Traktanden und Anträge

Traktanden und Anträge
Autorin
Datum
Christa Camponovo, Fachstelle vitamin B
Aktualisiert Juli 2016
Das Recht, Traktanden zu setzen und Anträge zu stellen, gehört zu den
demokratischen Grundrechten von Vereinsmitgliedern, die ihnen nicht verwehrt
werden dürfen.
Die Mitglieder haben das Recht, an den Mitgliederversammlungen sowohl ein Geschäft auf
die Traktandenliste setzen zu lassen als auch während der Behandlung Anträge zu
einzelnen Traktanden zu stellen. Um die Begriffe «Traktanden» und «Anträge» entstehen
immer wieder Missverständnisse und Konflikte, vor allem weil das Wort «Antrag» in den
Statuten mit unterschiedlichen Bedeutungen auftaucht. Um Unklarheiten zu vermeiden, ist
grundsätzlich zu empfehlen, in den Statuten klare Regelungen zu formulieren und die
Begriffe wenn nötig zu erklären. Diese Regelungen dürfen durchaus dem Bedürfnis des
Vereins entsprechen, wobei die gesetzlichen Grundlagen zu beachten sind.
Die folgenden Ausführungen geben ein paar Orientierungshilfen zum Thema. Unter
http://www.vitaminb.ch/static/files/arbeitshilfen/Musterstatuten.pdf finden sich Beispiele für
mögliche Formulierungen in den Statuten:
1. Traktanden
Traktandum, Traktanden, Traktandierung, Traktandenliste
Traktanden: Gemäss Duden schweizerisch für «Verhandlungsgegenstand».
Herkunft des Wortes: «was behandelt werden soll».
In Deutschland und Österreich spricht man von Tagesordnungspunkten, die Traktandenliste
entspricht der Tagesordnung.
Jedes Mitglied hat Anspruch darauf, dass ein von ihm bezeichnetes Geschäft zusätzlich auf
die Traktandenliste gesetzt wird. Viele Statuten regeln eine Einreichungsfrist dafür. Diese ist
sinnvoll, damit sich der Vorstand im Vorfeld der Versammlung auf das Geschäft vorbereiten
und selber eine Meinung darüber bilden kann. Ist nichts in den Statuten geregelt, müssen die
Mitglieder selber daran denken, ihre Traktandierungswünsche rechtzeitig einzureichen, das
heisst vor der Einladung zur Versammlung.
Steht in den Statuten, dass Anträge vor der Mitgliederversammlung eingereicht werden
können, bezieht sich dies in der Regel nicht auf Anträge zu den Traktanden, sondern auf ein
neues Geschäft im Sinne eines zusätzlichen Traktandums.
 Tipp
Es ist verständlicher, in den Statuten im Artikel über die Einladungsbestimmungen nicht den Ausdruck «Anträge» zu verwenden, sondern
«Traktandierungsanträge» oder «Einreichung von Traktanden». Damit ist klar,
dass es sich nicht um Anträge zu den Traktanden handelt, sondern um
eigenständige Geschäfte.
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 Tipp
Bei der Formulierung des eingereichten Traktandums ist darauf zu achten, dass
klar hervorgeht, was es beinhaltet, was der Grund für die Einreichung ist und in
welcher Form das Geschäft behandelt werden soll, z.B. Diskussion, Beschlussfassung.
Regelung im Gesetz in Artikel 67 3 ZGB
... Über Gegenstände, die nicht gehörig angekündigt sind, darf ein Beschluss nur dann
gefasst werden, wenn die Statuten es ausdrücklich gestatten.
Damit sich die Mitglieder gut auf die Vereinsversammlung vorbereiten und vorgängig
entscheiden können, ob sie überhaupt teilnehmen wollen, müssen die Verhandlungspunkte
in der Einladung aufgeführt sein.
Ein Traktandum «Anträge der Mitglieder» in dem unangekündigte Geschäfte zur
Abstimmung gebracht werden sollen, genügt nicht. Nur wenn die Statuten ausdrücklich eine
Beschlussfassung ohne Vorankündigung gestatten, ist eine solche möglich!
 Tipp
Damit sich der Vorstand und die Mitglieder auf die Vereinsversammlung
vorbereiten können, ist in den Statuten eine genügend lange Frist für die
Einreichung von Traktandierungsanträgen zu regeln. Diese Frist muss länger
sein als die Einladungsfrist, sofern nicht eine zweite Einladung mit den
eingegangenen Traktanden nachgereicht wird. Eine solche Version bedingt,
dass der Termin der Versammlung früh genug bekannt gemacht wird.
 Tipp
Soll das spontane Einbringen von Traktanden auch an der Vereinsversammlung selber erlaubt sein, ist in den Statuten ausdrücklich zu regeln,
dass dies zugelassen ist. Bei einer solchen Regelung ist einerseits die
«Überrumpelung» der Anwesenden eher möglich, andererseits erlaubt sie die
Beschlussfassung über (gute) ad hoc Ideen. Der Verein muss selber
entscheiden, welche Version seinen Bedürfnissen besser entspricht.
 Tipp
Die Traktanden sind möglichst präzis anzukünden, damit für die Mitglieder klar
ist, was das Geschäft beinhaltet. Soll ein Beschluss gefasst werden, ist dieser
zu formulieren. Soll zum Beispiel ein Mitglied ausgeschlossen werden, so ist
auch dessen Namen aufzuführen.
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2. Anträge
Auch das Recht auf Antragsstellung steht grundsätzlich allen Mitgliedern zu. Das heisst, sie
dürfen an der Mitgliederversammlung während der Behandlung eines vorgelegten
Traktandums Anträge zu diesem Geschäft stellen. Man unterscheidet folgende Arten:
Ordnungsanträge beziehen sich auf den Ablauf der Versammlung: Veränderung der
Reihenfolge der Traktanden, geheime Abstimmung, Redezeitbeschränkung, Abbruch der
Diskussion, Rückweisung des Geschäfts, Rückkommen auf ein bereits behandeltes
Geschäft, Verschiebung oder Abbruch der Versammlung etc. Ordnungsanträge können
jederzeit gestellt werden, über sie wird sofort abgestimmt.
Sachanträge beziehen sich auf den Inhalt eines Traktandums. Dabei wird zwischen
Hauptantrag, Gegenantrag, Abänderungsantrag und Unterabänderungsantrag unterschieden.
Richtig abstimmen: Vom Detail- zum Hauptantrag
Viele Vereine kennen die Situation: Der Vorstand hat ein Geschäft vorbereitet und legt seine
Ideen der Vereinsversammlung vor. Im Grundsatz herrscht Konsens, aber von Seiten der
Mitglieder kommen verschiedene zusätzliche Vorschläge. Das richtige Abstimmungsprozedere hilft, zu einem Resultat zu kommen, mit dem die Mitglieder leben können. Für die
Sitzungsleitung geht es darum, die Abstimmungen zu den einzelnen Punkten in der richtigen
Reihenfolge durchzuführen.
Es geht vorerst darum, die einzelnen Anträge richtig zu bewerten und einzuteilen. Handelt es
sich um Haupt-Anträge, um Gegen- oder Abänderungs- oder Unterabänderungsanträge?
Grundsätzlich wird zuerst über Unterabänderungs-, dann über Abänderungsanträge
abgestimmt, sie regeln die Details in Eventualabstimmungen. Zuletzt erst kommen die
Hauptanträge zur Abstimmung. Die Resultate der Abstimmungen über die
Abänderungsanträge erhalten nur durch die Annahme des Hauptantrages Gültigkeit.
Literatur
Vreni Schawalder «Unser Verein. Aktiv als Mitglied und Vorstand.» Beobachter-Buchverlag
(3. aktualisierte Auflage 2009)
Urs Scherrer «Wie gründe und leite ich einen Verein?» Schulthess § (12. Auflage)
Wolfgang Ernst «Kleine Abstimmungsfibel, Leitfaden für Versammlungen» Verlag Neue
Zürcher Zeitung (2011)
«Der Verein von A-Z. Eine Anleitung in 400 Stichworten.» Migros-Kulturprozent, Kontrast
Verlag (2. überarbeitete Auflage)
Urs Scherrer Prof. Dr. iur. Hans Michael Riemer «Vereins- und Stiftungsrecht (Art. 60-89
bis).» Stämpfli Verlag 2012 (juristische Fachliteratur)
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