn etwa auf
einem Feld aufgrund seiner Lage
nach einem Regenschauer das
Wasser schneller abläuft oder
dank der Sonneneinstrahlung
der Boden schneller wieder
trocknet, stehen die Chancen
gut, dass gravierende Schäden
ausbleiben. Ist dagegen die
Ackerfläche nach Starkregen
derart matschig, dass sie mit
landwirtschaftlichen Maschinen
gar nicht mehr befahren werden
kann, wird es schwierig – denn
dann gibt es nicht die Möglichkeit, gegen Schädlinge mit Pflanzenschutzmitteln vorzugehen.
Insgesamt ist man mit der Getreideernte in der Region in diesem Jahr später dran, Folge des
verzögerten Wachstums im kühlen Frühjahr. „Noch sind die Bauern am Dreschen“, sagt Elsner,
das alljährliche Erntegespräch
des BLHV, bei dem Bilanz gezogen wird, findet dieses Jahr etwas
später als sonst, voraussichtlich
Ende des Monats, statt. Aus der
Rheinebene, wo das Korn bereits
eingebracht worden ist, werden
vom einen Landwirt gesteigerte
Erträge, vom anderen massive
Ausfälle gemeldet.
Ein Blick auf den Weinbau, der
ebenso mit den Folgen der diesjährigen Witterung und vor allem mit dem Falschen Mehltau
zu kämpfen hat (Der Sonntag berichtete), zeigt: Während der eine mit einem blauen Auge davon kommt und trotz widriger
Witterung ordentlich wirtschaften kann, zieht der andere den
Kürzeren. Offenbar gerät die
Ernte im Jahr 2016 auf allen Feldern auch zu einem kleinen LotBETTINA GRÖBER
teriespiel.
Die EEG-Umlage auf Eigenstrom
– umgangssprachlich Sonnensteuer genannt – bremst die Bürgerenergiewende. Das musste
auf Anfrage der Freiburger Grünen-Abgeordneten Kerstin Andreae auch der Staatssekretär im
Bundeswirtschaftsministerium,
Rainer Baake, einräumen. Offiziell wurde die Abgabe auf selbstverbrauchten Ökostrom im Jahr
2014 eingeführt, um zusätzliches Geld in die EEG-Kasse zu
bringen und dadurch dem Anstieg der allgemeinen EEG-Umlage entgegenzuwirken. Doch
nun muss die Bundesregierung
bekennen, dass die Zahlungen
der Selbsterzeuger die Umlage
nur marginal entlasten. Laut einer Prognose der Übertragungsnetzbetreiber sei 2016 mit zwölf
Millionen Euro an Einnahmen
zu rechnen. Bei 22 Milliarden Euro, die 2015 an EEG-Umlage erhoben wurden, fällt die Sonnensteuer also kaum ins Gewicht.
Entsprechend senke diese Zusatzeinnahme, gibt Baake zu, die
allgemeine EEG-Umlage nur „geringfügig
in
der
dritten
Nachkommastelle“.
Doch die Belastung des Eigenstroms hat noch einen Effekt:
Seit das neue Gesetz gilt, wechselten „weniger umlagepflichtige Fremdbezieher zu Eigenversorgungsmodellen“, so das Ministerium. Aufgrund der Abgabe
werden weniger Bürgerprojekte
realisiert. Und dieser Effekt,
räumt Baake ein, wirke auf die
Höhe der EEG-Umlage „deutlich
stärker“ als die Zusatzeinnahmen. Das Schreiben erweckt dabei nicht den Eindruck, als sehe
das Wirtschaftsministerium dieses Ausbremsen der Energiewende negativ. Und es wirkt
auch nicht, als sei diese Entwicklung ungewollt. Andreae sieht
sich darin bestätigt, dass es stets
„der wahre Grund der Eigenverbrauchsumlage“ gewesen sei,
„Eigenversorgermodelle gezielt
zu belasten, um sie unattraktiver
werden zu lassen“. Ihr Fazit: „Anstatt die dezentrale Bürgerenergie voranzutreiben, setzt die
große Koalition auf die großen
Energieversorger und fährt die
Energiewende willentlich an die
Wand.“ Vor dem Hintergrund
milliardenschwerer Industrieprivilegien sei der Beitrag der Eigenverbrauchsumlage in Höhe
von zwölf Millionen Euro „lächerlich“.
Berechnungen des Forums
Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft ergaben, dass alleine die
Stahlindustrie durch Ausnahmen von der Umlage pro Jahr
um 717 bis 805 Millionen Euro
entlastet wird. Gäbe es die Industrieprivilegien nicht, ergäbe
sich rechnerisch für 2016 eine
EEG-Umlage von 5,16 Cent pro
Kilowattstunde, rechnet Baake
vor. Tatsächlich liegt die Umlage
aktuell bei 6,354 Cent. Sie wird
nach Berechnungen der „Agora
Energiewende“ 2017 auf 7,1 bis 7,3
BJA
Cent pro kWh steigen.
8 NACHRICHTEN
Der Sonntag · 14. August 2016
Frauen werfen Schleier weg
KURZ GEFASST
SCHWEIZ
Messerangriff in Regionalbahn
Bei einem Angriff auf Passagiere in einem Zug im Schweizer
Kanton St. Gallen sind sieben Menschen schwer verletzt worden,
darunter ein sechsjähriges Kind. Das meldete Schweizer TVSender SRF gestern Abend. Ein 27-jähriger Schweizer ging mit
einem Messer auf die Passagiere los und setzte eine brennbare
DS
Flüssigkeit in Brand. Der Täter sei verhaftet worden.
...eine Frage der Zeit
Notfälle kommen
aus heiterem Himmel.
Rettung auch.
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IS lässt hunderte Geiseln in Manbidsch frei – Steinmeier für LUFTBRÜCKE nach Aleppo
Beirut (AFP). Nach der Entführung von etwa 2 000
Zivilisten im nordsyrischen
Manbidsch hat die Dschihadistenmiliz Islamischer
Staat (IS) hunderte Geiseln
freigelassen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier
(SPD) schlug eine Luftbrücke für die Menschen im
belagerten Aleppo vor.
Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte gestern erklärte, wurde der IS vollständig aus Manbidsch vertrieben. Nach wochenlangen erbitterten Kämpfen hatten die
Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), ein kurdisch-arabisches Bündnis, Manbidsch Anfang August erobert
und die meisten Dschihadisten
aus der Stadt vertrieben. Einige
wenige Kämpfer leisteten jedoch Widerstand – sie nahmen
am Freitag bei ihrem Rückzug
aus Manbidsch in Richtung
Dscharablus nach Angaben von
Rebellen und Aktivisten 2 000
Zivilisten als Geiseln.
Viele der Zivilisten seien von
den IS-Kämpfern als menschliche Schutzschilde missbraucht
worden, um etwa Angriffen zu
entgehen, erklärte der Leiter der
Beobachtungsstelle, Rami Abdel
Rahman. Andere seien aber auch
„freiwillig aus Angst vor Repressalien“ seitens der SDF-Allianz
mitgegangen. Mehrere hundert
seien „nun wieder in Freiheit“, erklärte die Organisation. Aus dem
Ein Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte zeigt Zivilisten in
FOTO: AFP
Manbidsch den Weg.
Umfeld der arabisch-kurdischen
Allianz hieß es, einige Zivilisten
hätten fliehen können, andere
seien freigelassen worden.
Ob alle 2 000 Zivilisten wieder
frei waren, blieb am Samstag unklar. Die Angaben der Beobachtungsstelle sind schwer überprüfbar. Manbidsch selbst wurde von der Beobachtungsstelle
sowie der SDF-Allianz für befreit
erklärt. „Es gibt keinen IS-Kämpfer mehr“, hieß es von Seiten der
SDF. Auch die Beobachtungsstelle erklärte, in Manbidsch seien
„weder Dschihadisten noch Partisanen der Gruppe“.
Der im irakischen Erbil stationierte Sender Kurdistan24 zeigte
Bilder von jubelnden Zivilisten
in Manbidsch. Frauen im Nikab
umarmten kurdische Kämpfer,
andere warfen ihre Schleier weg
und trugen lächelnd ihre Babys
im Arm. Vor der Kamera verbrannte eine Frau ein langes
schwarzes Kleid, das ihr von den
Dschihadisten aufgezwungen
worden war, einige Männer
schnitten sich mit Scheren den
langen Bart ab, den sie unter
dem IS tragen mussten.
Ein kurdischer Kämpfer sagte,
der Kampf um Manbidsch sei
„sehr hart“ gewesen und der IS
habe die Stadt vermint. Ein SDFKämpfer habe am Freitag ein
Haus betreten und einen Schuh
auf einem Koran entdeckt – was
im Islam als Beleidigung gilt.
„Als er ihn heruntergenommen
hat, gab es eine Explosion und er
wurde getötet.“
Der Kampf um Syrien konzentriert sich auch auf die Metropole Aleppo, die zwischen Regierungstruppen und Aufständischen geteilt ist. Steinmeier
sprach sich in der Welt am Sonntag für eine Luftbrücke zugunsten der dort Not leidenden Menschen aus. Die Bundesregierung
sei mit der Uno, den USA und mit
Russland darüber im Gespräch,
wie die so dringlich gebotene
humanitäre Hilfe nach Aleppo
geliefert werden könne, sagte er.
Sollten beide Teile Aleppos auf
dem Landweg weiterhin nur unzureichend versorgt werden
können, „sollten wir auch die
Möglichkeit von Hilfe aus der
Luft prüfen, vor allem bei medizinischen Gütern“, sagte Steinmeier. Eine Luftbrücke ist allerdings teuer und gefährlich, weshalb diese Möglichkeit bisher
kontrovers diskutiert wurde.
Bundesentwicklungsminister
Gerd Müller (CSU) forderte ein
EU-Nothilfeprogramm für syrische Flüchtlinge. „Europa lädt
große Schuld auf sich, wenn
nicht geschlossen geholfen
wird“, sagte er dem Focus. „Mit einem EU-Notprogramm von
zehn Milliarden Euro können
und müssen wir die Lage der
Flüchtlinge in und um Syrien
stabilisieren.“ Insbesondere der
Libanon, Jordanien und der
Nordirak müssten unterstützt
werden.
Sorge um denTourismus
Nach Anschlägen in THAILAND sucht die Polizei weiter nach den Verantwortlichen
HUA HIN (AFP). Nach der Anschlagsserie in Thailand diese
Woche haben die Ermittler zunächst keinen Schuldigen gefasst.
Verteidigungsminister
Prawit Wongsuwan sagte, dass
noch am Samstag ein Haftbefehl
ausgestellt werden solle, teilte
aber keine Einzelheiten mit.
Obwohl sich keiner zu den Taten mit vier Toten und mehr als
30 Verletzten bekannte, schloss
die Polizei international agierende Terroristen sowie die muslimischen Aufständischen im Süden Thailands als Täter aus. Sie
stufte die Taten als „lokale Sabotage“ ein.
Am Donnerstag und Freitag
waren innerhalb weniger Stunden insgesamt elf Sprengsätze
im Badeort Hua Hin, auf der Insel Phuket sowie im äußersten
Süden Thailands explodiert. Vier
Thailänder wurden getötet und
mehr als 30 Menschen verletzt.
Die Zahl der verletzten Deutschen erhöhte sich von drei auf
vier, so das Auswärtige Amt.
Hua Hin liegt rund 200 Kilometer südlich der thailändischen Hauptstadt Bangkok und
ist ein beliebtes Reiseziel bei inund ausländischen Touristen.
Der am schwersten von den Anschlägen getroffene Badeort
fürchtet ein Ausbleiben der Gäste. Der Tourismus ist ein wichtiger Faktor im thailändischen
Wirtschaftsleben, er macht mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Für dieses
Jahr wird mit 32 Millionen Besuchern gerechnet. Tourismusministerin Kobkarn Wattanavrangkul gab sich gestern zuversichtlich: „Das Vertrauen in den Tourismus wird zurückkehren.“
DA S W E T TE R
28°
14° Lahr
Hilfe für Kinder in Not
Ettenheim
28°
6°
28°
12°
Polizeinotruf:
110
Feuerwehr/Rettungsdienst:
112
Krankentransporte:
DRK 07761/1 92 22
Ärztlicher Bereitschaftsdienst:
116 117
Apotheken-Notdienst-Infotelefon:
Festnetz: 0800/0022833 (kostenfrei);
Mobilfunk: 22833 (max. 0,69 €/Minute);
Im Internet: mehr.bz/apotheken
Frauenhaus:
0 77 51/35 53
Giftnotruf:
0761/19240
Notfallpraxis Bad Säckingen:
9 bis 13 und 15 bis 19 Uhr
0 7761/9 33 72 22
Notfalldienst Wehr:
11 bis 12 und 18 bis 18.30 Uhr
Tel. 0 18 05/19 29 24 30
Telefonseelsorge:
08 00/1 11 01 11
Rhe
in
NOTDIENSTE
isam
Breisach a. Rh.
Dre
Emmendingen
Elzach
Elz
Waldkirch
Freiburg
Titisee
Lörrach
Bad Säckingen
morgen
28°
2
Neustadt
FELDBERG
1493 m
18°
Schluchsee
14°
Bonndorf
25°
St. Blasien
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28° Schopfheim
WaldshutWeil a. Rh. 16°
Tiengen
Rheinfelden
Heute in Deutschland freundliches Wetter. Im
Süden sommerlich warm mit viel Sonne. Im
Norden kühler und rund um die Nordsee stellenweise Schauer. Höchstwerte: 19 bis 28 Grad.
heute
28°
Müllheim
Basel
DEUTSCHLANDWETTER
Ein Hochdruckgebiet bringt in Südbaden heute
sonniges und warmes Sommerwetter. Die Luft
erwärmt sich am Vormittag rasch und es bilden
sich lockere Quellwolken, die harmlos bleiben.
Im Schwarzwald werden die Wolken am Nachmittag zeitweise dicker und gegen Abend können örtliche Schauer nicht ganz ausgeschlossen
werden. Die Höchstwerte liegen bei schwachem
Nordwestwind um 28 Grad. In den kommenden
Tagen bleibt das Wetter durchwegs sommerlich.
25°
12°
28°
12°
Bad Krozingen
Furtwangen
REGIONALWETTER
28°
15°
0 l/m²
Niederschlag
übermorgen
28°
2
2
0 l/m²
g
Niederschlag
0 l/m²
Niederschlag
30°
25°
20°
Kiel
21°
12°
Bremen
Hannover
Dresden
Nürnberg
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Windstärken in den Kreisen in Beaufort
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17:49/02:21Uhr
Auf- und Untergangszeiten gelten für Freiburg
Saarbrücken
Stuttgart
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Freiburg
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Essen
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Frankfurt
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1
Rostock
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23°
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Der Sonntag
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Mut statt Mainstream
Das Jazzfestival Météo in Mulhouse
steht für mutige Musik jenseits des
Mainstreams. Ein Schwerpunkt sind
diesmal Begegnungen der Avantgarde mitvon ihr Inspirierten. SEITE 11
14.August2016
Goldener Coup im Ring
STANDPUNKT
Was für ein Krimi. Mit dem
letzten Versuch schafft
Christoph Harting, was vier
Jahre zuvor seinem Bruder
Robert gelang: einen Olympiasieg im Diskuswurf.
Bronze holt der Wattenscheider Daniel Jasinski.
Dagegen musste sich der
Deutschland-Achter hinter
England mit der Silbermedaille begnügen.
U
Sorgte im Ring für eine faustdicke Überraschung: Christoph Harting holte die Goldmedaille.
Meter hatte der WM-Achte
Christoph Harting die Hoffnung
auf eine Medaille genährt.
„Wir haben noch einen Harting
im Finale und der kann eine Medaille holen“, hatte Robert Harting nach dem Aus prophezeit.
Er verfolgte mit seiner Freundin
Julia Fischer, die ebenfalls noch
um eine Diskus-Medaille kämpfen wird, das Geschehen von der
Tribüne.
Christoph Harting feierte in
diesem Jahr seinen Aufstieg in
die Weltelite. Bei einem Meeting
in Dessau schaffte er mit 68,06
Metern den bis Rio weitesten
Wurf seiner Karriere, der ihn zugleich auf Augenhöhe mit seinem Bruder brachte. Allerdings
konnte der berühmtere Robert,
dessen Saison durch Verletzungen nicht optimal lief, bei der
deutschen Meisterschaft im Fa-
milien-Wettstreit mit dem Titelgewinn den aufstrebenden Bruder in die Schranken verweisen.
„Nur der Sport kann solche fantastischen Geschichten schreiben, die kein Drehbuch sich ausdenken kann“, meinte Kurschilgen.
–
Ruder-Achter von
den Briten geschlagen
–
Der Deutschland-Achter hat bei
der olympischen Regatta in Rio
das Gold-Duell mit dem Erzrivalen Großbritannien verloren.
Das Paradeboot des Deutschen
Ruderverbands (DRV) musste
sich auf der Lagoa Rodrigo de
Freitas mit Silber begnügen und
wie schon bei den Weltmeisterschaften 2013, 2014 und 2015 den
Briten den Sieg überlassen.
Bronze ging an die Niederländer.
FOTO:. AFP
Vor vier Jahren in London hatten
die Deutschen noch Gold gewonnen.
Niedergeschlagen stiegen Maximilian Munski, Malte Jakschik,
Andreas Kuffner, Eric Johannesen, Maximilian Reinelt, Felix
Drahotta, Richard Schmidt,
Schlagmann Hannes Ocik und
Steuermann Martin Sauer aus
dem Boot. Auch ihr bekannter
Schlussspurt hatte gegen die dominierenden Briten diesmal
nichts mehr gebracht. Die Weltmeister hatten von Beginn an
das Rennen kontrolliert und
setzten sich schon nach 500 Metern entscheidend ab.
Und noch eine Goldmedaille
gab es gestern am frühen Abend
für Deutschland: Christian Reitz
aus Regensburg wurde Olympiasieger mit der SchnellfeuerpistoDPA
le.
Nach Gold nun Bronze
RADSPRINTERINNEN
Miriam Welte und Kristina Vogel wieder im Glück
Wie ein unzertrennliches Paar
hüpften Kristina Vogel und Miriam Welte durch den Innenraum
des Velodromes von Rio de Janeiro. Die Bronzemedaille im olympischen Teamsprint bescherte
den „Golden Girls“ von London
ein zweites Mal derartige Glücksmomente, dass sogar BahnradBundestrainer Detlef Uibel
schnell seine Kamera hervorkramte. Schließlich ist unklar,
wie oft es noch Schnappschüsse
vom schnellsten deutschen
Frauen-Zimmer geben wird.
Denn die 29-jährige Welte
plant im Gegensatz zu ihrer vier
Jahre jüngeren Kollegin nicht
mehr bis zu den Olympischen
Spielen in Tokio. Auf kurz oder
lang muss sich Vogel eine neue
Partnerin suchen. „Miriam hört
noch nicht auf. Sie fährt noch ein
bisschen weiter, aber darüber reden wir später“, sagte die Ausnahmeathletin, die zukünftig
auch mit Junioren-Weltmeisterin Pauline Grabosch ein Gespann bilden könnte.
In Rio wurde diese Personalie
noch nicht thematisiert, dafür
ließ allein das dichte Programm
keine Zeit. Schließlich stand am
Samstagmorgen bereits der Keirin-Wettbewerb an – mit Vogel
als Weltmeisterin. Für diese Herausforderung bescherte die
Bronzemedaille kräftigen Rückenwind. „Das ist eine riesige
Erleichterung. Wir haben letztes
Jahr gesehen, wo wir uns einordnen können. Wir haben uns un-
07761/9219-0
DIE DEUTSCHEN IN DER ERSTEN OLYMPIAWOCHE
Christoph Harting gewinnt das DISKUSWERFEN – Gold auch für Reitz, Silber für Achter
Christoph Harting hat im olympischen Diskus-Krimi von Rio
des Janeiro für eine Sensation gesorgt. Mit 68,37 Metern im letzten Wurf gelang dem Berliner
am Samstag der goldene Coup.
Damit trat der 26-Jährige aus
dem Schatten seines großen
Bruders Robert. „Der Patriarch
kann nicht antreten, die Geschichte nimmt ihren Lauf und
die Kronprinzen rücken eindrucksvoll nach“, sagte Thomas
Kurschilgen, Sportchef des Deutschen Leichtathletik-Verbandes
(DLV), zum Doppelerfolg und
den ersten beiden Medaillen für
den DLV.
Eine weitere Überraschung gelang nämlich dem Wattenscheider Daniel Jasinski, der mit 67,05
Metern die Bronzemedaille gewann. Der polnische Welt- und
Europameister Piotr Malachowski wurde wie schon 2008 in Peking mit 67,55 Metern OlympiaZweiter.
Der 26-jährige Christoph Harting hatte im zweiten Versuch
mit 66,34 Metern gleich klar gemacht, dass er im Finale ohne
seinen Bruder Großes vorhat.
Vor seinem letzten Wurf lag er
dann aber nur auf dem vierten
Rang, bis er mit der persönlichen
Bestweitevon 68,37 Metern noch
den großen Wurf machte.
Einen Tag nachdem Robert
Harting, Diskus-Olympiasieger
von 2012 in London, gehandicapt durch einen Hexenschuss
die Qualifikation nicht überstanden hatte, feierte sein sechs
Jahre jüngerer Bruder den größten Erfolg seiner Karriere. Bereits
mit dem ersten Wurf über 66,34
Weitere INFORMATIONEN unter Tel.
seren Traum erfüllt“, sagte Vogel.
Der dritte Platz war für das Duo
das Optimum, ein erneuter
Coup wie in London außer Reichweite. Dafür waren die chinesischen
Weltrekordhalterinnen
Jinjie Gong und Tianshi Zhong,
aber auch die Russinnen zu
stark. „ Wir müssen einfach daran arbeiten, dass wir uns auch
steigern“, sagte Welte.
Schon in London waren sie gegen China und auch Großbritannien chancenlos gewesen, damals halfen aber Wechselfehler
der Konkurrenz zum unverhofften Gold. Glück hatten sie aber
trotzdem, gerade einmal 22 Tausendstelsekunden betrug der
Vorsprung im kleinen Finale auf Kristina Vogel (links) und Miriam
DPA Welte auf Bronzekurs. FOTO: DPA
Australien.
Auch ein sechster Platz
kann ein Erfolg sein
nd wenn
schon zu denen, die
Deutschland
auch hinter den eiglaubt, jetzt
genen Erwartungen
geht nichts mehr,
geblieben sind. Wokommt von irgendbei manche
wo ein (VielseitigSchwimm-Zeiten
keits-) Reiter her:
anderer Nationen
Dienstag war es, die
wiederum die Frage
OTTO
Spiele seit vier Taaufwarfen, wie ihre
SCHNEKENBURGER Leistungsschübe zu
gen am Laufen, als
die Reiter als Team
erklären sind. Wie
mit einer Silbermedaille den
schon bei den letzten Spielen
Olympia-Bann brachen und
gibt es einige Sportarten, die
Michael Jung mit seiner Gold- mit ihrer Wettbewerbsvielzahl
medaille noch eins draufsetz- nach der ersten Wettkampfte. Seither ist viel passiert, am woche den Deutschen dabei
gestrigen späten Nachmittag
helfen, zu kaschieren, dass es
standen die deutschen Sportin vielen anderen Bereichen
ler mit acht Gold-, vier Silberfür ganz vorne einfach nicht
und drei Bronzemedaillen auf reicht. Das erwähnte Reiten
einem schwer steigerbaren
zählt dazu, ebenso das Rudern,
vierten Platz im sogenannten 2016 auch das Schießen. Das
Medaillenspiegel. Und befanFechten nun nicht mehr. Im
den sich also im Plan?
Sinne Hörmanns gab es aber
Nun, wer die Worte von Alfons auch abseits vom in die Gänge
Hörmann, Präsident des Deut- gekommenen Medaillensegen
schen Olympischen Sportbun- schlicht gute Leistungen, etwa
des, im Ohr hat, sollte dem
beim sechsten Platz der TurMedaillenzählen ohnehin
nerinnen im Teamwettbewerb.
nicht oberste Priorität erteilen. Auch war mitunter Pech im
In Anbetracht der Doping-Dis- Spiel, etwa beim auf Platz vier
kussion hatte Hörmann gegelandeten Turmsprung-Duo
fordert, andere Werte für das
Hausding/Klein oder im 10Olympia-Team in den Vorder- Meter-Luftgewehrschießen
grund zu stellen, den Fokus
der Frauen, als Barbara Engweniger aufs Metall, sondern
leder die Bronzemedaille nur
wieder mehr auf Charakter,
um 0,6 Millimeter verpasste.
Herzblut und Leidenschaft
Und in der kommenden Wobeim Wettkampf zu legen. In
che lassen die Ergebnisse in
dieser Logik sind die Schwim- den Teamsportarten aus den
mer dann aber auch nicht abersten Tagen abseits der die
gesoffen, wie das zu lesen war. Spiele nun prägenden LeichtMit den Fechtern, die das
athletik mit diversen deutschlechteste Resultat seit 36
schen Hoffnungsträgern noch
Jahren ablieferten, zählen sie
einige schöne Medaillen eraber auch angesichts der wehoffen. Für die Handballer
nigen Schwimmer, die überetwa oder für die Fußball- und
haupt das Finale erreichten,
Hockeyteams.
KURZ GEFASST
HANDBALL
DHB-Auswahl vorzeitig imViertelfinale
Die deutschen Handballer haben bei den Olympischen Spielen
in Rio de Janeiro vorzeitig das Viertelfinale erreicht. Der Europameister gewann am Samstag sein viertes Vorrundenspiel
gegen Slowenien mit 28:25 (11:12). Mit sechs Punkten aus drei
Siegen und einer Niederlage ist die Auswahl des Deutschen
Handballbundes vor dem abschließenden Spiel gegen Ägypten
am Montag nicht mehr von einem der ersten vier Plätze in
der Gruppe zu verdrängen. Vor rund 5000 Zuschauern in der
Future Arena waren Kapitän Uwe Gensheimer (6 Tore), Paul
Drux (5) und Tobias Reichmann (5) die besten Werfer der
deutschen Mannschaft.
HAMMERWERFEN
Betty Heidler im Finale
Hammerwerferin Betty Heidler übersteht das Zitterspiel
Qualifikation schadlos. Die frühere Weltrekordlerin kommt
auf 71,17 Meter. Die Frankfurterin steht damit im Medaillenkampf
DPA
am Montag.
TISCHTENNIS
Deutsche Frauen imViertelfinale
Die Auswahl von Bundestrainerin Jie Schöpp siegt im Auftaktmatch des Teamwettbewerbs 3:0 gegen die USA. Nächster
DPA
Gegner ist Hongkong.
PARALYMPICS
Sechs deutsche Nachrücker
Die deutschen Behindertensportler können im Fall eines
endgültigen russischen Ausschlusses von den Paralympics
auf bis zu sechs zusätzliche Startplätze bei den Spielen in Rio
de Janeiro hoffen. Das bestätigte der deutsche Chef de Mission,
Karl Quade, bei der Einkleidung der deutschen Mannschaft
DPA
in Hannover.
10 SPORT
Der Sonntag · 14. August 2016
Ein Glückslos gegen
die Schuldenlast
Villingens Sportvorstand BRAUN freut sich auf Schalke
Nein, zu einer flotten Ansage à la
„die Schalker können kommen“,
will sich Martin Braun, seit einem guten Jahr Sportvorstand
des FC 08 Villingen, nicht hinreißen lassen. Nicht einmal zu einem Wunschergebnis. Als frischgebackener Sechstligist schickt
sich das angesichts des Pokalspiels gegen den Europa-LeagueTeilnehmer aus Gelsenkirchen
am Samstag in Freiburg (15.30
Uhr, Schwarzwaldstadion) wohl
nicht. „Die Chancen sind sehr gering, wir wollen uns so gut wie
möglich präsentieren“, sagt
Braun, langjähriger Spieler und
später Pressesprecher des SC
Freiburg. Dabei sind die Gelsenkirchener keine Unbekannten
für den FC 08: 0:2 und 0:5 unterlag Villingen Schalke 2011 und
2013 in zwei Testspielen.
Es ist zumindest gewöhnungsbedürftig, dass dieses
wichtige Pokalspiel nun nicht im
Villinger Friedengrund, sondern
an der Dreisam steigt. Der Sportvorstand sah aber keine andere
Wahl: „In Villingen hätten wir
uns aufgrund von Auflagen auf
5 000 Zuschauer beschränken
müssen, wir hätten mit diesem
Glückslos gerade mal 20 000 Euro verdient“, rechnet er vor. In
Freiburg sind bereits 12 000 Karten weg, Braun hofft auf 15 bis
20 000 Zuschauer und eine Einnahme von 100 000 Euro. Hinzu
kommen Fernsehgelder, der Traditionsverein, der derzeit mit
166 000 Euro in der Kreide steht,
ist am Samstag mit einem
Schlag seine Schulden los. Und
Braun freut sich auf das Wiedersehen mit seinem alten Verein.
Vor dem großen Pokalduell
steht für die Villinger allerdings
heute noch einmal Verbandsliga-Alltag auf dem Plan. Der sofortige Wiederaufstieg ist das erklärte Ziel, der Auftakt gelang
mit einem 4:1 gegen Waldkirch,
heute muss Villingen nun auf
die Talwiese zum 1. FC Rielasingen-Arlen. Braun sieht den Kader für das Projekt Wiederaufstieg dabei gut aufgestellt. Turan
Sahin (TSG Balingen) und Manuel Stark (FC Singen) stuft er als
starke Neuzugänge ein, zudem
konnte der Verein 2016 alle Leistungsträger halten, während
man in den Vorjahren schmerzhafte Abgänge zu verkraften hatOTTO SCHNEKENBURGER
te.
> KARTEN für das Spiel FC 08 VilIm Pokal zu Gast bei seinem alten
Verein: Martin Braun. FOTO: ZVG
lingen gegen Schalke am Samstag,
20. August, in Freiburg gibt es heute beim Testspiel des SC Freiburg
gegen den AC Mailand oder unter
www.bz-ticket.de/karten.
KURZ GEFASST
FUSSBALL
Ergebnisse aus den Amateurligen
Die Amateurligen sind bereits in die neue Saison. Am Wochenende finden entweder der erste oder der zweite Spieltag statt.
Oberliga Baden-Württemberg: SV Spielberg – SSV Reutlingen
1:1, FV Ravensburg – Astoria Walldorf II, Bahlinger SC – Göppinger
SV, FSV Bissingen – Karlsruher SC II, TSG Balingen – Neckarsulmer
Sport-Union, 1.CfR Pforzheim – FSV Hollenbach, SpVgg. Neckarelz
– SV Sandhausen II, SV Oberachern – SC Freiburg. II. Verfbandsliga:
FC Bad Dürrheim – SV Stadelhofen, SV Bühlertal – SV Kuppenheim,
SC Lahr – FC Denzlingen, SV Linx – F C Bötzingen, FC Waldkirch
– SC Pfullendorf, Verbandsliga: SC Wyhl – SV Au-Wittnau, VfR
Hausen – SF Elzach-Yach. Begegnungen ohne Ergebnis waren
DS
bei Redaktionssdhluss noch nicht beendet.
SC-Torhüter Alexander Schwolow will als Nummer eins in die Bundesligasaison gehen.
Nur noch 1 000 Tickets
SC FREIBURG
Der SC Freiburg feiert seine
offizielle Saisoneröffnung
mit einem Freundschaftsspiel gegen den AC Mailand.
Für die Partie heute Nachmittag (16.30 Uhr) im
Schwarzwaldstadion sind
nur noch 1 000 Tickets zu
haben. Ab 15.15 Uhr wird die
Mannschaft offiziell vorgestellt.
VON DANIELA FRAHM
SC-Trainer Christian Streich
freut sich für die Zuschauer,
„dass der Verein ihnen so etwas
bieten kann“, hätte sich aber
auch mit einem weniger bekannten Klub anfreunden können. „Für uns ist nur die Qualität
entscheidend“, erklärt Streich.
Und er hat auch Befürchtungen,
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FOTO: ACHIM KELLER
erwartet heute zur Saisoneröffnung den AC Mailand
sollte sein Team den namhaften
Gegner besiegen, „dann darf das
keiner überbewerten“. Schließlich spielt der Sportclub eine Woche später im Pokal beim Regionalligisten SV Babelsberg 03.
Mit welcher Formation der SC
dort auflaufen wird, darauf dürfte die Startelf gegen Mailand bereits einige Hinweise geben. Die
spannendste Frage wird sein, ob
Streich wie bislang in der Vorbereitung auf die Dreier- beziehungsweise Fünferkette setzt
oder doch wieder zur Viererkette
zurückkehrt. Hintergrund ist die
Außenmeniskus-Verletzung von
Marc Oliver Kempf, der bereits
operiert wurde und mehrere
Monate ausfallen wird. Der Innenverteidiger war in der Dreierkette fest eingeplant. „Das ist
richtig bitter“, sagt Streich, „er
war in einem hervorragenden
körperlichen Zustand“.
Freut sich auf Milan: SC-Coach
FOTO:SCHÖN
Christian Streich.
Auf den Trainingsplatz zurückgekehrt ist in dieser Woche
dafür Torwart Alexander Schwolow nach einer für ihn „brutal
nervigen“ Zeit, in der er wegen
einer Knochenhautentzündung
Fokus auf Viertelfinale
HOCKEY-MÄNNER
haken Sieg gegen Oranje ab – Nun wartet Neuseeland
Nun warten die „Black Sticks“:
Die deutschen Hockey-Männer
kämpfen in Rio gegen Neuseeland um den Einzug ins Halbfinale. „Jetzt wird es richtig heiß“,
sagte Kapitän Moritz Fürste.
Der Fokus des Olympiasiegers
lag schon wenige Stunden nach
dem 2:1 gegen die Niederlande
im letzten Vorrundenspiel und
dem damit verbundenen Gruppensieg voll auf dem Viertelfinale am Montag (01.30 Uhr MESZ).
Tobias Hauke, neben Fürste der
einzige Spieler, der bereits 2008
in Peking und vier Jahre später in
London erneut Olympia-Gold
gewann, meinte: „Die Gruppenphase lief gut, ist abervorbei. Das
zählt alles nicht mehr, jetzt be-
ginnt der K.o.-Teil des Turniers,
darauf freuen wir uns alle.“
Torhüter Nicolas Jacobi warnte sogar via Instagram vor Überheblichkeit: „2:1 vs. Holland und
Gruppenerster. Kurz freuen,
aber jetzt geht das Turnier erst
los.“ Mit vier Siegen und einem
Unentschieden sind die Deutschen als einziger der zwölf
Olympia-Teilnehmer unbesiegt
durch die Vorrunde marschiert.
Den Viertelfinalgegner beschreibt Bundestrainer Valentin
Altenburg als „eine offensive
und auch sehr konterstarke
Mannschaft“. Fürste kündigte
an: „Ich glaube nicht, dass die so
Bock haben auf uns. Wir werden
jetzt auch noch einmal einen
Gang hochschalten.“ Die Neuseeländer stehen in der Weltrangliste fünf Plätze hinter
Deutschland auf Rang acht.
Den vierten Platz in der Gruppe A hatte sich Neuseeland
durch einen 3:1-Erfolg gegen die
zuvor noch ungeschlagenen Belgier gesichert. An Respekt vor
dem Gegner mangelt es daher
nicht. „Das ist physisch eine sehr
starke Mannschaft und daher
sehr gefährlich“, warnte Verteidiger Tom Grambusch.
Die Deutschen sind gewappnet, um mit einem Sieg gegen
die Kiwis ihrem Traum von der
dritten Olympia-Goldmedaille
in Serie ein Stück näher zu rüDPA
cken.
pausieren musste. Zwischenzeitlich hat er allerdings in dem aus
Braunschweig verpflichteten Rafal Gikiewicz einen neuen Konkurrenten bekommen. „Dann
muss jeder die letzten Prozente
aus sich herausholen“, sagt
Schwolow und versucht, der Situation etwas Positives abzugewinnen. Der 24-Jährige hat weiterhin den Anspruch, „ als Nummer eins in die Saison zu gehen“.
Das möchte er am heutigen
Sonntag zeigen.
Er freut sich genau wie die
Fans über „einen so attraktiven
Gegner“ und ein volles Stadion.
Auch der AC Mailand, den Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi
kürzlich an eine chinesische Investorengruppe verkauft hat,
wird in Bestbesetzung antreten.
Für Milan beginnt die Saison in
einer Woche mit dem Ligaspiel
gegen den FC Turin.
TENNIS
Angelique Kerber
erreicht das Finale
Angelique Kerber sank erleichtert auf den Boden, als sie ihrem
Traum vom Olympia-Gold einen
großen Schritt näher gekommen war. Als erste deutsche Tennisspielerin seit Steffi Graf kann
sich die Australien-Open-Siegerin in Rio de Janeiro zur Olympiasiegerin küren. 28 Jahre nach
dem Triumph ihres großen Vorbilds in Seoul erreichte die Kielerin durch einen hart umkämpften 6:3, 7:5-Erfolg gegen die USAmerikanerin Madison Keys das
Endspiel, in dem sie gestern
Nacht auf die krasse Außenseiterin Monica Puig aus Puerto Rico
traf. (Die Begegnung war bei Redaktionsschluss noch nicht beDPA
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Der Sonntag
Kultur
14.August2016
Fehler als Glücksgriff
Missgeschicke gehörten früher zum
Handwerkvon Rebzüchtern. Doch
mancher Fehlerwar ein Glücksgriff.
WiedieZüchtungderScheurebe1916
SEITE 13
durch Georg Scheu.
Dreifacher Coup
zum Jubiläum
Seerock mit BAD RELIGION , Muse und The Libertines
Das Ein-Tages-Festival Rock am
See in Konstanz feiert dieses Jahr
seine 30. Auflage. Zum Geburtstag konnten die Veranstalter einen echten Coup landen. Wenn
am Samstag das Open-Air-Festival im Bodenseestadion startet,
finden sich mit Bad Religion, The
Libertines und Muse gleich drei
Bands im Line-up, die als Headliner hätten firmieren können.
Doch der letzte Auftritt ist der
britischen Bombast-IndierockFormation Muse vorbehalten.
Vielen gilt sie als aktuell spektakulärste Live-Band der Welt. „Unsere Shows sind Action-Thriller“,
sagt Bandleader Matt Bellamy.
Wer je bei einem Muse-Konzert
war, wird die atemberaubende
visuelle Show, die hart an der
Grenze der Reizüberflutung
schrammt, und den perfekten
Klang niemals vergessen. Dazu
kommt die beeindruckende fast
vier Oktaven umfassende Gesangsstimme Bellamys.
Dass sie zum Abschluss ihrer
schier unendlichen Welt-Tournee ausgerechnet nach Konstanz kommen, hat – laut Veranstalter – auch etwas mit dem Jubiläum und der sehr schönen Location zu tun. „Die Band hatte im
Jahr 2000, als sie noch viel kleiner war, hier im Vorprogramm
einen Auftritt. Das hatten sie
wohl in guter Erinnerung“, berichtet Konzertveranstalter Dieter Bös von Koko Entertainment.
Ein Selbstläufer war die Sache
trotzdem nicht. Zweieinhalb Jahre lang hat der legendäre Booker
mit seinen Bemühungen, die
Band an den Bodensee zu holen,
nicht lockergelassen. „Muse im
Jahr 2016 ist vielleicht der größte
Act, den wir überhaupt je hier
hatten. Ich selbst empfinde eine
große Vorfreude und Neugier
auf das, was da kommt. Die bringen ein gigantisches technisches
Equipment mit – wir hatten
noch nie eine aufwendigere
Show“, sagt Bös.
Gemeint sind riesige Hologramme, fliegende Drohnen,
pompöse Laser-Spielereien … Inzwischen zählt die Band aus dem
südenglischen Devon mit 20
Millionen verkauften Alben
zweifellos zu den absoluten Größen im Musikgeschäft. Für ihr
apokalyptisches Konzeptalbum
„Drones“ erhielt sie in diesem
Jahr den Grammy für das beste
Rockalbum. Es geht um ferngesteuerte
Tötungsmaschinen
und eine düstere Zukunft, in der
der Mensch von Maschinen beherrscht wird. Erzählt wird die
Geschichte eines Soldaten, der
sich dem System unterordnet,
jedoch am Ende, nach bitteren
Verlusten, zur Reflexion kommt
und sich von seinen Unterdrückern lossagt.
Gewiss ist das kein sonderlich
revolutionärer Ansatz – und der
übergroße moralische Anspruch
geht manchem Kritiker auf die
Nerven. Musikalisch jedoch vollzieht die Band, die bisher wie keine andere für den New Prog
steht, mit „Drones“ eine Wende
zurück zum echten Rock – und
dieser Sound steht ihr gut. Statt
Orchester und der manchmal zu
aufgeblasenen Elektronik steht
wieder die Band im Mittelpunkt.
Verantwortlich für die neue Dynamik ist AC/DC-Produzent
Mutt Lange.
Was Bellamy und seine Mitstreiter an den Instrumenten
können, ist ohnehin schlichtweg
virtuos und rockt gewaltig – mit
schier unendlichen Gitarrensoli,
harten Bässen und marschierenden Drums. Live klingt die Band
sogar noch kraftvoller als auf
den Alben, so dass bei einigen
Songs selbst gestandene Metalfans Gänsehaut bekommen.
Wenn dann am Samstag – als
krönender Abschluss – das obligatorische „Knights of Cydonia“
samt wahnwitziger Bühnenshow über die Zuschauer im Bodenseestadion hereinbrechen
wird, dürfte die kollektive Adrenalin- und Endorphinausschüttung Rekordlevel erreichen –
auch bei Veranstalter-Veteran
SVEN MEYER
Dieter Bös.
> 30 JAHRE ROCK AM SEE, Mu-
se, The Libertines, Bad Religion, Enter Shikari, Twin Atlantic, Mad Caddies, We Were Promised, Jetpacks,
Samstag, 20. August, ab 13 Uhr,
Bodenseestadion Konstanz, Informationen unter www.rock-amsee.de, Infos unter www.rock-amsee.de, Karteninformationen unter
www.bz-ticket.de/karten
Fliegende Drohnen und Laser-Spielereien: Muse liefern die wahrscheinlich größte und aufwendigste Show der Festivalgeschichte. FOTO: ZVG
Taucht als Artist in Residence gleich in mehreren Formationen auf: der französische Bratschist Frantz Loriot.
FOTO:S: ZVG
Klangliche Abenteuer
Improvisierte Musik jenseits des Mainstreams: MÉTÉO JAZZFESTIVAL in Mulhouse
Das Météo Mulhouse Music
Festival, wie sich das Jazz
Festival in der elsässischen
Industriestadt nennt, bewahrt seit Jahren seine einzigartige Stellung in der europäischen Festival-Landschaft. Seit fast vier Jahrzehnten stemmt es sich
konsequent und erfolgreich
gegen gängigen Mainstream, erschüttert eingefahrene Hörgewohnheiten
und reißt scheinbar feste
Genre-Grenzen nieder.
REINER KOBE
Am 23. August ist es so weit: Für
das Hauptprogramm nach der
Tour „Météo campagne“ über
die Dörfer und über den Rhein
mit einem Stelldichein in Neuenburg (siehe Kasten) hat Fabien
Simon über 100 Musiker aus
fünf Kontinenten eingeladen.
Der künstlerische Leiter des
Météo Festivals versteht die 40
Konzerte an fünf Tagen als „Appell an das klangliche Abenteuer
im Vergnügen der Intelligenz“,
wie es etwas holprig auf Deutsch
im Programmheft heißt, und
sieht es im Dienst einer „Kunst,
die es erlaubt, die Welt anders zu
denken und sich in kollektiven
Utopien zu scharen“.
Alle Spielarten innovativer
Musik bietet Mulhouse auf: vom
Avantgarde-Rock über elektronische und zeitgenössische bis zur
frei improvisierten und experimentellen Musik. Glanzvolle Namen sind freilich auch dabei,
was aber nicht in erster Linie
zählt. Schon die Eröffnung des
Festivals, die nicht wie gewohnt
im Stadttheater, sondern im Kulturzentrum Filature über die
Bühne geht, glänzt mit einem
Duo, das sehr selten zu hören ist.
Bereits vor einem knappen halben Jahrhundert haben sich Saxofonist Archie Shepp und Pianist Joachim Kühn in New York
erstmals getroffen. Der Aus-
Sax-Altmeister Archie Shepp trifft in Mulhouse auf Joachim Kühn.
tausch der beiden Avantgardisten von diesseits und jenseits
des Atlantiks dürfte spannend
werden.
Ebenfalls eine lange Partnerschaft haben zwei Saxofonisten:
Mats Gustafsson und Joe
McPhee. Der Schwede und der
Amerikaner haben sich zum
Quartett The Thing zusammengetan. In einem weiteren Act versammelt Gustafsson skandinavische Musiker im orchestralen
Nu Ensemble zu einer Hommage an den Ur-Rocker Little Richard.
Zu einer weiteren spannenden
Auseinandersetzung von Rock
und improvisierter Musik könnte es bei Zeitkratzer kommen.
Die neunköpfige Berliner Formation, um Klassik-Instrumente wie Viola, Geige und Cello erweitert, spielt Lou Reeds „Metal
Machine Music“, jenes Album,
das keine Rhythmen und keine
Melodien aufweist, sondern im
Wesentlichen aus Rauschen, Verzerrungen und Rückkopplungen
besteht. Der ehemalige Kopf des
Ensembles, Saxofonist Ulrich
Krieger, der die mühevolle
Transkription erweitert hat, war
vor ein paar Monaten bei der
Aufführung des Ensemble Phoenix in Basel – in Mulhouse spielt
gewissermaßen das Original.
Neben dem erwähnten JazzPionier Archie Shepp ist auch
der vor kurzem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Roscoe
Mitchell vertreten. Der amerikanische Saxofonist und Komponist, einst Exponent des unvergessenen aufgelösten Art Ensemble of Chicago, wird sich mit
einem europäischen Trio vorstellen (John Edwards am Bass,
Mark Sanders am Schlagzeug).
Exakt vor einem halben Jahrhundert hat er mit seinem ersten Solo-Album „Sound“ ein Manifest freier Spielweisen geliefert. Heute ergänzt er das konventionelle Free-Jazz-Ideal um
strukturierte Konzepte.
Ein interessanter Aspekt des
Festivals: Die Heroen vergangener Jahre setzen sich mit von ihnen inspirierten Musikern der
nächsten Generation auseinander: Schlagzeuger Hamid Drake
und Bassist William Parker, die
mit dem britischen Keyboarder
Pat Thomas ein Trio bilden, zählen ebenso dazu wie die französische Bassistin Joelle Léandre, in
deren Quintett Sonic Communi-
on der Saxofonist Douglas R.
Ewart und der Schlagzeuger Michael Zerang gehört, und die
amerikanische Harfenistin (!)
Zeena Parkins. Letztere, erstmals
Gast in Mulhouse, bringt Green
Dome mit, ein Trio, das sich mit
Lieder-Fragmenten verschiedener Länder beschäftigt – von
Schottland und der Türkei über
Belgien bis Spanien. Auch solo
tritt Parkins auf.
Wie gewohnt bilden bei Météo
eigene Projekte einen Schwerpunkt wie etwa „Der dritte Treffpunkt“ Frantz Loriots Quartetts
mit dem ominösen Namen „Der
Verboten“. Die Workshops am
städtischen
Konservatorium
(diesmal mit Sophie Agnel, Zeena Parkins, Clayton Thomas und
Erwan Karavec) haben ebenso
Tradition wie die mittäglichen
Konzerte in der historischen
Kappelle St. Jean und die Konzerte für Kinder (mit dabei Bassist
William Parker). Erfreulich, dass
sich reine Elektronik-Konzerte
wie das von Mathias Delplanque
in Grenzen halten.
Das an Highlights reiche diesjährige Météo Mulhouse Music
Festival ist dem Andenken Johannes Bauers gewidmet, dem
vor Wochen verstorbenen deutschen Posaunisten.
FAKTEN
Festival Météo
Das Jazzfestival Mulhouse
dauert vom 23. bis 27. August.
Im Rahmen des Vorfestivals
Météo campagne gibt es
zahlreiche Gratiskonzerte
im Elsass, am Mittwoch, 17.
August, spielt um 19.30 Uhr
der britische Saxofonist und
Sänger Drew Davies auf dem
Rathausplatz Neuenburg.
Die Hauptkonzerte kosten
in der Regel 20 bis 25 Euro,
den Festivalpass gibt es für
DS
80 Euro.
> www.festival-meteo.fr
12 KULTUR IN DER REGION
Der Sonntag · 14. August 2016
Komik trifft auf Artistik
Künstlerduo Die Maiers tritt bei den BRÜCKENSENSATIONEN in Rheinfelden auf
Fest im jährlichen Veranstaltungskalender etabliert
hat sich das Straßentheaterfestival Brückensensationen, das am Wochenende wieder in beiden Rheinfelden stattfindet. 24 Künstlergruppen aus neun
Ländern treten beiderseits
der Alten Rheinbrücke zwischen Deutschland und der
Schweiz auf.
ADRIAN STEINECK
Eine Telefonnummer in Berlin
zu wählen und dann nach kurzem Wortwechsel den Satz „Wir
können das Gespräch gerne auf
Alemannisch führen“ zu hören,
passiert nicht jeden Tag. Aber bei
dem Künstlerduo Die Maiers, die
in der Spreemetropole leben
und von dort aus ihre Auslandstourneen unternehmen, handelt
es sich um waschechte Schwarzwälder. Sabine Maier stammt
aus dem damals noch nicht mit
Häg zur Doppelgemeinde vereinigten Ehrsberg im Wiesental,
ihr Partner Yogi Mohr ist in
Waldshut geboren, zog aber bereits mit sechs Jahren nach Hannover.
In Rheinfelden wird das
Künstlerduo das neue Programm „Die Maiers – just married“ aufführen, dessen Herzstück eine Trapeznummer bildet. Daneben werden „Herr und
Frau Maier“, die Bühnencharaktere des Duos, Einblicke in ihre
wilden Jahre und die Zeit kurz
nach dem Ja-Wort geben, wie Sa- Mehr oder weniger ein Heimspiel haben die Die Maiers, wie sich Yogi
Mohr und Sabine Maier auf der Bühne nennen, bei den Rheinfelder
bine Maier lachend verrät.
FOTO: GERHARD WESTRICH (ZVG)
Brückensensationen.
–
Auch privat sind
die Maiers ein Paar
–
„Es geht uns darum, zwei aus
dem Leben gegriffene Protagonisten darzustellen, die wie alle
anderen Paare auch mit alltäglichen Hindernissen zu kämpfen
haben“, umreißt sie das Konzept
des Stücks. Zu viel verraten
möchte sie gleichwohl nicht. Ein
Paar sind Sabine Maier und Yogi
Mohr nicht nur auf der Bühne,
sondern auch privat. Kennengelernt haben sich die beiden 1986
während des Kunststudiums in
Kassel. Gemeinsam besuchten
sie die Zirkusschule „sans filet“
in Brüssel, bereits zuvor hatte Sabine Maier bei „Fooltime“ in Bristol das Zirkushandwerk mit
Akrobatik, Tanz, Jonglage und
Trapez von der Pike auf gelernt.
1988 standen sie erstmals gemeinsam auf der Bühne. Seitdem hat das Duo, das drei Kinder
im Alter von zehn, 17 und 20 Jahren hat, etwas geschaffen, was in
der Kombination von Komik
und Artistik „relativ einmalig“
ist, wie Sabine Maier sagt. „Das
läuft häufig unter dem Begriff
Neuer Zirkus, aber etwas, was es
seit mehr als 30 Jahren gibt, ist ja
im Grunde nicht mehr neu“, sagt
die 1965 geborene Künstlerin.
Besser gefällt ihr daher der Begriff Zirkustheater.
Sabine Maier und der ein Jahr
jüngere Yogi Mohr sind in den
vergangenen Jahrzehnten unermüdlich auf Tournee gewesen,
neben Auftritten in Deutschland
standen solche in Österreich,
Spanien oder Holland auf dem
Programm.
Dabei bleibt die artistische
Nummer, wenn sie einmal für
ein Stück einstudiert wurde, in
den verschiedenen Ländern unverändert. In südlichen Ländern
könne es aber mitunter sein,
dass das Duo herzlicher und
temperamentvoller empfangen
werde als zu Hause. „Das ist allerdings ein subjektiver Eindruck,
denn es liegt immer am Veranstaltungsort und an der eigenen
Stimmung während des Auftritts.“
–
Das Duo hat in der Region
noch Familienmitglieder
–
Dass Die Maiers nun erstmals
seit 2014, als sie in Tuttlingen
auftraten, wieder in ihrer Heimatregion spielen, verdanken
sie dem Rheinfelder Kulturamtsleiter Claudius Beck, der das Duo
bereits vor Jahren für eine Veranstaltung gebucht habe. Über das
„Heimspiel“ freut sich das Duo
besonders. „Wir haben ja noch
Familienmitglieder in der Region“, sagt Sabine Maier.
ADRIAN STEINECK
> BRÜCKENSENSATIONEN
19
bis 21. August an der Rheinbrücke,
Rheinbrückstraße, in Rheinfelden.
Eröffnung ist am Freitag, 19. August, um 20 Uhr. Am Samstag, 20.
August, gibt es von 14 bis 24 Uhr
Programm, am Sonntag, 21. August, von 14 bis 20 Uhr. DIE MAIERS treten am Freitag um 22 Uhr,
am Samstag um 15.30 und 21 Uhr
und am Sonntag um 14 Uhr auf.
Mehr unter www.rheinfelden.de
WENN STERNE REDEN KÖNNTEN
IHR HOROSKOP VOM 14. BIS 20. AUGUST
WIDDER
Liebe: Einfach einmal das Vergangene vergessen und nach
vorne blicken. Beruf: Durch Ihren Ehrgeiz laufen Sie Gefahr, sich zu
übernehmen. Allgemein: Eine kleine Motivationsflaute macht Ihnen zu schaffen.
STIER
Liebe: Nehmen Sie den Partner
beim Wort, wenn etwas versprochen wurde. Beruf: Eine
Schwachstelle sollte schnellstmöglich erkannt werden. Allgemein: Behutsam
agieren, wenn es um die Belange anderer
geht.
ZWILLINGE
Liebe: Tauschen Sie sich mit Ihrem Partner auch über Alltägliches aus. Beruf: Einige Vorhaben werden schnell in die Tat umzusetzen
sein. Allgemein: Mit Ihrem diplomatischen Geschick erreichen Sie viel.
KREBS
Liebe: Diskutieren Sie außerplanmäßige Vorhaben mit
dem Partner durch. Beruf: Die
Zeit ist noch nicht ganz reif für große Veränderungen. Allgemein: Gehen Sie bei
Verhandlungen lieber auf Nummer sicher.
LÖWE
Liebe: Kopf und Bauch sprechen eine andere Sprache. Wer
wird gewinnen? Beruf: Es gibt
eine neue Chance für Sie, etwas wiedergutzumachen. Allgemein: Die neue Woche bringt für Sie auch kleinere Probleme.
JUNGFRAU
Liebe: Bereinigen Sie Unstimmigkeiten zwischen sich und
Ihrem Partner. Beruf: Ihr
Selbstbewusstsein weist momentan ein
paar Kratzer auf. Allgemein: Ihre Kräfte
reichen jetzt für neue, größere Aufgaben.
WAAGE
Liebe: Bereiten Sie Ihrem Partner wieder einmal eine besondere Freude. Beruf: Endlich tut
sich etwas in einer schwierigen Angelegenheit. Allgemein: Alles Vorrangige
möglichst zu Wochenbeginn erledigen.
SCHÜTZE
Liebe: Ein nettes Erlebnis im
Herzensbereich sorgt für neuen Auftrieb. Beruf: Ein paar
neue Impulse bringen Ihnen die nötige
Motivation. Allgemein: Eine kritische Äußerung öffnet Ihnen jetzt die Augen.
STEINBOCK
Liebe: Zeigen Sie sich aufgeschlossen, wenn sich jemand
um Sie bemüht. Beruf: Nichts
sollte Sie in dieser Zeit von Ihrem Ziel abbringen. Allgemein: Eine mutige Vorgehensweise wird entsprechend belohnt.
GolfMaas- schläger,
Zufluss Holz
(engl.)
dt. Star- Richarchitekt tungs(Frei)
† 2015 anzeiger
FISCHE
Liebe: Zum Glück schwört Ihr
Schatz jetzt auch auf traute
Zweisamkeit. Beruf: Ihre Zurückhaltung bewahrt Sie vor einer Fehlentscheidung. Allgemein: Bei einem Projekt wird eine Menge von Ihnen verlangt.
Neue SPIELZEIT startet am 22. September
Die Kabarett-Konzerte-KulturReihe der Tourismus GmbH Bad
Säckingen geht als „K-Reihe –
Kultur im Kursaal“ in ihre achte
Saison. Die kommende Spielzeit,
die sieben Veranstaltungen umfasst, startet am 22. September
mit Kino im Kursaal: Zu erleben
sind Stummfilme von Chaplin,
Keaton sowie Laurel & Hardy
nebst Live-Klavierimprovisationen von Martin Christ.
Neu ist ein Ausflug in die
Kunst der Magie,vielmehr: in die
Gedankenwelten des Andy
Häussler und die Mentalmagie
am 1. Dezember.
Weiter geht es am 29. März 2017
mit einer „Chinoiserie“ zu den
Reisen des Marco Polo mit Tatort-Schauspielerin Eva Mattes
als Sprecherin, dem international bekannten Sheng-Virtuosen
Wu Wei auf der chinesischen
Mundorgel und der Berliner
Lautten Compagney. Es folgt ein
Konzert der Dream Catcher mit
„Raggle Taggle Folk“ am 14. Oktober, eine Veranstaltung des nunmehr 16. Akkorde-Gitarrenfestivals am Hochrhein. Vocaldentes
souveräne A-Capella-Art „Life is
8
Riemen
11
Schlange
in „Das
Dschungelbuch“
Ausdruck
des Sich- Rasenfürchtens, pflanze
Gruselns
a Highway“ mit einem Streifzug
durch 100 Jahre Popmusik steht
am 10. November auf dem Programm. Das Kabarett „Leipziger
Pfeffermühle“ zeigt schließlich
am 13. Januar den zweiten Teil
der Erfolgsserie „Drei Engel für
Deutschland“. Mit Musik-Kabarett beschließen „Die Schwarze
Grütze“, die Songwriter des
schaurig-schönen Kabarettmusicals „Die Schwestern“, am 26.
April die Reihe.
Gesamtabonnements für alle
sieben Veranstaltungen kosten
99 Euro und sind damit um 30
Prozent günstiger als der Kauf
von Einzeltickets. Die Wahlabos,
mit denen man drei bis sechs
Veranstaltungen
besuchen
kann, sind um zehn bis zwanzig
Prozent günstiger.
Einzeltickets kosten je nach
Veranstaltung zwischen 17 und
25 Euro, für Gästekarteninhaber
15 bis 23 Euro und für Schüler
und Studenten bis 25 Jahre 5 Euro. Vorverkauf bei der Tourismus
GmbH Bad Säckingen, Waldshuter Straße 20, Telefon 07761/568
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Liebe: Gehen Sie unter Leute.
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spornt an. Nicht das Ziel aus den Augen
verlieren! Allgemein: Halten Sie fest, was
Sie sich hart erkämpfen mussten.
Mit einer „Chinoiserie in Wort und Musik“ kommt Tatort-Kommissarin
FOTO: ZVG
Eva Mattes am 29. März 2017 nach Bad Säckingen.
®
dicht.:
Pferd
7
9
10
11
12
s1813-0872
Lösung vom vergangenen Sonntag:
ABDANKUNG
DREI GÄNGE 13
Der Sonntag · 14. August 2016
Ein duftiges Missgeschick
ÜBERM TELLERRAND
TANNENLIEBE
100 Jahre SCHEUREBE – eine empfindliche Traube mit großem Potenzial
D
Vor 100 Jahren hat Georg
Scheu im rheinland-pfälzischen Alzey die Scheurebe
gezüchtet. Sie gilt nach dem
Müller-Thurgau als die erfolgreichste Neuzüchtung.
In Baden hat die Sorte zwar
keine große Verbreitung
gefunden, doch einige wenige Betriebe haben sich
darauf spezialisiert.
KLAUS RIEXINGER
Rebenneuzüchtungen
waren
früher eine Zufallssache. Auf Angaben der Züchter, welche Reben
sie miteinander gekreuzt haben,
kann man sich jedenfalls nicht
verlassen. Wie bei der Verbrechensbekämpfung ließen sich
einige Fälle erst Jahrzehnte später mit einer DNA-Analyse aufklären. Ein prominentes Beispiel
ist der Müller-Thurgau. Seine
wahre Herkunft konnte erst
1999 geklärt werden – 117 Jahre
nach der Züchtung.
Solche Missgeschicke unterliefen Georg Scheu, dem bekanntesten deutschen Rebzüchter,
gleich mehrfach. Unter anderem
bei der nach ihm benannten
Scheurebe, seiner erfolgreichsten Neuzüchtung. Während in
Verdun die Kanonen Erdreich
und Armeen umpflügten, machte sich Scheu 1916 im 230 Kilometer entfernten Alzey daran,
Riesling und Bukettraube zu
kreuzen. Heraus gekommen ist
ein körperreicher, duftiger Wein
mit rieslingartiger Säure und
leicht muskatartigem Buket.
Festgehalten als Eltern hatte der
Züchter in der unruhigen Zeit
aber die Sorten Riesling und Sylvaner. Gerade noch rechtzeitig
vor dem 100. Geburtstag der
Züchtung konnte der Eintrag
Scheus 2012 korrigiert werden.
Offiziell für den Anbau zugelassen worden war die Scheurebe
1956. Da war der Rebzüchter
schon sieben Jahre tot.
Obwohl die Scheurebe als die
erfolgreichste Weißweinzüchtung nach dem Müller-Thurgau
gilt, ist sie in Baden eine Spezialität für wenige geblieben. 50
Hektar Scheurebe stehen hier im
Anbau. Bei knapp 16000 Hektar
ist das ein bescheidener Anteil.
Ganz anders sieht es im Anbaugebiet Rheinhessen aus, der
Wahlheimat von Georg Scheu.
Da steht die Scheurebe bei fast
jedem Winzer auf der Preisliste.
Leopold und seine Schwester Cäcilia Schätzle mit Scheurebe-Raritäten aus dem Weingutskeller.
Insgesamt sind es 725 Hektar.
Sortenexperte Ernst Weinmann
vom Staatlichen Weinbauintsitut in Freiburg macht für den geringen Anteil in Baden den hohen Anspruch der Rebe verantwortlich: Nur in wirklich guten
Lagen bringt die Scheurebe hervorragende Weine hervor. Wie
beim Riesling brauchen die
Trauben lange bis zur Reife.
Stimmt die Lage, sind größere
Erträge möglich, doch darunter
leidet dann die Qualität. Das Ergebnis sind unreife Töne und ein
wenig schönes Buket. Der Winzer kann also viel falsch machen.
Und das ist wohl auch passiert.
„Der An- und Ausbau ist sehr
schwierig“, bestätigt Leopold
Schätzle junior (47) vom gleichnamigen Weingut in Endingen,
der die Leidenschaft für die
Scheurebe von seinem Vater
Falsch dokumentiert, aber dennoch erfolgreich: Georg Scheu.
FOTO: SAMMLUNG OTMAR BAUER, ZVG
übernommen hat. Schätzle hat
auf einem Hektar am nördlichen
Kaiserstuhl die Scheurebe stehen. Ist der Most erst einmal im
Fass, geht Schätzle täglich zur
Kontrolle in den Keller. Mit Fehlentwicklungen sei immer zu
rechnen, sagt er. Greift der Kellermeister nicht rechtzeitig ein,
duftet die Scheurebe am Ende
nicht nach schwarzen Johannisbeeren und Grapefruit, sondern
nach Schweiß oder Katzenpisse.
Leopold Schätzle senior (76)
stieß 1958 während seiner Ausbildung zum Weinhandelskaufmann auf die Scheurebe. Bei einem Besuch im Weingut Dr. Mackenstein in Endingen trank er
sein erstes Glas und war sofort
begeistert. Seitdem hatte er den
Wunsch, selbst Scheureben anzubauen. Mit der Gründung des
eigenen Weinguts 1970 in Endingen war es dann soweit. Aus Alzey bekam Schätzle damals die
Lizenz zur Vermehrung der Rebe
in der eigenen Rebzucht. Der
Kontakt nach Alzey blieb eng,
insbesondere zu Otmar Bauer,
dem Nachfolger von Georg
Scheu. 1979 vertrat Schätzle das
Weinanbaugebiet Baden bei einem Winzertreffen anlässlich
von Scheus 100. Geburtstag.
Noch heute hat das Weingut Leopold Schätzle weit über die Region hinaus einen exzellenten Ruf
für seine Scheureben, auchwenn
der Weißwein inzwischen etwas
im Schatten der viel prämierten
Spätburgunder Schätzles steht.
Trocken ausgebaut gilt die
Scheurebe als hervorragender
FOTO: RIX
Essensbegleiter. Als Auslese, Trockenbeerenauslese oder Eiswein
erreicht sie bei Prämierungen regelmäßig Höchstnoten – und
bietet sich als Aperitif und aufgrund ihres raffinierten SüßSäure-Spiels als Begleiter von
Fruchtdesserts an.
> WEINGÜTER
IN BADEN mit
empfehlenswerten Scheureben:
Leopold Schätzle, Wilhelmshöfe 1,
Endingen, www.schaetzle-weingut.de. Aufricht, Höhenweg 8,
Meersburg, www.aufricht.de
Tannenspitzentrunk
ass man Tannenbäume
essen kann, wissen nur
wenige. Natürlich bringt
es nicht viel, wie ein Reh an den
Zweigen herumzuknabbern, die kann
man höchstens in die
Marinade fürs Wildfleisch geben. Aber die
jungen Triebe, Schössli
oder regional auch
Schossele genannt, haben ein feinwürziges
Aroma und ergeben
mit Zucker und Wasser
ausgekocht einen dickflüssigen Sirup, der
vom Geschmack an Honig erinnert und den
man sich dementsprechend auch aufs Brot
schmiert. Nun kann
man die Schössli aber
auch trinken: Die
„Schwarzwälder Tannenliebe“ ist eine Kreation des Freiburgers Thomas
Binder. Die Limonade enthält
neben dem Extrakt aus Tannenspitzen Wasser, Zucker, Kohlensäure, Schwarzwälder Honig
und Zitronensäure. Sie ist nicht
übersüßt und hat durch die
Schössli eine angenehm herbe
Note – nach Tannengrün eben.
Eiskalt ist sie eine gute Erfri-
QUERBEET
BADENWEILER
FAKTEN
DIE NAMENSVIELFALT der
Scheurebe ist mitunter etwas verwirrend. Zunächst
hieß die Sorte nur Sämling
oder Sämling 88, nach ihrem
Zuchtnamen. In Österreich
hat sich dieser Name bis heute gehalten. Weitere Namen
sind Scheu-Riesling oder
Scheu 88. 1933 nannte Georg
Scheu die Rebe zu Ehren des
NSDAP-Landesbauernführers Richard Wagner „Dr.
Wagnerrebe“. Er erhoffte sich
dadurch die Finanzierung
seiner Rebzucht. Nach dem
Krieg behauptete Scheu gegenüber Vertretern der USBesatzungsmacht, dass damit der Komponist Richard
Wagner gemeint gewesen
sei. Damit kam er durch. Die
„entnazifierte Rebe“ heißt
RIX
seitdem Scheurebe.
schung. Wer das Glück hat, aus
dem Schwarzwald zu kommen
und „Schösslihonig“ zu kennen,
dem ist das Aroma sofort vertraut – für alle anderen
bleibt es zunächst ein
neues, aber empfehlenswertes Geschmackserlebnis. Gepflückt werden die
Schösslinge von Hand
und Angaben des Herstellers zufolge mit Erlaubnis der Forstbehörden. Denn einfach so in
großen Mengen den
Tannen die Triebe abzureißen, das ginge natürlich nicht. Deswegen wird die „Tannenliebe“ auch nicht zu einem Massenprodukt
werden. Erhältlich ist
die Limonade in einigen Läden und Cafés in
Freiburg – zum Beispiel
im Bahnhofssupermarkt. Eine
vollständige Liste der Bezugsquellen findet sich unter
www.tannenliebe.de, dort gibt
es auch die Möglichkeit, das Getränk online zu bestellen. Und
noch einige Rezepte, wie man
mit dem Tannenspitzentrunk
sommerliche Cocktails zubereiKATHRIN GANTER
ten kann.
Neue Station im Park der Sinne
Seit fünf Jahren zieht der Park der Sinne
am Rande des Ortszentrums von Badenweiler Neugierige an. An 20 Sinnesinstallationen kann man die Welt riechen und
ertasten, seinen Gleichgewichtssinn auf
die Probe stellen, seine Augen hinters Licht
führen und sein Gehör testen. Zum fünften
Geburtstag im Juni kam die neue Sinnesstation „Steinpendel“ dazu. Das Konzept
des Parks beruht auf den Ideen des Künstlers und Philosophen
Hugo Kükelhaus (1900 bis 1984), der sich intensiv mit der
Bedeutung der Sinnespflege für das Wohlbefinden befasste.
DS
Der Park ist frei zugänglich und immer geöffnet.
WIEDEN
Schwedenfeuer in Finstergrund
Zu einem bergmännischen Zapfenstreich und Führungen
mit historischem Geläut lädt das Besucherbergwerk Finstergrund
in Wieden am Samstagabend, 20. August, ein. Los geht es um
20 Uhr mit dem Platzkonzert der Bergmannskapelle, bei Einbruch
der Dunkelheit wird der bergmännischer Zapfenstreich aufgeführt: Fackeln, Schwedenfeuer und Laternen bieten in
heimeliger Bergkulisse eine besondere Atmosphäre. Ab 18
Uhr gibt es Führungen durch das Besucherbergwerk. Um 19
Uhr fährt ein Shuttlebus von Schönau/Rathaus bis zum Bergwerk,
zusteigen kann man in Utzenfeld/Bushaltestelle. Bei Regen
DS
fällt die Veranstaltung aus. Info: www.finstergrund.de
Von Bäumen undTräumen
Ausflugstipp: Die Ausstellung „Den Wald vor lauter Bäumen...“ in Gengenbach spürt einem
Natürlich ersetzt eine Ausstellung keinen Waldspaziergang.
Aber sie kann vielleicht erklären,
was am Wald im Allgemeinen
und am Baum im Besonderen so
fasziniert. Die Gengenbacher
Ausstellung „Den Waldvor lauter
Bäumen...“ widmet sich noch bis
11. September den Bäumen, dem
Wald und der Frage, was sie in
den Menschen anrühren.
Anlass der Schau ist der 80.
Geburtstag des gebürtigen
Gengenbacher Kunstsammlers
Frieder Burda, der dieses Jahr
„die pittoreske, historische Stadt
Gengenbach“ mit gleich drei
Ausstellungen beehrt. Die Bilder
stammen aus seinem Baden-Badener Kunsttempel. Der Ort des
Geschehens ist ein Stadtpalais
aus der Zeit der Habsburger. Die
Räume im Haus Löwenberg sind
eigentlich viel zu klein für die
große Kunst, doch die Ausstel-
lungsmacher haben die Not genutzt: Jeder Raum wird quasi zu
einer Kammerbühne für einen
Künstler und sein Werk.
Wald ist nicht gleich Wald, wie
man weiß. Es gibt Bäume mit
Blättern und mit Nadeln, die immergrünen und die anderen, die
nadeln oder im Indian Summer
spektakulär erröten. Der Wald ist
nicht nur Rückzugsort „in die Pilze“ oder auf den Single Trail, sondern auch Totholz, Holzweg und
Monokultur. Der Wald ist Mythos, Heimat und Kitsch. Doch
wo sind in Gengenbach die röhrende Hirsche? Wo turteln Holzhacker und Schwarzwald-Marie?
Kitsch gibt’s hier nicht, sondern große Kunst, wie beispielsweise einen Gerhard Richter mit
gleichvier Ölbildern zum Thema
„Bühler Höhe“ (1991), die zeigen,
wie ein Bild wächst, wie die Pinselstriche waagrecht fliehen und
MYTHOS
nach, der gerade eine Renaissance erfährt
zum Schluss dann doch „etrem grellen „Melanie
was Ordentliches“ zu seim Gasthof“ verstehen ist. In diesem Bild zieht
cken sich WanderzeiNebel auf. Das Unheimlichen und die Miniatur
che, Mysteriöse, Rätselhafeines Paares, das mit
te findet sich auch in den
dem Hund Gassi geht.
Fotografien von Axel HütZum Gesamtkunstte. Sein amerikanischer Urwerk wird die Ausstelwald ist so heiter wie ein
lung durch die beigeKrimi von Mankell. Hier
fügte Literatur von
will man nicht alleine sein.
Heinrich Heine, Karl
An anderer Stelle wird
Krolow, Sarah Kirsch
der Besucher in die Morund anderen. Natürgenröte blicken und rätlich ist Goethes „Wanseln, wo die Lichtquelle ist:
derers
Nachtlied“
In diesem von Simon Pasie(„Über allen Wipfeln
ka gemalten „Aurora“
ist Ruh“) auch dabei.
(2005, Öl und Acryl auf Unheimlich und rätselhaft erscheint der Wald auf Worte sprechen zu den
FOTO: PC Bildern, Bilder werden
Leinwand) sitzen und lie- dem Bild von Axel Hütte.
gen drei junge Mädchen in
zur Illustration von
einem Baum. Die Stimmung ist hause, einen Platz zum Träumen Gedichten. Wen stört es, wenn
heiter, sinnlich und magisch, mit Abstand zur Welt. Auch die die Bilder ein paar Jahresringe
hier finden wie in einem prope- bei Freiburg lebende Malerin Su- weniger und die Gedichte ein
ren Mischwald Romantik, Pop sanne Kühn mischt die Stile und paar mehr haben? Da wächst zuArt und Fotorealismus ein Zu- malt Bilder für Entdecker: In ih- sammen, was zueinander passt.
„Den Wald vor lauter Bäumen...“
ist eine liebevoll zusammen gestellte Schau, gar nicht „viel
Holz“, sondern eine kleine Wanderung zu ausgesuchten Werken, die alle irgendwie mit Baum
und Wald zu tun haben. „Was ist
uns Deutschen der Wald?“, fragt
der Dichter Erich Fried. Wir fraPASCAL CAMES
gen mit.
> AUSSTELLUNG „Den Wald vor
lauter Bäumen...“ im Haus Löwenberg, Hauptstraße 13, Gengenbach. Geöffnet bis 11. September
dienstags bis freitags 10 bis 12 und
14 bis 17 Uhr, wochenends 13 bis
18 Uhr. Eintritt: 5 Euro, Schüler
2,50 Euro, Familienkarte 12 Euro.
TIPP: Stadtführung „Baum-Promenade“ mit Stadtgärtner Ralf
Gehrmann am Samstag, 20. August, 16 Uhr. Treffpunkt Löwenberg-Hof, Teilnahme 6 Euro plus
Ausstellungseintritt.
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Der Sonntag · 14. August 2016
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