Now!

Oh ja, ich wachse !
Die Wachstumsschübe im ersten halben Jahr und wie
wir sie gemeinsam erleben können
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
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Erster Wachstumsschub
4
Zweiter Wachstumsschub
6
Dritter Wachstumsschub
8
Vierter Wachstumsschub
10
Immer so weiter
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Einleitung
Die kindliche Entwicklung geschieht nicht von heute auf morgen und auch nicht immer
gleichmässig. Sowohl körperlich als auch geistig und motorisch entwickeln sich die
Kinder schubartig, weshalb man von sogenannten Wachstumsschüben spricht.
Zu diesen Schüben gibt es im Internet viel zu lesen, doch leider sind die
Beschreibungen oft so formuliert, dass Eltern das Grauen bekommen. Denn es wird
beschrieben, dass die Kinder sehr unruhig sind und oft ein Verhalten aufweisen, was
für die Eltern sehr anstrengend zu sein scheint. Daraus resultierend wird unter Eltern
recht schnell jegliche unruhige Regung von Kindern auf einen Schub abgewunken.
Denn wann diese auftreten kann so stark variieren, dass es im Prinzip möglich wäre,
dass die Kinder dauerhaft einen Schub durchleben.
Ich bin hingegen der Meinung, dass es zwar wichtig ist, dass wir uns dieser Schübe
bewusst sind, aber eher, um zu wissen, wann ungefähr welche Entwicklung stattfindet.
Für wichtiger halte ich es, dass wir unsere Kinder gut beobachten, sie gut kennenlernen
und mit ihnen gemeinsam ihre Entwicklung als etwas Aufregendes und Schönes
erleben. Als etwas, was zuweilen schwierig und überwältigend sein kann. Aber keine
Phase, die wir gemeinsam durchleiden müssen.
Deshalb habe ich hier für Euch die ersten 4 Wachstumsschübe zusammengestellt und
dazu ein paar Gedanken und Ideen, wie Ihr Eure Kinder dabei gut begleiten könnt, so
dass das erste Jahr für Euch alle ein wundervolles, spannendes und aufregendes ist.
Denn das, und nichts anderes, soll es sein.
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Erster Wachstumsschub
Wann: um die fünfte Woche herum oder: Wenn das Kind gut in der neuen Welt
angekommen ist.
Was geschieht und was wir tun können:
Ein Kind braucht nach der Geburt Zeit, um sich hier auf dieser Welt zurechtzufinden.
Viele Gerüche & Geräusche, die Kleidung, die Schwerkraft, der Hunger und körperliche
Ausscheidungen sind ihm komplett neu. Es ist aus seiner ruhigen, sanften, warmen und
heimeligen Blase auf die Welt geboren worden und braucht Ruhe und Zeit um hier
anzukommen. Wir können ihm das gut ermöglichen, in dem wir selbst ruhig und sanft
mit ihm reden, es mit warmen und liebevollen Händen berühren, nah bei uns halten
und uns allen Zeit geben um die neue Situation zu begreifen.
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Danach werden wir merken, dass unser Baby sich etwas verändert. Es wirkt etwas
wacher: es hört bewusster auf Geräusche, es versucht mehr zu sehen und zu
beobachten. Es ist weniger schreckhaft als zuvor. Viele Babys erleben nur erste längere
Wachphasen, obwohl das sehr unterschiedlich ist von Kind zu Kind. Einige Babys
reagieren jetzt schon bewusst auf uns und manche beginnen schon zu lächeln.
Generell wirken die Babys nun etwas interaktiver in der Begegnung mit uns.
Auch wir als Eltern erleben nun erste Veränderungen. Wir beginnen uns gemeinsam mit
dem Kind im Alltag einzuspielen, wir werden selbst wieder aktiver und haben uns fürs
erste an das Leben mit Baby gewöhnt. Wir wagen erste Ausflüge und meist hat sich zu
dieser Zeit auch das Stillen oder Füttern etwas eingespielt und einen ersten Rhythmus
gefunden, der sich jedoch noch einige Male ändern wird wie so vieles im Leben mit
Baby.
Wichtig ist es, dass wir unser Baby weiterhin gut beobachten, um zu sehen, wann ihm
etwas zu viel wird und wann es Ruhe braucht. Aber auch, wann wir Ruhe brauchen. Es
ist ratsam sich häufig gemeinsam mit dem Kind hinzulegen, wenn es müde ist, so dass
auch wir als Eltern auftanken können. Die Nächte können noch immer durchwachsen
sein und so brauchen wir viel Energie.
Wir Eltern erkennen nun auch schon besser die Unterschiede zwischen
Hungeranzeichen oder Müdigkeit beim Kind und sollten liebevoll und respektvoll darauf
reagieren. Das heißt, dass sowohl Stillen / Füttern als auch Schlafen nach Bedarf
möglich sein sollen. Mythen wie vorgegebene Still- und Schlafabstände sind längst
überholt und entsprechen selten den Bedürfnissen vom Kind.
Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir erkennen, wann unser Kind Nähe und Zuneigung
sucht und wann es begeistert und fasziniert die Welt um sich herum betrachten will. Wir
sollten diesen Bedürfnissen nachgehen und ihm die Liebe geben, die es einfordert und
gleichzeitig die Möglichkeit geben in Ruhe das Leben rundherum zu beobachten. Dafür
braucht es einen sicheren Ort, an dem es zufrieden liegen und sein kann, aber spürt,
dass wir in der Nähe sind und auf seine Bedürfnisse gut reagieren können. Wir selbst
können die Zeit nutzen und es bei seinem Tun beobachten und gut kennenlernen.
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Dieser erste Wachstumsschub ist meist so schnell wieder vorbei wie er kam. Und es
dauert nicht lange, bis der nächste ansteht…
Zweiter Wachstumsschub
Wann: um die 8. Woche oder: nach einer kurzen Erholung vom ersten Sprung
Was geschieht und was wir tun können:
Die Welt, die unser Baby im ersten Wachstumsschub entdeckt hat, steht wieder Kopf.
Plötzlich riecht, hört und sieht es wieder mehr und muss die Dinge neu zu- und
einordnen. Die Veränderung, dass all das Vertraute nun wieder neu erscheint, intensiver
und anders, verunsichert und lässt es zuweilen unruhig wirken. Bereits eingespielte
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Rhythmen und Still- bzw. Füttermahlzeiten ändern sich erneut, es verlangt mehr Nähe,
mehr Halt und sucht den sicheren Hafen der Eltern.
Wir können weiterhin als stille Beobachter diese Bedürfnisse erkennen und ihnen
liebevoll begegnen. Mit Worten können wir begleiten, was wir im Leben des Babys
gerade wahrnehmen. „Du wunderst Dich, was nun wieder los ist. Die Welt erscheint Dir
so neu, das verwirrt Dich.“
Unsere beruhigende Stimme, unsere Anwesenheit und vor allem unsere eigenen innere
Ruhe und Zuversicht, dass nichts bedenklich, sondern alles völlig normal ist, helfen ihm,
sich diesen neuen Entwicklungen bald hinzugeben. Interessiert verfolgt es uns nun auch
mit seinen Augen, wenn wir uns bewegen.
Unser Baby wird nun auch häufiger Lächeln und Reaktionen zeigen, die es uns - die
wir an Interaktion und Sprache gewöhnt sind - einfacher machen, mit ihm zu
kommunizieren. Wir spüren besser, was ihm gefällt und was nicht und können schneller
darauf eingehen. Das zaghafte Kennenlernen der ersten Wochen ist geschafft und nun
beginnt ein gemeinsames Zusammenwachsen und Kommunizieren auch mit Mimik und
Gestik. Für viele Eltern erleichtert sich der Alltag mit dem Kind jetzt enorm, weil sie das
Gefühl haben mehr in Kontakt mit dem Kind sein zu können.
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Dritter Wachstumsschub
Wann: um die 12. Woche herum
Was geschieht und was wir tun können:
Um den dritten Wachstumsschub herum zeigt das Kind wieder ganz neue Fähigkeiten.
Es wird nun längere Zeit seine Hände betrachten, bewegen und versuchen unter
Kontrolle zu bringen. Viele Kinder bewegen nun bewusst den Daumen oder die ganze
Hand in den Mund und saugen daran. Es verfolgt uns nicht mehr nur mit seinen
Augen, sondern mit dem ganzen Kopf, den es nun schon sehr kontrolliert hin- und
herbewegen kann. Wenn wir das Baby halten oder tragen, kann es den Kopf schon
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einige Zeit allein halten. Aus der Rückenlage bewegen sich viele Babys nun in die
Seitenlage und verweilen dort. Die neuen motorischen Fähigkeiten können es über
lange Zeit beschäftigen. Dennoch entwickelt sich jedes Kind in seinem ganz eigenen
Tempo.
Immer mehr wird nun die Natur unseres Kindes erkennbar. Es äußert sich mit
unterschiedlichen Lauten unterschiedlich laut und leise und probiert seine Stimme aus.
Es reagiert immer deutlicher auf unser Erscheinen und Verschwinden mit Freude oder
Empörung. Es versucht immer mehr mit uns zu kommunizieren und reagiert laut, wenn
wir es nicht verstehen.
Doch funktioniert die Kommunikation miteinander immer besser. Am Wickeltisch
beobachtet es interessiert unser Tun, unseren Mund, wenn wir Reden und lacht uns
auch mit Lauten an.
Es pendelt sich allmählich ein Tagesrhythmus ein, das Schlafbedürfnis wird sehr
deutlich. Hier zeigt sich bereits, ob unser Kind mit viel oder wenig Schlaf auskommt, ob
es tagsüber viele kleine Schläfchen braucht oder sehr wach ist. Dies ist von Kind zu
Kind sehr unterschiedlich und sollte uns nicht verunsichern.
Viele Eltern greifen nun häufig zur „Wunderwaffe Schnuller“. Der Einsatz ist in Ordnung,
wenn das Kind ein starkes Saugbedürfnis äußert und die Eltern den Daumen nicht
zulassen wollen, den die Kinder sich nun häufig selbst in den Mund stecken. Der
Schnuller sollte jedoch nicht als „Ruhigsteller“ verwendet werden. Eine gute
Beobachtung des Kindes und seiner Bedürfnisse kann uns helfen Ursachen für lange
Schreiphasen oder Weinerlichkeit zu erkennen. Beruhigung funktioniert am besten in
unserer Nähe und in ruhigen, abgedunkelten Räumen.
Gerade am Abend entladen sich bei den Babys die Ereignisse des Tages, eventuelle
Überreizung wird spürbar und akute Müdigkeit trägt seinen Teil dazu bei. Je ruhiger wir
als Eltern bleiben, umso eher kann auch das Kind wieder zu sich finden. Manchmal tut
es den Kindern gut, diese inneren Emotionen herauszulassen, doch sollten wir das Kind
dabei halten und nicht allein lassen. Und auch wenn wir keine Ahnung haben, warum
unser Kind außer sich ist, kann es ihm helfen zu wissen, dass wir da sind, auch wenn
wir sagen: „Ich weiß gerade nicht, was mit Dir ist. Aber ich bin bei Dir und halte Dich.“
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Vierter Wachstumsschub
Wann: um die 19. Woche oder: wenn schon wieder alles Kopf steht
Was geschieht und was wir tun können:
Die Entwicklung unseres Babys geht rasant weiter und die immer neuen Fähigkeiten
fordern es enorm heraus. Vor allem das Ausprobieren neuer Fähigkeiten und deren
Misslingen kann zu großer Frustration und wütendem Schimpfen führen.
Es wird versuchen sich von der Seitenlage auf den Bauch zu drehen und wenn dies
gelingt auch wieder zurück. In Bauchlage wird es versuchen die Arme zu koordinieren
und das Anheben des Kopfes kostet ihm viel Kraft und Mühe, nicht selten Tränen. Hier
können wir unser Baby trösten und begleiten, in dem wir dem Ausprobieren dieser
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neuen Fähigkeiten ausreichend Zeit und Raum geben, aber in seine Entwicklung nicht
eingreifen. Wenn die Frustration zu groß ist, können wir unser Baby auf den Arm
nehmen und ihm gut zureden. Das Erlernen dieser Fähigkeiten sollte letztendlich jedoch
das Kind aus eigener Kraft und Motivation heraus schaffen. Häufig können wir
beobachten, dass die Kinder nach einigem Üben eine Pause brauchen.
Diese Frustrationen, das Erlernen des Neuen, das Spüren, dass weitere Entwicklungen
möglich sind, bringen das Baby aus der Bahn. Es kommt abends schlechter zur Ruhe,
weil es kein Ende findet beim Probieren verschiedener motorischer Fähigkeiten. Es
scheint aufgedreht und rastlos. Tagsüber ist es schneller unruhig und müde, es will
häufiger Stillen oder die Flasche trinken oder lutscht häufiger an Daumen oder
Schnuller.
Das sind die ersten Herausforderungen im Leben und stärken unsere Kinder, wenn wir
sie dabei gut begleiten, sowohl mit Worten „Du musst Dich furchtbar ärgern, weil dein
Arm eingeklemmt ist.“ als auch mit Zuneigung.
Erste Spielsachen wie Stoffrasseln, kleine Tücher oder Greifbälle sind nun interessant
und können vom Kind ergriffen werden. Es greift immer gezielter nach etwas und
beobachtet seine Hände beim Öffnen, Schließen und Greifen. Die Füße sind ebenfalls
von großem Interesse und werden angegriffen, die Zehen werden gelutscht und die
Knie ertastet. Das Kind entdeckt seine eigene Kleidung und zieht daran.
Es macht immer mehr Gurgellaute, kann aber auch laut kreischen und rufen.
Unser Baby beobachtet uns nun sehr genau, verfolgt uns mit seinem Blick und dem
Kopf. Es zeigt seine pure Freude, aber auch Empörung sehr deutlich. Und wir können
nun immer besser auf unser Kind eingehen, wir verstehen uns immer besser. Einige
Kinder zeigen nun erstes Interesse am Essen und schauen uns dabei genau zu.
Andere interessiert das zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht.
Der Kiefer verhärtet sich nun auch und erste Zahnungserscheinungen sind erkennbar.
Unser Baby lutscht und kaut heftig an seinen Fingern oder unseren. Ein Beißring, eine
Veilchenwurzel oder gekühlte Karotten können das Leiden etwas lindern.
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Die Nächte können auf Grund all dieser Veränderungen wieder etwas turbulenter sein…
Nehmen wir uns tagsüber nicht zu viel vor. Auch wenn unser Baby nun schon viel mit
uns unterwegs ist, so ist es gut, wenn wir uns wieder etwas mehr Ruhe gönnen, uns
ausruhen und dem Baby die Möglichkeit, sich zu entfalten. Je geringer und
anspruchsloser unsere eigene Agenda, umso leichter können wir auf die stetig
wechselnden Bedürfnisse unseres Babys eingehen und umso schneller ist auch dieser
Wachstumsschub überstanden. Apropos wechseln - ein deutliches Anzeichen für
diesen Schub und jegliche Überforderung oder Überreizung unseres Babys ist nun
auch das schnelle Wechseln zwischen Lachen und Weinen. Hier bedarf es sofortiger
Hilfemaßnahmen in Form von Ruhe und Geborgenheit, vorzugsweise auch Schlaf. !12
Immer so weiter
Von nun an geht die Entwicklung seinen Gang. Wir haben allmählich erkannt, in
welchem Tempo sich unser Kind entwickelt und wie es neue Fähigkeiten erlernt und
verarbeitet. Es zeigt uns immer deutlicher, was es wann braucht und wenn wir weiterhin
achtsam und wachsam sind, dann können wir die nächsten Schübe gemeinsam gut
durchleben. Angeblich stehen die nächsten Schübe in der 26., 37., 46. und 55. Woche
an. Doch Fakt ist: Veränderungen gibt es weiterhin stetig. Unser Kind ist nicht nörgelig
oder quengelig, wie in vielen Wachstumsratgebern beschrieben. Es sucht uns, es sucht
Halt in dieser sich stetig ändernden Welt. Es sucht uns. Und je weniger wir hinterfragen,
sondern einfach geben und da sind, umso leichter und einfacher werden wir diese
Zeiten gemeinsam durchleben.
Unsere Kinder wollen nun weder bespaßt noch beschäftigt werden, ihnen ist nicht
langweilig, nein, sie brauchen Zeit zum Regenerieren und Auftanken, um sich dann gut
erholt weiter an ihren eigenen inneren Fahrplan zu machen. Denn den haben sie und
der ist es, der sie antreibt. Keine Vorgaben, keine Tabellen und auch nicht wir. Der
Rhythmus ändert sich nicht nur durch die Entwicklung immer wieder, sondern auch
durch das Zahnen, die Beikosteinführung und sich verändernde Abläufe im Alltag.
Unser Baby reagiert sowohl auf innere, als auch auf äußere Veränderungen deutlich.
Es ist vor allem wichtig, dass wir gute Beobachter sind und die Bedürfnisse unseres
Kindes ernst nehmen. So können wir gemeinsam wachsen und diese spannende,
aufregende Entwicklung miteinander erleben.
„Jedes Kind ist anders. Jeden Tag.“ Lienhard Valentin
Wenn wir diesen Spruch im Herzen tragen, dann sind wir gut gerüstet.
Ich wünsche Euch viel Freude miteinander.
Alles Liebe,
Nadine
www.buntraum.at
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