§175 - unser Kernthema zum CSD 2016 Trotz Streichung des §175 in 1994, also vor 22 Jahren wurden seine Opfer bis heute nicht rehabilitiert. Das ist weitgehend unbekannt. Der §175 tauchte erstmals auf im deutschen Kaiserreich 1871. Extrem verschärft wurde er mehrfach zwischen 1933-1945 in den Jahren des Nationalsozialismus. Seit 1934 gab es bei der Geheimpolizei eine Einsatzgruppe zur Homosexuellenverfolgung, die bis 1945 über 100.000 Männer verfolgte, verurteilte, in Konzentrationslager deportierte und dort zwangskastrierte oder hinrichtete. In der Bundesrepublik nach 1945 blieb der Paragraph Bestandteil des Grundgesetzes. In den 50er Jahren gab es eine Gruppe von Richtern, die auf Grund der Artikel 1-3 des Grundgesetzes versuchten, den §175 zu kippen, da er gegen die Gleichheit, die Würde und die freie Entfaltung des einzelnen verstößt. Dieser Versuch scheiterte 1954 am Bundesverfassungsgericht. Eine erste größere Reform gab es in 1969, womit er quasi zu einem Jugendschutzparagraphen wurde indem er einvernehmlichen Geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen Männern ab 21 Jahren legalisierte – für Sex zwischen Mann und Frau galt weiter das Schutzalter von 16, später 14 Jahren. Die letzte Verurteilung fand wenige Monate vor der Abschaffung des Paragraphen 1994 statt: ein 30-jähriger Mann wurde zu zehn Jahren ohne Bewährung verurteilt. Er wurde erst 2004 aus der Haft entlassen und nie rehabilitiert. Die DDR kehrte bereits 1950 zur alten Fassung des §175 zurück, schaffte so die Verschärfungen der Nazis wieder ab und seit Ende der 50er Jahre wurden homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht mehr geahndet. Den §175 ersetzte die DDR 1968 durch den §151, der homosexuelle Handlungen mit Minderjährigen für Männer sowie für Frauen verbot und 1988 ersatzlos gestrichen wurde. In Deutschland wurden nach 1945 etwa 50.000 homosexuelle Männer wegen §175 verurteilt. Sie sind bis heute nachhaltig geschädigt und immer noch nicht rehabilitiert. Die Historie des "Schwulenparagraphen" zeigt die Diskriminierung von Menschen besonders deutlich ! Ein guter Grund, den §175 mahnend in den Köpfen zu halten. In diesem Sinne werden sich B90/Grüne, CDU und Uffbasse noch im Herbst 2016 mit einem Antrag für ein entsprechendes Mahnmal in Darmstadt einsetzen. Podiumsgespräch Was hat sich seit Abschaffung des §175 tatsächlich für die LGBT Community geändert ? Mit den Gästen Daniela Wagner, Martin Schneider, Andreas Müller, Stefan Gräh, Oliver Henrich am 17. August 2016 um 19.30 Uhr im Hoffartheater, Lauteschlägerstr. Podiumsgäste: Daniela Wagner : Geboren 1957 in Darmstadt Landesvorsitzende der Hessischen Grünen 2009-2013 Bundestagsabgeordnete Martin Schneider: Geboren 1953 in Marburg 1972-77 Studium der evangelischen Theologie Seit 1988 Gemeindepfarrer Stadtkirche DA Andreas 'Andel' Müller : Geboren 1951, aufgewachsen in Darmstadt 1969 Schulverweis vom LGG wegen "Rädelsführerschaft" bei Schülerunruhen, Abitur in Bensheim, Studium in FFM (Deutsch-Politik-Geschichte-Philosophie); 30 Jahre Lehrer in Groß Umstadt Seit 40 Jahren freier Mitarbeiter Darmstädter Echo Mitgründer, 15 Jahre lang Leiter Literaturhaus DA Stefan Kräh Gründungsmitglied, Vorstand von vielbunt e.V. Betreut neben dem Projekt "Sei trans* Du" derzeit das Unterstützungsangebot "Rainbow Refugees" für LGBT-Geflüchtete. Soziologiestudent und freier Mitarbeiter des Fachreferats für gleichgeschlechtliche Lebensweisen im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration Oliver Henrich: Geboren 1990 Abitur 2010, Studiert Germanistik / Philosophie Freier Jornalist bei GAB, Gay-Resort in der PUR Redaktions Assistenz bei der PUR Seit 2015 Volontär bei Jornal Frankfurt Ressort Nightlife,Gastro,Fashion, Lifestile Seit 2013 Mitarbeit CSD Orgateam Frankfurt Seit 2015 CSD Vereinsmitglied Seit Dez. 2015 Mitglied Rainbow-Refugees Frankfurt Moderation: Christian Trost
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