Lesung von Sineb El Masrar im Rahmen der Veranstaltung Lebensrealitäten von Migrantinnen. Wie aus zwei Eins wird. In einer kurzen Lesung gab Sineb El Masrar einen kurzen Einblick in ihre zwei Veröffentlichungen, „Muslim Girls“ (2015) und „Emanzipation im Islam“ von 2016. In Muslim Girls beschreibt sie die Lebensrealitäten von muslimischen Frauen mit oder ohne Migrationshintergrund, die in Deutschland ihr Zuhause haben. El Masrar verwendet das Wort muslimisch dabei nicht als religiöse Zuschreibung, sondern als Beschreibung der kulturellen Traditionen und Werte, die eine islamische Sozialisierung mit sich bringt. Mit einem Augenzwinkern beschreibt sie die verschiedenen Typen von Muslim Girls in Deutschland, vom highpotential Muslim Girl, das, ähnlich wie die modernen Performer der bekannten Sinus-Milieu – Studie versucht, ehrgeizig und leistungsbereit Familie, Karriere und Lifestyle unter einen Hut zu bringen, über das bodenständige natural Muslim Girl, das im Zweifel vor dem Beruf pflichtbewusst die traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter vorzieht, bis hin zum Muslim It-Girl, der Religion allenfalls als oberflächliches Fashion-Statement wichtig ist, und die Konsumverhalten und berufliche Bestrebungen stets am persönlichen Spaßgewinn misst. Klar wird dabei vor allem eines: Es gibt nicht DIE muslimische Frau sondern eine Vielzahl an Lebensentwürfen, in denen auch der Islam eine unterschiedlich große Rolle spielt. Das Bewusstsein darüber muss in der deutschen Gesellschaft und auch in der muslimischen Community gestärkt werden, um ein vorurteilsfreies Miteinander zu ermöglichen. In ihrem zweiten Buch, Emanzipation im Islam“ nähert sich Sineb El Masrar dem Thema Emanzipation und Feminismus im Islam aus historischer Perspektive. Es gibt seit den 90iger Jahren Muslimas, die einen islamischen Feminismus für sich beanspruchen. Oft sind es Konvertitinnen wie Erika Theißen, die islamische Frauen- oder Familienzentren leiten, deren feministische Haltung aber dort Grenzen findet, wo die traditionelle, patriarchalisch geprägte Lesart des Korans sie setzt. Daneben gibt es eine neue Generation von jungen Muslimas, die sich selbst als emanzipiert verstehen, und im öffentlichen, oft auch digitalen Raum als Aktivistinnen wahrgenommen werden. Sie stellen selbstbewusst Forderungen an die Gesellschaft ebenso wie an die eigene Religionsgemeinschaft und fordern ihr Recht ein, gehört zu werden. Obwohl El Masrar bemängelt, dass auch unter den Aktivistinnen zu wenig zum Thema gemacht wird, dass sich viele muslimische Frauen in einem Zwangsumfeld aus familiärer und sozialer Kontrolle befinden, das eine Emanzipation aus eigener Kraft unglaublich erschwert, resümiert sie doch, dass es zumindest gelungen ist, dass nun nicht mehr nur über sondern vor allem auch mit muslimischen Frauen gesprochen wird – und Muslimas selbst sprechen!
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