Ausgabe | 30 05. August 2016 powered by Wirtschaft Zuckerlobby hat immensen Einfluss auf die EU-Politik Doch die EU geht keinesfalls strenger gegen die Verschleierungspolitik der Unternehmen vor, wie eine aktuelle Studie zeigt D ie Ernährungsberater und Ärzte warnen vor dem Überfluss an Zucker in unzähligen Lebensmitteln und den daraus resultierenden, vielen Übergewichtigen. Nicht nur in Softdrinks und Schokolade ist Zucker enthalten. Zucker findet sich auch in Milch und vielen vermeintlich gesunden Fertiggerichten. Zwar gibt es entsprechende Bemühungen in der EU, hier mehr einzulenken, doch die Macht der Zuckerindustrie ist groß, wie der aktuelle Bericht „A spoonful of sugar“ der NGO Corporate Europe zeigt. Jedes Jahr gibt die Zuckerindustrie 21,3 Millionen Euro für Lobbyarbeit in der Europäischen Union aus. Ihr Ziel ist es, strengere und detailliertere Regelungen in der EU zu verhindern bzw. abzuschwächen. „Es gibt so viele unabhängige wissenschaftliche Studien, die einen Zusammenhang zwischen exzessiven Zuckerkonsum und ernsthaften, gesundheitlichen Risiken zeigen“, sagt Katharina Ainger, CO-Autorin der Studie. „Aber die Tatsache, dass es unter den EU-Behörden keinen Konsens über die Gefahren von Zucker gibt, beweist wie mächtig die Lebensmittel- und Getränkelobby ist.“ Ein Erfolg sei es beispielsweise, dass auf der Verpackung von Lebensmitteln nicht unterschieden werde, wieviel natürlicher Zucker – beispielsweise Fruchtzucker – und wieviel beigemischter Zucker enthalten ist. So gab es einige EU-Länder, die diese Informationen gern gesehen hätten, die EU hält aber dagegen. Und mit der im Dezember 2016 in Kraft tretenden EULebensmittelinformationsverordnung wird es sogar verboten, derartiges auf die Verpackung zu schreiben. Allein in Deutschland haben sich 2014 sieben Millionen Menschen wegen Adipositas ärztlich behandeln lassen müssen. Insgesamt stieg die Zahl der Krankenhausaufenthalte im Jahr 2015 um 7,1 Prozent auf 218 Fälle von 204 pro 1000 Versicherten im Vorjahr. Und mehr als die Hälfte der EU-Bürger ist übergewichtig oder fettleibig, so die Studie. Vor allem die Zunahme der gegessenen Fertigprodukte trägt dazu bei. Die Bürger sind immer gestresster und suchen nach einer schnellen Mahlzeit oder sie können sich frische Lebensmittel nicht leisten. 2014 konnten zehn Prozent der EU-Bürger sich nicht einmal jeden zweiten Tag eine ausgewogene Mahlzeit leisten. Der NGO zufolge arbeitet die Zuckerindustrie an mehreren Stellschrauben der EU gleichzeitig. So spricht sich die Listeriose-Fällen über den höheren Anteil empfänglicher Personen in der deutschen, bzw. bayerischen Bevölkerung erklärt werden kann (Demografischer Wandel).“ Das RKI geht zudem davon aus, dass die „Exposition der Bevölkerung mit Listeria monocytogenes und damit das Risiko, an Listeriose zu erkranken“, sich in den letzten Jahren erhöht hat. „Infizierte Personen können den Erreger über den Stuhl für mehrere Monate aus¬schei¬den“, so das RKI. Eine wirkliche schwere Erkrankung infolge einer Infektion droht am ehesten Neugeborenen, älteren Menschen, Schwangeren, Transplantierten und Patienten mit chronischen Erkrankungen. Grippeähnliche Symptome wie Muskelschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Fieber können ein Hinweis sein. In seltenen Fällen kann es zu einer Blutvergiftung kommen. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt daher, vakuumverpackte Lebensmittel möglichst zügig nach Einkauf und weit vor Ablauf der angegebenen Mindesthaltbarkeit zu verzehren: „Vakuumverpackung und Kühlschranklagerung schützen nicht, wie bei anderen Lebensmittelinfektionserregern, vor einer Vermehrung der Listerien. Im Gegenteil, bei langen Lagerzeiten kann es hierdurch zu einer selektiven Vermehrung der Listerien kommen.“ Vor allem in Lebensmitteln wie Rohfleischerzeugnissen (Hackepeter, Salami) sowie rohem, geräuchertem oder mariniertem Fisch. Aber auch vorgeschnittene, abgepackte Blattsalate und Rohmilchweichkäse können Listerien enthalten. Nicht nur in Süßigkeiten steckt Zucker. Foto: Flickr/ Pulpolux !!!/CC by nc 2.0 Analyse Listeriose-Fälle nehmen zu In den vergangenen vier Jahren hat sich die Zahl der gemeldeten Infektionen mit Listerien-Bakterien gehäuft. Seit 2011 steigen die Fälle. Zuletzt hatte die Firma Sieber aus Bayern mit gefundenen Listerien in ihren Produkten zu kämpfen. Waren es 2010 noch 390 Listeriose-Erkrankungen in Deutschland, so ist die Zahl auf 662 im vergangenen Jahr gestiegen. Damit haben sich die Infektionen fast verdoppelt, wie aus der Antwort der Bundesregierung aus einer kleinen Anfrage der Linksfraktion zu erfahren ist: „Über 90 Prozent der Listeriose-Meldefälle sind nicht-schwangerschaftsassoziiert; sie treten vor allem bei Erwachsenen über 60 Jahren auf. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist es wahrscheinlich, dass ein Teil des Anstiegs von 1 powered by Ausgabe | 30/16 Industrie für Handelsabkommen wie CETA und TTIP aus, die eine Lockerung in der Lebensmittelbranche nach sich ziehen. Beschwerden und Klagen von Unternehmen werden genutzt, um Staaten einzuschüchtern, wenn sie beispielsweise sogenannte Zucker-Steuern einführen wollen. Die Zuckerindustrie fertigt zudem eigene Studien zu den Folgen von Zuckerkonsum an. Nicht selten landen die auch auf dem Tisch von Behörden. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) etwa hat mehrere Studien ausgewertet, um den möglichen Zusammenhang zwischen zu viel Zucker und Übergewicht zu beurteilen. Vier der fünf Studien stammten aus der Wirtschaft. Das Ergebnis: Die EFSA sprach davon, dass es nicht genügend wissenschaftliche Beweise für einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Übergewicht gebe. Die Weltgesundheitsorganisation 05. August 2016 sieht das anders. Zudem nutzen Unternehmen ihre Marktmacht, die sie bei großen sportlichen Events als Sponsor haben. Die Vereinigung FoodDrinkEurope hatte eine Milliarde Euro für eine erfolgreiche Kampagne gegen die Einführung einer europaweiten Lebensmittel-Ampel auf den Verpackungen geplant. Die Ampel wird nicht eingeführt, obwohl Ernährungsexperten und Verbraucherschützer das System befürworten. Wirtschaft Google expandiert in der Bioelektronik Seit gut zwei, drei Jahren baut Google sein Engagement in der Gesundheitsbranche aus G oogle und der größte britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) bündeln ihre Kräfte im neuen medizinischen Bereich der Bioelektronik. In den nächsten sieben Jahren wollen beide Seiten zusammen 540 Millionen Pfund in ein Gemeinschaftsunternehmen investieren, wie die Google-Biowissenschaftssparte Verily Life Science und GSK mitteilten. Die neue Firma Galvani Bioelectronics soll Miniaturprodukte entwickeln, die Patienten eingesetzt werden, um elektrische Nervensignale modifizieren zu können. Dadurch sollen unregelmäßige oder veränderte Impulse wie sie in vielen Krankheiten vorkommen angepasst werden. GSK geht davon aus, dass so chronische Erkrankungen wie Diabetes, Arthritis und Asthma behandelt werden können. Die Zulassung für erste Produkte könnte 2023 beantragt werden. Galvani soll den Angaben zufolge hauptsächlich im Forschungszentrum von GSK im Norden von London angesiedelt sein. Ein zweiter Standort ist im kalifornischen South San Francisco vorgesehen. 55 Prozent an Galvani halte GSK, Verily 45 Prozent. Google hat seinen Umsatz im zweiten Quartal um rund 21 Prozent auf 21,5 Milliarden Dollar und damit stärker als erwartet gesteigert. Der Umsatz mit Werbung auf Google will mit seinen kostenlosen Fahrrädern nicht nur die Gesundheit seiner Mitarbeiter fördern. Das Unternehmen will in der Gesundheitsbranche ein großer Player werden. Foto: Daniel Dionne/CC by sa 2.0 mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets sowie bei Video-Angeboten habe sich stark entwickelt, teilte die GoogleMutter Alphabet nach Börsenschluss mit. Der Nettogewinn stieg um knapp ein Viertel auf 4,88 Milliarden Dollar. Wie viel Potential hinter der Bioelektronik steckt, macht das Forschungszentrum Jülich deutlich: „Während die Elektronik Transistoren und Chips entwickelt, beschäftigt sich die Biologie mit Zellen, Synapsen und Proteinen, also den Bausteinen von Leben. Doch beide haben eine entscheidende Gemeinsamkeit: Sowohl elektronische Schaltkreise als auch biologische Systeme nutzen elektrische Impulse zur Informationsverarbeitung. Dieser Umstand birgt ein großes Potential – nämlich Technologien zu entwickeln, die greifen, wenn sensorische Systeme beim Menschen ausfallen. Anwendungsfälle wären also beispielsweise künstliche Netzhäute – also Retinaimplantate – für Blinde, Hörimplantate oder Prothesen, die sich direkt durch das Nervensystem des Patienten steuern lassen. Ebenfalls denkbar wären Biochips, die anhand von Messdaten aus dem unmittelbaren Umfeld schnell und zuverlässig Spurenstoffe zum Beispiel in Luft oder Wasser detektieren. Google ist auf dem Feld der Bioelektronik kein Neuling mehr. Im vergangenen Jahr hatte Google verkündet, in die Herzforschung einzusteigen. Unter dem Motto „1 Team, 1 Vision, $ 50,000,000“ hat Google zusammen mit der American Heart Association (AHA) ein neues Projekt gegründet. Jeweils 25 Millionen wollen beide Partner für die Forschung rund um koronale 2 powered by Ausgabe | 30/16 Herzerkrankungen investieren. Das Unternehmen hat bereits in Forschungen zu Diabetes, Krebs und zum Alterungsprozess investiert. Neben der smarten Kontaktlinse für Diabetiker, Otis, hat sich Google auch eine Blutabnahme ohne Nadel patentieren lassen. Der Patentantrag beschreibt ein Blutentnahmesystem, das einen Gas-Strahl in ein Fass mit einem Mikropartikel schickt, der die Haut durchdringt. Um was für einen 05. August 2016 Mikropartikel es sich dabei handelt, wird nicht näher erläutert, allerdings ist er offenbar zu klein, um einen spürbaren Schmerz zu verursachen. Sobald Blut austritt, wird es in den Unterdruckbehälter gesaugt. Forschung Wissenschaftler entdecken Antibiotika in der Nase Zu häufig werden Antibiotika verschrieben, die Zahl der Antibiotika-resistenten Bakterien steigt D ie Zahl der Menschen, die sich mit Krankheiten infizieren, gegen die keine Antibiotika mehr helfen, steigt rapide. Jedes Jahr infizieren sich etwa 700.000. Nicht nur, dass viele Bakterien nicht mehr auf die Antibiotika anspringen, ist beunruhigend, sondern auch die Tatsache, dass die Pharmaindustrie derzeit eigentlich kein Interesse an der Forschung zu neuen Antibiotika hat. Zu hoch sind die Forschungskosten, zu gering die Gewinne, die die Medikamente am Ende abwerfen. Wissenschaftler der Universität Tübingen könnten nun aber wieder etwas Bewegung in die Diskussion einfließen lassen. Sie haben ein spezielles Bakterium in der menschlichen Nase entdeckt und konnten daraus einen neuartigen antibiotischen Wirkstoff gegen multiresistente Erreger entwickeln. Zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) hatten sie das in der Nase lebende Bakterium Staphylococcus lugdunensis entdeckt. Der bisher unbekannte Wirkstoff, Lugdunin, soll selbst bei Erregern helfen, gegen die herkömmliche Antibiotika keine Chance haben. Normalerweise werden Antibiotika nur von Bodenbakterien und Pilzen gebildet“, sagte Andreas Peschel vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin Tübingen (IMIT). „Dass auch die menschliche Mikroflora eine Quelle für antimikrobielle Wirkstoffe sein kann, ist eine neue Erkenntnis.“ Bei Versuchen bemerkten die Wissenschaftler, dass der bedrohliche Erreger Staphylococcus aureus nur sehr selten zu sehen war, wenn das Bakterium Staphylococcus lugdunensis ebenfalls in der Nase lebt. Zukünftig solle deshalb untersucht werden, ob „Lugdunin“ tatsächlich therapeutische Anwendung finden könnte. Denkbar wäre etwa, Risikopatienten mit harmlosen „Lugdunin“-bildenden Bakterien zu besiedeln, um so das Risiko von MRSAInfektionen vorbeugend zu senken, so die Forscher. Eine chemische Untersuchung des Lugdunin zeigte, dass die Struktur des Bakteriums aus einer bisher unbekannten Ringstruktur von Aminosäurebausteinen besteht und somit eine neue Stoffklasse begründet. „Es gibt Schätzungen, dass in den kommenden Jahrzehnten mehr Menschen durch resistente Keime als an Krebs sterben werden“, sagte Bernhard Krismer. Die unsachgemäße Nutzung von Antibiotika verstärke die bedenkliche Entwicklung, so Krismer weiter. Da sich viele der Erreger als Teil der menschlichen Mikroflora aber auf Haut und Schleimhäuten befänden, könnten Menschen ihnen nicht aus dem Weg gehen. Unternehme man nichts gegen die Ausbreitung der Antibiotika-Resistenzen, könnten ab dem Jahr 2050 zehn Millionen Menschen an Infektionen sterben, gegen die es keine Medikamente gibt, warnten jüngst britische Wissenschaftler. Das entspricht einem Todesfall alle drei Sekunden. „Antimikrobielle Medikamente verlieren immer stärker an Wirksamkeit und die Welt entwickelt nicht ausreichend neue, um dem etwas entgegenzusetzen“, heißt es in dem Bericht. Kommt es tatsächlich zu einer solch dramatischen Entwicklung, wie zuvor beschrieben, würden die kumulativen wirtschaftlichen Kosten bei etwa 90 Billionen Euro liegen. Die chemische Strukturformel des neu entdeckten Antibiotikums „Lugdunin“. Außerdem im Bild: die beiden Erstautoren Alexander Zipperer (links) und Martin Christoph Konnerth (rechts). Foto: Martin Christoph Konnerth 3 powered by Ausgabe | 30/16 05. August 2016 Forschung Forscher brauen Bier aus Urin Mit rund 1.000 Litern gesammeltem Urin soll eigentlich billiger Dünger für Entwicklungsländer hergestellt werden Die Wissenschaftler der Universität Gent machen mit ihrem Urin-Bier dem belgischen Wahrzeichen Manneken Pis alle Ehre. Foto: Flickr/ Arild Finne Nybø/Cc by sa 2.0 D ie wilden Brauer, De Wilde Brouwers van Gent, so nennt sich die Brauerei, in der belgische Wissenschaftler der Universität Gent ihr Urin-Bier brauen. Alte Gärtanks und Kessel von anderen Brauereien wurden dafür recycelt. Das Ergebnis ist eine Mikro-Brauerei. „Die Brauerei ist das Ergebnis wahr gewordener Jugendträume frei nach dem Motto: Wir haben wenig Geld, aber viel Zeit“, so die Besitzer der Brauerei. Die Wissenschaftler der belgischen Universität Gent wollen hier aus Urin Bier brauen lassen. Bei einem Festival baten sie dafür die Besucher, ein spezielles Pissoir zu benutzen. So konnten etwa 1.000 Liter Urin gesammelt werden. Aus diesen 1.000 Litern wurden in einer speziellen Anlage Kalium, Phosphor und Stickstoff herausgefiltert. Übrig blieben 950 Liter Trinkwasser. Nachdem das so gewonnene Trinkwasser von den staatlichen Laboren geprüft worden ist, soll es zum Brauen eines Bieres verwendet werden. Viele fänden das eklig, sagte Wasserexperte Arne Verliefde von der Universität Gent. Aber das Trinkwasser sei geschmacksneutral und schadstofffrei. Zuvor hatten die Wissenschaftler mit der Brauerei bereits Bier aus Abwasser hergestellt. Das Filterverfahren der Belgier soll letztlich in Entwicklungsländern genutzt werden. Die Bauern dort haben meist keine Möglichkeit, Dünger zu erhalten. Die bisherigen Versuche aber zeigen, dass man aus 1.000 Litern Urin ausreichend Dünger gewinnen könnte, um 135 Kilogramm Mais zu produzieren. Würde man entsprechende Anlagen bei großen Events wie Festivals, Sportereignissen oder auf Flughäfen aufstellen, käme schnell eine große Menge Urin zusammen. Pharma Briten riskieren nach Brexit Arznei-Engpässe Der Schweizer Pharmakonzern Roche warnt vor negativen Auswirkungen des Brexit für britische Patienten W enn Großbritannien nicht mehr Teil des EU-weiten Medikamenten-Zulassungsverfahrens sei, müsse das Vereinigte Königreich die entsprechenden Kontrollinstanzen selbst aufbauen, sagte Konzernchef Severin Schwan. Das berge die Gefahr von Verzögerung bei der Einführung neuer Medikamente. „Wenn die Regulierungsbehörden nicht zur Zeit vorhanden sind, besteht für die Patienten das Risiko, dass sie die Medikamente nicht erhalten“, sagte Schwan. Roche ist der weltweit größte Anbieter von Krebsmedikamenten. Mit dem vor einem Monat beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) dürfte die European Medicines Agency (EMA) London verlassen. Mailand, Strassburg und verschiedene andere Städte auf dem Kontinent haben bereits ihr Interesse an der Behörde mit 890 Mitarbeitern angekündigt. Der Chef des spanischen Pharmaunternehmens Almirall, Eduardo Sanchiz, befürchtet, dass die Umsiedlung zu Störungen bei der Zulassung von Medikamenten führen könnte. Roche-Chef Schwan sorgt sich weniger um die EU als um Großbritannien. Die EMA sei zwar in London angesiedelt, aber der Zulassungsprozess sei ein dezentrales London Foto: Flickr/Thomas Fabian/CC by sa 2.0 Verfahren, an dem sich viele europäische Länder beteiligten. „Jetzt müssen sie das im Prinzip alleine machen.“ Schwan ließ auch durchblicken, dass Roche die Investitionen in dem Land überdenken könnte. Er hoffe, dass Großbritannien bezüglich Forschung und Innovation eines der füh- renden Länder der Welt bleibe. Investitionen hingen aber auch davon ab, dass die Einführung von neuen Medikamenten nicht behindert werde. Roche hat auch selbst ein Interesse daran, dass neue Wirkstoffe zugelassen werden. Nur für Arzneien, die lebensverlängernd oder heilend wirken, kann der Basler Pharmariese Höchstpreise von jährlich tausenden oder gar zehntausenden Franken verlangen. Schwan zufolge sind die direkten Auswirkungen des Brexit für Roche begrenzt. Ähnlich hatte sich schon Rivale Novartis geäußert. Roche erwirtschafte in Großbritannien nicht einmal drei Prozent des Gesamtumsatzes. Insgesamt setzten die Basler im ersten Halbjahr 25 Milliarden Franken um, sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Wachstumstreiber waren Medikamente gegen Brustkrebs und immunologische Erkrankungen. Der Konzerngewinn kletterte um vier Prozent auf 5,47 Milliarden Franken. Roche sieht sich nach sechs Monaten zudem 4 powered by Ausgabe | 30/16 auf Kurs zu seinen Jahreszielen. Schwan peilt währungsbereinigt 2016 einen Umsatzanstieg im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich an. Da die bisherigen Umsatzrenner aber an Zugkraft verlieren dürften, hofft der Manager auf Nachschub. „Im Verlauf von zwölf Monaten bringen wir fünf neue Medikamente auf den Markt“, kündigte Schwan an. „Dies ist in der Roche-Geschichte eine beispiellose Zahl von Neulancierungen in einer so kurzen Zeit.“ Zwei große EU-Behörden stehen vor dem Abschied aus Großbritannien, wenn das Vereinigte Königreich die EU verlässt. Sowohl die Mitarbeiter der 05. August 2016 EU-Bankenregulierer (EBA) als auch der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) müssen London nach aktuellem Stand „Goodbye“ sagen, nachdem die britische Bevölkerung sich mit einer knappen Mehrheit gegen einen Verbleib des Landes in der EU ausgesprochen hat. Politik Unruhe in Florida: Sprunghafter Anstieg der Zika-Fälle Mittlerweile gibt es in Florida 14 Fälle, bei denen sich Menschen über Mücken mit dem Zika-Virus angesteckt haben D ie amerikanischen Gesundheitsbehörden haben eine Reisewarnung für Schwangere Frauen nach Miami ausgesprochen. Nachdem zehn Fälle bekannt geworden waren, bei denen Menschen von lokalen Mücken mit dem Zika-Virus infiziert wurden, ist die Zahl nun auf 14 angestiegen. Die Situation wird als so bedrohlich eingestuft, dass der Gouverneur Floridas, Rick Scott, die amerikanische Gesundheitsbehörde (CDC) darum gebeten hat, ein Notfalleinsatzteam zu senden. Acht Experten sollen die Fälle in Florida untersuchen und helfen, die Verbreitung einzudämmen. Interessanterweise hatte es kürzlich eine Studie der Oswaldo Cruz Foundation in Rio de Janeiro gegeben, die zeigte, dass eine Infektion mit dem Virus durch Mücken verhindert werden könnte. Mitte Juni hatte das österreichische Unternehmen Themis Bioscience zusammen mit dem Institut Pasteur angekündigt, in den kommenden zwölf Monaten klinische Studien mit ihrem entwickelten Zika-Impfstoff zu beginnen. Darüber hinaus arbeitet das Institut Evando Chagas zusammen mit der Universität Texas ebenfalls an einem Impfstoff. Hier sind erste Tests an Affen und Mäusen für November geplant. Mit dem Bakterium Wolbachia infizierte Mücken trugen weniger Teile des Zika-Virus in sich, sodass die Übertragung der Krankheit auf den Menschen erschwert wurde, wie aus einer, in der Zeitschrift „Cell Host & Microbe“ veröffentlichten, brasilianischen Studie hervorgeht. Dem Robert Koch Institut zufolge breitet sich der Zika-Virus derzeit in 50 Ländern Mittel- und Südamerikas aus. Ende April war die erste autochthone Übertragung auf sexuellem Wege in Deutschland bek a n n t g e wo r d e n . Schätzungen gehen von 500.000 bis 1,5 Frühestens im November sollen erste Tests mit einem potentiellen ZikaImpfstoff durchgeführt werden. Foto: Flickr/Eric Stavale/CC by nd 2.0 Millionen infizierter Menschen aus. Anfang Februar hat die WHO im Falle des Zika-Virus den internationalen hat seit seinem Ausbruch in Brasilien auch Gesundheitsnotstand ausgerufen. einen großen Schatten auf die Olympischen Vor allem mit Blick auf die bald stei- Spiele geworfen. Das Virus wird über Mückenstiche genden Temperaturen warnte die WHO vor einer schnelleren Ausbreitung. Auch Europa übertragen, es gab jedoch auch Infektioist davon nicht gänzlich ausgenommen, so nen nach sexuellem Kontakt, und gilt vor die WHO: allem für Schwangere als gefährlich. Tau„Jedes Land der Europäischen Region, sende Missbildungen bei Neugeborenen in dem Mücken der Gattung Aedes vorkom- werden in Brasilien mit Zika in Verbindung men, ist in Bezug auf eine Ausbreitung des gebracht. Aus Brasilien wurden inzwischen Zika-Virus gefährdet. Auch wenn inzwischen rund mutmaßliche 4000 Fälle der sogenanneine Anzahl von mit dem Virus infizierten ten Mikrozephalie gemeldet. Das ist 30-mal Personen in die Länder der Europäischen mehr als etwa im Jahr 2010. Die Gehirne Region eingereist sind, so ist die Krankheit betroffener Babys sind deutlich kleiner als doch bisher nicht weiter übertragen worden, bei gesunden Kindern. Eine Zika-Infektion da die Stechmücken noch nicht aktiv sind. soll bei rund 80 Prozent der Betroffenen Zu Beginn der Frühjahrs- bzw. Sommersai- ohne Symptome verlaufen, die ähnlich wie son erhöht sich allerdings die Gefahr einer bei dem Dengue-Virus mit Fieber, Ausschlag Ausbreitung des Zika-Virus.“ Der Zika-Virus und geröteten Augen bestehen. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. 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