hautnah Entscheider auf Abwegen Heute liegen die Herausforderungen aber nicht nur in der Streckenführung. Die neunköpfige Gruppe nimmt es gelassen und stellt sich dem Kampf gegen Sturm, Hagel und was sonst noch so im Gelände auf sie wartet. Schon nach wenigen Kilometern lugt hier und da die erste Schweißperle unter den Helmen hervor. Die weniger Fitten suchen das Hinterrad der Vorderleute. Windschattenfahren spart immerhin bis zu 30 Prozent der Kraft. Und die können sie später im Wald sicher noch gut gebrauchen. Ein Schnaufen hier, ein Keuchen da. Wo ist nur der nächst kleinere Gang? Ach da, okay, weiter geht’s. Dann, ohne erkennbaren Grund, weist der führende Fahrer mit dem Arm nach rechts und biegt unvermittelt ab. Ein richtiger Weg ist nicht zu erkennen. Dennoch fahren alle wie selbstverständlich hinterher. „Bernd ist hier mit jedem Stein und jedem Baum auf Du und Du“, erklärt Andreas Kolks, Geschäftsführer der gleichnamigen Mühle aus Borken. Mit Bernd ist Bernd Hollad gemeint. Zusammen mit seinem Freund, Jörg Terschluse, organisiert er die Mountainbiketouren im Grenzgebiet. Und Hollad scheint zu wissen, was er tut. Nicht umsonst nennen seine Freunde den gebürtigen Südlohner Fotos (4): Terhörst Das Wetter hat es nicht gut mit ihnen gemeint. Kräftige Sturmböen blasen den Mountainbikern ins Gesicht, als sie vom Hof auf die Straße einbiegen. Trommelnd gibt der Hagel auf den Helmen den Takt vor. Spätestens jetzt wissen die Unternehmer, Führungskräfte und leitenden Angestellten in ihren eng anliegenden Trikots und Radlerhosen, auf was sie sich eingelassen haben. Auf einer geführten Tour wollen sie das „unbekannte Land“ entlang der Grünen Grenze bei Südlohn mit dem Rad erkunden. Gestandene Entscheider lassen sich den Spaß auch vom Wetter nicht verderben (von links): Bernd Hollad (Organisator), Marinus Kösters (Kinderland, Ahaus), Jörg Terschluse (Organisator), André Sicking (Zweiradhändler), Dieter Janzen (Chemiepark, Marl), Michael Hoeper (Spedition Hoeper Südlohn), Andreas Kolks (Kolks Mühle, Borken), Martin Robers (Turmhaus, Südlohn) und Joseph Nagel (Hotelier Südlohn). und heutigen Geschäftsführer eines Textilunternehmens den „lebenden Kompass“. Zielgenau findet er im Dickicht den fast nicht vorhandenen Weg ins Unterholz. Wind und Hagel können den Fahrern dort nichts mehr anhaben. Dafür graben sich jetzt die dicken schwarzen Profilräder tief in den feuchten Waldboden. Mit dem großen Gang ist auch hier für den geneigten Hobbyfahrer nichts zu machen. Dafür ist die Strecken- führung spannender. Hervorstehende Wurzeln, Schlammpfützen, herumliegende Äste und kleinere Baumstämme fordern die volle Aufmerksamkeit der Gruppe. Dann geht alles ganz schnell. Joseph Nagel liegt im Alarmanlagen für den privaten und gewerblichen Bereich Leisten Sie sich das gute Gefühl der Sicherheit Sicherheit pur: aktiver Schutz mechanische und elektronische Sicherheitstechnik von Ihrem Fachinstallationspartner AF Electronics GmbH & CO.KG • 48653 Coesfeld Am Berkelbogen 4 • Tel. 02541 85182 w w w. a f - e l e c t r o n i c s . e u G32 Wirtschaft aktuell GES III/2010 hautnah Moos, über ihm sein Rad. Zerknirscht schaut er auf, zieht eine Grimasse und muss dann doch über sich selbst lachen: „Ich hab gedacht, ich schaff das schon“, erklärt der 54-jährige Hotelier und deutet auf den Stamm, der ihm zum „Verhängnis“ geworden war. Auf die Reaktion der anderen muss der „Südlohner Hotelmagnat“, wie ihn seine Freunde im Spaß auch nennen, nicht lange warten: „Bleib ruhig liegen Jupp, dann können wir noch schnell ein Foto machen“, frotzelt einer der Mitfahrer. Nagel nimmt´s gelassen. Er rückt seine schmale Sonnenbrille wieder richtig auf die Nase, steigt auf und radelt etwas gemütlicher weiter. Er kennt diese Späße untereinander. Schließlich treibt er schon seit Jahren Sport in der Gruppe. Sticheleien gehören da ganz einfach dazu. Ganz ähnlich sei er vor einigen Jahren sogar zum Marathonläufer geworden. „Damals war ich noch vollkommen untrainiert. Bei einem gemütlichen Bier habe ich dann mit einem Bekannten gewettet, dass ich es schaffe, einen Marathon zu laufen“, erinnert er sich. In den folgenden acht Monaten lief er sich dann „mal eben“ fit für den Hamburg-Marathon – und ist auf Anhieb ins Ziel gekommen. Er hat damals „Blut“ geleckt und seitdem immer wieder an bekannten Langstreckenläufen in ganz Europa teilgenommen. Ein kleiner Sturz mit dem Mountainbike bringt einen solchen Marathon-Mann nicht so leicht aus der Fassung. Dennoch achten Hollad und Terschluse auf die Sicherheit der Teilnehmer. Rechtzeitig warnen sie vor allzu großen Hürden. Wenn es hart auf hart kommt, geben sie rechtzeitig die Parole „Absteigen“ aus. Dann werden die Räder geschultert und es geht für einige Meter zu Fuß weiter. „Ich selbst bin auch eher ängstlich und steige lieber frühzeitig ab. Das hat mich mitunter im Vergleich zu anderen zwar schon Zeit gekostet, aber letztlich geht die Sicherheit vor“, beteuert Terschluse während er locker das Tempo mitgeht. Der ambitionierte Hobbyrennradfahrer ist im „normalen“ Leben leitender Angestellter bei einem kleinen Stadtlohner Bioenergieunternehmen. Die Freizeit steht bei ihm oft im Zeichen des Sports. „Und warum nicht das Hobby ausbauen?“ Die Idee dafür hatten Hollad und er schon seit einiger Zeit. „Schließlich gibt viele Menschen, die die schöne Natur zu schätzen wissen. Hinzu kommt, dass immer mehr Leute einen guten Ausgleich zu ihrer harten Arbeit suchen“, erklärt Terschluse. Im Frühjahr haben sie dann tatsächlich Nägel mit Köpfen gemacht und zehn moderne Räder für ihre Mountainbike-Touren gekauft. „Zwar haben wir bei uns im Grenzgebiet streng genommen keine richtigen Berge, es gibt aber dennoch Strecken und Passagen, die durchaus anspruchsvoll und vor allen Dingen abwechslungsreich sind“, weiß Terschluse. Dass man beim Mountainbiken im Gelände auch mal auf der Nase landen kann, liegt in der Natur der Sache. Die entsprechenden Anekdoten dazu hat Bernd Hollad im Gepäck: „Vor einigen Jahren sind wir mit Martin Hülscher (Anm. d. Red.: Hülscher ist Prokurist bei d.velop in Gescher) an Heiligabend hier an der Ratumse Beek entlanggefahren. Mar- Lokale Wirtschaftsnews · www.wirtschaft-aktuell.de Jörg Terschluse sagt von sich selbst, dass er auch eher ängstlich ist. Daher steigt er, wenn es gefährlich wird, lieber ab. tin ist abgerutscht und konnte nicht schnell genug seine Klick-Pedale lösen. Er landete im Wasser und war pitschnass. Und das bei minus drei Grad“, erinnert sich Hollad. Damals mussten er und seine Mitfahrer alle Kleidungsteile, die sie entbehren konnten, abgeben, damit der durchgefrorene Kollege den Heimweg halbwegs trocken antreten konnte. Die heutige Gruppe schrecken solche Geschichten nicht. Schließlich sind sie alle mehr oder weniger ambitio- nierte Hobbysportler. Beherzt treten die Neun in die Pedale und nehmen die meisten Hindernisse ohne abzusteigen im lockeren Staccato-Tritt. Bange machen, gilt nicht. Auch dann nicht, wenn der Weg immer schmaler und die Gefahr, in den sprudelnden Fluss zu schliddern, fast spürbar wird. Konzentriert halten die Männer ihre Räder auf Kurs, bis sich der Weg endlich wieder verbreitert. Dann geht es im Slalom weiter um Bäume, Sträucher und Pfützen – immer tiefer hinein ins Unterholz. Mittlerweile ist die Grenze passiert. Und das ist auch sichtbar. „In Holland ist die Landschaft abwechslungsreicher. Auf der deutschen Seite ist alles viel strukturierter, während es bei unseren Nachbarn noch mehr Mischkulturen und weniger rechte Winkel gibt“, freut sich Terschluse über den ständigen Wechsel in der Natur. Er und Hollad lieben das. Entsprechend vorsichtig sind sie bei ihren Touren. „Wir wollen hier nichts kaputt machen. Und da Bernd Jäger ist, weiß er ganz genau, wie wir uns verhalten müssen“, betont Terschluse. Darüber hinaus gibt es in den Niederlanden auch ein Schildsystem, das klar anzeigt, wo Mountainbiker fahren dürfen und wo nicht. Der typische niederländische Sandweg, auf den die Gruppe nun einbiegt, ist keine radfreie Zone. Eine Herausforderung ist er dennoch – zum Teil sogar für Fahrer wie Bernd Hollad. Der legt beim Einbiegen den Köper so stark in die Kurve, dass der weiche weiße Sand unter seinen Rädern nachgibt. Für den geübten Biker ist das aber kein Problem. Mit einem kurzen Klick löst er seinen Fuß aus G33 hautnah dem Pedal und fängt den drohenden Sturz rechtzeitig ab. Ein „Hoppala“ und er strampelt weiter. Für weniger trainierte Fahrer gibt es neben den meisten Sandwegen einen schmalen roten Ascheweg. Dort versinken die Räder nicht so tief. Wieder klackt es bei dem ein oder anderen, während die Ketten auf das kleinere Ritzel in den nächst höheren Gang wandern. So haben die Fahrer mehr Ruhe. Um zu reden, aber auch, um sich die Umgebung anzuschauen. Felder, Wälder, Büsche und dazwischen immer wieder Bauernkotten im Hexenhausstil. Mit ihrer flachen Bauweise aus Holz, Backsteinen und mit den typischen roten Ziegeln fügen sie sich fast nahtlos in die Landschaft. „Im Sommer ist es hier besonders schön. Da stellen viele der Besitzer spontan Tische mit Kaffee und Kuchen vor ihre Türen und eröffnen kleine Garten-Cafés“, weiß Hollad. Dinge wie diese sind es, die er am Nachbarland besonders schätzt. Außerdem sind die Niederlande eine Radsportnation. Und das wollen er und Terschluse nutzen. Erste Kontakte zu Radsportvereinen in Winterswijk gib es bereits und auch die Eurogio soll mit ins Boot geholt werden. „Radtourismus ist ein grenzübergreifendes Thema, daher würden wir gern etwas mit der Euregio auf die Beine stellen“, so Terschluse, während er scheinbar ohne jede Anstrengung über die tiefe Sandpiste brettert. So leicht wie er tun sich allerdings nicht alle. In kürzester Zeit reißt ein kleines Loch und die ersten Mitfahrer sind fast abgehängt. Aber auch das wird schnell auf Zuruf geregelt. Ein einfaches „Macht da vorn mal etwas langsamer!“ reicht. Bernd Hollad, der auch jetzt wieder die Führung übernommen hat, nimmt das Tempo raus und lässt ausrollen bis der Anschluss wieder hergestellt ist. Mit angepasster Geschwindigkeit geht es zurück in den Wald. Wieder wechselt die Szenerie. Wieder ein Weg, der eigentlich keiner ist. Zurück in die fast unberührte Wildnis. Rings herum zwitschern Vögel. Dann und wann krächzt eine aufgeregte Krähe. Die einzigen menschlichen Geräusche machen die Biker selbst. „Diese Ecke ist schon etwas ganz Besonderes. Viele Südlohner wissen nicht einmal, dass sie so etwas direkt vor ihrer Haustür haben“, verrät Andreas Kolks im Plauderton. Locker hält er das Tempo der Spitze. Kein Wunder. Schließlich bereitet er sich zurzeit wieder einmal auf einen Marathon vor. Natürlich auch in den Wäldern rund um Süd- G34 Bernd Hollad (links) und Dieter Janzen machen vorn das Tempo. Auf ihren Rädern lernen sie das Grenzgebiet von einer anderen Seite kennen. lohn. Zusammen mit Bernd Hollad und Dieter Janzen, der ebenfalls heute kurzfristig aufs Mountainbike umgestiegen ist, hat er in Vorbereitung auf den Marathon zahlreiche Kilometer entlang der Grünen Grenze joggend abgerissen. „Hier ist es schön ruhig. Man bekommt nichts vom Straßenverkehr mit und im Sommer ist es obendrein noch schattig“, weiß Kolks. Heute ist es den dreien aber fast schon zu kühl. Das unfreundliche Wetter könnte sogar zur handfesten Marathon-Bedrohung werden. „Natürlich will keiner so kurz vor dem Marathon noch krank werden. Dann wäre die ganze Vorbereitungszeit für die Katz“, erklärt Hollad, während sein skep- Aktionäre aufgepasst: Verlieren Sie nicht Ihre Verluste. Verluste aus der Veräußerung von Wertpapieren vor Einführung der Abgeltungssteuer können nur noch zeitlich befristet bis einschließlich 2013 mit Gewinnen verrechnet werden. Es bieten sich verschiedene Strategien an, diese sogenannten Altverluste gezielt steuerlich zu nutzen. Das Stückzinsmodell beispielsweise sorgt dafür, dass anderweitig vereinnahmte Zinsen und Dividenden durch Verrechnung mit dem gezahlten Stückzins in einen Veräußerungsgewinn umgewandelt werden, der mit den Altverlusten verrechenbar ist. Dies ist nur einer von vielen Punkten, die wir für Sie im Blick haben. Was können wir für Sie tun? Münster · Düsseldorf · Leipzig [email protected] www.schumacher-partner.de DR. SCHUMACHER & PARTNER GMBH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Wirtschaft aktuell GES III/2010 hautnah tischer Blick nach oben geht. Dort zerrt der Sturm unheilvoll an den knarzenden Wipfeln und weiter oben türmen sich tiefschwarze Wolken auf. Noch gibt es aber keinen Grund zur Sorge. Schließlich hatte Hollad, wie die anderen auch, entsprechend tief in den Schrank mit der warmen Sportkleidung gegriffen. Neben dem obligatorischen Helm trägt er ein langes Radlershirt und zusätzlich eine blaue Regenjacke, eine schwarze lange Radlerhose, Radlerschuhe und darüber noch Stulpen, die das Wasser und die Kälte von den Füßen fernhalten sollen. Auf der Fahrt, bei einem Puls über 100, hält ihn das warm. Problematisch wird es nur bei zu langen Pausen. Eine Panne kann das LäuferTrio heute also überhaupt nicht gebrauchen. Leider sind Pannen nicht planbar. Und so bringt ein Platten das Projekt „Marathon“ dann doch noch einmal in Gefahr. „Nur gut, dass wir unseren Schrauber dabei haben“, sagt Hollad, der zum Zeitpunkt der Panne wieder an der Spitze des Feldes unterwegs gewesen ist und die Geschehnisse aus einiger Entfernung betrachtet. Der „Schrauber“, das ist Kurze Pause: Joseph Nagel (Hotelier Südlohn, links) und Michael Hoeper (Spedition Hoeper, Südlohn) nehmen sich eine kleine Auszeit. André Sicking, Geschäftsführer eines örtlichen Zweiradbetriebs. Er betreut das Grenztouren-Projekt mit seinem technischen Know-how. Und auch den Plattfuß hat der Fachmann in kürzester Zeit mit wenigen Handgriffen ausgetauscht und das Rad wieder aufgepumpt. Nicht einmal zehn Mi- nuten dauert die Zwangspause, dann sitzen alle wieder im Sattel. Richtig ausgekühlt ist in der Zeit keiner. Kaum ist der Puls wieder oben, heißt es aber schon wieder „Absitzen“. Diesmal allerdings geplant. In dem kleinen Café „Borderijterras Steengod“ gibt es nicht nur einen klei- nen Ofen zum Aufwärmen, sondern auch heißen Kaffee und Wasser. Zeit für Joseph Nagel, ein erstes Fazit mit Blick auf die Pulsuhr zu ziehen. „Nicht schlecht. Ich hatte die ganze Zeit einen Puls von durchschnittlich 125“, freut er sich. Auch die anderen sind begeistert. Vor allem das Neuland direkt vor ihrer Haustür hat es ihnen angetan. Wo sie genau sind, wissen die meisten immer noch nicht, geschweige denn, wie sie wieder nach Hause kommen können. „Dabei sind wir gerade mal fünf Kilometer von Südlohn entfernt“, berichtet Hollad. An dessen Hinterrad geht es 20 Minuten später aufgewärmt zum Endspurt: Auf den letzten Kilometern hat sogar noch die Sonne ihren Auftritt. Der Sturm hat die Wolken vorübergehend vertrieben und ist auf dem Rückweg vom Gegen- zum Mitspieler geworden. Mit diesem natürlichen Turbo im Rücken schaffen es die Neun im Eiltempo zurück in die „bekannte Welt“ nach Südlohn. Dort löst sich die Gruppe dann schrittweise auf. Denn das Leben eines Entscheiders findet schließlich nicht nur auf Abwegen statt. Michael Terhörst We eine die Tec URE zur in B we Wegweisende Lösungen für eine sichere Zukunft – das ist die Aufgabe der zentralen Technologiegruppe der URENCO. Modernste Anlagen zur Urananreicherung, in Bad Bentheim entworfen, weltweit eingesetzt. URE Cen Bah 484 Lokale Wirtschaftsnews · www.wirtschaft-aktuell.de URENCO Enrichment Company Limited Central Technology Group T. +4 Bahnhofstraße 8 · 48455 Bad Bentheim ww T. +49 (0) 5922 77667-0 · www.urenco.com G35
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