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Katzwinkel
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Dr. med. Detlev Katzwinkel (Hrsg.)
Das Kind, das ich nie geboren habe
Was nach einer Abtreibung geschehen kann
Erfahrungsberichte, Fakten und Informationen
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Die Bibelzitate wurden der Revidierten Elberfelder Bibel entnommen.
© 1985/1991/2006, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal
Texte aus Kapitel 6.1, 6.2, 8.1: idea-Dokumentation 6/2003/Dieter & Gisela Koch
(Hrsg.)/Rahel e.V.: Abtreibung. Wer bestimmt, wer leben darf? © 2003, Koproduktion:
Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg; idea e.V. – Evangelische Nachrichtenagentur,
Wetzlar; Rahel e.V.
© 2007 R. Brockhaus Verlag Wuppertal
Umschlag: Krausswerbeagentur.de
Satz: Breklumer Print-Service, Breklum
Druck: Ebner & Spiegel, Ulm
Best.-Nr. 226.212
ISBN 978-3-417-26212-4
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INHALT
1. EINLEITUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. BETROFFENE FRAUEN ERZÄHLEN
VON IHREN ERFAHRUNGEN – TEIL 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1 DOCH, ES IST SCHLIMM! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 DIE SEELISCHEN UND KÖRPERLICHEN SCHMERZEN
SIND NOCH DA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. STÖRUNGEN IM SEELISCH-PSYCHISCHEN EMPFINDEN
NACH EINER ABTREIBUNG SIND HÄUFIG . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. BETROFFENE FRAUEN ERZÄHLEN
VON IHREN ERFAHRUNGEN – TEIL 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
FALL A: EINE FALSCHE ENTSCHEIDUNG . . . . . . . . . . . . . . . . .
FALL B: MIT DER ENTSCHEIDUNG LEBEN KÖNNEN . . . . . . . . .
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5. DER INNERE SCHMERZ DANACH … DAS ERLEBEN VON POSTTRAUMATISCHEN STÖRUNGEN NACH EINER ABTREIBUNG . . .
5.1WENN DER ABBRUCH EINER SCHWANGERSCHAFT ZUM
TRAUMA WIRD – DAS POST-ABORTION-SYNDROM (PAS) . . .
5. 5.2 VIELE SIND BETROFFEN, DENNOCH WIRD DAS
POST-ABORTION-SYNDROM KAUM BEACHTET . . . . . . . . . . .
5. 5.3 AUCH NEUERLICHE NEGATIV-ERLEBNISSE KÖNNEN
AUSLÖSER FÜR DAS POST-ABORTION-SYNDROM SEIN . . . . .
5. 5.4 UNTERSCHIEDLICHE FRAUEN – VERGLEICHBARE
ERLEBNISSE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 5.5 GRÜNDE FÜR DIE AUSPRÄGUNG DES TRAUMAS . . . . . . . . .
5.6 SEKUNDÄRE SYMPTOME DES POST-ABORTION-SYNDROMS . .
5.7 »PATHOLOGISCHE« VERARBEITUNGS- UND
VERDRÄNGUNGSPROZESSE DER BETROFFENEN . . . . . . . . .
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5. 5.8 NICHT ALLE TRAUMATISCHEN DIMENSIONEN SIND
OFFENSICHTLICH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. BETROFFENE FRAUEN ERZÄHLEN
VON IHREN ERFAHRUNGEN – TEIL 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1 DER BRIEF EINER BETROFFENEN AN DEN RAHEL E.V. . . .
6.2 ICH HABE MEIN KIND GETÖTET (VON CHRISTA HEINEL,
MITGRÜNDERIN DES RAHEL E.V.) . . . . . . . . . . . . . . . . .
7. POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNGEN (PTB) . . . . .
7.1 WIE TRAUMATISCHE ERFAHRUNGEN BETROFFENE
VERÄNDERN KÖNNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 7.2 WAS MENSCHEN NACH TRAUMATISCHEN ERFAHRUNGEN
UNBEDINGT WISSEN SOLLTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 7.3 HÄUFIGE SYMPTOME POSTTRAUMATISCHER
BELASTUNGSSTÖRUNGEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 7.3 7.3.1 DIE SYMPTOME IM EINZELNEN . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 7.3 7.3.2 KÖRPERLICHE MISSEMPFINDUNGEN . . . . . . . . . . . . .
5. 7.4 REAKTIONEN BEI POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSTÖRUNGEN
UND BEIM POST-ABORTION-SYNDROM SIND DURCHAUS
VERGLEICHBAR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8. AUCH VÄTER SIND BETROFFEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1 DER BRIEF EINES VATERS AN DEN RAHEL E.V. . . . . . . . .
9. PRÄNATALE (VORGEBURTLICHE) DIAGNOSTIK: DEFINITION,
ERFAHRUNGEN, KONSEQUENZEN (VON HARALD MÜLLER,
FACHARZT FÜR FRAUENHEILKUNDE MIT SCHWERPUNKT
PRÄNATALE DIAGNOSTIK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.1 DREI KURZE GESCHICHTEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 WARUM ES PRÄNATALE DIAGNOSTIK GIBT UND WAS MAN
DARUNTER VERSTEHT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 9.3 UNTERSCHIEDLICHE ERFAHRUNGEN MIT PRÄNATALER
DIAGNOSTIK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. 9.4 WIE MAN MIT DEN KONSEQUENZEN PRÄNATALER
DIAGNOSTIK UMGEHEN KANN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 9.5 IST EINE PROPHYLAXE GEGEN DAS POST-ABORTIONSYNDROM MÖGLICH? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. 9.6 DANKE, HERR, FÜR DEN KURZEN MOMENT MIT UNSERER
TOCHTER LEA-SOPHIE – ERFAHRUNGEN MIT PRÄNATALER
DIAGNOSTIK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10. SO FINDEN SIE IN DIE SPUR ZURÜCK . . . . . . . . . . . . . . . . .
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11. KONKRETE HILFE – BEISPIELHAFTE DARSTELLUNG ZWEIER
BERATUNGSSTELLEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11. 11.1 DER VEREIN »RAHEL E.V.« . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.1.1 Kontaktadressen des Vereins »RAHEL e.V.« . .
11. 11.2 ProVita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.2.1 Kontaktadresse von ProVita . . . . . . . . . . . . . .
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12. WEITERE ADRESSEN VON BERATUNGSSTELLEN,
DIE HILFE NACH ABTREIBUNG ANBIETEN . . . . . . . . . . . . . .
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13. EIN FRAGEBOGEN DES RAHEL E.V. FÜR BETROFFENE . . .
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1. EINLEITUNG
Die Beseitigung einer Schwangerschaft ist generell keine
Lösung, in keinem Fall aber ist sie eine ideale Lösung.
Es gibt täglich tausendfach Gründe, die es Frauen für unmöglich erscheinen lassen, »dies eine Kind« auszutragen. Die Familie, die Nachbarn, die Schule, der Partner, die Kollegen, ja einfach alle sprachen
gegen diese Schwangerschaft und gegen den Zeitpunkt, von Ausnahmen einmal abgesehen. Es gab so viele Argumente: das Geld, die Ausbildung, der Partner, der Arbeitsplatz, das Umfeld. Eine realistische
Zukunft für das Kind, für die Mutter, ja für eine eventuelle Familie hat
sich nicht erschlossen. Die Vernunft sagte damals: »Es geht nicht, es
geht einfach nicht. Du kannst dir das nicht erlauben. Du musst jetzt an
dich und dein Umfeld denken, für das Kind gibt es keine vernünftige
Perspektive. Für dich selbst gibt es nur eine Zukunft ohne das Kind.«
Aber oft, ja viel zu oft, wahrscheinlich sogar in der überwiegenden
Mehrheit der Fälle, war da auch schon diese eine leise Stimme, die
sagte: »Es ist doch mein Kind.« Sie war da, aber sie war zu leise, sie
war kaum vernehmbar. Keiner wollte sie hören, keiner hat nach ihr
gefragt, alles war viel zu laut. Genau dies berichten Frauen, wenn sie
sich einmal ein Herz genommen haben und ihr Erleben schildern.
Schwangere Frauen geben mehrheitlich an, dass sie »am liebsten
ihrem Kind eine Chance auf ein glückliches Leben schenken« würden. Wie bereits erwähnt, haben Frauen oft berichtet, dass sie gehofft
hätten, wenigstens einer würde genau diese Frage nach dem »Warum
denn eigentlich nicht?« stellen. »Warum wollen Sie das Kind eigentlich nicht austragen?« Doch keiner hat sie gestellt, diese unverzichtbare Frage, kein Einziger! Dabei wäre sie wie eine Erlösung für die
Betroffenen gewesen, zumindest beurteilen viele dies im Nachhinein
so.
Eine Frau berichtete von ihren Zweifeln, die sie zu einer der be9
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kanntesten Beratungsstellen in Deutschland trieb. Sie brauchte jemanden, der neutral und unvoreingenommen ihr zur Seite trat. Sie wollte
sich beraten lassen. Und dann stand sie kaum eine Viertelstunde später bereits wieder allein draußen auf dem Gehweg und hatte diesen
Zettel in der Hand. Dieser Schein bestätigte, dass sie sich beraten lassen hatte und eine Abtreibung nun der nächste zu vollziehende, logische Schritt sei. Sie war hilflos, auch wenn sie sich nichts anmerken
ließ.
Es war für sie, sowie überhaupt für viele, wie in einem schlechten
Film. Irgendwann musste doch das Happy End noch kommen, der
Punkt, an dem sich alles wendet. Aber dieses Happy End kam nicht.
Alleingelassen oder auch mit mehr oder weniger stichhaltigen, oft
aber auch nur fadenscheinigen Argumenten überzeugt oder gedrängt,
hat sie »es wegmachen lassen«. Viele Menschen im Umfeld haben sie
gedrängt, haben mit an der »Schicksalsuhr« gedreht, dem ungeborenen Kind das Recht auf Leben abgesprochen.
Wenn doch alle nur etwas mehr die Augen aufmachen würden, um
zu sehen …
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2. BETROFFENE FRAUEN ERZÄHLEN VON IHREN
ERFAHRUNGEN – TEIL 1
2.1 Doch, es ist schlimm!
Ich bin 29 Jahre alt und habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als ein
Kind zu haben. Und dann wurde ich schwanger. Eigentlich ungeplant,
aber sicher von mir gewollt. Ich nahm die Pille nicht regelmäßig ein und
dachte, wenn es passiert, dann soll es so sein. Aber als es dann so weit
war, sah alles anders aus.
Mein 39-jähriger Freund, der Vater des Kindes, kam überhaupt nicht
damit klar, dass ich schwanger war. Er hatte auch immer gesagt, dass er
jetzt noch keine Kinder wolle, aber irgendwann später schon.
Als ich ihm dann von der Schwangerschaft erzählte, fiel er aus allen
Wolken. Er war so kalt und gemein zu mir und meinte, ich würde sein
Leben zerstören und ich könnte doch nicht einfach diese Entscheidung
über sein Leben treffen. Und er sagte mir ganz klar, wenn ich mich für
das Kind entschiede, sei er weg. Ich konnte gar nicht mit ihm vernünftig
darüber reden. Für mich stand immer fest, dass ich niemals abtreiben
würde. Ich wollte das Kind!
Mit meiner Familie und meinen Freunden redete ich darüber und jeder sagte etwas anderes. Meine Familie war der Meinung, es sei besser,
einen Abbruch zu machen, so wie sich mein Freund verhalten habe.
Und dass ich sicher auch mit einem anderen Mann glücklich werden
und mit diesem dann eine Familie gründen könne. Meine Freunde sagten ebenfalls, dass es sicher besser sei, einen Abbruch zu machen, aber
sie sahen auch dessen Folgen und meinten, dass ich sicherlich hinterher
damit nicht klarkommen würde, wie sie mich kennen würden.
Ich ging dann, weil ich wirklich nicht mehr ein noch aus wusste, zu
einer Beratungsstelle. Die Berater zeigten mir zwar das Für und Wider,
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konnten mir die Entscheidung aber natürlich auch nicht abnehmen. Da
ich so hin- und hergerissen war, rieten sie mir dann, einen Termin für
den Abbruch zu machen und abzuwarten, ob mit dem Näherrücken des
Termins das Gefühl wachsen würde, die richtige oder die falsche Entscheidung zu treffen. Dies tat ich dann auch. Ich machte bei einer Frauenärztin den Termin für einen medikamentösen Abbruch.
Als der Termin immer näher rückte, wurde das beklemmende Gefühl
immer stärker. Ich wusste, dass ich das nicht tun konnte. Ich hatte mir
doch immer ein Kind gewünscht!
Schließlich war der Tag gekommen, an dem ich den Termin bei der
Frauenärztin hatte. Auf dem Weg dorthin war mir klar, dass ich den Abbruch nicht machen wollte. Mein Freund war mitgekommen, und als
wir im Wartezimmer saßen, musste ich die ganze Zeit weinen und
dachte: »Kann er nicht einfach sagen, dass wir das schon schaffen und
jetzt einfach wieder gehen?«
Das tat er natürlich nicht. Und als wir bei der Ärztin im Zimmer saßen, weinte ich nur noch. Sie fragte dann, ob wir denn schon ganz
sicher diese Entscheidung getroffen hätten. Mein Freund bejahte ihre
Frage, ich aber weinte und sagte Nein. Die Ärztin nahm daraufhin natürlich keinen Abbruch vor und erklärte, dass wir uns das noch einmal
gut überlegen sollten.
Ich war mir sicher, dass ich das Kind behalten wollte, und so trennten
mein Freund und ich uns. Die nächsten Tage sahen wir uns jedoch ab
und zu, da wir noch einige Dinge gemeinsam zu klären hatten. Immer,
wenn ich ihn sah, dachte ich: »Wieso kann er sich nicht doch noch anders entscheiden? Sieht er nicht, wie ich leide?« Teilweise war er auf
einmal wieder sehr lieb zu mir, obwohl er wusste, dass ich das Kind
wollte. Letztendlich blieb er aber bei seiner Entscheidung, und wir waren endgültig getrennt.
Irgendwann, nachdem ich bei ihm gewesen war, bekam ich einen
Nervenzusammenbruch im Auto. Ich musste anhalten und weinte und
schrie nur noch. Mir war bewusst geworden, dass ich alleine war! Da
machte es bei mir »klick im Kopf« und ich wollte das Kind auf einmal
nicht mehr.
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Ich dachte, alle hätten recht: Es wäre jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für ein Baby und es wäre nicht der richtige Mann. Ich wäre ohne
Mann allein gewesen, denn meine Eltern sind schon älter und krank und
hätten mir kaum helfen können. Ich hätte keine Arbeit gehabt, da ich
noch in der Probezeit war und schwanger nicht übernommen worden
wäre. Ich hätte also nicht genügend Geld gehabt, um mich und mein
Kind selbst ernähren zu können. Das Kind hätte schon früh in eine Krippe gemusst, damit ich Geld verdienen könnte. All diese Argumente, die
meine Familie und der Kindsvater mir ständig wieder vorhielten, standen mir plötzlich vor Augen und leuchteten mir ein. Und ich hatte einfach nur noch Angst. Vor allem hatte ich Angst, allein dazustehen und
niemanden zu haben, der mich wirklich unterstützt. Niemanden zu haben, der sich mit mir während der Schwangerschaft und über das Kind
freut.
Also fuhr ich am gleichen Tag nachmittags zu der Ärztin und machte
einen Termin für einen Abbruch. Ich war in der 10. Woche, somit kam
ein medikamentöser Abbruch nicht mehr infrage. Auch für einen Abbruch mit Vollnarkose war der Termin zu knapp.
Am nächsten Morgen fuhr meine beste Freundin mit mir zur Ärztin
und ich ließ mein Kind abtreiben, bei vollem Bewusstsein. Die kleine
Spritze Valium half fast gar nicht. Es tat weh, körperlich und seelisch.
Trotzdem stand ich an diesem Tag und auch die nächsten zwei Wochen
hinter meiner Entscheidung. Ich denke, ich wollte mich mit dem Geschehenen auch nicht auseinandersetzen.
Doch dann kam der Einbruch. Mit einem Mal wurde mir bewusst,
dass ich mein Kind getötet hatte! Mein erstes Kind! Ich würde niemals
wieder ein erstes Kind haben!
Es war und ist so furchtbar. Ich fühlte mich alleingelassen. Niemand
hatte mir geglaubt, wenn ich vor dem Abbruch sagte, ich hätte große
Angst vor den psychischen Folgen. Alle (vor allem meine Familie) sagten, dass es schon nicht so schlimm sei, wenn man sich da nicht reinsteigerte.
Doch, es ist schlimm! Sehr schlimm!
Ich kann heute, genau 15 Wochen nach dem Abbruch, nur sagen,
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dass ich es zutiefst bereue. Ich würde mich nie wieder so entscheiden.
Nichts wünsche ich mir jetzt mehr, als wieder schwanger zu sein. Egal
in welcher Situation ich schwanger werden würde, niemals wieder würde ich mich gegen mein Kind und für einen Abbruch entscheiden!
Es half mir sehr, im Internet von Betroffenen zu lesen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Dort bekam ich auch viele Tipps, um besser
damit fertig zu werden. So nahm ich von meinem Kind auch Abschied.
Ich gab ihm den Namen, den er (ich hatte das ganz eindeutige Gefühl,
dass es ein Junge werden würde) auch bekommen hätte, wenn er hätte
leben dürfen. Und ich habe ihn im Geiste beerdigt. Ich habe mir alles
von der Seele geschrieben und auch das Ultraschallbild von meinem
Kind zu den Seiten ins Tagebuch geklebt.
Man kann so etwas nicht verdrängen oder einfach vergessen, so wie
es einem sein Umfeld oft einreden will! Diese Menschen haben keine
solche Erfahrung gemacht. Sie wissen nicht, wie frau sich fühlt, wenn
sie ihr Kind hat töten lassen!
Darum habe ich meine Geschichte hier aufgeschrieben. Ich möchte
damit Frauen helfen, die in dieser Situation sind. Es hilft, darüber zu reden!
Und wenn ihr über einen Abbruch nachdenkt, bedenkt wirklich alle
Konsequenzen. Hätte mir ein Arzt oder eine Betroffene gesagt, dass es
tatsächlich bei den meisten Frauen zu seelischen Konflikten und Depressionen kommt, und hätte mir das meine Familie geglaubt, hätte ich
mich nie für den Abbruch entschieden.
Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen – leider geht das nicht.
Ich wünschte, mein Kind würde noch leben – leider tut es das nicht.
Ich wünschte, ich wäre wieder schwanger – leider bin ich das nicht.
Leider bin ich einfach nur leer, sehr traurig, einsam und allein.
Vergib mir, mein geliebtes Kind, dass ich nicht stark genug war.
Ich hätte mehr kämpfen müssen, für mich und vor allem für dich.
Vergib mir ... ich liebe dich und werde dich nie vergessen!
Deine Mama
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