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03.08.2016 - Fachanwälte und Rechtsanwälte ANDRESEN RECHTSANWÄLTE
Bürgerbeteiligung im EEG 2017: Privilegien für
Bürgerenergiegesellschaften aber kein einheitlicher
Rahmen für die Bürgerbeteiligung
Dr. Alexander Mahlke, Rechtsanwalt & Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Das EEG 2017 regelt als Bundesgesetz die finanzielle Förderung von Anlagen, die aus regenerativen Quellen
Energie gewinnen. Mit der Umstellung des Vergütungssystems auf das so genannte Ausschreibungsmodell werden
nun erstmals spezielle Regelungen für Bürgervorhaben geschaffen. Anlass für diese Regelungen ist, dass der
Systemwechsel weg von den garantierten Einspeisevergütungen hin zu einem Gebotssystem, bei dem das
preisgünstigste Angebot einen Zuschlag erhält, kleine und mittlere Akteure besonders belastet. Denn diese können,
anders als große Vorhabenträger, die mit dem Ausschreibungssystem verbundenen zusätzlichen Kosten und Risiken
nicht auf zahlreiche Vorhaben verteilen und würden daher besonders unter dem Systemwechsel leiden. Die
negativen Auswirkungen des Systemwechsels sollen daher für Bürgerwindvorhaben abgemildert werden.
Privilegierte Bürgerenergiegesellschaften
Im EEG 2017 werden nun erstmals Bürgerenergiegesellschaften definiert. Eine Bürgerenergiegesellschaft ist eine
Gesellschaft, die aus mindestens zehn natürlichen Personen als stimmberechtigten Mitgliedern oder
stimmberechtigten Anteilseignern besteht, bei der mindestens 51 Prozent der Stimmrechte bei natürlichen
ortsansässigen Personen liegen und bei der kein Mitglied oder Anteilseigner mehr als 10 Prozent der Stimmrechte
an der Gesellschaft hält. Bürgerenergiegesellschaften sind bei der Ausschreibung privilegiert: Sie können Gebote für
bis zu sechs Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von insgesamt bis zu 18 Megawatt abgeben, ohne
dass sie im Besitz einer BImSchG-Genehmigung sein müssen und sie erhalten einen Zuschlag in Höhe des höchsten
noch bezuschlagten Gebots des Gebotstermins, an dem sie ihr Gebot abgeben. Bei Abgabe des Gebots müssen sie
allerdings ein Gutachten über den zu erwartenden Stromertrag vorlegen, die Anzahl der an dem Standort geplanten
Anlagen angeben und durch Eigenerklärung nachweisen, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Gebotsabgabe
die Anforderungen an eine Bürgerenergiegesellschaft erfüllt und dass weder die Gesellschaft noch eines ihrer
stimmberechtigten Mitglieder binnen 12 Monaten vor der Gebotsabgabe einen Zuschlag für Windenergieanlagen an
Land erhalten hat und dass die Gesellschaft Eigentümerin der Standort-Fläche ist oder dass das Gebot mit
Zustimmung des Eigentümers abgegeben wird.
Auch Bürgerenergiegesellschaften haben Sicherheit zu leisten (§§ 31 und 36a EEG 2017), jedoch beträgt die bei
Gebotsabgabe zu leistende Erstsicherheit 15,00 Euro je Kilowatt zu installierender Leistung und die
Zweitsicherheit, die im Falle eines Zuschlags innerhalb von zwei Monaten nach Erteilung der BImSchGGenehmigung zusätzlich zu leisten ist, noch einmal 15,00 Euro je Kilowatt zu installierender Leistung der
genehmigten Anlage. Die 30-monatige Frist gemäß § 36e Absatz 1, nach deren Ablauf der Zuschlag erlischt, wenn
bis dahin keine Inbetriebnahme erfolgt ist, verlängert sich für den Zuschlag an Bürgerenergiegesellschaften um 24
Monate.
Den Zuschlag kann die Bürgerenergiegesellschaft indessen nur dann erhalten, wenn die Gemeinde, in der die
geplante Windenergieanlage errichtet werden soll oder eine kommunale Gesellschaft dieser Gemeinde eine
finanzielle Beteiligung von 10 Prozent an der Bürgerenergiegesellschaft hält oder eine solche Beteiligung angeboten
worden ist. Anders als bei herkömmlichen Gesellschaften kann eine Bürgerenergiegesellschaft ein nicht
standortgebundenes Gebot abgeben, eine Bindung besteht lediglich bezogen auf den Landkreis. Diese Lockerung
ist dem Umstand geschuldet, dass Bürgerenergiegesellschaften bereits bieten können, wenn sie noch keine
standortgebundene BImSchG-Genehmigung innehaben.
Verpasste Chance: Schaffung von bundeseinheitlichen Standards
Die mit Blick auf das BüGembeteilG M-V erhoffte Vereinheitlichung der Vorschriften für Bürgervorhaben ist leider
nicht erfolgt. Vielmehr sind die Regelungen des EEG 2017 von dem Bemühen getragen, die negativen
Auswirkungen des Systemwechsels punktuell zu reduzieren. Auch das gelingt aber nicht in ausreichendem Maße.
Zu kritisieren ist bereits die enge Definition der Bürgerenergiegesellschaft. Zahlreiche heute bereits existierende
Bürgerwindgesellschaften erfüllen die Voraussetzungen nicht, da beispielsweise weniger als zehn natürliche Personen
beteiligt oder nicht alle Personen ortsansässig sind. Begrüßenswert ist der Ansatz, Bürgervorhaben von dem
Erfordernis der materiellen Präqualifikation auszunehmen und eine Vergütung zu garantieren. Sicher kalkulieren
kann eine Bürgergesellschaft aber dennoch nicht, denn die garantierte Vergütung beläuft sich zwar auf die Höhe des in
der jeweiligen Ausschreibungsrunde noch bezuschlagten Höchstgebots, aber niemand kann vorab sagen, wie hoch
dieses ausfällt. Vor dem Hintergrund, dass Bürgerenergiegesellschaften für das Gebot noch keine BImSchGGenehmigung haben müssen, ist es konsequent, dass die Umsetzungsfrist zugunsten solcher Vorhaben um 24
Monate verlängert worden ist. Damit beträgt die Umsetzungsfrist bei Bürgerenergiegesellschaften nicht 30, sondern
54 Monate.
Dr. Alexander Mahlke, Rechtsanwalt Fachanwalt für Verwaltungsrecht
http://www.apraxa.de/recht/verwaltungsrecht/692/b%25C3%25BCrgerbeteiligung_im_eeg_2017%253A_privilegien_f%25