Übersetzung1 Entscheidung des IOC-Exekutivkomitees hinsichtlich der Teilnahme russischer Athletinnen und Athleten an den Olympischen Spielen in Rio 2016 I. Das IOC-Exekutivkomitee hat sich heute erneut der Frage nach einer Teilnahme russischer Athleten an den Olympischen Spielen 2016 in Rio angenommen. Bei seinen Erörterungen ließ sich das IOCExekutivkomitee von einer grundlegenden Regel der Olympischen Charta leiten, wonach saubere Athleten und die Integrität des Sports geschützt werden sollen. Die Betrachtung umfasste die Diskussion des Untersuchungsberichts der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) von Prof. Richard McLaren, die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) vom 21. Juli 2016 bezüglich der Regeln des Weltleichtathletikverbands (IAAF) sowie die Olympische Charta und den Welt-Anti-Doping-Code. In Anbetracht der Dringlichkeit der Situation und der Tatsache, dass die Olympischen Spiele 2016 in Rio bereits in zwölf Tagen beginnen und der Zulassungsprozess für die Athleten bereits läuft, musste das IOCExekutivkomitee eine vorläufige Entscheidung im Hinblick auf die Teilnahme russischer Athleten in Rio de Janeiro treffen. Prof. McLaren gibt in seinem Bericht an, dass dieser „teilweise das Mandat der Independent Person erfüllt“. Daher unterstützt das IOC dessen Bitte, seine Arbeiten fortzuführen und abzuschließen. Andererseits führt diese Situation zu einer Dringlichkeit für das IOC, die ihm nicht genügend Zeit für Anhörungen der betreffenden Athleten, Funktionäre und Verbände lässt. Das IOC-Exekutivkomitee hat dem Russischen Olympischen Komitee (ROC) Gelegenheit gegeben, den Fall der russischen Athleten und des ROC darzulegen. Dies erfolgte durch den ROC-Präsidenten, Herrn Alexander Zhukov, zu Beginn der Telefonkonferenz des Exekutivkomitees, die er sofort im Anschluss an seine Darstellung verließ. In seiner Darstellung erklärte Herr Zhukov, dass die Russische Föderation und das ROC volle Kooperation mit allen Weltverbänden garantieren, um die Angelegenheit in jeglicher Hinsicht aufzuklären. Er versicherte zudem, dass sich das ROC zu einer vollständigen und umfassenden Neustrukturierung des russischen Anti-Doping-Systems verpflichtet. In diesem Zusammenhang betonte er, dass sich das ROC dem sauberen Sport verpflichte und darauf hinarbeite, einen sauberen Sport in Russland zu garantieren. 1 Die Entscheidung des IOC-Exekutivkomitees hinsichtlich der Teilnahme russischer Athletinnen und Athleten an den Olympischen Spielen in Rio 2016 wurde vom Internationalen Olympischen Komitee in französischer und englischer Sprache als einzig authentische Sprachen veröffentlicht. Die hier vorgelegte deutsche Übersetzung kann somit für sich keine rechtliche Verbindlichkeit beanspruchen. Sie dient dem Verständnis. Er gab zudem an, dass alle für die Olympischen Spiele 2016 in Rio ausgewählten Athleten in den vergangenen sechs Monaten von ausländischen Anti-Doping-Agenturen getestet worden seien. Ausländische Verantwortliche für Doping-Kontrollen haben Proben genommen, die in ausländischen Labors analysiert worden seien. Russischen Athleten, die an verschiedensten Wettbewerben sämtlicher Sportarten teilgenommen haben, haben mehr als 3.000 Dopingproben abgegeben. Die überwiegende Mehrheit der Ergebnisse war negativ. Das IOC-Exekutivkomitee hat den Status des ROC diskutiert. In diesem Zusammenhang berücksichtigte es die Tatsache, dass der Untersuchungsbericht keine Ergebnisse gegen das ROC als Institution liefert. Das IOC-Exekutivkomitee nahm einen Brief des Weltschützenverbands (ISSF) vom 23. Juli 2016 zur Kenntnis. In diesem Brief bestätigt der ISSF, seitens der WADA Informationen über die drei „verschwundenen Proben“ das Schießen betreffend erhalten zu haben. Der ISSF gibt an, dass diese drei Proben zum Zeitpunkt ihrer Meldung im Ergebnis-Management-System ADAMS der WADA als positiv eingegeben worden waren und dass alle Ergebnis-Management-Verfahren bereits befolgt worden seien. Auf Grundlage der Erkenntnisse des Untersuchungsberichts gelten alle russischen Athleten, die eine Zulassung zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio ersuchen, als von einem System betroffen, das das Anti-Doping-System untergräbt und manipuliert. Der Untersuchungsbericht gibt an, dass aufgrund des „höchst straffen zeitlichen Rahmens“ die Independent Person (IP) „die umfassenden verfügbaren Informationen nur oberflächlich betrachtet“ habe. Das IOC-Exekutivkomitee kam daher zu dem Schluss, dass sich diese Sicht nicht allein auf die Athleten der 20 im Untersuchungsbericht genannten Olympischen Sommersportarten beschränken lässt. Unter diesen außergewöhnlichen Umständen müssen russische Athleten aller 28 Olympischen Sommersportarten die Konsequenzen einer kollektiven Verantwortung tragen, um die Glaubwürdigkeit der Olympischen Wettbewerbe zu schützen – die „Unschuldsvermutung“ kann für sie nicht gelten. Auf der anderen Seite ist gemäß den Regeln der Billigkeit die individuelle Gerechtigkeit, auf die jeder Mensch ein Anrecht hat, anzuwenden. Dies bedeutet, dass jeder betroffene Athlet die Möglichkeit haben muss, die Anwendbarkeit der kollektiven Verantwortung in seinem oder ihrem individuellen Fall zu widerlegen. Nach seinen Beratungen hat das IOC-Exekutivkomitee entschieden: 1. Das IOC akzeptiert keinerlei Zulassung eines russischen Athleten zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio, es sei denn der Athlet kann die nachfolgend ausgeführten Bestimmungen erfüllen. 2. Eine Zulassung wird vom IOC nur akzeptiert, wenn ein Athlet in der Lage ist, zur vollsten Zufriedenheit seines oder ihres Weltverbandes Beweise im Hinblick auf die folgenden Kriterien vorzulegen: • Die Weltverbände haben bei der Zusammenstellung ihres Pools berechtigter russischer Athleten den Welt-Anti-Doping-Code sowie andere anlässlich des Olympischen Gipfels (21. Juni 2016) beschlossene Prinzipien anzuwenden. • Ein Nichtvorliegen eines positiven nationalen Anti-Doping-Tests kann von den Weltverbänden nicht als ausreichend erachtet werden. • Die Weltverbände sollten eine individuelle Analyse der Anti-Doping-Akte eines jeden Athleten durchführen, wobei nur verlässliche und adäquate internationale Tests sowie die Besonderheiten des Sports des Athleten und dessen Regeln berücksichtigt werden, um gleiche Voraussetzungen zu garantieren. • Die Weltverbände haben die im Untersuchungsbericht enthaltenen Informationen zu prüfen und zu diesem Zwecke von der WADA die Namen der verwickelten Athleten und nationalen Verbände einzuholen. Niemand, der in die Angelegenheit verwickelt ist, sei es ein Athlet, ein Funktionär oder ein nationaler Verband, darf zu den Olympischen Spielen zugelassen oder für diese akkreditiert werden. • Die Weltverbände müssen zudem ihre jeweiligen Regeln in Zusammenhang mit der Sanktionierung gesamter nationaler Verbände anwenden. 3. Dem ROC ist es nicht gestattet, einen Athleten, der jemals wegen Dopings sanktioniert wurde, zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio zuzulassen, auch wenn er oder sie die Sanktion verbüßt hat. 4. Das IOC akzeptiert eine Zulassung durch den ROC nur, wenn der Weltverband des Athleten zur Zufriedenheit überzeugt ist, dass der bereitgestellte Beweis obenstehende Bedingung 2 und 3 erfüllt und dieser von einem durch ein ICAS-Mitglied ernannten Experten der CAS-Schiedsrichterliste, der keinem an den Olympischen Spielen 2016 in Rio beteiligten Sportverband angehört, bekräftigt wird. 5. Die Zulassung eines russischen Athleten, die endgültig vom IOC akzeptiert wird, wird einem strengen Zusatztestprogramm außerhalb der Wettkämpfe und in Koordination mit dem betreffenden Weltverband und der WADA unterzogen. Jegliche Nichtverfügbarkeit für dieses Programm führt zu einer sofortigen Rücknahme der Akkreditierung durch das IOC. Über diese Entscheidungen hinaus hat das IOC-Exekutivkomitee die vorläufigen Maßnahmen, die bereits am 19. Juli 2016 getroffen wurden, erneut bestätigt. Diese bleiben bis zum 31. Dezember 2016 in Kraft und werden vom Exekutivkomitee im Dezember 2016 erneut geprüft. Unter Umständen werden im Anschluss an den Schlussbericht der Independent Person und ein ordentliches rechtliches Verfahren durch die IOC-Disziplinarkommission, die am 19. Juli 2016 unter Vorsitz von Herrn Guy Canivet (Vize-Vorsitzender der IOC-Ethikkommission, ehemaliges Mitglied des französischen Verfassungsgerichts und Präsident des französischen Kassationshofs) eingesetzt wurde, und das IOCExekutivkomitee zusätzliche Sanktionen und Maßnahmen auferlegt. Das IOC-Exekutivkomitee bestätigt erneut seine ernsthaften Bedenken hinsichtlich der offensichtlichen Defizite im Kampf gegen Doping. Das IOC betont somit erneut seinen Aufruf gegenüber der WADA, ihr Anti-Doping-System vollständig zu überprüfen. Das IOC wird seinen Beitrag zu dieser Überprüfung leisten, indem es Maßnahmen für klarere Verantwortlichkeiten, mehr Transparenz, bessere Aufsichtsverfahren und mehr Unabhängigkeit vorschlägt. * Die IAAF hat in Bezug auf die Berechtigung russischer Athleten bereits seinen Pool zusammengestellt. II. Das IOC-Exekutivkomitee hat zudem den Antrag der russischen Leichtathletin, Frau Iuliia Stepanova, auf Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio als „neutrale Athletin“ untersucht. Da es Frau Stepanova ablehnte, als Mitglied des ROC-Teams an den Start zu gehen, musste sich das IOCExekutivkomitee der Frage annehmen, ob eine Ausnahme hinsichtlich der Regeln der Olympischen Charta möglich und angebracht ist. In Anbetracht der wichtigen ethischen Dimension dieser Anfrage hat das IOCExekutivkomitee die IOC-Ethikkommission um ihre Einschätzung gebeten. Die Ethikkommission hat Frau Stepanova, die IAAF und ROC-Vertreter angehört. Frau Stepanova stützt ihre Anfrage auf ihre Rolle als „Whistleblowerin“ im Hinblick auf die Manipulation des Anti-Doping-Systems und die Korruption, in die das WADA-akkreditierte Moskauer Anti-DopingLabor, der für Leichtathletik zuständige nationale Verband in Russland (ARAF) und die IAAF verwickelt sind. Die Ethikkommission würdigt den Beitrag von Frau Stepanova im Kampf gegen Doping. Die Kommission betrachtet diesen Beitrag im Kontext der langen, mindestens fünfjährigen, Verwicklung von Frau Stepanova in dieses Doping-System und den Zeitpunkt ihrer Aktivitäten als Whistleblowerin, als die sie sich engagierte, nachdem das System sie nach einem positiven Test, aufgrund dessen sie zum ersten Mal wegen Dopings sanktioniert wurde, nicht mehr länger schützte. Nach einer sorgfältigen Abwägung der Argumente hat die Ethikkommission dem IOC-Exekutivkomitee den folgenden Ratschlag erteilt: „Obwohl Frau Stepanovas Aussage und ihre öffentlichen Erklärungen einen Beitrag zum Schutz und der Förderung sauberer Athleten, dem Fairplay und der Integrität und Authentizität des Sports geleistet haben, laufen die Regeln der Olympischen Charta bezüglich der Organisation der Olympischen Spiele der Anerkennung eines Status als neutrale Athletin zuwider. Zudem entsprechen die Sanktion, der sie unterlag, und die Umstände ihrer Anprangerung der Doping-Praktiken, die sie selbst angewandt hatte, nicht den ethischen Anforderungen an einen Athleten, die diesen zu einer Zulassung bei den Olympischen Spielen berechtigen.“ Das IOC-Exekutivkomitee hat den Rat der IOC-Ethikkommission akzeptiert und dabei auch die obenstehende Entscheidung berücksichtigt, keinem russischen Athleten, der jemals wegen Dopings sanktioniert wurde, die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio zu gestatten. Daher lässt das IOC Frau Stepanova bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio nicht als Wettkämpferin zu. Dennoch möchte das IOC-Exekutivkomitee Frau Stepanova seine Anerkennung für ihren Beitrag im Kampf gegen Doping und für die Integrität des Sports ausdrücken. Daher lädt das IOC Frau Stepanova und ihren Ehemann zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio ein. Zudem ist das IOC bereit, Frau Stepanova zu unterstützen, sodass diese ihre sportliche Karriere weiterverfolgen und eventuell einem nationalen Olympischen Komitee beitreten kann. Lausanne, 24. Juli 2016
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