SPORT Montag, 15. August 2016 20 „Das wird schwer für den Torwart“ Interview: Gerrit Wegkamp Der Torjäger hat spät zugeschlagen. Dank Gerrit Wegkamp bleibt der VfR Aalen in der 3. Liga ungeschlagen. Im Interview spricht der 23-Jährige über seinen Sonntagsschuss, einen guten Charakter und darüber, dass „die Hereinnahme von Matthias Morys viel bewirkt hat“. ALEXANDER HAAG Herr Wegkamp, wie haben Sie die 94. Minute erlebt? Wegkamp: Daniel Bernhardt hat einen langen Ball geschlagen, den ich verlängert habe. Ich habe gehofft, dass er vorne durchrutscht. Stattdessen kam der Ball zu mir zurück. Und dann? Dann habe ich den Ball mit dem Selbstvertrauen des ersten Tores einfach volley genommen. Als der Ball meinen Fuß verlassen hatte, wusste ich sofort, dass es schwer wird für den Torwart. Sie haben dem VfR Aalen damit einen Punkt gerettet. Die Mannschaft hat gezeigt, welch guten Charakter und Mentalität sie hat. Selbst nach dem 0:2 haben wir es nicht auslaufen lassen, sondern sind als Mannschaft zurückgekommen. Und wir haben uns belohnt. Frust und Freude liegen eng beisammen: Während es die Chemnitzer Spieler nicht fassen können, feiert Gerrit Wegkamp sein Last-Minute-Tor. Der Stürmer des VfR Aalen traf zuerst zum 1:2-Anschlusstreffer und dann in der Nachspielzeit zum 2:2-Endstand. (Foto: Eibner) Wegkamps später Doppelpack Fußball, 3. Liga: VfR Aalen spielt gegen den Chemnitzer FC nach 0:2-Rückstand noch 2:2 (0:1) Unglaublich, der VfR Aalen hat erneut kurz vor Schluss zugeschlagen. Wie schon gegen Wiesbaden und Kiel sorgte auch gegen den Chemnitzer FC ein Last-MinuteTreffer für ausgelassenen Jubel. Gerrit Wegkamp erzielte mit einem 25-Meter-Schuss in der Nachspielzeit den 2:2 (0:1)-Endstand, nachdem die Ostälbler bereits mit 0:2 zurücklagen. ALEXANDER HAAG Andreas Heintzen schüttelte den Kopf. „Unfassbar, Junge ...“, sagte der Mannschaftsarzt des VfR Aalen nach dem Schlusspfiff. Unfassbar dachten sich auch die gut 3700 Zuschauer in der Scholz-Arena, von denen wohl die wenigsten noch an ein Happy End geglaubt haben. Dann aber hielt Gerrit Wegkamp aus 25 Metern einfach drauf. Der Ball schlug unhaltbar im Chemnitzer Tor ein. Es war das 2:2 in der 94 Minute. Danach war sofort Schluss. „Das ist für uns wie ein gefühlter Sieg. Wir nehmen den Punkt mit und freuen uns darüber“, sagte ein sichtlich erleichterter Peter Vollmann. Frust pur dagegen bei Sven Köhler: „Ich kann es kurz machen: Es fühlt sich schlecht an“, so der Chemnitzer Coach. Es ist eine Reaktion, die nachvollziehbar war. Denn der CFC sah am Sonntagnachmittag in der Scholz-Arena lange Zeit wie der sichere Sieger aus, und das wäre vor allem aufgrund der ersten Halbzeit auch verdient gewesen. Denn TAKTISCHE AUFSTELLUNG in diesen ersten 45 Minuten waren die Chemnitzer in allen Belangen überlegen, sie hatten das Spiel im Griff und kombinierten nach Belieben. Auch, weil es der VfR dem Gegner leicht machte. Denn es fehlte der nötige Biss und die Aggressivität. „Wir haben gedacht, dass wir mit Chemnitz schönen Fußball spielen können, aber das Gegenteil war der Fall“, ärgerte sich Vollmann. Das blieb nicht ungestraft. Anton Fink führte einen Einwurf schnell aus, die VfR-Abwehr befand sich im Kollektivschlaf, und Dennis Mast hatte aus kurzer Distanz keine Mühe – 0:1 (9.). „Wir haben um diesen Treffer gebettelt“, sagte Vollmann. Es wurde auch danach nicht besser. Der Kartalis (5) Kefkir (3,5) Preißinger (3) Menig (3,5) Geyer (3) Ojala (3,5) Welzmüller (3) R. Müller (3,5) Bernhardt (2,5) Schwabl (3) Möglichkeiten. Die erste hatte Oguzhan Kefkir, bei dessen 18-Meter-Freistoß nur Zentimeter zum Torerfolg fehlten (52.). Matthias Morys (54.) und Fabian Menig (56.) hatten in dieser Drangphase weitere Chancen. Was einzig fehlte, war das Tor. Das fiel prompt auf der Gegenseite. Aalen klärte einen langen Ball zu kurz, Anton Fink zog direkt ab – 0:2 (57.). War das bereits der K.o.-Schlag? Das dachten wohl die meisten, zumal der freistehende Philip Türpitz die große Chance zum 0:3 hatte, Keeper Daniel Bernhardt aber glänzend reagierte (60.). Und noch einmal mussten die Aalener tief durchatmen, als Frahn mit einem Heber über Bernhardt nur die Latte traf (78.). Weniger cool war die erste Halbzeit ... Stimmt. Da haben wir uns schwer getan, Chemnitz ist gut reingekommen. Ich hatte auch manchmal das Gefühl, vorne allein zu sein. Da hat die Hereinnahme von Matthias Morys sehr viel bewirkt. Jetzt hat der VfR Aalen nach vier Spieltagen acht Punkte. Das hätte ich vor der Saison sofort unterschrieben. Dieser Punkt gegen Chemnitz war unheimlich wichtig vor der Ligapause und dem Pokalspiel in Essingen. 3. Liga ei aller Freude über das vierte ungeschlagene Spiel in Folge: Der VfR Aalen ist am Sonntag nur um Haaresbreite seiner ersten Saisonniederlage entgangen. Und die wäre angesichts der ersten 45 Minuten absolut gerechtfertigt gewesen. Der Chemnitzer FC war die klar dominierende Mannschaft in der ScholzArena und zeigte der jungen Mannschaft von Trainer Peter Vollmann mehrfach die Grenzen auf. Als der VfR Aalen dann seine stärkste Phase hatte, fiel das 0:2 – es war der ungünstigste Moment für einen weiteren Gegentreffer. Doch genau dann hat sich B die neue Stärke der Ostälbler gezeigt: der Zusammenhalt. Statt gegenseitiger Schuldzuweisungen sind die Profis als Einheit aufgetreten. Haben gekämpft. Und sich bis zur letzten Minute gemeinsam gegen die drohende Niederlage gestemmt. Dass der VfR Aalen am Ende mit dem 2:2 belohnt wurde, war deshalb nicht nur Glück. Sondern der Lohn für einen charakterstarken Auftritt. Alexander Haag Wie schon gegen Kiel und Wiesbaden hatten sich der VfR Aalen aber noch lange nicht aufgegeben. Nach einer Hereingabe von Kefkir war Wegkamp mit dem Kopf zur Stelle – nur noch 1:2 (82.). Die Hausherren starteten ihre Schlussoffensive – mit Innenverteidiger Torge Paetow vorne drin. Es lief die vierte und letzte Minute der Nachspielzeit. Daniel Bernhardt schlug einen langen Ball, den Wegkamp mit dem Kopf verlängerte. Diesmal klärten die Chemnitzer zu kurz. Wegkamp ging volles Risiko, nahm den Ball aus 25 Metern volley – Tooor. Der VfR Aalen bleibt damit die Mannschaft der späten Tore. Und vor allem die Mannschaft, die am vierten Spieltag noch immer ungeschlagen ist. VfL Lotte – FC Rot-Weiß Erfurt 2:2 SC Paderborn — SV Werder Bremen II 1:2 FSV Zwickau — Wehen Wiesbaden 0:3 SC Fortuna Köln — Holstein Kiel 1:0 FSV Frankfurt — SSV Jahn Regensburg 1:1 Hallescher FC — Hansa Rostock 0:0 SG Großaspach — SC Preußen Münster 2:0 MSV Duisburg — 1. FSV Mainz 05 U23 4:0 VfL Osnabrück — 1. FC Magdeburg 3:2 VfR Aalen — Chemnitzer FC 2:2 1. SSV Jahn Regensburg 4 3 1 0 9: 4 10 2. SC Fortuna Köln 4 3 0 1 6: 3 9 3. MSV Duisburg 4 2 2 0 7: 2 8 4. VfL Osnabrück 4 2 2 0 7: 5 8 5. VfR Aalen 4 2 2 0 5: 3 8 6. Wehen Wiesbaden 4 2 1 1 7: 2 7 7. Chemnitzer FC 4 1 3 0 5: 4 6 8. VfL Sportfreunde Lotte 4 1 2 1 6: 5 5 9. Sonnenhof Großaspach 4 1 2 1 5: 4 5 10. Hallescher FC 4 1 2 1 4: 3 5 11. Hansa Rostock 4 1 2 1 1: 2 5 12. Rot-Weiß Erfurt 4 1 2 1 3: 5 5 13. Holstein Kiel 4 1 1 2 4: 4 4 14. FSV Zwickau 3 1 1 1 5: 6 4 15. 1. FC Magdeburg 3 1 0 2 5: 6 3 16. SC Paderborn 4 1 0 3 4: 7 3 17. SV Werder Bremen II 4 1 0 3 3: 9 3 18. FSV Frankfurt 1899 4 0 2 2 3: 5 2 19. 1. FSV Mainz 05 U23 4 0 2 2 5:11 2 20. SC Preußen Münster 4 0 1 3 1: 5 1 SPIELINFORMATIONEN VFR-SPIELER DES SPIELS TORJÄGER ZAHL DES SPIELS Gerrit Wegkamp: In der ersten Halbzeit kämpfte und rackerte er zwar, hing als einzige Spitze aber meist in der Luft und hatte keine Torabschlüsse. Erst im zweiten Durchgang mit Gerrit Wegkamp Matthias Morys an seiner Seite bekam Gerrit Wegkamp die Bälle. Und der 23-Jährige machte damit das, wofür er da ist: Tore schießen. Zuerst per Kopf zum 1:2. Und in der Nachspielzeit mit einem Traumtor zum 2:2-Endstand. Mehr kann ein Stürmer nicht tun. alex 1. Anton Fink (Chemnitzer FC) 2.Christian Beck (1. FC Magdeburg) Carsten Kammlott (Rot-Weiß Erfurt) 4. Robert Andrich (SV Wehen Wiesbaden) Andreas Geipl (Jahn Regensburg) KOMMENTAR ● VFR AALEN Der Zusammenhalt als neue Stärke Auswechslungen VfR Aalen: 46. Morys (Note: 3) für Kartalis, 86. Paetow (–) für Geyer Wegkamp (1,5) umtriebige Ex-Aalener Fink war Drehund Angelpunkt im Mittelfeld, und der 29-Jährige suchte auch den Abschluss. Allerdings zielte er aus 20 Metern knapp am langen Pfosten vorbei (22.). Kurz danach zappelte den Ball wieder im Netz. Daniel Frahn traf nach einem Fehler von Markus Schwabl zwar ins Tor, stand dabei aber im Abseits (29.). Vollmann reagierte nach der Halbzeitpause, er wechselte ins 4-4-2-System und brachte für den schwachen Alexandros Kartalis mit Matthias Morys einen zweiten Angreifer. Das sollte sich auszahlen. Der VfR kam wie verwandelt aus der Kabine und setzte Chemnitz sofort unter Druck. Und er kam plötzlich zu Wie erklären Sie sich die späten Tore? Wir geben uns nie auf. Jeder kämpft für den anderen, und jeder gönnt es dem anderen. Vielleicht werden solche Mannschaften öfter belohnt. Wobei ich nichts dagegen hätte, wenn wir mal früher 2:0 führen würden. Aber für die Fans ist es so natürlich auch cool. Chemnitzer FC: Kunz – Bittroff, Endres (80. Mbende), Conrad, Grote – Reinhardt (75. Danneberg), Dem – Türpitz, Fink (84. Baumgart), Mast – Frahn 0:1 Mast (9.), 0:2 Fink (57.), 1:2 Wegkamp (82.). 2:2 Wegkamp (90. + 4) Preißinger – Bittroff, Türpitz Günter Perl (Pullach) 3 711 Scholz-Arena, Aalen Wegkamp mit Risiko: Schuss aus 25 Metern zum 2:2 4 3 3 2 1 70 Minuten war Chemnitz laut VfR-Trainer Peter Vollmann die bessere Mannschaft. VORSCHAU 5. SPIELTAG 26. und 27. August Freitag, 18.30 Uhr: FC Magdeburg – MSV Duisburg, 19 Uhr: Werder Bremen II – VfL Osnabrück Samstag, 14 Uhr: Chemnitzer FC – SF Lotte, Hansa Rostock – FSV Frankfurt, Rot-Weiß Erfurt – Fortuna Köln, Holstein Kiel – FSV Zwickau, Preußen Münster – FSV Mainz 05 II, SG Sonnenhof Großaspach – Hallescher FC, Jahn Regensburg – VfR Aalen, SV Wehen Wiesbaden – SC Paderborn „ ZITAT DES SPIELS Gefühlt ging das Spiel eine Minute zu lang.“ Sven Köhler Trainer des Chemnitzer FC
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