5 Numerische Methoden

Vorlesungsskript Hydraulik II
5-1
5 Numerische Methoden
Das vorliegende Kapitel dient dazu, numerische Methoden unabhängig vom Anwendungsgebiet
einzuführen. Es soll die Grundzüge der verschiedenen Verfahren erläutern und die Hauptbegriffe
definieren. Damit soll die Basis geschaffen werden, bei der Entwicklung oder Anschaffung von
Software die richtigen Entscheidungen fällen zu können.
5.1 Einführung
Durch die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Computertechnik stehen heute dem
gewöhnlichen Anwender Rechenkapazitäten zur Verfügung, die noch vor Jahren nur auf einem
Superrechner erhältlich waren. Diese Rechenkapazität erlaubt es uns, numerische Verfahren
anzuwenden, wo früher mit vereinfachten Ansätzen Abschätzungen gemacht werden mussten. Im
Bereich der Strömungsberechnungen wird oft der englische Begriff "computational fluid dynamics"
gebraucht, abgekürzt CFD. CFD befasst sich mit der numerischen Lösung von partiellen
Differentialgleichungen (PDG) aus dem Bereich der Strömungsmechanik, d.h. mit den NavierStokes-, Euler- oder Flachwassergleichungen u.a.. Zur Lösung dieser Differentialgleichungen
stehen drei Methoden im Vordergrund: die Methode der finiten Differenzen (FD-Methode), die
Methode der finiten Volumen (FV-Methode) und die Methode der finiten Elemente (FE-Methode).
5.2 Die Raumdiskretisierung
Damit eine PDG numerisch gelöst werden kann, muss in einem ersten Schritt das
Berechnungsgebiet in Teilgebiete unterteilt werden. Diesen Vorgang nennt man Diskretisierung. Er
dient dazu, die unendliche Zahl von Freiheitsgraden der kontinuierlichen Gleichung durch eine
endliche und damit vom Rechner behandelbare Anzahl von Freiheitsgraden zu ersetzen. Je feiner
die Unterteilung des Berechnungsgebietes ist, desto geringer fallen die Approximationsfehler auf
den Untergebieten ins Gewicht. Es gibt verschiedene Wege, um ein Rechengebiet zu diskretisieren.
Nicht notwendigerweise, aber oft sind bestimmte Diskretisierungsmethoden auch eng mit den
Lösungsverfahren verknüpft. Es geht im folgenden nicht darum, die Diskretisierungsverfahren im
Detail auszuführen, sondern vielmehr darum, die verschiedenen Ansätze kennen zu lernen und
deren Vor- und Nachteile zu verstehen. Eine Hauptunterteilung ist die Unterteilung in strukturierte
und unstrukturierte Netze.
5.2.1
Strukturierte Netze
Strukturierte Netze sind die einfachsten Netze, die zur Unterteilung eines Rechengebiets verwendet
werden können. Sie können dadurch charakterisiert werden, dass die Anzahl von Unterteilungen in
einer Raumdimension unabhängig von der anderen immer konstant ist, d.h. ein 2D Netz hat eine
bestimmte Anzahl Zellen nx bzw. ny in x- bzw y-Richtung. Damit kann jede Zelle im
Berechnungsgitter oder jeder Berechnungsknoten eindeutig mit zwei Indizes (für ein 2D Netz)
identifiziert werden. Strukturierte Netze können weiter unterteilt werden in:
• Reguläre Netze, bei denen die Zellenlängen in die jeweiligen Raumrichtungen immer konstant
sind,
• Orthogonale Netze, in denen die Netzlinien aufeinander senkrecht stehen, und
• Krummlinige Netze, bei denen die Netzlinien beliebigen Raumkurven folgen können.
5-2
Vorlesungsskript Hydraulik II
Abb. 5-1: Verschieden Arten strukturierter Netze: Reguläre, orthogonale Gitter (A und B), krummliniges Gitter (C) und orthogonal,
krummliniges Gitter (D).
Strukturierte, und speziell strukturierte, reguläre Gitter eignen sich ausgezeichnet für die FDMethode. Dank der speziellen Gittereigenschaften können die Ableitungen in den Raumrichtungen
gut bestimmt werden, ohne dass eine Koordinatentransformation notwendig wäre. Ein grosser
Vorteil der strukturierten Netze besteht darin, dass der Speicherbedarf auf dem Computer klein ist,
da die zu einer Zelle gehörigen Knoten und die Nachbarn aufgrund der Zellenidentifikation
bestimmt sind. Bezüglich der Rechenzeiten ist dies ebenfalls von Vorteil. Die aufwendige
Ausarbeitung von Beiträgen von Nachbarknoten zu einem bestimmten Knoten entfällt und die
Struktur der zu lösenden Matrix ist von Anfang an gegeben. Der grösste Nachteil von strukturierten
Gittern besteht darin, dass sie wenig flexibel sind, um komplizierte Gebiete zu diskretisieren.
5.2.2
Multiblock Gitter
Multiblock Gitter sind eine Kombination von mehreren Blöcken, die in sich selber strukturiert sind.
Sie vereinigen damit die Vorteile von strukturierten Gittern, ohne die rigiden Einschränkungen bei
der Netzflexibilität aufzuweisen. In jedem einzelnen Block eines Multiblock Gitters kann wie auf
einem strukturierten Netz gerechnet werden. Der Uebergang von einem Block auf einen anderen
muss allerdings speziell behandelt werden.
Abb. 5-2: Multiblock Gitter bestehend aus 2 Blöcken.
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5.2.3
5-3
Unstrukturierte Gitter
Unstrukturierte Netze sind am komplexesten zu generieren, weisen demgegenüber aber die höchste
Flexibilität auf. Ein unstrukturiertes Netz kann so charakterisiert werden, dass die Anzahl der
Nachbarn einer Zelle variabel ist. Damit ist es nicht mehr möglich, eine bestimmte Zelle durch zwei
bzw. drei Indizes (2D bzw. 3D) zu identifizieren. Ausserdem sind die Knoten, die eine Zelle bilden
nicht a priori gegeben sondern müssen definiert werden. Ein unstrukturiertes Netz muss mindestens
zweierlei Informationen beinhalten:
Sämtliche Knoten und deren Koordinaten, und
sämtliche Zellen und die Information, welche Knoten jeweils Bestandteil dieser Zelle sind.
Unstrukturierte Netze werden vor allem bei finiten Elementen verwendet. Auch für die Methode der
FV werden teilweise unstrukturierte Gitter gebraucht, allerdings verbunden mit dem Nachteil, dass
Rechengeschwindigkeit verloren geht.
Abb. 5-3: Unstrukturiertes Gitter.
5.2.4
Gittergenerierung
Für einfache Rechengebiete, die nur eine kleine Anzahl von Zellen aufweisen, lässt sich eine
Gittergenerierung notfalls von Hand durchführen. Bei komplexeren Gebieten und einer grossen
Anzahl von Zellen wäre ein solches Vorgehen aber zu zeitaufwendig. Deshalb werden Werkzeuge
eingesetzt, die ausgehend von einer Gebietsumrandung eine automatische Unterteilung in Zellen
vornehmen. Ein solches Werkzeug nennt man Gittergenerator.
Algebraische Gittergeneratoren erzeugen die Zellen, indem sie algebraische Ausdrücke zur
Generierung verwenden. Dabei berücksichtigen sie bei der Generierung verschiedene Vorgaben,
z.B. eine grösstmögliche Fläche der Zellen, ein Winkelkriterium o.ä.. Daneben gibt es auch
Gittergeneratoren, die eine PDG lösen und so die Unterteilung erzeugen. Nach Art der verwendeten
PDG bezeichnet man die Generatoren entsprechend, z.B. verwendet man bei elliptischen
Gittergeneratoren eine elliptische PDG wie die Poisson-Gleichung. Dabei wird ein einfaches
Ausgangsnetz mittels dieser PDG auf ein komplexeres Gebiet transformiert, indem die neuen
Berandungskoordinaten als Randbedingungen für die PDG gesetzt werden.
5.3 Rand- und Anfangsbedingungen
Wenn ein Problem numerisch angegangen wird, so muss, wie im vorhergehenden Abschnitt
diskutiert, das Gebiet zuerst diskretisiert werden. Auf dem diskretisierten Teilgebiet wird
5-4
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anschliessend eine PDG mit einem beliebigen, numerischen Verfahren gelöst. Eine eindeutige
Lösung der PDG ist aber nur möglich, wenn Randbedingungen definiert werden. Im Falle eines
instationären Problems müssen zusätzlich die Randbedingungen in Zeitrichtung, d.h. die
Anfangsbedingungen vorgegeben werden.
Die numerische Lösung eines Problems wird durch die Rand- und Anfangsbedingungen
massgeblich beeinflusst. Der beste numerische Algorithmus hilft nicht viel, wenn die
Randbedingungen schlecht gesetzt wurden, da diese die Lösung am unmittelbaren Rand und
fallweise bis weit ins Rechengebiet hinein, beeinflussen. In mehreren sog. Blindtests, d.h.
Wettbewerben, in denen Numeriker versuchten, eine Strömung ohne Kenntnis der Messresultate zu
berechnen, wurden mit identischen Programmen sehr unterschiedliche Übereinstimmungen mit der
Wirklichkeit erzielt, je nach Geschick des Modellierers, die Randbedingungen adäquat zu
repräsentieren.
Mit den Anfangsbedingungen verhält es sich etwas anders. Natürlich müssen diese korrekt gesetzt
werden, falls die zeitliche Entwicklung einer Strömung von Anfang an korrekt wiedergegeben
werden soll. Die Strömung „vergisst“ jedoch nach einiger Zeit die Anfangsbedingung. Oftmals
spielt die Zeit auch deshalb eine untergeordnete Rolle, weil nur ein stationärer Endzustand
interessiert. In diesen Fällen stellt sich die Frage eher so, dass physikalisch sinnvolle
Anfangsbedingungen zu setzen sind, damit die Numerik im Falle nichtlinearer Probleme überhaupt
konvergiert. Oftmals ist es dann sinnvoll, von einem bekannten Anfangszustand auszugehen, was
u.U. die absolute Ruhe sein kann.
5.4 Numerische Verfahren
5.4.1
Grundlagen
Numerische Methoden zur Berechnung von Strömungen können mit experimentellen
Untersuchungen einer Strömung verglichen werden. In beiden Fällen kann nur eine begrenzte
Anzahl von Strömungsgrössen zur Beschreibung der Strömung gemessen bzw. berechnet werden.
Allerdings kann deren Anzahl beliebig hoch gewählt werden, so dass für praktische Fragestellungen
keine Einschränkungen entstehen. Im Gegensatz zu den experimentellen Untersuchungen, bei
welchen die primären Unbekannten an einer beschränkten Anzahl von Punkten mittels Sonden
gemessen werden, schreiben die numerischen Methoden eine diskrete Anzahl von Gitterpunkten für
die Unbekannten vor und lösen die sich ergebenden algebraischen Gleichungen mittels eines
Lösungsalgorithmus. Indem wir uns auf eine knotenweise Betrachtung der Unbekannten
konzentrieren, ersetzen wir eine kontinuierliche Verteilung der unbekannten Variablen durch eine
diskontinuierliche. Diesen Vorgang nennt man Diskretisierung. Die algebraischen Ausdrücke
werden hergeleitet, indem zwischen den unbekannten Knotenvariablen eine Verteilung
angenommen wird. Die Art dieser Verteilung ist je nach Diskretisierungsmethode unterschiedlich.
Da die verwendeten algebraischen Verteilungen üblicherweise einfache Ausdrücke sind, ist deren
Gültigkeit selbstverständlich nur auf ein kleines Teilgebiet beschränkt. Ein solches Teilgebiet nennt
man Element, die Unterteilung die zu solchen Elementen führt, die Raumdiskretisierung, wie wir
dies in Kapitel 5.2 kennengelernt haben.
Bis hierhin wurde die Diskretisierungsmethode in sehr genereller Form behandelt. Wie gesagt hängt
die Art der verwendeten Gleichungen und die Annäherung des Funktionsverlaufs in den Elementen
von der verwendeten Diskretisierungsmethode ab. Ohne dies im Augenblick näher zu erläutern,
kann gesagt werden, dass bei der Methode der finiten Differenzen von der Differentialform der
PDG, bei der finiten Volumen Methode von der Integralform und bei der finiten Elementmethode
von der schwachen Integralform ausgegangen wird. Was dies genau bedeutet soll im folgenden
Kapitel anhand eines konkreten Beispiels dargestellt werden.
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5.4.2
5-5
Beispiel
Um die unterschiedlichen Diskretisierungsmethoden und die dazu verwendeten
Ausgangsgleichungen zu veranschaulichen diene im Folgenden ein einfaches, eindimensionales
Problem, basierend auf der Poisson-Gleichung (z. B. Grundwasserströmungsgleichung). Die
verwendete Modellgleichung hat die Form:
−
∂ 2Φ
= f
∂x 2
(5-1)
in der Φ zum Beispiel das Geschwindigkeitspotential repräsentiert.
Ausserdem werden wir homogene Randbedingungen an beiden Rändern annehmen, d.h. dass Φ(x=0)
= Φ(x=1) = 0.
5.4.3
Methode der finiten Differenzen
Die Methode der finiten Differenzen geht von der Differentialform der Gleichung aus, wie sie in (51) dargestellt ist. Bei den FD wird diese Gleichung durch eine Taylor-Reihe approximiert. Je nach
Genauigkeitsansprüchen werden deren Glieder höherer Ableitungen vernachlässigt. Wenn wir von
der Diskretisierung in Abb. 5-4 ausgehen, in der Punkt 2 zwischen den Punkten 1 und 3 liegt und
annehmen, dass alle Punkte gleichen Abstand untereinander aufweisen, so können wir die folgende
Taylor-Reihe entwickeln:
Abb. 5-4: Diskretisierung mit der Methode der finiten Differenzen.
2
⎛ ∂Φ ⎞ 1 2 ⎛ ∂ Φ ⎞
Φ 1 = Φ 2 − ∆x⎜
⎟ + ∆x ⎜⎜ 2 ⎟⎟ − ....
⎝ ∂x ⎠ 2 2
⎝ ∂x ⎠ 2
(5-2)
2
⎛ ∂Φ ⎞ 1 2 ⎛ ∂ Φ ⎞
Φ 3 = Φ 2 + ∆x ⎜
⎟ + ∆x ⎜⎜ 2 ⎟⎟ + ....
⎝ ∂x ⎠ 2 2
⎝ ∂x ⎠ 2
(5-3)
Wenn wir nach dem dritten Term abbrechen und die Gleichungen (5-2) und (5-3) voneinander
subtrahieren bzw. zueinander addieren, so erhalten wir:
⎛ ∂Φ ⎞ ⎛ Φ 3 − Φ 1 ⎞
⎟ und
⎜
⎟ =⎜
⎝ ∂x ⎠ 2 ⎝ 2∆x ⎠
(5-4)
⎛ ∂ 2 Φ ⎞ ⎛ Φ 1 + Φ 3 − 2Φ 2 ⎞
⎜⎜ 2 ⎟⎟ = ⎜
⎟
∆x 2
⎠
⎝ ∂x ⎠ 2 ⎝
(5-5)
In einer finite-Differenzen-Formulierung wird die obige Poisson-Gleichung deshalb durch die
folgende Differenzenformulierung aproximiert:
5-6
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⎛ Φ + Φ 3 − 2Φ 2 ⎞
f 2 = −⎜ 1
⎟
∆x 2
⎠
⎝
(5-6)
Weil die Taylor-Serie nur bis zu den quadratischen Termen entwickelt wurde, spricht man davon,
dass der Fehler in der Ortsdiskretisierung von der Grössenordnung O(∆x2) sei, oder dass die
verwendete Diskretisierung von der Genauigkeit zweiter Ordnung im Raum sei. Falls wir vom
Punkt 2 abstrahieren und in allgemeinerer Form vom Punkt i ausgehen so kann (5-6) wie folgt
umgeschrieben werden:
⎛ Φ + Φ i +1 − 2Φ i ⎞
f i = −⎜ i −1
⎟ für i = 2,...n-1
∆x 2
⎝
⎠
(5-7)
Falls diese Funktion an jedem Punkt des Rechennetzes formuliert wird, so resultiert eine Matrix, die
eine tridiagonale Form, d.h. die eine Haupt- und zwei Nebendiagonalen aufweist:
0
0
0
0⎤
⎡ 2 −1 0
⎢− 1 2 − 1 0
.
0
0⎥
⎢
⎥
.
0⎥
⎢ 0 −1 2 −1 .
1 ⎢
⎥
A=
0
0 −1 2 −1 .
0⎥
2 ⎢
∆x
⎢0
.
. −1 2 −1 0 ⎥
⎢
⎥
0
.
. − 1 2 − 1⎥
⎢0
⎢⎣ 0
0
0
0
0 − 1 2 ⎥⎦
(5-8)
Bezeichnen wir den Lösungsvektor mit xT = [Φ1, Φ2, Φ3, ...Φn] und die rechte Seite der Gleichung
mit bT = [f1, f2, f3, ... fn] so können wir folgende Matrixgleichung aufstellen:
A ⋅ x = b für i = 2,...n-1
(5-9)
Unter Berücksichtigung der beiden Randbedingungen bei x=0 und x=1, kann die Matrixgleichung
(5-9) mit einem Standardgleichungslöser aufgelöst werden.
Im vorliegenden Beispiel wurde gezeigt, dass die FD die PDG in ein System von algebraischen
Gleichungen überführten. Des weiteren kann gezeigt werden, dass die approximative Lösung dieses
Systems gegen die wirkliche Lösung konvergiert, falls die Anzahl der Diskretisierungspunkte gegen
unendlich geht.
5.4.4
Methode der finiten Volumen
Für die Methode der finiten Volumen transformieren wir Gleichung (5-1) in eine etwas andere
Form. Wir schreiben:
−
∂ ⎛ ∂Φ ⎞
⎟= f
⎜
∂x ⎝ ∂x ⎠
(5-10)
Wenn wir die Definitionen von Abb. 5-5 berücksichtigen, so können wir die Gleichung (5-10) über
ein Kontrollvolumen integrieren, das die Länge ∆x aufweist und sich von einem westlichen Punkt w
bis zu einem östlichen Punkt e erstreckt. Tun wir dies, so erhalten wir:
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⎛ ∂Φ ⎞ ⎛ ∂Φ ⎞
−⎜
⎟ = ∫ f dx = 0
⎟ +⎜
⎝ ∂x ⎠ e ⎝ ∂x ⎠ w w
5-7
e
(5-11)
Wie bei den finiten Differenzen, können die Ableitungen bei den finiten Volumen analog als
Differentialquotienten definiert werden. Zu beachten ist, dass die Ableitungen an den Punkten w
(west) und e (ost) zwischen den Diskretisierungspunkten liegen. Ausgedrückt durch Knotenwerte
kann Gleichung (5-11) diskretisiert werden durch:
⎛ Φ − Φ P ⎞ ⎛ Φ P − ΦW
⎟⎟ + ⎜⎜
− ⎜⎜ E
∆
x
e
⎝
⎠ ⎝ ∆x w
⎞
⎟⎟ = f∆x
⎠
(5-12)
wobei f den Durchschnitt von f im Kontrollvolumen bezeichnet.
Zwei gewichtige Vorteile der finiten Volumen-Methode wurden bis jetzt nicht ausdrücklich
erwähnt:
Durch die Verwendung der Integralform (5-11) ist die Erhaltung von Masse, Impuls oder Energie in
den entsprechenden Transportgleichungen gewährleistet, da in jedem Element ein explizites
Gleichgewicht von Ein- und Ausströmen unter Berücksichtigung der Speicherung verlangt wird.
Die Bilanzierung obiger Flüsse ist im Prinzip unabhängig von der Form des Elements, d.h. dass die
Finite-Volumen-Methode sehr viel flexibler ist, als die Methode der finiten Differenzen.
Abb. 5-5: Finite Volumen Diskretisierung des Modellproblems.
5.4.5
Methode der finiten Elemente
Wir gehen nochmals zu unserer Ausgangsgleichung (5-1) zurück und verwenden die gleiche
Raumdiskretisierung wie bei den anderen beiden Diskretisierungsmethoden (FD und FV). Im
Gegensatz zu diesen verwenden wir jetzt jedoch weder die Differentialform noch die Integralform
der Gleichung, sondern die sogenannte schwache Integralform. Dies geschieht dadurch, dass auf die
Ausgangsgleichung (5-1) die Methode der gewichteten Residuen angewendet wird. Bei jeder
Diskretisierung tritt ein Fehler auf, d.h. dass die Lösung des diskreten Systems von der effektiven
Lösung der Ausgangsgleichung verschieden ist. Die Methode der gewichteten Residuen verlangt
nun, dass der Fehler, der mit einer Gewichtsfunktion versehenen Ausgangsgleichung an allen
Knoten verschwindet, wenn wir über das Gebiet integrieren, d.h.:
⎛ ⎛ ∂ 2Φ ⎞
⎞
⎜
⎜
⎟
+
W
f
∫x ⎜⎝ ⎜⎝ ∂x 2 ⎟⎠ ⎟⎟⎠dx = 0 für i=2,..n
i −1
xi
(5-13)
Ausserdem wird bei der Methode der finiten Elemente (FE) angenommen, dass die Änderung einer
Variablen über ein Raumelement mit einer Polynomfunktion angenähert werden kann. Im
einfachsten Fall, ist dies ein linearer Ansatz, d.h. für die Variable Φ gilt:
Φ = α1 + α 2 x
(5-14)
5-8
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Ausgehend von dieser Annahme können die Werte von α1 und α2 als Funktionen der diskreten
Werte der Variablen an den Knoten ausgedrückt werden, d.h. als Funktion von Φ1 und Φ2. Wir
können schreiben:
⎧ Φ ⎫ ⎡1 x1 ⎤ ⎧α 1 ⎫
Φe = ⎨ 1 ⎬ = ⎢
⎥ ⎨ ⎬ = Kα
⎩Φ 2 ⎭ ⎣1 x 2 ⎦ ⎩α 2 ⎭
(5-15)
Indem wir (5-15) in Matrixform schreiben und für α einsetzen, erhalten wir:
Φ = [1 x ]K −1Φ e
(5-16)
In Gleichung (5-16) wird die Variation einer Variablen über ein Element mit den diskreten Werten
der Variablen an den Knoten verknüpft. Die Grösse
N i = [1 x ]K −1
(5-17)
wird als Ansatzfunktion bezeichnet. Die Ansatzfunktion an einem bestimmten Knoten des Elements
muss am Knoten selber eins sein und an allen übrigen Knoten des Elements verschwinden.
Ausgehend von den Definitionen in Abb. 5-6 kann festgehalten werden, dass sich der Wert der
Variablen Φ an einer Stelle x im Element 1 zusammenaddieren lässt aus den Knotenwerten an den
beiden Elementknoten multipliziert mit der entsprechenden Ansatzfunktion, d.h.:
Φ x = N 1x Φ 1 + N 2 x Φ 2
(5-18)
Abb. 5-6: Finite Elemente Diskretisierung des Modellproblems.
Die versuchsweise Lösung wird in das Integral (5-1) eingesetzt. Üblicherweise verwendet man als
Gewichtsfunktionen W gerade die Ansatzfunktionen (Methode von Galerkin). Da die hier
gewählten Ansatzfunktionen nicht zweimal differenzierbar sind, muss eine Differentiation durch
partielle Integration eine Ableitung entfernen und auf _W überwälzen. Das resultierende System
von linearen Gleichungen für die unbekannten Funktionswerte and den Knoten muss mit einem
Gleichungslöser aufgelöst werden. An den Endknoten müssen die Randbedingungen des Problems
eingesetzt werden.
5.5 Zeitdiskretisierung
Zeit- und Raumdiskretisierungen werden normalerweise streng voneinander getrennt. Eine
Ausnahme bilden Raum/Zeitelemente bei der FE-Methode. Solche Elemente werden mit Erfolg bei
Problemen angewandt, wo sich die Berandung des Rechengebiets mit der Zeit verändert (freie
Wasseroberfläche, bewegliche Berandungen etc.).
Vorerst soll hier nicht auf die möglichen Zeitdiskretisierungen eingegangen werden, sondern nur
die grundsätzlichen Möglichkeiten erläutert werden. Man unterscheidet bei der Zeitdiskretisierung
zwischen expliziten und impliziten Methoden. Als explizit bezeichnet man eine Zeitdiskretisierung,
bei welcher die Werte der Variablen zum neuen Zeitpunkt nur von deren Werten zum alten
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5-9
Zeitpunkt abhängen. D.h. dass der Wert jeder Knotenvariablen zum neuen Zeitpunkt nur von den
bekannten Werten zum Ausgangszeitpunkt abhängt. Damit erübrigen sich ein Gleichungslöser und
das Verfahren ist gut überschaubar und schnell programmierbar. Allerdings wird das Verfahren bei
zu grossem Zeitschritt instabil. Es muss ein Stabilitätskriterium eingehalten werden. Das voll
implizite Verfahren ist dagegen unbedingt stabil. Bei diesem Verfahren hängen die Werte zum
neuen Zeitpunkt von den Werten der Nachbarn zum neuen Zeitpunkt ab, d.h. dass ein echt
gekoppeltes System von Gleichungen aufgestellt und gelöst werden muss. Dies ist auch der Fall bei
sog. semi-impliziten Verfahren, wo die Variablen auf dem neuen Zeitniveau sowohl vom alten wie
vom neuen Zeitpunkt abhängen. Durch semi-implizite Verfahren kann die Genauigkeit der
Zeitdiskretisierung verbessert werden, der grosse Vorteil von expliziten Verfahren, der Verzicht auf
einen Gleichungslöser, entfällt dagegen ebenfalls.