VDir. Waltraud Brandner Vorstandsdirektorin Sparkasse Scheibbs AG Zur Person Name Jahrgang Familienstand Kinder Wohnort Betrieb Position Waltraud Brandner 1960 Verheiratet Sohn (24 J.) Scheibbs Sparkasse Scheibbs AG Vorstandsdirektorin Waltraud Brandner: Karriereplanung als Lebenskonzept Zum Beruf In Scheibbs befindet sich die Hauptanstalt der Sparkasse Scheibbs AG, weitere Geschäftsstellen befinden sich in Purgstall und in Wieselburg. Mit insgesamt 35 MitarbeiterInnen und einer Bilanzsumme von € 119 Millionen (2004) zählt die Sparkasse Scheibbs zu einem fixen wirtschaftlichen Bestandteil der Region. Die Sparkasse wird von zwei Vorständen geführt, die sich die Geschäftsbereiche aufteilen. Vorstandsdirektorin (VDir.) Waltraud Brandner, seit 1997 im Vorstand, zeichnet für den Privatkundenbereich, das Rechtsbüro und für den Markt verantwortlich. Waltraud Brandner 46 Vorstandsdirektorin Beruflicher Werdegang Nach drei Jahren Handelsschule hat Waltraud Brandner 1978 bei der Sparkasse in Scheibbs ihren Berufsweg begonnen. Anfänglich arbeitete sie in der Buchhaltung, im Laufe der nächsten Jahre hat sie dann sämtliche Abteilungen bis zur Kundenberaterin kennen gelernt. 1981 wurde ihr Sohn geboren, nach acht Wochen Mutterschutz ist sie sofort wieder in das Berufsleben eingestiegen, diesmal als Sachbearbeiterin in der Kreditabteilung, wo sie sich dann als Abteilungsleiterin profilieren konnte. 1994 übernahm sie die Gesamtprokura der Sparkasse Scheibbs. Nach einer zweijährigen Managementausbildung bewarb sie sich für die öffentlich ausgeschriebene Stelle der Vorstandsdirektion – und konnte sich gegen die Konkurrenten durchsetzen. Ihr Ziel für die Zukunft ist, die Selbständigkeit der Sparkasse zu erhalten und den Markt optimal zu bearbeiten. Denn angesichts der Fusionen der Großbanken ist es eine große Herausforderung für ihre Bank, den Marktwert zu steigern und dabei gleichzeitig die Regionalität zu erhalten. Motivation Warum hat sie das Bankwesen gewählt? Waltraud Brandner hatte während der Handelsschule keine konkreten Vorstellungen von ihrem zukünftigen Berufsleben, vorgeschwebt war ihr die Arbeit in einem Lohnbüro. Als 1978 die umgebaute Sparkassenhauptanstalt in Scheibbs wieder eröffnete und die Stellen ausgeschrieben wurden, hat Waltraud Brandner sich auf den Rat ihrer Eltern hin dort beworben. Im Zuge der Ausbildung hat sie gemerkt, dass ihr der Beruf Spaß macht. Nach der Geburt ihres Sohnes hat sie dann ihre Karriere so richtig in Schwung gebracht. In der Kreditabteilung gab es jeden Tag etwas Neues zu lernen. Diese Herausforderung war ausschlaggebend, um den Traum, nach einigen Jahren Sparkassentätigkeit eine Führungsposition zu erreichen, zu verwirklichen. Werdegang 1978 1981-1987 1987-1994 1994-1996 1994-1995 Seit 1997 Berufseinstieg Sparkasse Scheibbs, Abt. Buchhaltung bis Kundenberaterin Sachbearbeiterin in der Kreditabteilung Abteilungsleiterin der Kreditabteilung Gesamtprokura der Sparkasse Scheibbs Managementausbildung Vorstandsdirektorin Sparkasse Scheibbs Waltraud Brandner Was gefällt Ihnen am besten an Ihrem Beruf? Um eine Beschäftigung attraktiv zu machen, müssen für die Direktorin Stimmung und Teamarbeit passen. Es ist der Kontakt mit Kunden und Kundinnen, die guten Gespräche, die Freude an der Teamführung, die den Beruf lebenswert machen. Gemeinsam mit den MitarbeiterInnen Ziele zu finden und diese umzusetzen, ist für Waltraud Brandner wichtig: „Einzelkämpfer, wie sie früher in diesem Sektor zu finden waren, haben erst in meiner Ära an Bedeutung verloren. Meine erste Hauptaufgabe war es, im Zuge der Reformen und Umstellungen aus Einzelkämpfern ein Team zu machen, in dem die Mitarbeiter füreinander da sind. Eine schwierige, aber schöne Aufgabe.“ 47 Vorstandsdirektorin … und die weniger positiven Seiten? Ihre größten Erfolgsmomente … Natürlich gibt es auch negative Seiten im Beruf, für die es persönliche Gegenstrategien zu entwickeln gilt. Die Arbeits- und Zeitbelastung ist groß, denn zusätzlich zur täglichen Arbeit kommen noch viele Veranstaltungen, die besucht werden sollen, hinzu. Abende und Wochenenden sind hier nicht ausgenommen. Auch die vielen ehrenamtlichen Aufgaben, die Waltraud Brandner innehat, sie ist zum Beispiel Vorsitzende der Initiative „Frau in der Wirtschaft“* Scheibbs und Vorstandsmitglied eines Vereins für Palliative Pflege, müssen untergebracht werden. Um mit dem Druck, den eigenen Ansprüchen und auch der oft zu selbstkritischen Einstellung besser umgehen zu können, holt sich Waltraud Brandner immer wieder Input bei Seminaren und Weiterbildungen. Der größte Erfolg war der positive Abschluss der Managementausbildung. Als einzige Frau unter 20 Teilnehmern und ohne akademischen Titel, im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen, hat Waltraud Brandner mit gutem Erfolg abgeschlossen. „Ich war sehr stolz, das geschafft zu haben, neben dem Beruf, keinen Urlaub dafür zu bekommen, nur für die Kurse. Ich war voll gefordert, Kreditabteilungsleiterin, Ausbildung, Familie, das waren zwei Jahre Wahnsinn, aber im Nachhinein gesehen war es toll.“ Unterstützung hat sie in dieser Zeit vor allem von ihrem Ehemann bekommen, aber auch von ihren Kollegen in der Ausbildung, zu denen sie auch heute noch gute Kontakte pflegt. Viele unter ihnen sind Vorstandsdirektoren wie sie. Waltraud Brandners berufliches Netzwerk ist dadurch recht männlich geprägt. Lange Zeit war sie überhaupt die einzige Frau in dieser Position, mittlerweile werden drei von 62 selbständigen Sparkassen in Österreich von Frauen geführt. Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben? Dank der guten Organisation und der Unterstützung durch ihre Familie, insbesondere durch ihre Mutter und ihren Ehemann, konnte und kann Waltraud Brandner Beruf und Familie immer gut in Einklang bringen. Einen Tiefpunkt musste sie unmittelbar nach Ende des Mutterschutzes überwinden. Jahrzehntelang war keine Kollegin in der Sparkasse schwanger geworden, nun musste sie dem Druck des Neuen, Unbekannten standhalten. Da hieß es: „…wenn ich ein Jahr nicht komme und Karenz mache, kann mir nicht zugesagt werden, dass ich wieder anfangen kann. Das war nicht leicht, mein kleines Baby zu Hause zu lassen, dann noch dazu in eine neue Abteilung zu gehen, das hat gedauert bis ich eingearbeitet war.“ Ein Entgegenkommen seitens der Bank, wie etwa die Möglichkeit zur flexibleren Zeiteinteilung, gab es damals nicht. Die Kinderbetreuung wurde untertags von der Großmutter und dem Vater übernommen, abends konnte sich die Mutter um das Kind kümmern. Brandners Fazit: Eine Frau mit Familie kann nur Karriere machen, wenn sie überdurchschnittlich gut organisiert ist und sich der Unterstützung der Familie sicher sein kann. Waltraud Brandner … und Hürden? Im Bankensektor sind Frauen nicht sehr häufig in den oberen Etagen zu finden. Mit einer Direktorin als Vorgängerin war für Waltraud Brandner manches sicher einfacher als wie für andere Frauen in vergleichbarer Position – aber das Vertrauen der ehemaligen Direktorin, der „Grande Dame“ des Betriebs, musste erstmal gewonnen werden. An dieser Aufgabe waren bereits einige männliche Kollegen gescheitert, Waltraud Brandner hatte mehr Erfolg. Die beiden Frauen verbindet heute noch ein freundschaftliches Verhältnis. Als größte Schwierigkeit empfindet sie es, als Frau, als Mitarbeiterin und als Chefin mit dem eigenen Wissen akzeptiert zu werden. Ihre Strategie: „Offen auf andere zugehen, nicht warten bis andere kommen. Die Initiative selbst ergreifen und die eigene Meinung hörbar kundtun. Wir Frauen dürfen nicht warten, dass wir entdeckt werden, wir müssen selbst ins Rampenlicht treten.“ Als Chefin ist Waltraud Brandner nicht mehr so in das Team integriert wie früher als Kollegin, die Führungsposition bedeutet in gewisser Weise auch eine Außenseiterinnenposition. Hier ist die Fähigkeit gefordert, permanent zu kommunizieren und Konsens zu bilden. 48 Vorstandsdirektorin Wie geht es Ihnen als Frau in Ihrer Führungsposition? Persönliche Tipps von Waltraud Brandner Es gibt viele Frauen, so Waltraud Brandner, die sich den Wunsch erfolgreich zu sein, nicht eingestehen wollen. Viele Frauen hätten vor dem Wort „Macht“ Angst, dabei sei es durchaus positiv zu besetzen, mit Macht ist viel zu erreichen. Frauen machen sich für Waltraud Brandner in Führungspositionen gut, sie haben Sozialkompetenzen und Visionen, die sie auch umsetzen. Aber: „Wir dürfen nicht zu selbstkritisch oder überkritisch sein. Erst wenn wir 200 Prozent sicher sind, dass wir etwas können, dann sagen wir es auch. Wir sind gut, aber wir müssen es sagen. Die Männer können das besser. Die sind bei 50 Prozent und sind schon vorne. Frauen sind leider zu selbstkritisch.“ Auch sie selbst hat in dieser Hinsicht viel dazulernen müssen. Als Frau in einer Führungsposition geht es für Waltraud Brandner nicht nur darum, sich in einer männerdominierten Umgebung durchzusetzen, sondern auch zu lernen mit den eigenen Ansprüchen umzugehen. • Eine gute Ausbildung machen, soviel Aus- und Weiterbildungen wie möglich in Anspruch nehmen, das ist heutzutage unbedingt notwendig. Da Karrieren anders verlaufen als früher, wird heute nicht mehr vom Berufsanfang bis zur Pensionierung in einem Betrieb aus- und weitergebildet. Wichtig ist auch, Sprachen zu lernen, insbesondere Ostsprachen. * • Fragen, die es bei der Berufswahl zu beantworten gilt: Was kann ich gut? Auf welchem Gebiet möchte ich Karriere machen? Wo gibt es Chancen und Möglichkeiten? • Unterstützung bei der Berufswahl könnte zum Beispiel das WIFI* bieten, oder eine ausführliche Internetrecherche; zu empfehlen sind die Schnupperwochen, nicht nur in Pflichtschulen, auch in höheren Schulen. Praxisorientiertes Lernen wie an den Fachhochschulen, die bereits mit Betrieben kooperieren, hilft beim Orientieren. Links • Für Führungspositionen können auch akademische Titel wichtig sein. Ein gewisser Weitblick in jungen Jahren, den auch sie bedauert nicht gehabt zu haben, kann hier hilfreich sein. Aber: man muss nicht unbedingt studieren, es ist auch möglich, sich im Beruf ohne akademischen Abschluss nach oben zu arbeiten, wie ihr Beispiel zeigt. Frau in der Wirtschaft – Wirtschaftskammer Österreich wko.at/unternehmerin WIFI – Wirtschaftsförderungsinstitut Niederösterreich www.noe.wifi.at Women Network www.women-network.at • Information und Unterstützung bieten auch Netzwerke, zum Beispiel das „Women Network“*, eine Initiative für niederösterreichische Frauen, die den Schritt zum eigenen Unternehmen planen oder bereits selbständig tätig sind. • Die besten Chancen auf eine erfolgreiche Karriere bestehen in der konkreten Planung der Ausbildung. Wenn jemand wirklich Karriere machen will, sind auch hier vorher ein paar Fragen zu beantworten: Will ich erfolgreich sein? Auf welchem Gebiet will ich erfolgreich sein? Will ich eine einflussreiche Person sein? • Eine eventuelle Familiengründung ist nach Waltraud Brandners Erfahrung in der Ausbildungs- und Berufsplanung unbedingt mitzudenken. Waltraud Brandner 49 Vorstandsdirektorin
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