Individuelle praktische Arbeit «Der Roboter tanzt zu Musik von Shakira, Vivaldi und Slipknot» Matthias Meyer hat im Sommer beim Technologieunternehmen Meyer Burger (Gwatt) die Lehre als Automatiker abgeschlossen. Als Teil des Qualifikationsverfahrens hat er unter dem Titel «Mensch gegen Maschine» eine Spielkonsole der besonderen Art entwickelt. Sie soll an Berufsmessen Werbung für technische Berufe machen. «Mir hat das Projekt viel Spass bereitet – weil ich gerne programmiere und weil ich meine kreative Seite einbringen konnte», sagt Matthias Meyer. Rolf Marti Sie haben im Rahmen des Qualifika tionsverfahrens (Lehrabschlussprüfung) als Automatiker ein Exponat für Berufsmessen entworfen. Titel: Mensch gegen Maschine. Worum geht es? Es geht um ein Spiel, das auch unter dem Namen «Der heisse Draht» bekannt ist. Ein Ring muss möglichst rasch entlang eines gewundenen Drahts geführt werden, ohne dass es zu einer Berührung kommt. Bei meiner Spielkonsole tritt ein Mensch gegen einen Roboter an. Wer seinen Ring schneller ohne Berührung bis ans Ende des Drahts bewegt, hat gewonnen. Das klingt simpel. Aber vermutlich stecken viel Denkarbeit und Technologie dahinter. Richtig. Zwar arbeitet die Spielkonsole mit einem gängigen Industrieroboter, also ei nem für verschiedenste Zwecke einsetzba ren Greifarm; aber dessen Programmierung war äusserst anspruchsvoll – eine Folge der vielen Anforderungen, die an die Spielkon sole gestellt wurden. Der Auftrag bestand unter anderem darin, Aufmerksamkeit zu erregen, und zwar auch dann, wenn gerade niemand spielt. Deshalb musste ich zusätz lich zum eigentlichen Spielprogramm ein Programm für die Zeit zwischen den Spie len entwickeln, sodass die Besucherinnen und Besucher angelockt werden. Dann wird das Exponat am bzi erstmals zu sehen sein? Ja, und zwar im Rahmen der bziSkills 2016. Diese Berufsschau findet vom 16. bis 18. September statt. Meyer Burger wird das Spiel aber auch an anderen Berufsmessen einsetzen, um bei Schülerinnen und Schü lern die Faszination für die Welt der Technik und den Beruf des Automatikers zu wecken. Wie sieht dieses Programm aus? Der Roboter tanzt zu Musik von Mika, Shakira, Vivaldi und Slipknot, einer MetalBand. Es war anspruchsvoll, eine stimmige Choreografie zu schreiben. Der Roboter muss sich rhythmisch bewegen und Emo tionen ausdrücken, die zur jeweiligen Mu sik passen. Ab und zu spielt der Computer eine Schnulze – was dem Roboter aber nicht gefällt. Er schüttelt dann kurz seinen Kopf, packt mit dem Greifarm eine lang haarige Miniaturperücke und beginnt, sich ekstatisch zur Musik von Slipknot zu bewe gen, wobei er das Haar heftig durch die Luft wirbelt. Ich habe also auch versucht, eine humoristische Komponente einzu bauen. Wie viel Zeit haben Sie in das Projekt investiert? Rund 600 Stunden über sechs Monate verteilt. Ich habe die Anlage geplant, auf gebaut, verdrahtet, programmiert und ge testet. Zudem habe ich das Projekt schrift lich dokumentiert und die Probleme behoben, die im Verlauf der Entwicklung auf getaucht sind. Mir hat die Arbeit viel Spass bereitet – weil ich gerne programmiere und weil ich meine kreative Seite einbringen konnte. Zudem habe ich Einblick in Berei che erhalten, die normalerweise nicht zur Ausbildung eines Automatikers gehören. Wie ist die Idee für diese Spielkonsole entstanden? Ein Berufsfachschullehrer des Bildungszentrums Interlaken bzi gelangte mit dem Anliegen an Meyer Burger, im Hinblick auf das 125-jährige Jubiläum der Schule (siehe Kasten) ein Exponat zu entwickeln, das einerseits als optischer und akustischer Blickfang für die Besucherinnen und Be sucher dient, anderseits eine Interaktion zwischen Mensch und Maschine ermög licht. Im Rahmen eines Brainstormings ent stand schliesslich die Idee für die beschrie bene Konsole. Das Projekt war zugleich Ihre «Individuelle praktische Arbeit (IPA)», also Teil der praktischen Lehrabschlussprüfung. Ziemlich viel Aufwand für eine IPA … Das stimmt, aber nicht alle Arbeiten zähl ten zur IPA – das wäre dann doch zu weit gegangen. Prüfungsrelevant war ein klar abgegrenzter Teilbereich. Wieso haben Sie sich für eine Lehre als Automatiker entschieden? Ich bin durch ein Video auf den Beruf ge stossen. Gegen Ende der Berufswahl stan den noch die beiden Berufe Automatiker und Polygraf im Fokus. Bei Letzterem hätte ich vielleicht meine kreative Seite noch stärker ausleben können. Aber letztlich gab die Möglichkeit, zugleich mit dem Kopf und den Händen arbeiten zu können, den Aus schlag für einen technischen Beruf. Sie haben die berufliche Grundbildung inklusive Berufsmaturität erfolgreich abgeschlossen. Wie geht es weiter? Ich habe eine temporäre Anstellung ge funden, um die Zeit bis zur Rekrutenschule zu überbrücken. Danach werde ich an der Berner Fachhochschule Elektro- und Kom munikationstechnik studieren. Ich möchte mich noch stärker in die Materie der Automation von Anlagen und Robotern ver tiefen. [email protected] 125 Jahre Bildungszentrum Interlaken Das Bildungszentrum Interlaken bzi fei ert dieses Jahr sein 125-jähriges Beste hen. Im Frühjahr 1891 nahm eine von lokalen Meistern gegründete Handwer kerschule ihren Betrieb auf. 20 Schüler wurden in Freihandzeichnen, 30 in tech nischem Zeichnen und 45 in Buchhal tung und Rechnen unterrichtet. Der Un terricht war freiwillig und fand am Sonntagmorgen und am Mittwochabend statt. Heute werden an vier Standorten über 2100 Lernende aus 20 Berufen unter richtet. Das bzi beschäftigt 225 Mitarbeitende. Das Jubiläum wird mit verschiedenen öffentlichen Anlässen begangen. Dazu gehören die bziSkills (16. bis 18. September): Sechs Berufsfelder und mehrere Betriebe stellen sich und ihre Berufe vor, Lernende messen sich im Rahmen von Wettkämpfen. Informationen zum Jubiläum und zu den bziSkills: www.bzi.ch «espace einsteiger» ist eine Dienstleistung der Espace Media AG und des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Bern und wird in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern realisiert: BEKB | BCBE (www.bekb.ch) • Die Schweizerische Post, Berufsbildung (www.post.ch/lehrstellen oder 0848 85 8000) • Berufsbildung Bundesverwaltung (www.epa.admin.ch/dienstleistungen/lehrstellenangebote) • Meyer Burger AG (www.meyerburger.com)
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