d-pixx Standard – aber nicht langweilig Weit und superweit – alles drin, alles drauf Kurze Teles – Porträt und mehr Mittlere Teles – Blick fürs Detail Lange Teles – Fernsicht Superteles – ganz weit weg Fish-Eye – die Welt im Kreis Besondere Objektivtypen p Makroobjektive p Shiftobjektive p Tilt/Shift-Objektive p Softfokusobjektive p Spiegelobjektive Abbildungsfehler Grafik: Migutas | Dreamstime.com FOTOSCHULE 3 d-pixx 3/2009 43 FOTOSCHULE 2 1 Wussten Sie, ... … dass es schon 1961 ein Wechselobjektiv mit Lichtstärke 1:0,95 gab? Es kam an der Messsucherkamera Canon 7 zum Einsatz. Im Fokus des Interesses vieler Hobbyfotografinnen und Hobbyfotografen stehen die Kameras mit all ihren vielfältigen Einstellmöglichkeiten, ihrer umfassenden Ausstattung und ihrem High-Tech-Ambiente. Die Objektive geraten da oft ein bisschen ins Hintertreffen, denn wenn es sich nicht um Superzooms mit extrem großem Verstellbereich oder Lichtriesen handelt, haben sie wenig Spektakuläres zu bieten. Dabei ist gerade die Wahl der richtigen Brennweite für die Bildwirkung von entscheidender Bedeutung bei der Umsetzung einer Bildidee. Erst 2008 stellte Leica diesen Rekord mit dem Noctilux 0,95/50 mm ASPH. ein. Wenn im Folgenden von einer Brennweite die Rede ist, gilt das für das entsprechende festbrennweitige Objektiv sowie für Zooms, die diese Brennweite bieten, für fest eingebaute wie für Wechselobjektve und es gilt auch für Brennweiten, die etwas kürzer oder länger sind. TIPP Standard – aber nicht langweilig 4 Mit 1/30 Sek., Blende 1,4 und ISO 800 kann man noch in der späten Dämmerung Aufnahmen machen, z. B. bei einem Stadtbummel. Eine leichte Minuskorrektur hilft, das „Ausfressen“ der Lichter zu vermeiden und die dunklen Partien etwas knackiger ins Bild zu bekommen. Auch eine automatische Tonwertkorrektur kann helfen. 44 d-pixx 3/2009 Über die Standardbrennweite wurde bereits Positives berichtet. Egal, ob sie 50 mm (für Vollformat), rund 32 mm (für APS-C) oder 25 mm (für 4/3) beträgt oder noch kürzer ist (für All-in-One- oder Kompaktkameras mit ihren sehr kleinen Sensoren) – sie ist vielseitig nutzbar und sehr gut für neutrale, unaufgeregte Bilder zu verwenden. Interessante Varianten des Standardobjektivs sind zum einen die Festbrennweiten mit sehr hoher Lichtstärke und zum anderen die mit ultraflacher 3 Bauweise. Allerdings fällt die Auswahl in beiden Fällen eher dünn aus und wir müssen für einen Moment Kompakt- und All-in-One-Kameras außen vor lassen. Anfang 2009 steht nur ein einziges Standardobjektiv mit Anfangsöffnung 1:1,2 in den Katalogen (Canon EF 1,2/50 mm L). Objektive mit Lichtstärke 1:1,4 findet man häufiger und (fast immer) zu deutlich erschwinglicheren Preisen. Die hohe Lichtstärke macht es möglich, bis weit in die Dämmerung hinein aus der freien Hand bei natürlichem Licht zu fotografieren und ggf. die ganz hohen ISO-Werte zu meiden, wenn diese mit Rauschen behaftet sein sollten. Dabei macht es sich positiv bemerkbar, dass man schon ohne Bildstabilisator mit Verschlusszeiten bis zu 1/30 Sek. verwacklungsfrei fotografieren kann. Auch in einer hellen Umgebung lässt sich ein lichtstarkes Standardobjektiv sinnvoll einsetzen. Bei ganz offener Blende bietet es die Möglichkeit, das Hauptmotiv in einer schmalen Schärfenzone darzustellen, den Hintergrund aber in Unschärfe verschwimmen zu lassen. Das ist nicht so deutlich wie bei einem mittleren Tele gleicher Lichtstärke, das aber größer, schwerer und teurer ist. (e Kasten auf dieser Seite links) Die sehr flachen Standardobjektive, die dieser Bauform wegen auch als „Pancake“- (also „Pfann- Fotos: Wolfgang Kremer (1) – Canon (2) – Olympus (3) – Elliot Lowe (4) – Herbert Kaspar (5, 6) – Sony (7) – Kaiser Fototechnik (8) Brennweiten um 50 mm [@KB] herum sind sehr vielseitig und bringen Bilder mit sehr natürlicher Wirkung 1. Besondere Exemplare unter den festbrennweitigen Standardobjektiven sind die mit hoher Lichtstärke 2 und jene, die sehr flach sind 3 und sich daher bestens als Reisebegleiter eignen. powered by 6 5 Weitwinkelbrennweiten wie 24 mm 5 oder 28 mm 6 sind für Außen- und Innenaufnahmen geeignet. Der große Bildwinkel bringt aber oft große Kontraste ins Bild, die man bei der Nachbearbeitung meistern kann. Besonders die lichtstarken Varianten 7 sind für Reportageeinsätze sehr begehrt. Wenn man mehr Zeit hat, hilft eine Wasserwaage (jetzt auch elektronisch) beim Ausrichten der Kamera 8. 7 8 kuchen“-)Objektive bezeichnet werden, sind zwar nicht sehr lichtstark, aber da sie sehr leicht sind und nicht auftragen, eignen sie sich bestens als ständige Begleiter. Man kann sie gut auch einmal unter der Jacke tragen, wenn es nieselig ist oder man nicht als Fotograf auffallen möchte. Weit und superweit – alles drin, alles drauf Die Domäne der Objektive mit kurzen Brennweiten von 35 mm bis etwa 24 mm sind natürlich jene Gelegenheiten, bei denen man viel aufs Bild bringen möchte und/oder wenig Platz zwischen Motiv und Aufnahmestandort ist. Der Überblick über eine Landschaft ist mit ihnen ebenso möglich wie die Aufnahme eines Raumes oder das Architekturfoto. Wichtig ist dabei, dass man die Kamera richtig ausrichtet, was besonders bei Aufnahmen mit Kompaktkameras, die keinen Sucher haben, nicht immer einfach ist. Wenn es angeboten wird, sollte man Hilfslinien in den Monitor einblenden. Einige Kameras weisen auch eingebaute „elektronische Wasserwaagen“ auf, die die Arbeit erleichtern. Bei Aufnahmen vom Stativ kann der Griff zu einer Zubehörwasserwaage (entweder altmodisch mit einer oder zwei Libellen oder modern mit LEDs) helfen, was jedoch voraussetzt, dass die Kamera einen Blitz-/Zubehörschuh aufweist. Bei Architekturaufnahmen sind stürzende Linien, über die bereits berichtet wurde, eher akzeptabel, wenn das Gebäude nicht auch noch windschief steht. Bei Architekturaufnahmen von außen sollte zudem darauf geachtet werden, dass das Licht richtig fällt. Leicht seitlich einfallendes Licht bringt Strukturen in einer Fassade durch das Spiel von Licht und Schatten besser heraus. Perfektionisten schauen auf dem Stadtplan oder einer Online-Karte, wie die Fassade ausgerichtet ist und wann die Sonne optimal steht. Bei Innenaufnahmen erfasst der große Bildwinkel, besonders beim Einsatz von Superweitwinkelobjektiven, meist auch Fenster. Um zu verhindern, dass sie als „ausgefressene“ weiße Flächen ins Bild kommen, sollte man die Belichtung etwas nach Minus korrigieren oder die Möglichkeiten der HDR-Technik nutzen (auf diese Themen kommen wir in einer späteren Folge zurück). In der Landschaftsfotografie soll die waagrechte Ausrichtung der Kamera natürlich verhindern, dass im Bild der Horizont nach links oder rechts hängt und dass bei Aufnahmen vom Meer oder von Seen das Wasser „aus dem Bild läuft“. Wenn das nicht gelungen sein sollte, bieten schon einfache Bildbearbeitungsprogramme die Möglichkeit, das Bild auszurichten – und das sollte man auch dann tun, wenn man eher auf „Fotografie pur“ statt „Bilderschrauben“ steht (ebenso, wie man ggf. Belichtung, Kontrast und Farben optimiert, wenn die Aufnahme ein bisschen danebenliegt). INFO Ein kurzer Vorgriff auf das Thema „Schärfenzone“ (auch als „Schärfentiefe“ oder „Tiefenschärfe“ bekannt), auf das wir später im Zusammenhang mit dem Einfluss der Blende auf die Belichtung und die Bildgestaltung zurückkommen werden: Die Ausdehnung der Schärfenzone ist … … bei großen Blenden kleiner als bei kleinen Blenden, … bei langen Brennweiten kleiner als bei kurzen Brennweiten, … bei kleinen Entfernungen kleiner als bei großen Entfernungen und … bei großen Aufnahmeformaten kleiner als bei kleinen Aufnahmeformaten, wenn die jeweils anderen drei Faktoren unverändert bleiben. Aber natürlich können sich die einzelnen Faktoren gegenseitig beeinflussen. Dass Objektive mit kurzen Brennweiten, wie ebenfalls bereits angesprochen, den Vordergrund betonen und groß ins Bild bringen, lässt sich gut nutzen, d-pixx 3/2009 45 FOTOSCHULE Superweitwinkel sind nicht nur gut geignet, um große Landschaften, Gebäude oder Räume zu fotografieren, sondern können auch Motiven aus der Natur ein bisschen Pfiff geben 4. Noch sind die ganz kurzen Brennweiten 1 in Wechselobjektiven zu Hause – aber die Kompaktkameras holen auf. Es gibt bereits einige Modelle, deren Zooms mit 24 mm [@KB] starten (2 und 3). 2 TIPP Wenn man mit einer kürzeren Brennweite den Überblick aufnimmt und gleich darauf mit einer längeren Brennweite ein Detail oder mit längeren Brennweiten einige Details, ergibt das bei der Präsentation der Fotos spannende Bildpaare oder Bildfolgen. Gerade mit Zooms ist dieses Vorgehen kein Problem. TIPP Bei Gruppenbildern sollte man immer einige Aufnahmen mehr machen, und zwar in schneller Folge, damit die Mitglieder der Gruppe sich möglichst wenig bewegen. Dann kann man per Software (Adobe Photoshop Elements 7 beherrscht das sehr gut) Köpfe aus verschiedenen Bildern ins „Hauptbild“ holen und dafür sorgen, dass dort alle die Augen offen haben und dass möglichst viele lächeln. 46 d-pixx 3/2009 3 4 um dem Bild ein bisschen mehr Spannung zu geben, indem man einen Busch, einen Weidezaun oder im Herbst einen Heuballen in den Vordergrund setzt. Ob man diesen „Eyecatcher“ im Vordergrund mit in die Schärfe nimmt oder nicht, kann man bei Weitwinkelbrennweiten und Sensorgrößen zwischen 4/3 und Vollformat in Maßen mit der Blende steuern. Mit Superweitwinkeln und Kameras mit kleinen Sensoren ist es deutlich schwieriger, etwas aus dem Schärfenbereich zu schubsen. nach unten oder man vergrößert den Abstand. Bei Gruppenaufnahmen sollte man ausnahmsweise das Motiv – also die Gruppe – nicht möglichst formatfüllend aufnehmen. Personen am Rand werden bei Weitwinkelaufnahmen etwas breiter abgebildet, was nur selten auf Gegenliebe bei betroffenen Herren und noch viel weniger bei betroffenen Damen stößt. Das Phänomen heißt „Verzerrung“ und hat nichts mit „Verzeichnung“ zu tun, auf die wir noch zurückkommen. Dass Weitwinkel- und Superweitwinkelbrennweiten zusammen mit kleinen Blenden für eine große Ausdehnung der Schärfenzone sorgen, lässt sich in der täglichen Praxis natürlich sehr gut nutzen, wenn es darum geht, ein Motiv von vorn bis hinten scharf ins Bild zu bekommen. Beispiele sind Architekturbilder, bei denen die „stürzende Fassade“ von unten bis oben scharf erfasst wird, Fotos von Altstadtgassen, die auch die Pflastersteine vor der Frontlinse scharf zeigen oder Aufnahmen von liegenden Personen von den Füßen her, was zu Porträts der etwas anderen Art führt. Weitwinkel und Superweitwinkelobjektive sind auch für Aufnahmen in der Dämmerung gut geeignet – besonders gut natürlich die lichtstarken Exemplare, aber auch jene mit einer durchschnittlichen Anfangsöffnung. Die sogenannte Freihandformel sagt ja, dass man unverwackelte Aufnahmen machen kann, wenn die Verschlusszeit dem Kehrwert der Brennweite entspricht, wobei man locker unter den Tisch fallen lässt, dass die Benennungen (Sekunden im einen Fall, Millimeter im anderen) nicht so recht zusammenpassen. Im Zeitalter der Digitalkameras und der vielen unterschiedlichen Sensorgrößen muss noch hinzugefügt werden, dass mit „Brennweite“ die entsprechende Kleinbildbrennweite (bei d-pixx: Brennweite [@KB]) gemeint ist. Man kann also mit 28 mm Brennweite [@KB] fast immer davon ausgehen, dass man mit 1/25 Sek. unverwackelte Bilder machen kann, meist sogar mit 1/15 Sek. – hier spielt die eigene körperliche Verfassung eine Rolle und ob man die Aufnahme vielleicht während einer Bergwanderung Aber natürlich lassen sich mit Weitwinkelbrennweiten Personen auch natürlich ins Bild bringen. Bei einzelnen Personen ist es wichtig, dass keine Körperteile sehr nah vor der Frontlinse sind und dass man einen genauen Blick auf das Sucherbzw. Monitorbild wirft. Wirken bei einer Aufnahme aus Augenhöhe die Füße des Modells unnatürlich klein, geht man entweder mit der Kamera ein wenig Fotos: Sigma (1) – Panasonic (2) – Samsung (3) – Herbert Kaspar (4, 5, 7) – Nikon (6) – Modell: Antonia (5) 1 powered by 6 5 Die Brennweiten um 85 mm [@KB] sind für Porträts 5 immer noch erste Wahl – vor allem, wenn sie in einer lichtstarken Festbrennweite 6 steckt. Aber auch für einen schnellen Schnappschuss von eher ungefährlichen Tieren ist sie nützlich 7. oder während eines geruhsamen Stadtbummels macht. Zieht man noch in Betracht, dass viele Kameras oder Standardzooms mit Bildstabilisatoren ausgestattet sind, sind stimmungsvolle Dämmerungsaufnahmen aus freier Hand kein Problem. der Schärfenzone mit einer bestimmten SensorBrennweiten-Blendenkombination ist. Kurze Teles – Porträt und mehr Die Brennweiten um 35 mm oder 28 mm (jeweils [@KB]) sind auch hervorragende Reportagebrennweiten. Man kann etwa bei Umzügen oder Festen sehr gut im Getümmel Bilder machen und muss noch nicht einmal durch den Sucher oder auf den Live-View-Monitor schauen. Mit ein bisschen Übung bekommt man auch „aus der Hüfte“ das ins Bild, worauf es einem ankommt. Viele Zooms von D-SLR-Kameras und viele eingebaute Zooms von Kompakt- und All-in-OneKameras erreichen oder beinhalten Brennweiten um 85 mm [@KB]. Sie gehören zu jenen, die man landläufig als „kurze Tele-“ oder „Porträtbrennweiten“ bezeichnet. Außerdem findet man eine Reihe von Festbrennweiten um 80 mm, die sich von entsprechenden Zooms durch höhere Lichtstärke absetzen. Hier kann man sich für die Scharfstellung entweder auf AF-Systeme verlassen, die mehrere Messfelder haben, oder die sogenannte hyperfokale Einstellung nutzen. Hyperfokale Einstellung bedeutet, dass man Blende und Entfernung so festlegt, dass mit der gegebenen Brennweite beispielsweise alles von 2 m bis unendlich oder von 1 m bis 5 m scharf abgebildet wird. Dann kann es nicht passieren, dass eines der AF-Messfelder etwas erfasst, auf das es nicht ankommt. Diese Vorgehensweise ist natürlich nur möglich, wenn man Blende und Entfernung manuell einstellen kann. Einige wichtige Werte finden Sie in dieser kleinen Tabelle rechts, die wir mithilfe des Schärfenzonenrechners auf www. dofmaster.com erstellt haben. Unter dieser Adresse können Sie weitere Einstellungen berechnen lassen oder feststellen, wie groß die Ausdehnung Natürlich ist „Porträtbrennweite“ einerseits eine unzulässige Einschränkung, denn man kann mit den Brennweiten um 85 mm herum sehr viel mehr machen. Sie sind bestens dafür geeignet, aus mittleren Entfernungen Teile aus einem größeren Motiv herauszulösen und sie formatfüllend ins Bild zu bringen. Andererseits aber sind diese Brennweiten wirklich besonders gut, wenn es um Porträts im weiteren Sinn geht – von der Halbfigur bis zum Kopfbild. Man kann aus Entfernungen arbeiten, die für das Modell angenehm sind, weil man ihm nicht auf die Pelle rückt. Dabei werden die Abstände zwischen Nasenspitze, Augen und Ohren nur ein wenig gerafft, sodass das Gesicht schön modelliert (was natürlich auch von der Beleuchtung abhängt) und nicht flach im Bild erscheint. Das gilt für Systemkameras ebenso 7 INFO Mit 28 mm Brennweite [@KB] erreicht man mit Blende 8 folgende Schärfenzonen (gerundet): e 28 mm an Vollformat Einstellentfernung: 4 m Schärfenzone: 2,8 m – y e 18 mm an APS-C Einstellentfernung: 3 m Schärfenzone: 1,3 m – y e 14 mm an 4/3 Einstellentfernung: 2 m Schärfenzone: 0,9 m – y d-pixx 3/2009 47 FOTOSCHULE 1 2 Lichtstarke Telezooms 1 machen das Spiel mit Schärfe und Unschärfe 2 sehr bequem. Wenn man ein Motivteil scharf vor einem unscharfen Hintergrund darstellen möchte, hängt das von der Ausdehnung des Motivteils ab, von der Brennweite, der Blende und vom Abstand zwischen Motiv und Hintergrund. Um sicherzugehen, dass der gewünschte Effekt optimal ausfällt, sollte man ihn im Sucher oder auf dem Monitor überprüfen. Wenn die Kamera eine Abblendtaste hat oder sich im Live-View-Betrieb das Bild durch das abgeblendete Objektiv betrachten lässt, sollte man diese Möglichkeit nutzen. Bei einigen Kameras, die keine ausgewiesene Abblendtaste haben, kann man eine Funktionstaste entsprechend belegen – und das ist auf jeden Fall sinnvoll. 48 d-pixx 3/2009 wie für All-in-One- und Kompaktkameras, deren Zooms die kurzen Telebrennweiten beinhalten. Wenn das Objektiv an einer Kamera mit großem Sensor (also 4/3-, APS-C- oder Vollformatsensor) eingesetzt wird und seine größte Öffnung groß genug ist (1:4 oder größer), kann man dank selektiver Schärfe plastische Porträts vor deutlich unscharfem Hintergrund aufnehmen. Je weiter weg der Hintergrund, desto besser. Die Freihandgrenze liegt hier bei 1/90 Sek. – etwas kürzer ist aber vorteilhaft, damit man die Haare des Modells auch wirklich haarscharf ins Bild bekommt. Nicht ganz an die 85-mm-Marke kommt man heran, wenn man ein vollformattaugliches 50-mmStandardobjektiv an einer APS-C-Kamera einsetzt. Wenn es sich um ein Objektiv mit Lichtstärke 1:1,8 oder gar 1:1,4 handelt, tröstet die große Anfangsöffnung schnell über die fehlenden Brennweitenmillimeter hinweg. Mittlere Teles – Blick fürs Detail Die Aufteilung des ganzen großen Brennweitenbereichs in kleinere Bereiche (Standard – Weitwinkel – Superweitwinkel – kurze Tele usw.) ist natürlich nicht mit festen Grenzen verbunden, vor allem deshalb nicht, weil Zooms mit ihren vielen Brennweiten in einem Objektiv das Geschehen bestimmen. Vielmehr sind die Übergänge fließend und von der Vorstellung der einzelnen Fotografin bzw. des einzelnen Fotografen geprägt. Für die eine sind 100 mm oder 135 mm [@KB] noch „kurzes Tele“, für den anderen schon „mittleres Tele“. Sieht man von diesen kleinen Definitionsproblemen ab, sind die Brennweiten von rund 90 mm bis rund 150 mm [@KB] bereits der Einstieg in ein anderes fotografisches Sehen. Man versucht nicht mehr, den großen Überblick ins Bild zu bekommen oder große Motive ganz zu erfassen, sondern konzentriert sich auf Details. Diese Details können, müssen aber nicht zwangsläufig klein sein. Einige übrig gebliebene Äpfel an einem bereits blätterlosen Baum im Herbst oder Herbstblätter, die in einem Zaun hängengeblieben sind oder die Schleife im Zopf eines kleinen Mädchens sind z. B. solche Details, die man mit einer mittleren Telebrennweite gut ins Bild setzen kann. Aber auch ein einzelner Baum in einer großen grünen Wiese oder einem großen gelben Rapsfeld ist ein Detail, das man mit einer längeren Brennweite groß und Bild bestimmend einfangen kann, ebenso wie den einzigen Balkon einer großen Fassade, auf dem ein Sonnenschirm steht oder den Ausflugsdampfer, der sich auf dem großen See dem Landesteg nähert. Lange Teles – Fernsicht Mit den langen Telebrennweiten zwischen 150 mm und rund 350 mm [@KB] wird man eher versuchen, aus größerer Entfernung zum Bild zu kommen als mit einem Standardobjektiv, und daran ist auch gar nichts auszusetzen. Kinder, Sportler, Tiere Fotos: Tamron (1) – Herbert Kaspar (2, 4) – Olympus (3) – CeWe Color (5, 6) TIPP powered by 5 4 3 6 Lange Brennweiten können auch in zierlichen Objektiven stecken 3 und machen es z. B. möglich, Kinder zu fotografieren, ohne dass sie es bemerken 4. oder interessante Strukturen an Bauwerken, in Stadt- oder Naturlandschaften können formatfüllend fotografiert werden, auch wenn man nicht nah an sie herankommt. Natürlich entscheiden letztendlich die Gegebenheiten vor Ort, aber wenn es möglich ist, sollte man bei Kinderbildern den Blickwinkel aus Augenhöhe eines Erwachsenen vermeiden – gehen Sie lieber in die Knie oder legen Sie sich auf den Bauch, um die Welt der Kleinen zu erfassen. Die lange Brennweite macht es möglich, unauffällig im Hintergrund zu bleiben. Oder man steigt, ganz bewusst und ganz im Gegenteil zu „unauffällig“, auf einen Stuhl, um die Zwerglein aus der Vogelperspektive zu zeigen. Wenn man im Spiel versunkene Kinder fotografieren möchte, ist eine extra Portion Geduld nicht schlecht, denn ein Erwachsener mit einer Kamera auf einem Stuhl zieht doch einige Aufmerksamkeit auf sich (die man wiederum für einige Schnappschüsse nützen kann). Für Aufnahmen von Sportlerinnen und Sportlern kann es nötig sein, eine Erlaubnis vom Verein oder Veranstalter eines Sportereignisses einzuholen. Besonders die Besitzer von D-SLR-Kameras mit langbrennweitigen Objektiven kommen schnell in den Verdacht, die Bilder kommerziell nutzen zu wollen und sollten rechtzeitig anfragen. Bei großen Sportveranstaltungen reichen allerdings auch lange Brennweiten nicht, um als Ama- teur wirklich hautnahe Bilder vom Geschehen zu machen. Die Abstände zwischen den Rängen und dem Spielfeld, den Laufbahnen oder den Anlagen für Wurf- oder Sprungwettbewerbe sind zu groß. Trotzdem sollte man, wenn es erlaubt ist, eigene Bilder machen und sich nicht nur auf die Arbeit der Profis verlassen. Auch wenn man das Mienenspiel der Athleten nicht einfangen kann, vermitteln die eigenen Fotos das „Ich-war-dabei-Gefühl“ besser, als die Bilder, die man später in Zeitschriften sieht. Ein Fehler, der in diesem Zusammenhang gern gemacht wird, ist der Einsatz des Blitzes, wie man bei Fernsehübertragungen aus abendlichen Stadien sehr gut beobachten kann. Die kleinen, eingebauten Geräte leuchten aber nur ein paar Meter weit und bringen damit nur die Hinterköpfe der Vorderleute ins Bild – je nach Steuerung der Kamera gut ausgeleuchtet oder vielleicht auch „überblitzt“. Lieber die Empfindlichkeit etwas höher wählen und die Belichtung auf den hell erleuchteten Teil des Stadions abstimmen. Dann kommt das Wesentliche gut belichtet ins Bild und die Vorderleute werden zu Silhouetten. Aber die lange Brennweite hat noch mehr Vorteile als nur das Überbrücken von Entfernungen. Der enge Bildwinkel kann dafür sorgen, dass nur wenig Umfeld/Hintergrund ins Bild gelangt und dadurch das Hauptmotiv besser zur Geltung kommt. Bei lichtstarken Objektiven kann dies durch die schmale Schärfenzone bei ganz offener Blende TIPP Ein wichtiger Tag im Leben eines Kindes ist der erste Schultag. Alles ist neu, so viel geht durcheinander – auch, wenn man sich später erinnern will. Fotos sind daher an diesem Tag besonders wichtig. Fotos vom Schulanfänger, alten Freunden, die aus dem Kindergarten mit in die Schule wechseln, neuen Freunden. Bei CeWe Color kann man dann aus den vielen Digitalfotos unterschiedlichste Fotoprodukte herstellen lassen – von den Bildern für Omas, Opas, Tanten, Onkel, entfernte Verwandte, Freunde und Bekannte über Poster fürs Kinderzimmer bis zum CeWe Fotobuch, das den fotografischen Bogen von der Taufe bis zur Einschulung spannt. Etwas ganz Besonderes sind aber Federmäppchen und Ringbücher von CeWe Color, die mit eigenen Fotos gestaltet werden. Sie sind unverwechselbar und können z. B. dem Erstklässler den „optischen Kontakt“ zum Lieblings(kuschel)tier bieten. d-pixx 3/2009 49 FOTOSCHULE 1 4 3 INFO Wie groß Sonne oder Mond auf den Sensor kommen, kann man nach der Faustformel „etwas kleiner als echte Brennweite in Millimetern geteilt durch 100“ überschlagen. Mit einem 300er kommen Sonnenball oder Mondkugel nur rund 2,8 mm groß auf den Sensor (oder auf den Film). Für die großen Abbildungen, die immer wieder in Naturdokus im Fernsehen zu bewundern sind, braucht man also wirklich lange Brennweiten. Interessant wird es ab etwa 1200 mm, was man durch den Einsatz von Telekonvertern erreichen kann. Soll die Sonne ganz in einem APS-C-Bild erscheinen, braucht man eine Brennweite von rund 1600 mm, bei Vollformat von rund 2500 mm. Dazu der TIPP ... dass beim Drucken einer Ausschnittsvergrößerung der Größeneindruck natürlich „nach oben“ korrigiert werden kann. 50 d-pixx 3/2009 Alle Kameras des Trios links bieten als längste Brennweite mehr als 520 mm [@KB]. Das reicht noch nicht für imposante Bilder von Sonne oder Mond, aber natürlich spielt noch die Nachvergrößerung beim Drucken eine Rolle 4, 5. In Horizontnähe wirkt die Sonne übrigens etwas größer. unterstützt werden. Bei Aufnahmen von Menschen und Tieren ist in solchen Fällen anzuraten, die Schärfe auf die Augen zu legen oder ggf. auf das der Kamera zugewandte Auge, wenn ein Porträt angestrebt ist. Ansonsten stehen der Experimentierfreude natürlich Tür und Tor offen und man kann ungezwungen mit Schärfe/Unschärfe spielen. Superteles – ganz weit weg Früher waren Superteleobjektive mit Brennweiten von 300 mm und mehr selten und meist sehr teuer. Ausnahmen wie die berühmte „Wundertüte“ (Beroflex 8/500 mm), das in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts auf den Markt kam, bestätigen die Regel. Mitte 2009 findet man Brennweiten von über 400 mm, 500 mm und 600 mm [@ KB] in den Zooms der All-in-One-Kameras aller großen Hersteller. Superzooms wie das Tamron 18-270 mm bringen es an D-SLRs mit APS-CSensoren auf über 400 mm [@KB] – und alle diese Zooms bieten dazu stufenlos die Brennweiten ab Weitwinkel. Das Olympus Zuiko-Digital Kompakt 4-5,6/40-150 mm kommt bis 300 mm Brennweite [@KB], wiegt aber nur 260 g und ist kaum größer als ein Standardzoom. Das größere Modell ED 4-5,6/70-300 mm hat bezogen auf Kleinbild einen Brennweitenbereich von 140-600 mm, ist aber immer noch handlich. Im Gegensatz zur erwähnten Wundertüte haben die neuen Objektive Autofokus und sind mit Bildstabilisatoren ausgestattet bzw. mit kamerainternen Stabilisatoren kombiniert. Das 5 heißt: Tier- und Sportfotografen haben es leicht, ihre weit entfernten Motive groß ins Bild zu bekommen. Enger Bildwinkel und schmale Schärfenzone erleichtern die Konzentration aufs Wesentliche noch mehr als bei den Telebrennweiten. Tier- und Sportfotografie wurden als Einsatzgebiete für die Supertelebrennweiten schon genannt, aber natürlich kann man auch sie „gegen den Strich bürsten“. So werden für Modeaufnahmen immer wieder lange Brennweiten eingesetzt, um die Models vor einem fluffigen Hintergrund und ohne ablenkendes Umfeld in Szene zu setzen, und es gibt keinen Grund, dies nicht auch einmal auf eigene Aufnahmen von Personen zu übertragen. Und natürlich kann man in der Landschaftsfotografie wegen des stark raffenden Effekts der langen Brennweiten ganz besondere Effekte erzielen. Sonnenauf- oder -untergänge mit einem großen Sonnenball über dem Horizont sind mit Supertelebrennweiten gut zu fotografieren, obwohl riesige rote Sonnenbälle über dem Horizont nur mit wirklich langen Brennweiten aufgenommen werden können (e links). Generell gilt für lange und superlange Brennweiten, dass Landschaftsaufnahmen (mit oder ohne Sonnenuntergang) oft schlechter ausfallen, als man bei der Aufnahme erwartet hat. Das liegt dann aber nicht an der Qualität des Objektivs, sondern an den äußeren Umständen. Bei Aufnahmen ferner Motive wird auch die Luft zwischen Kamera und Fotos: Nikon (1) – Olympus (2) – Pentax (3) – Herbert Kaspar (4, 5, 6, 7) – Canon (8) – Tiger mit freundlicher Genehmigung der Wilhelma/Stuttgart 2 powered by 6 8 7 Motiv mitfotografiert – inkl. Schmutz, Dunst oder Schlieren, die von aufsteigender warmer Luft gebildet werden. Aufsteigende warme Luft kann übrigens selbst ein Motiv sein. In dieses Umfeld gehören Fahrzeuge, die sich auf einer erwärmten Straße nähern (Vorsicht walten lassen! Das schönste Bild taugt nichts, wenn es das letzte vor dem Unfall war!), aber auch am warmen Sandstrand oder über warmen Gewässern können interessante Effekte auftreten. Tele- und Superteleobjektive kann man zudem gut für Detailbilder aus mittleren Enternungen und sogar für „Nahaufnahmen“ einsetzen. Gegebenenfalls kann man das Objektiv mit einer Nahvorsatzlinse versehen und damit die Nahgrenze verlagern. Die Anführungszeichen sind nötig, da man zwar einerseits die für Nahaufnahmen typischen großen Abbildungsmaßstäbe erzielt, andererseits aber aus größeren Entfernungen von 30, 40, 50 cm oder mehr arbeitet. Besonders für Bilder von Insekten ist das sehr praktisch, da die Tiere so nicht fliehen. Außerdem ist der größere Abstand interessant, wenn man kleine Motive ausleuchten möchte. Je länger die Brennweite ist, desto wichtiger ist der Blick auf die Verschlusszeit. Auch wenn Bildstabilisatoren in Objektiven oder Kameras sehr effektiv arbeiten, besteht immer noch die Gefahr der Verwacklung. Die Faustformel für unverwackelte Aufnahmen aus freier Hand lautet, wie schon angesprochen, „eins geteilt durch Brennweite“ und je nach Stabilisator und eigener körperlicher Verfassung kann man den so gefundenen Wert um zwei, drei und in seltenen Fällen vier Stufen verlängern. Trotz dieser Errungenschaft ist ein gutes Stativ für viele Tele- und Superteleaufnahmen immer noch unverzichtbar. „Gut“ heißt in diesem Fall, dass möglichst viel der nötigen Arbeitshöhe durch die Länge der Stativbeine erzielt werden sollte und nur ein kleiner Anteil über die Mittelsäule. Sehr angenehm ist, wenn man aufrecht stehend ins Okular der waagrecht ausgerichteten Kamera schauen kann, ohne die Mittelsäule hochzufahren. Dann kann man mit ausgezogener Mittelsäule nach oben fotografieren, ohne (zu sehr) in die Knie gehen zu müssen. Außerdem sollte das Gewicht von Stativ und Kopf ein guter Kompromiss aus Standfestigkeit und Tragbarkeit sein. Die maximale Belastbarkeit sollte über dem Wert liegen, den der aktuelle Stativkopf, das Kameragehäuse und das derzeit schwerste Objektiv der Ausrüstung gemeinsam auf die Waage bringen, dann ist man auf der sicheren Seite, wenn einmal ein größeres und schwereres Tele(zoom) angeschafft wird. Viele Festbrennweiten oder Zooms mit langen und superlangen Brennweiten sind mit Stativringen oder Stativgondeln ausgestattet, die ein oder zwei Stativgewinde aufweisen. Wenn man diese Gewinde nutzt, um die Objektiv/Kamera-Kombination auf dem Stativkopf zu befestigen, entlastet man das Kamerabajonett und die Aufnahmeeinheit ist von vornherein im Gleichgewicht (oder zumindest Für Aufnahmen von Tieren in freier Wildbahn 6, 7 gilt für die Brennweite natürlich: je länger, desto besser. Es muss ja nicht gleich ein riesiges schweres 800er sein. Ob in Afrika oder im Zoo – es gilt, die „lange Tüte“ möglichst ruhig zu halten. Dabei kann ein Bohnensack (siehe Text) sehr hilfreich sein. Die grauen Flächen entsprechen zum einen etwa der Größe der All-in-One-Kameras, zum andern dem Durchmesser des 800ers. Wussten Sie, ... ... dass die Bewegung der Kamera während der Belichtung als „verreißen“ bezeichnet wurde (analog zum Schießen), während man es „verwackeln“ nannte, wenn sich eine Person (oder auch ein Gegenstand) vor der Kamera während der Belichtung bewegte und damit Unschärfen herbeiführte? Heute ist praktisch nur noch „verwackeln“ gebräuchlich. d-pixx 3/2009 51 FOTOSCHULE 2 1 Gewicht bringt Stabilität. Wenn man sich für ein leichtes Stativ entschieden hat, kann man Gewicht hinzufügen, indem man die Fototasche daranhängt oder eine Einkaufstasche, in die man vor Ort gefundene Steine oder – etwa am Strand – Sand füllt. Diese Zusatzgewichte dürfen nicht schwingen, denn das wäre kontraproduktiv! TIPP Schauen Sie bei der Entscheidung für ein langes Objektiv auch danach, ob es Innenfokussierung aufweist, beim Fokussieren also die Länge beibehält. Je länger das Objektiv beim Fokussieren in die Nähe wird, desto eher gerät es aus dem Gleichgewicht. Es wird „frontlastig“, was der Handhabung bei Freihandaufnahmen nicht zuträglich ist und bei Stativ-Aufnahmen dafür sorgen kann, dass die Aufnahmeeinheit nach dem Anziehen der Feststellschraube noch ein Stückchen nach vorn kippt. 52 d-pixx 3/2009 ziemlich gut im Gleichgewicht). Ist das nicht der Fall, muss man Objektiv und Kamera beim Ausrichten stärker stützen und nach dem Anziehen der Feststellschraube verrutscht der Bildausschnitt ein bisschen (oder auch etwas mehr als ein bisschen). Hat ein langes, schweres Objektiv keinen Stativring, kann ein Einstellschlitten Abhilfe schaffen. Einstellschlitten werden in erster Linie zwar im Makrobereich eingesetzt, können aber für Teleaufnahmen zweckentfremdet werden. Der Einstellschlitten wird auf dem Stativkopf befestigt und trägt seinerseits die Kamera, die stufenlos vor- und zurückbewegt werden kann. So lässt sich der Bildausschnitt optimieren, ohne das Stativ bewegen zu müssen. Setzt man nun eine Kamera mit langem Objektiv auf den Einstellschlitten und schiebt sie nach hinten, verlagert man den Schwerpunkt und kann die Aufnahmeeinheit ins Gleichgewicht bringen. Fish-Eyes – die Welt im Kreis Fish-Eye-Objektive fallen aus dem „normalen“ Objektivangebot heraus, weshalb wir sie auch nicht unmittelbar nach den Weitwinkel-/Superweitwinkelobjektiven vorgestellt haben, sondern erst jetzt behandeln. Während bei allen bisher besprochenen Objektiven Wert darauf gelegt wird, dass gerade Linien im Motiv im Bild auch gerade wiedergegeben werden, protzen Fischaugen geradezu damit, dass alle geraden Linien, die nicht durch die Bildmitte verlaufen, deutlich nach außen durchgebogen werden! Das soll der Sehweise eines Fisches entsprechen, der nah an der Wasseroberfläche schwimmt und in einem schmalen Bach beide Ufer gleichzeitig sehen kann. Man unterscheidet die kreisförmig zeichnenden und die formatfüllenden Fish-Eye-Objektive. Die kreisförmig zeichnenden Fish-Eyes weisen nach allen Seiten einen Bildwinkel von 180° auf. Wenn man eine Kamera mit so einem Objektiv nach oben weisend waagrecht auf den Boden legt, bekommt man den ganzen Himmel von Horizont zu Horizont auf das Bild – ebenso wie einen ganzen Innenraum mit Decke und Wänden. So ein Bild ist wegen der durchgebogenen Linien einerseits fremd und gewöhnungsbedürftig, andererseits aber auch ein Hingucker. Dazu trägt natürlich auch bei, dass das Bild kreisförmig ist und in einem schwarzen Umfeld steht. Dieses schwarze Umfeld kann bei der Belichtungsmessung zu Problemen führen, wenn der Belichtungsmesser das ganze Bildfeld erfasst. Es empfiehlt sich daher, ein kleines Messfeld zu nutzen oder auszuprobieren, welche Minuskorrektur eingestellt werden muss, um den schwarzen Bildrand auszugleichen. Außerdem sollte das RAW-Format der Kamera genutzt werden, damit die Belichtung am Rechner problemlos optimiert werden kann. Etwas gemäßigter wirken die Bilder, die man mit einem formatfüllenden Fish-Eye macht. Diese Variante weist nur über die Formatdiagonale den rie- Fotos: Anthony Ngo | Dreamstime.com (1) – Sigma (2) – Herbert Kaspar (3, 4) – Panasonic (5, 6) TIPP 1 Das berühmte Opernhaus (klein im Hintergrund), die ebenso berühmte Harbour Bridge an den Rand gedrängt – das formatfüllende Fish-Eye erlaubt einen neuen Blick auf die Skyline von Sydney. Objektive dieser Bauart 2 können mit einer kurzen Streulichtblende ausgestattet werden, deren Segmente nicht ins Bildfeld ragen. powered by 5 4 3 6 Für Makro- und Nahaufnahmen 3, 4 ist man nicht mehr auf Systemkameras angewiesen. Auch Kompaktkameras, so dünn sie auch sein mögen 5, machen Makroaufnahmen möglich. Die Tulpe 6 als Symbol für die Makrofunktion hat sich durchgesetzt. sigen Bildwinkel von 180° auf. Auch diese Objektive biegen alle geraden Linien, die nicht durch die Bildmitte verlaufen, nach außen durch. Architekturaufnahmen oder Bilder in Zimmern werden also immer als Fish-Eye-Fotos auffallen. Bei Landschaftsaufnahmen oder bei Fotos von Motiven, die keine geraden Linien aufweisen (etwa die Arena in einem Zirkuszelt) kann es aber durchaus passieren, dass die besondere Entstehung des Bildes nicht sofort ins Auge fällt. Ob kreisförmig zeichnend oder formatfüllend – die Schärfenzone ist bei den Objektiven mit Brennweiten von 7,5 mm bis 15 mm schon bei weit offenen Blenden enorm groß und ab Blende 8 wird alles ab etwa einem Meter Entfernung scharf abgebildet. Bei Aufnahmen mit beiden Fish-Eye-Typen kann es die Bildwirkung stark beeinflussen, die Kamera nach oben oder zu neigen. Hält man sie aufwärts, bekommt man einen riesigen Himmel ins Bild und der Horizont wird nach unten durchgebogen. Neigt man die Kamera dagegen nach unten, wölbt sich der Horizont nach oben, die Welt erscheint tatsächlich als Kugel im Bild und es kommt alles ab dem nahen Vordergrund ins Bild. In diesem Fall kann man es bei formatfüllenden Fish-Eyes vermeiden, dass die eigenen Füße Teil des Bildes werden – bei den kreisförmig zeichnenden Varianten dagegen nicht. Diese verleihen gegebenenfalls auch noch Busen oder Bauch eine Bild bestimmende Bedeutung. Grandiose Landschaften reizen, das Fish-Eye zu nutzen, um alles in ein Bild zu bekommen. Dabei sollte aber das Sucher- und/oder Monitorbild genau betrachtet werden. Nahes kommt sehr groß ins Bild, in der Ferne liegende Teile des Motivs werden nur klein wiedergegeben – und die imposante Bergkette am Horizont schrumpft ins Hügelige. Fish-Eye-Aufnahmen sind übrigens nicht nur Besitzern von D-SLR-Kameras vorbehalten. Dank entsprechender Objektivvorsätze kann man auch All-in-One- und Kompaktkameras entsprechend aufmotzen. Wussten Sie, ... … dass es ein Fish-Eye-Objektiv gab, das sogar einen größeren Bildwinkel als 180° aufwies? Das Nikon Fisheye-Nikkor 2,8/6 mm überblickte 220° und konnte damit Objekte hinter dem Fotografen aufnehmen. Das Objektiv hatte einen Durchmesser von 23,6 cm, wog 5,2 kg und degradierte auch große Profikameras der F-Serie zu Anhängseln. Besondere Objektivtypen Auf den letzten Seiten haben wir uns den unterschiedlichen Brennweiten gewidmet, die in Wechselobjektiven, All-in-One- und Kompaktkameras vorkommen können, einzeln in festbrennweitigen Objektiven oder gebündelt in Zooms. Schauen wir nun kurz einige besondere Objektivtypen an, die durch ihren Einsatzzweck und/oder die Bauweise spezifiziert werden. Hier geht es wieder nur um Wechselobjektive. Makroobjektive sind in der Regel für Aufnahmen mit Abbildungsmaßstäben bis 1:1 optimiert. Es wird eine Fläche erfasst, die der Sensorgröße entspricht. Einige kommen ohne Hilfsmittel nur bis 1:2 und es wird eine Fläche erfasst, die doppelt so lang und so breit wie der Sensor ist. Die Fläche ist d-pixx 3/2009 53 FOTOSCHULE 3 TIPP Makroobjektive für Systemkameras gibt es mit unterschiedlichen Brennweiten im Bereich von 50 mm bis etwa 200 mm [@KB]. Für Naturaufnahmen empfehlen sich die Objektive mit längeren Brennweiten. Sie sind bei Tieraufnahmen von Vorteil, da sich die kleinen Modelle nicht gestört fühlen. Generell liegt ihr Vorteil darin, dass der größere Abstand zwischen Frontlinse und Motiv für eine bessere Ausleuchtung sorgt. Je näher man dem Motiv kommt, desto eher fällt der Schatten der Kamera oder der eigene Schatten darauf. TIPP Abhilfe bei Problemen mit der Ausleuchtung einer Makroaufnahme schaffen natürlich Ringoder Makroblitzgeräte. Aber schon ein weißes Tuch, eine weiße Pappe oder auch Alufolie helfen, Licht in die Schattenpartien zu reflektieren! 54 d-pixx 3/2009 hier also viermal so groß wie der Sensor, aber man hat sich im Zusammenhang mit Abbildungsmaßstäben auf die Angabe der linearen Vergrößerung bzw. Verkleinerung festgelegt. Durch Einsatz eines Zwischenrings kann dann auch mit diesen Objektiven die Abbildung in Lebensgröße erzielt werden. Beim Umgang mit Makroobjektiven gilt es, zu beachten, dass im extremen Nahbereich die Schärfenzone zwar extrem schmal ist, dass es sich aber trotzdem nicht empfiehlt, abzublenden so weit es geht. Bei den sehr kleinen Blenden kommt die Beugungsunschärfe zum Tragen, die dem Gesamteindruck des Bildes abträglich ist. Wenn möglich, sollte ein Stativ zum Einsatz kommen, da schon kleinste Bewegungen während der Aufnahmen gnadenlos vergrößert werden. Einstellschlitten, die bereits im Zusammenhang mit den Superteleobjektiven eine Rolle spielten, können sich hier als sehr nützlich erweisen – etwa dann, wenn eine Sachaufnahme in einem bestimmten Abbildungsmaßstab gemacht werden soll. Mit einem Einstellschlitten ist die Umsetzung der Vorgabe recht bequem: Man stellt das Objektiv auf „manuelles Fokussieren“, wählt den Abbildungsmaßstab anhand der Skala, die auf dem Objektivtubus angebracht ist, und bringt dann das Stativ und die Kamera in etwa in Postition. Anschließend verschiebt man die Kamera auf dem Schlitten vor- oder zurück, bis das Objekt scharf im Sucher oder auf dem Monitor erscheint. Live-View mit einer guten Lupenfunktion ist in diesem Fall sehr hilfreich. 2 4 2 Wird die Hauptebene des Objektivs so verschwenkt, dass sie, die Bildebene und die Objektebene sich in einer Linie schneiden, wird die Schärfenebene verlagert und kann an die Objektebene angepasst werden, die nun ganz in der Schärfe liegt. Shiftobjektive Wenn von Fach- oder Großformatkameras die Rede ist, wird meist die Größe des Aufnahmematerials als großer Vorteil erwähnt. Das ist zwar richtig, aber viele Fotografen sehen in der Verstellbarkeit dieser Kameras deren größten Vorzug. Verstellbar heißt, dass das Objektiv und das Rückteil mit dem Film oder dem großen Sensor nach oben, unten, rechts und links verschoben werden können. Damit durch das Verschieben die Abbildungsqualität nicht leidet, weisen die Objektive einen gegenüber dem Bildwinkel vergrößerten Bildkreis auf. Durch die Verschiebungen ist es z. B. möglich, stürzende Linien zu vermeiden oder einen Spiegel von vorn ohne perspektivische Verzerrung zu fotografieren, ohne dass die Kamera im Spiegel zu sehen ist. Shiftobjektive übertragen diese Möglichkeiten in kleinerem Maßstab in die Fotografie mit Spiegelreflexkameras. Hier kann allerdings nur das Objektiv, nicht aber die Sensorebene verschoben werden, was aber auch schon große Vorteile bei Architektur- oder Sachaufnahmen bringt. Tilt/Shift-Objektive enstprechen in der ShiftFunktion den Shiftobjektiven. Das heißt, dass man sie nach oben, unten, rechts und links schieben kann. Zusätzlich kann man sie schwenken. Das erinnert erneut an die Arbeit mit Fachkameras – wieder mit der Einschränkung, dass bei der Arbeit mit T/S-Objektiven nur das Objektiv geschwenkt werden kann, während bei Fachkameras Front- und Rückstandarte bewegt werden können. Fotos/Grafiken: Nikon (1, 2) – Herbert Kaspar (3, 4) – Louise Roach | Dreamstime.com (5) – Sony (6) – CeWe Color (7, 8) – locr (9) 1 1 Im Normalfall sind die Hauptebene des Objektivs (rot) und die Bildebene (gelb) parallel zueinander ausgerichtet und es wird eine ebenso parallel dazu verlaufende Ebene (hellblau) scharf abgebildet. Durch Abblenden wird die Schärfenebene zur Schärfenzone erweitert. Eine schräg dazu verlaufende Objektebene (dunkelblau) wird nur zum Teil von der Schärfenebene und der Schärfenzone erfasst. powered by 7 6 5 Die Tilt-Funktion eröffnet den Zugriff auf die „Scheimpflug-Verstellung“, die oft „Schärfendehnung nach Scheimpflug“ genannt wird – was aber falsch ist. Im Normalfall erfasst ein Objektiv eine Ebene scharf, die parallel zur Bildebene (Sensorbzw. Filmebene) angeordnet ist. Durch Abblenden kann man die Schärfenebene zur Schärfenzone erweitern und es werden auch Objekte scharf abgebildet, die vor oder hinter der eigentlichen Schärfenebene liegen. Neigt man ein Shiftobjektiv (bzw. die Frontstandarte einer Fachkamera) so, dass sich Objektebene, Hauptebene des Objektivs und Bildebene in einer Linie schneiden, verlagert sich die Schärfenebene. Im Idealfall wird eine Ebene, die nicht parallel zur Bildebene verläuft von nah bis fern scharf erfasst, ohne dass das Objektiv abgeblendet wird. Das heißt: die Schärfe wird nicht „gedehnt“, sondern die Schärfenebene kann verlagert und an eine Objektebene angepasst werden, die in einem Winkel zur Bildebene verläuft. Abblenden erweitert auch hier die Schärfenebene zur Schärfenzone, kann aber sehr fein dosiert werden. Es ist auf jeden Fall möglich, unterhalb der Grenze zu bleiben, ab der Beugungsunschärfen auftreten. Schwenkt man das Objektiv entgegengesetzt, kann die Schärfe auf ein sehr schmales Band reduziert werden, was für effektvolle Aufnahmen interessanter ist als Schärfe von vorn bis hinten. Softfokusobjektive Nicht immer ist perfekte Schärfe das richtige Mittel, um das Bild wirken zu 8 Aktfotos 3 sind ein typisches Einsatzgebiet für Weichzeichner, sei es durch Filter oder durch spezielle Weichzeichnerobjektive 4, die im mittleren Brennweitenbereich angesiedelt und daher gut für Aufnahmen von Personen geeignet sind. lassen. Bei Porträts, Bildern von Babys, Aktaufnahmen, Blumen- und Landschaftsfotos kann es dem Bild sehr zuträglich sein, wenn es von einer gewissen Weichheit bestimmt wird. Schon einfache Hilfsmittel genügen, um diesen Effekt zu erzielen. Vaseline oder eine andere farblose Creme auf einem billigen UVFilter verreiben, Frontlinse anhauchen oder einen Teil eines Nylonstrumpfes vor das Objektiv spannen – alles führt dazu, dass die Schärfenleistung des Objektivs leidet, was zum angestrebten Effekt führt. Etwas professioneller sind Weichzeichner-Vorsatzlinsen. Konzentrische Kreise oder Noppen sorgen dafür, dass das Bild weich wirkt. Wer sehr oft auf knackige Schärfe verzichten möchte, findet den richtigen Partner in einem speziellen Weichzeichner-Objektiv. In der Regel handelt es sich um kurze Teleobjektive, die ja sehr gut für Porträts geeignet sind und auch die anderen oben genannten Bereiche gut bedienen. Die leichte, schmeichelnde Unschärfe wird z. B. erzielt, indem die sphärische Aberration gezielt ins Bild geholt wird – ein Abbildungsfehler, der normalerweise möglichst ganz auskorrigiert wird. Je nach Einstellung wird ein scharfes „Kernbild“ von einem mehr oder weniger deutlich unscharfen Bild überlagert. Zwei Objektive von Nikon lassen sich auch für die Weichzeichnung einsetzen, bieten aber darüber hinaus die Möglichkeit, das Erscheinungsbild der Unschärfe in Vorder- oder Hintergrund („Bokeh“) zu bestimmen. 9 TIPP Wer nach dem Urlaub nach Hause kommt, fragt sich bei manchem Bild, wo es denn wohl entstanden ist. GPS-Daten, die parallel zu den Bildern gespeichert wurden, geben schnell und sicher Antwort auf diese Fragen. Durch die Zusammenarbeit von CeWe Color und locr ist es nun problemlos möglich, diese Daten auch bei der Erstellung eines CeWe Fotobuches zu nutzen und beispielsweise Kartenausschnitte mit eingezeichneten Aufnahmeorten einzubinden. Damit werden die Fotobücher aus Oldenburg noch ein Stück attraktiver. Wenn die Urlaubsbilder (oder Filme) vorgeführt werden sollen, kann man bei CeWe Color passende Einladungskarten von eigenen Fotos machen lassen – aber auch für Einladungen zum Geburtstag, zum gemeinsamen Abendessen oder zur Feier des bestandenen Abiturs (ein paar Jahre nach der Einschulung, e Seite 49). d-pixx 3/2009 55 FOTOSCHULE 1 3 2 … dass Fotografie mit Weichzeichnern in den 70er und Anfang der 80er Jahre sehr großes Interesse fand? David Hamilton (*1933) war mit Büchern und Postkarten, die junge, meist blonde oder rothaarige Mädchen verspielt oder nur spärlich bekleidet zeigten, überaus erfolgreich. Sogar auf Spielfilme wurde die Weichzeichner-Optik übertragen. Wussten Sie, ... … dass eines der berühmtesten Weichzeichnerobjektive aus München kam? Beim Rodenstock Imagon konnte die weichzeichnende Wirkung durch einschiebbare Siebblenden mit unterschiedlich großen Löchern gesteuert werden. 56 d-pixx 3/2009 Leichtes Überbelichten und eine weit offene Blende tun das Ihre, um die Wirkung der verschiedenen Weichzeichner zu unterstützen. Gegebenenfalls kann per Software nachgearbeitet werden. Spiegelobjektive sind sehr kurze Objektive mit sehr langer Brennweite. Die kurze Bauweise wird durch einen Trick möglich: Der Strahlengang ist gefaltet. Das Licht fällt durch die ringförmige Frontlinse auf einen ringförmigen Spiegel hinten im Objektiv und wird von dort nach vorn reflektiert. In der Mitte der Frontlinse sitzt ein zweiter, runder Spiegel, der das Licht durch ein Linsensystem in der Mitte des ringförmigen Spiegels in die Bildebene schickt. Der Einsatz der Spiegel hat zudem den Vorteil, dass sie keine chromatische Aberration aufweisen. Wenn der Spiegel auf der Rückseite einer Glasschicht sitzt, kann diese – wie auch die Linsen im System – zur Korrektur anderer Abbildungsfehler herangezogen werden (genau genommen handelt es sich also um „Spiegellinsenobjektive“ oder „katadioptrische Systeme“ – aber die Bezeichnung „Spiegelobjektive“ hat sich durchgesetzt). Leider gibt es nicht nur Vorteile. So können Spiegelobjektive nicht abgeblendet werden (Ausnahmen bestätigen die Regel, e rechts), da für eine Irisblende kein ordentlicher Platz ist. Die größte Öffnung ist gleichzeitig die einzige Blende, die zur Verfügung steht, und die ist zu allem Überfluss nicht sehr groß. Werte zwischen 5,6 und 8 sind die Regel. Die Belichtungssteuerung erfolgt über die Verschlusszeit und/oder Empfindlichkeit, die lieber etwas höher gewählt werden sollte, um kurze Verschlusszeiten zu sichern. Mit einer Ausnahme (Sony 8/500 mm Reflex) müssen Spiegelobjektive manuell fokussiert werden, was wenig Freude macht, wenn der Reflexsucher auch noch klein ist. Dunkel ist er wegen der geringen Anfangsöffnung des Objektivs ohnehin. Ob sie als Vorteil, Nachteil oder neutral betrachtet werden, hängt vom einzelnen Fotografen ab. Da sie nicht zu vermeiden sind, sollte man sich aber mit ihnen anfreunden. Die Rede ist von den „Unschärfekringeln“. Punkte außerhalb der Schärfenzone werden von Linsenobjektiven als Scheibchen wiedergegeben, von Spiegelobjektiven als Kringel. Sie fallen besonders auf, wenn Lichtpunkte in der Unschärfe liegen – etwa Reflexe auf Wasser oder kleine Zwischenräume zwischen den Blättern eines Baumes oder Busches. Abbildungsfehler Jedes Objektiv ist ein Kompromiss aus Wünschenswertem, Machbarem, Größe, Gewicht und Preis – und ist daher mit kleineren, manchmal größeren Restfehlern behaftet. Mit aufwendigen Testverfahren kann man auch kleinste Fehler nachweisen. Wie wichtig ist das für den Fotoalltag? Ehe wir einen Blick auf einige Fehler werfen, die bei Diskussionen über Bildqualität häufig genannt werden, einige Anmerkungen. Fotos/Grafiken: Sony (1) – Herbert Kaspar (2-6) Wussten Sie, ... 4 powered by 5 Spiegelobjektive (eigentlich: Spiegellinsenobjektive) 1 bieten in einem kurzen Gehäuse eine lange Brennweite, da der Strahlengang „gefaltet“ ist 2. Damit kann man „dem Elefanten ins Auge schauen“ 3, ohne ihm zu nahe zu kommen. Der Spiegel hinter der Frontlinse sorgt mit dafür, dass Punkte im Unschärfenbereich als Kringel wiedergegeben werden, wie der 100-Prozent-Ausschnitt aus einem anderen Bild 4 zeigt. P Technische Qualität allein macht kein gutes Bild. Der Fotograf muss auf jeden Fall das Motiv sehen, den passenden Standort und die passende Brennweite wählen. Wenn die Kamera es ermöglicht, wird das Bild zudem mit Blende (Schärfenzone) und Verschlusszeit (Bewegung im Bild) gestaltet. Das war schon so, als noch schwarz/weiß auf Glasplatten fotografiert wurde und hat sich im Prinzip weder durch andere Aufnahmematerialien noch durch technische Entwicklungen geändert – obwohl diese natürlich mehr Möglichkeiten erschlossen. Ob diese sinnvoll sind oder nicht, ist eine andere Frage. P Ab wann mangelnde technische Qualität die Bildqualität negativ beeinflusst, hängt von den verschiedensten Faktoren ab. Bei Urlaubsschnappschüssen von Kindern am Strand, die in der Bildmitte zu sehen sind, ist Randunschärfe kein Problem, bei Makroaufnahmen einer fast ebenen Vorlage schon. Verzeichnung und Vignettierung stören kein bisschen, wenn ein Reporter eine packende Szene fotografiert. Sie stören aber sehr, wenn formatfüllende Architekturaufnahmen anstehen. P Obwohl es mit Labortests möglich ist, die absolute Leistung verschiedener Objektive zu vergleichen, ist der Blick auf entsprechende Punktewertungen beim Kaufentscheid nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss. Wer Flexibilität sucht, wird ein Zoom vorziehen, auch wenn einzelne Festbrennweiten jeweils bessere Leistung bei weit offenen Blenden bringen. Wer noch mehr Flexibilität sucht, wird ein Superzoom 6 Es muss nicht immer so extrem sein wie bei der Aufnahme von Kamera-Oldies mit einem 24-mm-Objektiv mit weit offener Blende an einer Vollformatkamera 5 – aber es gibt viele, sehr viele Motive, bei denen Randschärfe bzw. Randunschärfe wirklich keine Rolle spielt. Wenn sie gemessen werden soll, geschieht das mit Testtafeln 6 im Studio unter immer gleichen Bedingungen, die es in der Praxis allerdings nicht gibt. wählen, auch wenn kürzere Zooms in einigen Bereichen bessere Punktewertungen einfahren. Wer gern mit einer kleinen, vielseitigen Ausrüstung unterwegs ist, wird eine Kompakt- oder All-in-One-Kamera mit großem Zoom wählen, auch wenn D-SLRs mit lichtstarken Top-Objektiven besser sind. P Die Abbildungsqualität des Objektivs wird nicht von jedem Sensor und jeder Kamerasoftware gleich umgesetzt. Das heißt, dass ein für sich genommen gutes Objektiv (das kann man mit der sogenannten MTF-Messung feststellen) an der einen Kamera bessere Bilder bringt als einer anderen. P Objektive werden in (großen) Serien gefertigt – und nicht jedes Objektiv der Serie ist wie das andere. Die Serienstreuung kann dazu führen, dass zwei gleiche Objektive an einer Kamera unterschiedliche Ergebnisse bringen und dass sich diese Ergebnisse wieder verschieben, wenn man die beiden Objektive an unterschiedlichen Kameratypen einsetzt – zum Beispiel am Einsteiger- und Mittelklassemodell eines Herstellers oder an Kameras unterschiedlicher Hersteller, was mit „Fremdobjektiven“ ja möglich ist. P Abbildungsfehler sind nur dann störend, wenn man sie unter optimalen Betrachtungsbedingungen sieht. Schon die Präsentation eines Bildes auf einem Monitor, der weniger Bildpunkte aufweist als das Bild, gehört streng genommen nicht dazu. Betrachtet man das Bild mit der 100-Prozent-Einstellung, entspricht ein Pixel im Bild einem Monitor-Bildpunkt, Wussten Sie, ... … dass das Goema Katoptar 8/500 mm ein echtes Spiegelobjektiv war? Der Aufbau als „Schiefspiegler“ brachte es mit sich, dass die Kombination aus Kamera und Objektiv bei der Aufnahme am Objekt vorbeizuschauen schien und dass das Objektiv abgeblendet werden konnte. Der Blendenbereich ging von 8 bis 32. TIPP Das Spiegelobjektiv ist eng verwandt mit dem Spiegelteleskop. Warum also nicht einmal den Mond fotografieren? Auch nachts reichen bei Blende 8 und ISO 100 Verschlusszeiten um 1/125 Sek. Die kurze Verschlusszeit mag verwundern, aber man darf nicht vergessen, dass man mit dem Mond eine helle, sonnenbeschienene Oberfläche fotografiert. Nach jeder Aufnahme das Sucherbild kontrollieren! Die Erdrotation lässt den Mond zügig durchs Bildfeld wandern. d-pixx 3/2009 57 FOTOSCHULE Digitalfotografie ist ein Paket, zu dem neben Kamera und Objektiv auch Software gehört. Die mitgelieferten Programme lassen sich durch externe 1 ergänzen. Wer auf diese Möglichkeiten verzichtet, verschenkt Bildqualität und nutzt die Digitaltechnik nicht aus. 1 Erinnern Sie sich, ... … wie in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Tatsache, dass ein Computer bei der Konstruktion des Objektivs eingesetzt worden war, für die Werbung genutzt wurde? Das Zauberwort hieß „computergerechnet“ – und es ist davon auszugehen, dass viele Laptops heute leistungsstärker sind als die damaligen elektronischen Rechenknechte. der aus drei Dots in Rot, Grün und Blau aufgebaut ist. Das ist zwar der Beurteilung der technischen Qualität zuträglich, aber man sieht nur einen Bildausschnitt. Schaut man das ganze Bild auf dem Monitor an, muss es heruntergerechnet werden, was der technischen Qualität nicht zugutekommt – ganz abgesehen davon, dass der Monitor selbst unter einer ungleichmäßigen Helligkeitsverteilung leiden kann. Druckt man ein Bild aus, kommt es meist wieder zur Verkleinerung des Bildes, die Qualität des Druckers spielt eine wichtige Rolle und nicht zuletzt ist der Betrachtungsabstand wichtig. Der richtige Betrachtungsabstand entspricht in etwa der Bilddiagonalen – bei kleineren Formaten wird man in der Regel den Abstand einhalten, aus dem man auch A4-Bilder anschaut. P In der analogen Fotografie wurde das Bild auf dem Negativ oder Dia so aufgezeichnet, wie es vom Objektiv geliefert wurde – alle Abbildungsfehler inklusive. Basta. Der Datensatz, den der Sensor einer Digitalkamera liefert, ist dagegen noch in vielerlei Hinsicht „formbar“. Neuere Kameras haben Bildbearbeitungssoftware eingebaut, die eine Reihe von Abbildungsfehlern aus dem Bild rechnet – pauschal oder ganz speziell auf bestimmte Objektive abgestimmt. Hinzu kommen externe Programme wie DxO, die Korrekturmodule für bestimmte Kamera/ Objektivkombinationen enthalten und die Bilder automatisch korrigieren. Und nicht zu vergessen die vielen Bildbearbeitungsprogramme, die ebenfalls die Optimierung der Bilder erlauben. 58 d-pixx 3/2009 3 Kurz gesagt: Abbildungsfehler von Objektiven müssen, wie andere Bildfehler auch, differenziert betrachtet werden, wobei die Frage „Was will ich mit den Bildern machen?“ im Mittelpunkt steht. Abbildungsfehler müssen auch nicht mehr als gegeben und unabwendbar hingenommen werden – schließlich ist es einer der großen Vorteile der Digitalfotografie, dass man Daten hat, die sich bearbeiten lassen. Wichtig ist, dass man Bilder anschaut, nachdem sie mindestens mit den zur Verfügung stehenden Mitteln (kamerainterne Software, mitgelieferte Software) optimiert wurden, vielleicht auch mit einem zusätzlichen Programm. Wenn dann noch Fehler stören, passt ein Objektiv oder eine Kamera nicht zu einem. Wenn es keine sichtbaren Fehler mehr gibt, ist alles bestens. Praxisbilder in Originalgröße auf www.d-pixx.de helfen Ihnen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Im nächsten Heft ... ... schauen wir einige Abbildungsfehler an (und wie man sie loswerden kann) und kommen dann zu den Kameratypen und ihrer Ausstattung. Später gehen wir auf Belichtungsmessung und -steuerung ein, betrachten, wie man mit Blende und Verschlusszeit das Bild beeinflusst, was es mit dem Weißabgleich und dem Autofokus auf sich hat, und mehr. Herbert Kaspar ....................................................... Fotos: Herbert Kaspar (1) – Canon (2, 3) 2 Das absolut makellose Objektiv für den Amateur- oder Profialltag gibt es nicht. Aber die Leistung des Objektivs ist ja nicht allein ausschlaggebend für einen Kaufentscheid. Ein anderes Kriterium ist die Bequemlichkeit. Die D-SLR mit 24-105-mm-Zoom 2 wiegt fast eineinhalb Kilo, die All-in-One-Kamera 3 keine 600 Gramm – und bietet alle Brennweiten von 28 mm bis 560 mm [@KB] ohne Objektivwechsel!
© Copyright 2025 ExpyDoc