Ektoparasiten beim Schaf

Ektoparasitosen und deren
Behandlung beim Schaf
Karl - Heinz Kaulfuß
Tierarztpraxis Hoffmann
Elbingerode / Harz
Funktion der Haut
Die Haut ist der Spiegel der Gesundheit des
Tieres und eng mit dem Gesamtstoffwechsel verbunden. Sie stellt das größte
Organ des Organismus dar.
Die Haut und ihre Anhangsorgane
insbesondere Haare und Wolle, aber auch
die Hautdrüsen, das Euter und die Klauen):
• sind die natürliche Schranke zwischen
Umwelt und Organismus,
• sind Träger wichtiger Sinnesorgane
(Tast-, Reiz- und Temperaturempfindung),
• dienen der Regulation des Wärmehaushaltes,
• besitzen eine Isolationswirkung (auch
gegen Nässe),
• sind ein Energiespeicher (Fettdepots)
und
• sind ein Ausscheidungsorgan (Talg).
Erkrankungen der Haut
-
Verletzungen, Bisse
Neubildungen
Lichtüberempfindlichkeit
Fütterungsfehler
Unsauberkeit/futtrige Wolle
Wollfressen
Regenfäule
Hormonstörungen
als Begleiterscheinung bei Organ- und
Mangelerkrankungen
bei Fieber
Allergien
bakterielle und virale Infektionen (MKS; Lippengrind;
Scrapie; Aujeszkysche Krankheit etc.)
Hautpilze (Trichophytie)
UND ECHTE HAUTPARASITOSEN
Ökonomische Aspekte
-
-
geringere Futteraufnahme infolge der durch Juckreiz
verkürzten Freßzeiten,
Behinderung der Futteraufnahme (Lippengrind)
Körpermasseverlust,
Einbußen bei der Wollgewinnung,
Behinderung beim Decken (beide Geschlechter),
geringere Milchleistung der Mutter,
verminderte Körperabwehr und damit vermehrte
Anfälligkeit gegen weitere Infektionskrankheiten incl.
Wurmbefall und
erhöhte Selektion erkrankter Tiere
evtl. Tod (Rückenlage)
Rechtliche Aspekte
§ 2 Tierschutzgesetz
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
1. muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend
angemessen
ernähren,
pflegen
und
verhaltensgerecht
unterbringen.
2. muß über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und
verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen
Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
§17 Tierschutzgesetz
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldbuße wird
bestraft, wer
1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
2. einem Wirbeltier aus Roheit erhebliche Schmerzen oder Leiden
oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche
Schmerzen oder Leiden zufügt.
Krankheitsfördernde Faktoren
Haltung
hohe Besatzdichte/Stressoren
typische Jahreszeiten = Winter, Frühjahr
ganzjährig bei Stallhaltung
Vorschädigungen der Haut
Umwelt
Biotop der Ektoparasiten (z.B. der Zecken, Fliegen)
Lebenszyklus des Parasiten
Menge und Dauer des Befalls
Schäfer
mangelnde Wollpflege
unkontrollierter Tierverkehr (- zukauf)
Weiterverbreitung
Insektenanflug
Überwanderung von Tier zu Tier
über Gerätschaften (Stall, Schafschur etc.)
Das erkrankte Schaf
-
Juckreiz,
sich selbst beknabbern,
Duldung des Wollefressens,
zottlig wirkende Wolle,
zwirnende Wolle,
großflächiger Wollverlust,
Rötung der Haut,
Eiterherde,
Schorf-, Krusten-, Borken- und Schuppenbildung,
Blutungen der Haut,
Körpermasseverlust,
geringere Milchleistung,
verminderte Wollqualität und -quantität,
selten Todesfälle.
Leitsymptome:
Entzündung, Wollausfall, Juckreiz
Differentialdiagnostische Übersicht der
Hautkrankheiten
(nach Behrens, Ganter u. Hiepe; Lehrbuch der Schafkrankheiten, 4. Auflage)
Differentialdiagnostische Übersicht der
Hautkrankheiten
(nach Behrens, Ganter u. Hiepe; Lehrbuch der Schafkrankheiten, 4. Auflage)
Anamnese
•
•
•
•
•
seit wann ?
Einzeltiere – Gruppen – Herde ?
Stall oder Weide ?
Jahreszeit
Umwelt auf Weide (Bewuchs,
Witterung, Witterungsschutz etc.)
• Tierverkehr (Pensionsvieh, Zugang,
Ausstellungen)
• Gerätenutzung (Viehanhänger !)
• Schafschur (incl. Hygiene)
Diagnostik
• Tierbeobachtung (Verhalten = Juckreiz, Unruhe)
• Untersuchung der Wolle
Feuchtigkeit, Geruch, Farbe
wollfreie Stellen, zwirnende Wolle,
gebrochene Wolle
Diagnostik
• Adspektion der Haut
unter der Wolle (evtl. nach Schur)
der wollfreien Stellen
Rötung, Knötchen, Blasenbildung, Krusten – und
Schuppenbildung, Eiterherde, schmierige Beläge,
Verhärtungen, Narben
• Elastizitätsverlust der Haut
Diagnostik
• „der Umwelt“
Wollfetzen (Cave bei Schafen mit Wollwechsel, z.B.
Dorper)
Scheuerstellen
Fütterungstechnik (Gatterabstand)
Ektoparasitendiagnostik
Ektoparasitosen sind Herdenerkrankungen. Ein einzeln erkranktes Tier
in einer Herde ist unwahrscheinlich. Bei der Diagnostik wird die Wolle
gescheitelt und der Tierkörper auf Parasiten untersucht. Die Mehrzahl
der Ektoparasiten (Haarlinge, Zecken, Schaflausfliegen, Madenbefall)
sind mit dem blosem Auge (gegebenenfalls mit Lupe) erkennbar.
Sind die Parasiten durch die Betrachtung nicht eindeutig nachweisbar,
was vorwiegend bei den sogenannten Räudeerregern der Fall ist, sollte
eine bestehende Verdachtsdiagnose durch die Entnahme eines tiefen
Hautgeschabsels, welches am Übergang vom gesunden zum
erkrankten Gewebe entnommen wird, abgesichert werden. Bei sich
schnell bewegenden Parasiten auf der Haut wird die Wolle gescheitelt
und schnell ein durchsichtiger Klebestreifen (an dem dann die
Parasiten haften) aufgedrückt. Hautgeschabsel wie auch der
Klebestreifen werden dann unter dem Mikroskop untersucht.
Bei der mikroskopischen Untersuchung auf
Ektoparasiten ist zu beachten
• beim Mikroskopieren sollte das Licht nicht zu stark sein.
• Kondensator sollte unten stehn.
• vvtl. störende Krusten oder Haare werden durch 15-minütige Einwirkung eines Tropfens Kalilauge 10% (KOH) aufgelöst.
• mit x4- oder x10-Objektiv das gesamte Präparat durchmustern.
• starke Vergrößerung nur verwenden, um Details näher zu betrachten.
Psoroptes ovis
Haarling
Linognathus ovillus
Häufige Hauterkrankungen in
eigener Praxis
• unspezifischer Wollausfall (Fieber,
Stress)
• Ektoparasitosen
– Räude (Körper- und Fußräude)
– Haarlinge
– Fliegenmadenbefall (Myiasis)
• Infektionserkrankungen
– Lippengrind + Staphylokokkendermatitis
– Dermatophilose
• Photodermatitis
• Sommerekzem
• Zinkmangel bei Ziegen
Dermatophilus congolensis
Klassische Räudeformen
= Nachbehandlung
= Entwesung
Schaf
Ziege
Körper
Ohr
Kopf
Kopf/Körper
Fuß
Steiß/ Rücken
Körperräude
Körperräude
Kopf- und Fußräude
Fußräude
Haarlingsbefall
Läuse und Schaflausfliege
Fliegenmadenbefall
Die Erreger der Myiasis sind Gold- und Schmeißfliegen
(Lucilia- und Calliphora-Arten) - ca. 1 cm lange metallisch
glänzende Fliegen. Diese legen ihre Eier (bis zu 3000)
vorzugsweise in Kadavern (Nachgeburten) aber auch am
lebenden Schaf in:
• Wunden (Hundebisse, Schurverletzungen, Kupieren),
• einer stark verschmutzten Analregion (Kot, nach Geburten)
• das durchnäßten Vlies ab.
Andere Lokalisationsstellen sind die Penisöffnung,
Hautfalten und die Hornbasis. Weiterhin wurde Fliegenmadenbefall auch bei Schafen mit trockenem nicht
verschmutztem aber vollschurigem Vlies beobachtet. Solche
Tiere weisen plötzlich nässende, süßlich riechende Stellen
im Vlies auf. Nach Scheiteln des Vlieses werden feuchte rote
Hautbezirke sichtbar.
Fliegenmadenbefall
Zeckenbefall
Durch Zecken übertragbare
Krankheiten
Sommerekzem / Gnitzenallergie
Bekämpfung von Ektoparasiten
Vermeidung von prädisponierenden
Faktoren
Wundbehandlung
Schafschur
Quarantäne
Behandlungsmethoden
?
per Injektion gegen Räude
und Fliegenmaden
Badelösung zur Stallentwesung
und Kadaverdesinfektion
Ektoparasitaria
Wirkstoffe und in Deutschland, Österreich und der
Schweiz erhältliche Präparate zur Ektoparasitenbekämpfung
(Auswahl)
Wirkstoff
Phoxim
Diazinon (Dimpylat)
Cyfluthrin
Flumethrin
Deltamethrin
Ivermectin (1)
Doramectin
Eprinomectin (2)
Dicyclanil
Amitraz
Pyrethrum-Extract
Cyhalothrin
Cypermethrin
Closantel
Rafoxanid
Nitroxinil
Präparate in Dtschl.,
Öster., Schweiz
Sebacil-Lösung
Neocidol 250 bzw. 25%
Bayofly Pour-on
Bayticol Pour-on
Butox 50
Latroxin Delta
Qualimec 1%
Ecomectin 1%
Ivermectin ad us vet
Noromectin
Virbamec
Dectomax
Eprinex pour on
Clik 5% pour on
Tactic
verschiedene Präparate
Cyhalothrin pour on
Flectron
Flukiver
kein Präparat erhältlich
kein Präparat erhältlich
generelle EU-WirkstoffZulassung für
Schaf, Schwein
Rind
Rind, Schaf
Rind, Schaf, Ziege
Rind, Schaf, Ziege
Rind, Schaf, Pferd, Schwein
Rind, Schaf, Pferd, Schwein
Rind, Schaf, Pferd, Schwein
Rind, Schaf, Pferd, Schwein
Rind, Schaf, Pferd, Schwein
Rind, Schaf, Schwein
Rind
Schaf
Rind, Schaf, Schwein, Ziege
alle Tierarten
Rind
Rind, Schaf; Ziege
Rind, Schaf
Rind, Schaf
Rind, Schaf
Zulassung unter besonderer Berücksichtigung vom Schaf und Ziege
Deutschland
Österreich
Schweiz
Schaf
nicht erhältlich
nur Rind
nur Rind
Schaf
Schaf
Schaf
Schaf
nicht erhältlich
nur Rind
nur Rind
Schaf
nur Rind
Schaf
nicht erhältlich
vorrangig für Heimtiere
vorrangig für Heimtiere
nur Rind
Schaf
nicht erhältlich
nicht erhältlich
Schaf
Schaf
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
Schaf
Schaf
nicht erhältlich
nicht erhältlich
Schaf
Schaf
nur Rind
nicht erhältlich
nur Schwein
vorrangig für Heimtiere
vorrangig für Heimtiere
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
Schaf
Schaf, Ziege
nur Rind
nur Rind
Schaf, Ziege
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
Schaf
Schaf
Schaf
Schaf
Ziege
nicht erhältlich
Schaf, Ziege
Schaf, Ziege (3)
Schaf
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
nicht erhältlich
1) eine Auswahl an Präparaten mit der Zulassung für Schafe
2) nur bei Ziege und Haarschafen wirksam
3) z.B. Acarin liquide; Acarin Räudespray, Farm Spray ad us. vet. (zugelassen in der Schweiz)
Übliche Ektoparasitaria in
Deutschland
Wirkstoff
Handelsname
Deltamethrin* Butox, Latroxin
Methode
Milben
Aufguß
Permethrin
Sebacil
Bad; Sprühen
+
Doramectin*
Dectomax
Injektion
+
Ivermectin
Qualimec
Injektion
+
* nach eigener Erfahrung gut wirksam gegen Fliegenmadenbefall
Haarlinge
Zecken
+
+
+
+
Therapieempfehlungen
Körperräude/Kopfräude
Nach der Schafschur werden die Tiere entweder zweimal im
Abstand von 7-14 Tagen einer Badebehandlung oder der
Injektionsbehandlung mit Ivermectin- bzw.
Doramectinpräparaten unterzogen. Entgegen der
Herstellerangaben hat sich eine bewußte Höherdosierung der
Injektionspräparate auf 1 ml/ 33 kg Körpergewicht als wirksamer
erwiesen (Achtung: Umwidmung). Es ist auch eine Kombination
von Bade - und Injektionsbehandlung möglich.
Fußräude
Die Behandlung von Fußräude stellt sich in der Praxis
als sehr langwierig und zum Teil als sehr frustrierend
dar. Es sind in der Regel bis zu 3 im Abstand von 10
Tagen aufeinanderfolgende Injektionen mit Ivermectinoder Doramectinpräparaten in der erhöhten Dosierung
von 1 ml/33 kg Körpergewicht notwendig. Parallel dazu
werden Fußbäder mit einer gegen Ektoparasiten
gerichteten Badelösung empfohlen.
Da die Fußräudemilben zu allergischen Reaktionen der
Haut in der Fesselgegend führen, ist es wichtig, die
vorhandenen Schorfe und Grinde nach vorherigem
Weichen manuell von der Haut zu entfernen und die
entzündete Haut mit abdeckenden fetthaltigen Salben
einzuschmieren.
Haarlings-, Läuse- und Schaflausfliegenbefall
Die Behandlung erfolgt in der Regel nach Schur der
Schafe mit den aufgeführten Präparaten zur
Schafbadung oder zur Pour on- Behandlung.
Der Einsatz des hochwirksamen aber für Schaf und
Ziege nicht zugelassenen Präparates Bayofly pour on
ist auch am ungeschorenen Schaf möglich.
Injektionspräparate sind zur Behandlung dieser
Erkrankungen völlig ungeeignet.
Fliegen- und Fliegenmadenbefall
Bei bereits aufgetretenem Fliegenmadenbefall sind
die betroffenen Hautbezirke freizulegen, die
sichtbaren Maden zu entfernen und die Wunde mit
milden Desinfektionsmitteln zu reinigen. Eine
einmalige Injektionsbehandlung der Schafe mit
Ivermectin- oder Doramectinpräparaten zur
Abtötung der Maden in Kombination mit
Injektionsantibiotika zur Verhinderung von
Wundinfektionen hat sich als vorteilhaft erwiesen.
Eine lokale Waschung der betroffenen Hautbezirke
mit Präparaten zur Schafbadung (z.B. Sebacil) ist
ebenfalls möglich.
Zecken
Zur Therapie eines Zeckenbefalls können Präparate zur
Bade-, Sprüh-, Wasch-, Pour on- und
Injektionsbehandlung eingesetzt werden.
Zur Vorbeugebehandlung sind Organophosphate (Phoxim
= Sebacil) in 3 bis 4 wöchigem Abstand geeignet. Die
langanhaltenste vorbeugende Wirkung bei gleichzeitiger
einfacher Pour-on-Applikation hat das für Schafe und
Ziegen nicht zugelassene Bayticol (Achtung:
Umwidmung!).
Fehler bei der Ektoparasitenbekämpfung
Ektoparasiten lassen sich bei korrekter Anwendung der beschriebenen
Präparate zielgerichtet und sicher bekämpfen. Die Praxis zeigt jedoch,
dass trotz Bekämpfungsmaßnahmen oftmals ein andauernder Erfolg nicht
gewährleistet ist. Neben echten Neuinfektionen sind hierfür folgende
Fehler zu nennen:
• Nachlassen der Bemühungen bei oder Begnügung mit klinischem
Erfolg,
• Übersehen eines latenten Befalls, Unterlassen der Nachuntersuchung,
Verzicht auf ständige Herdenkontrolle, Nachlässigkeit der Schafhalter,
• Ersatz des Badens durch bequemere, aber unzureichende Sprüh- oder
Aufgußbehandlung, nur einmaliges Baden,
• Reinfektion durch unzureichende Entseuchung von Ställen, Geräten und
Transportfahrzeugen,
• Einfuhr oder Einstellen von Mast- und Zuchttieren ohne Quarantäne und
Behandlung sowie
• ungezielte Behandlungen ohne Beseitigung hygienischer Fehler bei der
Haltung begünstigen die Entstehung von Resistenzen bei den Parasiten.
Danke für die
Aufmerksamkeit
ISBN: 987-1-84593-664-8