menschen Dr. Stephan Fischer. Der Pforzheimer Professor warb auf der „Personal 2016 Süd“ für einen lebendigen Austausch „agiler“ Firmen. HR INNOVATION AWARD. Die Macher der Messe „Zukunft Personal“ haben den „HR Innovation Award“ ins Leben gerufen. Vorsitzender der Jury ist Agilitäts- und InnovationsExperte Prof. Dr. Stephan Fischer, Direktor am Institut für Personalforschung der Hochschule Pforzheim. In diesem Interview sprachen wir mit Fischer über den deutlich spürbaren Innovationsbedarf des deutschen Personalmanagements. Mit der Digitalisierung kommt eine Welle der Veränderung auf die Unternehmen zu. Viele Personaler sind der Ansicht, dass sie besser erst einmal abwarten sollten. Halten Sie das für richtig oder für fahrlässig? Prof. Dr. Stephan Fischer: Personaler üben oft eine Stabilitätsfunktion in ihren Unternehmen aus, bilden Standardprozesse wie Lohn und Gehalt sauber ab. Von den Fachabteilungen werden sie dafür geschätzt. Innovation macht ja auch nur Spaß, wenn die Basis stimmt. Manche ruhen sich aber auf der Basis aus – und das reicht in digitalisierten Organisationen nicht mehr. Wenn sich zum Beispiel eine Innovationskultur entwickeln soll, muss man Menschen dazu animieren, Dinge auszuprobieren. Dabei müssen sie Fehler machen dürfen. Wenn ich aber Anreizsysteme habe, bei denen Fehler unmittelbar bestraft werden, zum Beispiel mit einer schlechteren Bezahlung, dann passt das nicht zusammen. Dann kommen Leute, die zu Recht sagen: „Kill HR“. Nachdem lange Zeit „Change-Management“ als das A und O der Personalarbeit galt, scheint es nun Agilität zu sein. Was ist an dem Thema neu? Fischer: Agilität wird schon seit 50 Jahren kolportiert, hat nun aber eine ganz neue Dynamik und Bedeutung. Beim ChangeManagement dürfen Personaler die Transformation einer Organisation nicht behindern und sollten sie idealerweise unterstützen oder aktiv voranbringen. Was aber durch die Agilität 16 wirtschaft + weiterbildung 07/08_2016 Fotos: Pichler „Kritischer denken und reflektierter hinterfragen“ dazukommt, ist eine inhaltliche Qualität. Change-Management ist eher die Kompetenz zur Förderung von Veränderung, während Agilität mit bestimmten Formen der Zusammenarbeit einhergeht – zum Beispiel mit starker Kollaboration, Vernetzung, Empowerment und demokratischen Prinzipien für den Führungsansatz. Mitarbeiter sollen abteilungsübergreifend Netzwerke bilden und individuell die besten Lösungen finden, unabhängig von Hierarchien. Bisher kommt das Thema Demokratisierung meist von der Geschäftsführung. Müssten Personaler diese Veränderung radikaler vorantreiben? Fischer: Demokratisierung ist genauso ein Thema der Personaler wie Empowering. Andererseits sind Demokratisierung und Agilität bestimmte Muster, die je nach Herausforderungen für eine Organisation geeignet sind oder nicht. Das Bundesverkehrsministerium muss nicht so agil sein wie ein IT-Hersteller. Da kann man nicht jeder Organisation das Gleiche raten. Klassische Führung kann manchmal noch erfolgreich sein, wenn die Organisation wenig Innovation braucht. Auch einzelne Instrumente der Personalarbeit stehen aktuell infrage, wie beispielsweise das klassische Mitarbeitergespräch. Inwiefern brauchen wir das noch? Fischer: Als Ritual gewährleisten Mitarbeitergespräche, dass Mitarbeiter und Vorgesetzte anders miteinander sprechen, als Pressekonferenz. Auf der „Personal 2016 Süd“ stellte Ralf Hocke von Spring Messe Management erstmals „seinen“ neuen Award der Öffentlichkeit vor. sie das sonst das ganze Jahr über tun. Dieser Vorteil ist auch einer der größten Kritikpunkte: Hier wird ein Gespräch etabliert, bei dem plötzlich zwei Menschen auf Augenhöhe sprechen sollen, obwohl sie das sonst nicht tun. Es gibt in der populären Literatur durchaus Vertreter, die das Mitarbeitergespräch kritisch als ritualisierte Form des sich wechselseitigen Anlügens bezeichnen. Aufgrund alter Logiken, etwa für das Budget, hat sich ein jährlicher Turnus etabliert. In Organisationen, die einen hohen Innovationsdruck und einen Horizont von maximal zwei bis drei Monaten haben, macht es keinen Sinn, Gespräche auf Jahresbasis zu führen. Da müssten Mitarbeitergespräche hinterfragt, angepasst oder vielleicht sogar abgeschafft werden. Andererseits weiß ich von einer mittelgroßen Stadt in Baden-Württemberg, die im Jahr 2016 Mitarbeitergespräche eingeführt hat. In der Stadtverwaltung sieht es eben ganz anders aus, da greifen immer noch jährliche Etat-Planungen. Personalinstrumente sind also nicht per se gut oder schlecht. Sie müssen für die Situation der Organisation und ihre Ziele optimal passen. Deshalb sollte jede Organisation genau prüfen, welcher aktuelle Trend für sie wirklich hilfreich ist und was nicht passt. Ein „One size fits all“ gibt es hier nicht. Der Arbeitsmarkt wandelt sich mit der Digitalisierung. Was bedeutet das für die Dinge, die Sie Ihren Studenten beibringen? Fischer: Wir versuchen diese Entwicklungen auch bei der Ausbildung zu berücksichtigen. Wir haben an der Hochschule Pforzheim zum Beispiel ein Masterprogramm konzipiert, bei dem wir den Fokus weniger auf klassische personalwirtschaftliche Instrumente legen, dafür aber kritisches Denken und reflektiertes Hinterfragen fördern. Wir schulen die Studierenden darin, wie sie Trends beobachten und bewerten können. Dabei ist es ein Grundprinzip des Masters, dass die Studierenden lernen, vorhandene Instrumente kritisch zu hinterfragen, um so auf neue Ansätze zu kommen. Interview: Stefanie Hornung Hinweis: Auf der Messe „Zukunft Personal 2016“ im Oktober in Köln wird erstmals der „HR Innovation Award“ verliehen. Ab sofort können sich Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für die Personalarbeit bewerben (www.hr-innovationaward.de). Es gibt die Kategorien „Soft- und Hardware“, „Dienstleistung und Recruiting“, „Weiterbildung und E-Learning“ sowie die Sonderkategorie „Start-up“. „Wir möchten mit dem neuen Award Anreize bieten, noch mehr Innovationen für Personalthemen auf den Markt zu bringen“, erklärt Ralf Hocke, Geschäftsführer von Spring Messe Management, dem Veranstalter der „Zukunft Personal“ und dem Initiator der neuen Auszeichnung. Die Sieger werden auf der offiziellen Eröffnungsveranstaltung am ersten Messetag, am 18. Oktober 2016, in der Keynote-Arena bekannt gegeben. wirtschaft + weiterbildung 07/08_2016 17
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