BERICHTE VON DER DRUPA BERICHTE VON DER DRUPA Josephine Preuß, HTWK Leipzig, Drucktechnik, 4. Fachsemester Der Weg in den Verpackungsdruck mit UV-Härtung und migrationsunbedenklichen Farben Wenn heute vom Verpackungsdruck im Lebensmittelbereich gesprochen wird, fallen selten Worte wie UV-Härtung und Migrationsunbedenklichkeit. An eine gemeinsame Zukunft ist höchstwahrscheinlich nicht zu denken, aber ein Blick auf die diesjährige drupa hat gezeigt, dass es sich nichtsdestotrotz um aktuelle Themen handelt, die sich unabhängig voneinander ihren Weg in die Zukunft bahnen werden. Genaue Anforderungen an die Druckfarbe Verpackungen für sensible Füllgüter wie Lebensmittel besitzen hohe Anforderungen an den Druck. Dafür stehen allgemeine Verordnungen und Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft und Union bereit, die aber nicht auf den empfindlichen Verpackungsdruck zugeschnitten sind. Dafür stellt die EuPIA genaue Anforderungen an die Druckfarbe durch eine GMP, Leitlinien und Merkblätter, die selbstverpflichtend für die Druckindustrie sind. In diesen werden eine Rohstoffausschlussliste, ein definiertes Rohstoffauswahlschema und die Migrationswerte bewerteter und nicht bewerteter Substanzen beschrieben. Zudem richten sich viele Druckfarbenhersteller auch nach der Nestlé Guidance Note oder der Schweizer Verordnung. UV-Farben bestehen in erster Linie aus Bindemittel, Photoinitiatoren und Farbmittel. Im Bindemittel sind ungesättigte VERPACKUNGS-RUNDSCHAU 2016 Monomere oder auch schon teilweise vorpolymerisierten Oligomere enthalten. Die Photoinitiatoren werden je nach Art radikalisch, kationisch oder anionisch unter UVBelichtung gespalten. Diese dabei entstehenden Radikale oder Ionen starten die Polymerisation, indem sie die Doppelbindungen der Monomere aufspalten. Durch Kettenfortplanzung bilden sich lange Polymere und der Farbfilm härtet aus. Diese schnelle Trocknung ist ein großer Vorteil von UV-Systemen. Die Aushärtung wird in erster Linie durch die UV-Strahler beeinflusst. So kann beispielsweise die Intensität eines UV-BStrahlers nach etwa 500 Betriebsstunden auf 75 % sinken, was einen Härtungsverlust von 40 % bedeuten kann. Da der Farb- oder Lackfilm aber vollständig durchgehärtet sein muss, ist eine regelmäßige Kontrolle, Wartung und Reinigung der UV-Strahler zwingend erforderlich. Das Problem der Migration tritt durch nicht vollständig umgesetzte Photoinitiatoren, Restmonomere oder nicht beabsichtigte Nebenprodukte der Polymerisation auf. Migration beschreibt in der Lebens- und Tierfuttermittelindustrie einen stofflichen Übergang von Bestandteilen der Farbe auf das Inhaltsgut. Es lässt sich unterscheiden in Migration durch Penetration, Kontakt, Verdampfung und Destillation. Bei der Penetration gelangen Stoffe von der bedruckten Seite durch den Bedruckstoff auf die unbedruckte Seite. Bei der Kontakt-Migration, dem sogenannten Abklatsch, kommt die bedruckte Seite in direkten Kontakt mit der unbedruckten Seite eines anderen Bogens im Stapel oder auf der Rolle. Migration durch Verdampfung und Destillation beschreibt das Verdampfen flüchtiger Stoffe oder die Dampfdestillation durch Erhitzen. Deshalb werden besonders hohe Anforderungen an Verpackungen von Fertigprodukten gestellt, die vom Kunden selbst zu erwärmen sind. Bei Photoinitiatoren und Monomeren handelt es sich vorwiegend um gesundheitsschädliche Stoffe, die erst dann, wenn sie im Polymer eingebunden sind, ungefährlich werden. Erfolgt also eine ausreichende Belichtung, bei der alle Photoinitiatoren und Monomere zu langen Polymeren umgesetzt werden, sind UV-Farben unbedenklich für den Verpackungsdruck. Doch genau das ist das Problem: Wie wird gewährleistet, dass auch wirklich alle Photoinitiatoren und Monomere an der Polymerisation teilnehmen? Diesem Problem begegnet beispielsweise das Unternehmen Schmid Rhyner, das sich auf Lacke spezialisiert hat, und stellte seinen neuen Photoinitiator in UV-Lacken für Lebensmittelverpackungen vor. Wie in anderen Unternehmen auch, wird mit polymeren Photoinitiatoren gearbeitet, die von vornherein ein höheres Molekulargewicht besitzen als normale Photoinitiatoren. Dadurch soll eine Migration durch das Material erheblich gesenkt werden. Nicht umgesetzte Photoinitiatoren sollen aufgrund ihrer komplexen Struktur in den langkettigen Polymeren stecken bleiben. Im Allgemeinen können hochmolekulare Stoffe durch ihre Molekülgröße schwerer durch Materialien diffundieren. WWW.VERPACKUNGSRUNDSCHAU.DE Dieser Gedanke wurde von Schmid Rhyner nun so weiterentwickelt, dass von polymerisierten Photoinitiatoren gesprochen wird. Bei diesen handelt es sich um Stoffe, die mit funktionellen Gruppen ausgestattet sind. Dadurch wird das Molekulargewicht weiter erhöht. Während der Polymerisation nicht allzu weit verbreitet – ein Markt mit viel Potenzial! Die Unternehmen Epple und Sicolor wagen diesen ersten Schritt und führten auf der diesjährigen drupa ihre neuen Druckfarben für den Verpackungsdruck vor. Bei den migrationsunbedenklichen „Wie wird gewährleistet, dass auch wirklich alle Photoinitiatoren und Monomere an der Polymerisation teilnehmen?“. Josephine Preuß, HTWK Leipzig reagieren diese funktionellen Gruppen mit den Polymeren, wodurch eine Migration so gut wie ausgeschlossen ist. Auch andere Unternehmen beschäftigen sich mit UV-Farben und Lacken, wissen aber gleichzeitig auch, dass die Forschung in diese Richtung noch lange nicht am Ende angekommen ist. Es wird immer versucht, migrationsarme Farben und Lacke noch migrationsarmer und damit immer weniger bedenklich zu machen. Dennoch wird niemand UV-Härtung und Migrationsunbedenklichkeit zusammen in den Mund nehmen und es ist auch fraglich, ob dieser Punkt in der Forschung jemals erreicht werden kann, da es keine hundertprozentige Sicherheit gibt, dass die Bildung von Nebenprodukte verhindert oder alle Photoinitiatoren und Restmonomere verbraucht werden. Aber auch außerhalb von UV-Farben sind migrationsunbedenkliche oder migrationsfreie Farben noch WWW.VERPACKUNGSRUNDSCHAU.DE Offset-Druckfarben handelt es sich um Farben, die durch Wegschlagen physikalisch trocknen. Bogenoffsetdruckfarben werden generell oxidativ getrocknet. Dabei werden geruchsverursachende Substanzen wie Ketone und Aldehyde freigesetzt. Da aber der Verpackungsdruck für Lebensmittel neben migrationsarmen auch geruchsarme Druckfarben fordert, muss ein anderes Bindemittel verwendet werden. Dieses besitzt aber aufgrund rein wegschlagender Trocknung andere Eigenschaften und wird unter Umständen nicht mehr zu 100 % der Scheuerfestigkeit gerecht, wie sie durch oxidative Trocknung besteht. Deshalb müsste auf diese geruchsarmen Druckfarben eine Dispersionslackierung aufgetragen werden. Weiter bietet Epple erstmals auch Metallicfarben für den Verpackungsdruck an, die ebenfalls den Anforderungen an Lebensmittelverpackungen gerecht werden. Des Weiteren wird intensiv an der Weiterentwicklung der migrationsunbedenklichen Druckfarben geforscht, um einen Innenseitendruck von Lebensmittelverpackungen zu ermöglichen. Bisher haben alle Druckfarben die Anforderungen für die Außenseite der Verpackung, also der vom Füllgut abgewandten Seite, erfüllt. Epple informierte nun auf der drupa über dieses neues Konzept des Innenseitendruckes. Alle verwendeten Rohstoffe sind für den Einsatz in Lebensmitteln zugelassen und stellen selbst im langfristigen Direktkontakt mit Lebensmitteln keine Gefahr dar. Viel Spielraum auf der Innenseite Heutzutage ist die Verpackung das Entscheidungskriterium für den Kauf durch außergewöhnliche Formen, qualitativen Druck und ansprechende Effekte. Wenn diese Verpackung dann allerdings geöffnet wird, erwarten den Kunden oftmals nur die graue Innenseiten. Eine farbige Gestaltung wird dagegen den Kunden in seiner Kaufentscheidung bestätigen und ihn mehr an das Produkt binden. Verpackungen müssen eben immer wieder neu und innovativ sein und die Innenseite bietet dafür viel Spielraum. Es zeigt sich zwar, dass im Verpackungsdruck UV-Härtung und Migrationsunbedenklichkeit keinen gemeinsamen Kontext bilden, aber dass jedes für sich seinen eigenen Weg in die Zukunft finden wird und die drupa 2016 dafür nun den Startschuss gegeben hat. VERPACKUNGS-RUNDSCHAU 2016
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