21.07.2016 Wohin mit der neuen Berufsschule

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München Süd
Wohin mit der neuen Berufsschule? Im Technopark in Neukeferloh sollen
Vorbereitungskurse für jugendliche Flüchtlinge entstehen
Nach der Ankündigung von Landrat Göbel beginnt die Suche nach einem Standort im
Münchner Osten. Größe, Berufszweige und Trägerschaft sind noch völlig unklar, aber für
Übergangsklassen gibt es eine Idee
Von Stefan Galler
und Iris Hilberth
Landkreis – Mit seiner überraschenden Ankündigung, das bayerische Kultusministerium unterstütze eine neue
Berufsschule im Münchner Osten, hat Landrat Christoph Göbel (CSU) die Parteien kalt erwischt. Während die
Kommunalpolitiker im Umland noch rätseln, wo die neue Schule entstehen könnte, kristallisiert sich bereits ein
Standort für Übergangsklassen heraus, in denen jugendliche Flüchtlinge fit für die Berufsschule gemacht werden
sollen: ein leer stehendes Bürogebäude im Neukeferloher Technopark.
Vor einer Woche hatte Göbel die Mitglieder des Kreistags mit der Nachricht geschockt, wonach es allein im
Landkreis München rund tausend berufsschulpflichtige Flüchtlinge gebe. Um diese zu unterrichten wäre der
Neubau einer Schule mit 50 Klassen notwendig. Am Montag verkündete der Landrat dann im Kreistag, dass das
Kultusministerium bereits Pläne für den Osten von München hege.
Darauf reagierten unter anderem Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) und der frühere
Ismaninger Rathauschef Michael Sedlmair (Freie Wähler) erstaunt bis ungehalten. Man habe im Vorfeld nichts
davon gehört, begrüße aber insgesamt die Überlegungen. Auch Göbels Ebersberger Kollege Robert
Niedergesäß (CSU) ist weitestgehend blank: Wie eine Sprecherin des Ebersberger Landrats sagt, sei dieser erst
am Abend vor der Kreistagssitzung von Göbel in einer kurzen Mail informiert worden. Bevor sich Niedergesäß
äußere, wolle er erst mit Göbel sprechen.
Göbel zeigt Verständnis für die Reaktionen. Allerdings sei ihm keine Zeit geblieben, um die Kollegen vorzeitig
ins Boot zu holen. „Das ist alles sehr frisch, die letzten Informationen kamen erst am Sonntag“, so Göbel. „Ich
sehe eine riesige Chance, eine neue Schule zu bekommen, deshalb habe ich das noch in die Sitzung mit
reingepackt.“ In dieser ließ er sich durch einstimmiges Votum beauftragen, den Plan mit dem Ministerium und
seinem Ebersberger Kollegen weiterzuentwickeln.
Das Gespräch mit Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) hatte Göbel nach eigenen Worten gesucht, nachdem er
die Zahlen über die berufsschulpflichtigen Flüchtlinge erhalten habe. Diese hätten ihn beunruhigt. „Das werden
1300 bis 1500 sein, die in Übergangsklassen erst einmal auf die Berufsschule vorbereitet werden müssen, etwa
durch Deutschkurse.“ Allerdings wolle das Kultusministerium ebenso wenig wie er selbst reine
Integrationsschulen für Flüchtlinge. „Das wären reine Ghetto-Schulen.“ Deshalb sei man auf die Idee verfallen,
eine „vollwertige Berufsschule“ zu bauen. „Das ist kurios, weil normalerweise die Städte und Landkreise dem
Freistaat wegen solcher Anliegen hinterherlaufen müssen“, sagt Göbel. „Diesmal kam die Initiative vom
Kultusministerium.“
Als Standort hat man laut Göbel den Münchner Osten im Blick. Das Einzugsgebiet solle den östlichen Landkreis
München, den Landkreis Ebersberg und auch die Landeshauptstadt umfassen. Details wie die Berufszweige, die
an der künftigen Schule unterrichtet werden sollen, stehen noch nicht fest. „Ich gehe von einer Zeitdimension
von drei bis fünf Jahren aus, bis eine solche Schule fertiggestellt sein kann. Da haben wir noch Zeit, all diese
Fragen zu beantworten“, sagt Christoph Göbel.
Zunächst gelte es, Standorte für die Übergangsklassen zu finden, in denen jugendliche Flüchtlinge fitgemacht
werden für die Berufsschule. Denn es sei wichtig, dass Minderjährige eine tägliche Aufgabe bekommen. „Damit
sie nicht auf dumme Gedanken kommen.“ Der CSU-Politiker hat bereits Grundstücke in östlichen Gemeinden im
Auge, allerdings sieht er wenig Chancen, diese „linear zu einer echten Berufsschule zu entwickeln“. Das habe
vor allem infrastrukturelle Gründe: „Wenn 2000 Schüler diese Berufsschule besuchen, kommen etwa 700 mit
dem Auto. Das ist keineswegs überall möglich.“
Wie das Ministerium bestätigt, soll bereits vom Schuljahr 2016/17 an, also ab Herbst, zusätzlich zur
bestehenden Berufsschule München-Land in Riem ein Standort in der Gemeinde Grasbrunn eingerichtet
werden, an dem zunächst Berufsintegrationsklassen untergebracht werden. Nach SZ-Informationen handelt es
sich dabei um ein seit längerem leer stehendes Gebäude gegenüber der Kfz-Zulassungsstelle in Neukeferloh.
Ob die Berufsschule München-Land darüber hinaus erweitert wird und ob die Landkreise München und
Ebersberg einen Zweckverband zum Betrieb einer solchen neuen Berufsschule bilden, müsste zunächst in den
kommunalen Gremien geklärt werden. Die endgültige Ausbaugröße müsste laut Kultusministerium zwischen
dem Sachaufwandsträger und der Schulverwaltung anhand eines realistischen Ausbauszenariums und dem
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konkret zu ermittelnden Bedarf festgelegt werden. Wo eine solche Schule dann stehen wird, ist im Ministerium
kein Thema. „Die Standortentscheidung obliegt dem Sachaufwandsträger, also dem Landkreis oder einem
eventuellen Zweckverband“, teilt das Ministerium mit.
Im Landkreis Ebersberg hatte die SPD vor drei Jahren einen Antrag für eine eigene Berufsschule gestellt.
Landrat Niedergesäß hatte damals skeptisch reagiert: „Eine Berufsschule wäre wünschenswert, aber die
Voraussetzungen sind ungünstig.“ Die berufliche Bildung spiele zwar eine „wichtige Rolle“, sagte Niedergesäß
damals, und der Antrag passe grundsätzlich gut in die geplante Bildungsregion. Die Zahlen potenzieller
Berufsschüler gingen vor drei Jahren allerdings zurück. In der Region gibt es insgesamt 45 klassische
Berufsschulen, davon 36 in München und neun weitere in den Landkreisen Erding, Rosenheim, Mühldorf,
Dachau und Freising. In München-Riem werden angehende Landwirte, Pferdewirte und Hauswirtschafterinnen
unterrichtet.Kommentar
In einem leer stehenden Gebäude in Neukeferloh könnten Übergangsklassen unterrichtet werden.Foto:
ClausSchunk
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Donnerstag, den 21. Juli 2016, Seite 9
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