Grußwort WAIMH - DGKJP Kongress 2017

Grußwort
Auf dem XXXV. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie in Ulm wird erstmals ein thematischer Schwerpunkt in
Zusammenarbeit mit der World Association for Infant Mental Health (WAIMH) gestaltet.
Die WAIMH ist eine internationale Vereinigung von Wissenschaftlern und Klinikern, die sich zur
Aufgabe gemacht haben, die seelische Gesundheit von Säuglingen, Klein- und Vorschulkindern zu
fördern und dabei spezifisch kulturelle, regionale und soziale Aspekte besonders zu
berücksichtigen. Die WAIMH setzt sich aus 58 Tochtergesellschaften aus allen Kontinenten
zusammen. Hierzu gehört auch die deutschsprachige Tochtergesellschaft GAIMH mit Mitgliedern
aus der Schweiz, Österreich und Deutschland. Es ist mir eine besondere Ehre, dass ich an
unserem 2016-er Kongress in Prag als erster Deutscher und langjähriges Mitglied der DGKJP für
4 Jahre die Präsidentschaft dieser Vereinigung übernehmen durfte.
Es freut mich, dass es anlässlich des Ulmer Kongresses der DGKJP gelungen ist, eine strategisch
bedeutsame Kooperation zwischen der WAIMH und der DGKJP zu formen. Das Motto des
Kongresses „Dazugehören – bessere Teilhabe für traumatisierte und psychisch belastete Kinder
und Jugendliche“ hat in Bezug auf die frühe Kindheit eine große Bedeutung. Überwältigende
wissenschaftliche Evidenz belegt, dass psychische Traumatisierungen und Belastungen während
der ersten Lebensjahre einen für den gesamten Lebenszyklus bedeutsamen Risikofaktor
darstellen, den es zu beachten und frühzeitig präventiv und therapeutisch anzugehen gilt. Was
liegt näher, als angesichts der Tatsache, dass weltweit insbesondere Säuglinge und Kleinkinder
von belasteten Lebensumständen (wie z. B. ein Aufwachsen unter Bedingungen von Flucht und
Heimatlosigkeit) betroffen sind, unsere diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten im
Hinblick auf diese Altersgruppe zu verbessern. Zu lange ist der psychiatrische und
psychotherapeutische Zugang zu Kindern unter 5 Jahren vernachlässigt worden, als ob bei
Kindern, die noch nicht richtig sprechen können, psychische Gesundheit und Krankheit keine Rolle
spielen. Mittlerweile wissen wir, dass psychische Störungen in den ersten 5 Lebensjahren
mindestens so häufig sind wie in späteren Entwicklungsphasen. Wir
müssen unsere
Wahrnehmung psychopathologischer Phänomene entwicklungs- und kultursensitiv gestalten und
der Tatsache Rechnung tragen, dass gerade in den ersten Lebensjahren individuelle Störungen in
ganz besonderer Weise in das Beziehungsgeschehen zwischen Säugling und seinen primären
Bezugspersonen eingebettet sind. Entsprechend müssen unsere therapeutischen Ansätze auch
beziehungsorientiert sein. Wenn man diesen Besonderheiten Rechnung trägt, sind diagnostische
Klassifikationssysteme, Behandlungsleitlinien und innovative Behandlungsformen für die frühe
Kindheit mindestens ebenso wichtig wie für alle anderen Altersstufen. Für diese Altersgruppe ist
die gesellschaftliche Teilhabe besonders relevant und zukunftsweisend und doch nur mit
besonderem Aufwand und unter Einbeziehung der Eltern und ihrer Beziehung zu den Kindern zu
entwickeln. Dazugehören, und zwar von frühester Kindheit an, ist eine wesentliche Forderung
auch der UN-Kinderrechtskonvention. Diese Forderung zu unterstützen, ist für uns Kinder- und
Jugendpsychiater wie auch für die mit uns kooperierenden Fachdisziplinen eine wichtige Aufgabe.
Ich freue mich deshalb sehr, dass die DGKJP und WAIMH hier zusammenarbeiten und wir am
Ulmer Kongress einen von der WAIMH mitgestalteten Programmschwerpunkt etablieren können.
Ich
wünsche
den
Kongressorganisatoren
und
allen
Teilnehmern
eine
reichhaltige
Programmgestaltung, intensive Diskussionen, regen Austausch und einen erfolgreichen Kongress.
Prof. Dr. med. Kai von Klitzing
Präsident der World Association for Infant Mental Health