Jahresbericht 2015 - Ministerium für Ländlichen Raum und

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Jahresbericht 2015
ÜBERWACHUNG
LEBENSMITTEL · BEDARFSGEGENSTÄNDE · KOSMETIKA
TRINKWASSER · FUTTERMITTEL
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Jahresbericht 2015
ÜBERWACHUNG
LEBENSMITTEL
BEDARFSGEGENSTÄNDE
KOSMETIKA
TRINKWASSER
FUTTERMITTEL
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TEIL I VORSPANN
G R U S S WO RT D E S M I N I ST E R S
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TEL-, TRINK WASSER,- FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
Liebe Verbraucherinnen
und Verbraucher,
in Baden-Württemberg wird der Verbraucherschutz bei
Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten wie
Kleidung, Kosmetik und Spielzeug großgeschrieben.
Deshalb hat die Landesregierung bereits seit 2010 die
Lebensmittelüberwachungsbehörden im Land laufend
personell verstärkt und 2015 mit dem neuen Landeskontrollteam Lebensmittelsicherheit (LKL BW) ein interdisziplinäres Team eingerichtet, um die zuständigen
Behörden in ihrer Arbeit durch weitere Expertinnen und
Experten zu unterstützen.
die Überwachung von Bedarfsgegenständen, kosmetischen Mitteln und Tabakerzeugnissen in das für die Marktüberwachung zuständige Vor-Ort-Regierungspräsidium
Tübingen einzugliedern. Wir stärken und bündeln also
unsere Ressourcen im gesundheitlichen Verbraucherschutz. So können wir die Herausforderungen der modernen
Lebensmittelwirtschaft – seien es globale Handelsströme
oder regionale Herkünfte – auch weiterhin gut bewältigen
und das hohe Verbraucherschutzniveau im Land gewährleisten.
Unsere Lebensmittelüberwachungsbehörden überprüfen
risikoorientiert die gesamte Lebensmittelkette vom Feld
über den Stall bis auf den Teller. Sie überwachen dort
gezielt, wo sie Schwachstellen vermuten, und sie überprüfen die Wirksamkeit der betrieblichen Eigenkontrollen.
Die beachtliche Jahresbilanz bei der Überwachung von
Lebensmitteln, Trinkwasser, Futtermitteln und Lebensmittelkontaktmaterialien ebenso wie von Bedarfsgegenständen, kosmetischen Mitteln und Tabakerzeugnissen
zeigt eindrucksvoll die große Bandbreite an Aufgaben im
Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Der
Jahresbericht der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung trägt zur Transparenz in diesem wichtigen Bereich
bei. So informieren wir die Öffentlichkeit einmal im Jahr
umfassend über die Aktivitäten der Überwachung.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der amtlichen
Lebensmittel-, Trinkwasser- und Futtermittelüberwachung
in Baden-Württemberg haben auch im vergangenen Jahr
hervorragend zum Wohle aller Verbraucherinnen und
Verbraucher gearbeitet. Ich möchte mich an dieser Stelle
für ihr großes Engagement und ihre hervorragende Arbeit
bedanken.
Die amtliche Lebensmittelüberwachung ist aktiver Verbraucherschutz mit langer Tradition. Die Landesregierung
wird die zuverlässige Arbeit der amtlichen Veterinär- und
Lebensmittelkontrolle auf allen Stufen der Lebensmittelherstellung noch weiter stärken und den begonnenen
Ausbau weiter fortsetzen. Darüber hinaus ist vorgesehen,
die bestehenden überregionalen Kontrollteams und Stabsstellen zu einer effektiven Einheit zusammenzuführen und
Ihnen, liebe Verbraucherinnen und Verbraucher, wünsche
ich eine interessante und kurzweilige Lektüre des Jahresberichts 2015 „Überwachung von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika, Trinkwasser und Futtermitteln“.
Peter Hauk MdL
Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Baden-Württemberg
Stuttgart, im Juli 2016
5
IVorspann
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S
TE I L I VO R S PA N N
Sagt das Etikett die Wahrheit?
48
V Futtermittel
Sagt das Etikett alles?
48
Themenübersicht89
Inhaltsverzeichnis6
Fremdwasser in Geflügelfleisch?
49
Futtermittelüberwachung Zusammenfassung: Highlights und Sorgenkinder 8
Was ist die LMIV?
51
Übersicht90
Nicht besonders super
52
Schlank und fit mit Pillen?
53
Cross-Compliance-Kontrollen
Futtermittelsicherheit91
Auf Spurensuche …
54
Grußwort des Ministers
5
II Betriebskontrollen und Vollzug
90
Wenn es schnell gehen muss: RASFF
91
Radioaktivität54
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
93
14
Pflanzenschutzmittelrückstände
und organische Kontaminanten
Höchstgehaltsüberschreitungen
von Pflanzenschutzmitteln
94
im Verbraucherschutz 15
Tierarzneimittelrückstände57
Dioxine und PCB
95
Schwerpunkt FORUM Ernährung
17
Gentechnik und Lebensmittel
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
18
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten 59
Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärung
von Belastungen in Lebensmitteln
97
Zahlen und Fakten
18
Herstellungsbedingte Kontaminanten
62
Pharmakologisch wirksame Stoffe
97
20
Mykotoxine und Biotoxine
62
Gentechnisch veränderte Futtermittel
99
Schädlinge23
Was ist drin?
68
Radiochemische Untersuchungen
100
Fehlende Sauberkeit
23
Allergene in Lebensmitteln
68
Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern
100
Zusammenarbeit von Behörden
28
2015 – Kein gutes Jahr für Olivenöl-Freunde
69
Zusammenarbeit auch mit den Betrieben
29
Insekten – igitt oder lecker?
70
Internethandel31
Wie kommt Bisphenol F in Senf?
71
Kennzeichnung32
Non-Food – auch ein Thema
der Lebensmittelüberwachung
72
Themenübersicht13
Einleitung14
Das LKL-BW – neue Wege bei der Kontrolle im Land
55
AkadVet – Garant für die Qualifikation des Personals
Schulungen und Beratungen
Verschiedenes33
58
Wo steht was ?
I Vorspann
5
II Betriebskontrollen und Vollzug
13
Veränderungen in der Laborlandschaft in
Baden-Württemberg – Eine Ära geht zu Ende 101
IIIUntersuchungen
37
Zusammenfassung102
IVTrinkwasser
75
VFuttermittel
89
Glossar
Erfreuliches35
Kurioses36
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TEL-, TRINK WASSER,- FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
Abkürzungsverzeichnis103
IV Trinkwasser
Größenvergleich von Konzentrationsangaben 104
Themenübersicht75
Trinkwasserüberwachung76
IIIUntersuchungen
Lebensmittel, Kosmetische Mittel,
Bedarfsgegenstände und Tabakwaren
Themenübersicht37
Untersuchungsergebnisse:
6
Übersicht in Zahlen
38
Achtung: Gesundheitsgefahr!
41
Informationen rund ums Trinkwasser
76
Flüchtlingswelle 2015 – Auswirkungen auf
die Trinkwasserüberwachung
77
Umsetzung der umfassenden Untersuchung für dezentrale kleine Wasserwerke
78
Radioaktivität im Trinkwasser
80
Krankmachenden Lebensmittelkeimen auf der Spur 42
Trinkwasseruntersuchung82
Achtung: Gefahr beim Verschlucken
45
Mikrobiologische Untersuchungen
83
Tödliches Gartengemüse
46
Chemische Untersuchungen
86
Gefährliche Haarglätter
47
Strahlend weiße Zähne – nicht ungefährlich
48
Impressum107
7
Zahlen aus der
Lebensmittelüberwachung
Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken durch Lebensmittel und
Gegenstände des täglichen Bedarfs und vor Täuschung zu
schützen. Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle der
Kontrolle“, das heißt, sie überwacht die Wirksamkeit der betrieblichen Eigenkontrollen. Dies erfolgt über risikoorientierte Betriebskontrollen und zielgerichtete Probenahmen mit
wechselnden Untersuchungsschwerpunkten.
Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den einzelnen Betrieben leiten sich aus den jeweiligen Risikobeurteilungen ab. Vorbildlich geführte Betriebe, die
in der Risikobewertung niedrig eingestuft werden, müssen
seltener kontrolliert werden als solche, in denen Mängel festgestellt wurden.
Highlights
und Sorgenkinder 2015
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Bis zu
15.000 E
32 %
der untersuchten
Olivenöle mussten zum Beispiel
wegen schlechter Qualität beanstandet
werden.
betrugen die Geldstrafen, die im Rahmen von Strafverfahren verhängt werden mussten.
Aktuell sind in Baden-Württemberg 234.840 Betriebe registriert. Im Jahr 2015 fanden insgesamt 118.678 Kontrollbesuche statt, bei denen 81.864 Betriebe ein- oder mehrmals
überprüft wurden. In 23.570 Betrieben, das heißt, bei 28,8 %
der kontrollierten Betriebe (Vorjahr: 27,9 %), wurden insgesamt 42.175 Verstöße festgestellt.
Zur Ahndung der Verstöße wurden im Jahr 2015 insgesamt
425 Strafverfahren und 2.473 Ordnungswidrigkeitsverfahren
eingeleitet, die zu 1.710 Bußgeldbescheiden und zu 4.468
Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld führten.
1.021 Betriebe mussten aufgrund der dort herrschenden unhygienischen Umstände zum Schutz der Verbraucher sofort
geschlossen werden.
Die zielgerichtete Probenahme umfasste insgesamt 48.016
Proben, die chemisch, physikalisch und mikrobiologisch
untersucht sowie auf Kennzeichnungsmängel überprüft wurden. Das waren 41.626 Lebensmittel (16,8 % beanstandet), 2.042 kosmetische Mittel (13,4 % beanstandet), 2.302
Bedarfsgegenstände (21,6 % beanstandet), 343 Tabakerzeugnisse (12,0 % beanstandet) und 35 sonstige Produkte
(20,0 % beanstandet), die zum Beispiel wegen der möglichen
Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln überprüft wurden. Als gesundheitsschädlich beurteilt
wurden insgesamt 103 Proben von Lebensmitteln und kosmetischen Mitteln beziehungsweise Bedarfsgegenständen,
dies entspricht einem Anteil von 0,21 % aller Proben. Gründe
für diese Beurteilung waren bei Lebensmitteln, ähnlich wie in
den Vorjahren, hauptsächlich pathogene Keime (z. B. Listeria
monocytogenes, Salmonellen, verotoxinbildende Escherichia
coli), mikrobiell verursachte toxische Eiweißabbauprodukte
(Histamin), scharfkantige Fremdkörper sowie Verunreinigungen mit Säure, Lauge oder Lösungsmitteln. Bei den Kosmetika
wurden beispielsweise Anti-Cellulite-Cremes wegen hoher
Gehalte an Coffein sowie bei Bedarfsgegenständen Lederbe8
w
◆
1.668
Weine wurden
im Rahmen der
amtlichen Überwachung überprüft.
16
Proben von
Lederbekleidung
wurden wegen
erhöhter Chrom-VI-Gehalte als
gesundheitsschädlich beurteilt.
◆
◆
Bis zu
27 µg/kg
und damit mehr als das
5-fache der zulässigen
Höchstmenge des krebserregenden Schimmelpilzgiftes Aflatoxin B1 wurden in Proben von
zerkleinerten Haselnüssen festgestellt.
5
von insgesamt
17 Proben Haarglättungsmittel
mussten wegen erhöhter Gehalte an
freiem Formaldehyd als nicht sicher für
die menschliche Gesundheit beurteilt
werden.
ZU S A M M E N FA S SU N G
JA H R E S B E R I C H T 2015
TEIL I VORSPANN
LEBENSMIT TEL-, TRINK WASSER,- FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
kleidung wegen Chrom (VI)-Gehalten als gesundheitsschädlich
beurteilt. Außerdem wurden 14.949 Proben im Rahmen des
Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft, bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier
und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe überprüft
werden, sowie 1.506 Proben auf Radioaktivität und 5.585
Proben im Rahmen der Trinkwasserüberwachung untersucht.
Zahlen aus der
Futtermittelüberwachung
Die amtliche Futtermittelkontrolle erfolgt − analog der Lebensmittelüberwachung − risikoorientiert. Sie versteht sich als Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrolle mit dem Ziel einer hohen
Futtermittelsicherheit.
Im Jahr 2015 wurden 1.265 Betriebe kontrolliert, in denen
Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden; 39 Unternehmen (3,1 %) wurden mit Verfahren
belegt. Weiterhin wurden insgesamt 1.041 Futtermittelproben gezogen und vielfältig untersucht, zum Beispiel auf unerwünschte oder verbotene Stoffe, aber auch auf qualitätsbestimmende Inhaltsstoffe oder Zusatzstoffe. Von den untersuchten
Proben entsprachen 121 (11,6 %) nicht den Vorschriften.
Im Brennpunkt
Das LKL-BW – neue Wege bei der
Kontrolle im Land
Auf Beschluss des Ministerrates wurde 2015 eine landesweit
tätige und interdisziplinär zusammengesetzte Kontrolleinheit
in Baden-Württemberg gegründet, das Landeskontrollteam
Lebensmittelsicherheit (LKL-BW). Bei der Aufklärung und
Bewältigung von Krisenfällen, bei schwierigen Kontrollen
und komplexen Fragestellungen soll es die Lebensmittelüberwachungsbehörden unterstützen. Auch Kontrolltätigkeiten an den Schnittstellen verschiedener Rechtsbereiche,
zum Beispiel Lebensmittel – Futtermittel sollen mithilfe des
LKL-BW besser vernetzt werden. Anfang Oktober 2015 hat
das Kontrollteam seine Arbeit aufgenommen, es wird im Lauf
des Jahres 2016 personell noch weiter aufgestockt. Erste
Projekte sind die Überprüfung des Hygienestatus und des
Eigenkontrollkonzepts in Großbäckereien sowie die Rückverfolgbarkeit und Zuverlässigkeit der Auslobung von Lebensmitteln regionaler Herkunft aus Baden-Württemberg.
Infoveranstaltungen für Verantwortliche
von Vereins- und Straßenfesten
Auf großes Interesse stießen Infoveranstaltungen, die für
Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten organisiert
9
wurden. Pressemeldungen und Medienberichte rund um
die seit Ende 2014 geltende Lebensmittelinformationsverordnung hatten viele Gewerbetreibende, besonders aber
auch Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten, verunsichert. Die größten Bedenken waren, ob es zukünftig
für einen Verein mit überwiegend lebensmittelrechtlichen
Laien überhaupt noch möglich sein würde, ein öffentliches
Vereinsfest, zum Beispiel einen Basar oder ein Straßenfest,
durchzuführen. Die Referenten erklärten, wie die Kennzeichnungsverpflichtungen durch Laien ausreichend, aber
nicht zu kompliziert umgesetzt werden können. Selbstverständlich wurden in den Veranstaltungen auch wichtige
Informationen zur Lebensmittelhygiene vermittelt.
Das gehört nicht in Lebensmittel
Fremdkörper in Lebensmitteln stellen ein erhebliches Sicherheitsproblem dar. Sie gelangen entweder durch die
Rohwaren oder beim Produktionsprozess in die Lebensmittel. Ein großer Teil der Rückrufe von Lebensmitteln erfolgt
wegen enthaltener Fremdkörper; diese sind nicht nur ekelerregend, sondern meist auch geeignet, die Gesundheit der
Verbraucher zu schädigen. Die Suche nach der Herkunft
eines Fremdkörpers gestaltet sich meist schwierig und erfordert nicht selten detektivischen Spürsinn und technisch
aufwendige Nachuntersuchungen. Bei der Lebensmittelüberwachung gehen regelmäßig Verbraucherbeschwerden ein, wenn in Lebensmitteln etwas gefunden wird, was
dort mutmaßlich nicht hineingehört. Fremdkörper aus Glas,
Metall, Kunststoff oder Holz, aber auch Knochenstücke und
Steine, die beim Verzehr aufgrund der Form und Größe zu
Verletzungen führen können, wurden von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Lebensmitteln gefunden. Kurios
war der Fund einer „Kröte im Spinat“, über den auch in
einem kurzen Internetbeitrag berichtet wurde.
Tödliches Gartengemüse
Schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen traten bei
einem älteren Ehepaar mutmaßlich infolge des Verzehrs
eines Zucchinigerichts auf; eine Person ist sogar verstorben. Bei der Untersuchung der entsprechenden Verdachtsprobe hat das CVUA Stuttgart erhebliche Gehalte
an giftigen Cucurbitacinen nachgewiesen, eine Gruppe
toxischer Stoffe, die von verschiedenen Kürbisgewächsen
natürlicherweise gebildet werden können. Cucurbitacine
verursachen einen stark bitteren Geschmack und können
Lebensmittelvergiftungen hervorrufen. In seltenen Fällen
wurden bereits Vergiftungen mit tödlichem Verlauf beschrieben. Das in der Probe festgestellte Muster an Cucurbitacinen sowie deren Gehalte waren typisch für bittere
Zucchini. Das BfR hat daraufhin diesen und weitere in
Bayern aufgetretene Fälle bewertet und empfiehlt, einen
ungewöhnlich bitteren Geschmack als Warnzeichen zu
deuten, dass derartige Zucchini nicht zum Verzehr geeignet sind.
10
TEIL I VORSPANN
ZU S A M M E N FA S SU N G
Strahlend weiße Zähne –
nicht ungefährlich
Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee –
weiter Handlungsbedarf
Keine strahlende Bilanz ergab das Untersuchungsprogramm von Zahnbleichmitteln: Mehr als ein Drittel der
Proben waren zu beanstanden. Ein über das Internet erhältliches Produkt, welches mit einer stark wasserstoffperoxidhaltigen Gelschicht belegt war, musste sogar als nicht
sicher für die menschliche Gesundheit beurteilt werden.
Denn ohne ärztliche Betreuung besteht bei der Anwendung ein erhöhtes gesundheitliches Risiko, besonders bei
Verletzungen des Zahnfleisches oder der Mundschleimhäute, aber auch bei ständigem Genuss von Alkohol und
Tabak. Wasserstoffperoxid kann das durch Tabakkonsum
oder Alkoholmissbrauch erhöhte Risiko, Krebs im Mundraum zu entwickeln, weiter erhöhen. Auf der Verpackung
wurden dagegen Raucher und Weintrinker besonders
angesprochen beziehungsweise die Anwendung speziell
bei dieser Personengruppe empfohlen. Gerade hier sollte
doch besondere Vorsicht für die Anwendung gelten.
Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertees stellen weiterhin ein
ernstzunehmendes Problem dar. Dies zeigen die Ergebnisse der Untersuchungen aus 2015. Alle festgestellten
Gehalte liegen zwar weit unter der Schwelle für akute Gesundheitsbeschwerden oder gar Vergiftungen. Allerdings
wurde beispielsweise die maximal empfohlene Tageszufuhr für Kinder durch eine Tasse bei 43 % der untersuchten
Kräutertees überschritten, darunter unter anderen Kamillen-, Melissen- und Pfefferminztees.
Nachdem im Jahr 2013 das Problem bekannt wurde, hat die
Lebensmittelwirtschaft bereits große Anstrengungen unternommen, Gehalte dieser natürlichen Pflanzeninhaltsstoffe mit
gesundheitsschädigendem Potenzial in Kräutertees zu minimieren. Da jedoch weiterhin Handlungsbedarf besteht, hat die
Lebensmittelüberwachung jetzt eine Vorgehensweise abgestimmt und die Lebensmittelwirtschaft darüber informiert.
Holpriger Start: Allergenkennzeichnung in Restaurants und Kantinen
Das „Super Food“ Moringa –
nicht besonders super
Kontrollen in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung, wie
Restaurants, Kantinen und Imbissen sollten zeigen, ob die
neuen Kennzeichnungsregelungen bei offen, das heißt unverpackt abgegebenen Lebensmitteln korrekt umgesetzt
worden sind. In einem umfangreichen Untersuchungsprogramm wurden die angebotenen Gerichte beprobt und auf
allergene Bestandteile untersucht. Anschließend wurde mit
der Allergenkennzeichnung verglichen, die die Kontrolleure
im Betrieb angetroffen haben. Die Ergebnisse zeigten, dass
häufig noch Verbesserungsbedarf besteht: Bei 40 % der
untersuchten Proben war die Allergenkennzeichnung noch
nicht oder nicht korrekt vorgenommen worden.
Auch über Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung hinaus
wurden noch zum Jahresende 2015 Betriebe angetroffen,
denen die Verpflichtung zur Kennzeichnung nicht bekannt
war, darunter auch Handwerks- und Einzelhandelsbetriebe.
Moringa liegt zusammen mit anderem angeblichem „Superfood“ voll im Trend. Die getrockneten, pulverisierten Blätter
des Moringabaumes sollen über das morgendliche Müsli
gestreut oder als sogenannter „Smoothie“ zubereitet werden. Das Fazit der Untersuchungen von Moringa-Blattpulver-Präparaten war ernüchternd: Salmonellen waren
nachweisbar und Pestizid-Höchstgehalte wurden häufig
überschritten. Zudem wies die Kennzeichnung der Produkte, zum Beispiel wegen irreführender Angaben, fast durchweg Mängel auf.
Schimmelpilzgifte – zerkleinerte
Haselnüsse verstärkt betroffen
Möglicherweise auf Engpässe auf dem Weltmarkt zurückzuführen sind deutlich erhöhte Belastungen mit Aflatoxinen, vor allem bei zerkleinerten Haselnüssen. Aflatoxine,
besonders Aflatoxin B1, gelten als stark krebserregend. Bei
Proben von „zerkleinerten“ Haselnüssen (geröstet, gehackt,
gemahlen) waren im Jahr 2015 die Belastungshäufigkeit,
die mittlere Belastung sowie die Zahl an Höchstmengenüberschreitungen deutlich höher als im Jahr 2014.
Bei ganzen Haselnüssen war die Belastung durch Aflatoxine vergleichsweise gering. Die Resultate der Proben von
„zerkleinerten“ Haselnussprodukten bestätigen die langjährige Erfahrung, dass diese Produkte häufiger belastet sind
als „ganze“ Haselnüsse. Die Daten deuten darauf hin, dass
für die Herstellung der zerkleinerten Ware Rohstoffe eingesetzt werden, die qualitativ weniger hochwertig sind als
ganze Früchte.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TEL-, TRINK WASSER,- FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
betroffen. Auch hatten Wasserversorger und Hersteller
jeweils schnell reagiert und entsprechende Maßnahmen
ergriffen. Die Untersuchungen werden in sensiblen Einrichtungen weitergeführt.
Vorbeugender Verbraucherschutz:
Untersuchungen auf Chlorat und
Chrom-VI im Trinkwasser
Mit ebenfalls umfangreichen Untersuchungen wurden
neue Erkenntnisse zu möglicherweise problematischen
Stoffen in Trinkwasser gewonnen: Über das Vorkommen
von Rückständen an Chlorat hat die baden-württembergische Überwachung 2014 erstmals berichtet. Chlorat
kann über chlorhaltige Reinigungs- und Desinfektionsmittel in das Trinkwasser gelangen. Mit der nun vorliegenden
toxikologischen Sicherheitsbewertung der Europäischen
Behörde für Lebensmittelsicherheit ist eine Bewertung der
Befunde möglich. In den meisten Trinkwasserproben liegt
der Gehalt an Chlorat unterhalb der tolerierbaren täglichen
Aufnahmemenge, allerdings gibt es in Einzelfällen doch
deutliche Überschreitungen. Die Untersuchungen haben
gezeigt, dass es geeignete Minimierungsmöglichkeiten
durch den Wasserversorger gibt.
Anders ist die Situation bei Chrom-VI, das aufgrund einer
toxikologischen Neubewertung als krebserregend eingestuft wurde: Die Untersuchungen zeigten, dass der jetzt
durch das Umweltbundesamt vorgeschlagene Leitwert
in knapp 30 % der Trinkwasserversorgungsgebiete überschritten wurde. Eine Reduzierung des sehr wahrscheinlich geogen bedingten Vorkommens von Chrom-VI unter
den vorgeschlagenen Leitwert ist entweder technisch
aufwendig und/oder kaum wirtschaftlich betreibbar. Allerdings weist das Umweltbundesamt zum Verständnis des
vorgeschlagenen Leitwertes explizit darauf hin, dass von
Bakterien in neuen Wasserzählern
◆
Aus Norddeutschland wurde im Jahr 2014 bekannt, dass
Wasserzähler verschiedener Hersteller mit dem Bakterium
Pseudomonas aeruginosa belastet sein können. Beispielsweise konnte dort ein Kindergarten wegen des Nachweises des Keims nicht planmäßig in Betrieb genommen
werden. P. aeruginosa wird immer wieder als Ursache von
Infektionen in medizinischen Einrichtungen, insbesondere Krankenhäusern, aber auch in Pflegeheimen, genannt.
Kontaminiert wurden die Zähler entweder beim Kalibrieren
durch Fachfirmen oder durch falsche Lagerung. Als Konsequenz überprüfte die Trinkwasserüberwachung in BadenWürttemberg sensible Einrichtungen wie Krankenhäuser
und Altenpflegeeinrichtungen. Erfreulicherweise waren nur
wenige Trinkwasserinstallationen von einer Verkeimung
◆
11
LEBENSMIT TEL-, TRINK WASSER,- FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
aufgeregte Botschaft: „Sie kommet doch net heut oder
morga? Bei uns isch nämlich grad der Boiler verreckt ond
mir hend koi Zeit für da Kundadienscht. Sie kommet doch
bestimmt net glei, oder?“
Teil II
Betriebskontrollen
und Vollzug
JA H R E S B E R I C H T 2015
wissenschaftlicher Seite derzeit kein „wahres" Risiko und
daher auch kein „wahrer" Grenzwert für Chrom-VI ermittelt
werden kann. Die Untersuchungen werden im Jahr 2016
fortgesetzt, um ein möglichst vollständiges Bild über die
Belastungssituation des Trinkwassers in Baden-Württemberg durch Chrom-VI zu erhalten.
TEIL I VORSPANN
Kirchenasyl?
Veränderungen in der Laborlandschaft
in Baden-Württemberg – Eine Ära geht
zu Ende
Die Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der
Universität Hohenheim (LA Chemie) hat viele Jahrzehnte
Aufgaben der amtlichen Futtermitteluntersuchung wahrgenommen. Die Uni Hohenheim hat jetzt beschlossen, ihre
Analytik neu auszurichten und zu bündeln. Dabei spielt die
LA Chemie eine maßgebliche Rolle. Bestehende Aufgaben
im Bereich der amtlichen Futtermitteluntersuchung kann
die LA Chemie nach der Neuausrichtung daher nicht mehr
wahrnehmen. Die Landesaufgaben hat mit Beginn des Jahres 2016 das LTZ Augustenberg übernommen. Die damit
verbundene weitgehende Konzentration der Futtermitteluntersuchungen an einer Stelle soll zu einer verbesserten Koordinierung und auch wirtschaftlicheren Probenbearbeitung
beitragen. Die Regierungspräsidien und das MLR bedanken
sich für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit
der LA Chemie. Als Brücke zwischen Wissenschaft, Verwaltung und landwirtschaftlicher Praxis stand sie dem Land
als wertvoller Berater sowohl bei analytischen als auch bei
wissenschaftlichen Fragen, in nationalen und internationalen Gremien und bei der Beurteilung von Gesetzesvorhaben
zur Verfügung. Immer wieder war sie auch gefragt bei der
Aufklärung von Schadensfällen.
Betriebskontrollen und Vollzug
der Lebensmittelüberwachung
◆
Anfang August wurde eine Kontrolle beim Kirchenfest in einer Kreisgemeinde durchgeführt. Bei seiner Ankunft, so berichtete der Lebensmittelkontrolleur humorvoll, flüchteten
alle an der Ausgabe von Lebensmitteln beteiligten Personen in die Kirche. Der Lebensmittelkontrolleur musste geraume Zeit warten. Die Flucht war insofern begründet, als
er keine Handwaschgelegenheit vorfand. Das einzige, was
zur Verfügung stand, war Weihwasser. Dem Mangel wurde
umgehend abgeholfen und so konnte die Feier beginnen.
„Meisterbäcker?“
Kurioses und Unappetitliches
Kontrolle abbestellt
Die Lebensmittelkontrolle hat einen Lebensmittelbetrieb
„wegen extremer Sparsamkeit“ in der Risikoanalyse „hoch“
eingestuft. Dieser musste deshalb bis auf Weiteres vierteljährlich mit Kontrollen rechnen. Hauptursache waren Hygienemängel im Betrieb und defekte Geräte. So war die
einzige, uralte Spülmaschine seit Monaten praktisch funktionsunfähig, der Boiler zur Warmwasserbereitung für die
Personaltoiletten ging in regelmäßigen Abständen kaputt,
ebenso der Ablauf des Kondenswassers im Kühlraum –
meist ausgerechnet kurz vor einer Kontrolle. Im Februar
2015 war dem Betreiber klar, dass die nächste Kontrolle
unmittelbar bevorstehen müsste. Deshalb wurde mehrfach
versucht, den zuständigen Lebensmittelkontrolleur auf seinem Privathandy zu kontaktieren und auch im Dienst zu
erreichen. Als dies endlich gelungen war, erreichte ihn die
12
Fast ein Jahr lang führte ein Bäcker einen Betrieb mit 2
Filialen. Er war weder im Besitz eines Gesellenbriefes noch
hatte er die Meisterprüfung abgelegt. Am Schaufenster
prangte unter seinem Namen jedoch das Wort „Meisterbäckerei“. Mehrere Kontrollen förderten in allen Betriebsteilen heillose Unordnung, gravierende Hygienemängel und
verdorbene Lebensmittel zutage. Im Backbetrieb, der illegal
in einem normalen Wohnhaus eingerichtet worden war,
herrschten inakzeptable bauliche Mängel und ebenfalls
gravierende Hygienemängel vor. Bei der Untersuchung von
Laugenbrezeln, die direkt auf defekten Aluminiumblechen
gebacken worden waren, wurden laut Gutachten so hohe
Aluminiumgehalte festgestellt, dass ein Kind die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge an Aluminium beim Verzehr von nur einer Brezel ausgeschöpft hätte. Die Behörde
hat den Betrieb geschlossen und ein Strafverfahren eingeleitet. Allerdings sind der „Meisterbäcker“ und sein Sohn
mittlerweile unbekannt verzogen.
13
Themenübersicht
Einleitung
Das LKL-BW – neue Wege bei
der Kontrolle im Land AkadVet – Garant für die Qualifikation
des Personals im Verbraucherschutz Schwerpunkt FORUM Ernährung
13
14
14
15
17
Betriebskontrollen im
Rahmen des LFGB
18
Zahlen und Fakten
Schulungen und Beratungen
Schädlinge
Fehlende Sauberkeit
Zusammenarbeit von Behörden
Zusammenarbeit auch mit den Betrieben
Internethandel
Kennzeichnung
Verschiedenes
Erfreuliches
Kurioses
18
20
23
23
28
29
31
32
33
35
36
Hans-Ulrich Waiblinger, CVUA Freiburg
13
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Betriebskontrollen und
Vollzug der Lebensmittelüberwachung
Einleitung
Häufig war das Kontrollpersonal der Lebensmittelüberwachungsbehörden auch im Berichtsjahr zu ungewöhnlichen
Tageszeiten unterwegs, um Betriebe zu überprüfen,
n bei denen die Produktion bereits nachts beginnt, wie in Bäckereien oder Metzgereien,
n die erst spät abends öffnen, wie Diskotheken oder Nachtlokale oder
n die nur sonn- und feiertags ihre Waren anbieten, wie bestimmte Gaststätten oder Weihnachtsmärkte, ebenso Vereins- und Straßenfeste.
Die Veterinärämter der Stadt- und Landkreise – je nach Behörde auch Veterinär- und Verbraucherschutzamt
oder Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung genannt – überwachen, ob die Betriebe in BadenWürttemberg die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen einhalten. Die Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure führen selbstständig, teilweise mit Unterstützung der Amtstierärztinnen und -ärzte regelmäßige Kontrollen durch und entnehmen Proben. Sie treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, um die Sicherheit
der Lebensmittel zu gewährleisten, Verstöße zu beseitigen, ihnen vorzubeugen und Verbraucherinnen und Verbraucher
vor Gesundheitsgefahren zu schützen. Deren Schutz vor gesundheitlichen Gefahren hat höchste Priorität. Daneben ist auch die Verhinderung von Irreführung und Täuschung sehr wichtig. Bei Bedarf sind Sachverständige
der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter und häufig auch Personal der Kreisgesundheitsämter an den
Betriebskontrollen beteiligt.
Die Behörden planen die Betriebskontrollen und Probenahmen auf Basis risikoorientierter Überwachungsstrategien, welche die betriebsspezifischen und die produktspezifischen Besonderheiten berücksichtigen. Daher nimmt die Lebensmittelüberwachung häufigere Routinekontrollen vor und erhebt Planproben insbesondere dort, wo betriebsbedingte Risiken
bestehen und empfindliche Produkte hergestellt und angeboten werden. Wenn einzelne Betriebe bei Kontrollen mit erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen auffallen, erhalten diese Betriebe
individuell eine höhere Risikoeinstufung und werden nachfolgend häufiger als bislang kontrolliert.
Die Überwachungstätigkeiten folgen den Vorgaben des landesweiten Qualitätsmanagementsystems. Dabei hat jede
Behörde ihr eigenes QM-Team, das noch zusätzlich individuelle, auf das jeweilige Amt zugeschnittene Vorgaben erstellt.
Verschiedenste Verfahrens- und Arbeitsanweisungen sorgen für eine einheitliche Durchführung und Dokumentation und
gewährleisten eine jederzeit nachvollziehbare und transparente Überwachung.
Vom Lebensmittel liefernden Tier im Stall oder der Pflanze auf dem Feld über die Produktion bis zum verzehrfertigen Produkt
auf dem Teller der Verbraucher unterliegt die gesamte Lebensmittelkette der Überwachung. Die Lebensmittelkontrolle
überprüft alle Lebensmittelunternehmen risikoorientiert vom Produzenten über Transporteure und Zwischenhändler bis
zum Vertreiber. Kontrolliert werden zum Beispiel Landwirte, Metzgereien, Molkereien, Spediteure, Lebensmittelkonzerne,
Gaststätten, Großküchen, wie Kantinen oder Krankenhäuser und weitere Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung,
wie Altenheime, Kindertagesstätten oder „Tagespflegeeinrichtungen in anderen geeigneten Räumen“ sowie Anbieter auf
Wochenmärkten, Volks- und Straßenfesten. Die Lebensmittelkontrolle überwacht auch Betriebe, die kosmetische Mittel,
Bedarfsgegenstände oder Tabakerzeugnisse in den Verkehr bringen.
Die Aus- und Fortbildung des Kontrollpersonals findet in Baden-Württemberg zentral in der Landesakademie für Veterinärund Lebensmittelwesen (AkadVet) in Stuttgart statt. Ergänzt wird das Fortbildungsprogramm der AkadVet beispielsweise
durch Fachvorträge bei Dienstbesprechungen oder bei der ämterübergreifenden Fortbildung der CVUAs.
Manche Lebensmittelunternehmer sind deutschland-, europa- oder weltweit tätig. Auch die Lebensmittelkrisen der
letzten Jahre hatten immer eine überregionale Dimension. Dies stellt eine ganz besondere Herausforderung dar für eine
Behörde, deren Zuständigkeit an der Kreisgrenze endet. Deshalb hat der Ministerrat am 20. Februar 2015 beschlossen,
eine landesweit tätige und interdisziplinär zusammengesetzte Kontrolleinheit in Baden-Württemberg zu gründen. Das
Landeskontrollteam Lebensmittelsicherheit (LKL-BW) wurde damit ins Leben gerufen.
Das LKL-BW – neue Wege bei der Kontrolle im Land
Das LKL-BW mit Sitz am Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) in Stuttgart hat zum 1. Oktober
2015 seine Arbeit aufgenommen. Das Team unter der Leitung von Dr. Wolfram Martens besteht derzeit neben dem
Sekretariat aus einer Chemikerin, einem Lebensmittelchemiker, einer Lebensmitteltechnologin, einer Agrarbiologin,
einer Juristin und zwei Lebensmittelkontrolleuren. Es wird im Lauf des Jahres 2016 personell noch weiter aufgestockt.
Die Hauptaufgabengebiete sind:
n Unterstützung bei der Aufklärung und Bewältigung von Krisen- und größeren Fällen von Irreführungen bei Lebensmitteln und Futtermitteln, auch in der Rolle einer schnellen Eingreiftruppe
n Unterstützung der zuständigen Behörden mit einem interdisziplinären Expertenteam, insbesondere bei schwierigeren Kontrollen und komplexeren Fragestellungen
n Vernetzung der Kontrolltätigkeiten, vor allem an den Schnittstellen verschiedener Rechtsbereiche, zum Beispiel Lebensmittel – Futtermittel
n Durchführung besonderer Kontrollen zusammen mit der zuständigen Behörde, zum Beispiel bei schwerwiegenden Vorkommnissen im Zusammenhang mit Lebensmitteln
n Zusammen mit der zuständigen Behörde vertiefte Überprüfungen großer, überregional tätiger Betriebe und komplexer Systeme
Das LKL-BW bearbeitet inzwischen die beiden Einstiegsprojekte „Überprüfung des Hygienestatus und des
Eigenkontrollkonzepts in Großbäckereien“ sowie „Rückverfolgbarkeit und Zuverlässigkeit der Auslobung von
Lebensmitteln regionaler Herkunft aus Baden-Württemberg“.
Prof. Dr. Wolfram Martens, LKL-BW
14
EINLEITUNG
A K A DV E T
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
AkadVet
Garant für die Qualifikation des Personals im Verbraucherschutz
Im Berichtsjahr schlossen an der AkadVet 15 Lebensmittelkontrolleurinnen
und -kontrolleure, 18 amtliche Fachassistentinnen und Fachassistenten und
40 Amtstierärztinnen und Amtstierärzte ihre Aus- beziehungsweise Weiterbildung ab. Premiere hatte der erste theoretische Ausbildungslehrgang für das
in Baden-Württemberg neue Berufsbild des Veterinärhygienekontrolleurs. Außerdem profitierten mehr als 1.300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von dem
Fortbildungsangebot der AkadVet. Informationen über Aufgaben und aktuelle
Kurse an der AkadVet stehen auf deren Internetseite:
www.akadvet.baden-wuerttemberg.de.
Lebensmittelkontrolleure (LMK)
Im Februar 2015 gab es den Startschuss für einen neuen zweijährigen LMK-Ausbildungslehrgang mit 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der AkadVet. Ende 2015 konnte darüber hinaus der Jahrgang 2014/15 mit 13 erfolgreichen hiesigen und 2 auswärtigen Absolventinnen und Absolventen verabschiedet werden. Die frischgebackenen
Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleure erhielten am 11. Dezember im Rahmen einer feierlichen Verabschiedung mit Fortbildungsteil ihre Urkunden von Minister Alexander Bonde.
Die erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen des LMK-Lehrgangs 2014/2015
15
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Amtstierärzte (ATA)
Mit 42 Veterinärinnen und Veterinären,
davon 6 externen aus Rheinland-Pfalz und
Hessen sowie aus den Reihen der Bundeswehr, begann bereits Mitte Januar 2015
ein neuer Lehrgang für den tierärztlichen
Staatsdienst. Die Weiterbildung von Tierärzten zu ATA hat in Baden-Württemberg
eine lange Tradition: Es war der 35. Lehrgang seit der Gründung Baden-Württembergs im Jahr 1952, wobei die beiden
ersten Lehrgänge 1953 und 1954 noch
in den Landesteilen getrennt nach „badischem“ und „württembergischem“ Recht
durchgeführt wurden. An der AkadVet fand
Urkundenübergabe von Abteilungsleiter Jürgen Maier an die 3 lehrgangsder „Staatskurs“ 2015 bereits zum fünften
besten Teilnehmerinnen des Lehrgangs für den tierärztlichen Staatsdienst
Mal statt. Am 30. Oktober war es dann so
2015 – von rechts nach links: Kerstin Rutenbeck, Jürgen Maier, Dr. Ulrike
weit: 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Fischer, Dr. Katharina Englert
konnten den ATA-Lehrgang erfolgreich abschließen und erhielten von Jürgen Maier, Leiter der Abteilung 3 – Verbraucherschutz und Ernährung – des MLR,
ihre Zeugnisse. Zurück in den Heimatämtern gilt es nun, die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in die Praxis
umzusetzen.
Amtliche Fachassistenten (aFA) und Veterinärhygienekontrolleure (VetHK)
Schon im Juni begann die Theorieausbildung für die amtlichen Fachassistentinnen und -assistenten, die früher als
Fleischkontrolleure bezeichnet wurden. Zeitgleich startete – ein Novum in der baden-württembergischen Landesverwaltung – die Ausbildung von Veterinärhygienekontrolleurinnen und -kontrolleuren. Diese neue Berufsgruppe soll die
Amtstierärzte bei ihren täglichen Routineaufgaben in den Veterinärämtern unterstützen und entlasten. Da thematisch
verwandt, begannen 4 baden-württembergische und 4 externe VetHK-Azubis gemeinsam mit dem aFA-Seminar I.
Das Seminar II wird dann für die beiden Berufsgruppen getrennt durchgeführt. Die aFA schlossen die Theorie mit
diesem Seminar noch im Jahr 2015 ab. Die VetHK werden nach einer praktischen Ausbildung in den Veterinärämtern
erst 2016 mit dem Seminar II ihre theoretischen Kenntnisse weiter vertiefen.
Fortbildungen
Auch im Jahr 2015 bot die AkadVet ein umfangreiches und vielfältiges Fortbildungsprogramm für die unterschiedlichen Berufsgruppen des Kontrollpersonals im Veterinärwesen und der Lebensmittelüberwachung an. Insgesamt
besuchten 1.363 Teilnehmer 32 verschiedene Fortbildungen an 51 Terminen. Neben dem Fachwissen braucht das
Kontrollpersonal zunehmend weitere Kompetenzen, die nicht unbedingt Teil der Berufsausbildung sind. Die AkadVet
hat deshalb im Berichtsjahr zusätzlich wichtige Themen wie Konfliktmanagement, Deeskalation oder Ethik in den
Stundenplan mit aufgenommen.
Dieses Pensum kann die Geschäftsstelle der AkadVet mit ihren derzeit 3,3 Personalstellen nicht alleine bewältigen. Sie
wird in ihren Aufgaben von einer Vielzahl von Dozentinnen und Dozenten sowie Prüferinnen und Prüfern unterstützt.
Außerdem werden in verschiedenen Gremien von Fachleuten aus allen Ebenen der Verwaltung die Inhalte der Aus-,
Fort- und Weiterbildungen erarbeitet, festgelegt und ständig an die Bedürfnisse aus der Kontrollpraxis angepasst.
Diesen Kolleginnen und Kollegen, die die Lehrgänge und Fortbildungen an der AkadVet durch ihren Einsatz erst
ermöglichen, gilt unser herzlicher und spezieller Dank. Sie gewährleisten durch ihr Engagement eine hochwertige
Qualifikation des Kontrollpersonals und stärken somit dauerhaft die Qualität im Verbraucherschutz und Veterinärwesen in Baden-Württemberg.
A K A DV E T
Besonders erfreulich ist es, wenn die Überwachung von Betrieben zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit der Behörden mit
den Unternehmen führt, mit der zum Teil wesentliche Verbesserungen der Lebensmittelhygiene erreicht werden können.
Von dieser Entwicklung profitieren alle. Die Lebensmittelunternehmer, weil ihr Renommee und die Qualität der Produkte
gesteigert werden. die Verbraucher, weil sie mehr sichere, appetitliche Lebensmittel kaufen können und nicht zuletzt auch
die Kontrolleure, die gute Betriebe seltener überprüfen müssen, weil diese in der Risikoeinstufung sinken. Auch solche
neudeutsch „Best practice“ genannten Beispiele beschreibt dieser Bericht.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Ein kleinerer Teil der Aufgaben hat beratenden Charakter – beispielsweise im Bereich der Einrichtungen zur
Gemeinschaftsverpflegung.
Schwerpunkt FORUM Ernährung
FORUM Ernährung – 10 Jahre beim Veterinäramt und Verbraucherschutz – Ein Rückblick
Im Rhein-Neckar-Kreis arbeiten das dem Veterinäramt angegliederte FORUM Ernährung für Kindertagesstätten (Kitas) und Tagespflegepersonen, die die Tagespflege in anderen geeigneten Räumen anbieten, und
das Jugendamt eng zusammen. Regelmäßig führt das FORUM Ernährung für diese Zielgruppe Schulungen
zur Lebensmittelhygiene durch.
Was hat die Ernährungsbildung mit dem Veterinäramt oder der Lebensmittelüberwachung zu tun? Diese
Frage, die sich unsere Teilnehmer und Teilnehmerinnen von Veranstaltungen oft stellen, stellte sich uns vor der
Verwaltungsreform auch. Wo sind die Schnittstellen? Wo ergeben sich Ansätze zur Zusammenarbeit? Nach anfänglichem „Beschnuppern“ zeigte sich recht schnell, dass die Themen Lebensmittelsicherheit, Lebensmittelproduktion
und Lebensmittelhygiene eine Verbindung darstellen, die auch für unsere Klientel – pädagogische Fachkräfte
und hauswirtschaftliche Kräfte – gewinnbringend sein kann. Sind wir doch mit den Informationen zu rechtlichen Vorgaben und aktuellen Änderungen immer am Ball und können diese zum Beispiel direkt über unser
Fachberaternetzwerk der Kitas den Einrichtungen beziehungsweise Trägern oder Küchenkräften zukommen lassen.
Durch den persönlichen Kontakt der Kolleginnen und Kollegen der Lebensmittelüberwachung bei Kontrollen der
Kita-Küchen ergibt sich zudem die Möglichkeit, im Gespräch auf unsere ernährungsbildenden Angebote der
Landesinitiative BeKi – bewusste Kinderernährung aufmerksam zu machen und dadurch unterstützend und nicht
nur kontrollierend zu wirken. So können hilfreiche Informationen für den Kita-Alltag direkt weitergetragen, die
Wahrnehmung gesteigert und die Angebote genutzt werden.
Auch bei Verpflegungsfragen allgemein, der Schulverpflegung, des Lernortes Bauernhof, der Tagespflegepersonen und anderen gilt: In allen Bereichen sind Fragen der Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln
relevant. Durch das FORUM Ernährung
kann die Lebensmittelkontrolle wichtige
Informationen direkt an die Multiplikatoren
weitergeben. Das Veterinäramt unterstreicht
mit seiner Beteiligung die Fachlichkeit und
macht die Verbindung auch nach außen deutlich, was letztlich auch einen Imagegewinn
und eine positive Außendarstellung mit sich
bringt. So hat sich die Verbindung über die
Jahre bestätigt; man könnte es auch als klassische Win-win-Situation bezeichnen.
Auch bei der BeKi-Zertifizierung hat sich
die Einbindung des FORUM Ernährung
ins Veterinäramt bewährt, da auf kurzem
Weg die Registrierung der Einrichtung als
Lebensmittelunternehmen überprüft beziehungsweise in die Wege geleitet werden kann.
Dr. Manuela Franz, AkadVet
16
17
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Z A H L E N U N D FA K T E N
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Art der Verstöße
2%
20 %
29 %
Die Kontrollfrequenz der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den einzelnen Betrieben leitet sich von der jeweiligen Risikobeurteilung ab. Aktuell sind in Baden-Württemberg 234.840 Betriebe (Vorjahr: 232.805) registriert,
65.165 davon (Vorjahr: 65.076) sind landwirtschaftliche
Betriebe. Im Jahr 2015 fanden insgesamt 118.678 Kontrollbesuche (Vorjahr: 111.933) statt, bei denen 81.864
Betriebe (Vorjahr: 77.689) ein- oder mehrmals überprüft
wurden. In 23.570 Betrieben (Vorjahr: 21.685), das heißt
bei 28,8 % der kontrollierten Betriebe (Vorjahr: 27,9 %),
wurden insgesamt 42.175 Verstöße (Vorjahr: 35.910)
festgestellt. In den Grafiken ist die Entwicklung der Betriebskontrollen in den letzten 6 Jahren dargestellt.
Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB
Anzahl der Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)
Betriebe
Hersteller Großhändler Einzel- Dienst-
und
und händler leistungs-
Abpacker Transporteure
betriebe
handwerkliche insgesamt
Hersteller und
Direktvermarkter
3.438
3.990
52.18793.435
2.627
1.625
1.352
23.897
Kontrollbesuche
3.748
5.030
2.401
36.11561.267
271
Hygiene allgemein
Zusammensetzung (nicht mikrobiologisch)
Kennzeichnung und Aufmachung
andere Verstöße
472
212
226.763
232.374 232.857 230.902 232.805 234.840
150.000
kontrollierten Betriebe
Betriebe mit Verstößen
65.165
Hygiene (HACCP, Ausbildung)
250.000
200.000
landwirt-
schaftliche
Erzeuger
49 %
Betriebskontrollen – Übersicht 1 (2010-2015)
Zahlen und Fakten
Zahl der
1%
5.711
46.161
16.625
6.202
14.761
10.117
2.143
100.000
234.840
81.864
118.678
23.570
50.000
n Z ahl der registrierten Betriebe
46.244
52.163
50.274
52.629
56.004
58.294
19.852 18.135
19.961
21.685 23.570
2011
2013
2014
davon:
0 15.725
n ohne Verstöße
2010
n mit Verstößen
2012
2015
Art der festgestellten Verstöße bei Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)
landwirt-
schaftliche
Erzeuger
Hersteller Großhändler Einzel- Dienst-
und
und händler leistungs-
Abpacker Transporteure
betriebe
(Urproduktion)
handwerkliche insgesamt
Hersteller und
Direktvermarkter
Betriebskontrollen – Übersicht 2 (2010-2015)
120.000
5.386
881
8.475
80.000
230
415
167
4.738
13.019
1.982
20.551
60.000
3
23
7
44
180
31
288
Zusammensetzung
(nicht mikrobiologisch)
40.000
n Zahl der kontrollierten Betriebe
Kennzeichnung und
18
Aufmachung
55
Andere Verstöße
13
131
29
40
16
2.7358.173
191
427
961
90
12.095
766
n Zahl der Kontrollbesuche
n Zahl der Verstöße
20.000
81.864
118.678
42.175
1.872
77.689
111.933
35.910
73
72.590
100.521
37.884
209
68.409
98.440
30.098
Hygiene allgemein
54
72.015
107.676
32.706
(HACCP, Ausbildung)
94.037
26.199
100.000
Hygiene
61.969
Zahl der
Verstöße
gegen
0
2010
2011
2012
2013
2014
2015
19
Bei Kontrollen werden Beanstandungen häufig durch den
Betreiber sofort oder nach mündlicher Anordnung abgestellt. Wenn dies nicht der Fall ist, sorgen die verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden mit ihren
verwaltungsrechtlichen Mitteln in Form von schriftlichen,
kostenpflichtigen Anordnungen oder anderen Maßnahmen
– im Berichtsjahr in 32.142 (Vorjahr: 28.422) Fällen – dafür,
dass rechtskonforme Zustände wieder hergestellt werden. In
4.468 Fällen wurden Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld (Vorjahr: 4.392) ausgesprochen.
Zahl und Ausgang der Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren – soweit bei den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden bekannt und im Berichtsjahr abgeschlossen – ergaben sich aus den oben genannten Tätigkeiten im Jahr 2015 insgesamt wie folgt:
2.473 Ordnungswidrigkeitsverfahren (Vorjahr: 2.411)
wurden eingeleitet, die zu 1.710 Bußgeldbescheiden
(Vorjahr: 1.550) mit Bußgeldern bis zu 7.000 Euro (Vorjahr: 5.000 Euro) führten. Bei Verdacht des Vorliegens
einer Straftat wird der Vorgang an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet. In 425 Fällen wurden die
Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet (Vorjahr: 426),
87 Verfahren (Vorjahr: 93) wurden im Berichtsjahr abgeschlossen mit Geldstrafen bis zu 15.000 Euro (Vorjahr:
9.000 Euro).
1.021 (Vorjahr: 1.027) Betriebe mussten aufgrund der dort
herrschenden unhygienischen Umstände zum Schutz der
Verbraucher sofort geschlossen werden.
Die nachfolgenden Fallbeispiele geben einen Einblick in
die breite Palette der Tagesarbeit der baden-württembergischen Lebensmittel- und Fleischhygieneüberwachung.
Einige Themen dieses Kapitels werden zusätzlich in
Kapitel III behandelt; dort wird aus der Perspektive der
Untersuchungseinrichtungen berichtet. Im vorliegenden
Kapitel werden die Fälle aus dem Blickwinkel der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden dargestellt,
überwiegend vom Entstehen bis zu ihrem Abschluss mit
der jeweiligen Sanktionierung. Daran wird deutlich, dass
die Lebensmittelkontrolle auf 2 Säulen basiert: der Kontrolle vor Ort mit Betriebsbesuchen und Probenahme und
der Probenuntersuchung. Beide Säulen stehen nicht isoliert
nebeneinander, sondern sind durch die Zusammenarbeit
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Lebensmittelüberwachungsbehörden vor Ort und in den Untersuchungsämtern eng miteinander verbunden.
Bei den im Folgenden dargestellten Beispielen handelt es
sich um besonders interessante oder anschauliche, teilweise aber auch kuriose oder sehr drastische Einzelfälle aus
dem Überwachungsalltag sowie um Themen, die im vergangenen Jahr die eine oder andere Behörde des Landes
besonders beschäftigten. Sie sind daher nicht repräsentativ
für die jeweilige Branche und erlauben keine Rückschlüsse
auf die Lebensmittelunternehmen in Baden-Württemberg
insgesamt.
20
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Schulungen und Beratungen
Kita und Co.
Die Zahl an Kindertages- und Kindertagespflegeeinrichtungen und damit einhergehend deren lebensmittelhygienische Überwachung hat in den vergangenen
Jahren stark zugenommen. Während die Kindertagesstätten (einschließlich der Kindergärten) schon seit einigen Jahren zum Zielpublikum der Fortbildungen über
Lebensmittelhygiene gehören, kamen die Tagespflegepersonen neu dazu.
Das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis hat daher im Jahr
2015 die seit 2012 für Tageseltern angebotenen Schulungen zum Erwerb der Fachkenntnisse nach § 4 LMHV
durchgeführt. Dieses Angebot richtete sich an Tageseltern,
die die Betreuung in anderen geeigneten Räumen anbieten – und nicht an diejenigen, die dies in ihren privaten
Räumen tun. Die Lebensmittelkontrolle arbeitet dazu eng
mit dem Jugendamt zusammen, um die Zielgruppe zu erreichen. Bisher waren die Tagespflegeeinrichtungen nicht
registrierpflichtig. Für diejenigen, die die Tagespflege in
den eigenen privaten Räumen anbieten, ist dies nach wie
vor nicht erforderlich. Dagegen müssen sich inzwischen
die Tagespflegepersonen in anderen geeigneten Räumen
bei der Lebensmitteüberwachungsbehörde registrieren.
Sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von den
registrierten Kindertagesstätten; lediglich die Zahl der betreuten Kinder dürfte in den meisten Fällen bei der Tagespflege deutlich kleiner sein.
Probleme bestehen bei dieser Zielgruppe darin, dass sich
die Tagespflegepersonen an ihren Status als Lebensmittelunternehmer erst gewöhnen müssen. Entsprechend
viele Unsicherheiten und zum Teil auch Vorbehalte waren
noch vorhanden. Dabei ging und geht es nicht so sehr um
bauliche Belange – diese werden meistens verstanden –,
sondern um die Abläufe im Alltag. Vor allem die Abgrenzung zu den Eltern und deren Vorstellungen fällt dabei oft
schwer. Dies ist verständlich, da die Tagespflege in den
privaten Räumen der Tageseltern bis vor Kurzem nicht der
Lebensmittelkontrolle unterlag. Es handelt sich damit um
eine neue Situation für die Tageseltern, nun plötzlich ebenfalls als Lebensmittelunternehmer behandelt zu werden.
Entsprechend war bei den Schulungsveranstaltungen zumindest anfänglich etwas Unmut zu spüren. Dieser legte
sich jedoch im Laufe der Veranstaltungen, nachdem die
Teilnehmer merkten, dass sie nicht mit theoretischem Wissen überhäuft wurden. Stattdessen konnten sie selbst an
der Veranstaltung mitwirken und erhielten konkrete Informationen und Handlungsempfehlungen, die ihnen im Alltagsleben mit den ihnen anvertrauten Kindern von Nutzen
sein werden. Empfehlungen zum richtigen und sicheren
Erhitzen und Abkühlen von Speisen waren dabei ebenso
vorhanden wie Tipps zur Reinigung und gegebenenfalls
erforderlichen Desinfektion.
Z A H L E N U N D FA K T E N
S C H U LU N G E N U N D B E R AT U N G E N
Bereits im Jahr 2014 war die Lebensmittelüberwachung im
Rems-Murr-Kreis von den im Kreis ansässigen Tageselternvereinen kontaktiert worden. Hintergrund war der Umgang
mit der Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis in
der Kindertagespflege des Bundesverbands für Kindertagespflege e.V. Die 5 Tageselternvereine im Rems-MurrKreis vertreten rund 500 Tagespflegepersonen. Sie haben
2014 und 2015 insgesamt 9 Informationsveranstaltungen
organisiert, an denen Vertreter der Lebensmittelüberwachung unter anderem den Inhalt der Leitlinie für eine gute
Lebensmittelhygienepraxis praxisnah vermittelt haben.
An einer der ersten Veranstaltungen haben Vertreter des
Fachdienstes Kindertagesbetreuung des Jugendamtes teilgenommen und sich informiert.
Die Informationsveranstaltungen zielten auf Tagespflegepersonen ab, die Kinder im eigenen Haushalt betreuen.
Schnell wurde klar, dass insbesondere auch Beratungsbedarf bei Tiger-Einrichtungen (Tagespflege in anderen
geeigneten Räumen) besteht. Hierzu steht ein Lebensmittelkontrolleur für den gesamten Rems-Murr-Kreis zur
Verfügung, der bezirksübergreifend auch vor Ort berät. So
können lebensmittelhygienische Fragen schon vor der Einrichtung der Tiger geklärt werden.
Auch andere Vor-Ort-Behörden haben Schulungen und
Beratungen für Betreiber von Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung, aber auch andere, wie Vereins- und
Straßenfeste, als wichtiges Element des vorbeugenden
Verbraucherschutzes durchgeführt.
Informationsangebote der
Lebensmittelüberwachung Tübingen
Eine zentrale Aufgabe der Lebensmittelüberwachung des
Landratsamtes Tübingen ist, Verstöße gegen das Lebensmittelrecht aufzudecken und eine rasche Mängelbeseitigung zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher zu
veranlassen. Hilfreich ist darüber hinaus allerdings auch,
bereits im Vorfeld zu informieren und zu beraten, sodass
die verantwortlichen Lebensmittelunternehmer ihren Sorgfaltspflichten genügen können und Mängel gar nicht erst
entstehen.
Zum Beispiel sehen sich Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Eltern plötzlich in die neue Rolle von Lebensmittelunternehmern versetzt, da in den Einrichtungen nun
auch eine Gemeinschaftsverpflegung für die Kinder angeboten wird. Auch Ehrenamtliche, die auf Vereinsfesten mitwirken, haben häufig einen Informationsbedarf bezüglich
der lebensmittelrechtlichen Anforderungen, die von Ihnen
einzuhalten sind.
Für alle Personen, die nicht hauptberuflich den Umgang
mit Lebensmitteln erlernt haben, sind Weiterbildungsmaßnahmen in diesem Bereich daher wichtig. So hat die
Tübinger Lebensmittelüberwachung im Jahr 2015 in Kindergärten und auf Vereinsfesten verschiedene Vorträge
zur Lebensmittelhygiene gehalten, in denen über die wich-
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
tigsten gesetzlichen Vorschriften aufgeklärt wurde. Dabei
stellten die Referenten auch gute und schlechte Beispiele
aus der Praxis vor. Anschließend diskutierten sie mit der
Zuhörerschaft Einzelfragen und zeigten Lösungen für individuelle Probleme auf.
Das Landratsamt Tübingen (www.kreis-tuebingen.de)
hat ebenso wie die anderen unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden der Stadt- und Landkreise auf der eigenen Internetseite Merkblätter und Leitfäden zu verschiedenen Themenbereichen rund um lebensmittelrechtliche
Anforderungen eingestellt, die dort auch heruntergeladen
werden können.
Infoveranstaltungen für Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten
Seit Dezember 2014 gelten die Vorschriften der Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr.
1169/2011). Die vielen Pressemeldungen und Medienberichte haben Gewerbetreibende, insbesondere Verantwortliche von Vereins- und Straßenfesten, verunsichert. Die
größten Bedenken waren, ob es zukünftig für einen Verein
mit überwiegend lebensmittelrechtlichen Laien überhaupt
noch möglich sein würde, ein öffentliches Vereinsfest, zum
Beispiel einen Basar oder ein Straßenfest, durchzuführen.
Die Betroffenen traten mit diesen Bedenken an die Lebensmittelüberwachung heran.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis hat im späten Frühjahr
2015 eine Informationsveranstaltung für Verantwortliche
von Vereins- und Straßenfesten in Backnang organisiert.
Die Teilnehmenden wurden über sämtliche Belange des
Lebensmittelhygienerechts informiert, wobei das Hauptaugenmerk auf der neu in Kraft getretenen Lebensmittelinformationsverordnung lag. Die Referenten erklärten, wie
die Kennzeichnungspflicht durch Laien ausreichend, aber
nicht zu kompliziert umgesetzt werden kann. Diese Veranstaltung haben trotz sonnig-schönem Wetter über 50 Personen besucht. Das Interesse war groß, es wurden viele
Fragen gestellt und angeregt diskutiert.
Angespornt durch die vielen Nachfragen und die große Resonanz im Nachgang fiel rasch die Entscheidung, solche
Infoveranstaltungen auch in den anderen großen Kreisstädten des Landkreises anzubieten. Im Laufe des Jahres 2015
fanden 5 weitere Veranstaltungen statt.
Planung und
Bau einer Kindergartenküche
Eine Kindergartenleiterin nahm Kontakt mit der Lebensmittelkontrolle auf, um sich bei der Planung einer Küche
beraten zu lassen. Die Kindergartenküche sollte als Verteilerküche und zum pädagogischen Kochen genutzt werden.
Hieraus ergaben sich besondere Anforderungen. Die Bauplanung war gut vorbereitet und so konnten die konkreten
Vorstellungen gemeinsam problemlos umgesetzt werden.
Die Küchenzeile wurde in einer U-Form so geplant, dass
21
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
die Kinder nicht unmittelbar in den Hygienebereich gelangen, sondern von einem Podest aus alle wichtigen Kücheneinrichtungen bedienen können, während die Küchenleiterin vom Hygienebereich aus mitwirkt. Die Küche ist bereits seit einiger
Zeit in Betrieb und hat sich bewährt. Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben wurden so gut umgesetzt, dass dieses Konzept
weiterhin überzeugen kann.
Regelmäßig fragen Bauherren, Architekten und Küchenplaner bei der Lebensmittelüberwachung nach, unter welchen
Voraussetzungen Bauprojekte verwirklicht werden können. Das Landratsamt bietet eine beratende Mitwirkung schon bei
der Bauplanung solcher Einrichtungen gerne an und zeigt die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf. Hierdurch können
Probleme und möglicherweise teure bauliche Nachbesserungen bereits im Vorfeld vermieden werden.
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Schädlinge
JA H R E S B E R I C H T 2015
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Zu einer guten Hygiene gehört auch eine effektive Schädlingsbekämpfung – im günstigsten Fall bleiben die Tierchen einfach draußen. Hier ein Beispiel, bei dem die Schädlingsbekämpfung offenbar nicht klappte:
Das betreffende Restaurant führte die Schädlingsbekämpfung in Eigenregie durch. Offensichtlich war dies nicht besonders
effektiv, denn die Mäuse haben die selbst aufgestellten Fallen ignoriert. Im Anschluss an die Kontrolle hat der Betrieb einen
professionellen Schädlingsbekämpfer beauftragt.
Fehlende Sauberkeit
Auch im Jahre 2015 blieben die Fälle nicht aus, bei denen man nichts anderes feststellen konnte als: „Es ist einfach dreckig!“. Wie immer muss dazu aber angemerkt werden, dass dies Einzelfälle, Ausnahmen und nicht die
Regel sind – die überwiegende Anzahl der Betriebe arbeitet sauber, die Mehrzahl der gefundenen Mängel ist nicht
so gravierend. Gerade deshalb aber sind die folgenden Beispiele so interessant, weil sie eben nicht alltäglich und
gewöhnlich sind.
Gaststätten
Neben den Beratungen spielen natürlich auch die Kontrollen der Einrichtungen eine große Rolle. Da die Betreiber von Kindertagesstätten, aber auch die von Pflege-, Alten- und Seniorenheimen eine große Verantwortung tragen, muss auf diese
Einrichtungen ein besonderes Augenmerk gerichtet werden. Ein Beispiel findet sich im nächsten Beitrag.
Jahresziel Kontrolle von Pflege-, Alten- und Seniorenheimen
Die Lebensmittelüberwachung hat 2015 im Rems-Murr-Kreis die Pflege-, Alten- und Seniorenheime insbesondere in
Hinblick auf Erfüllung der betrieblichen Eigenkontrollen und HACCP kontrolliert. Insgesamt waren dies 77 Einrichtungen.
Im ersten Schritt hat das Amt die vorhandenen Daten (Einrichtungen, Adressen, Träger) abgeglichen und hierzu Kontakt
mit der Heimaufsicht im Rems-Murr-Kreis aufgenommen. Es gab auch einen gemeinsamen Besprechungstermin der
Lebensmittelüberwachung mit der Heimaufsicht, in dem die jeweiligen Kontrolltätigkeiten dargestellt wurden.
Der nächste Schritt war die Erstellung einer Kontrollcheckliste und Schulung der Lebensmittelkontrolleure durch den
Projektleiter.
Die eigentlichen Kontrollen fanden im dritten Schritt statt. Hauptaugenmerk war die Kontrolle der Eigenkontrolle. Es
wurde geprüft, welche Vorgaben die Einrichtungen für die Eigenkontrollen haben, ob diese ausreichend sind, ob sie
auch durchgeführt werden und wie mit Abweichungen umgegangen wird.
Das Ergebnis fiel positiv aus. Die meisten Heime arbeiten nach einem individuellen HACCP-Konzept und nur ein geringer
Anteil nach einer vorgefertigten Leitlinie. Nur in wenigen Einrichtungen wurden Abweichungen zwischen Eigenkontrollkonzept und täglicher Arbeit festgestellt. Die Eigenkontrollen sind in der Regel fester Bestandteil der täglichen Arbeit
und werden auch entsprechend dokumentiert.
22
Viele Bedarfsgegenstände waren altverschmutzt, die Klingen dieses Gemüsehobels zeigten Schimmelanhaftungen.
Dreck sogar am Waschbecken
Die Betriebskontrolle in einer Speisegaststätte ergab zahlreiche Mängel in der Betriebs-, Produktions- und Lebensmittelhygiene. Besonders fiel der Zustand des Waschbeckens auf: die Handtuchrolle war verunreinigt, der
Aufrollmechanismus defekt, die Silikonfugen waren verschimmelt und es fehlte die Flüssigseife. Eine regelmäßige
und gründliche Händereinigung ist jedoch für eine gute
Betriebshygiene von zentraler Bedeutung!
23
In einigen Ecken hatte sich Schmutz angesammelt, viele
Fugen waren schwarz verunreinigt und altes Fett tropfte
von der Dunstabzugshaube. Insgesamt hatte dieser Betrieb die Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten erheblich vernachlässigt.
Der Lebensmittelkontrolleur ordnete mündlich eine sofortige Grundreinigung an. Die Bußgeldbehörde leitete gegen
den Betriebsinhaber ein Ordnungswidrigkeitenverfahren
ein. Bei der Nachkontrolle waren die Mängel beseitigt.
Vereiste Kühlung 1
Ein Lebensmittelkontrolleur hat einer anderen Gaststätte
zahlreiche überlagerte Lebensmittel gefunden, von denen
einige augenscheinlich bereits verdorben waren. Die Kühlschränke wurden vom Betreiber nur aufgefüllt, aber anscheinend weder zwischengereinigt noch abgetaut.
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
In einzelnen Behältnissen hatte sich ein regelrechter
Schimmelrasen ausgebreitet. Der Betreiber entsorgte unter Aufsicht des Lebensmittelkontrolleurs alle Lebensmittel,
die offenkundig verdorben waren.
F E H L E N D E S AU B E R K E I T
Unbelehrbare müssen Lehrgeld zahlen
Missstände schleichen sich in einer Gastwirtschaft immer
wieder ein. Ein Gastwirt erhielt ein Bußgeld von 1.000
Euro, da außer erheblich verschmutzten Betriebsräumen
und Geräten auch verdorbenes Fleisch und verdorbener
Fisch vorgefunden wurden.
Im Betrieb wurden noch weitere Hygienemängel festgestellt. Noch vor Ort wurde mündlich eine sofortige
Grundreinigung angeordnet, zeitnah nachkontrolliert – und
außerdem gegen den Betriebsinhaber ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Vereiste Kühlung 2
In einer Selbstbedienungstheke eines Restaurants wurde
Schweinemett angeboten, das während der Kontrolle eine
Temperatur von +15 °C aufwies. Die hohe Temperatur resultierte unter anderem daraus, dass der Kühlthekeneinsatz
zu weit oben angebracht worden war. Der Lebensmittelunternehmer wollte dadurch die Lebensmittel besser präsentieren, bedachte aber nicht, dass sich dadurch die Kälte
nicht in der Umgebung der Lebensmittel halten konnte. Bei
der weiteren Überprüfung entdeckte der Kontrolleur außerdem eine starke Vereisung der Abtropfwanne, die überdies
dazu führte, dass die Kälte sich nicht mehr verteilen konnte.
Die Lebensmittelkontrolleure haben bei einer Routinekontrolle hygienische Mängel festgestellt. Unter anderem war
der Mikrowellenherd verschmutzt, Lebensmittel waren
nicht abgedeckt und Wandflächen sowie Ablageflächen
altverfettet. Der Gastwirt war einsichtig. Es reichte eine
Verwarnung aus, um ihn zur Beseitigung der Missstände
zu bewegen.
Allerdings war dies nicht von Dauer. Bei der nächsten
Kontrolle fand der Lebensmittelkontrolleur die Gaststätte
wieder in stark verschmutztem Zustand vor. Die Dunstabzugshaube war erheblich verfettet, das Fenster in der
Küche besaß kein Fliegengitter, das Handwaschbecken
war zugestellt und ohne Warmwasser, der Abfalleimer hatte keinen Deckel, die Silikondichtung am Spülbecken war
schadhaft und der Boden nicht sauber. Außerdem waren
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und über Hygieneschulungen vorlegen. Der Gastwirt kam
der Aufforderung zur Beseitigung der Mängel nach und bei
der Nachkontrolle war wieder alles in Ordnung.
Aber leider hielt dieser Zustand erneut nicht lange an. Beim
nächsten Besuch der Lebensmittelüberwachung herrschten solch unhygienische Zustände, dass eine sofortige
Grundreinigung der Betriebsräume sowie ein Verbot der
Produktion und Abgabe von Speisen angeordnet wurden.
Die Verunreinigungen betrafen die Abzugshaube, den
Herd, den Boden und den Keller sowie die Wandflächen.
Auch zeigten diverse Arbeitsgeräte wie der Dosenöffner
oder die Seiher starke Verunreinigungen. Außerdem wurden wiederum Lebensmittel offen gelagert. Es wurden 7
Proben genommen, die laut Gutachter allesamt nicht mehr
zum Verzehr geeignet waren. Dabei handelte es sich um
rohes Fleisch verschiedener Tierarten, Bratwürste und
Fisch.
Die Missstände wurden vom Gastwirt wiederum fristgerecht behoben. Um den Lerneffekt zu verstärken, wurde
ein Bußgeld von 1.000 Euro festgesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Wirkung zeigt und der Gastwirt nicht wieder „rückfällig“ wird!
Gammel statt Edelschimmel
In einem Kühlraum eines Restaurants wurde ein grünlich
verschimmelter Parmaschinken vorgefunden. Der Lebensmittelunternehmer war zunächst der Meinung, dass es
sich um Edelschimmel handeln würde. Die Lebensmittelkontrolleure haben ihn eines Besseren belehrt und den
Schinken entsorgen lassen.
Derartige Eisbildungen bekommt auch ein Lebensmittelkontrolleur nicht alle Tage zu sehen. Es war fast nicht möglich, die eingefrorenen Lebensmittel zu entnehmen.
eingefrorene Lebensmittel nicht sachgemäß verpackt und
ohne Bezeichnung. Es stand Gerümpel herum und der
Kellerraum war nicht aufgeräumt. Bei mehreren Lebensmitteln war das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen und
kühlpflichtige Lebensmittel wie Quark und Schinkenwurst
lagerten bei einer viel zu hohen Temperatur. Darüber hinaus konnte der Betriebsverantwortliche keine Nachweise
über die Belehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz
24
25
Verschimmelte Schankanlage
Bei der Kontrolle einer Getränkeschankanlage im Selbstbedienungsbereich eines Restaurants wurden stark verschmutzte Mischeinheiten festgestellt. Offensichtlich
hatten die Verantwortlichen schon seit längerer Zeit vergessen, die Mischeinheiten der Post-Mix-Getränkeschankanlage zu reinigen.
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Im Rahmen einer Routinekontrolle hat die Lebensmittelüberwachung festgestellt, dass die Abkühleinrichtungen
ausgefallen und erneut erhebliche hygienische und bauliche Mängel vorhanden waren. Kondenswasser tropfte von
der schimmelbehafteten Decke unmittelbar auf den Zubereitungsbereich. Die von der Lebensmittelüberwachung
angeordneten Eigenkontrollen wurden immer noch nicht
durchgeführt. Aufgrund dieser erheblichen Mängel wurde
der Gemeinschaftsverpflegung die Speiseabgabe unmittelbar untersagt und gegen die Betreiber ein Strafverfahren
eingeleitet.
F EH L ENDE SAUBERK EI T
Im Kühlraum waren Ventilatorgitter, Kabel und Deckenleuchte stark verflust. Es bestand die Gefahr, dass offene
Lebensmittel hierdurch verunreinigt und auch Schimmelsporen verteilt werden.
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Einzelhandel
Während einer Plankontrolle im Lebensmitteleinzelhandel
hat die Überwachungsbehörde schwerwiegende Verstöße
gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen festgestellt.
Zunächst war die mangelhafte Kühlleistung der Kühltheke aufgefallen. Bei der genaueren Überprüfung stellte der
Metzgereien
Gemeinschaftsverpflegung
Das Ergebnis der Routinekontrolle in einer Metzgerei sah
nicht überzeugend aus. Der Betriebsinhaber gab als Hauptgrund für die Hygienemängel in seinem Betrieb personelle
Engpässe an.
In den Lagerräumen herrschte Unordnung und in den Produktionsbereichen waren Reinigungsmängel offensichtlich.
Über dem Kombidämpfer in der Wurstküche wurde ein Insektenvernichter verwendet, der durch elektrischen Strom
Insekten explosionsartig tötet. Deren Reste sammelten sich
auf der Oberseite des Gerätes, in dem gerade Fleischkäse
gebacken wurde.
Schimmel und unhygienische Zustände in einer Gemeinschaftsverpflegung
Täglich verpflegen die Betreiber einer EU-zugelassenen
Küche über 1.000 Kinder aus Schulen, Kindergärten und
Kinderkrippen im Cook & Chill Verfahren. Dies ist eine verantwortungsvolle Aufgabe.
Der Lebensmittelüberwachung zeigte sich seit einiger Zeit
jedoch ein anderes Bild. Das CVUA hatte die Speisepläne von 4 Wochen ausgewertet und in seinem Gutachten
festgestellt, dass die Zusammensetzung der zubereiteten
Speisen nicht dem Standard für Kleinkinder der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) entspricht. Doch nicht
nur die ernährungsphysiologische Qualität der Speisen
gab Grund zur Beanstandung. Die Großküche war baulich
in einem desolaten Zustand. Aufgrund des mangelhaften
Raumklimas durch die schlechte Belüftung wiesen die
Wände und Decken immer wieder einen flächendeckenden Schimmelbewuchs auf. Wiederholt haben die Lebensmittelkontrolleure erhebliche Hygienemängel festgestellt.
Die Eigenkontrollen beschränkten sich in diesem Betrieb
auf das Führen einer Liste, in der die Temperatur von lediglich einer Kühlzelle eingetragen wurde. Zusätzlich hat das
Personal die Temperatur eines defekten Thermometers,
das in einer Tiefkühltruhe bereitliegt, täglich abgelesen und
auch in dieser Liste dokumentiert. Mikrobiologische Untersuchungen, ein Schädlingsmonitoring oder das Zurücklegen von Rückstellproben wurden nicht oder nur sporadisch
durchgeführt. Es gab keine Reinigungspläne oder Ähnliches. Der Abkühlprozess der im Cook & Chill Verfahren
hergestellten Speisen wurde nicht überwacht.
26
Zudem haben die Kontrolleure verdorbene Lebensmittel vorgefunden. Auf diesem Stück Rindfleisch hatte sich
schon ein richtiger Schimmelpilzrasen entwickelt. Dieses
Fleisch hat der Inhaber freiwillig entsorgt.
Auf dem Boden standen zahlreiche offene Behältnisse.
Dabei bestand das Risiko, dass Gegenstände hineinfallen
konnten, der untere Rand von Schürzen die Gefäße streiften oder durch den direkten Kontakt zwischen Gefäßunterseite und Fußboden die Arbeitsflächen später verunreinigt
werden.
Kontrolleur dann eine starke Verschmutzung der Kühltheke fest, die unter anderem die Ursache für die mangelnde
Kühlleistung war. Nachdem die Bleche mit den kühlpflichtigen Plunderteilchen und Kuchen entnommen wurden,
waren bereits auf der Edelstahlabdeckplatte grünlich verschimmelte Gebäckreste und Brösel zu erkennen. Unter
der Abdeckplatte wucherte in der Abtropfwanne starker
grau-grünlicher Schimmel und das Abtauwasser staute
sich, weil der Abfluss verstopft war. Auf dem Abtauwasser
bildete sich schon ein weißlicher Schimmelrasen. An den
Lüftergittern wurden weißliche, milchig-schleimige, fädenziehende Gebilde festgestellt.
Aufgrund der verschiedenen Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften wurde gegen den Betriebsinhaber ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Bis zur Nachkontrolle
hatte sich die Betriebshygiene erheblich verbessert und
bildete nun eine solide Basis für das Behandeln von sensiblen Lebensmitteln.
27
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Zusammenarbeit von Behörden
Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Veterinärämter mit anderen Behörden ist vor allem dort wichtig, wo verschiedene Ämter in die gleichen Betriebe kommen und dort an einem Strang ziehen sollten. Bestes
Beispiel ist die Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern, die für die Hygiene in gewerblichen Küchen und Lebensmittelbetrieben insofern eine große Rolle spielen, als sie für die Gesundheit der dort Beschäftigten zuständig
sind. Im Falle einer Erkrankung oder keimbedingten Vergiftung durch ein Lebensmittel muss immer auch geprüft
werden, ob dieser Keim nicht durch einen Menschen in oder auf das Lebensmittel kam.
Auch mit anderen Behörden wie dem Jugendamt, den Bauämtern, dem Zoll, der Polizei, der Landwirtschaftsverwaltung, der Futtermittelüberwachung und, nicht zuletzt, den Gemeinden, vor allem den dortigen Ordnungsämtern,
muss eine enge Zusammenarbeit gepflegt werden.
Wie dies gelingen kann, zeigen die folgenden Beispiele fruchtbarer Zusammenarbeit:
Auftreten humaner Trichinellose – ein Fallbericht
Die Trichinellose ist eine weltweit verbreitete Zoonose, die zu den meldepflichtigen Krankheiten zählt. Es handelt sich um
eine lebensmittelbedingte Infektion mit Fadenwürmern der Gattung Trichinella, die über ungenügend erhitztes Fleisch
aufgenommen werden. Die Trichinellose tritt in Deutschland nur noch sehr selten auf. Immer wieder treten jedoch vereinzelt sogenannte importierte Erkrankungsfälle auf, bei denen sich Personen in Nicht-EU-Ländern oder durch mitgebrachte
infizierte Wurst- oder Fleischprodukte anstecken.
Im Februar 2015 hat das Institut für Pathologie in Heilbronn dem Gesundheitsamt des Hohenlohekreises die Trichinelloseerkrankung eines im Landkreis wohnhaften Jägers und Metzgers, seiner Ehefrau und deren erwachsenen Sohnes
gemeldet. Bei dem ersterkrankten Mann war aufgrund von Muskelschmerzen eine Biopsie aus der Oberarmmuskulatur
entnommen worden. Nach anfänglichem Verdacht, die Person könnte sich durch den Verzehr von selbst erlegtem Wild
infiziert haben, hat die Gesundheitsbehörde jedoch Reste einer aus Serbien eingeführten Paprikarohwurst sichergestellt,
nach deren Genuss die ersten Symptome bei den betroffenen Familienmitgliedern aufgetreten waren. Sie hat das Veterinäramt verständigt, das unverzüglich die Untersuchung einer Probe der Wurst in der Trichinenuntersuchungsstelle Öhringen veranlasste. Bei der mikroskopischen Untersuchung waren unzählige Trichinellen festzustellen (siehe Abbildung),
die zunächst einen deutlichen Hinweis auf die Ursache
der Erkrankung lieferten. Das staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf (Diagnosezentrum) und das BfR
als Referenzlabor für humane Trichinellose haben den Befund bestätigt.
Zu den ersten Erkrankungsfällen kamen im weiteren Verlauf des Geschehens noch 8 weitere im Familienumfeld
des Betroffenen hinzu. Alle erkrankten Personen hatten einen Teil der Wurst verzehrt. Für die Verzehranamnese war
von elementarer Bedeutung, dass 2 der Familienmitglieder, die nicht erkrankten, Vegetarier waren und nicht von
der Wurst gegessen hatten. Von den erkrankten Personen
mussten 6 stationär und 3 ambulant behandelt werden.
Das infizierte Fleisch, aus dem die Paprikawurst hergestellt
war, stammte von der Hausschlachtung eines in Serbien
Mikroskopischer Nachweis der Trichinellen aus der Verdauungsim Freien gehaltenen Hausschweins.
flüssigkeit der Rohwurst
Das für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von
Infektionskrankheiten beauftragte RKI hat die Falldefinition
für humane Trichinellose beschrieben. Danach erkennt man die Erkrankung im Wesentlichen durch das klinische Bild
und die Labordiagnose. Der epidemiologische Zusammenhang wird durch den Verzehr eines Lebensmittels, in dessen
Resten Trichinella-Larven labordiagnostisch nachgewiesen wurden, bestätigt. Das typische klinische Bild der humanen
Trichinellose wird durch 5 Kriterien gekennzeichnet, von denen für die Diagnosestellung mindestens 2 erfüllt sein müssen:
verändertes Blutbild (Eosinophilie), Durchfall, Fieber, Muskelschmerzen und Schwellungen (periorbitales Ödem).
Das rasche Eingreifen und die gute und unbürokratische Kooperation der beteiligten Institutionen haben dazu beigetragen,
die Krankheitsursache schnell aufzuklären und weitere Infektionen zu vermeiden. Dieses Fallbeispiel zeigt anschaulich, wie
wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen Veterinäramt und Gesundheitsamt bei lebensmittelbedingten Erkrankungen ist.
28
ZUSA MMEN A RBEI T VON BEH Ö RDEN
ZUSA MMEN A RBEI T AUC H MI T DEN BE T RI EBEN
Eine gute Zusammenarbeit mit der Polizei ist ebenfalls von
großer Bedeutung, wie man exemplarisch an den folgenden Beiträgen sehen kann:
Kühltransporter
Eine Lebensmittelüberwachungsbehörde führt regelmäßig
Kontrollen auf der Autobahn gemeinsam mit der zuständigen Autobahnpolizei des Polizeipräsidiums durch. In diesem
Rahmen wurde bei einer Kontrolle ein Kühltransporter einer
Firma für mediterrane Spezialitäten überprüft.
Dabei hat die Lebensmittelkontrolle festgestellt, dass nicht
kühlpflichtige, kühlpflichtige und Tiefkühllebensmittel zusammen in einer Kabine transportiert wurden. Die tiefgefrorenen Lebensmittel wiesen nur noch Kerntemperaturen von
-6 °C auf. Die Kühlung konnte nicht tiefer eingestellt werden,
da ansonsten Produkte wie Wein oder Essig eingefroren
wären. Die zu beliefernden Betriebe hatten die Spezialitätenfirma über die unterbrochene Kühlkette informiert.
Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der Betrieb dies
aus Kostengründen regelmäßig praktizierte und es schon
wiederholt zu behördlichen Auflagen und Anzeigen gekommen war. Deshalb hat die Behörde wegen des Verstoßes gegen die Tiefkühllebensmittelverordnung gegen
den verantwortlichen Geschäftsführer ein Strafverfahren
eingeleitet.
Die für die Spezialitätenfirma zuständige Behörde hat wegen der mangelnden Zuverlässigkeit gegen den Unternehmer nun ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet.
Gemeinsame Kontrollen
Die Autobahnpolizei hat bei einer Fahrzeugkontrolle in einem anderen Landkreis wegen Verdachts eines lebensmittelrechtlichen Verstoßes das Veterinär- und Verbraucherschutzamt des Landratsamtes hinzugezogen. Der Verdacht
hat sich dann bestätigt, gegen den Lebensmittelunternehmer wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
Diesen Vorfall hat die Lebensmittelüberwachungsbehörde zum Anlass genommen, weitere Straßen- und Autobahnkontrollen in Zusammenarbeit mit der Polizei durchzuführen. Bei 2 gezielt durchgeführten Aktionen wurden
2 Verstöße festgestellt und jeweils ein Bußgeldverfahren
eingeleitet.
Die gemeinsamen Kontrollen mit der Autobahnpolizei werden auch 2016 wieder durchgeführt.
Zusammenarbeit auch mit den
Betrieben
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Erfolgreiche Minimierung des Aluminiumgehaltes in Laugengebäck
Die Belastung von Laugengebäck wie Laugenbrezeln,
-stangen und -brötchen mit unerwünschten Gehalten an
Aluminium steht seit Jahren im Fokus der Lebensmittelüberwachung. Ursache für erhöhte Aluminiumgehalte ist
der Kontakt von belaugten Teiglingen vor oder während
des Backvorgangs mit aluminiumhaltigen Backblechen.
Durch diesen Kontakt können sich aufgrund des erhöhten
pH-Wertes erhebliche Mengen an Aluminium aus diesen Materialien lösen und auf das Erzeugnis übergehen.
Backbleche aus Aluminium kommen bisher in Bäckereien
hauptsächlich wegen der guten Backeigenschaften zum
Einsatz.
Das Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz des
Landratsamtes Tuttlingen hat im Rahmen eines Projektes
im Jahr 2015 die Belastung von Laugengebäck mit Aluminium näher beleuchtet. Die Proben wurden gezielt in
handwerklichen Bäckereien entnommen. Das CVUA Freiburg bestimmte die Aluminiumgehalte. Abhängig von den
Untersuchungsergebnissen sollten die Backbetriebe zu
Maßnahmen angehalten werden, die Aluminiumgehalte
im Laugengebäck zu minimieren. Am Beispiel einer handwerklichen Bäckerei wird der erfolgreiche Weg der Minimierung des Aluminiumgehaltes von Brezeln erörtert.
In einer Bäckerei haben die Behördenvertreter mit dem
Betreiber und dem Backstubenmeister die Abläufe bei der
Herstellung von Brezeln vor Ort erfasst, um mögliche Kontaminationsquellen der Backwaren mit Aluminium herauszufinden: Nach der Ausformung wurden die Teiglinge über
ein Beregnungssystem mit Backlauge, 4 %iger Natronlauge,
benetzt. Die Lauge tropfte auf Edelstahlgittern ab. Anschließend wurden die Teiglinge direkt auf Aluminiumbleche
(Lochbleche) umgesetzt, auf denen sie bis zum Backen verblieben; die Verweildauer bis zum Backvorgang war dabei
unterschiedlich lang. Zum Backen wurden die Brezeln direkt
auf den Aluminiumblechen in den Ofen geschoben und anschließend zur Auskühlung auf Holzgitter umgesetzt.
Direkt im Anschluss an die Produktion hat der Lebensmittelkontrolleur amtliche Proben von Laugengebäck (Brezeln)
entnommen und zur Untersuchung an das CVUA Freiburg
eingesandt. Das Labor hat bei den Brezeln einen GesamtAluminiumgehalt von 30,6 mg/kg ermittelt. Die Verteilung
des Aluminiums auf dem Laugengebäck war unterschiedlich; auf der Oberseite wurden 5,45 mg/kg und auf der
Unterseite 54,7 mg/kg gemessen. Diese Untersuchungsergebnisse belegen anschaulich, dass der erhöhte Aluminiumgehalt durch den direkten Kontakt der belaugten
Teiglinge mit der aluminiumhaltigen Oberfläche der Back29
bleche verursacht wird. Die Proben wurden aufgrund des
hohen Aluminiumgehaltes als „zum Verzehr durch den
Menschen ungeeignet“ beurteilt.
Die Lebensmittelüberwachungsbehörde informierte den
Betreiber unverzüglich über das Ergebnis und forderte ihn
auf, schnellstmöglich Maßnahmen zur Minimierung des
Aluminiumgehaltes zu ergreifen. Als Sofortmaßnahme hat
die Bäckerei das Herstellungsverfahren modifiziert und die
Teiglinge zum Backen auf Backpapier, etwas später auf
Silikonfolien ausgelegt. Nach Angaben des Bäckers funktionieren diese Methoden jedoch nur bedingt, weil die Qualität der Brezeln hinsichtlich Konsistenz, Krustenbildung,
Farbe und Geschmack nicht zufriedenstellend war.
Daher hat er nach Alternativen Ausschau gehalten. In Zusammenarbeit mit dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e. V. und Herstellerfirmen aus dem Backzubehörbereich und in enger Begleitung durch das Amt für
Veterinärwesen und Verbraucherschutz hat die Bäckerei
sichere Herstellungsverfahren mit bestmöglichem Backverhalten und Qualität des Endproduktes ausprobiert und
bewertet. Im Ergebnis zeichnete sich ein deutlicher Vorteil bei der Verwendung von neuartigen Backblechen mit
Keramikbeschichtung ab. Das Backverhalten war sehr gut,
die Brezeln lösten sich praktisch von selbst vom Blech und
die Keramikbeschichtung schützte das Backgut vor einem
Übergang von Aluminium. Nach Abschluss der Testphase
wurde dieses Verfahren priorisiert.
wachungsbehörde und Untersuchungsamt konnte die Belastung mit Aluminium erfolgreich minimiert und damit ein
wichtiger Beitrag zur Reduzierung von gesundheitlich bedenklichen Substanzen in Lebensmitteln geleistet werden.
Leider gibt es auch das gegenteilige Beispiel, bei dem
ein selbsternannter Bäcker dadurch, dass er sich weder
um eine Ausbildung noch um ein rechtskonformes hygienisches Arbeiten bemühte, Gebäck mit gefährlich hohen
Aluminiumgehalten in Verkehr brachte:
Eine gute Ausbildung
macht schon Sinn
Fast ein Jahr lang führte ein Bäcker einen Betrieb mit 2
Filialen. Er war weder im Besitz eines Gesellenbriefes noch
hatte er die Meisterprüfung abgelegt. Am Schaufenster
prangte unter seinem Namen jedoch das Wort „Meisterbäckerei“.
Mehrere Kontrollen förderten in allen Betriebsteilen heillose
Unordnung, gravierende Hygienemängel und verdorbene
Lebensmittel zutage. Im Backbetrieb, der illegal in einem
normalen Wohnhaus eingerichtet worden war, herrschten
inakzeptable bauliche Mängel und ebenfalls gravierende
Hygienemängel vor. Von einer angemessenen Personalhygiene konnte nicht die Rede sein.
Bei der Untersuchung von Laugenbrezeln, die direkt auf
defekten Aluminiumblechen gebacken worden waren,
wurden laut Gutachten so hohe Aluminiumgehalte festgestellt, dass ein Kind die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge an Aluminium beim Verzehr von nur einer
Brezel ausgeschöpft hätte. Das CVUA hatte die Brezeln als
nicht sicher eingestuft und damit als inakzeptabel für den
menschlichen Verzehr.
Die Behörde hat den Betrieb geschlossen und ein Strafverfahren eingeleitet. Allerdings sind der „Meisterbäcker“ und
sein Sohn mittlerweile unbekannt verzogen.
ZUSA MMEN A RBEI T AUC H MI T DEN BE T RI EBEN
I N T ERNE T H A NDEL
Internethandel
Lebensmittelkontrolle im World Wide Web
In den letzten Jahren hat das Angebot an Lebensmitteln im Internet stetig zugenommen. Im Jahr 1999 waren
beispielsweise bei eBay 323 Nahrungsmittelartikel im Angebot. Im März 2013 waren es bereits 247.680 und im
September 2015 sogar 350.094 Artikel mit weiter steigender Tendenz.
Diesem wachsenden Angebot an Lebensmitteln trägt auch die seit Dezember 2014 gültige Lebensmittelinformationsverordnung, kurz: LMIV (VO (EU) Nr. 1169/2011) Rechnung, in der zum ersten Mal auch konkrete Kennzeichnungsregelungen für den Fernabsatz enthalten sind.
Seit 2012 beschäftigt sich die Stabstelle Ernährungssicherheit (SES) am RP Tübingen in enger Zusammenarbeit
mit dem CVUA Karlsruhe mit der Überwachung des Onlinehandels in Baden-Württemberg.
Kennzeichnung von Lebensmitteln im Internet
Seit Einführung der LMIV müssen nun auch im Fernabsatz, zu dem auch der Internethandel zählt, bestimmte Anforderungen zur Lebensmittelinformation erfüllt sein. Folgende Kennzeichnungselemente müssen für die Kundschaft nun vor
Vertragsabschluss verfügbar sein:
n die Bezeichnung des Lebensmittels;
n das Verzeichnis der Zutaten;
n bestimmte Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen;
n die Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten – QUID;
n die Nettofüllmenge des Lebensmittels;
n ggf. Hinweise zur Verwendung oder Hinweise zur Lagerung;
n der Name beziehungsweise die Firma und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers oder Importeurs;
n ggf. das Ursprungsland oder der Herkunftsort;
n ggf. eine Gebrauchsanleitung;
n der Alkoholgehalt bei Getränken über 1,2 Vol %;
n die Nährwertdeklaration (ab 13.12.2016).
Das Mindesthaltbarkeits- oder das Verbrauchsdatum müssen spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung bekannt sein. Bei
Waren, die nicht vorverpackt sind, muss eine Angabe zu bestimmten allergenen Bestandteilen erfolgen.
Ein Merkblatt für Unternehmer zur Kennzeichnung im Fernabsatz ist auf der Internetseite des RP Tübingen unter https://
rp.baden-wuerttemberg.de/rpt > Unsere Themen > Verbraucherschutz > Internethandel zu finden.
Bei einer ersten stichprobenartigen Überprüfung der Kennzeichnung von Internethändlern aus Baden-Württemberg im
Jahr 2015 erfüllten zirka 68 % die Vorgaben gemäß Art. 14 LMIV.
Ergebnisse der Überwachung
Die Gemeinsame Zentralstelle zur Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse
der Bundesländer beim BVL (kurz: G@ZIELT) übermittelt jedes Jahr 2- bis 3-mal Datensätze zu Onlinehändlern an die
Bundesländer. Im Rahmen dieser Unternehmensrecherchen hat das BVL bisher 1.003 unterschiedliche Onlinehändler mit
Sitz in Baden-Württemberg ermittelt. Davon waren 731 Betriebe laut Rückmeldung der Lebensmittelüberwachungsbehörden bereits registriert, 178 Betriebe, also
fast 18 %, nicht. Bei 289 Betrieben hanAuswertung der Unternehmensrecherchen, getrennt nach reinen Onlinedelte es sich um reine Onlinehändler. Von
händlern und Händlern mit konventionellem und Internet-Vertrieb
diesen waren wiederum 111 (38 %) nicht
568
registriert. Die neu ermittelten Betriebe sind
600
nunmehr der zuständigen Lebensmittel9%
500
überwachungsbehörde bekannt und damit
400
im Überwachungssystem erfasst.
289
300
Bei der Überwachung des Internethandels
91,0 %
38 %
200
in Baden-Württemberg arbeiten das CVUA
Karlsruhe und die SES eng zusammen.
100
62 %
Auch 2015 haben sie wieder verschie0
Händler mit konventionellem
reine Onlinehändler
dene gemeinsame Projekte durchgeführt.
und Internet-Vertrieb
Nachfolgend sollen 2 Projekte vorgestellt
nicht registriert
registriert
werden:
Anzahl der überprüften Händler
Die Umstellung auf das neue Verfahren verzögerte sich
lediglich, weil der Backblechhersteller Lieferschwierigkeiten hatte. Nach der Umstellung hat die Kontrollbehörde
die Brezeln, die mit dem neu etablierten Herstellungsverfahren gebacken worden waren, amtlich beprobt. Das
Untersuchungsergebnis war erfreulich. Der Messwert von
Aluminium lag unterhalb der Bestimmungsgrenze. Durch
den gemeinsamen Einsatz von Betrieb, Lebensmittelüber-
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
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31
Unter anderem hat die SES im Sommer 2015 kühlpflichtige Fischprodukte bei Internethändlern bestellt.
Das CVUA Karlsruhe untersuchte dann diese Testkäufe.
Alle Händler ließen die Ware von gängigen Logistikunternehmen ohne spezielle Kühlfahrzeuge ans CVUA
anliefern. Teilweise waren in den Paketen zwar Kühlakkus oder Trockeneis vorhanden, bei der Mehrheit
der Produkte war jedoch die Einhaltung der Kühlkette
nicht gewährleistet. Bei der Untersuchung stand die
Mikrobiologie im Vordergrund. Das CVUA hat die
Ware direkt nach Eingang und gegen Ende des MHD
untersucht. Insbesondere zum Ende des MHD wiesen einige Proben erhöhte Keimzahlen auf. Eine Probe
zeigte bereits am Ankunftstag sensorische Abweichungen. Außerdem mussten einige Proben wegen
Kennzeichnungsmängeln beanstandet werden.
In einem weiteren Projekt untersuchte das CVUA
Karlsruhe Haarglättungsmittel hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe. Bei diesen Produkten wird wegen seiner
guten Wirksamkeit oft Formaldehyd eingesetzt, das
allerdings aufgrund der Gesundheitsgefahr in der EU
für diesen Zweck verboten ist. Deshalb hat die SES
neben Proben, die die Lebensmittelüberwachungsbehörden bei Internethändlern vor Ort erhoben haben,
auch gezielt Testkäufe bei weiteren Onlinehändlern,
insbesondere aus dem EU-Ausland, durchgeführt.
Diese Proben wurden bei Händlern bestellt, die über
ebay.de oder den Marktplatz von amazon.de ihre
Produkte anbieten. Formaldehyd konnte dabei in 5
Proben nachgewiesen werden. Eine Probe stammte
von einer Händlerin in Nordrhein-Westfalen, 4 weitere aus Großbritannien und Polen. Für die Probe aus
Deutschland wurde ein RAPEX-Entwurf erstellt, der
von Nordrhein-Westfalen weiter verfolgt wurde. Der
Online-Händler in Nordrhein-Westfalen hat das Produkt bei allen belieferten Kunden zurückgerufen. Die
dortigen Behörden haben die Informationen zum Produkt an das europäische Schnellwarnsystem RAPEX
weitergegeben (Meldung A12/1064/15). Bei den
anderen 4 Produkten hat das BVL die Vorgänge im
Rahmen des EU-Amtshilfeverfahrens in die Herkunftsländer weitergeleitet. Die SES hat eBay und Amazon
über die Ergebnisse informiert, woraufhin die beiden
Plattformen diese Angebote in eigener Verantwortung
gelöscht haben. Die Untersuchungsergebnisse sind in
Kapitel III dargestellt.
Tipps für Verbraucher zum Onlinekauf von Lebensmitteln sind auf der Internetseite des RP Tübingen unter
https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpt > Unsere Themen > Verbraucherschutz > Internethandel zu finden.
Asja Altwasser und Isabella Sackmann, SES
32
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Kennzeichnung
Fehlende Preisauszeichnung
Bei Betriebskontrollen in der Vergangenheit hat der Lebensmittelkontrolleur den Betriebsinhaber eines Marktstandes mehrfach darauf hingewiesen, dass er seine
Ware gemäß der Preisangabenverordnung auszeichnen
muss. Bei einer erneuten Kontrolle fehlten zum wiederholten Male die Preise an fast der gesamten Ware. Dazu
kamen noch Reinigungsmängel in der Verkaufskühltheke,
sodass ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde. Bei einer
Nachkontrolle 6 Wochen später bot sich leider das gleiche
Bild. Aufgrund dieser Unbelehrbarkeit wurde ein zweites,
deutlich höheres Bußgeld erhoben. Erst bei der zweiten
Nachkontrolle, die 8 Wochen später durchgeführt wurde,
zeigten die beiden Bußgelder Wirkung. Die Ware war jetzt
mit Preisschildern versehen und der Verbraucher hatte die
Möglichkeit, die Preise zu vergleichen.
I N T ERNE T H A NDEL · K ENNZEI C HNUN G
V ERSC HI EDENE S
Wie müsste der „Schummelschinken“
korrekt heißen?
Wird die Pizza als „Schinkenpizza“ oder „Pizza mit
Schinken“ bezeichnet, darf auch nur Hinterschinken darauf liegen. Wurde zur Herstellung Formfleisch-Schinken verwendet, muss sie „Pizza mit
Schinken aus Stücken zusammengefügt“ heißen.
Wurde gar ein brühwurstähnliches Imitat verwendet, muss dies zutreffend erläutert werden: „Pizza
mit Pizzabelag nach Art einer groben Brühwurst
aus Schweinefleisch“. Gleiches gilt auch für Nudelgerichte, Salate und andere Gerichte, die Schinken
als Zutat enthalten.
Zur Problematik der Schinkenimitate haben die CVUAs
2009 mit dem Titel „Ist es wirklich ein Schinken auf der
Pizza ?“ und 2012 mit dem Titel „Der Schinken unterm Mikroskop – Original oder Fälschung?“ ausführliche Berichte
veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Allergenkennzeichnung
Seit dem 13. Dezember 2014 müssen nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) die 14 wichtigsten Allergene deutlich sichtbar gekennzeichnet
werden. Dabei müssen auch Produkte aus diesen Allergenen gekennzeichnet werden. Nicht zu kennzeichnen
sind dagegen Stoffe, die durch den Verarbeitungs- oder
Herstellungsprozess ihr allergenes Potenzial verlieren.
Die Ausnahmen sind in der LMIV genannt.
Diese Stoffe und Erzeugnisse müssen bei vorverpackten
Waren im Zutatenverzeichnis hervorgehoben werden. Bei
nicht vorverpackten Waren muss ebenfalls eine Information über Allergene erfolgen; erfolgt diese in mündlicher
Form, muss eine schriftliche Information auf Nachfrage
leicht erhältlich sein.
Verbrauchertäuschung
Bei der Routinekontrolle einer Gaststätte hat die Lebensmittelüberwachung festgestellt, dass in der Speisekarte
zahlreiche Gerichte mit der Zutat „Schinken“ angeboten
wurden. Tatsächlich jedoch hat der Wirt anstelle von
Schinken ein Produkt verwendet, das laut Zutatenverzeichnis neben Kartoffelstärke und Sojaeiweiß nur 56 %
Schweinefleisch enthielt. Die Bezeichnung „Schinken“
war demnach nicht zutreffend und stellte eine Täuschung
des Verbrauchers dar. Gegen den Inhaber der Gaststätte
wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Damit hätten im Jahre 2015 überall die Allergene gekennzeichnet sein müssen. Dies war allerdings nicht der Fall,
wie sich bei vielen Vor-Ort-Kontrollen herausstellte. Die
Lebensmittelkontrolle kann folgendes Fazit ziehen: Wer
die Allergene gekennzeichnet hatte, tat dies auch meistens
korrekt. Die anderen hatten sie überhaupt nicht gekennzeichnet. Noch zum Jahresende 2015 wurden Betriebe
gefunden, denen die Verpflichtung zur Kennzeichnung
nicht bekannt war, auch Handwerks- und Einzelhandelsbetriebe.
Zur Allergen-Untersuchung in Lebensmitteln finden Sie
weitere Informationen in Kapitel III.
Verschiedenes
JA H R E S B E R I C H T 2015
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Verdorbenes Verarbeitungsfleisch
Die Lebensmittelüberwachungsbehörde erhielt einen Hinweis, in einem handwerklichen Metzgereibetrieb sei verdorbenes Verarbeitungsfleisch nicht ordnungsgemäß
entsorgt worden. Der Betrieb sollte es zur Abtötung vorhandener Keime mit Desinfektionsmittel versetzt und weiterverarbeitet haben.
Im Rahmen der unverzüglich durchgeführten Betriebskontrolle hat die Behörde verdächtige Produkte wie frisch
hergestellten Fleischkäse sowie rohe Fleischküchle von insgesamt rund 130 kg amtlich sichergestellt und Verdachtsproben erhoben. Weiter hat sie im Betrieb anhand des
Reinigungs- und Desinfektionsplans und der vorhandenen
Reinigungs- und Desinfektionsmittel als vermutlich zum
Einsatz gekommenes Desinfektionsmittel quartäre Ammoniumverbindungen ermittelt. Daher sollte das CVUA Stuttgart gezielt darauf untersuchen. Tatsächlich konnten diese
Stoffe in der Probe bestätigt werden, in allen beprobten
Lebensmitteln wurden stark erhöhte Gehalte an quartären
Ammoniumverbindungen festgestellt. In den Proben der
Fleischküchle war der Gehalt sogar so hoch, dass diese
Probe als gesundheitsschädlich beurteilt wurde. Das Desinfektionsmittel war jedoch weder bei der Sicherstellung
noch bei der Untersuchung geruchlich wahrnehmbar.
Aufgrund der nachgewiesenen Konzentration des Desinfektionsmittels ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von
einem mutwilligen Versatz auszugehen. Die gleichzeitig angeforderte mikrobiologische Untersuchung zeigte zudem
eine hohe Belastung mit Verderbnis erregenden Keimen.
Dies unterstützte die Aussage des Hinweisgebers, dass
verdorbenes Verarbeitungsfleisch wieder keimfrei gemacht
werden sollte. Gegen den Metzger wurde Strafanzeige gestellt.
Verheimlichte Rauchfleischproduktion
Seit mehr als 10 Jahren ist ein Lebensmittelunternehmer
im Landkreis gewerblich als Wurst- und Fleischwareneinzelhändler gemeldet und bei der Lebensmittelüberwachung registriert. Routinemäßig wird der Betrieb von der
Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Der Betreiber zeigte
der Überwachung stets einen Kühlschrank im Flur, in welchem verpackte und etikettierte Wurst und vereinzelt Konserven bereitgehalten werden. Der Betreiber gab gegenüber dem Kontrollpersonal sehr überzeugend an, lediglich
verpackte Fleisch- und Wurstwaren einzukaufen und auf
einem Wochenmarkt weiterzuverkaufen.
Zufällig entdeckte die Lebensmittelüberwachung bei einem Direktvermarkter vakuumiertes Rauchfleisch mit den
Herstellerangaben des Gewerbetreibenden. Als der Gewerbetreibende mit dem Fund konfrontiert wurde, gab er an,
dass sein Metzger ihm aus Versehen Rauchfleisch ohne
Etiketten verkauft hätte, somit wäre er gezwungen gewe33
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
sen, das Rauchfleisch selbst zu etikettieren. Lieferscheine oder Rechnungen konnten nicht vorgelegt werden, diese wären
beim Steuerberater, nur den Namen des herstellenden Metzgers gab der Gewerbetreibende preis.
Da diese Aussage der Lebensmittelüberwachung doch sehr fragwürdig erschien, wurde bei der herstellenden Metzgerei
nachgefragt. Die Lebensmittelüberwachung erhielt dort die Auskunft, dass der besagte Gewerbetreibende immer nur
unverarbeitetes Fleisch bezieht, aber nie Rauchfleisch. Erneut wurde der Gewerbetreibende aufgesucht. Anfänglich gab er
wieder an, lediglich verpackte Wurstwaren zu handeln. Doch das Lügengespinst fiel durch gezielte Fragen der Lebensmittelkontrolleure in sich zusammen. Zunächst versuchte der Gewerbetreibende darzustellen, dass das unverarbeitete Fleisch
bei einem benachbarten Metzger gesalzen und geräuchert würde. Schlussendlich gab er aber zu, dass er das Fleisch in
der Brennerei seiner Schwester einlegt, räuchert und in seiner Waschküche trocknet, aufschneidet und etikettiert. In der
Brennerei schlachtet die Schwester zudem noch Kaninchen und Geflügel und brennt Schnäpse, was der Lebensmittelüberwachung auch nicht bekannt war.
Verfärbtes Ei
Eine Verbraucherin beschwerte sich beim zuständigen Veterinäramt über die Verpflegung, die ihr Kind im Rahmen eines
Sommerferienprogramms erhalten hatte. Das Kind hatte ein Käse-Ei-Brötchen mit nach Hause gebracht und die Mutter
entdeckte auf dem Brötchenbelag grünliche Verfärbungen des gekochten Eis. Das Brötchen wurde fotografiert und danach mit dem Hausmüll entsorgt. Die Behörde erhielt die Beschwerde samt Fotos per E-Mail und kontrollierte daraufhin
den Bäckereibetrieb, in dem die Brötchen belegt worden waren.
V ERSC HI EDENE S
ERF REUL I C HE S
Erfreuliches
Mit Eigeninitiative zu
einer vorbildlichen Betriebshygiene
Bei einer Regelbetriebskontrolle einer Metzgerei führte der
Inhaber verschiedene, für seinen Betrieb maßgefertigte
Konstruktionen vor, die in einigen häufig anzutreffenden
Problembereichen wesentlich zu einer Verbesserung der
Betriebs- und Arbeitshygiene beitragen.
Problem: Die Rostbildung an frisch gereinigten Maschineneinsätzen gibt häufig Anlass zu Beanstandungen. Nach
ihrer Reinigung werden die Metallteile häufig so gelagert,
dass durch unmittelbaren Kontakt der Einsätze keine Abtrocknung erfolgen kann und sich somit Rost bildet.
Lösung: Auf einem Kunststoffbrett sind Aufhängevorrichtungen angebracht, die mit einem Abstandhalter zur Unterlage versehen sind. Somit ist für eine gute Luftzirkulation
und Abtrocknung der eingehängten Teile gesorgt.
Problem: Eine häufige Beanstandung in Kühlhäusern ist
die Bodenlagerung von Behältnissen. Diese ist zu vermeiden, da die vom Fußboden aufgenommenen Kisten
– wenn sie anschließend auf die Arbeitstische gestellt werden – diese verunreinigen.
Lösung: Hier sorgt dieses rollbare Metallrahmen-System
für Übersichtlichkeit, Sauberkeit und vereinfachte Handhabung. Die Kisten sind hierbei nicht einfach aufeinander
gestapelt, sondern einzeln zu entnehmen.
Gute Wildbrethygiene
Es wurden keinerlei Hygienemängel festgestellt. Stutzig wurden die Kontrolleure über den interessanten Hinweis, dass in
der Bäckerei ähnliche Farbveränderungen schon einmal bei der Kombination von Sonnenblumenkernbrötchen mit hartgekochtem Ei beobachtet worden waren. Sie gaben diesen Hinweis an das CVUA Freiburg weiter, das sofort eine Versuchsreihe anlegte.
Problem: In Metzgereien werden Lackschürzen als Teil
der Schutzkleidung nass gereinigt und sollen danach möglichst rasch und vollständig abtrocknen. Bei der üblichen
Trocknung werden die Schürzen an Wandhaken aufgehängt, hierbei entstehen allerdings Falten, sodass diese
Zwischenräume nur schlecht abtrocknen. Diese Feuchtigkeitsansammlungen begünstigen Schimmelbildung.
Lösung: Hier werden die Schürzen auf überdimensionale
Kleiderbügel annähernd faltenfrei gespannt, im Deckenbereich aufgehängt und können dort vollständig abtrocknen.
Der Hinweis aus der Bäckerei erwies sich als Volltreffer. Da sich Sonnenblumenkerne durch einen vergleichsweise hohen Kupfergehalt auszeichnen, gelang es im Labor, Verfärbungen wie auf den Beschwerdefotos durch den Kontakt von
hartgekochten Eischeiben mit Sonnenblumenkernen oder auch mit Kupferdrähten zu erzeugen. Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Wirkung ergaben sich zwar nicht, aber schon aufgrund der optischen Beeinträchtigung wird der
Bäckereibetrieb in Zukunft seine Sonnenblumenkernbrötchen anders belegen.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Wildbret ist für viele eine Bereicherung des Speisezettels.
Für manche Verbraucher ist jedoch Wildbret untrennbar
mit dem Begriff „Hautgout“ verbunden; dieser sehr strenge, angeblich typische Wildgeschmack und -geruch hält
viele vom Verzehr ab. Dabei kommen diese Merkmale häufig durch mangelhafte Kühlung und zu spätes Ausweiden
zustande und kennzeichnen den fortschreitenden Eiweißverderb. Eine zeitgemäße Wildbrethygiene vermeidet solche Mängel.
Jäger, die Wildbret an Dritte abgeben, sind als Lebensmittelunternehmer anzusehen und gesetzlich dazu verpflichtet, sichere Lebensmittel in Verkehr zu bringen. Die hier
abgebildete Wildkammer wurde im vergangenen Jahr vom
Veterinäramt abgenommen.
Der hygienische Umgang mit dem Wildbret kann nur in
einer entsprechenden Umgebung gelingen. Eine optimal
ausgestattete Wildkammer auch auf kleinem Raum – wie
hier auf unserer Abbildung – bietet hierfür das geeignete
Arbeitsumfeld: gut ausgeleuchtet, komplett gefliest und
daher leicht zu reinigen und zu desinfizieren, mit Insektenschutz an den Fenstern, Warmwasseranschluss und ausreichenden Kühlmöglichkeiten.
Wie bereits erwähnt, stellen diese Fallbeispiele nicht die Regel dar. Die überwiegende Mehrzahl der Kontrollen in den
verschiedenen Lebensmittelbetrieben ergab ein erfreuliches Ergebnis, da die lebensmittelrechtlichen Anforderungen eingehalten wurden. Einige besonders positive Eindrücke aus verschiedenen Bereichen sollen daher auch in diesem Bericht
erwähnt werden. Durch Eigeninitiative, Kreativität und durch ein besonders gutes Hygieneverständnis wurden hier praktische Lösungen gefunden, die auch die Lebensmittelüberwachungsbehörde überzeugen konnten.
34
35
Kurioses
Kontrolle abbestellt
Die Lebensmittelkontrolle hat einen Lebensmittelbetrieb
„wegen extremer Sparsamkeit“ in der Risikoanalyse hoch
eingestuft. Dieser musste deshalb bis auf Weiteres vierteljährlich mit Kontrollen rechnen. Hauptursache waren Hygienemängel im Betrieb und defekte Geräte. So war die
einzige, uralte Spülmaschine seit Monaten praktisch funktionsunfähig, der Boiler zur Warmwasserbereitung für die
Personaltoiletten ging in regelmäßigen Abständen kaputt,
TEIL II BETRIEBSKONTROLLEN UND VOLLZUG
Teil III
Untersuchungen
daraus nicht trinkbar sei. Bei der darauffolgenden Betriebskontrolle bestätigte der Inhaber zunächst diese Aussage
gegenüber dem Lebensmittelkontrolleur und fügte hinzu,
dass aufgrund der alten Leitungen das Wasser wahrscheinlich kontaminiert sei. Als dem Gastwirt deutlich gemacht
wurde, dass unter diesen Bedingungen keine Lebensmittel
mehr abgegeben werden dürften, wurde dieser kleinlaut.
Er gab zu, dass es keinerlei Hinweise auf eine mangelhafte
Wasserqualität gäbe, er wollte eben lieber andere Getränke
verkaufen als Leitungswasser abgeben.
Lebensmittel
Kosmetische Mittel
Bedarfsgegenstände
Tabakwaren
Gute Zusammenarbeit
Untersuchungsergebnisse:
Übersicht in Zahlen
Achtung: Gesundheitsgefahr!
Krankmachenden Lebensmittelkeimen
auf der Spur
Achtung: Gefahr beim Verschlucken
Tödliches Gartengemüse
Gefährliche Haarglätter
Strahlend weiße Zähne – nicht ungefährlich
Im August 2015 begegneten sich der Lebensmittelkontrolleur und der Geschäftsführer im Supermarkt. Letzterer
freute sich und sagte ganz stolz: „Es ist unfassbar, was so
ein Schreiben von Ihnen bewirken kann! Ich habe für alle
TK-Truhen Deckel bekommen. Jetzt machen die Temperaturkontrollen richtig Spaß!“
ebenso der Ablauf des Kondenswassers im Kühlraum –
meist ausgerechnet kurz vor einer Kontrolle. Wegen der
wiederholten Verstöße waren Zwangsgelder bereits festgesetzt und auch schon mehrfach beigetrieben worden.
Im Februar 2015 war dem Betreiber klar, dass die nächste
Kontrolle unmittelbar bevorstehen müsste. Deshalb wurde
mehrfach versucht, den zuständigen Lebensmittelkontrolleur auf seinem Privathandy zu kontaktieren und auch
im Dienst zu erreichen. Als dies endlich gelungen war, erreichte ihn die aufgeregte Botschaft: „Sie kommet doch
net heut oder morga? Bei uns isch nämlich grad der Boiler
verreckt ond mir hend koi Zeit für da Kundadienscht. Sie
kommet doch bestimmt net glei, oder?“
Kirchenasyl?
Anfang August wurde eine Kontrolle beim Kirchenfest in
einer Kreisgemeinde durchgeführt. Bei seiner Ankunft, so
berichtete der Lebensmittelkontrolleur humorvoll, flüchteten alle an der Ausgabe von Lebensmitteln beteiligten
Personen in die Kirche. Der Lebensmittelkontrolleur musste
geraume Zeit warten. Die Flucht war insofern begründet,
als er keine Handwaschgelegenheit vorfand. Das einzige,
was zur Verfügung stand, war Weihwasser. Dem Mangel
wurde umgehend abgeholfen und so konnte die Feier beginnen.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Sagt das Etikett die Wahrheit?
Sagt das Etikett alles?
Fremdwasser in Geflügelfleisch?
Was ist die LMIV?
Nicht besonders super
Schlank und fit mit Pillen?
36
42
45
46
47
48
48
48
49
51
52
53
Auf Spurensuche …54
Radioaktivität54
Pflanzenschutzmittelrückstände und organische Kontaminanten
55
Tierarzneimittelrückstände57
Gentechnik und Lebensmittel
58
Industrie- und umweltbedingte
Kontaminanten59
Herstellungsbedingte Kontaminanten
62
Mykotoxine und Biotoxine
62
Blattspinat mit Beilage
Als Beschwerdeprobe wurde der Lebensmittelüberwachung eine leere Blattspinat-Pappschachtel mit einem
grün-braunen Fremdkörper in einer Plastiktüte übergeben.
Der Fremdkörper hatte sich im tiefgefrorenen Spinat befunden.
Die Untersuchung ergab, dass es sich bei dem Fremdkörper um Korpusteile einer Kröte mit dunkelgrüner, lederartiger Haut handelte – höchstwahrscheinlich um eine Gemeine Erdkröte. Die Probe wurde als ekelerregend beurteilt
– wohl für jeden nachvollziehbar.
Was ist drin?
Allergene in Lebensmitteln
2015 – kein gutes Jahr für Olivenöl-Freunde
Insekten – igitt oder lecker?
Wie kommt Bisphenol F in Senf?
Non-Food – auch ein Thema
der Lebensmittelüberwachung
„Wasser ist zum Waschen da“
Ein Verbraucher wandte sich besorgt an die Lebensmittelüberwachung, nachdem ihm beim Besuch einer Gaststätte
ein Glas Leitungswasser als Getränk verwehrt wurde.
Die Begründung des Gastwirtes lautete, dass aufgrund des
schlechten Zustandes der Wasserleitungen das Wasser
38
41
◆
Dr. Sabine Burgermeister, LRA Rhein-Neckar-Kreis
37
68
68
69
70
71
72
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen
U N T E R SU C H U N G S E RG E B N I S S E: Ü B E R S I C H T I N Z A H L E N
Anteil der beanstandeten Proben an der Gesamtprobenzahl und Verteilung der Beanstandungsgründe
Die Untersuchung und Beurteilung von Lebensmitteln, Wein, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabakwaren ist neben den Betriebskontrollen (siehe Kapitel II ) die zweite Säule der amtlichen Lebensmittelüberwachung.
Lebensmittel
untersuchte Proben
davon beanstandet
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden
insgesamt 48.016 Proben (Vorjahr: 50.318) chemisch, physikalisch und mikrobiologisch untersucht: 41.626 Lebensmittel
(Vorjahr: 44.078), 1.668 Weine (Vorjahr: 1.558), 2.042 kosmetische Mittel (Vorjahr: 1.969), 2.302 Bedarfsgegenstände
(Vorjahr: 2.361), 343 Tabakerzeugnisse (Vorjahr: 308) und
35 sonstige Produkte (Vorjahr: 44), die zum Beispiel wegen
der möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit
mit Lebensmitteln überprüft wurden.
Obwohl Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel darstellt,
unterliegt es rechtlich der Trinkwasserverordnung und nicht
dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Der große
Bereich Trinkwasser wird deshalb separat dargestellt (siehe
Kapitel IV).
Außerdem wurden 14.949 Proben (Vorjahr: 13.033) im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft untersucht, bei dem unter anderem
Fleisch, Milch, Eier und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht werden. 1.506 Proben (Vorjahr: 1.151)
wurden auf Radioaktivität und 5.585 Proben (Vorjahr: 5.342)
im Rahmen der Trinkwasserüberwachung (siehe Kapitel IV)
untersucht.
Art der Proben
2015
2014
2013
Amtliche Lebensmittelüberwachung:
Lebensmittel (ohne Wein)
41.626
44.078
46.643
Wein
1.668 1.5581.772
kosmetische Mittel
2.042
1.969
2.008
Bedarfsgegenstände (z.B. Verpackungsmaterial, Spielwaren,
Gegenstände mit Hautkontakt, Reinigungs- und Pflegemittel)
2.302
2.361
2.202
35
44
21
kein Erzeugnis nach LFGB
Tabakerzeugnisse
Probenzahl gesamt
343 308272
48.016
50.318
52.918
Sonstige Proben:
Nationaler Rückstandskontrollplan (u.a. Fleischhygieneproben)
14.949
13.033
13.839
Radioaktivität (2012 einschl. IMIS-Übung)
1.506
1.151
1.595
Trinkwasser
5.585 5.3426.079
Hygieneproben (Mikrobiologie zur Betriebshygieneüberprüfung)
734
801
696
Weinmost (während der Lesezeit)
710
679
698
Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte
Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder
dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen,
die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen
gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher
Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt.
38
Die Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Grafiken und Tabellen erkennbar.
Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe
bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe
höher sein als die der beanstandeten Proben.
Geeignet die Gesundheit zu schädigen waren insgesamt 103 (0,21 %) Proben (Vorjahr: 106 = 0,21 %).
59 (0,14 %) Lebensmittelproben (Vorjahr: 81 = 0,18 %)
wurden als gesundheitsschädlich beurteilt – vor allem
wegen pathogener Keime (Listeria monocytogenes,
Salmonellen, verotoxinbildende Escherichia coli), mikrobiell verursachter toxischer Eiweißabbauprodukte
(Histamin), scharfkantiger Fremdkörper oder Verunreinigung mit Säure, Lauge oder Lösungsmitteln. Auch
20 (0,87 %) der Bedarfsgegenstände- (Vorjahr: 12 =
0,51 %) – beispielsweise wegen Chrom VI in Lederkleidung – und 18 (0,88 %) Kosmetikaproben (Vorjahr:
9 = 0,46 %) – zum Beispiel wegen hohen Gehalten an
Coffein in Anti-Cellulite-Cremes oder an Formaldehyd in
Haarglättungsmitteln – mussten entsprechend beurteilt
werden. Außerdem waren 6 von 35 (Vorjahr: 4 von 44)
sonstigen scharfkantigen beziehungsweise verschluckbaren Produkten wegen ihrer Verwechselbarkeit mit
Lebensmitteln als gesundheitsschädlich zu beurteilen.
Einzelheiten sind in der Tabelle im Kapitel „Achtung:
Gesundheitsgefahr! “ dargestellt.
59
1.326
Probenanforderung und Probenahme erfolgen risikoorientiert, es werden Verdachts-, Beschwerde- und Vergleichsproben eingesandt und die Untersuchung der Proben wird
zielgerichtet durchgeführt. Die Zahl der Beanstandungen
ist deshalb nicht repräsentativ für das Marktangebot und
erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität
unserer Lebensmittel insgesamt.
Die festgestellten Verstöße beruhten auf folgenden
Mängeln:
n Mängel der Kennzeichnung und Aufmachung,
n Mängel der Zusammensetzung und Beschaffenheit (z.B. Qualitätsmängel),
n Mängel durch mikrobiologische Verunreinigungen,
mikrobiologischen Verderb,
n Mängel durch andere Verunreinigungen oder
Verderbsursachen,
n Mängel aus anderen Gründen,
n Beanstandungen aufgrund gesundheitsschädlicher
Eigenschaften.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
1.551
604
43.295
7.275
Anteil in [%]
16,8 %
davon nicht beanstandet
36.020
Anteil in [%]
83,2 %
497
mikrobiologische Verunreinigungen oder Verderb
1.551
andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen
604
Zusammensetzung, Beschaffenheit
4.654
Anzahl an Beanstandungen*
Bedarfsgegenstände
4.654
andere Gründe
1.326
gesundheitsschädlich59
untersuchte Proben
davon beanstandet
Anteil in [%]
20 36
davon nicht beanstandet
Anteil in [%] 234
288
kosmetische Mittel
18
23
47
21,6 %
1.804
78,4 %
0
24
Zusammmensetzung, Beschaffenheit
234
Kennzeichnung, Aufmachung
288
0
gesundheitsschädlich20
untersuchte Proben
2.042
davon beanstandet
274
Anteil in [%]
13,4
Anteil in [%]
1.768
86,6
mikrobiologische Verunreinigungen oder Verderb
0
andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen
0
Zusammmensetzung, Beschaffenheit
Kennzeichnung, Aufmachung
andere Gründe
Anzahl an Beanstandungen*
498
andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen
nicht beanstandet
223
2.302
mikrobiologische Verunreinigungen oder Verderb
andere Gründe
Anzahl an Beanstandungen*
497
Kennzeichnung, Aufmachung
47
223
23
gesundheitsschädlich18
* Je beanstandeter Probe können bis zu 3 Beanstandungen gezählt werden.
39
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Lebensmittel
Beanstandungen aufgrund
anderer Gründe
Beanstandungen aufgrund
Kennzeichnung /
Aufmachung
Beanstandungen aufgrund
Zusammensetzung / Beschaffenheit
Beanstandungen
aufgrund anderer
Verunreinigungen
Beanstandungen aufgrund
mikrobiologischer
Verunreinigungen
Anteil der
beanstandeten Proben
in %
Zahl der
beanstandeten Proben
Gesamtzahl
der Proben
43.294
7.274
16,8 %
1.566
638
497
4.653
1.326
Milch und Milchprodukte
3.150
380
12,1 %
180
4
21
178
129
Eier und Eiprodukte
1.001
123
12,3 %
3
13
8
81
82
Fleisch, Wild, Geflügel und deren Erzeugnisse
7.980
1.563
19,6 %
591
31
160
894
257
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und deren Erzeugnisse 2.643
488
18,5 %
188
29
42
270
53
835
168
20,1 %
1
60
33
96
12
Suppen, Brühen, Saucen, Feinkostsalate
1.298
321
24,7 %
72
4
4
247
58
Getreide, Backwaren und Teigwaren
4.367
740
16,9 %
184
77
59
434
118
Obst, Gemüse und deren Erzeugnisse
4.814
564
11,7 %
59
234
15
139
197
Fette und Öle
Kräuter und Gewürze
944
177
18,8 %
8
8
11
153
6
alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser)
3.742
472
12,6 %
121
33
13
273
61
Wein
1.668
218
13,1 %
0
4
25
196
18
alkoholische Getränke (außer Wein)
2.177
414
19,0 %
48
29
13
313
148
Eis und Desserts
1.551
232
15,0 %
55
14
18
151
40
Zuckerwaren
1.608
331
20,6 %
3
7
5
308
69
Schokolade, Kakao und kakaohaltige Erzeugnisse, Kaffee, Tee
1.152
135
11,7 %
1
13
18
107
9
824
91
11,0 %
5
30
9
58
1
Fertiggerichte
1.689
469
27,8 %
45
13
7
413
28
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung, Nahrungsergänzungsmittel
1.481
361
24,4 %
1
33
33
321
40
370
27
7,3 %
1
2
3
21
0
Kosmetische Mittel
2.042
274
13,4 %
0
18
47
223
23
Mittel zur Hautreinigung und Hautpflege
1.228
150
12,2 %
0
10
15
133
12
Hülsenfrüchte, Nüsse und deren Erzeugnisse, Knabberwaren
Zusatzstoffe
Haarbehandlungs-/Reinigungs- und Pflegemittel
für die Mundhygiene und Nagelkosmetik
Deodorants und Parfüms
Mittel zur Beeinflussung des Aussehens (Make-up, Sonnenschutz)
Rohstoffe für kosmetische Mittel
Tätowiermittel
59
Bacillus cereusSpätzle
1
Listeria monocytogenes
10
Salmonella Give und Salmonella ChicagoSesammus
1
Salmonella Minnesota
2
Moringa Blattpulver bzw. Kapseln
Salmonella spp.Zwiebelmettwurst
1
Enterotoxin des Staphylococcus aureusLachs
1
Staphylococcus aureus (und Enterotoxin)
Kartoffelsalat
1
Verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC)
Hackfleisch (4x), Zwiebelmettwurst
5
Histamin
Thunfisch (4x), Thunfischsalat
5
CucurbitacineZucchini
1
Hoher Chloratgehalt, Kontamination mit Perchlorat und
Verunreinigung mit Trihalogenmethanen
Nahrungsergänzungsmittel (Wasser mit Kochsalz) als Nachprobe zu Probe aus 2014
1
Erhebliche Überschreitung der sicheren maximalen
Tagesdosis von Vitamin B6 Nahrungsergänzungsmittel für Sportler bei intensiver Muskelanstrengung
1
Zugesetztes Desinfektionsmittel (QAV )
Fleischküchle
1
Ätzende Wirkung durch extrem niedrigen pH-Wert
Flüssigkeit in einer Mineralwasserflasche
1
ErstickungsgefahrHartzuckerbälle
1
Verletzungsgefahr durch Tierkralle, Knochensplitter, Zahn
Bratwurst, Bauernbrot, Eintopf
3
Verletzungsgefahr durch Glasscherben, -splitter oder -stücke
Joghurt, marinierte Steaks, Knoblauchsauce, Mehrkornbrot, Kürbiskerne,
Gemüsemischung, Steinobstbrand, Erdbeerlikör, Pizza
9
Fremdkörper aus Kunststoff
Bio-Milch, Brot (2x), Erbsenkonserve
4
Verletzungsgefahr durch Aluminiumfäden, Drahtstücke,
Metallunterlegscheibe, Eincentmünze
Cornflakes, Berliner, Bohnenkonserve, Hähnchenbrustfilet, Chips
5
Verletzungsgefahr durch andere Fremdkörper wie Dorn,
Steine, Zahnstocher
Suppe, Winzerbrötchen, Hefekranz, Kartoffelknabbererzeugnis, Fertiggericht
5
20
Verletzungsgefahr durch scharfkantige, spitze bzw. harte
70
15,3 %
0
8
22
45
8
10
11,1 %
0
0
0
10
0
241
39
16,2 %
0
0
9
31
3
Hoher Chrom(VI)-Gehalt (größer 3 mg/kg)
Lammfellsohle, Lederschuhe (2x), Lederhandschuhe (7x), Ledergürtel (4x),
Lederarmband (2x)
5
0
0,0 %
0
0
0
0
0
Verletzungsgefahr bei bestimmungsgemäßem Gebrauch
Teller, Suppen bzw. Salat-/Dessertschalen (2x), Schleckmuscheln
Gegenstände und Materialien mit Lebensmittelkontakt
1.091
289
26,5 %
0
14
114
211
0
Gegenstände mit Körperkontakt
864
155
17,9 %
0
21
92
60
0
Spielwaren und Scherzartikel
288
29
10,1 %
0
0
26
3
0
Reinigungs- und Pflegemittel
59
25
42,4 %
0
9
2
14
0
0
0
0
0
0
0
0
0
35
7
20,0 %
0
0
0
0
7
Kosmetische Mittel
10
Hoher Gehalt an freiem Formaldehyd
Haarglättungsmittel
5
Methylacryalat, das ein hohes Sensibilisierungspotenzial
aufweistNagelbehandlungsmittel
1
Gehalt an Wasserstoffperoxid, der für die Abgabe an
Endverbraucher unzulässig ist
Zahnbleichmittel
1
Verbotener Stoff (2-Aminophenol)
Färbemittel für Augenbrauen
Tabakwaren
Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln
(scharfkantig, verschluckbar)
41
12,0 %
0
0
35
5
1
5.585
621
11,1 %
547
1
11
0
4
18
Anti-Cellulite Cremes
343
16
Hoher Gehalt an Coffein, das durch die Haut aufgenommen
werden kann
Kein Erzeugnis nach LFGB
Trinkwasser (siehe Kapitel IV)
Schnittkäse, Hackfleisch (3x), Lachsschinken, Rindswurst, Leberwurst,
geräucherte Forellenfilets, Pesto (2x)
90
195
26,3 %
00 1 40
Anzahl
Lebensmittel
459
2.302498
21,6 % 0 44234288 0
Kein Erzeugnis nach LFGB
Probenbezeichnung
Bedarfsgegenstände
Bedarfsgegenstände
Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel und Tabakwaren
Als gesundheitsschädlich beurteilt wegen
JA H R E S B E R I C H T 2015
Achtung: Gesundheitsgefahr!
Übersicht: Untersuchungsergebnisse
Produktgruppe
Ü B E R S I C H T: U N T E R SU C H U N G S E RG E B N I S S E
AC H T U N G: G E SU N D H E I T S G E FA H R!
Dekogegenstände (Äpfel, Erdbeeren, Trauben …)
1
6
6
87
Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen, Tabakwaren und Trinkwasser.
40
41
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Krankmachenden Lebensmittelkeimen auf der Spur
K R A N K M AC H E N D E N L E B E N S M I T T E L K E I M E N AU F D E R S P U R
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Welche Wirkung hatte das Gutachten?
Die 4 CVUAs untersuchen amtliche Lebensmittelproben auf ihre mikrobiologische Unbedenklichkeit. Sie haben
2015 insgesamt 13.880 Proben (Vorjahr: 15.863), bestehend aus 10.113 Planproben und 3.767 Anlassproben,
mikrobiologisch untersucht. 942 Planproben (8,0 %) und 754 Anlassproben (18,3 %) haben sie aufgrund dieser
Untersuchungen beanstandet und bei 655 Proben darüber hinaus auf Mängel hingewiesen. 27 Proben (0,2 %)
wurden als gesundheitsschädlich beurteilt. 495 Proben (3,1 %) waren aufgrund des grobsinnlichen und/oder
mikrobiologischen Untersuchungsbefundes „nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“, 94 Proben (0,6 %)
„wertgemindert“.
Zentral im Land untersucht das CVUA Stuttgart mikrobiologisch Lebensmittelproben, die in einem
Erkrankungszusammenhang stehen. Es hat im Jahr 2015 im Zusammenhang mit vermeintlich lebensmittelbedingten Erkrankungen insgesamt 1.261 sogenannte Erkrankungsproben zu 323 Ausbrüchen bearbeitet. Ein lebensmittelbedingter Krankheitsausbruch ist laut AVV Zoonosen Lebensmittelkette definiert als „das Auftreten einer mit demselben Lebensmittel in Zusammenhang stehenden oder wahrscheinlich in Zusammenhang stehenden
Krankheit in mindestens 2 Fällen beim Menschen oder eine Situation, in der sich die festgestellten Fälle stärker
häufen als erwartet“. Diese Proben sind nicht planbar. Der Vergleich der letzten 6 Jahre zeigt, dass die Zahl der
Ausbrüche und die Zahl der eingeschickten Proben tendenziell leicht abgenommen haben.
Zahl der Proben, die 2015 als gesundheitsschädlich beanstandet wurden wegen:
Aufgrund des Gutachtens mussten keine aktuellen Maßnahmen ergriffen werden. Denn der Hersteller hatte dieses Produkt bereits im Januar 2015 öffentlich zurückgerufen. Die Behörden hatten die Unternehmensmeldung
im Portal www.Lebensmittelwarnung.de ein- gestellt
und diese ging zumindest im Internet durch die Medien. Auch die belieferten Lebensmittelgeschäfte hatten
per Aushang vor der Salmonellen-Kontamination des
Sesammuses gewarnt. Dennoch hatte diese wichtige
Information die erkrankte Verbraucherin offensichtlich
nicht erreicht. Der Fall macht 2 Dinge deutlich: Zum
einen ist die Information der Öffentlichkeit gerade bei
verzehrsfertigen Lebensmitteln, die mit Krankheitserregern verunreinigt sind, zwingend notwendig, weil hier
die konkrete Gesundheitsgefahr vorliegt. Zum anderen
ist es schwierig, alle Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich zu erreichen und damit die Gefahr der
Gesundheitsschädigung zu verhindern.
Birgit Bienzle, MLR
1
2
Listerien-Untersuchungen
10
4
Listeria monocytogenes
10
verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC)5
Histamin5
5
Salmonellen4
5
Staphylococcus aureus einschl. Staph. Enterotoxin
2
Bacillus cereus
1
◆
Nachfolgend werden Beispiele zu lebensmittelbedingten Erkrankungsfällen dargestellt.
Krankmachendes Sesammus
Im Februar 2015 klagte eine Verbraucherin etwa 12 Stunden, nachdem sie Sesammus (Tahin) verzehrt hatte, über
Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Fieber. Sie übergab deshalb die Restmenge des Produktes an die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde, die das Lebensmittel zur weiteren Untersuchung an das CVUA Stuttgart
weiterleitete. Dort wurden mithilfe der mikrobiologischen
Untersuchung aus dem Sesammus gleich 2 SalmonellaSerovare nachgewiesen: Salmonella Give und Salmonella
Chicago. Eine Lebensmittelinfektion durch Salmonellen
führt in der Regel 12 bis 36 Stunden nach dem Verzehr
des Lebensmittels zu Symptomen wie Kopfschmerz, Unwohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, leichtem Fieber und
Durchfällen. Die Sachverständige beurteilte deshalb das
Sesammus als gesundheitsschädlich.
42
Listeria monocytogenes
ist als Auslöser schwerwiegender lebensmittelbedingter Erkrankungen
bekannt. Im Vergleich zu
Campylobacter-Infektionen und Salmonellosen
ist die Listeriose zwar
eine eher seltene Erkrankung, allerdings weist sie eine hohe Sterblichkeitsrate
von 20 % auf, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel älteren Menschen. Bei
Patienten mit gutem Immunsystem verläuft die Infektion meist symptomlos oder mit leichter, grippeähnlicher
Symptomatik. Dagegen können die Erreger bei Patienten mit Abwehrschwäche schwere Infektionen verursachen. Die Listeriose während der Schwangerschaft
kann zum Abort oder konnataler Listeriose führen.
Der Verzehr kontaminierter Lebensmittel gilt als hauptsächlicher Übertragungsweg auf den Menschen, wobei
die Lebensmittel ihrerseits einer Vielzahl von Kontaminationsquellen ausgesetzt sein können. Listerien sind überall verbreitet, besonders an kühlen, feuchten Stellen. Der
Nachweis von Listerien in Lebensmitteln weist immer auf
ein Hygieneproblem hin.
Gemäß den mikrobiologischen Sicherheitskriterien der VO
(EG) Nr. 2073/2005 gelten verzehrfertige Lebensmittel mit
L. monocytogenes-Gehalten von über 100 KbE/g als nicht
sicher. Sie sind geeignet, die menschliche Gesundheit zu
schädigen.
Listerien-Untersuchungen in
Baden-Württemberg
Von 9.482 in Baden-Württemberg auf Listerien untersuchten Proben konnten die CVUAs in 338 Proben (3,6 %) diese Bakterien nachweisen. In 201
Fällen haben sie die pathogene Art L. monocytogenes differenziert (2,1 %). Am häufigsten wurde
L. monocytogenes nachgewiesen in rohem roten
Fleisch einschließlich Rohwürsten (93) und bei
Fischerzeugnissen (53). Bei letzteren handelte es
sich überwiegend um vakuumverpackte Räucherfischwaren. Eine Gefahr für den Menschen stellen
diejenigen kontaminierten Lebensmittel dar, die vor
dem Verzehr nicht mehr unbedingt durcherhitzt
werden. Aus diesem Grund wurden 10 Lebensmittel wegen des Nachweises von L. monocytogenes
in einer Konzentration über 100 KbE/g als nicht
sicher und gesundheitsschädlich beurteilt: 3 Mal
rohes Hackfleisch, 3 Mal Fleischerzeugnisse, 1 Mal
Schnittkäse, 1 Mal geräucherte Forellenfilets und
2 Mal Pesto-Proben.
◆
43
Auf der Suche nach der Nadel im Heuhaufen
2014 hat das RKI erneut auf eine Häufung von ListerioseErkrankungen in verschiedenen Landkreisen in BadenWürttemberg hingewiesen. Bei der Feintypisierung dieser Isolate zeigte sich, dass es sich sehr wahrscheinlich
um denselben Stamm handelte (PFGE-Muster 13a/54),
der seit 2012 bereits über 30 Erkrankungen in mehreren Bundesländern verursacht hatte. Um in einem solchen Fall die mögliche Infektionsquelle zu ermitteln, ist
ein gemeinsames Vorgehen der Lebensmittelüberwachungsbehörden und des öffentlichen Gesundheitswesens notwendig. Durch gute Kontakte und regelmäßige
Zusammenarbeit der Behörden und Untersuchungsämter, wie LGA und CVUA Stuttgart, wird dies erleichtert.
Erste Patientenbefragungen lenkten den Verdacht auf
Brühwürstchen. In anschließenden umfangreichen Untersuchungen durch die CVUAs konnte dieser Verdacht
jedoch nicht bestätigt werden. Derzeit untersucht das
CVUA Stuttgart verstärkt L. monocytogenes-Isolate aus
der amtlichen Routine sowie aus betrieblichen Eigenkontrollen auf die Zugehörigkeit zu diesem sogenannten
„Würstel-Cluster“ mittels Infrarotspektroskopie. Zusätzlich werden die verdächtigen Proben zur Abklärung ans
BfR, das Nationale Referenzlabor für Listerien, gesandt.
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
K R A N K M AC H E N D E N L E B E N S M I T T E L K E I M E N AU F D E R S P U R
AC H T U N G: G E FA H R B E I M V E R S C H LU C K E N
Bislang konnte jedoch die Infektionsquelle nicht näher
eingegrenzt werden, die Untersuchungen werden daher
fortgeführt.
Achtung:
Gefahr beim Verschlucken
Histamin-Untersuchungen
Das gehört nicht in Lebensmittel
Wenn Thunfischfleisch verdirbt, werden zahlreiche
Stoffwechsel- und Abbauprodukte gebildet, die für den
Menschen toxisch sein können. Insbesondere gehört
dazu das biogene Amin Histamin, das durch Eiweißabbau entsteht. Der toxische Schwellenwert ist bei Normalpersonen im Bereich von 100 mg bei oraler Aufnahme anzusetzen. Da jedoch große Unterschiede in
der individuellen Empfindlichkeit gegen biogene Amine
bestehen, kann dieser Wert nur als grobe Orientierung
angesehen werden. Vergiftungsserscheinungen können
schon bei weit geringeren Konzentrationen auftreten.
Die Symptome einer Histaminvergiftung sind Brennen
im Mund, Taubheitsgefühl auf der Zunge, Hautrötungen
bis hin zum Nesselausschlag, Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Schwindel, Übelkeit bis zum Erbrechen, Magenbeschwerden und Bauchschmerzen bis
zum Durchfall. Typischerweise treten diese Symptome
bereits 30 bis 60 Minuten nach dem Verzehr der thunfischhaltigen Lebensmittel auf.
Fremdkörper in Lebensmitteln stellen ein erhebliches
Sicherheitsproblem dar. Sie gelangen entweder durch
die Rohwaren oder beim Produktionsprozess in die Lebensmittel. Ein erheblicher Teil der Rückrufe von Lebensmitteln erfolgt wegen enthaltener Fremdkörper;
diese sind nicht nur ekelerregend, sondern meist auch
geeignet, die Gesundheit der Verbraucher zu schädigen. Die Suche nach der Herkunft eines Fremdkörpers
gestaltet sich meist schwierig und erfordert nicht selten detektivischen Spürsinn und technisch aufwendige
Nachuntersuchungen.
Histaminvergiftungen
durch keimbelastetes Thunfischfleisch
In insgesamt 5 verschiedenen Fällen haben Lebensmittelüberwachungsbehörden offenes Thunfischfleisch in Verbindung mit Erkrankungen zur Untersuchung eingereicht.
In der Regel stammte es aus Pizzerien zur Herstellung von
Thunfischpizza, einmal handelte es sich um Thunfischsalat.
Allen beschriebenen Erkrankungsfällen war gemeinsam,
dass sehr rasch nach dem Verzehr der thunfischhaltigen
Lebensmittel die typischen Symptome einer Histaminvergiftung aufgetreten waren. Tatsächlich konnten in allen Fällen eine sehr starke Keimbelastung sowie hohe bis sehr
hohe Histamin-Gehalte von 173 bis 4.155 mg/kg nachgewiesen werden. In allen Fällen war deshalb ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr der thunfischhaltigen Lebensmittel und den Erkrankungen anzunehmen. Das CVUA hat
die Lebensmittel als gesundheitsschädlich beurteilt.
Thunfischfleisch aus der Dose ist aufgrund der Herstellung üblicherweise sehr keimarm. Erst wenn die Dosen in
der Gastronomie geöffnet und dann das Thunfischfleisch
zu lange und/oder unsachgemäß gelagert und behandelt
wird, entstehen die starken Keimbelastungen und daraus
resultierend die hohen Histamingehalte.
Bei der Lebensmittelüberwachung gehen regelmäßig Verbraucherbeschwerden ein, wenn in Lebensmitteln etwas
gefunden wird, was dort mutmaßlich nicht hineingehört.
Manchmal sind sie „nur“ ekelerregend, manchmal sogar gesundheitsschädlich. In der tabellarischen Übersicht der als
gesundheitsschädlich beanstandeten Lebensmittel ist wieder
eine große Vielfalt solcher Beispiele aufgeführt. Fremdkörper
aus Glas, Metall, Kunststoff oder Holz, aber auch Knochenstücke und Steine, die beim Verzehr aufgrund der Form und
Größe zu Verletzungen führen können, wurden von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Lebensmitteln gefunden.
44
Knochenstück
Eincent-Münze
Zahnstocher
Metallstück
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse 2015 sind
im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Dr. Alfred Friedrich und Dr. Sabine Horlacher, CVUA Stuttgart
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Metallspäne
Die derart verunreinigten Lebensmittel sind als nicht sicher
zu beurteilen. Wenn nicht ausgeschlossen werden kann,
dass es sich um einen Einzelfall handelt und derart verunreinigte Ware in den Privathaushalten vorhanden ist, erfolgt nicht nur eine Rücknahme im Handel, sondern auch
die Information der Öffentlichkeit über die Medien und im
Internet auf dem bundesweiten Portal www.Lebensmittelwarnung.de. Bei Produkten, die in Baden-Württemberg an
Verbraucherinnen oder Verbraucher abgegeben wurden,
informiert das MLR auch auf der eigenen Internetseite:
http://mlr.baden-wuerttemberg.de > Unser Service > Lebensmittel- und Produktwarnungen.
Ein kurioser Fall eines Fremdkörpers, der ekelerregend,
nicht aber gesundheitsschädlich war, wird in Kapitel II beschrieben. Über die „Kröte im Spinat“ ist auch ein kurzer
Internetbericht veröffentlicht: www.ua-bw.de.
45
AC H T U N G: G E FA H R B E I M V E R S C H LU C K E N · TÖ D L I C H E S G A R T E N G E M Ü S E
G E FÄ H R L I C H E H A A RG L ÄT T E R
Sind das Lebensmittel?
Tödliches Gartengemüse
Gefährliche Haarglätter
Nicht nur Fremdkörper in Lebensmitteln können gefährlich sein, wenn sie mitverzehrt werden. Auch Produkte,
die gar keine Lebensmittel sind, können insbesondere
von Kleinkindern in den Mund genommen und verschluckt werden, wenn sie mit Lebensmitteln verwechselbar sind. Scharfe oder spitze Teile können dabei im
Mund- und Rachenraum oder im Verdauungskanal zu
Verletzungen führen. Wenn sie als Ganzes verschluckbar sind, kann dies im schlimmsten Fall zum Ersticken
führen. Daher hat der Gesetzgeber verboten, solche
Produkte in den Verkehr zu bringen.
Im August 2015 hat das CVUA Stuttgart 2 Verdachtsproben Zucchini untersucht, nachdem bei einem älteren
Ehepaar mutmaßlich infolge des Verzehrs eines Zucchinigerichts schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgetreten waren. In deren Verlauf mussten beide Personen intensivmedizinisch betreut werden, eine
Person ist verstorben. Im Rahmen der durchgeführten
chemischen Untersuchungen hat das CVUA in einer
Probe erhebliche Gehalte an giftigen Cucurbitacinen
nachgewiesen.
Formaldehydhaltige Produkte aus dem Internet
Immer wieder gerät deshalb Dekomaterial in den Fokus
der Lebensmittelüberwachungsbehörden. Im Berichtsjahr
hat das CVUA Stuttgart insgesamt 5 verschiedene Dekogegenstände aufgrund der genannten Gefahren als gesundheitsschädlich beurteilt. Dazu gehörten Zieräpfelchen,
künstliche Erdbeeren, Trauben und Beeren. Solche Artikel
sind zu jeder Jahreszeit beliebt, daher bietet der Handel
immer naturgetreuere Früchte für die Zimmerdekoration
an. Aber nicht nur die Hersteller und Anbieter sind vom
Gesetzgeber in die Pflicht genommen. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher sollten Kleinkinder von solchen
Dekorationen auf Tischen, Fensterbänken und in hübschen
Schalen fernhalten, um kein unnötiges Risiko einzugehen.
Denn die Kleinen sind nicht nur neugierig, sondern nehmen gerne auch alles Mögliche in den Mund – ganz besonders, wenn es zum Anbeißen lecker aussieht.
Deko-Erdbeeren
Deko-Trauben
Birgit Bienzle, MLR
46
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Nachdem die Kosmetiküberwachung des Landes im Herbst 2010 vor formaldehydhaltigen Haarglättungsmitteln
gewarnt hatte, fand das Kosmetiklabor bei den stichprobenartigen Untersuchungen von Proben aus dem Einzelhandel in den Jahren 2011 bis 2014 keine dieser gesundheitsschädlichen Haarglättungsmittel mehr. Das Projekt
2015 „Haarglättungsmittel im Internethandel“ zeigt hingegen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sehr wohl
noch vermeintlich harmlose Produkte übers Internet erwerben können.
Von insgesamt 17 Proben hat das CVUA Karlsruhe 5 Proben als nicht sicher für die menschliche Gesundheit beurteilt. Es
hatte in den Proben zwischen 1,3 und 6,5 % freies Formaldehyd bestimmt. Wegen des hohen Gehaltes an freiem Formaldehyd geht bei Verwendung dieser Produkte ein ernstes Risiko für die menschliche Gesundheit aus. Zu den Testkäufen
im Internet und dem weiteren Vorgehen nach den Beanstandungen berichtet die SES in Kapitel II.
Zucchini
Bei Cucurbitacinen handelt es sich um eine Gruppe von
toxischen Stoffen, die von verschiedenen Kürbisgewächsen, zu denen neben Kürbissen auch Zucchini, Gurken
oder Melonen zählen, natürlicherweise gebildet werden
können. Die Gruppe umfasst etwa 40 Einzelstoffe. Cucurbitacine verursachen einen stark bitteren Geschmack,
wirken als Zellgift und können Lebensmittelvergiftungen
mit gastrointestinaler Symptomatik hervorrufen. Je nach
aufgenommener Dosis können die Symptome von Übelkeit, Erbrechen, Magenkrämpfen und Durchfall bis hin zu
lebensbedrohlicher hämorrhagischer Gastroenteritis reichen. In seltenen Fällen wurden bereits Vergiftungen mit
tödlichem Verlauf beschrieben. Das in der Probe festgestellte Muster an Cucurbitacinen sowie deren Gehalte sind
als typisch für bittere Zucchini zu bezeichnen. Das CVUA
Stuttgart hat den Fall in einem kurzen Bericht veröffentlicht:
www.ua-bw.de. Kurze Zeit später hat auch das Bayerische
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im
Internet über vermehrte Vergiftungsfälle durch bittere Zucchini berichtet (www.lgl.bayern.de).
Das BfR hat daraufhin die Fälle in seiner Mitteilung Nr.
027/2015 vom 4. September 2015 bewertet (www.bfr.
bund.de). Das BfR empfiehlt, einen ungewöhnlich bitteren
Geschmack als Warnzeichen zu deuten, dass derartige
Zucchini nicht zum Verzehr geeignet sind. Vor der Zubereitung sollte das rohe Gemüse gekostet und bei einem
bitteren Geschmack nicht verwendet werden.
◆
Zum Hintergrund:
Vor 5 Jahren berichtete die amtliche Kosmetiküberwachung Baden-Württembergs über Haarglättungsmittel, die als sensationelle Neuheit in Friseursalons und im Internet angeboten worden waren. Sie stammten aus den USA und aus Brasilien
und waren irreführend aufgemacht. Die Werbeaussagen behaupteten, dass der Haarglättungseffekt durch einen gesundheitlich unbedenklichen Keratinkomplex erzielt würde. Die Analysen im Labor wiesen dagegen nach, dass die Produkte
bis zu 8 % Formaldehyd enthielten. Mit diesem Wirkstoff kann während der Friseurbehandlung mit einem Glätteisen bei
hohen Temperaturen eine perfekte, über Monate anhaltende Haarglättung erzielt werden. Während dieser Anwendung atmen aber sowohl das Friseurpersonal als auch die Kundschaft giftige Formaldehyd-Dämpfe ein. Formaldehyd ist aufgrund
seiner erwiesenen krebserzeugenden Wirkung im Bereich der Nasen- und Rachenepithelien für diesen Verwendungszweck
EU-weit verboten.
Das MLR hat am 29.10.2010 vor Haarglättungsmitteln mit verbotenem Formaldehyd gewarnt. Ein ausführlicher
Fachbericht aus demselben Jahr ist veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Thomas Kapp, CVUA Stuttgart
Dr. Gerd Mildau, CVUA Karlsruhe
Glyoxylsäure – eine harmlose Alternative?
Inzwischen gibt es einen Alternativwirkstoff für Formaldehyd, und zwar die Glyoxylsäure, auch Oxoessigsäure (CAS
298-12-4) genannt. Sie ist in der EU-Kosmetikverordnung bisher nicht geregelt, also auch nicht verboten. Glyoxylsäure
hat kein krebserregendes Potenzial und ist in Haarglättungsmitteln zwischen 10 und 20 % enthalten. Das Funktionsprinzip ist ähnlich wie bei Formaldehyd, nämlich die Vernetzung der Keratin-Proteine des Haares durch Hitzeeinwirkung
mit dem Glätteisen. Bei Glättungstemperaturen von 180 bis 230 °C und einer Prozedur im Friseursalon von bis zu 45
Minuten je nach Haarlänge und Haardicke ist eine für Verbraucher und Friseur unangenehme Dampfentwicklung zu
beobachten.
Das CVUA Karlsruhe hatte die Sicherheitsbewertung eines untersuchten Produktes mit einem Glyoxylsäuregehalt von
20 % eingesehen. Sowohl Friseur als auch Kunden sind den Glyoxylsäuredämpfen ausgesetzt. Für den toxikologisch
wichtigen Endpunkt der Inhalationstoxikologie lagen jedoch keine Daten vor, weshalb diese Sicherheitsbewertung nicht
geeignet war, die Sicherheit des Produktes ausreichend zu belegen. Aus diesem Grund wurde das Produkt als nicht
verkehrsfähig beurteilt.
47
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Strahlend weiße Zähne –
nicht ungefährlich
Sagt das Etikett die
Wahrheit?
Dank Sauerstoffbleiche wieder strahlend weiße Zähne.
Das wünschen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher. Doch Zahnbleichmittel sind nicht ungefährlich. Daher hat der europäische Gesetzgeber strenge
Vorschriften für die Abgabe dieser Produkte festgelegt.
Das Untersuchungsprogramm im Jahr 2015 ergibt keine strahlende Bilanz: Mehr als zwei Drittel der Proben
waren zu beanstanden.
Täuschungsschutz ist neben dem Gesundheitsschutz
das zweite klassische Ziel der Lebensmittelüberwachung. Die Bekämpfung von sogenanntem Lebensmittelbetrug ist seit dem Pferdefleischskandal im Jahr
2013 stärker in den Fokus der Behörden und der Öffentlichkeit gerückt. Aber nicht nur dadurch gewinnen
neue Fragestellungen wie der Herkunftsnachweis oder
die Überprüfung der „Bio“-Kennzeichnung immer mehr
an Bedeutung. Auch die Verbrauchererwartung an die
Informationen zu den gekauften Lebensmitteln und Produkten steigt immer mehr.
STRAHLEND WEISSE Z ÄHNE – NICHT UNGEFÄHRLICH · SAGT DAS E TIKE T T ALLES?
FREMDWASSER IN GEFLÜGELFLEISCH?
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Was ist eine Konformitätserklärung?
Eine Konformitätserklärung (KE) bestätigt, dass der betreffende Gegenstand so hergestellt wurde, dass er den
geltenden Vorschriften entspricht und mit Lebensmitteln in Kontakt kommen darf. Außerdem soll sichergestellt werden, dass für die Sicherheit des Verbrauchers Informationen, beispielsweise Verwendungshinweise, in
der Herstellungskette weitergegeben werden.
Das CVUA Stuttgart hat den ausführlichen Bericht im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Dort ist auch für Unternehmen ein Merkblatt über die Herstellung und Kennzeichnung von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Keramik
abrufbar.
Magdalena Köhler, CVUA Stuttgart
Sagt das Etikett alles?
◆
Seit 1. November 2012 gibt es für Zahnbleichmittel mit
Wasserstoffperoxid im kosmetischen Bereich neue rechtliche Regelungen. Die baden-württembergische Kosmetiküberwachung nahm 2015 diese Produktgruppe unter die
Lupe – gezielt Produkte aus dem Internet, aber auch direkt
von Herstellern.
Von den 19 untersuchten Proben waren 7 (37 %) zu beanstanden. Eine Probe musste das CVUA Karlsruhe als nicht
sicher für die menschliche Gesundheit bewerten, da jeder
sie über das Internet beziehen konnte und damit die vorgeschriebene ärztliche Betreuung nicht sichergestellt war.
Bei der Probe handelte es sich um transparente dünne
Kunststoffstreifen, die jeweils mit einer wasserstoffperoxidhaltigen oder freisetzenden Gelschicht belegt sind. Der
ermittelte Wasserstoffperoxidgehalt betrug 5,5 %. Gemäß
der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Komitees für
Verbraucherprodukte der EU gibt eine fehlende ärztliche
Betreuung Anlass zu gesundheitlichen Bedenken. Ein erhöhtes gesundheitliches Risiko besteht bei Verletzungen
des Zahnfleisches oder der Mundschleimhäute, aber
auch bei ständigem Genuss von Alkohol und Tabak. Denn
Wasserstoffperoxid kann das durch Tabakkonsum oder
Alkoholmissbrauch erhöhte Risiko, Krebs im Mundraum
zu entwickeln, weiter erhöhen. Hier sollte also besondere
Vorsicht für die Anwendung gelten. Auf der Verpackung
wurden dagegen Raucher und Weintrinker besonders
angesprochen beziehungsweise die Anwendung speziell
bei dieser Personengruppe empfohlen. Die erforderlichen
Warnhinweise, wie „nicht bei Personen unter 18 Jahren
verwenden“, fehlten. Erschwerend kam hinzu, dass im Internet noch gefahrenverharmlosend geworben wurde mit
„enthält weniger als 0,1 % Wasserstoffperoxid“.
Das CVUA Karlsruhe hat den ausführlichen Bericht im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Nicht nur das, was drauf steht, muss stimmen. Die
Kennzeichnung muss auch vollständig sein und den
gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Denn nur so
sind die Verbraucherinnen und Verbraucher auch vollständig informiert über das, was sie kaufen.
Konformitätserklärung für Keramik –
mehr als ein Beipackzettel
Auf Weihnachtsmärkten gibt es jedes Jahr wieder Tassen,
Teller und Schüsseln und vieles mehr aus Keramik. Was
die Verbraucher jedoch nicht wissen: Bei jedem Kauf eines
Produktes aus Keramik, das mit Lebensmitteln in Kontakt
kommt, muss eine sogenannte Konformitätserklärung (KE)
ausgehändigt werden. Doch die Realität sieht anders aus.
Im Jahr 2015 haben die Händler bei 37 von 38 Proben keine Konformitätserklärung ausgehändigt. Die Situation hat
sich damit in den letzten Jahren sogar verschlechtert. 2013
hatten 72 % der 57 Proben, 2014 nur 27 % keine oder
eine mangelhafte KE. Im Berichtsjahr musste das CVUA
nun 97 % wegen der fehlenden KE beanstanden. Diese
Produkte dürfen von Rechts wegen nicht in den Verkehr
gebracht werden.
Fremdwasser in Geflügelfleisch?
Fleisch von Huhn und Pute wird immer beliebter. Bei
rohem Fleisch ist die Gewichtssteigerung durch den Zusatz von fleischfremdem Wasser eine altbekannte Möglichkeit zum Betrug am Verbraucher. Nur bei ausdrücklicher Kennzeichnung kann Geflügelfleisch zulässige
Mengen, beispielsweise an Flüssigwürze, enthalten. Die
landesweiten Untersuchungen von 94 Proben zeigen
ein erfreuliches Ergebnis: Die CVUAs mussten keine der
Proben wegen eines möglichen Fremdwassergehaltes
beanstanden.
Der Geflügelfleischverzehr in Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten beträchtlich gestiegen. Der ProKopf-Verbrauch lag 1952 noch bei rund 1,2 kg. 1978 war
er bereits auf über 10 kg gestiegen und 2013 verzehrte jeder Bürger etwa 19,4 kg Geflügelfleisch. Neben dem günstigen Preis ist für diesen Anstieg ausschlaggebend, dass
Geflügelfleisch den Wünschen der Konsumenten nach
kalorienarmer und leicht verdaulicher Kost entspricht. Am
häufigsten kommt Huhn auf den Tisch, der Putenfleischverzehr hat allerdings stark zugenommen.
Was regelt das Lebensmittelrecht?
◆
§
In der Verordnung (EG) Nr. 543/2008 sind Durchschnittswerte und Höchstwerte für das Wasser-Eiweiß-Verhältnis
(W/E-Verhältnis) für die unterschiedlichen Fleischstücke von Puten- und Hähnchenfleisch, abhängig vom Herstellungsverfahren, aufgeführt. Wird Fremdwasser zum Beispiel in Form von Flüssigwürze zugesetzt, handelt es
sich nicht mehr um „rohes Geflügel“, sondern um eine Geflügelfleischzubereitung. Die Abweichung von der allgemeinen Verkehrsauffassung ist durch eine beschreibende Verkehrsbezeichnung nach der Verordnung (EU) Nr.
1169/2011 (LMIV) kenntlich zu machen.
Dr. Gerd Mildau, CVUA Karlsruhe
48
49
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
F R E M DWA S S E R I N G E F LÜ G E L F L E I S C H?
WA S I ST DIE L MI V?
Untersuchungsergebnisse
Was ist die LMIV?
Ein unzulässiger Wasserzusatz erhöht das Fleischgewicht. Damit kauft die Kundschaft das Fleisch überteuert ein. Mithilfe
des W/E-Verhältnisses ist es möglich, eine Zugabe von Fremdwasser zu erkennen. Denn der Wassergehalt von Fleisch
steht zu dessen Eiweißgehalt in einem bestimmten, relativ konstanten Verhältnis.
Für die Kennzeichnung von Lebensmitteln gilt seit 13. Dezember 2014 weitgehend die neue europäische Lebensmittelinformationsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, kurz LMIV). Die Überprüfung der neuen Vorgaben war
für die Lebensmittelüberwachung im Jahr 2015 eine zentrale Aufgabe und Herausforderung. Die LMIV führt in vielen
Teilen die schon bisher geltenden Regelungen der nationalen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) fort,
beispielsweise bei der Angabe eines Mindesthaltbarkeitsdatums, der Angabe des Herstellers oder der Angabe eines
Zutatenverzeichnisses. In anderen Teilen werden die Kennzeichnungsvorschriften ausgedehnt und präzisiert.
Bereits 2013 haben die CVUAs im Rahmen eines landesweiten Projekts Geflügelteilstücke auf Phosphat- sowie Wasserzusätze untersucht und die Ergebnisse im Jahresbericht veröffentlicht. Dieses Projekt wurde 2015 nochmals aufgegriffen und 94 rohe Geflügelfleischproben – Hähnchenbrustfilet, Putenbrustfilet und entbeintes Fleisch von Hähnchen- und
Putenschenkeln – auf Fremdwasserzusätze über das W/E-Verhältnis überprüft. Keine der untersuchten Proben war wegen
eines Fremdwasserzusatzes zu beanstanden.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Untersuchungsergebnisse des W/E-Verhältnisses bei Geflügelfleisch
Probenzahl
W/E-Verhältnis
durchschnittliches W/E-Verhältnis
nach VO (EG) Nr. 543/2008
Hähnchenbrustfilet, ohne Haut
36
3,29 ± 0,12
3,19 ± 0,12
Putenbrustfilet, ohne Haut
30
3,09 ± 0,19
3,05 ± 0,15
entbeintes Fleisch von Hähnchenschenkeln
24
4,03 ± 0,11
4
3,79 ± 0,15
entbeintes Fleisch von Putenschenkeln
3,65 ± 0,17 (ohne Haut)
◆
Die weitreichendsten Neuerungen beziehen sich auf die Allergenkennzeichnung. Nach den bisherigen Vorgaben der
LMKV musste auf bestimmte Zutaten, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, wie glutenhaltige Getreideerzeugnisse, Eier, Erdnüsse und Milch, auf Verpackungen hingewiesen werden. Nach der LMIV müssen diese Zutaten
nun im Zutatenverzeichnis hervorgehoben dargestellt werden, beispielsweise durch Fettdruck. Neu ist auch, dass die 14
Zutaten, die allergische oder andere Unverträglichkeitsreaktionen auslösen können, auch bei loser Abgabe von Lebensmitteln angegeben werden müssen, beispielsweise auf Speisekarten oder Schildern an der Ware.
Neben der fehlenden oder unzureichenden Allergenkennzeichnung waren insbesondere die neuen Vorgaben zur Nährwertkennzeichnung und die neu eingeführte Mindestschriftgröße für die verpflichtenden Angaben sehr häufig Grund für
eine Beanstandung.
◆
Für entbeintes Fleisch von Hähnchenschenkeln gibt die Verordnung (EG) Nr. 543/2008 keine durchschnittlichen Werte
vor. Das in diesen Proben ermittelte W/E-Verhältnis ist im Vergleich zum entsprechenden Putenfleisch zwar höher, aber
dieser Unterschied zwischen Hähnchen- und Putenfleisch ist mit den Ergebnissen bei den untersuchten Brustfilets vergleichbar.
Inge Eversberg und die Mitglieder der ALUA-AG „Fleisch, Fisch und Erzeugnisse“
50
Die Anforderungen der LMIV stellen aber auch Lebensmittelbetriebe vor erhebliche Herausforderungen. In diesem Zusammenhang wurde beispielsweise die Frage aufgeworfen, wer überhaupt als Lebensmittelunternehmer einzustufen ist
und folglich die Vorgaben der LMIV einzuhalten hat. Gelten die Regelungen der LMIV zum Beispiel auch für schulische
Veranstaltungen oder lokale Vereinsfeste? Das CVUA Sigmaringen war an einer Landesarbeitsgruppe des MLR beteiligt, die diese Frage klären sollte. Die Arbeitsgruppe hat eine Entscheidungshilfe erarbeitet, die die Lebensmittelüberwachungsbehörden des Landes bei der Beantwortung der Fragestellung unterstützt, wann eine Tätigkeit als Lebensmittelunternehmer vorliegt. So liegen zum Beispiel bei der gelegentlichen Abgabe von selbst hergestellten Speisen wie Kuchen
auf kleinen gemeinnützigen Festen oder beim Verkauf von Konfitüren durch Schulklassen auf Weihnachtsmärkten keine
lebensmittelunternehmerischen Tätigkeiten vor, sodass für diese Lebensmittel die Allergenkennzeichnung und die weiteren Vorgaben der LMIV nicht verpflichtend sind. Der Leitfaden ist auch im baden-württembergischen Verbraucherportal
veröffentlicht: www.verbraucherportal-bw.de.
Die Ergebnisse der Allergenuntersuchungen sind in diesem Kapitel unter Allergene in Lebensmitteln dargestellt. In
Kapitel II sind die Ergebnisse der Überprüfung der Allergenkennzeichnung bei Kontrollen vor Ort dargestellt.
Mirjam Zeiher und Paul-Hermann Reiser, CVUA Sigmaringen
51
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
N I C H T B E S O N D E R S SU P E R
S C H L A N K U N D F I T M I T P I L L E N?
Nicht besonders super
Schlank und fit mit Pillen?
Das „Super Food“ Moringa
Nicht deklariertes DNP als gefährlicher „Fatburner“
Moringa liegt zusammen mit anderen angeblichen „Superfoods“, wie beispielsweise Getreidegräsern, Spirulina,
Chlorella oder Maca, voll im Trend. Die getrockneten, pulverisierten Blätter des Moringabaumes sollen über das
morgendliche Müsli gestreut oder als sogenannter „Smoothie“ zubereitet werden. Bequemer ist der Verzehr von
Kapseln mit Moringablattpulver.
Das CVUA Stuttgart hat in den Jahren 2013 bis 2015 insgesamt 16 Proben Moringa-Blattpulver untersucht. Davon waren
11 Proben als „Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichnet. Sofern ein Herkunftsland angegeben wurde, lautete es „Indien“.
Das ernüchternde Fazit der Untersuchungen lautet:
n Lediglich 2 Proben wurden nicht beanstandet.
n 2 der im Jahr 2015 untersuchten Proben enthielten Salmonellen und wurden als gesundheitsschädlich beurteilt (siehe Tabelle „Achtung Gesundheitsgefahr“).
n 12 der 13 auf Pestizide untersuchten Erzeugnisse wiesen Rückstände auf, 8 Proben – darunter
2 „Bio“-Produkte – wurden wegen der Überschreitung von Höchstgehalten beanstandet.
n 13 Proben wiesen Kennzeichnungsmängel auf, meist aufgrund irreführender nährwert- und/oder
gesundheitsbezogener Bewerbung, aber auch unzulässiger krankheitsbezogener Angaben.
Im Sommer 2015 hatte Interpol vor Diätpillen mit 2,4-Dinitrophenol (DNP) gewarnt. Nahrungsergänzungsmittel
für Sportler versprachen eine schnelle Gewichtsreduktion durch eine Steigerung der Fettverbrennung. Über den Internethandel können solche Produkte leicht beschafft werden. Die Untersuchungsämter in Großbritannien spürten
den giftigen Stoff auf und informierten über das europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel
(RASFF) alle übrigen Mitgliedstaaten. In den daraufhin vom CVUA Karlsruhe untersuchten Proben aus dem Präsenzhandel ergaben sich keine positiven DNP-Befunde.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
◆
◆
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Was ist drin in Moringablättern?
Untersuchungsergebnisse
Glaubt man der Werbung – insbesondere im Internet – sind die Wirkung und der Nährstoffgehalt von Moringablättern
„legendär“. Vor allem in Ostafrika wird Moringa oleifera traditionell als Heilmittel eingesetzt. Für die Behauptung, dass
Moringablätter Krankheiten heilen können, gibt es aber bisher keine durch fundierte wissenschaftliche Studien erzielten
Nachweise. Abgesehen davon sind krankheitsbezogene Angaben für Lebensmittel gar nicht erlaubt.
Die Gegenüberstellung der Nährwerte von getrockneten, pulverisierten Moringablättern mit denen von frischer Milch,
Spinat oder Bananen entspricht dem berühmten Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Die Untersuchungen einiger wichtiger
Nährstoffe durch das CVUA Stuttgart zeigen, dass Moringablätter zwar ein breites Nährstoffspektrum haben, jedoch auch
nur ein „normales“ Lebensmittel sind. Verglichen mit üblichen Verzehrsmengen von frischen Lebensmitteln sind in 10 g
Moringablattpulver keinesfalls wie beworben enthalten: „doppelt so viel hochwertiges Eiweiß (Soja)“, „17-mal so viel Kalzium (Milch)“, „25-mal so viel Eisen (Spinat)“ bzw. „15-mal so viel Kalium (Bananen)“. Die Art und Weise dieser Bewerbung
der Nährstoffgehalte hat das CVUA deshalb als zur Täuschung des Verbraucher geeignet beurteilt.
Ein ausführlicher Fachbericht ist veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Im CVUA Karlsruhe als zentraler Einrichtung in Baden-Württemberg zur Untersuchung von Sportlernahrung werden derartige Proben auf unzulässige Zusätze, insbesondere auch auf nicht deklarierte Zusatzstoffe oder Zutaten untersucht.
2015 hat das CVUA insgesamt 70 Proben analysiert. Es handelte sich um Produkte zur Zufuhr von Eiweiß, Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen oder Pflanzenextrakten in Form von Pulvern, Kapseln, Flüssigkeiten, Gelen oder Riegeln.
Die Kennzeichnung wies zum Teil auf Fettverbrennung, Körperstraffung oder ähnliche Wirkungen hin. Die Proben des
Untersuchungsprogramms stammten aus dem stationären Handel wie Fitness-Studios, lokalen Sportgeschäften und Supermärkten, also dem sogenannten Präsenzhandel. Erfreulicherweise konnte in diesen Proben kein DNP nachgewiesen
werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind also beim Erwerb von Sportlerlebensmitteln aus dem Präsenzhandel
bei weitem nicht so gefährdet wie beim Internetkauf. Zu warnen ist vor allem vor Produkten aus dem internationalen
Internethandel. Die hier angebotenen Nahrungsergänzungsmittel können derzeit noch kaum in die Überwachung einbezogen werden. Besonders tückisch sind nicht deklarierte DNP-Zusätze zu Sportlernahrung, deren Gefährlichkeit für den
Verbraucher dann nicht erkennbar ist.
Dr. Christiane Lerch und Ellen Scherbaum, CVUA Stuttgart
Sibylle Maixner, CVUA Karlsruhe
53
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Auf Spurensuche ...
R A D I OA K T I V I TÄT
P F L A N Z E N S C H U T Z M I T T E L RÜ C K S TÄ N D E U N D O RG A N I S C H E KO N TA M I N A N T E N
JA H R E S B E R I C H T 2015
Pflanzenschutzmittelrückstände und organische Kontaminanten
Lebensmittel tierischer Herkunft
Radioaktivität
30 Jahre, genau eine Halbwertzeit des Radionuklids Cäsium (Cs)-137, liegt der Unfall im Kernkraftwerk von
Tschernobyl (Ukraine) zurück. Durch den Reaktorbrand am 26. April 1986 wurden große Mengen Radioaktivität
freigesetzt, die große Flächen in Europa kontaminierten, in Deutschland insbesondere den Süden. Bund und Länder
installierten daraufhin mit IMIS ein deutschlandweites Messnetz für die Umweltradioaktivität, das seitdem immer
weiter entwickelt wurde.
Die CVUAs Stuttgart und Freiburg sind als Landesmessstellen Baden-Württembergs in das IMIS eingebunden. Sie müssen in einem Ereignisfall hohe Probenzahlen auch über längere Zeit bewältigen können. Ihre Kapazität soll mit dem Projekt
„Nuklearer Notfallschutz" ausgebaut werden, für das die Landesregierung 2015 zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt hat.
Der Kernkraftwerksunfall von Fukushima (Japan) hat vor rund 5 Jahren, am 11. März 2011, das Thema Radioaktivität
sehr deutlich in Erinnerung gebracht. Während aus Japan nur sehr geringe Mengen radioaktiver Stoffe nach Deutschland
gelangten, sind die Cs-137-Kontaminationen aus Tschernobyl auch heute noch in einigen Gebieten Baden-Württembergs
im Wildschweinfleisch deutlich messbar.
Ergebnisse 2015
Die beiden CVUAs haben im Jahr 2015 insgesamt 1.391 (Vorjahr:
1.070) Lebensmittel- und 26 (Vorjahr: 28) Trinkwasserproben auf Radioaktivität untersucht. Die Ergebnisse zu Futtermittel- und Bodenproben sind in Kapitel V Futtermittel dargestellt.
Die untersuchten Lebensmittelproben zeigten geringe Cs-137-Gehalte im Bereich der Nachweisgrenze von 0,1 bis 1 Bq/kg. Mit Ausnahme von Wildschweinfleisch lagen die Werte damit bei allen Proben deutlich unter dem EU-Grenzwert von 600 Bq/kg, den die EU
kurz nach Tschernobyl für Importe aus den besonders betroffenen
Gebieten Ost- und Südosteuropas festgelegt hatte. Seither zieht die
Lebensmittelüberwachung in Deutschland diesen Wert für Lebensmittel allgemein als Beurteilungsrichtwert heran, zum Beispiel bei heimischem Wild.
Ein Teil der Proben wurde zusätzlich auf Strontium-90 untersucht, das
durch oberirdische Kernwaffentests in den 1950er und 1960er Jahren
verstärkt in die Umwelt gelangte. Strontium-90 findet sich heute zwar
nur noch in Spuren in Lebensmitteln, gehört aber wegen seiner hohen
Radiotoxizität weiterhin zum festen Untersuchungsprogramm.
Wild-Überwachungsprogramm
Mit dem Wild-Überwachungsprogramm der Landesregierung BadenWürttemberg soll erreicht werden, dass kein Wildschweinfleisch mit
Cs-137-Gehalten über dem Richtwert von 600 Bq/kg in den Handel
gelangt. Die stichprobenartigen Kontrollen von Wildfleisch aus Gaststätten und Metzgereien ergaben nur in einem Fall eine Richtwertüberschreitung.
Das CVUA Freiburg hat die Untersuchungsergebnisse des Landesuntersuchungsprogramms für Wildschweinfleisch
von allen Messstellen des Landes für das zurückliegende Jagdjahr (01.04.2015-31.03.2016) ausgewertet und im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Dort sind auch die Auswertungen der Vorjahre sowie der Gesamtbericht der
Radioaktivitätsuntersuchungen 2015 abrufbar.
Das CVUA Freiburg hat 2015 insgesamt 1.040 Proben tierischer Herkunft untersucht. 528 dieser Proben stammen
aus dem Lebensmittelhandel mit Schwerpunkt auf den Produktgruppen Fleisch und Fleischprodukte, Leber, Fisch,
Milch und Milchprodukte, Babynahrung sowie 117 Proben Honig. 279 Proben hat die Lebensmittelkontrolle im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes (NRKP) direkt bei den Erzeugern entnommen. Dazu kamen 2 Humanmilchproben aus Baden-Württemberg zur Untersuchung. Als Referenzlabor der WHO und des UNEP hat das CVUA
Freiburg 6 gepoolte Humanmilchproben für die internationale WHO/UNEP-Studie auf Gehalte an POPs analysiert.
Untersuchungsspektrum
Das CVUA Freiburg untersucht seit 2001 zentral für Baden-Württemberg Lebensmittel tierischer Herkunft auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und organischen Kontaminanten. Das Pflanzenschutzmittelspektrum umfasst
neben den zum langjährigen Routine-Untersuchungsprogramm gehörenden fettlöslichen Pyrethroiden, Organochlor- und Organophosphorverbindungen inzwischen auch mittelpolare und polare Pflanzenschutzmittel sowie deren Metaboliten. Das Untersuchungsprogramm für organische Kontaminanten beinhaltet insbesondere langlebige
organische Schadstoffe mit der englischen Abkürzung POPs. Zusätzlich werden Nitromoschusverbindungen, synthetische Duftstoffe sowie natürlich vorkommende Inhaltsstoffe, die eine schädliche Wirkung für den Menschen
haben, wie zum Beispiel Pyrrolizidinalkaloide in Honig untersucht (siehe auch Mykotoxine und Biotoxine).
Nach wie vor ist eine Hintergrundbelastung an Altlasten von langlebigen Organochlorpestiziden, den sogenannten Altpestiziden, sowie an chlor- und bromorganischen Kontaminanten vorhanden, die jedoch ständig weiter abnimmt. Dennoch
sind Lebensmittel tierischer Herkunft weiterhin die Hauptquelle für die Aufnahme dieser Stoffe durch den Verbraucher.
Daher wird die Lebensmittelüberwachung die Rückstandssituation weiterhin beobachten, um die Aufnahme dieser unerwünschten Stoffe langfristig abzuschätzen, die zeitliche Entwicklung aufzuzeigen und eventuell vorhandene „Hot Spots“
zu erkennen. Diese Stoffgruppen sind auch Bestandteil des bundesweiten Monitorings, an dem sich das CVUA Freiburg
jedes Jahr beteiligt.
Besonders relevant und repräsentativ für die Belastung mit Altpestiziden und Kontaminanten sind die Stoffe Hexachlorbenzol (HCB), Lindan, Gesamt-DDT, PCB 153 (als Markersubstanz für die Stoffgruppe der polychlorierten Biphenyle),
Dieldrin, Endosulfan, Moschusketon/Moschusxylol sowie die polybromierten Diphenylether (PBDE, Summe aus BDE
28, 47, 99, 100, 153, 154 und 183 ). Die gemessenen Gehalte sind inzwischen sehr niedrig. Der höchste Gehalt mit
16 µg DDT/kg Rindfleisch schöpft die gültige Höchstmenge nicht einmal zu 2 % aus.
Biozidrückstände in Babynahrung
Das Untersuchungsspektrum bei Säuglings- und Kleinkindernahrungsmitteln umfasste im Berichtsjahr auch Biozide. Dies
sind Stoffe, die während der Reinigung, beispielsweise von Arbeitsoberflächen, eingesetzt werden. Die Umgebung bei
der Lebensmittelherstellung soll sauber und weitgehend keimfrei sein. Auf den Arbeitsoberflächen dürfen aber auch keine
Rückstände von Bioziden verbleiben, damit diese die Lebensmittel nicht verunreinigen können. Daher müssen die Flächen
nach der Anwendung mit solchen Stoffen sorgfältig nachgereinigt werden. Bekannte Biozide sind quartäre Ammoniumverbindungen (QAV) und Chlorat.
Das Labor hat 34 Proben Babybrei mit Milchanteil und 19 Proben Milchmahlzeiten untersucht. In 2 Proben waren QAV
bestimmbar, die Gehalte lagen aber jeweils unter der Höchstmenge. In 8 Proben gab es Befunde von Chlorat, 4 dieser
Proben wurden mit Gehalten zwischen 0,02 und 0,3 mg Chlorat/kg verzehrsfertiger Nahrung beanstandet.
Die ermittelten Gehalte von Rückständen und Kontaminanten lassen keinen signifikanten Unterschied zwischen Produkten
aus ökologischer und solchen aus konventioneller Produktion erkennen. Die vereinzelt festgestellten geringfügig erhöhten
Gehalte sind unabhängig von der Produktionsart.
Der Gesamtbericht ist im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Dr. Martin Metschies, CVUA Freiburg
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Benjamin Dambacher, CVUA Freiburg
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TEIL III UNTERSUCHUNGEN
P F L A N Z E N S C H U T Z M I T T E L RÜ C K S TÄ N D E U N D O RG A N I S C H E KO N TA M I N A N T E N
T I E R A R Z N E I M I T T E L RÜ C K S TÄ N D E
Tierarzneimittelrückstände
Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Wenn landwirtschaftliche Nutztiere wie Rinder, Schweine oder Geflügel erkranken, werden sie mit Tierarzneimitteln
behandelt. Daher ist nach der Verabreichung eines Tierarzneimittels in der Regel eine Wartezeit einzuhalten, bevor von
dem Tier Lebensmittel gewonnen werden dürfen. Außerdem sind für Nutztiere nur bestimmte Wirkstoffe zugelassen.
Zur Entscheidung darüber, ob ein Lebensmittel verkehrsfähig ist, ziehen die Lebensmittelüberwachungsbehörden EUweit festgelegte Höchstmengen heran. Weitere Informationen zu pharmakologisch wirksamen Stoffen finden Sie im
Internet: www.ua-bw.de.
Kontrolle nach Plan
Im Jahr 2015 hat das CVUA Stuttgart insgesamt 916 Proben Frischgemüse, 813 Proben Frischobst und 338 Proben verarbeitete Lebensmittel, Pilz-, Getreide- und Kartoffelproben aus konventionellem Anbau auf Rückstände von
über 700 verschiedenen Pestiziden, Pestizidmetaboliten sowie Kontaminanten untersucht.
Bei frischem Obst hat sich die Beanstandungsquote mehr als halbiert und liegt in diesem Jahr bei 5,2 %, im Vergleich zu
11 % im Jahr 2014. Dies ist vor allem auf die Verbesserung der Rückstandssituation bei Chlorat zurückzuführen. Hier ist
der Anteil an Höchstmengenüberschreitungen von 6,9 % im Jahr 2014 auf 1,6 % im Berichtsjahr zurückgegangen. Wesentliche Gründe hierfür sind die umfangreichen Untersuchungen im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung,
aber auch die erfolgreiche Aufklärung und Ursachenforschung hinsichtlich der Eintragswege und als Folge davon die
wirksamen Eigenkontrollmaßnahmen der Inverkehrbringer zur Reduktion der Chloratrückstände in frischem Obst.
Im Gegensatz dazu liegt die Beanstandungsquote bei frischem Gemüse mit fast 16 % unverändert hoch auf dem
Vorjahresniveau. Hier wirkt sich die weiterhin sehr hohe Beanstandungsquote bei Chlorat (13 %) aus. Im Vergleich zu
frischem Obst konnte trotz umfangreicher Untersuchungen bei Gemüse keine Verbesserung der Rückstandssituation
erreicht werden. Da keine Informationen zu Eigenkontrollmaßnahmen seitens der Produzenten vorliegen, können über
die genauen Gründe lediglich Vermutungen angestellt werden. Denkbare Ursachen für die zahlreichen Chloratbefunde
bei Gemüse sind der Einsatz von gechlortem Wasser als Gießwasser während der Produktion oder Waschwasser zur
Behandlung der Ware nach der Ernte sowie die Verwendung von chlorathaltigem Dünger.
Sonderproblematik Chlorat
Bis 1992 waren in Deutschland mehrere Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Natriumchlorat als
Herbizide auf dem Markt, das bekannteste davon als
„Unkraut-Ex“. Seit 2010 ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit Chloraten EU-weit verboten. Auch
in Biozid-Produkten darf Chlorat nicht angewendet
werden. Als ehemalige Pflanzenschutzmittelwirkstoffe
fallen Chlorate unter die Regelung der Verordnung (EG)
Nr. 396/2005. Da für Chlorat keine spezifische Höchstmengen festgelegt sind, gilt wie in allen derartigen Fällen als Höchstmenge EU-weit der Standardwert von
0,01 mg/kg. Das gilt unabhängig davon, auf welchem
Weg das Chlorat in das Lebensmittel gelangt. Lebensmittel, deren Chlorat-Konzentration gesichert über diesem Standardwert liegt, dürfen nach dem deutschen
Lebensmittelrecht (LFGB) nicht in den Verkehr gebracht werden. Diese rechtliche Beurteilung gilt nach
wie vor. Eine Verbesserung dieser Beanstandungsquote ist langfristig vermutlich nur erreichbar, wenn spezifische Höchstgehalte für Chlorat in Lebensmitteln, aber
auch in Trinkwasser festgelegt werden.
Seit die EFSA am 24. Juni 2015 eine neue Risikobewertung zu Chlorat in Lebensmitteln veröffentlicht hat,
sollen sich die Überwachungsmaßnahmen in Deutschland bis auf Weiteres auf eine einzelfallbezogene Risikobewertung beziehen. Dafür prüft das CVUA unter
Anwendung der ARfD und mittels EFSA-PRIMo im Einzelfall, ob nach Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Art. 14
ein nicht sicheres Lebensmittel vorliegt.
Birgit Bienzle, MLR
Insgesamt 3 Übersichtsberichte zu den Ergebnissen bei konventioneller Ware (Frischobst, Frischgemüse sowie verarbeitete
Lebensmittel, Pilze, Getreide und Kartoffeln) sind im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Die Ergebnisse von Bioproben
werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015 dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar ist.
Maria Roth, CVUA Stuttgart
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Für die Überwachung tierischer Lebensmittel auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe gibt es bereits
seit 1989 EU-einheitliche Maßstäbe. Jeder Mitgliedstaat muss jährlich einen nationalen Kontrollplan erstellen und
die Kontrollen entsprechend durchführen. Der nationale Rückstandskontrollplan (NRKP) legt bundesweit Mindestprobenumfang und Stoffspektrum fest und macht Vorgaben zur anzuwendenden Methodik und zur Probenahme.
Trotz der zielorientierten Probenahme liegt die Beanstandungsquote beim NRKP seit Jahren in einem sehr niedrigen Bereich – nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch bundesweit, wie die NRKP-Jahresberichte auf der
Internetseite des BVL zeigen (www.bvl.bund.de).
Das CVUA Karlsruhe hat 2015 für Baden Württemberg insgesamt 4.970 NRKP-Proben (Vorjahr: 4.573) auf pharmakologisch wirksame Stoffe unter Einsatz von chemisch-physikalischen Methoden analysiert. Die Proben stammten überwiegend aus Schlachtbetrieben, aber auch aus Erzeugerbetrieben. Insgesamt hat das Labor 14 Rückstände an pharmakologisch wirksamen Stoffen festgestellt. Wie im Vorjahr wurden lediglich 4 Proben (0,09 %) beanstandet:
n Das Antibiotikum Tetracyclin war in den Muskel- und Nieren-Proben eines Mastschweins oberhalb des
zulässigen Grenzwertes nachweisbar.
n In der Niere eines weiteren Schweins wurden Gehalte des Antibiotikums Dihydrostreptomycin aus der Gruppe der Aminoglycosid-Antibiotika deutlich oberhalb der zulässigen Höchstmenge bestimmt.
n In der Muskulatur und Niere einer Kuh wurde Oxytetracyclin aus der Antibiotikagruppe der Tetracycline nach-
gewiesen, wobei nur die ermittelte Konzentration in der Niere den zulässigen Grenzwert überstieg.
n Eine Honigprobe enthielt nachweisbare Mengen des verbotenen Stoffes Chloramphenicol sowie des
Antibiotikums Tetracyclin. Tetracycline wirken in der aktiven Wachstumsphase gegen den Erreger der amerikani-
schen Faulbrut und werden zum Teil in Staaten außerhalb der EU zur Bekämpfung der Tierseuche eingesetzt. Aktuell ist in Deutschland allerdings kein Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Tetracyclin zur Behandlung von
Bienen zugelassen. Für Rückstände von Tetracyclin in Honig gilt daher eine Nulltoleranz. Eine Verfolgsprobe bestätigte diesen Befund.
Lebensmittelkontrolle
Neben den NRKP-Proben überprüft die baden-württembergische Lebensmittelüberwachung auch Lebensmittel tierischer Herkunft aus dem
Handel als amtliche Proben nach dem LFGB gezielt auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe. Die Auswahl der Proben erfolgt risikoorientiert. Im Jahr 2015 hat das CVUA Karlsruhe im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung insgesamt 858 Proben untersucht
(Vorjahr: 881 Proben).
In 13 Proben wurden Tierarzneimittelrückstände festgestellt, 7 (0,8 %)
davon führten zu Beanstandungen. Wie auch schon im Vorjahr fielen im
Berichtsjahr insbesondere asiatische Aquakulturerzeugnisse und südamerikanische Rindfleischerzeugnisse wie Corned Beef durch eine vergleichsweise hohe Anzahl an Rückstandsbefunden
auf. Daher hat das CVUA Karlsruhe beide Produktgruppen auch 2016 wieder verstärkt im Untersuchungsprogramm auf
Tierarzneimittelrückstände.
Das CVUA Karlsruhe hat den Gesamtbericht der Untersuchungen im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Dort sind
auch die Ergebnisse der beiden Untersuchungsschwerpunkte zu Aquakulturerzeugnissen aus Asien und zu südamerikanischen Rindfleischerzeugnissen dargestellt.
Christina Skiera, CVUA Karlsruhe
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TEIL III UNTERSUCHUNGEN
GENTECHNIK UND LEBENSMIT TEL
I N D U S T RI E- U N D U M W E LT B E D I N G T E KO N TA M I N A N T E N
Gentechnik und Lebensmittel
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
Das CVUA Freiburg hat 2015 insgesamt 635 Lebensmittelproben auf Bestandteile aus gentechnisch veränderten (GV)
Pflanzen untersucht, davon waren 76 positiv. Der Anteil positiver Proben (12,0 %) blieb damit gegenüber dem Vorjahr
(11,5 %) nahezu unverändert. In keiner Probe waren Bestandteile von nicht zugelassenen GV-Pflanzen nachweisbar.
Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS)
Bei 75 von 76 positiven Proben handelte es sich um zugelassene GV-Soja, zumeist in sehr geringen Spuren unter 0,1 %.
Zudem wurden bei einer Probe Mais gentechnische Veränderungen nachgewiesen – ebenfalls im Spurenbereich.
Kennzeichnungspflichtige Anteile von zugelassenen GV-Pflanzen über 0,9 % ohne entsprechende Deklaration wurden
nur bei einer Probe Sojalecithin festgestellt. Aufgrund des Befundes hat die Lebensmittelüberwachungsbehörde in dem
Betrieb Nachproben aus derselben Charge erhoben. Diese Nachproben waren unauffällig und haben den Erstbefund nicht
bestätigt, sodass die Gesamtcharge als verkehrsfähig eingestuft wurde. Die Behörde hat jedoch im Zusammenhang mit
dem auffälligen amtlichen Untersuchungsergebnis das Eigenkontrollsystem des Betriebes überprüft und wird dort weiterhin regelmäßig die Eigenkontrollergebnisse überprüfen und amtliche Proben ziehen.
Im Gegensatz zu den Vorjahren war GV-Raps nicht nachweisbar, auch nicht in Form sogenannter botanischer Verunreinigungen in Senf, wie dies zuletzt noch der Fall war.
Auch bei Lebensmitteln aus weiteren Nutzpflanzen mit grundsätzlicher „GVO-Relevanz“, das heißt, dass hier entsprechende GV-Pflanzen im Ausland angebaut werden oder GV-Bestandteile bereits in Lebensmitteln nachgewiesen wurden, gab
es keine positiven Befunde. Dies gilt auch für die in geringem Umfang erfolgten Untersuchungen auf GV-Mikroorganismen oder GV-Lachs.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Bei der Auswahl neuer Stoffe im Untersuchungsspektrum orientiert sich das CVUA Freiburg unter anderem an internationalen Übereinkommen wie der Stockholmer Konvention. Die Konvention nimmt immer wieder neue bedenkliche
Stoffe in ihre Liste auf. Perfluoroctansulfonat (PFOS) wurde 2009 in die Liste der Stockholmer Konvention aufgenommen. PFOS gehört zur Stoffgruppe der PFAS. Lebensmittel werden daher inzwischen auch auf PFAS untersucht.
Das CVUA Freiburg hat im Jahr 2015 insgesamt 223 tierische und 219 pflanzliche Lebensmittelproben untersucht. 23 %
der tierischen und 39 % der pflanzlichen Proben stammten wegen eines aktuellen Kontaminationsverdachts aus dem
Landkreis Rastatt sowie aus den Stadtkreisen Baden-Baden und Mannheim. In diesem Zusammenhang sind vor allem
die kurzkettigen Vertreter dieser Stoffklasse in den Fokus gerückt. Das CVUA Freiburg hat daher schwerpunktmäßig 6
kurzkettige PFAS-Verbindungen mit Kettenlängen zwischen 5 und 7 Kohlenstoffatomen analysiert. Diese Gruppe kurzkettiger PFAS war in dort untersuchten Wasserproben und Bodenproben aufgefallen (siehe hierzu Jahresbericht 2014,
Kapitel IV). Die genauen Umstände der Kontamination von Wasser und Boden sind noch nicht abschließend geklärt. Als
Quelle wird der Zusatz eines „Bodenverbesserers“ zum Mutterboden auf Feldern vermutet. Im Sinne des vorsorglichen
Verbraucherschutzes hat das MLR 2014 ein Minimierungskonzept mit verbindlichen Beurteilungswerten für Lebensmittel und einem breitangelegten Untersuchungsprogramm erarbeitet. Dadurch soll verhindert werden, dass hochbelastete
Lebensmittel in den Handel kommen. Außerdem soll den betroffenen Landwirten rechtliche Sicherheit gegeben werden.
Sportlernahrung aus dem Internet – kaum Auffälligkeiten
Besonders im Internethandel ist eine Vielzahl von Produkten anzutreffen, die dank hochkonzentrierten Proteins
Sportlern beim Aufbau von Muskelmasse helfen sollen. Insgesamt 19 Proben von Sojaproteinpräparaten in Pulverund Riegelform wurden beim Internetangebot von hier ansässigen Händlern beprobt.
Gentechnische Veränderungen waren in 6 Proben nachweisbar. Nachgewiesen wurden jeweils zugelassene GV-Soja
Events („Roundup Ready Soja“, Events GTS40-3-2 sowie MON89788). Der höchste Anteil an GV-Soja lag mit 0,26 %
noch deutlich unter dem Kennzeichnungsgrenzwert. Die übrigen Proben mit positiven Befunden enthielten lediglich
Spuren unter 0,1 %. Das CVUA Freiburg musste keine der Proben wegen enthaltener gentechnischer Veränderungen
beanstanden. Allerdings hat es bei 6 Proben unterschiedliche Kennzeichnungsmängel festgestellt.
GV-Bestandteile in Sportlernahrung auf Sojabasis aus
dem Internetangebot (Gesamtprobenzahl 19)
0
1
◆
5
PFAS – perfluorierte Alkylsubstanzen
Prominenteste Vertreter der Stoffklasse sind Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure (PFOA).
Sie sind außerordentlich stabil und überall in der Umwelt nachweisbar. PFOS kann sich in der Nahrungskette
anreichern. PFOS und PFOA verbleiben nach der Aufnahme lange im menschlichen Organismus. Beide Stoffe
besitzen im Tierversuch lebertoxische, krebserregende und reproduktionstoxische Eigenschaften. Für PFOS und
PFOA existieren im Gegensatz zu den kurzkettigen PFAS bereits toxikologische Einschätzungen. Die EFSA hat
die vorläufige täglich tolerierbare Aufnahmemenge auf 0,15 µg PFOS pro kg Körpergewicht und Tag beziehungsweise auf 1,5 µg PFOA pro kg Körpergewicht und Tag festgelegt. Es gibt jedoch bisher weder in der EU
noch in Deutschland Höchstgehalte für PFAS in Lebensmitteln.
13
nicht nachweisbar
Spuren ≥ 0,1 %
> 0,1 % - 0,9 %
> 0,9 %
58
Die Ergebnisse der GVO-Untersuchungen in Futtermitteln sind im Kapitel V beschrieben. Der Gesamtbericht zu den
Lebensmitteluntersuchungen auf GVO und ein ausführlicher Bericht zu den Ergebnissen des Erntemonitorings sind im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Die Ergebnisse von Bioproben werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015
dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar ist.
Der Gesamtbericht mit den Ergebnissen von 2014 und 2015 ist im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de. Darin ist
auch ein Bericht zum Untersuchungsprogramm bei Lebensmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft aus den von dem
Kontaminationsfall betroffenen Kreisen aus den Jahren 2014 und 2015 enthalten.
Hans-Ulrich Waiblinger, CVUA Freiburg
Dr. Tanja Radykewicz, CVUA Freiburg
59
Dioxine und PCB
Der Begriff Dioxine umfasst die beiden Stoffgruppen
polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und Furane
(PCDF). Sie bestehen aus insgesamt 210 Einzelverbindungen, Kongenere genannt, und gehören zu den
giftigsten chlororganischen Verbindungen. Das Kongener mit der höchsten Toxizität ist das 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (kurz 2,3,7,8-TCDD), das sogenannte
Seveso-Gift. Dioxine sind fettlöslich und sehr langlebig.
Deshalb reichern sie sich im Fettgewebe von Tieren und
Menschen an. Bestimmte PCB weisen dioxinähnliche
toxikologische Eigenschaften auf und werden deshalb als
„dioxinähnliche PCB“ (dl-PCB) bezeichnet. Die übrigen
der insgesamt 209 PCB-Kongenere weisen ein anderes
toxikologisches Profil auf und werden daher unter der
Bezeichnung „nicht dioxinähnliche PCB“ (ndl-PCB) zusammengefasst.
EU-Minimierungskonzept
Da der Mensch Dioxine und PCB fast ausschließlich über die Nahrung aufnimmt, können belastete Lebensmittel bei lebenslanger Aufnahme ein
gesundheitliches Risiko für Verbraucher darstellen. Daher hat die EU-Kommission eine Strategie
entwickelt, um die Gehalte in der Nahrungskette
zu verringern. Sie hat Höchstgehalte erlassen, die
die Aufnahme von Dioxinen über die Nahrung begrenzen. Um die Belastung der Lebensmittel mit
Dioxinen und PCB zu erkennen und weiter zu reduzieren, hat sie zudem sogenannte Auslösewerte eingeführt. Die Auslösewerte liegen unterhalb
der Höchstgehalte und sind ein Instrument, um
Kontaminationsquellen zu identifizieren und diese einzuschränken oder zu beseitigen, bevor der
Höchstgehalt überschritten wird. Sind diese Auslösewerte überschritten, soll die Kontaminationsquelle ermittelt und durch entsprechende Maßnahmen beschränkt oder beseitigt werden.
Weitere Informationen zu Dioxinen und PCB sind
unter www.ua-bw.de zu finden.
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Gehalte an dl-PCB verursacht wurde. In 4 Proben war der
Auslösewert für dl-PCB statistisch gesichert und in weiteren
4 Proben nur numerisch überschritten.
Von insgesamt 3 Proben Hühnereier wurden die Höchstgehalte für Dioxine und/oder die Summe aus Dioxinen und
dl-PCB überschritten. Eine der Proben überschritt darüber
hinaus den für Indikator-PCB gültigen Höchstgehalt von
40 ng/g Fett mit einem Gehalt von 293 ng/g Fett sehr deutlich. Darüber hinaus haben 4 Hühnereiproben die für Dioxine beziehungsweise dl-PCB festgesetzten Auslösewerte
unter Berücksichtigung der erweiterten Messunsicherheit
überschritten, bei 3 weiteren Proben lagen nur numerische
Überschreitungen vor.
Bei getrocknetem Majoran haben 2 der 3 Proben die für
Dioxine und dl-PCB gültigen Auslösewerte überschritten.
Kosmetische Mittel
Im Berichtsjahr hat das CVUA Freiburg eine Probe „Grüne
Tonerde“ auf Dioxine und PCB untersucht. Das Produkt soll
laut Kennzeichnung als Schönheitsmaske für das Gesicht
verwendet werden. In der Probe wurde bezogen auf das
Produkt ein Dioxingehalt von 4,5 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g
und 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (2,3,7,8-TCDD) in
einer Konzentration von 1,4 pg/g bestimmt. 2,3,7,8-TCDD
darf in kosmetischen Mitteln nicht enthalten sein. Lediglich
eine unbeabsichtigte Anwesenheit ist dann erlaubt, wenn
der Gehalt technisch unvermeidbar ist.
Unbelastete Tonerden enthalten jedoch nach Kenntnis des
CVUA Freiburg weniger als 0,75 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g
und deutlich niedrigere Gehalte an 2,3,7,8-TCDD von unter
0,15 pg/g. Somit enthielt die Probe den verbotenen Stoff
2,3,7,8-TCDD in einer Menge, die nach Auffassung des
zentral für kosmetische Mittel in Baden-Württemberg zuständigen CVUA Karlsruhe technisch vermeidbar ist. Der
französische Hersteller müsste daher gegebenenfalls eine
technische Unvermeidbarkeit belegen können, damit das
Produkt als sicheres Kosmetikum vermarktet werden darf.
Bislang hat die hiesige Kosmetiküberwachung hierzu noch
keine Stellungnahme von der Behörde in Frankreich erhalten.
Das CVUA Freiburg hat im Jahr 2015 insgesamt 526
Lebensmittelproben und eine Kosmetikprobe auf Dioxine
und PCB untersucht. Darüber hinaus hat es 8 NRKP-Proben (Hühnereier, Fleisch) zur Untersuchung auf Dioxine
und PCB erhalten.
Lebensmittel
Insgesamt überschritten nur vereinzelte Lebensmittelproben die Auslösewerte oder die Höchstgehalte für diese
Kontaminanten:
In 2 Rindfleischproben aus ökologischer Erzeugung lag eine
Überschreitung des Höchstgehaltes für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB vor, die im Wesentlichen durch erhöhte
60
◆
I N D U S T RI E- U N D U M W E LT B E D I N G T E KO N TA M I N A N T E N
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Schwermetalle und toxische Spurenelemente
Von A wie Aluminium bis Z wie Zink werden chemische Elemente in einer breiten Palette von Lebensmitteln,
Kosmetika und Bedarfsgegenständen untersucht. Verbrauchern sind chemische Elemente meist aus dem Chemieunterricht durch das Periodensystem der Elemente oder unter dem Sammelbegriff Schwermetalle bekannt.
Jedoch sind für die Lebensmittelüberwachung weit mehr Elemente als die typischen Schwermetalle, wie Blei oder
Quecksilber, relevant. Zahlreiche andere Elemente können sich beispielsweise toxisch auswirken oder können
falsch gekennzeichnet sein. Das kann auch für gesundheitlich wichtige Elemente wie Jod zutreffen.
Die Gehalte verschiedenster toxischer Elemente und an Spurenelementen werden risikoorientiert überprüft. Auch 2015
haben die CVUAs in rund 6.000 Proben nahezu 52.000 Elementbestimmungen durchgeführt. Wie in den Vorjahren sind
nur wenige Proben mit Überschreitungen von Höchstgehalten für toxische chemische Elemente aufgefallen.
Arsen in Reiswaffeln
Insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder sind Reiswaffeln eine einfache und vermeintlich gesunde Energiequelle. Produkte aus Reis können allerdings relativ
hohe Gehalte an anorganischem Arsen aufweisen. Der
Gesetzgeber hat inzwischen reagiert: Seit Januar 2016
gilt für Reisprodukte eine Höchstmenge von 0,3 mg/kg,
bei spezieller Eignung für Säuglinge und Kleinkinder sogar von 0,1 mg/kg. Diese Höchstmengen wurden von
keiner der im Jahr 2015 untersuchten 11 Reiswaffeln
erreicht.
Im Jahr 2015 hat das CVUA Stuttgart 11 Reiswaffeln
auf ihren Gehalt an anorganischem Arsen untersucht.
Der höchste ermittelte Wert lag bei 0,16 mg/kg anorganischem Arsen. Davon wiesen 6 Gehalte unter 0,1 mg/kg
auf, bei 4 Proben lag der Gehalt um 0,1 mg/kg. Eine der
Proben wurde speziell für Säuglinge und Kleinkinder angeboten. Hier lag der Gehalt an anorganischem Arsen
unter 0,1 mg/kg und entspracht somit den Vorgaben. Alle
untersuchten Reiswaffeln wiesen damit Gehalte an anorganischem Arsen unter den gesetzlichen Höchstmengen auf.
Die Befunde bestätigen die Ergebnisse des bundesweiten
Monitoringprojektes 2014, die das BVL veröffentlicht hat:
www.bvl.bund.de.
Von einem Verzehr im Übermaß ist dennoch abzuraten:
Nach Empfehlung des BfR sollten besonders Säuglinge
und Kleinkinder nicht ausschließlich mit reisbasierten Lebensmitteln ernährt werden.
Der Gesamtbericht einschließlich der Ergebnisse von
Bioproben ist unter www.ua-bw.de zu finden.
Der ausführliche Bericht ist im Internet veröffentlicht:
www.ua-bw.de.
Kerstin Wahl und Katharina Djuchin, CVUA Freiburg
Dorothee Doludda, CVUA Stuttgart
61
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Herstellungsbedingte
Kontaminanten
Mykotoxine in Trockenfeigen –
Never ending story!
Herstellungsbedingte Kontaminanten, auch Prozesskontaminanten genannt, sind unerwünschte, manchmal auch
giftige Substanzen, die bei der Herstellung verschiedenster Lebensmittel, insbesondere bei Erhitzungsprozessen,
gebildet werden. Viele dieser Substanzen sind bisher
noch gar nicht erforscht, aber einige haben in den letzten
Jahren doch erhebliche Bedeutung erlangt. Altbekannt
sind die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Im Fokus der Lebensmittelforschung und der
Überwachung stehen seit einigen Jahren auch Acrylamid
sowie 3-MCPD und verwandte Verbindungen.
◆
Die beiden erstgenannten Projekte hat das CVUA im Rahmen des Ökomonitorings durchgeführt. Die Ergebnisse
werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015 dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar
ist.
◆
Ein Bericht über die Untersuchungsergebnisse 2015 zu
Acrylamid in Weihnachtsgebäck ist im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Mykotoxine und Biotoxine
Natürlich ist nicht automatisch sicher. Mykotoxine sind
von Schimmelpilzen gebildete Stoffwechselprodukte.
Mehrere 100 Substanzen sind bekannt. Biotoxine oder
Pflanzentoxine sind Stoffwechselprodukte, die von sehr
vielen Pflanzenarten als Schutz gegen Fraßfeinde gebildet
werden. Mykotoxine und Biotoxine können bei Mensch
und Tier bereits in geringsten Konzentrationen akute oder
chronisch toxische Wirkungen zeigen. Aus diesem Grund
sind neben den bereits auf EU- oder nationaler Ebene
rechtlich geregelten Mykotoxinen eine Vielzahl weiterer
Mykotoxine und Biotoxine in den Fokus der Lebensmittelüberwachung gerückt.
2015 hat das CVUA Sigmaringen zentral für BadenWürttemberg knapp 1.700 Proben auf Schimmelpilzgifte, sogenannte Mykotoxine, untersucht.
Ein besonderer Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf
3 Projekten:
n Cornflakes und andere getreide- oder maisbasierte Frühstückscerealien
n Getreideflocken und
n Popcornmais aus Kinos in ganz Baden-Württemberg
Feigen sind als Frischware nur sehr kurz haltbar. Sie
werden daher durch Trocknung haltbar gemacht und
sind dann als „getrocknete Feigen“ das ganze Jahr verfügbar. Trockenfeigen stellen in Bezug auf Mykotoxine
ein Risikoprodukt dar, insbesondere können sie mit
Aflatoxinen oder Ochratoxin A belastet sein. Das saftige und nährstoffreiche Fruchtfleisch der frischen Feige bietet einen idealen Nährboden für Schimmelpilze.
Das in den Feigen-Anbaugebieten wie Griechenland,
Spanien, Iran und vor allem Türkei herrschende Klima
begünstigt deren Wachstum zusätzlich. So kann es bei
nicht sachgerechter beziehungsweise unzureichender
Trocknung und Verletzung der Früchte zu einem Befall durch Schimmelpilze und damit zur Bildung von
Mykotoxinen kommen. Daher werden Trockenfeigen
am CVUA Sigmaringen regelmäßig auf die genannten
Mykotoxine untersucht.
2014 war in einem Kino eine Probe Popcornmais erhoben
worden, in der das CVUA erhöhte Gehalte an Mykotoxinen
nachwies. Daher hat die Lebensmittelüberwachung 2015
landesweit verstärkt Popcornmais aus Kinos beprobt. Insgesamt hat das Labor 21 Proben untersucht. In fast allen
Proben konnte Deoxynivalenol nachgewiesen werden, der
höchste gemessene Wert lag bei 436 µg/kg. In etwa jeder
zweiten Probe waren die Fumonisine B1 und B2 nachweisbar, maximal wurden 318 µg/kg erreicht. Zearalenon war
nur in wenigen Proben vorhanden, T-2 Toxin und HT-2
Toxin konnten nur in 2 Proben in Spuren nachgewiesen
werden. Keiner der Messwerte hat den jeweiligen Höchstwert überschritten, weshalb im Berichtsjahr auch keine
dieser Proben beanstandet werden musste. Ein Großteil
der untersuchten Getreideprodukte war nur gering mit
Mykotoxinen belastet. Dem nächsten Kinobesuch mit Popcorngenuss steht also in dieser Hinsicht nichts im Weg.
Mykotoxine sind in den Früchten grundsätzlich nicht gleichmäßig verteilt, zudem besitzen Trockenfeigen ein ungefähres Stückgewicht von 15 g. Diese beiden Eigenschaften gestalten die Entnahme einer repräsentativen Probe sehr
schwierig. Für eine einheitliche Vorgehensweise wurden in der Verordnung (EG) Nr. 401/2006 allgemeine und EUweit geltende Kriterien festgelegt, die ein Probenahmeverfahren erfüllen muss. Um die erforderliche Repräsentativität
zu erreichen, muss nach dieser Verordnung eine von der Größe der vorhandenen Produktcharge abhängige Anzahl an
Einzelproben entnommen werden – gleichmäßig verteilt über die gesamte vorrätige Produktmenge. Beispielsweise
müssen bei einer Lieferung von 8 Tonnen Feigen 80 Einzelproben – jede mit jeweils etwa 300 g – an unterschiedlichen
Stellen der Partie entnommen werden. Bei diesem Beispiel werden somit 24 Kilogramm Trockenfeigen als Probe erhoben. In der Praxis ist dies zwar ein sehr zeitaufwendiger und kostspieliger Vorgang, doch nur so können die Ergebnisse
der Mykotoxinuntersuchung als repräsentativ für die gesamte beprobte Partie angesehen werden.
Mykotoxine in Cornflakes, Getreideflocken und Popcorn – ein Problem?
62
H E R S T E L LU N G S B E D I N G T E KO N TA M I N A N T E N
M Y KOTOX I N E U N D B I OTOX I N E
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
◆
Höchstgehalte für Feigen
Aflatoxine sind europaweit in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 geregelt. Für Aflatoxin B1 liegt der Höchstgehalt bei 6 µg pro Kilogramm Probe und für Gesamtaflatoxine (Summe Aflatoxine B1, B2, G1 und G2) bei
10 µg/kg. Für Ochratoxin A in Feigen ist in der nationalen Kontaminantenverordnung ein Höchstgehalt von
8 µg/kg geregelt.
Dr. Gregor Vollmer, CVUA Sigmaringen
63
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Haselnüsse – eine Rarität in der Weihnachtsbäckerei 2015?
Untersuchung von Importproben
Für bestimmte Erzeugnisse aus Drittstaaten, also Länder außerhalb der EU, schreibt die Verordnung (EU) Nr.
884 ˘/2014 Maßnahmen für eine systematische Kontrolle auf Aflatoxine bei der Einfuhr in die Gemeinschaft
vor. Dies betrifft gegenwärtig Pistazien aus dem Iran
und der Türkei, Haselnüsse und getrocknete Feigen
aus der Türkei, Erdnüsse aus Ägypten und China, Mandeln aus den USA sowie Paranüsse aus Brasilien. Die
Einfuhrkontrolle, auch Vorführpflicht genannt, führen
die Zollämter und Lebensmittelüberwachungsbehörden
durch.
◆
Im Jahr 2015 gingen am CVUA Sigmaringen 5 solche Importproben Trockenfeigen aus der Türkei zur Untersuchung auf
Aflatoxine ein. Die Proben wurden auch auf Ochratoxin A untersucht.
Eine dieser Importproben war aufgrund ihres hohen Aflatoxin B1-Gehaltes (10,5 µg/kg) und ihres hohen GesamtaflatoxinGehaltes (17,2 µg/kg) zurückzuweisen. Eine weitere fiel durch einen Ochratoxin A-Gehalt von 10,5 µg/kg auf. Die Behörden melden solche Grenzzurückweisungen auch über das europäische Schnellwarnsystem RASFF.
Untersuchung von Handelsproben
Das CVUA hat 25 Feigenproben aus dem Handel, die vor allem aufgrund der geforderten Probenmenge in Zentrallagern
und Abpackbetrieben erhoben wurden, auf Mykotoxine untersucht. In 76 % der Fälle waren Aflatoxine und in 64 % der
Fälle war Ochratoxin A nicht nachweisbar.
Ergebnisse Aflatoxin B1 und Gesamtaflatoxin in Feigen 2015
Ergebnisse Ochratoxin A in Feigen 2015
4%
20 %
20 %
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JA H R E S B E R I C H T 2015
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Im Berichtsjahr hat das CVUA Sigmaringen insgesamt 77 Proben ganze beziehungsweise zerkleinerte Haselnüsse auf Aflatoxine untersucht. 6 (7,8 %)
der Proben waren wegen Überschreitungen der festgelegten Höchstmengen zu beanstanden. Außerdem war
gegenüber dem Vorjahr eine deutliche
Zunahme des Anteils aflatoxinbelasteter Ware und des mittleren Aflatoxingehaltes festzustellen.
Haselnüsse müssen für den deutschen
Markt überwiegend importiert werden.
Hauptexportland ist die Türkei. An der
türkischen Schwarzmeerküste gab es Ende März 2014 einen Kälteeinbruch mit Hagelschlag, weshalb die Blüten an den
Haselnusssträuchern erfroren sind. Dadurch kam es in der Weihnachtszeit 2014 und vor allem im ersten Halbjahr 2015 zu
enormen Engpässen. Somit war man gespannt, wie die neue Ernte im August und September 2015 ausfallen würde. Die
Ernte 2015 war zwar zufriedenstellend, aber durch eine mäßige Ernte blieben die Preise hoch. Haselnüsse waren damit
zwar keine Rarität für die Weihnachtsbäckerei 2015, jedoch waren sie relativ teuer. Die Lebensmittelüberwachung stellte
sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob aufgrund der Engpässe bis Mitte 2015 im Berichtsjahr auch aflatoxinbelastete Haselnüsse auf den Markt gekommen sind.
Untersuchungsergebnisse
Das CVUA hat insgesamt 86 Proben ganze beziehungsweise zerkleinerte Haselnüsse im Jahr 2014 und 77 Proben im
Jahr 2015 auf Aflatoxine analysiert und beurteilt. Dabei wurden 11 (2014) beziehungsweise 10 (2015) dieser Proben bei
Einfuhrkontrollen erhoben.
Aflatoxinuntersuchungen in ganzen und zerkleinerten Haselnüssen in den Jahren 2014 und 2015
Toxin
16 %
64 %
76 %
Jahr
Gesamtzahl der
Proben
Aflatoxin B 1
Proben mit Gehalten > BG*
Anzahl
MaximalMittel(Anteil
wert
wert
[%])
[ µg/kg]
[ µg/kg]
> HG**
Anzahl
(Anteil
[%])
Gesamtaflatoxine
Proben mit Gehalten > BG*
MaximalAnzahl
Mittelwert
(Anteil
wert
[ µg/kg]
[%])
[ µg/kg]
> HG**
Anzahl
(Anteil
[%])
ganze Haselnüsse
nicht nachweisbar
nicht nachweisbar
Gehalt unter dem Höchstgehalt
Gehalt unter dem Höchstgehalt
Gehalt über dem Höchstgehalt
Gehalt über dem Höchstgehalt
Bei 20 % der Proben lag der Gehalt an Aflatoxin B1 unter dem Höchstgehalt von 6 μg/kg, bei 4 % darüber. Der höchste
ermittelte Gehalt lag bei 10,4 μg/kg. Für die Gesamtaflatoxine zeigt sich das gleiche Bild, der höchste ermittelte Gehalt
betrug hier 22 μg/kg.
Bei 36 % der Proben war Ochratoxin A nachweisbar, bei 16 % lag der Gehalt an Ochratoxin A unter dem Höchstgehalt
von 8 μg/kg, bei 20 % der untersuchten Proben darüber. Der höchste ermittelte Gehalt lag hier bei 84 µg/kg, was einer
10-fachen Höchstgehaltsüberschreitung entspricht.
Wie aus diesen Ergebnissen ersichtlich ist, waren Trockenfeigen bezüglich Aflatoxinen im Jahr 2015 in der Regel unproblematisch, dagegen war die Belastungsquote bei Ochratoxin A auffallend hoch. Daher hat die Untersuchung auf
Ochratoxin A insbesondere bei Feigen große Bedeutung, da hier ein hohes Risiko für eine Ochratoxin A-Kontamination
gegeben ist. Zudem erscheint auch eine Untersuchung von Importproben auf Ochratoxin A empfehlenswert, um zu verhindern, dass nicht verkehrsfähige Ware nach Deutschland importiert wird.
Elisabeth Burgmaier-Thielert, CVUA Sigmaringen
64
2014
42
3 (7,1)
18,1
50,5
1 (2,4)
3 (7,1)
58,7
159
2 (4,8)
2015
29
2 (6,8)
1,4
2,0
0 (0)
2 (6,8)
5,1
8,0
0 (0)
2014
44
13 (29,5)
2,9
5,7
1 (2,3)
15 (34,1)
2,9
21,9
1 (2,3)
2015
48
20 (41,7)
4,1
27,0
6 (12,5)
22 (45,8)
7,0
38,0
6 (12,5)
zerkleinerte Haselnüsse
* BG = Bestimmungsgrenze kleiner als 0,4 µg/kg
** HG = Höchstgehalt: 5,0 µg/kg Aflatoxin B1 und 10,0µg/kg für Gesamtaflatoxine (Summe Aflatoxin B1 , B2 , G1 und G2 )
In beiden Jahren waren Aflatoxine lediglich in etwa 7 % der untersuchten Proben „ganze Haselnüsse“ nachweisbar. Demgegenüber wiesen die Proben „zerkleinerte Haselnüsse“, wie geröstete, gehackte Haselnüsse oder gemahlene Haselnüsse, im Jahr 2015 eine weitaus höhere Belastungshäufigkeit auf als im Jahr 2014. In 30 % (2014) beziehungsweise 42 %
(2015) dieser Proben konnten Aflatoxingehalte gemessen werden. Außerdem war die mittlere Belastung und die Zahl an
Höchstmengenüberschreitungen bei diesen Produkten im Jahr 2015 höher als im Jahr 2014. Die 2015 vergleichsweise
höhere Anzahl an belasteten Proben könnte auf die Engpässe auf dem Weltmarkt zurückzuführen sein.
Die Resultate der Proben „zerkleinerte Haselnüsse“ bestätigen die langjährige Erfahrung, dass diese Produkte häufiger belastet sind als „ganze Haselnüsse“. Die Daten deuten darauf hin, dass für die Herstellung der zerkleinerten Ware Rohstoffe
eingesetzt werden, die qualitativ weniger hochwertig sind als ganze Früchte.
Elisabeth Burgmaier-Thielert, CVUA Sigmaringen
65
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
M Y KOTOX I N E U N D B I OTOX I N E
Tropanalkaloide
Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertee
Bei Tropanalkaloiden (TA) handelt es sich um eine Gruppe von insgesamt mehr als 200 Verbindungen, die von verschiedenen Pflanzenarten als Fraßschutz gebildet werden. Die bekanntesten und am besten untersuchten Vertreter
dieser Stoffgruppe sind Atropin und Scopolamin. Sie kommen insbesondere in verschiedenen Nachtschattengewächsen wie Schwarzes Bilsenkraut, Engelstrompete, Stechapfel oder Schwarze Tollkirsche vor. Wenn Teile dieser Pflanzen, zum Beispiel deren Samen, mitverarbeitet werden, ist eine Kontamination von pflanzlichen Lebensmitteln mit TA
nicht auszuschließen. TA können in bereits geringsten Konzentrationen physiologische Wirkungen, wie Erhöhung der
Herzfrequenz, Anregung des zentralen Nervensystems und dadurch Benommenheit, Kopfschmerzen oder Übelkeit
hervorrufen. Einige dieser Alkaloide, beispielsweise Atropin, werden auch als Arzneimittelwirkstoffe unter anderem in
der Notfallmedizin oder der Augenheilkunde eingesetzt.
Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind natürliche Pflanzeninhaltsstoffe, die von einer Vielzahl weltweit vorkommender Pflanzenarten zum Schutz vor Fraßfeinden gebildet werden. Das Vorkommen von PA in Pflanzen variiert stark nach
Pflanzenart und Pflanzenteil und wird auch von weiteren Faktoren, wie zum Beispiel Klima oder Bodenbeschaffenheit beeinflusst. Aufgrund ihres gesundheitsschädigenden Potenzials sind insbesondere 1,2-ungesättigte PA in
Lebens- und Futtermitteln gesundheitlich bedenklich. In hoher Dosierung können sie zu akuten Leberschädigungen
führen. Im Tierversuch haben sich bestimmte PA als genotoxische Kanzerogene erwiesen, wie die Stellungnahme
018/2013 des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) vom 05.07.2013 beschreibt.
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Bislang gibt es weder in Deutschland noch in der EU Grenzwerte für die Summe an PA oder einzelne PA. In der oben
genannten Stellungnahme weist das BfR aber darauf hin, dass bei längerfristigem Verzehr von Produkten mit hohen PAGehalten insbesondere bei Kindern, Schwangeren und Stillenden ein Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung besteht.
Das BfR hat deshalb empfohlen, dass eine Tageszufuhr von 0,007 µg PA/kg Körpergewicht möglichst nicht überschritten
werden sollte.
Die CVUAs Stuttgart und Karlsruhe haben 2015 insgesamt
93 Proben der beiden beliebtesten Kräuterteesorten Pfefferminze und Kamille sowie Fenchel, Melisse und Brennnessel als Monodroge oder Hauptbestandteil von Kräutertees untersucht. Je 16 Kräuterteeproben aus ökologischer
und konventioneller Produktion haben sie als Projekt im
Ökomonitoring untersucht – diese Ergebnisse sind im Ökomonitoringbericht 2015 ausführlich dargestellt. Der Bericht
ist unter http://oekomonitoring.cvuas.de abrufbar.
In 71 der 93 Proben waren PA nachweisbar, 22 Proben
waren unbelastet. Die höchsten Gehalte mit einem Spitzenwert von 1.400 µg/kg Teedroge wurden im Kamillentee
gemessen.
Hirsekörner
Buchweizenkörner
Tollkirschensamen
Das BfR hat in einer Stellungnahme vom November 2013 zu TA in Getreideprodukten die von der EFSA festgelegte akute
Referenzdosis (ARfD) in Höhe von 0,016 µg/kg Körpergewicht bezogen auf die Summe von Atropin und Scopolamin als
gesundheitsbezogenen Richtwert bestätigt.
Im November 2014 wurden erhöhte Rückstände an Atropin und Scopolamin in Babybrei mit Hirse festgestellt (siehe
Jahresbericht 2014). Die Hersteller haben die Produkte öffentlich zurückgerufen, die deutschen Behörden haben andere
Mitgliedstaaten über das RASFF informiert. Deshalb hat das CVUA 2015 verstärkt Getreideerzeugnisse, insbesondere
Hirse- und Buchweizenerzeugnisse, aber auch Maisgrieße und Maismehle auf Tropanalkaloide untersucht.
Keine auffälligen Befunde
Insgesamt 80 Proben Hirse- und Buchweizenkörner, Flocken und Mehle daraus sowie Maisgrieße und -mehle wurden
auf ihre Gehalte an Atropin und Scopolamin untersucht, davon waren 33 Produkte aus ökologischem Anbau und 47 aus
konventionellem. Mit Ausnahme von je einer Probe Hirsekörner und Buchweizenmehl aus ökologischem Anbau, bei denen
leicht positive TA-Gehalte nachgewiesen wurden, lagen alle anderen Gehalte unterhalb der Nachweisgrenze von 0,5 µg/kg.
Die nachgewiesenen Gehalte stellen für einen Erwachsenen kein gesundheitliches Risiko dar, sie waren deshalb nicht zu
beanstanden.
66
Bei 6 Kamillentees wurde die maximal empfohlene Tageszufuhr an PA für Erwachsene bereits mit einer Tasse Tee
ausgeschöpft oder gar überschritten.
Die maximal empfohlene Tageszufuhr für Kinder wurde
durch eine Tasse bei 43 % der untersuchten Kräutertees
überschritten, davon 15 Kamillentees, 6 Melissentees, 5
Pfefferminztees, 3 Brennnesseltees und 1 Fencheltee mit
Anis und Kümmel.
Alle Gehalte liegen aber weit unter der Schwelle für akute
Gesundheitsbeschwerden oder gar Vergiftungen.
◆
Fazit
Die Ergebnisse werden ausführlich im Ökomonitoringbericht 2015 dargestellt, der unter http://oekomonitoring.cvuas.de
abrufbar ist.
Nachdem im Jahr 2013 das Problem bekannt wurde, hat bereits die Lebensmittelwirtschaft große Anstrengungen unternommen, um PA-Gehalte in Kräutertees zu minimieren. Die Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2015 zeigen, dass
PA in Kräutertees trotzdem noch ein ernstzunehmendes Problem darstellen, das auch die Lebensmittelüberwachung
weiter verfolgen muss. Die LAV-Arbeitsgruppe „Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Wein und Kosmetika“ (ALB) hat in
ihrer 28. Sitzung am 28. und 29.10.2015 das Thema „Pyrrolizidinalkaloide in Tee und Kräuterteeprodukten“ behandelt. Um
einen einheitlichen Vollzug in den Ländern zu gewährleisten, hat die ALB eine abgestimmte Vorgehensweise vorgeschlagen
und die Lebensmittelwirtschaft darüber informiert.
Barbara Ruf, CVUA Sigmaringen
Dr. Winfried Ruge, CVUA Karlsruhe und Thomas Kapp, CVUA Stuttgart
67
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Was ist drin?
Allergene in Lebensmitteln
Seit Dezember 2014 gilt die Kennzeichnungspflicht
für Allergene in loser Ware, das heißt unverpackten
Lebensmitteln (siehe hierzu Kapitel II). Bisher erhielten
Verbraucherinnen und Verbraucher nur bei verpackten
und vollständig etikettierten Lebensmitteln Informationen über allergene Zutaten. Schwerpunktmäßig hat die
baden-württembergische Lebensmittelüberwachung die
Umsetzung dieser neuen Regelung kontrolliert.
Die CVUAs haben insgesamt 2.058 Untersuchungen auf
mögliche allergene Bestandteile an Proben offener Ware
aus Gastronomie und Kantinen sowie von Eisdielen, Metzgereien und Bäckereien durchgeführt. Hierbei wurden ausschließlich solche Proben ohne entsprechende Kennzeichnung oder bereitgestellte Informationen untersucht.
Das Ergebnis: Verglichen mit verpackten Produkten war der
Anteil nachgewiesener, nicht angegebener Allergene deutlich höher. Bei insgesamt 301 von 2.058 Untersuchungen
(15 %) waren nicht gekennzeichnete Allergene mit Anteilen über dem jeweiligen Beurteilungswert nachweisbar. Bei
verpackten Produkten war dies nur bei 6 % der Fall (102
von 1.703 Untersuchungen). Bei weiteren 210 Tests auf Allergene (10 %) in unverpackten Lebensmitteln waren nicht
deklarierte Allergene nachweisbar, allerdings in sehr geringen Spurenanteilen unter dem Beurteilungswert (siehe Infokasten). Dieser Anteil war mit 9 % bei verpackten Produkten
in etwa gleich.
Vergleich der Allergenbefunde bei verpackter und unverpackter Ware, angegeben als prozentuale Anteile aller Proben.
100
90
6
15
9
80
10
Anteil in %
70
60
2015 – kein gutes Jahr für
Olivenöl-Freunde
Allergenkennzeichnung
in der Gemeinschaftsverpflegung
Bundesweite Beurteilungswerte
der Untersuchungslabors
Bei 362 von insgesamt 3.761 Untersuchungen,
also knapp 10 %, waren geringe Spuren allergener Bestandteile unter dem sogenannten Beurteilungswert nachweisbar.
Bei dem 2014 bundesweit unter den Labors der
amtlichen Lebensmittelüberwachung abgestimmten Konzept der Beurteilungswerte handelt es sich
um interne Aktionswerte und nicht um Grenzwerte. Das Konzept orientiert sich sowohl an aktuellen
Erkenntnissen aus der gesundheitlichen Bewertung als auch am analytisch Machbaren. In den
meisten Fällen liegen die gemessenen Werte im
Bereich der analytischen Bestimmungsgrenzen
der derzeit verwendeten Methoden auf Basis von
ELISA und/oder real-time PCR.
Wenn Untersuchungsergebnisse die Beurteilungswerte überschreiten, erstellt das Labor hierüber ein
Gutachten für die Lebensmittelüberwachungsbehörde. Ob ein Verstoß gegen die Bestimmungen
zur Allergenkennzeichnung vorliegt, kann in der
Regel nur durch die Lebensmittelüberwachungsbehörde am Ort der Herstellung ermittelt werden:
Denn die Kennzeichnungspflicht gilt nur, wenn das
nachgewiesene Allergen über eine rezepturmäßig
verwendete Zutat in das Lebensmittel gelangt ist.
Nach wie vor müssen Allergenspuren, die nachweislich durch eine unbeabsichtigte Verunreinigung in das Lebensmittel eingetragen worden
sind, nicht gekennzeichnet werden.
Der Ansatz der Beurteilungswerte wurde im Berichtsjahr intensiv auch mit Vertretern nicht-staatlicher Laboratorien, von Verbraucherverbänden
sowie der Lebensmittelindustrie erörtert und von
diesen ebenfalls als praktikable Vorgehensweise
begrüßt. Auch in die aktuelle Diskussion auf EUEbene um mögliche Regelungen zur freiwilligen
Kennzeichnung unbeabsichtigter Allergenspuren
ist das Konzept eingebracht worden.
Kontrollen in Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung, wie
Restaurants, Kantinen und Imbissen sollten zeigen, ob die
neuen Kennzeichnungsregelungen korrekt umgesetzt worden sind. Die angebotenen Gerichte wurden beprobt und
auf allergene Bestandteile untersucht. Anschließend wurde
mit der Allergen-Kennzeichnung verglichen, die die Kontrolleure im Betrieb angetroffen haben.
Die Ergebnisse zeigten, dass häufig noch Verbesserungsbedarf besteht: Bei 40 % der insgesamt 577 untersuchten
Proben war die Allergenkennzeichnung noch nicht korrekt
vorgenommen worden.
Im Jahr 2015 hat das CVUA Stuttgart insgesamt 266 Proben Olivenöl untersucht. Davon musste fast jede dritte Probe beanstandet werden. Wie in den Jahren zuvor waren
häufig Mängel in der Aufmachung und Kennzeichnung zu
beobachten. 20 % der Proben wiesen aber auch erhebliche
Qualitätsmängel auf oder waren verfälscht oder unzulässig
behandelt worden.
Olivenöl ist ein wichtiger Bestandteil einer „mediterranen
Ernährung“ und erfreut sich seit Jahren ständig steigender
Beliebtheit. „Natives Olivenöl extra“, das Olivenöl der höchsten Qualitätsstufe, ist in Deutschland besonders begehrt und
hat mit sehr großem Abstand den höchsten Marktanteil von
allen Olivenölkategorien.
Olivenölkategorien
◆
Ergebnisse der Untersuchungen von offen abgegebenen
Speisen aus Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung.
Anzahl von Proben, bei denen die Allergene korrekt oder
nicht korrekt gekennzeichnet waren.
229
348
Allergenkennzeichnung nicht korrekt
Allergenkennzeichnung korrekt
Olivenöl darf nur unter genau vorgeschriebenen
Bezeichnungen verkauft werden. Für die gängigsten Kategorien gibt es folgende gesetzlich vorgeschriebenen Mindeststandards:
Natives Olivenöl extra: Wird ohne Wärmebehandlung durch Pressen oder Zentrifugieren
hergestellt. Es muss erkennbar fruchtig und frei
von sensorisch wahrnehmbaren Fehlern sein. Der
Gehalt an freien Fettsäuren darf maximal 0,8 %
betragen. In Deutschland werden über 90 % aller
Olivenöle als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet.
Natives Olivenöl: Wird ebenfalls ohne Wärmebehandlung durch Pressen oder Zentrifugieren
hergestellt. Es muss erkennbar fruchtig sein, geringfügige sensorische Fehler werden aber toleriert. Der Gehalt an freien Fettsäuren darf bis zu
2,0 % betragen.
Olivenöl: Eine Mischung aus raffiniertem Olivenöl
und nativem Olivenöl, das zur Geschmacksgebung
zugegeben wird.
50
40
74
85
Die ausführlichen Berichte zur Kennzeichnung und Kontrolle von Allergenen in Lebensmitteln sowie über das
Schwerpunktprogramm zur Allergenkennzeichnung in
der Gastronomie sind im Internet veröffentlicht:
www.ua-bw.de. Das dort ebenfalls abrufbare Merkblatt
zur Allergenkennzeichnung bei nicht vorverpackten
Lebensmitteln fasst die rechtlichen Vorgaben zusammen
und gibt Beispiele für die Praxis.
30
20
10
0
verpackt
(n = 1.703)
unverpackt (offen)
(n = 2.058)
Allergengehalte über dem Beurteilungswert
Allergengehalte in Spuren unter dem
Beurteilungswert nachweisbar
◆
Allergene nicht nachweisbar
w
68
A L L E RG E N E I N L E B E N S M I T T E L N
2015 – K E I N G U T E S JA H R F Ü R O L I V E N Ö L- F RE U N D E
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Hans-Ulrich Waiblinger und die Sachverständigen für
Allergenanalytik der CVUAs
69
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Ergebnisse 2015
Insekten – igitt oder lecker?
Aufgrund der schlechten Olivenernte 2014/2015 war der
Bedarf an qualitativ hochwertigem Olivenöl kaum zu decken. Solche Umstände erhöhen die Gefahr, dass auch alte
und fehlerhafte Öle auf den Markt kommen. Aus diesem
Grund wurden im Jahr 2015 schwerpunktmäßig Olivenöle
untersucht. Von den insgesamt 266 untersuchten Olivenölen – meist Öle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“,
aber auch aromatisierte Olivenöle – waren 86 zu beanstanden. Die Beanstandungsquote von 32,3 % lag deutlich
höher als im Vorjahr (25 %). Bei 33 Proben (12,4 %) waren
lediglich Mängel in der Aufmachung und Kennzeichnung
festzustellen. 53 Proben (20 %) wiesen neben Kennzeichnungsmängeln auch Mängel in der Qualität auf, waren verfälscht oder unzulässig behandelt. Einige Olivenöle, die als
„Natives Olivenöl extra“ oder „Olio extra vergine di Oliva“
angeboten wurden, waren sogar von so schlechter Qualität, dass sie als „Lampantöl“ und damit als ungenießbar
eingestuft wurden.
Was im ersten Moment noch futuristisch klingen mag,
könnte sich vielleicht dennoch bald als Alternative zu
den „traditionellen" Speisen etablieren: Immer häufiger werden auch bei uns Lebensmittel-Insekten zum
menschlichen Verzehr angeboten, vor allem über das
Internet. Pikant oder süß, getrocknet, geröstet oder gegrillt – der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Und
Käfer, Raupen oder Heuschrecken lassen sich mannigfaltig zubereiten.
12 der untersuchten Olivenöle stammten von OnlineShops. Davon wurde die Hälfte wegen Mängeln in der
Aufmachung und Kennzeichnung beanstandet. Oft war
gar keine deutschsprachige Kennzeichnung vorhanden.
Bei 4 der Öle ließ zudem auch die Qualität zu wünschen
übrig, sodass Bezeichnungen wie „nativ extra“ oder „extra vergine“ nicht gerechtfertigt waren. Bei einem Olivenöl ergab sich auch der dringende Verdacht, dass das Öl
zur Qualitätsverbesserung einer unzulässigen Wärmebehandlung und einer chemischen Entsäuerung unterzogen worden war.
Buffalowürmer (Alphitobius diaperinus)
„Falsches“ Olivenöl
Ein Tischöl aus einem Ölspender in einer Pizzeria sollte
eigentlich Olivenöl sein. Die Analyse ergab aber, dass es
sich dabei um ein angefärbtes Sojaöl handelte. Der betroffene Gastwirt war sich keiner Schuld bewusst, hatte
er doch die Ölspender direkt aus einem Originalkanister
mit nativem Olivenöl extra befüllt. Die weiteren Nachforschungen, auch durch die Staatsanwaltschaft, ergaben,
dass in großem Stil angefärbtes Sojaöl und Sonnenblumenöl in 5 Liter-Kanistern vor allem an die Gastronomie
als italienisches natives Olivenöl extra verkauft worden
war.
Glücklicherweise ist die aktuelle Olivenernte wesentlich
besser ausgefallen als die letzte, sodass die Verbraucher
2016 wieder mit einem besseres Angebot an qualitativ
hochwertigen Olivenölen rechnen können.
70
I N S E K T E N – I G I T T O D E R L E C K E R?
W I E KO M M T B I S P H E N O L F I N S E N F ?
fallen unter die Verordnung (EG) Nr. 258/97 (Novel FoodVerordnung) und gelten als neuartige Lebensmittel beziehungsweise -zutaten. Ein Inverkehrbringen derartiger
Insektenteile als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat ist
in der EU ohne Sicherheitsbewertung und Zulassung
nicht erlaubt. Insekten als Ganzes fallen dagegen nicht
zweifelsfrei in den Anwendungsbereich der aktuell gültigen Novel Food-Verordnung und befinden sich somit
lebensmittelrechtlich derzeit in einer Grauzone. Die neue
Verordnung (EU) Nr. 2015/2283 ist am 31. Dezember
2015 in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung werden
einige Unklarheiten im Hinblick auf den Anwendungsbereich der bisher geltenden Verordnung (EG) Nr. 258/97
beseitigt. Unter anderem sind ganze Tiere wie Insekten
nunmehr Teil der Begriffsbestimmung und fallen damit
eindeutig in den Anwendungsbereich der Verordnung.
Weiter wird auch der Begriff „traditionelles Lebensmittel
aus einem Drittland" eingeführt. Für diese traditionellen
Lebensmittel gilt ein vereinfachtes Verfahren, wenn der
Antragsteller eine mindestens 25-jährige sichere Verwendung als Lebensmittel außerhalb der EU verlässlich belegen kann. Allerdings sind die Vorgaben der „neuen Novel
Food-Verordnung“ von 2015 erst ab dem 1. Januar 2018
vollumfänglich gültig.
Aufgrund der steigenden Nachfrage haben zwischenzeitlich jedoch bereits einzelne EU-Mitgliedstaaten – so
beispielsweise Belgien und die Niederlande – nationale
Vorgaben eingeführt und Aufzucht und Vermarktung bestimmter Lebensmittel-Insekten im nationalen Alleingang
unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht. Dort werden die entsprechenden Produkte nun teilweise bereits im
Supermarkt angeboten.
Was macht die Lebensmittelkontrolle?
Wanderheuschrecke (Locusta migratoria)
Inspirationen liefern unzählige Rezepturen aus Asien, Afrika, Lateinamerika oder Australien. Insekten zählen dort
zu den Grundnahrungsmitteln und ihr Verzehr ist seit langem Normalität. Weit gefehlt, wer glaubt, dies geschehe
nur aus Hungersnot: Auf diesen Kontinenten sind Insekten
fester Bestandteil der lokalen Ernährungsgewohnheiten,
werden vor allem wegen ihres Geschmacks gegessen und
gelten dabei häufig als besondere Delikatesse!
Die Lebensmittelüberwachung muss sich dieser neuen Herausforderung stellen. Das CVUA Freiburg beschäftigt sich
daher seit geraumer Zeit mit dieser Thematik. Neben der
ständigen Beobachtung des internationalen Geschehens,
der Weiterentwicklung der politisch-strategischen Ausrichtung und von aktuellen Forschungsergebnissen stehen die
Sachverständigen im Austausch mit den entsprechenden
renommierten Forschungsinstituten. Sie entwickeln parallel
die erforderlichen routinetauglichen Untersuchungsmethoden. Ein Schwerpunkt liegt derzeit auf der Artenbestimmung der Insekten in allen Entwicklungsstadien, um bei
einer Vielzahl möglicher essbarer Insekten-Spezies und der
jeweiligen Abhängigkeit der Gefahrenbewertung eine gesicherte Aussage machen zu können.
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse 2015 sind
im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Sind Insekten „neuartige Lebensmittel”?
Der ausführliche Bericht zum Thema Insekten ist im Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Dr. Rüdiger Weißhaar, CVUA Stuttgart
Insektenteile, die vor dem 15. Mai 1997 noch nicht in
nennenswerten Umfang in der EU verzehrt wurden,
Silke Helble, CVUA Freiburg
Wie kommt Bisphenol F
in Senf?
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
Metallische Behälter für Lebensmittel, wie Konservendosen, Tuben und Getränkebehälter, sind zum Schutz
des Lebensmittels vor dem Übergang von Metallen
häufig im Inneren beschichtet. Zur Herstellung dieser
Beschichtung werden Bisphenole und -derivate eingesetzt. Nachdem Bisphenol A (BPA) in der Öffentlichkeit
aufgrund seiner endokrinen Wirkung in die Kritik geriet, suchen die Hersteller nach Ersatzstoffen. Für die
dem BPA sehr ähnlichen, also analogen Stoffe, liegen
oftmals keine toxikologischen Bewertungen vor. Das
CVUA Stuttgart hat 16 Senftuben auf den Übergang
von BPA und anderen Bisphenolen beziehungsweise
-derivaten untersucht. Die Lebensmittelchemiker sind
dabei auf hohe Mengen an Bisphenol F (BPF) gestoßen.
Untersuchungsergebnisse
Das Labor hat insgesamt 16 Proben Senf aus Tuben untersucht. In den beiden Proben süßer Senf wurde BPF in Gehalten von 850 µg/kg beziehungsweise 1.800 µg/kg und
in den 9 Proben mittelscharfer Senf zwischen 1.500 µg/kg
und 6.200 µg/kg ermittelt. Auffällig war, dass alle 5 Proben scharfer und extrascharfer Senf keine oder nur geringe
71
BPF-Gehalte von weniger als 35 µg/kg enthielten. Unter
den Proben befanden sich auch mittelscharfe und scharfe Senfe vom selben Hersteller. Da davon auszugehen ist,
dass in dem Herstellungsbetrieb gleichartige Tuben für die
verschiedenen Produkte verwendet werden, sind die unterschiedlichen Befunde in scharfem und mittelscharfem
Senf auffallend.
BPF entsteht bei der Senfherstellung
Die Resultate lassen darauf schließen, dass das BPF nicht
aus der Verpackung stammt. Das Schweizer Bundesamt
für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat in
früheren Untersuchungen bereits ähnlich hohe BPF-Gehalte
in süßem und mittelscharfem Senf festgestellt. In einer Studie des BLV wurde bestätigt, dass BPF nicht durch die Verpackung verursacht wird, sondern bei der Herstellung des
Senfes aus natürlich vorkommenden Glucosinolaten, auch
Senfölglycoside genannt, entsteht (www.blv.admin.ch).
Laut BLV wird BPF nur bei der Herstellung von süßem und
mittelscharfem Senf gebildet, da seine Entstehung in Zusammenhang mit dem in weißem Senf vorkommenden Sinalbin
steht. Der genaue Bildungsweg ist noch nicht geklärt. Die
Daten des CVUA Stuttgart bestätigen jedoch diese Aussage.
Ist BPF gesundheitsschädlich?
BPA wird für die Herstellung verschiedener Kunststoffe
und Kunstharze verwendet. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) stuft BPA als reproduktionstoxisch
ein. Reproduktionstoxische Verbindungen können die
Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und das Kind im
Mutterleib schädigen. BPF ist ein Strukturanalogon von
BPA, das heißt: beide Stoffe weisen eine sehr ähnliche
chemische Struktur auf. Solche Analoga können auch
ähnliche biologische Wirkungen hervorrufen. Für BPF liegen jedoch bisher keine ausreichenden toxikologischen
Bewertungen und kein gesetzlicher Grenzwert vor.
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
Non-Food – auch ein Thema
der Lebensmittelüberwachung
Kinetischer Sand –
Sandkuchen backen im Haus
Ein neuartiger Spielsand wird für das Kinderzimmer angeboten. Der kinetische Sand, Zaubersand oder Crazy
Sand besteht aus feinkörnigem Spielsand, der mittels
Bindemittel auf Silikonölbasis spezielle Eigenschaften
erlangt. Er staubt nicht, ist formbar wie feuchter Sand
und klebt nicht an Händen und Unterlagen.
Das CVUA Stuttgart hat bei 6 von 12 Proben jedoch Mängel
festgestellt. In 4 Proben eines Herstellers wurde n-Butanol
nachgewiesen. Diese Proben hatten in Aufschlämmungen
mit Wasser einen pH-Wert im alkalischen Bereich (pH 11).
Die übrigen Proben hingegen zeigten unter den gleichen
Bedingungen neutrale bis schwach saure Reaktion. Weitere 2 Produkte hatten ebenfalls einen fremdartigen Geruch. Hier wurden Naphthalinderivate und cyclische Alkane
identifiziert. Ein pink gefärbter Sand war nicht schweißecht
und enthielt den Farbstoff Rhodamin B, der im Verdacht
steht, krebserzeugend zu sein.
Der kinetische Sand besitzt überraschende Eigenschaften.
Teilweise sind jedoch noch qualitative Verbesserungen erforderlich. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten vorsorglich grundsätzlich Spielwaren mit auffälligem Geruch
meiden. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse scheint
das Sandeln im Freien immer noch die bessere Alternative
zu sein.
Enthalten Papierverpackungen
Anthrachinon?
Im Jahr 2013 wurde das krebserregende Anthrachinon
aus den Empfehlungen des BfR für die Herstellung von
Papier gestrichen. Im Jahr 2014 fanden die Prüfer der
Stiftung Warentest Anthrachinon in nicht unerheblichen
Mengen in Schwarztee. Neben den im Teeanbau verwendeten Pestiziden kommen auch die Papierfilter als Eintragsquelle für Anthrachinon in Frage.
Nanomaterialien in Kosmetika
Die EU-Kosmetik-Verordnung (VO (EG) Nr. 1223/2009),
die im Juli 2013 vollumfänglich in Kraft getreten ist, hat
im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten bereits einige
Verfahren zum Einsatz von Nanomaterialien genau reguliert. Diese Anforderungen hat das CVUA Karlsruhe im
Rahmen der im Auftrag des MLR durchgeführten Studie „Marktübersicht für Produkte mit Nanotechnologie in
Baden-Württemberg“ für kosmetische Mittel überprüft.
Das CVUA Stuttgart untersuchte daher in den Jahren
2014 und 2015 Kaffee- und Teefilter zum Selbstbefüllen
und bereits mit Tee befüllte Beutel. Zudem wurden weitere Papierverpackungen, wie Butterbrotpapier, Obsttüten,
Hamburger- und Pizzaschachteln, diverse Pappteller und
-schalen, Bäckerseide und -tüten sowie Muffin- und Cupcake- förmchen geprüft.
Überblick über die auf Anthrachinon untersuchten
Proben Papiermaterialien mit Lebensmittelkontakt
in den Jahren 2014-2015 (Gesamtzahl 110)
11
17
Kaffeefilter
5
Teefilter zum Selbstbefüllen
26
13
Teebeutel befüllt
Butterbrotpapiere
Süßwarenpackungen
38
Das BfR hat bewertet, ob sich aus dem Vorkommen von
BPF in Senf mögliche gesundheitliche Risiken für Verbraucher ergeben könnten. Es kam in seiner Stellungnahme
zur Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken durch
Bisphenol F in Senf vom 8. Juni 2015 zu dem Schluss,
dass eine gesundheitliche Gefährdung des Verbrauchers
durch den Verzehr von BPF-haltigem Senf nach jetzigem
Kenntnisstand unwahrscheinlich ist (siehe www.bfr.de).
Das BfR weist jedoch darauf hin, dass die Datenlage unzureichend ist und weitere toxikologische Studien sowie
Abschätzungen zur Exposition für eine abschließende Bewertung erforderlich sind.
72
N O N - F O O D – AU C H E I N T H E M A D E R L E B E N S M I T T E LÜ B E R WAC H U N G
JA H R E S B E R I C H T 2015
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
sonstige Papierverpackungen
◆
In keiner der 110 untersuchten Proben war Anthrachinon bestimmbar. Lediglich in 2 bereits befüllten Schwarzteebeuteln
waren geringe Spuren von Anthrachinon (< 3 mg/kg) nachweisbar. Als mögliche Quelle kommt hier der mit Pestiziden
behandelte Schwarztee in Frage. Die Untersuchungen
zeigten insgesamt, dass Anthrachinon in den untersuchten
Materialien offensichtlich keine Anwendung fand.
Ein ausführlicher Bericht über die Untersuchungen ist im
Internet veröffentlicht: www.ua-bw.de.
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse 2015 sind
im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Ulrike Kielmeier, CVUA Stuttgart
Iris Eckstein, CVUA Stuttgart
Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse sind im
Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Sarah Stürenburg, Heike Blank, Susanne Maier und
Dr. Natalie Rosenfelder, CVUA Stuttgart
Marktcheck
25 der rund 400 im Land ansässigen verantwortlichen
Personen im Sinne der VO (EG) 1223/2009, die kosmetische Mittel herstellen, vertreiben oder importieren, haben
Produkte mit Nanomaterialien im Sortiment. Dies ergab eine
Recherche im Cosmetic Product Notification Portal (CPNP)
im März 2015. Insgesamt werden 140 kosmetische Mittel,
die Nanomaterialien enthalten, angeboten. Beim überwiegenden Teil handelt es sich um Sonnenschutzmittel (116),
weitere Produkte sind kosmetische Mittel zur Lippen- und
Zahnpflege, Tagescremes und Mascara. Bei den 140 Produkten wurden 6 verschiedene Nanomaterialien eingesetzt:
73
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
TEIL III UNTERSUCHUNGEN
JA H R E S B E R I C H T 2015
Teil IV Trinkwasser
Trinkwasserüberwachung76
Informationen rund ums Trinkwasser
76
Flüchtlingswelle 2015 – Auswirkungen
auf die Trinkwasserüberwachung
77
Umsetzung der umfassenden Untersuchung
für dezentrale kleine Wasserwerke
78
Radioaktivität im Trinkwasser
80
◆
Die meisten Einträge fallen auf Titandioxid (116 Einträge),
das als UV-Filter in Sonnenschutzmitteln verwendet wird.
Weitere Nanomaterialien sind
n 29-mal Methylene-bis-benzotrazolyl-tetra-methylbutyl-
phenol (MBBT), ein organischer Lichtfilter,
n 8-mal Zinkoxid, ebenfalls ein UV-Filter,
n 4-mal Siliciumdioxid und einmal Hydroxyapatit, die in Zahncremes oder Zahnpflegeprodukten eingesetzt wer
den, sowie
n 1-mal Carbon black, das als schwarzer Farbstoff zum Beispiel in Mascara oder Kajal verwendet wird.
Trinkwasseruntersuchung82
Mikrobiologische Untersuchungen
83
Chemische Untersuchungen
86
Befragung der verantwortlichen Person
Von den 25 ermittelten Kosmetikunternehmern in BadenWürttemberg, die kosmetische Mittel mit Nanomaterialien
im Sortiment haben, wurden 12 für eine Betriebskontrolle
ausgewählt. Die Auswahl wurde so getroffen, dass jede
Produktart und jedes Nanomaterial möglichst zweimal, mindestens aber einmal abgedeckt war. Die Kontrollen haben
die Sachverständigen des CVUA Karlsruhe gemeinsam mit
der jeweils zuständigen unteren Verwaltungsbehörde durchgeführt. Bei den Kontrollen wurden die Produktunterlagen
überprüft, insbesondere die Rohstoffspezifikationen der
eingesetzten Nanomaterialien, sowie die Rezeptur und die
Sicherheitsbewertung des entsprechenden kosmetischen
Mittels. Die überprüften Kosmetikunternehmer hielten die
gesetzlichen Anforderungen bezüglich Nanomaterialien
(Meldungen, Notifizierung, Kennzeichnung) ein.
Untersuchung und Beurteilung
Von den insgesamt 13 Proben aus den Betriebskontrollen
bei Herstellern und 17 Proben von Testkäufen aus dem
Internet wurde eine Auswahl von 18 Proben zur chemischen Untersuchung auf Nanomaterialien in einem beauftragten Privatlabor getroffen. 9 der 18 ausgewählten Proben
(50 %) wurden beanstandet. Von den Proben aus BadenWürttemberg war eine Probe (5,5 %) zu beanstanden.
◆
Die ausführlichen Ergebnisse sind im Internet veröffentlicht worden: www.ua-bw.de.
Zusätzlich hat das CVUA Karlsruhe eine Internet-Recherche
zu kosmetischen Mitteln mit Nanomaterialien durchgeführt.
Über die SES wurden 17 Produkte als Testkauf aus dem
Internet erworben und untersucht.
74
◆
Claudia Baumung, CVUA Karlsruhe
◆
75
TEIL IV TRINK WASSER
Trinkwasserüberwachung
Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Es steht jedem zur Verfügung, in der Regel unbeschränkt und ohne
dass Wege für die Beschaffung zurückgelegt werden müssen. Kein Lebensmittel ist besser kontrolliert. Für kein
Lebensmittel gelten vergleichbar viele und strenge Grenzwerte. Nach den Vorschriften der Trinkwasserverordnung
muss es rein und genusstauglich sein. Es darf keine Krankheitserreger enthalten und keine Stoffe, die die menschliche Gesundheit gefährden können.
Informationen rund ums Trinkwasser
Trinkwasserverbrauch und -versorgung
Es wird zum Genuss im ursprünglichen Zustand oder aufbereitet zu Getränken und Speisen, aber auch zur Körperpflege und Reinigung benötigt. In Baden-Württemberg hat jeder Einwohner im Jahr 2013 täglich im Durchschnitt
116 Liter Trinkwasser verbraucht. Dies erscheint recht viel, zumal 2014 nur rund 4 % für Essen und Trinken verbraucht wurden. Allerdings ist der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch je Einwohner seit dem Maximum
Anfang der 1990er Jahre wieder um rund 25 Liter gesunken und stagniert nun schon seit 10 Jahren auf diesem
Niveau. Der Pro-Kopf-Verbrauch im Land liegt unter dem Bundesdurchschnitt von 121 Litern. Die Statistik wird alle
3 Jahre erhoben
Die Wasserversorgung in Baden-Württemberg basiert auf kommunaler Versorgung, überregionalen Fernwasserversorgungen und für einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung, vor allem in den ländlichen Regionen von Schwarzwald
und Oberschwaben, auf dezentralen kleinen Wasserwerken (Eigenwasserversorgungen). Etwa die Hälfte des Wassers wird aus Grundwasser gewonnen, knapp 30 % aus Oberflächenwasser, der Rest vor allem aus Quellwasser.
Weitere Informationen zum Wasserverbrauch und der Wassergewinnung sind auf der Internetseite des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg (www.statistik.baden-wuerttemberg.de) und der Internetseite des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (www.bdew.de) veröffentlicht.
Trinkwasserkontrolle
Für Reinheit und gesundheitliche Unbedenklichkeit des Trinkwassers sind die Wasserversorgungsunternehmen und
Inhaber von Wasserversorgungsanlagen verantwortlich. Von der Trinkwasserüberwachung wird erwartet, dass sie
die Einhaltung der strengen Qualitätsstandards gewährleistet.
In Baden-Württemberg sind die 38 Gesundheitsämter der Land- und Stadtkreise und das Landesgesundheitsamt
(LGA) beim Regierungspräsidium Stuttgart für die Überwachung der Trinkwasserqualität zuständig. Zu den zentralen Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes gehört damit die Überwachung und Mitwirkung bei der Sicherstellung einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserversorgung der Bürgerinnen und Bürger. Die Gesundheitsämter
tragen hier eine wesentliche Mitverantwortung.
Nach § 37 Infektionsschutzgesetz muss Wasser für den menschlichen Gebrauch so beschaffen sein, dass für die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Schädigung ihrer Gesundheit zu befürchten ist. Detailliert geregelt sind die Anforderungen
an die Beschaffenheit des Trinkwassers in der Trinkwasserverordnung aus dem Jahre 2001, kurz: TrinkwV. Diese Rechtsvorschrift wurde in den letzten Jahren mehrfach geändert, zuletzt im Jahr 2015. Mit dieser jüngsten Anpassung wurden
radiologische Anforderungen an das Trinkwasser sowie die entsprechenden Überwachungsaufgaben konkretisiert.
Die Überwachungsaufgaben umfassen routinemäßige und anlassbezogene Überprüfungen der Wasserqualität durch
mikrobiologische, chemische und zukünftig radiologische Untersuchungen. Die Anlagen und Wasserschutzzonen sind
regelmäßig zu begehen, um sicherzustellen, dass die bestehenden Wassergewinnungs- und Versorgungsanlagen den
Anforderungen an den aktuellen Stand der Technik gerecht werden.
Einzelne bundesrechtliche Änderungen der Trinkwasserverordnung führten in den letzten Jahren bei der Trinkwasserüberwachung in den unteren Gesundheitsbehörden zu einem Mehraufwand, dem das Land Baden-Württemberg im Berichtsjahr nun dadurch begegnet ist, dass im Nachtragshaushalt für 2015/2016 zusätzliche Finanzmittel für einen erstmaligen
Stellenaufwuchs bei den Hygienekontrolleuren bereitgestellt wurden.
Martina Bauer, MLR
76
TRINK WASSERÜBERWACHUNG · INFORMATIONEN RUND UMS TRINK WASSER
FLÜCHTLINGSWELLE 2015 – AUSWIRKUNGEN AUF DIE TRINK WASSERÜBERWACHUNG
Flüchtlingswelle 2015 –
Auswirkungen auf die Trinkwasserüberwachung
JA H R E S B E R I C H T 2015
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
Eine besondere Situation ergab sich im Jahr 2015 durch den immensen Flüchtlingsstrom nach Deutschland und
Baden-Württemberg. Wegen der sich teilweise ergebenden kurzfristigen Nutzung zuvor leerstehender Gebäude für
die Unterbringung der Menschen war auch die Trinkwasserüberwachung stark gefordert.
Die Ankunft tausender Flüchtlinge innerhalb weniger Monate erforderte Improvisation bei deren Unterbringung.
Leerstehende Gebäude jeder Art, zum Beispiel Gasthöfe
oder Gewerbehallen, rückten dafür in den Fokus von Landkreisen und Kommunen. Anwesen, deren Trinkwasserinstallationen alt und in schlechtem Zustand oder für die
Versorgung überfüllter Gemeinschaftsunterkünfte vielfach
nicht ausgelegt waren, mussten kurzfristig für die Unterbringung der Menschen hergerichtet werden. Trotzdem
muss auch hier das zur Verfügung gestellte Trinkwasser
die strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung
erfüllen. Die Trinkwasserüberwachung sah sich einer besonderen Herausforderung gegenüber.
Trägt der Eigentümer der Liegenschaft
oder der Mieter als Nutzer die Verantwortung?
Die Verantwortung für die Reinheit und gesundheitliche
Unbedenklichkeit des Trinkwassers sowie gegebenenfalls
die Pflicht zur Veranlassung bestimmter Untersuchungen,
insbesondere zu Legionellen, liegt nach geltendem Recht
beim Unternehmer oder sonstigen Inhaber der Trinkwasserinstallation. Bei der Vielfalt der sich in der Praxis ergebenden Konstellationen ist die Feststellung, wer letztlich
verantwortlich ist, oft nicht einfach.
Bei der Vermietung von Gebäuden für die Unterbringung
der Flüchtlinge handelt es sich um eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der Trinkwasserverordnung, sofern die
unmittelbare oder mittelbare, zielgerichtete Trinkwasserbereitstellung im Rahmen der Vermietung stattfindet. Sind
bereits Duschen vorhanden, ist der Eigentümer (Vermieter) verantwortlicher Unternehmer – unabhängig davon,
ob vom Mieter weitere Duschen ergänzt werden. Ist eine
Großanlage zur Trinkwassererwärmung vorhanden, besteht
für ihn die Pflicht zur Untersuchung auf Legionellen. Wenn
das angemietete Gebäude keine Duschen und ähnliche
Einrichtungen enthält, gibt es keine zielgerichtete Trinkwasserbereitstellung mit Legionellen-Relevanz durch den
Vermieter. Durch die Unterbringung von Personen und den
Einbau von Duschen agiert der Mieter im Rahmen einer
öffentlichen Tätigkeit im Sinne der Trinkwasserverordnung,
als sogenannter sonstiger Inhaber, was bei Vorhandensein
einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung die Pflicht zur
Untersuchung auf Legionellen durch den Mieter zur Folge
hat. Bei einem angemieteten Ein- oder Zweifamilienhaus
besteht keine Untersuchungspflicht.
Aspekte der Trinkwasserhygiene
Angesichts der möglicherweise wochen- oder sogar
monatelangen Stillstandszeiten in den entsprechenden
Gebäuden kann es bei Wiederinbetriebnahme der Trinkwasserinstallation zu sensorisch auffälligen oder anderen
Beeinträchtigungen des Trinkwassers kommen. Von besonderer Bedeutung ist die mikrobiologische Beschaffenheit des Trinkwassers. Wichtigste Maßnahme ist ausgiebiges Spülen, danach eine erste Beprobung. Wenn die
Untersuchungsergebnisse wegen des herrschenden Zeitdrucks nicht abgewartet werden können, kommen unter
Beachtung der Bedingungen des Einzelfalls zeitlich befristete Einschränkungen der Verwendung des Trinkwassers,
beispielsweise „kein Duschen möglich“, in Betracht.
◆
Martina Bauer, MLR
77
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
TEIL IV TRINK WASSER
U M S E T ZU N G D E R U M FA S S E N D E N U N T E R SU C H U N G
F Ü R D E Z E N T R A L E K L E I N E WA S S E R W E R K E
JA H R E S B E R I C H T 2015
Umsetzung der umfassenden Untersuchung
für dezentrale kleine Wasserwerke
Die Änderung der Trinkwasserverordnung im Jahr 2011 brachte für Betreiber von Kleinanlagen zur Trinkwasserversorgung mit Wasserabgabe an Dritte im Rahmen einer öffentlichen oder gewerblichen Tätigkeit, zum Beispiel
Vermietung, Gastronomie, Herstellung und Vertrieb von Lebensmitteln, erhebliche Änderungen mit sich. Für diese
sogenannten dezentralen kleinen Wasserwerke müssen die Betreiber neben den „routinemäßigen Untersuchungen“
jährlich auch „umfassende Untersuchungen“ durchführen.
Im Ortenaukreis sind 954 dezentrale kleine Wasserwerke erfasst. Ein Großteil dieser Anlagen gehört zu landwirtschaftlichen Betrieben. Im Jahr 2015 hat das Gesundheitsamt alle Betreiber angeschrieben, um sie auf ihre Pflicht
zur Durchführung einer umfassenden Untersuchung hinzuweisen.
Von den 954 Einzelwasserversorgern haben bislang 554
Betreiber, also etwas mehr als die Hälfe, Ergebnisse der
umfassenden Untersuchung mit 33 Parametern vorgelegt.
Davon wiesen 307 Anlagen Grenzwertüberschreitungen
auf.
Die folgende Tabelle stellt dar, welche Parameter wie oft
über den Grenzwerten lagen:
Parameter
Anzahl der Proben mit
Grenzwertüberschreitung
1. aus der umfassenden Untersuchung
Aluminium
6
Arsen
20
Bentazoen
1
Benzol
2
Blei
Calcitlösekapazität
4
154
Clostridien
4
Eisen
27
Enterokokken
42
Färbung SAK
4
Fluorid
2
Hexazinon
1
Mangan
35
Metolachlor
3
Nickel
4
Nitrat
6
Oxidierbarkeit
1
Summe PSM
2
Uran
Summe Anzahl
3
321
2. aus der Routineuntersuchung
Ammonium
78
2
coliforme Keime
109
E. Coli
41
Koloniezahl
16
ph-Wert
47
Summe Anzahl
215
Die Grenzwertüberschreitungen betreffen sowohl mikrobiologische Parameter, wie Enterokokken, chemische
Parameter, wie Arsen, Eisen oder Mangan, als auch sogenannte Indikatorparameter, wie die Calcitlösekapazität.
Indikatorparameter sind in den üblichen Mengen nicht
gesundheitsschädlich, können aber beispielsweise zur Korrosion von Rohren führen. Einen großen Anteil von rund
70 % der Grenzwertüberschreitungen haben die geogen
bedingten Untersuchungsparameter Arsen, Calcitlösekapazität, Eisen und Mangan.
Die bisherigen Ergebnisse der umfassenden Untersuchungen haben ferner gezeigt, dass bei den Anlagen mit Grenzwertüberschreitungen dies durchschnittlich jeweils bei 0,6,
gerundet also einem Parameter, aus der umfassenden Untersuchung der Fall ist.
Das Gesundheitsamt muss jeweils im Einzelfall entscheiden, welche Konsequenzen die Grenzwertüberschreitungen haben. Dies können Nachbeprobung, Abkochgebot,
Verzicht auf Verwendung für Säuglingsnahrung, Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung im Fassungsbereich
der Quellen oder Nachrüsten von Filteranlagen sein.
terumfang durchgeführt. Erst mit diesen vollständigen Analyseergebnissen besteht eine ausreichende fachliche Grundlage, um die im Einzelfall relevanten Parameter beurteilen zu können.
Durch den „Ortenauer Weg“ können der Untersuchungsumfang und damit die Kosten für die Trinkwasseruntersuchungen ab
2016 erheblich reduziert werden. So müssen in den folgenden Jahren neben den auch in den letzten Jahren schon erforderlichen routinemäßigen Untersuchungen nur jeweils noch diejenigen Parameter ergänzend untersucht werden, bei denen es
im Jahr 2015 zu Grenzwertüberschreitungen gekommen ist. Erst im Jahre 2019 wird dann wieder eine größere umfassende
Untersuchung durchgeführt. Die Parameteranzahl wird jedoch geringer als bei der ersten Untersuchung 2015 sein, da die
Trinkwasserkontrolle dann, basierend auf der Datengrundlage der Untersuchungen 2015 bis 2018, in jedem Einzelfall entscheiden kann, welche Parameter aus fachlichen Gründen für die betroffenen Betreiber überhaupt in Frage kommen.
Untersuchungsumfang für dezentrale kleine Wasserwerke bis 2019 nach dem „Ortenauer Weg“
Ortenauer Weg
50
Die umfassende Untersuchung stellt für die Betreiber eine
große finanzielle Belastung zusätzlich zur routinemäßigen
Untersuchung dar, denn jede umfassende Untersuchung
kostet etwa 500 bis 900 Euro. Unabhängig davon ist das
Trinkwasser ein äußerst wichtiges Gut, das zu Recht gerade auch mit Blick auf den Verbraucherschutz einen hohen
Schutzstatus genießt.
Der „Ortenauer Weg“ beschreibt eine Vorgehensweise, die
vom Landratsamt Ortenaukreis entwickelt wurde und die
im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben der Trinkwasserverordnung weitestgehend beiden Interessen gerecht werden
soll.
Bevor das Gesundheitsamt seinen Ermessensspielraum
ausüben und den Untersuchungsumfang gemäß Anlage
4 Teil I Buchstabe b TrinkwV reduzieren kann, muss eine
entsprechende Datengrundlage vorhanden sein. Die erste
umfassende Untersuchung im Jahr 2015 wurde deshalb
aus fachtechnischen Gründen mit vollständigem Parame-
45
Reduzierung möglich, soweit
Untersuchungen 2015-2018
unproblematisch
40
Parameteranzahl
Ergebnisse
35
30
33
25
Im Durchschnitt 1 Parameter
20
15
10
5
14
14
14
14
14
2015
2016
2017
2018
2019
0
Jahr
routinemäßige Untersuchung
ggf. Parameter mit Grenzwertüberschreitung
umfassende Untersuchung
Katinka Mangei, LRA Ortenaukreis
79
TEIL IV TRINK WASSER
Radioaktivität im Trinkwasser
Seit dem 18. November 2015 gilt die 3. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung. Diese Verordnung
dient der nationalen Umsetzung der Richtlinie 2013/51/EURATOM zur Festlegung von Anforderungen an den
Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser für den menschlichen Gebrauch.
Welche Rolle spielt Radioaktivität in
unserem Trinkwasser?
Im Jahr 2009 hat das BfS in einer Studie 582 Trinkwasserproben untersucht, wobei die Beprobung einen großen Teil
des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland erfasst hatte. Zur Untersuchung von Trinkwasser in Ballungsgebieten
wurden vorwiegend größere Wasserversorgungsanlagen
beprobt. Zusätzlich wurden zur Erfassung der oberen Aktivitätsbereiche gezielt Trink- und Rohwasser von Wasserversorgungsanlagen in Gebieten mit erhöhter natürlicher
Radioaktivität beprobt. Hierzu gehörten auch Gebiete in
Bayern, Sachsen, Baden-Württemberg, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Als wesentliches Ergebnis
benennt die Studie, dass das Trinkwasser in Deutschland
nur geringfügig zur gesamten mittleren jährlichen Strahlenexposition aus natürlichen Quellen beiträgt.
Verglichen mit der gesamten natürlichen wie auch mit der
zivilisatorischen Strahlenexposition der Bevölkerung ist in
Deutschland die durchschnittliche Strahlenbelastung durch
Trinkwasser gering. Die effektive Dosis aus dem Trinkwasserkonsum liegt nach dem Bericht des BfS im Mittel für die
Altersgruppe der Erwachsenen im Bereich von 0,01 mSv/a
(Millisievert pro Jahr). Die gesamte natürliche Strahlenexposition beträgt demgegenüber im Mittel 2,1 mSv/a mit einer
örtlich bedingten Spannweite von 1 mSv/a bis 10 mSv/a.
Das BfS hat aus seiner Studie Empfehlungen für die zukünftige Überwachung des Trinkwassers abgeleitet. Unter
anderem soll die Trinkwasseruntersuchung alle natürlichen
Radionuklide berücksichtigen, die einen relevanten Dosisbeitrag liefern könnten. Dazu gehören neben Radon-222
die Radiumisotope Ra-228 und Ra-226, die Uranisotope
U-238 und U-234 und die Radonfolgeprodukte Pb-210
und Po-210.
Wie geraten radioaktive Stoffe in das
Trinkwasser?
Während künstliche Radionuklide nur durch Störfälle, zum
Beispiel aus kerntechnischen Anlagen, in die Umwelt gelangen, sind natürlich vorkommende Radionuklide aufgrund geologischer und hydrogeologischer Gegebenheiten
sehr unterschiedlich und mit großen Schwankungsbreiten
in der Konzentration verteilt. Der Konsum von aus Grundwasserleitern gewonnenem Trinkwasser kann daher unter
Umständen im Einzelfall zu Strahlenbelastungen führen, die
im Sinne eines vorsorglichen gesundheitlichen Verbrau-
◆
80
cherschutzes nicht akzeptabel sind. Solche nennenswert
erhöhten Aktivitätskonzentrationen natürlicher Radionuklide finden sich häufiger in Wässern aus granitisch geprägten Gebieten, wie im Erzgebirge, Vogtland, Fichtelgebirge, Bayerischen Wald, Oberpfälzer Wald, im Harz und im
Schwarzwald.
Welche rechtlichen Anforderungen
gibt es?
Die Trinkwasserverordnung sieht vor, dass die Aktivitätskonzentrationen ausgewählter Radionuklide und die sogenannte Richtdosis zur Bewertung von Trinkwasser hinsichtlich radioaktiver Inhaltsstoffe herangezogen werden.
R A D I OA K T I V I TÄT I M T RI N K WA S S E R
dieser 3 Faktoren berechnet. Dabei sind grundsätzlich die
in der TrinkwV aufgeführten Referenz-Aktivitätskonzentrationen für verschiedene Radionuklide zu berücksichtigen. Die Aktivitätskonzentrationen von K-40, Tritium und
Radon-222 sowie kurzlebige Radon-Zerfallsprodukte bleiben unberücksichtigt. Wenn Informationen vorliegen, dass
andere Radionuklide in dem Trinkwasser vorhanden sein
könnten, deren Dosisbeitrag zu einer Überschreitung der
Richtdosis führen kann, sind auch diese einzubeziehen.
In der Regel kann die Untersuchung künstlicher Radionuklide entfallen, es sei denn, die zuständige Behörde ordnet
solche Untersuchungen an.
Für die Erstuntersuchung im Hinblick auf die Richtdosis
durch natürliche Radionuklide können unterschiedliche
Verfahren angewendet werden: Screening-Verfahren mit
Bestimmung der Gesamt-Alpha-Aktivitätskonzentration
Calpha-ges und Einzelnuklidbestimmung. Kann die Einhaltung
des Parameterwertes für die Richtdosis mittels ScreeningVerfahren nicht nachgewiesen werden, sind zur Beurteilung der Richtdosis Einzelnuklidbestimmungen erforderlich.
JA H R E S B E R I C H T 2015
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
Wo und wie oft müssen die Untersuchungen zur Radioaktivität
durchgeführt werden?
Die Untersuchungen sind in der Regel zumindest in Form
der Erstuntersuchungen in jedem Wasserversorgungsgebiet, ausgehend von der abgegebenen Menge, jährlich 1bis 10-mal durchzuführen. Nach Abschluss der von den
Wasserversorgern veranlassten Erstuntersuchungen (bis
spätestens 4 Jahre nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung) wird festzulegen sein, wo weitere regelmäßige
Untersuchungen zur Radioaktivität im Trinkwasser durchzuführen sind.
Eine vom BfS geleitete fachübergreifende Arbeitsgruppe
aus Vertretern von Ministerien, Landesmessstellen, analytischen Laboratorien und Trinkwasserverbänden hat zwischen 2009 und 2012 einen Leitfaden zur Untersuchung
und Bewertung von Radioaktivität im Trinkwasser erarbeitet, der die bestehenden Anforderungen auf empfehlender
Basis konkretisiert. Der Leitfaden ist auf der Internetseite
des BfS abrufbar (www.bfs.de).
Parameterwerte für Radon-222, Tritium und Richtdosis
(Tabelle nach Anlage 3a Teil 1 TrinkwV)
ParameterParameterwert Einheit
Radon-222100
Tritium
Bq/l
100Bq/l
Richtdosis100mSv/a
Radon-222
In Bezug auf Radon-222 ist eine Erstuntersuchung durchzuführen, um das Ausmaß einer möglichen Exposition
durch Radon-222 im Trinkwasser zu bestimmen. Der Parameterwert für Radon-222 gilt als eingehalten, wenn die
gemessene Radon-Aktivitätskonzentration gemittelt über 4
unterschiedliche Quartale diesen Wert nicht überschreitet.
Tritium
Untersuchungen im Hinblick auf Tritium im Trinkwasser
sind nicht erforderlich, solange der zuständigen Behörde
keine Anhaltspunkte vorliegen, dass der in Anlage 3a Teil I
festgelegte Parameterwert für radioaktive Stoffe überschritten sein könnte. Bei Überschreitung des Parameterwertes
für Tritium ist eine Untersuchung des Trinkwassers auf
andere künstliche Radionuklide erforderlich, da Tritium als
Indikatornuklid für das Vorhandensein künstlicher radioaktiver Stoffe angesehen wird.
Richtdosis
Die Richtdosis wird anhand der gemessenen Radionuklidkonzentrationen und der im Bundesanzeiger (BAnz. Nr.
160a und Nr. 160b vom 28. August 2001) veröffentlichten Dosiskoeffizienten sowie einer jährlich angenommenen
Aufnahme von 730 Litern Trinkwasser durch Multiplikation
◆
Die Ergebnisse der Radioaktivitätsuntersuchungen in Lebensmitteln und Trinkwasser sowie in Futtermitteln insbesondere
im Rahmen von IMIS sind in Kapiteln III und Kapitel V beschrieben.
Dr. Jens Fleischer, LGA
81
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
TEIL IV TRINK WASSER
Trinkwasseruntersuchung
T RI N K WA S S E RU N T E R SU C H U N G
M I K RO B I O LO G I S C H E U N T E R SU C H U N G E N
JA H R E S B E R I C H T 2015
Mikrobiologische Untersuchungen
Bakterien in neuen Wasserzählern
In den Mitgliedstaaten der EU und insbesondere in Deutschland wird viel dafür getan, um eine hohe Qualität des
Trinkwassers sicherzustellen. Hierzu gehören regelmäßige und umfangreiche Untersuchungen des Trinkwassers.
Dabei wird zum einen die Belastung des Wassers durch Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle und andere
chemische Substanzen überprüft, zum anderen werden mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt.
In Baden-Württemberg gibt es etwa 8.000 Stellen in der gesamten Wasserversorgung, an denen die Trinkwasserüberwachung regelmäßig Wasserproben entnimmt. Diese werden in den akkreditierten Trinkwasserlaboratorien
des Landes, den 4 CVUAs und dem LGA analysiert und ausgewertet. Darüber hinaus sind die Wasserversorger
verpflichtet, Eigenkontrolluntersuchungen bei Laboratorien, die auf der Liste der Untersuchungsstellen nach § 15
Absatz 4 TrinkwV (zugelassene Trinkwasserlaboratorien) aufgenommen sein müssen, zu beauftragen.
Der Nachweis von Pseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) in einem Kindergartenneubau in Hamburg verhinderte
dessen planmäßige Inbetriebnahme. Aus Norddeutschland wurde im Jahr 2014 bekannt, dass Wasserzähler verschiedener Hersteller mit dem Bakterium P. aeruginosa belastet sein können. Die Zähler wurden entweder beim
Kalibrieren durch Fachfirmen oder durch falsche Lagerung kontaminiert.
Im Berichtsjahr haben die CVUAs im Rahmen der amtlichen Trinkwasserüberwachung 5.585 Proben (Vorjahr:
5.342 Proben) untersucht. 11 % dieser Proben (Vorjahr: 11 %) entsprachen nicht den Normen für Trinkwasser.
Dabei handelte es sich weit überwiegend um die Überschreitung mikrobiologischer Grenzwerte, teilweise im noch nicht
aufbereiteten Rohwasser, für das die Grenzwerte nicht gelten, sowie um kleine Wasserversorgungsanlagen zur Eigenversorgung.
Das LGA hat im Jahr 2015 insgesamt 4.400 Trinkwasserproben gemäß TrinkwV 2001 mikrobiologisch untersucht. Davon
entfielen 3.036 auf die Fernwasserversorgungen, 365 auf Ortswasserversorgungen, 41 auf Eigenwasserversorger und
958 Proben auf übrige Einsender, hierzu zählen vermehrt Wasserproben aus Trinkwasserinstallationen oder Dentaleinheiten in Zahnarztpraxen. Insgesamt wurden 126 Proben
beanstandet, die Beanstandungsrate lag damit insgesamt
bei 3,4 % (ohne Rohwasser). Die Fernwasserversorger
zeigten eine Beanstandungsquote von 0,7 %, die Ortswasserversorgungen eine von 14,4 % und die übrigen eine von
durchschnittlich 5,2 % für die eingesandten Proben. Die Eigenwasserversorger verzeichneten mit 39,5 % die meisten
Beanstandungen.
◆
Hinweis: Die teilweise hohen Beanstandungsraten aus
den Trinkwasseruntersuchungen des LGA ergeben sich
aus vielfach unterschiedlichen Stichprobengrößen oder
auch aus Wiederholungsproben beziehungsweise Mehrfachuntersuchungen einer Entnahmestelle. Sie sind also
nicht repräsentativ für die allgemeine Trinkwasserqualität in
Baden-Württemberg. Sehr gut schneiden die Fernwasserversorger ab, mit einer nahezu konstanten Beanstandungsrate von < 1 %.
Bei P. aeruginosa handelt es sich um einen fakultativ pathogenen Keim, der in medizinischen Einrichtungen, insbesondere Krankenhäusern, aber auch in Pflegeheimen in der Literatur immer wieder als Ursache von Infektionen beschrieben
wird. Da der Parameter bei der Untersuchung der Trinkwasserqualität in Trinkwasserinstallationen nach der Trinkwasserverordnung routinemäßig nicht mit erfasst wird, besteht aus infektionsprophylaktischer Sicht aufgrund der berichteten
Vorkommnisse Handlungsbedarf. Mittlerweile haben die Trinkwasserüberwachungsbehörden mehrerer Bundesländer
Untersuchungen durchgeführt und Maßnahmen eingeleitet. In manchen Städten wurden tausende Wasserzähler in Trinkwasserinstallationen von öffentlichen Gebäuden und Wohnhäusern ausgetauscht.
Trinkwasserproben beim LGA inkl. Rohwasser nach Einsendern im Jahr 2015 (n = 4.400)
3.500
3.000
3.036
2.500
2.000
1.500
1.000
848
500
41
0
Fernwasserversorger
82
110
365
Ortswasserversorger
Einzelwasserversorger
Hausinstallationen
Sonstige
Baden-Württemberg reagiert mit landesweiten Vorgaben
Vor diesem Hintergrund hat das MLR Ende des Jahres 2014 Vorgaben erlassen, welche Maßnahmen die Gesundheitsämter durchführen sollen, um die von P. aeruginosa ausgehenden Gefahren zu erforschen und abzuwehren:
Für einen ersten Überblick sollte jedes Gesundheitsamt Untersuchungen des Trinkwassers in 5 Einrichtungen veranlassen,
in denen sich immungeschwächte Personen aufhalten, insbesondere Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen, in denen im Jahr 2014 ein neuer Wasserzähler eingebaut wurde, sofern keine Befunde aus den letzten 3 Monaten nach Einbau
vorlagen. Hatten sich bei dieser ersten Untersuchungsserie signifikante Hinweise auf eine Kontamination des Trinkwassers
mit P. aeruginosa durch verunreinigte Wasserzähler ergeben, waren weitere Untersuchungen notwendig.
83
TEIL IV TRINK WASSER
Das LGA sollte zentral die Untersuchungen durchführen und die Ergebnisse der amtlichen oder vom Inhaber der Trinkwasserinstallation veranlassten Untersuchungen in einem Bericht zusammenfassen.
Die Hersteller der Wasserzähler sollten den Wasserversorgern künftig die mikrobiologische Unbedenklichkeit des Wasserzählers sowie die Einhaltung des Hygienekonzepts bei Herstellung und Prüfung schriftlich bestätigen. Die Wasserversorger
sollten Wasserzähler im Lagerbestand stichprobenartig auf P. aeruginosa untersuchen lassen, und zwar 1 % der jeweiligen Charge, mindestens jedoch 10 Wasserzähler einer Charge.
Gleichzeitig sollen die Gesundheitsämter den Wasserversorgungsunternehmen den Einbau von neuen Wasserzählern
nach den Vorschriften von Infektionsschutzgesetz und Trinkwasserverordnung untersagen, wenn nicht sichergestellt ist,
dass diese Wasserzähler nicht mit P. aeruginosa verunreinigt sind.
Werden im Trinkwasser in Einrichtungen, in denen sich immungeschwächte Personen aufhalten, P. aeruginosa nachgewiesen, müssen die Betreiber unverzüglich Gefahrenabwehrmaßnahmen, wie Nutzungseinschränkungen, Spül- und
Desinfektionsmaßnahmen ergreifen und den Austausch der kontaminierten Wasserzähler veranlassen.
Ergebnisse der Studie des LGA für 2015
n
n
n
n
Von den 361 gemeldeten Wasserproben waren 10 positiv (2,8 %) für P. aeruginosa.
Gemeldete Zahlen zu Wasserzählern ergaben 4 positive (7 %) von 60 überprüften.
Datenbankabfragen beim LGA für die Jahre 2013 bis 2015 (siehe Tabelle) haben ein Untersuchungsvolumen von 883 Proben aus verschiedenen Trinkwasserinstallationen (Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kindergärten usw.) ergeben. Hiervon waren 29 Proben positiv (3,3 %), davon allein 9 aus einem Gebäude.
Einzelnen Berichten von Wasserversorgern zufolge waren nach eigenen Untersuchungen von Wasserzählern aus dem Lagerbestand etwa 15 bis 25 % der überprüften Zähler positiv für P. aeruginosa.
M I K RO B I O LO G I S C H E U N T E R SU C H U N G E N
JA H R E S B E R I C H T 2015
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
Untersuchung von Trinkwasserinstallationen auf Legionellen
Beim LGA wurden im Berichtsjahr 2.001 Proben aus
Trinkwasserinstallationen auf Legionellen untersucht. In
287 Fällen (14,3 %) konnten in 1 ml Probe, in 605 Fällen
(30,2 %) in 100 ml Probe Legionella sp. nachgewiesen
werden. Die Beanstandungsraten entsprechen damit
weitestgehend den Ergebnissen aus den Vorjahren. Aus
den positiv getesteten Wasserproben wurden in 232 Fällen Legionella pneumophila der Serogruppe 1 isoliert,
in 349 Fällen Legionella pneumophila der Serogruppen
2-14, in 34 Fällen wurden Gemenge der Serogruppen 1
und 2-14 sowie andere Legionella species isoliert. Grundlage für die Beurteilung der Konzentrationenvon Legionella
sp. sind der in der TrinkwV festgelegte Maßnahmewert
(> 100 KBE/100 ml), die im DVGW-Arbeitsblatt W551 (April
2004) aufgeführten Bewertungen von Legionellenbefunden in Trinkwassererwärmungs- und Leitungsanlagen sowie die Empfehlungen des Umweltbundesamtes von 2006
und 2015 zur Probennahme und zum Untersuchungsgang.
◆
Anzahl der für Legionella sp. positiv getesteten Wasserproben 2015 (Gesamtzahl 2.100, positive Proben 615)
Ergebnisse der Datenbankabfrage beim LGA zu Untersuchungen aus Trinkwasserinstallationen auf den Parameter P. aeruginosa
Einrichtung
Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime
328
P. aeruginosa - positive Proben
Anzahl der
untersuchten
Proben
Anzahl
1-10
KBE/100 ml
10-100
KBE/100 ml
> 10
KBE/100 ml
Anzahl Proben L. sp. negativ
Prozentualer
Anteil (%)
736
17
6
2
9
2,3
Schulen und Kindergärten
63
2
0
0
2
3,2
Sonstige Hausinstallationen
695 30 2 7,2
Anzahl Proben L. sp. positiv in 1 ml
277
Anzahl Proben L. sp. positiv in 1 und in 100 ml
10
1.386
Anzahl Proben L. sp. positiv in 100 ml
Lebensmittelverarbeitende Betriebe 155 01 4 3,3
Insgesamt
883
29
9
3
17
3,3
Fazit
n Die Verkeimung von Wasserzählern stellt nach heutigem Wissenstand keine neue Situation, sondern eine
zusätzliche Erkenntnis dar.
n Breit angelegte Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Verkeimung des Wasserkörpers beziehungsweise der Trinkwasserinstallationen nur in wenigen Fällen die Folge war.
n Wasserversorger und Hersteller haben jeweils schnell reagiert und entsprechende Maßnahmen ergriffen.
n Epidemiologische Betrachtungen des Erkrankungsgeschehens zeigen keine Auffälligkeiten.
n Die rasche Einbindung der Öffentlichkeit und die Kommunikation mit den Gesundheitsbehörden haben eine
durchweg konstruktive Diskussion ermöglicht.
Weiteres Vorgehen
n Weiterführung der Untersuchungen auf P. aeruginosa in sensiblen Einrichtungen gemäß Empfehlungen des
Umweltbundesamts
n Implementierung neuer technischer Regeln beziehungsweise Standards vom Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft e. V (BDEW) und vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW)
n Anpassung und Konkretisierung der Anweisungen an die Hersteller von Wasserzählern und an die
Wasserversorger (HACCP)
n Bereitstellen von Informationsmaterial für die Öffentlichkeit
Dr. Jens Fleischer, LGA
84
Verteilung der ermittelten Legionella pneumophila Serogruppen 2015 gemessen an der Gesamtzahl der positiven
Proben (615)
L. species
9
L. pneumophilia S2-S14 + L. species
2
L. pneumophilia S2-S14
349
L. pneumophilia S1+S2-S14
23
L. pneumophilia S1
232
0
50
100
150
200
250
300
350
400
Dr. Jens Fleischer, LGA
85
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
TEIL IV TRINK WASSER
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JA H R E S B E R I C H T 2015
Chemische Untersuchungen
Chlorat in Trinkwasser – Ein Update
Einen ersten Beitrag zu Untersuchungen zum Chlorat-Gehalt in Trinkwasser enthielt der Jahresbericht 2014. Zum
damaligen Zeitpunkt war eine gutachterliche Bewertung der Chlorat-Gehalte aufgrund eines fehlenden Grenzwertes
für Trinkwasser und mangels Daten zur Toxikologie nur schwer möglich.
Was gibt es Neues?
Am 24. Juni 2015 hat die EFSA eine Stellungnahme zur toxikologischen Bewertung von Chlorat in Lebensmitteln und
Trinkwasser veröffentlicht (siehe www.efsa.europa.eu). Darin wird aufgrund der möglichen Hemmung der Jodaufnahme
eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 3 Mikrogramm Chlorat pro kg Körpergewicht pro Tag (µg/kg KG/Tag)
festgelegt. Auch eine hohe Chlorat-Aufnahme an einem einzigen Tag könnte für den Menschen toxikologisch bedenklich
sein, da die Fähigkeit des Blutes, Sauerstoff aufzunehmen, eingeschränkt wird beziehungsweise es zu Nierenversagen
kommen könnte. Die EFSA hat daher auch eine sichere Höchstmenge für eine Tagesaufnahme von Chlorat, die sogenannte ARfD, von 36 µg/kg KG/Tag empfohlen. Nach Angaben der EFSA trägt Trinkwasser hauptsächlich zur chronischen
Aufnahme von Chlorat bei.
Wie sind die gemessenen Gehalte in Trinkwasser zu bewerten?
Für verschiedene in Trinkwasser gemessene Chlorat-Gehalte wurde die Ausschöpfung des TDI und der ARfD sowohl für
einen Erwachsenen mit einem durchschnittlichen Tagesverzehr von 2 Liter Trinkwasser als auch für ein Kleinkind (Alter ca.
12 bis 18 Monate) mit einem durchschnittlichen Verzehr von 1 Liter Trinkwasser am Tag berechnet.
Ausschöpfung von TDI und ARfD in % bei Erwachsenen und Kleinkindern
Chlorat-Gehalt
Trinkwasser
[mg/l]
0,01
Erwachsener 60 kg,
2 l Wasser/Tag
ARfD [%]
TDI [%]
1
Kleinkind 10 kg
1 l Wasser/Tag
ARfD [%]
TDI [%]
11
3
33
56
14
167
0,05
5
0,10
9
11128
333
0,20
19
22256
667
Aus der Tabelle ergibt sich, dass bei Kleinkindern der TDI bereits ab einem Gehalt von 0,03 mg Chlorat pro Liter Trinkwasser überschritten wird, bei Erwachsenen ab einem Gehalt von 0,09 mg/l. Der ARfD wird ab einem Gehalt von 0,36 mg/l
Chlorat (bei Kleinkindern) beziehungsweise 1,1 mg/l (bei Erwachsenen) überschritten. Legt man jedoch den bisherigen
Leitwert der WHO von 0,7 mg/l Chlorat in Trinkwasser zugrunde, würde der TDI von Kleinkindern und Erwachsenen deutlich überschritten werden, bei Kleinkindern sogar der ARfD.
Chlorat-Gehalte in Trinkwasserproben
aus dem Regierungsbezirk Stuttgart
aus den Jahren 2014 und 2015
(Zahl der untersuchten Proben: 141);
höchste gemessene Gehalte:
0,39 mg/l und 1,15 mg/l
9
28
19
< 0,002 mg/l
0,002 - 0,03 mg/l
> 0,03 - 0,09 mg/l
> 0,09 mg/l
85
Die Grafik zeigt, dass die Chlorat-Gehalte in den meisten der untersuchten Trinkwasserproben aus dem Regierungsbezirk
Stuttgart unter dem TDI für Kleinkinder von 0,03 mg/l lagen (113 Proben, 80 %). Nur bei einem geringen Anteil der Proben
lag der Chlorat-Gehalt über 0,03 mg/l (19 Proben, 13 %) beziehungsweise über dem TDI für Erwachsene von 0,09 mg/l (9
Proben, 6 %). Bei den 2 Proben mit den höchsten gemessenen Chlorat-Werten war die ARfD für Kleinkinder überschritten
(0,39 mg/l und 1,15 mg/l).
86
◆
Wie lässt sich der Chlorat-Gehalt in Trinkwasser beeinflussen?
Die Untersuchungen am CVUA Stuttgart ergaben, dass der Chlorat-Gehalt im Trinkwasser vom verwendeten Desinfektionsmittel abhängt (siehe Internetbericht Beitrag vom 10.12.2014 auf www.ua-bw.de). Bei der Verwendung von
Chlorgas entstehen deutlich niedrigere Chlorat-Gehalte im behandelten Wasser als bei der Verwendung von Chlordioxid
oder Chlorbleichlauge (Natriumhypochloritlösung).
Ferner können in Chlorbleichlauge bei der Lagerung sehr hohe Gehalte an Chlorat entstehen. Der Einfluss der Lagerbedingungen, insbesondere der Temperatur- und der Lichtverhältnisse, wurde bei Untersuchungen aus dem Jahr 2004
zur Belastung von Schwimmbeckenwasser erkannt (Gabrio, T., Bertsch, A., Karcher, C., Nordschild, S. & Sacré, C.:
Belastung von Schwimmbeckenwasser mit anorganischen Desinfektionsnebenprodukten. AB Archiv des Badewesens
3/04, S. 158-163). Es zeigte sich, dass bei kühler und dunkler Lagerung der Natriumhypochloritlösung deutlich weniger
Chlorat gebildet wird. Auch bei dem Trinkwasser mit dem höchsten gemessenen Gehalt von 1,15 mg/l konnte durch
Verwendung einer frischen Chlorbleichlauge der Chlorat-Gehalt des Wassers deutlich gesenkt werden.
Wie geht es weiter?
Aktuell wird beim UBA diskutiert, einen Chlorat-Grenzwert in die Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren
gemäß § 11 TrinkwV aufzunehmen.
Fazit
Auch wenn der Chlorat-Gehalt in den meisten Trinkwasserproben unterhalb des TDI liegt, gibt es in Einzelfällen doch
deutliche Überschreitungen. Wenn der Wasserversorger geeignete Minimierungsmaßnahmen ergreift, zum Beispiel das
Desinfektionsmittel oder dessen sachgerechte Lagerung überprüft, können die Chlorat-Gehalte im Trinkwasser gesenkt
werden.
Dr. Carmen Breitling-Utzmann, CVUA Stuttgart
87
TRINK WASSERÜBERWACHUNG BW
TEIL IV TRINK WASSER
JA H R E S B E R I C H T 2015
Teil V Futtermittel
Vorkommen und Bewertung von Chrom-VI im Trinkwasser
Eine Studie der amerikanischen Umweltorganisation Environmental Working Group (EWG) hat über das Vorkommen von sechswertigem Chrom (Chrom-VI) in US-amerikanischem Trinkwasser berichtet. Bisher ist man davon
ausgegangen, dass Chrom in Wasser fast ausschließlich als dreiwertiges Chrom (Chrom-III) vorliegt, welches als
essenzielles Spurenelement für den Zuckerstoffwechsel benötigt wird und eine relativ geringe toxische Wirkung
aufweist. Für Chrom im Trinkwasser gibt die Trinkwasserverordnung einen Grenzwert in Höhe von 50 µg/l vor. Dieser gilt unabhängig davon, in welcher Form das Chrom im Trinkwasser vorliegt. Der Grenzwert wird in Deutschland
praktisch nie überschritten.
Ausgehend von einer toxikologischen Neubewertung von Chrom-VI durch die US-amerikanische Umweltbehörde (EPA)
werden Chrom-VI-Gehalte in Trinkwasser mittlerweile wesentlich kritischer bewertet. Chrom-VI gilt als erbgutschädigend und krebserregend, weshalb das UBA in Übereinstimmung mit der EPA zu dem Schluss kommt, dass Chrom-VI
auch über den Trinkwasserpfad als krebserregend angesehen werden muss. Aufgrund des Ergebnisses eines vom
UBA in Auftrag gegebenen Sondergutachtens zur potenziellen Schädlichkeit von Chrom in Trinkwasser empfiehlt das
UBA zunächst einen lebenslang (70 Jahre) akzeptablen Leitwert (LW70) von 0,3 µg/l für Chrom-VI in Trinkwasser. Eine
Überschreitung des toxikologischen Leitwertes bedeutet noch keine konkrete Gesundheitsgefahr, jedoch steigt das
Gesundheitsrisiko von Krebserkrankungen statistisch leicht an.
Wäre das gesamte Trinkwasser in Deutschland überall mit 0,3 µg/l Chrom-VI belastet und würde jeder Einwohner
2 Liter pro Tag davon trinken, würde dies für die in Deutschland lebende Bevölkerung von rund 80 Millionen Menschen nach Angaben des UBA rechnerisch ungefähr eine zusätzliche Krebserkrankung pro Jahr – unter den insgesamt
477.000 neuen Krebsfällen jährlich in Deutschland – bedeuten. Konzentration und Krebsrisiko hängen linear zusammen,
daher würde beispielsweise eine Konzentration von 3 µg/l für ganz Deutschland zu knapp 10 zusätzlichen Krebserkrankungen pro Jahr führen. Das UBA weist zum Verständnis des vorgeschlagenen Leitwertes explizit darauf hin, dass von
wissenschaftlicher Seite derzeit kein „wahres“ Risiko und daher auch kein „wahrer“ Grenzwert für Chrom-VI ermittelt
werden kann.
Aufgrund dieser neuen Bewertungssituation von Chrom-VI in Trinkwasser hat das MLR ein Monitoring-Programm zur
Untersuchung von Chrom-VI in baden-württembergischen Trinkwasserproben initiiert, da bisher nur sehr wenige Untersuchungsdaten zu Chrom-VI-Gehalten im Trinkwasser vorlagen.
Zunächst mussten die CVUAs geeignete Analysenverfahren etablieren, um Chrom-VI im Spurenbereich ab etwa
0,1 µg/l Trinkwasser untersuchen zu können. Die bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Chrom
entgegen früherer Annahmen im Trinkwasser überwiegend als Chrom-VI vorliegt und dass durch oxidative Aufbereitungsverfahren, wie zum Beispiel die Zugabe von Chlor oder Ozon zu Trinkwasser, die Chrom-VI-Gehalte meist nicht
mehr nennenswert verändert werden.
Im Berichtsjahr wurden landesweit 260 TrinkwasserChrom-VI-Gehalte in baden-württembergischen Wasserversorgungsproben aus 219 verschieden Trinkwasserversorgungsgebieten (Untersuchungen aus 2015)
gebieten auf Chrom-VI untersucht. In 63 (29 %) dieser
< BG (0,05 bzw. 0,1 µg/l)
Trinkwasserversorgungsgebiete wurde der eingeführte
3
Leitwert des UBA in Höhe von 0,3 µg/l Chrom-VI über43
≥ BG bis ≤ 0,3 µg/l
schritten. Der Höchstwert eines Trinkwassers lag bei
60
2,15 µg/l.
> 0,3 bis ≤ 1,6 µg/l
Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau hat
eine hydrogeochemische Karte von Baden-Württemberg
> 1,6 µg/l
zur geogenen Beschaffenheit des oberflächennahen
113
Grundwassers für Gesamtchrom erstellt. Diese zeigt eine
gute Übereinstimmung mit den im Rahmen des Monitoringprogrammes bisher vorliegenden Daten von ChromVI im Trinkwasser. Danach weist insbesondere Trinkwasser aus den Gebieten von Oberschwaben sowie aus den Bereichen entlang des Rheins häufiger Gehalte über dem vom UBA empfohlenen Leitwert von 0,3 µg/l auf. Anthropogene
Ursachen spielen nach derzeitigem Kenntnisstand für erhöhte Chrom-VI-Gehalte im Trinkwasser praktisch keine Rolle.
Problematisch ist, dass alle derzeitigen Verfahren zur Entfernung von Chrom-VI aus Wasser bei einem Aufbereitungsziel von Chrom-VI-Gehalten < 0,3 µg/l technisch aufwendig und/oder kaum wirtschaftlich betreibbar sind. Die Untersuchungen werden im Jahr 2016 fortgesetzt, um ein möglichst vollständiges Bild über die Belastungssituation des
Trinkwassers in Baden-Württemberg durch Chrom-VI zu erhalten.
Futtermittelüberwachung 89
Übersicht90
Cross-Compliance-Kontrollen Futtermittelsicherheit
91
Wenn es schnell gehen muss: RASFF
91
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
93
Höchstgehaltsüberschreitungen
von Pflanzenschutzmitteln
94
Dioxine und PCB
95
Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärung
von Belastungen in Lebensmittel
97
Pharmakologisch wirksame Stoffe
97
Gentechnisch veränderte Futtermittel
99
Radiochemische Untersuchungen
100
Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern
100
Veränderungen in der Laborlandschaft in Baden-Württemberg – Eine Ära geht zu Ende
101
Zusammenfassung102
◆
Hermann Brezger, CVUA Sigmaringen
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TEIL V FUT TERMIT TEL
Futtermittelüberwachung
Cross-Compliance-Kontrollen Futtermittelsicherheit
Übersicht
Zur Überprüfung, ob die Vorschriften für die Futtermittelsicherheit eingehalten werden, haben die Kontrollbehörden des
Landes im Jahr 2015 insgesamt 428 Cross-Compliance-Kontrollen auf landwirtschaftlichen Betrieben durchgeführt, die
EU-Direktzahlungen erhalten. Dabei wurden bei 17 Betrieben Mängel beanstandet.
„Sichere Futtermittel für gesunde Tiere und sichere Lebensmittel“ – entsprechend diesem Grundsatz dürfen Futtermittel keine Stoffe enthalten, die die Gesundheit des Menschen oder der Tiere schädigen können. Ebensowenig
dürfen sie die Umwelt schädigen. Diesen sogenannten unerwünschten oder verbotenen Stoffen gilt das besondere
Interesse der amtlichen Futtermittelkontrolle.
◆
Alle Betriebe, die Futtermittel herstellen, lagern, transportieren oder behandeln, müssen sich nach der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 bei den Regierungspräsidien als
für die Futtermittelkontrolle zuständigen Behörden registrieren lassen. Aktuell sind in Baden-Württemberg neben
den 40.057 landwirtschaftlichen Betrieben (Primärproduzenten) 3.028 sonstige „gewerbliche“ Betriebe, wie Hersteller, Händler, Lagerhalter und Transporteure registriert.
Betriebe, die zum Beispiel mit „kritischen“ Zusatzstoffen
umgehen, oder Betriebe, die Futtermittel unter direkter
Einwirkung der Verbrennungsgase trocknen, müssen bei
der zuständigen Behörde eine Zulassung beantragen, die
erst nach einer Vor-Ort-Kontrolle erteilt werden kann. 73
solche Betriebe sind derzeit zugelassen.
Umsetzung des Kontrollprogramms
Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen, die auch die Futtermittelkontrolle einschließt,
verlangt regelmäßige Kontrollen auf Risikobasis und mit
angemessener Häufigkeit, um eine hohe Sicherheit im
Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (EU-Basisverordnung) zu erreichen. Deren Vorschriften zur Futtermittelsicherheit werden durch die Verordnung (EG) Nr.
183/2005 (Futtermittelhygiene-Verordnung) präzisiert.
Diese richtet sich an alle Betriebe, die mit Futtermitteln
umgehen. Sie stellt umfangreiche Anforderungen an die
Betriebshygiene und Buchführung sowie an die Einrichtungen und Ausrüstungen des Betriebes, an das Personal
und dessen Qualifikation, die Sicherheit und Herstellung
der Produkte sowie hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit
von Futtermitteln.
Rückverfolgbarkeit
Die Futtermittelunternehmer müssen in der Lage sein,
jede Person festzustellen, von der sie ein Futtermittel
oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist, dass er in einem Futtermittel verarbeitet wird, erhalten haben. Außerdem müssen sie jederzeit feststellen können, an welche
anderen Unternehmen sie selbst ein Erzeugnis geliefert
haben. Wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass
ein Futtermittel, das sich im Verkehr befindet, nicht sicher ist, kann somit schnell ermittelt werden, wo sich
betroffene Ware noch befinden könnte, und notwendige
Maßnahmen können gezielt ergriffen werden.
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F U T T E R M I T T E LÜ B E R WAC H U N G · Ü B E R S I C H T
CROSS-COMPLIANCE-KONTROLLEN FUTTERMITTELSICHERHEIT · WENN ES SCHNELL GEHEN MUSS: RASFF
Das von den Ländern gemeinsam mit dem Bund erarbeitete „Kontrollprogramm Futtermittel 2012 bis 2016“
legt als Orientierung die Zahl der zu ziehenden Proben
und der Untersuchungen fest. Die Aufteilung auf die
Bundesländer erfolgt insbesondere entsprechend der
Bedeutung der dort betriebenen Mischfuttermittelproduktion und des Aufkommens an Einzelfuttermitteln.
Risikoorientierte Auswahl der Betriebe
Die zu kontrollierenden Betriebe werden risikoorientiert
durch die Regierungspräsidien auf Basis der länderübergreifenden Risikobewertung ausgewählt. Damit soll das
individuelle betriebsspezifische Risiko nach einheitlichen
Kriterien bewertet werden. Häufigkeit und Intensität der
Kontrolle richten sich nach den möglichen Risiken der zu
kontrollierenden Betriebe und nach den eventuell gegebenen Risiken der eingesetzten Komponenten sowie der hergestellten Produkte. Die Auswahl der zu kontrollierenden
landwirtschaftlichen Betriebe erfolgte 2015 EDV-gestützt
und ebenfalls risikoorientiert aus der Gesamtheit aller Betriebe, die einen Antrag auf EU-Direktzahlungen gestellt
haben (Cross-Compliance-Kontrollen).
Auswahl der Proben
Die Futtermittelkontrolle entnimmt amtliche Proben entweder als Stichprobe im Rahmen einer Inspektion in Betrieben oder gezielt infolge von Erkenntnissen, Hinweisen oder
Auffälligkeiten.
JA H R E S B E R I C H T 2015
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
n In 8 Fällen lagen die vorgeschriebenen Dokumente über den Ein- oder Verkauf von Futtermitteln nicht vor.
Diese müssen aufbewahrt werden, damit die Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist.
n 2 Betriebe haben den Einsatz von Bioziden nicht ausreichend dokumentiert.
n In 2 weiteren Fällen wurden Futtermittel von nicht registrierten Betrieben bezogen.
n In 3 Fällen wurde beanstandet, dass Futtermittel und gefährliche Stoffe nicht ausreichend getrennt gelagert wurden.
n In einem Fall wurden Arzneimittel enthaltende Futtermittel nicht getrennt von Futtermitteln ohne Arzneimittel eingesetzt. Eine Trennung ist notwendig, um eine Kontamination zu verhindern.
n Bei einem Betrieb war das Heu von so schlechter Qualität, dass das Futtermittel als nicht ausreichend sicher einzustufen war.
Eine Beanstandung führt in der Regel zu einer Kürzung der Direktzahlung um 1 % bei einem leichten Verstoß und um
3 % bei einem mittleren Verstoß. Außerdem veranlasst die Futtermittelkontrollbehörde die erforderlichen Maßnahmen zur
Beseitigung der futtermittelrechtlichen Verstöße.
Wenn es schnell gehen muss: RASFF
Über das Europäische Schnellwarnsystem RASFF tauschen die Behörden grenzüberschreitend Informationen über
auffällige Lebensmittel, Futtermittel und Lebensmittelbedarfsgegenstände aus. Gemeldet werden Produkte immer
dann, wenn von ihnen ein unmittelbares oder mittelbares Risiko für die Gesundheit ausgeht. Sie teilen auch mit,
welche Maßnahmen von den Unternehmen oder durch die Behörden getroffen wurden, um die Gefahr zu beseitigen, wie zum Beispiel Beschränkungen des Inverkehrbringens („Sperren“), Rückruf oder unschädliche Beseitigung
der betroffenen Ware. Das BVL ist die nationale Kontaktstelle in Deutschland. Es nimmt Meldungen der Bundesländer entgegen und leitet diese nach einer Prüfung an die Europäische Kommission weiter. Die Kommission wertet
die Meldungen aller Mitgliedstaaten aus und notifiziert sie im Schnellwarnsystem.
Sobald die Behörde im Land über das RASFF informiert worden ist, ergreift sie weitere Maßnahmen. Sie prüft beispielsweise, ob noch Ware vorhanden ist, ob diese an weitere Empfänger geliefert wurde und wenn ja, wie viel und wohin, ob
und wie sie weiterverarbeitet wurde oder ob Rückrufe ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Gegebenenfalls ordnet sie
weitere Untersuchungen, die unschädliche Beseitigung oder Rücksendung an. Ohne das RASFF wäre ein Informationsaustausch zwischen den betroffenen Behörden erheblich komplizierter und weniger verlässlich. Doch nicht nur Behörden
können das System für ihre Zwecke nutzen. Jeder Interessierte kann sich auf den Internetseiten der EU-Kommission oder
des BVL selbst über aktuelle Vorgänge informieren, die dort anonymisiert, das heißt ohne Nennung der betroffenen Produkte, Chargen und Unternehmen, veröffentlicht werden:
n https://webgate.ec.europa.eu/rasff-window/portal (RASFF Portal) und
n www.BVL.bund.de > Futtermittel > Aufgaben im Bereich Futtermittel > Meldungen im Europäischen
Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel
RASFF-Meldungen über Futtermittel
Im Jahr 2015 wurden über das RASFF 3.049 Originalmeldungen übermittelt, 206 davon betrafen Futtermittel. Zwei der
Meldungen wurden von Baden-Württemberg erstellt.
Bei einer Eigenkontrolle hatte ein Unternehmer erhöhte Werte an dem giftigen und krebserregenden Schimmelpilzgift
Aflatoxin in Mais festgestellt und dies der zuständigen Futtermittelüberwachungsbehörde gemeldet. Er hatte die Ware von
einem Händler mit Sitz in Baden-Württemberg direkt von Italien nach Bayern gehandelt.
Im zweiten Fall hat die Futtermittelkontrolle bei einer amtlichen Probenahme direkt beim Hersteller in einer Ladung Rapsextraktionsschrot Salmonellen nachgewiesen. Der Futtermittelunternehmer hat bereits ausgelieferte Ware zurückgerufen.
Bei 12 weiteren Meldungen, die von anderen Bundesländern oder Mitgliedstaaten kamen, waren Unternehmen in Baden91
TEIL V FUT TERMIT TEL
Württemberg als Hersteller, Lieferant, Händler oder Empfänger entsprechender Ware mit betroffen. Häufigster Anlass war
der Nachweis von Salmonellen. In je 3 Fällen waren Hühnerfleischprodukte für die Herstellung von Heimtierfutter und
Sojabohnenprodukte belastet, in einem Fall waren es Mariendistelsamen. Unternehmer in Baden-Württemberg waren
außerdem Empfänger von Hundefutter mit zu hohem Gehalt an dem Schwermetall Cadmium, von Sojaextraktionsschrot
mit zu hohem Gehalt an dem Pflanzenschutzmittel Deltamethrin, von einem dioxinhaltigen Zusatzstoff (Zinkoxid) und
von Sonnenblumensamen, die als Verunreinigung zu viele Samen der Ambrosia-Pflanze enthielten. Pollen von Ambrosia
können schwere Allergien auslösen. Ein weiterer Fall, von dem ein Händler aus Baden-Württemberg betroffen war, ist im
nachfolgenden Abschnitt ausführlich beschrieben (Fremdkörper in Bio-Sonnenblumenkuchen aus China).
Fremdkörper in Bio-Sonnenblumenkuchen aus China
Bei einer Inspektion während des Öffnens und Entladens von Containern in Dänemark stellte die dortige Überwachungsbehörde fest, dass in dem eingeführten Futtermittel Fremdkörper enthalten waren. Gefunden wurden ein großes Knochenstück, Kunststoff, Papier, Holzsplitter, Büromaterial, Metallteile und vieles mehr. Bei dem Futtermittel in den Containern
handelte es sich um Bio-Sonnenblumenkuchen aus China, ein Nebenprodukt aus der Lebensmittelherstellung.
Da ein Händler aus Baden-Württemberg beteiligt war, erfolgte von Dänemark aus über das Europäische Schnellwarnsystem RASFF eine Aufforderung an die hier zuständige Futtermittelüberwachungsbehörde, Hintergründe und Einzelheiten zu
dieser Lieferung zu ermitteln und diese der dänischen Überwachungsbehörde zur Verfügung zu stellen.
Die Ermittlungen ergaben, dass die verwendeten Container in China vor der Beladung auf ihre Sauberkeit und das Freisein
von Fremdbestandteilen kontrolliert worden waren. Die Container waren während des Schiffstransports ordnungsgemäß
verschlossen und versiegelt und das Siegel war bis zur Inspektion in Dänemark unbeschädigt. Die Fremdkörper mussten
also während der 4 Tage zwischen der Reinigungskontrolle und dem Auslaufen des Schiffs in China in das Futtermittel
geraten sein.
Tatsächlich hatte sich im Containerlager des betreffenden chinesischen Hafens (Tianjin) direkt nach der Reinigungskontrolle ein gewaltiges Explosionsunglück ereignet. Berichte über die Katastrophe gingen im August 2015 um die Welt.
Zahlreiche Menschen kamen dabei zu Schaden. Unter den zerstörten Gebäuden waren auch die von Logistikunternehmen.
Die Beladung fand in den Tagen unmittelbar nach dem Explosionsunglück statt. Da sämtliche Mitarbeiter des beauftragten
Logistikunternehmens getötet worden waren, mussten Aushilfskräfte für das Beladen eingesetzt werden. Dies könnte eine
Erklärung für die festgestellten Fremdbestandteile im Futtermittel sein.
Vor diesem tragischen Hintergrund erscheint die Verunreinigung einer Futtermittelladung als eher unbedeutende Randerscheinung. Sie führt jedoch die globalen Zusammenhänge drastisch vor Augen.
W E N N E S S C H N E L L G E H E N M U S S: R A S F F
U N T E R SU C H U N G E N AU F U N E R W Ü N S C H T E S TO F F E
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
JA H R E S B E R I C H T 2015
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
Für die Sicherheit der Futtermittel ist der Unternehmer zuständig. Die amtliche Kontrolle dient der Überprüfung
seiner Eigenkontrollmaßnahmen. Das Kontrollprogramm Futtermittel legt dabei einen Schwerpunkt auf die Untersuchung auf unerwünschte Stoffe in Futtermitteln. Die Gesundheit der Nutz- und Heimtiere sowie die Sicherheit
der Lebensmittel tierischer Herkunft für die Verbraucher sind die wesentlichen Ziele der amtlichen Futtermittelkontrolle. Unerwünschte Stoffe, wie Schwermetalle oder Mykotoxine (Pilzgifte), können direkt zu gesundheitlichen Auswirkungen beim Tier führen. Auch Stoffe, die in Futtermitteln für bestimmte Tierarten oder bestimmte
Lebensphasen, zum Beispiel für sehr junge Tiere zugelassen sind, können dann, wenn sie in andere Futtermittel
verschleppt werden, in diesen „unerwünscht“ sein. Die genannten Stoffe, aber auch andere, insbesondere Dioxine
und weitere beständige organische Verbindungen, können sich im Tier anreichern und in Milch, Fleisch oder Eier
übergehen. Die Beanstandungsraten waren in den letzten Jahren allerdings sehr gering.
◆
Höchstgehalte für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln sind in der Richtlinie 2002/32/EG europaweit einheitlich festgelegt.
Übersicht
Die Zusammenstellung der Ergebnisse der letzten Jahre (siehe Tabelle) zeigt, dass die Anzahl der Höchstgehaltsüberschreitungen für unerwünschte Stoffen sich auf einem sehr niedrigen Niveau bewegt.
Die rechtlichen Vorgaben und die Maßnahmen der Betriebe zur Vermeidung hoher Belastungen scheinen zu greifen. Eine
dauerhafte Beobachtung und somit regelmäßige Untersuchungen auf diese Stoffe werden dennoch als weiter notwendig
erachtet. Entscheidend für eine hohe Qualität der Futtermittel sind die Eigenkontrollen der Unternehmen, die in eigener
Verantwortung unter Berücksichtigung der betriebsspezifischen Risiken erfolgen müssen. Hierzu muss ein HACCP-System
vorliegen, also ein Verfahren zur Identifizierung und Beherrschung von kritischen Punkten eines Betriebes.
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
Containerlager
Jahr
Gesamtzahl der
Untersuchungen
Höchstgehalt überschritten
Anzahl
Anteil (%)
20121.769
5
20133.428
5
0,3
0,1
20143.792
10
0,3
20153.035
7
0,2
Fälle 2015
In einem Ergänzungsfutter für Wiederkäuer wurden erhöhte Gehalte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) festgestellt. Solche Stoffe können zum Beispiel bei Verbrennungsvorgängen entstehen. Ursache war
eine belastete Einzelkomponente des Mischfutters. In den
ebenfalls untersuchten Lebensmitteln, die von den hiermit
gefütterten Tieren gewonnen wurden, konnten PAK nicht
nachgewiesen werden.
Alle weiteren Höchstwertüberschreitungen gingen auf natürliche Kontaminationen auf dem Feld und bei der Ernte oder
Lagerung zurück. In je einem Einzelfuttermittel und einem Mischfuttermittel für Vögel waren mehr Samen der AmbrosiaPflanze enthalten als gesetzlich erlaubt.
◆
◆
92
Die Orientierungswerte für die Schimmelpilzgifte Deoxynivalenol und Ochratoxin A waren in jeweils einer Getreideprobe,
der für Deoxynivalenol außerdem in je einem Mischfuttermittel für Schweine und für Pferde überschritten. Gesetzliche
Höchstwerte für diese Stoffe wurden bisher nicht festgelegt.
93
TEIL V FUT TERMIT TEL
Höchstgehaltsüberschreitungen von Pflanzenschutzmitteln in
Futtermitteln 2015
Im Berichtsjahr hat das LTZ Augustenberg 96 Futtermittel entsprechend den Vorgaben des Kontrollprogramms auf
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe (PSM) untersucht. Es handelte sich um 52 Getreidekörnerproben, 31 Ölsaaten, 2 Körnerleguminosen und 11 be- und verarbeitete Futtermittel. In insgesamt 26 (27,1 %) Futtermitteln wurden dabei ein oder
mehrere PSM nachgewiesen, allerdings sind diese analytischen Nachweise hinsichtlich der festgelegten Höchstgehalte zu
relativieren. 2014 gab es in 26,5 % der Futtermittel für PSM positive Befunde. Somit ist die prozentuale Anzahl der Befunde
gegenüber dem letzten Berichtszeitraum nahezu unverändert. Ebenfalls gleich zum Vorjahr wurde in nur einer Probe der
Rückstandshöchstgehalt (RHG) überschritten. Die untersuchten Proben wurden zudem nicht repräsentativ, sondern risikoorientiert gezogen.
Zur Übersicht sind die positiven Befunde mit den entsprechenden RHG tabellarisch zusammengefasst.
Positive Befunde von PSM in Futtermitteln
Probengruppe
[Anzahl]
Getreidekörner
52
Ölsaaten
31
be- und
verarbeitete
Futtermittel
11
Wirkstoff
positive Befunde höchster gemessener Probenart des
Rückstandshöchst[Anzahl (Anteil in %)]*
höchsten Gehaltes gehalt (RHG) [mg/kg]**
Gehalt [mg/kg]
Deltamethrin
3 (5,8)
0,320
Hafer
2,00
Pirimiphosmethyl
5 (9,6)
0,610
Weizen
5,00
Spiroxamin
1 (1,9)
0,008
Gerste
0,30
0,50
0,05
Azoxystrobin
1 (3,2)
0,006
Rapssaat
Chlorpyriphosmethyl
2 (6,5)
0,140
Rapssaat
Dithiocarbamat als CS2
1 (3,2)
0,130
Glyphosat
2 (6,5)
1,080
Leinsaat
10,00
Pirimiphosmethyl
3 (9,7)
0,017
Rapssaat
0,05
Propyzamid
1 (3,2)
0,006
Raps
0,01
Trifloxystrobin
1 (3,2)
0,006
Soja
0,01
Dithiocarbamat als CS2
1 (9,1)
0,190
Rapsextraktionsschrot
Glyphosat
9 (81,8)
3,730
Leinexpeller
Trifloxystrobin
1 (9,1)
0,024
Leinextraktionsschrot
Sonnenblumenkerne 0,10
keine RHG
* Die Prozentangaben beziehen sich auf die jeweilige Probengruppe und nicht auf die Gesamtprobenzahl
** gemäß Verordnung (EG) Nr. 396/2005 und Folgeverordnungen für den Berichtszeitraum
Bei den untersuchten Getreidekörnern wurde in 3 (5,8 %) Proben Deltamethrin, in 5 (9,6 %) Proben Pirimiphosmethyl
und in einer (1,9 %) Probe Spiroxamin gefunden. Sämtliche Befunde in Getreide lagen unter den entsprechenden RHG.
In der Probengruppe „Ölsaaten“ wurde in 2 (6,5 %) Proben Chlorpyriphosmethyl gefunden. Bei einer Probe Rapssaat wurde der Gehalt an Chlorpyriphosmethyl mit 0,14 mg/kg ermittelt. Auch bei Berücksichtigung der Messunsicherheit wurde
in diesem Fall der RHG von 0,05 mg/kg überschritten. In einer (3,2 %) Probe Sonnenblumenkerne ergab die Analyse einen
Gehalt an Dithiocarbamat von 0,13 mg/kg. Unter Berücksichtigung der Messunsicherheit wurde in diesem Fall der RHG
nicht überschritten. An PSM-Gehalten deutlich unter den festgelegten Höchstmengen wurden in dieser Probengruppe
außerdem noch in jeweils einer (jeweils 3,2 %) Probe Rückstände von Azoxystrobin, Propyzamid und Trifloxystrobin gefunden, in 2 (6,5 %) Proben wurden Rückstände an Glyphosat und in 3 (9,7 %) Proben Rückstände an Pirimiphosmethyl
nachgewiesen.
In den untersuchten Körnerleguminosen waren keine PSM nachweisbar.
Von den auf PSM geprüften be- und verarbeiteten Futtermitteln enthielten 9 (81,8 %) Proben den Wirkstoff Glyphosat und
jeweils eine (jeweils 9,1 %) Probe geringe Mengen an Dithiocarbamat und Trifloxystrobin. Für diese Futtermittel können
wegen fehlender Verarbeitungsfaktoren keine RHG abgeleitet werden. Unter Berücksichtigung des entsprechenden RHG
für den Ausgangsstoff Leinsaat von 10,0 mg/kg relativiert sich allerdings der höchste gemessene Glyphosat-Gehalt von
3,73 mg/kg in einem Leinexpeller.
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HÖCHSTGEH A LTSÜBERSCHREI T UNGEN VON PFL ANZENSCHUT ZMI T TELN IN FUT TERMI T TELN 2015
D I OX I N E U N D P C B
Dioxine und PCB
JA H R E S B E R I C H T 2015
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
Dioxine und PCB werden als lipophile Verbindungen über die Nahrung als Hauptexpositionspfad, vorwiegend
durch den Verzehr von Lebensmitteln tierischer Herkunft, aufgenommen und im Körper angereichert. Für die Belastung landwirtschaftlicher Nutztiere können neben den Haltungsbedingungen insbesondere Futtermittel ursächlich sein. Aus diesem Grund kommt der stetigen Überwachung der Gehalte an Dioxinen und PCB in Futtermitteln
eine besondere Bedeutung zu.
Die Richtlinie 2002/32/EG über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung untersagt die Verwendung
und das Inverkehrbringen von zur Tierernährung bestimmten Erzeugnissen, deren Gehalt an Dioxinen
und PCB die in Anhang I festgelegten Höchstgehalte
überschreitet. Als weitere Maßnahme zur Reduzierung von Dioxinen und PCB in Lebensmitteln wurden
in der Richtlinie 2002/32/EG Aktionsgrenzwerte für
Futtermittel festgesetzt, bei deren Überschreitung die
zuständigen Behörden Untersuchungen zur Ermittlung
der Kontaminationsquelle einleiten.
◆
Im Jahr 2015 wurden im CVUA Freiburg insgesamt 129
amtlich erhobene Futtermittelproben auf Dioxine untersucht, davon 112 zusätzlich auf dioxinähnliche PCB (dl-PCB) und Indikator-PCB. Die Futtermittelproben wiesen mittlere
Gehalte an Dioxinen von 0,02 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Produkt, an dl-PCB von 0,01 ng WHO-PCB-TEQ/kg Produkt
und an Indikator-PCB von 0,11 µg/kg Produkt jeweils bezogen auf 88 % Trockenmasse auf. In der Tabelle sind die
Untersuchungsergebnisse verschiedener Futtermittelkategorien den gültigen Höchstgehalten und Aktionsgrenzwerten
gegenübergestellt. Die Gehalte an Dioxinen, dl-PCB und Indikator-PCB lagen in sämtlichen untersuchten amtlichen
Futtermittelproben unterhalb der jeweils gültigen Höchstgehalte und Aktionsgrenzwerte.
Gehalte an Dioxinen, dl-PCB, Summengehalt (Summe aus Dioxinen und dl-PCB) (in ng WHO-TEQ/kg Produkt [88 % Trockenmasse]) und Indikator-PCB (in µg/kg Produkt [88 % Trockenmasse]) verschiedener Futtermittelkategorien
Futtermittelgruppe
FuttermittelAusgangserzeugnisse
pflanzlichen
Ursprungs
Pflanzliche Öle
FuttermittelAusgangserzeugnisse
mineralischen
Ursprungs
Erzeugnisse
von Landtieren
Zusatzstoffe der
Funktionsgruppe
Bindemittel und
Trennmittel
Zusatzstoffe der
Funktionsgruppe
Spurenelemente
Anzahl Median (Wertebereich) Höchstgehalt Aktionsgrenzwert
Dioxine
50
0,02 (0,002-0,12)
0,75
0,5
dl-PCB
43
0,03 (0,001-0,16)
-
0,35
-
Summengehalt
43
0,06 (0,003-0,19)
1,25
Indikator-PCB
43
0,18 (0,02-1,3)
10
-
Dioxine
22
0,07 (0,004-0,28)
0,75
0,5
dl-PCB
21
0,01 (0,003-0,10)
-
0,5
Summengehalt
21
0,09 (0,01-0,29)
1,5
-
Indikator-PCB
21
0,16 (0,02-1,5)
10
-
Dioxine
6
0,02 (0,002-0,19)
0,75
0,5
dl-PCB
6
0,002 (0,001-0,07)
-
0,35
Summengehalt
6
0,02 (0,003-0,26)
1,0
-
Indikator-PCB
6
0,02 (0,01-0,77)
10
-
Dioxine1
0,02
0,75
0,5
dl-PCB1
0,001
-
0,35
Summengehalt1
0,02
1,25
-
Indikator-PCB1
0,05
10
Dioxine
4
0,01 (0,01-0,28)
-
0,75
0,5
dl-PCB
4
0,002 (0,001-0,003)
-
0,5
Summengehalt
4
0,01 (0,01-0,28)
1,5
-
Indikator-PCB
4
0,02 (0,02-0,02)
10
-
Dioxine1
0,01
1,0
0,5
dl-PCB1
0,002
-
0,35
Summengehalt1
0,01
1,5
-
Indikator-PCB1
0,01
10
-
95
TEIL V FUT TERMIT TEL
Gehalte an Dioxinen, dl-PCB, Summengehalt (Summe aus Dioxinen und dl-PCB) (in ng WHO-TEQ/kg Produkt [88 % Trockenmasse]) und Indikator-PCB (in µg/kg Produkt [88 % Trockenmasse]) verschiedener Futtermittelkategorien
Futtermittelgruppe
Vormischungen
Mischfuttermittel
Fischfutter
Heimtierfutter
Sonstige
(z.B. Vitamine,
Aminosäuren)
Anzahl Median (Wertebereich) Höchstgehalt Aktionsgrenzwert
Dioxine
3
0,004 (0,003-0,02)
1,0
0,5
dl-PCB
3
0,001 (0,0004-0,001)
-
0,35
Summengehalt
3
0,01 (0,004-0,02)
1,5
-
Indikator-PCB
3
0,02 (0,004-0,02)
10
-
Dioxine
27
0,01 (0,004-0,29)
0,75
0,5
dl-PCB
20
0,01 (0,001-0,37)
-
0,5
Summengehalt
20
0,02 (0,01-0,66)
1,5
-
Indikator-PCB
20
0,08 (0,02-3,1)
10
-
Dioxine
8
0,07 (0,05-0,35)
1,75
1,25
dl-PCB
8
0,16 (0,09-0,73)
-
2,5
Summengehalt
8
0,23 (0,14-1,1)
5,5
-
Indikator-PCB
8
1,7 (0,75-9,2)
40
-
Dioxine
7
0,004 (0,002-0,01)
-
-
dl-PCB
5
0,001 (0,0004-0,001)
-
-
Summengehalt
5
0,005 (0,003-0,01)
-
-
Indikator-PCB
5
0,01 (0,004-0,03)
-
-
Untersuchung von Verdachts- und Verfolgsproben
D I OX I N E U N D P C B · FUTTERMITTELKONTROLLEN ALS HILFE ZUR AUFKLÄRUNG
VON BELASTUNGEN IN LEBENSMITTELN · P H A R M A KO LO G I S C H W I R K S A M E S TO F F E
Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärung von Belastungen
in Lebensmitteln
JA H R E S B E R I C H T 2015
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
In einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben hat die amtliche Lebensmitteluntersuchung Rückstände und Kontaminanten in
Lebensmitteln nachgewiesen, die möglicherweise auf belastetes Futtermittel zurückzuführen waren. Daher hat die Futtermittelkontrolle in diesen Betrieben Proben von Futtermitteln gezogen.
Es handelte sich dabei um erhöhte Gehalte von Kupfer in Rinderleber und von Quecksilber in Schweineleber. In beiden
Fällen waren in den beprobten Futtermitteln jedoch keine auffälligen Werte zu finden.
In einer Probe Rindfleisch wurde ein Gehalt an dl-PCB festgestellt, der über dem Auslösewert lag. Hier wurden das auf
dem Betrieb vorhandene Heu sowie Grünfutter beprobt. Die festgestellten Gehalte an Dioxinen und PCB lagen auch hier
unter den festgesetzten Höchstgehalten und auch unter den Aktionsgrenzwerten.
Bei einer Untersuchung von Hühnereiern durch die Lebensmittelüberwachung wurde der Höchstgehalt für Dioxine und
PCB überschritten. Im Rahmen der Ursachenermittlung wurden auch die vorhandenen Futtermittel überprüft. Die Untersuchungsergebnisse waren unauffällig. Die weiteren Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung ergaben erhöhte
Werte in einem Bereich des Auslaufs, sodass entsprechende Maßnahmen veranlasst wurden (siehe auch unter Kapitel
Dioxine und PCB).
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Die amtliche Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg hat im Jahr 2015 in 6 Betrieben Futtermittelproben als Verdachts- oder Verfolgsproben erhoben. Die nachfolgende Tabelle stellt die Ergebnisse der insgesamt
11 untersuchten Proben zusammen.
Am CVUA Karlsruhe werden Futtermittel gemäß dem „Kontrollprogramm Futtermittel für die Jahre 2012 bis
2016“ auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe untersucht. Hierbei wird zwischen sogenannten
unerwünschten und unzulässigen Stoffen unterschieden.
Ergebnisse für Dioxine, dl-PCB und Indikator-PCB in Verdachts- und Verfolgsproben
dl-PCB
Dioxine
Betrieb
Anzahl
Indikator-PCB
[ng WHO-TEQ/kg Produkt (88 % TM)]
[µg/kg Produkt (88% TM)]
1
3
0,02 | 0,02 | 0,03
0,11 | 0,04 | 0,07
0,54 | 0,24 | 0,35
2
2
0,004 | 0,01
0,004 | 0,005
0,05 | 0,03
3
1
4
2
0,19 | 0,13
5
2
0,42 | 0,05* 6
1
0,01
0,01
◆
0,004
0,07 | 0,04
0,07
0,77 | 0,21
0,003 0,10
0,01
0,06
In den Betrieben 1 bis 3 erfolgte die Erhebung von Verfolgsproben im Rahmen der Ursachenermittlung, da bei
Routineuntersuchungen von Lebensmittelproben auffällige Gehalte an Dioxinen beziehungsweise PCB festgestellt
worden waren. Betroffen waren Rindfleisch und Eier. In
diesen Fällen konnten Futtermittel, zumindest anhand der
erhobenen und untersuchten Proben, als Kontaminationsquelle ausgeschlossen werden. Sämtliche Proben wiesen futtermittelrechtlich nicht zu beanstandende Gehalte
an Dioxinen, dl-PCB und Indikator-PCB auf (siehe auch
Kapitel Futtermittelkontrollen als Hilfe zur Aufklärung
von Belastungen in Lebensmitteln).
In den Betrieben 4 bis 6 lagen einzelfallbezogene Gründe für die Erhebung von Verdachtsproben vor. In einem Fall war
beispielsweise eine im Rahmen der Eigenkontrolle festgestellte numerische Überschreitung des Dioxin-Höchstgehaltes
Anlass für die Probenerhebung. Weitere außerplanmäßige Probenahmen wurden im Rahmen der Betriebskontrolle entsprechend den vor Ort vorliegenden Erkenntnissen, zum Beispiel Lagerung von Futtermitteln in Silos mit Altanstrichen,
durchgeführt. Auch in diesen Proben lag keine Überschreitung der geltenden Grenzwerte vor.
Zu den „unerwünschten“ Stoffen zählen verschleppte Kokzidiostatika in Futtermitteln für Nichtzieltierarten. Kokzidiostatika sind unter festgelegten Bedingungen als Futtermittelzusatzstoffe für bestimmte Tierarten zugelassen.
So dürfen sie zum Beispiel bei Masthühnern, Puten und Kaninchen vorbeugend zur Verhütung der Kokzidiose
eingesetzt werden, jedoch ist der Zusatz von Kokzidiostatika beispielsweise bei Futtermitteln für Legegeflügel nicht
zulässig. Bei der Herstellung von Futtermitteln für verschiedene Verwendungszwecke im selben Betrieb kann es
jedoch zu Verschleppungen von Kokzidiostatika in Futtermittel für Nichtzieltierarten kommen. Hierfür sind in der
Richtlinie 2002/32/EG Höchstgehalte festgelegt, deren Einhaltung im Rahmen der Untersuchung von Futtermitteln
auf pharmakologisch wirksame Stoffe überprüft wird.
Die „unzulässigen“ pharmakologisch wirksamen Stoffe lassen sich in 3 Stoffgruppen untergliedern:
n zugelassene Futtermittelzusatzstoffe, die nicht bestimmungsgemäß verwendet werden
n ehemals zugelassene Zusatzstoffe, die nicht mehr verwendet werden dürfen
n verbotene beziehungsweise verschleppte Tierarzneimittelwirkstoffe
Tierarzneimittel werden häufig in Form von Fertigarzneimitteln eingesetzt, die vom Tierhalter selbst beziehungsweise durch fahrbare Mahl- und Mischanlagen in die Futtermittel eingemischt werden. Auch hier kann es beispielsweise aufgrund einer mangelhaften Reinigung zu Verschleppungen von Arzneimittelwirkstoffen in andere Futtermittel
kommen.
Das CVUA Karlsruhe hat im Berichtsjahr 208 Futtermittelproben auf pharmakologisch wirksame Stoffe untersucht,
wobei 1.335 Einzeluntersuchungen durchgeführt wurden. Bei 80 % der zur Untersuchung eingesandten Proben
handelte es sich um Mischfuttermittel, außerdem wurden auch Vormischungen (13 %), Einzelfuttermittel (3 %) und
Zusatzstoffe (4 %) untersucht. Die Futtermittelkontrolle hat die Proben größtenteils bei Herstellern oder Tierhaltern
entnommen, aber auch bei Händlern und fahrbaren Mahl- und Mischanlagen.
Verschleppte Kokzidiostatika wurden in insgesamt 12 Futtermittelproben nachgewiesen. In 11 Ergänzungs- beziehungsweise Alleinfuttermitteln für Milchkühe, Legehennen, Hühnerküken, Kaninchen, Kälber und Ferkel waren
Kokzidiostatika im Spurenbereich unterhalb der gemäß Richtlinie 2002/32/EG zulässigen Höchstgehalte enthalten. In 5 Fällen war das Kokzidiostatikum Lasalocid-A-Natrium, in 4 Fällen Monensin-Natrium, in jeweils 2 Fällen
Katharina Djuchin, CVUA Freiburg
96
97
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
TEIL V FUT TERMIT TEL
P H A R M A KO LO G I S C H W I R K S A M E S TO F F E
GENTECHNISCH VERÄNDERTE FUT TERMIT TEL
In einem Alleinfuttermittel für tragende Sauen wurde das Anthelminthikum Flubendazol mit einem Gehalt von
1,91 mg/kg nachgewiesen. Weiterhin wurde in einem Alleinfuttermittel für Aufzuchtferkel das Antibiotikum Amoxicillin mit einem Gehalt von 4,11 mg/kg festgestellt. Die ermittelten Gehalte der beiden pharmakologisch wirksamen
Stoffe lagen im Verschleppungsbereich. Bei beiden Alleinfuttermitteln handelte es sich um Proben, die bei Tierhaltern
aus dem Trog beziehungsweise Silo entnommen wurden.
JA H R E S B E R I C H T 2015
Gentechnisch veränderte Futtermittel
Salinomycin-Natrium beziehungsweise Robenidin-Hydrochlorid und in jeweils einem Fall Maduramicin-Ammonium,
Narasin beziehungsweise Nicarbazin nachweisbar. In 4 Futtermittelproben wurden mehrere Stoffe pro Probe festgestellt. In einem Ergänzungsfuttermittel für Milchkühe war der Höchstgehalt für Monensin-Natrium statistisch nicht
gesichert überschritten.
2015 hat das LTZ Augustenberg 134 amtlich gezogene Futtermittelproben auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO) untersucht. Bei 3 Proben hat die Untersuchung ergeben, dass die Futtermittel nicht vorschriftsmäßig
deklariert waren. In der EU nicht zugelassene GVO wurden jedoch nicht gefunden. In nahezu 60 % der nicht als
GVO deklarierten untersuchten Chargen wurden keinerlei Spuren von GVO nachgewiesen. Gegenüber den Vorjahren haben somit die Proben ganz ohne GVO-Nachweis signifikant zugenommen.
◆◆
◆
Die Untersuchung dient insbesondere zur Klärung der Frage, ob die Deklarationspflicht erfüllt wird, das heißt, ob ein
gentechnisch veränderter Futtermittelbestandteil entsprechend den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003
ausgewiesen ist. Für die GVO-Kennzeichnung gilt ein
Schwellenwert für in der EU als Futtermittel zugelassene
GVO von 0,9 %. Eine zusätzliche Vorgabe bei Befunden
unterhalb dieses Schwellenwertes ist, dass der GVO-Eintrag zufällig oder technisch unvermeidbar ist. Dafür muss
der Unternehmer darlegen, dass bei der Produktion des
Futtermittels ausreichende Maßnahmen zur Verhinderung
einer GVO-Verschleppung getroffen worden sind.
Sonderprojekt Chloramphenicol
RASFF-Meldungen haben in den Jahren 2011 bis 2014 mehrfach über den Nachweis des Antibiotikums Chloramphenicol in Futtermittelzusatzstoffen (Vitamine, Enzyme) und in Vormischungen mit diesen Zusatzstoffen berichtet.
Chloramphenicol ist ein bakteriostatisch wirkendes Antibiotikum, das beim Menschen in seltenen Fällen eine aplastische Anämie auslösen kann. Es darf Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nicht verabreicht werden. Aufgrund unsachgemäßer Handhabung bei der Herstellung beziehungsweise Lagerung von Futtermittelzusatzstoffen
kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Kontaminationen von Futtermittelzusatzstoffen mit Chloramphenicol. Auch in Vormischungen, die die kontaminierten Zusatzstoffe enthielten, war Chloramphenicol nachweisbar.
Häufig stammten die betroffenen Produkte aus Indien oder China.
Vor diesem Hintergrund hat das CVUA Karlsruhe 2015 im Rahmen eines Sonderprojektes verschiedene Futtermittelzusatzstoffe und Vormischungen auf Chloramphenicol untersucht. Insgesamt wurden 7 Futtermittelzusatzstoffe
(2 Enzyme, 5 Vitamine), 8 Vormischungen mit Vitaminen und eine Vormischung mit Vitaminen und Enzymen für
die Untersuchung auf Chloramphenicol beprobt. Die Zusatzstoffe beziehungsweise Vormischungen stammten aus
Deutschland, den Niederlanden und China. In keiner der Proben wurde Chloramphenicol nachgewiesen (Nachweisvermögen der Methode: 0,3 µg/kg).
Tabea Pflaum und Sabrina Müntnich, CVUA Karlsruhe
98
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 134 Futtermittelproben auf GVO untersucht. Darunter waren 66 Mischfuttermittel, von denen 8 mit der Deklaration „Hergestellt aus
gentechnisch veränderten Sojabohnen“ gekennzeichnet
waren. Bei einer dieser Proben wurde zusätzlich ein als
zufällig oder technisch unvermeidbar eingestufter Anteil
von gentechnisch verändertem Mais (NK603, TC1507
und MON810) nachgewiesen, welcher nicht deklariert
war. Zwei Mischfuttermittel waren nicht vorschriftsmäßig
gekennzeichnet. Im Bereich zwischen der Bestimmungsgrenze von 0,1 % und dem Schwellenwert von 0,9 %
GVO-Anteil lagen 23 Untersuchungsergebnisse. In 6 weiteren Proben wurden Spuren von in der EU zugelassenen
GVO unter der Bestimmungsgrenze von 0,1 % nachgewiesen. Dabei war immer das Event GTS 40-3-2 (Roundup-Ready) vertreten, 2-mal wurde zusätzlich A2704-21
(Liberty Link Soja) nachgewiesen, 8-mal zusätzlich das
Sojaevent MON89788 (Roundup-Ready 2) und ebenso
oft das Event MON87701. Die beiden zuletzt genann-
ten GVO werden häufig als sogenannte Stacked-Events
(kombinierte GVO) produziert.
Von den 28 untersuchten Einzelfuttermittelproben aus Sojabohnen waren 3 als gentechnisch verändert deklariert.
12-mal wurden als zufällig oder technisch unvermeidbar
eingestufte Anteile von gentechnisch verändertem Soja
nachgewiesen. 9 Proben hatten einen GVO-Anteil unter
der Bestimmungsgrenze von 0,1 %. Bei allen positiven Proben war das Event GTS 40-3-2 (Roundup-Ready) vertreten, einmal wurde zusätzlich A2704-21 (Liberty Link Soja)
nachgewiesen, 9-mal zusätzlich das Sojaevent MON89788
(Roundup-Ready 2) und 3-mal das Event MON87701. Ein
Einzelfuttermittel war nicht vorschriftsmäßig deklariert. Nur
in 3 Proben waren keine GVO nachweisbar.
In keinem der 40 untersuchten Mais-, Raps- und LeinEinzelfutter waren gentechnisch veränderte Anteile nachweisbar.
Etwa 30 % der insgesamt untersuchten Futtermittelproben hatten einen bestimmbaren GVO-Anteil, der jedoch
unter dem Schwellenwert von 0,9 % lag. Sowohl in den
Mischfuttermitteln wie auch in den Ölsaaten wurden wie
im vergangenen Jahr vorrangig die zugelassenen SojaEvents MON40-3-2 (Roundup-Ready-Soja 1), MON89788
(Roundup-Ready-Soja 2), A2704-12 (Liberty-Link-Soja)
und MON87701 nachgewiesen.
In keiner Probe waren nicht zugelassene GVO nachweisbar. Sogenannte botanische Verunreinigungen konnten
auch in diesem Jahr in keiner der untersuchten amtlichen
Futtermittelproben festgestellt werden.
99
TEIL V FUT TERMIT TEL
R A D I O C H E M I S C H E U N T E R SU C H U N G E N · R ÄT S E L H A F T E TO D E S FÄ L L E B E I W E I D E RI N D E RN
V E R Ä N D E RU N G E N I N D E R L A B O R L A N D S C H A F T I N B A D E N -W Ü R T T E M B E RG – E I N E Ä R A G E H T ZU E N D E
Veränderungen in der Laborlandschaft in Baden-Württemberg –
Eine Ära geht zu Ende
Radiochemische Untersuchungen
Im Jahr 2015 haben die CVUAs Stuttgart und Freiburg insgesamt 89 (Vorjahr: 61) Proben aus dem landwirtschaftlichen Bereich untersucht. Bei Futtermitteln sind die gemessenen Aktivitäten mit denen der Lebensmittel vergleichbar (siehe Kapitel III). Sie nehmen langsam, aber stetig von Jahr zu Jahr weiter ab.
JA H R E S B E R I C H T 2015
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
Amtliche Futtermittelproben werden in Baden-Württemberg vom Futtermittelkontrollpersonal der 4 Regierungspräsidien bei Herstellern, Händlern, Lagerbetrieben, Spediteuren oder auch bei Landwirten gezogen und zur Untersuchung in die amtlichen Labore geschickt.
Die Untersuchung von 68 Futtermittelproben ergab nur geringe Gehalte an künstlicher Radioaktivität: Die Maximalgehalte für Cs-137 beziehungsweise Sr-90 betrugen jeweils 3 Bq/kg Trockenmasse. Bei den 21 untersuchten Bodenproben ergaben sich Maximalgehalte für Cs-137 von 67 Bq/kg, für Sr-90 von ca. 3 Bq/kg.
Dr. Martin Metschies, CVUA Freiburg
Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern
Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb verendeten zunächst 3 Rinder und kurz danach 2 weitere auf einer hofeigenen Weide. Trotz Autopsie der toten Tiere konnte die Todesursache nicht abschließend geklärt werden. Die Pathologen vermuteten
lediglich, dass ein allergisches Geschehen als Ursache infrage käme. Auch war nicht auszuschließen, dass Giftpflanzen
im Weideaufwuchs eine Rolle gespielt haben könnten. Die Futtermittelkontrolle wurde über das zuständige Veterinäramt
eingebunden. Alle Beteiligten, nicht zuletzt die betroffene Landwirtsfamilie, waren schockiert, als sich der Vorgang im
folgenden Frühjahr wiederholte. Erneut verendeten ohne erkennbaren Grund mehrere bis dahin gesunde Rinder auf der
Weide, ohne dass die Todesursache geklärt werden konnte.
In solchen schwierigen Fällen ist es besonders wichtig, dass die beteiligten Behörden und Untersuchungseinrichtungen die
vorhandenen Informationen austauschen, laufend intensiven Kontakt halten, in der Ursachenforschung nicht nachlassen
und beharrlich zusammenarbeiten. Die Futtermittelkontrolle hat zunächst den Weideaufwuchs, insbesondere auch einzelne
Pflanzenarten und Sträucher, identifiziert und beprobt. In Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Landwirtschaftliche
Chemie der Universität Hohenheim konnte ausgeschlossen werden, dass örtliche Giftpflanzen ursächlich waren. Eine Literaturrecherche an der Universität – auch in der älteren Literatur – erbrachte letztendlich einen Hinweis auf einen möglichen
Zusammenhang mit einem Weißdornstrauch am Rande der Rinderweide. Die Raupen des Weißdornspinners, der auf
Weißdornsträuchern beheimatet ist, können bei Rindern hochaggressive Allergien, auch mit tödlichem Ausgang, auslösen.
Umgehend entfernte der betroffene Landwirt sämtliche Weißdornsträucher im Umfeld seiner Weiden. Das Rindersterben
wiederholte sich nicht mehr.
Dieser ungewöhnliche Einzelfall ist ein Beispiel für eine erfolgreiche fachübergreifende Zusammenarbeit verschiedener
Behörden und Sachverständiger.
■
Die Untersuchung der amtlichen Futtermittelproben findet in mehreren Laboren statt.
Proben aus den Regierungsbezirken Stuttgart und Tübingen wurden bis Ende 2015 an der LA Chemie der Universität
Hohenheim, die aus den Regierungsbezirken Karlsruhe und Freiburg am LTZ Augustenberg in Karlsruhe untersucht. Die
Analyse auf einige Parameter erfolgte jedoch jeweils nur in einem der Labore für Proben aus dem ganzen Land. Die Labore
haben diese analytischen Schwerpunkte gebildet, damit bestimmte Laboreinrichtungen und spezialisiertes Personal nicht
mehrfach im Land vorgehalten werden müssen. So wurden beispielsweise mikrobiologische und molekularbiologische
Untersuchungen nur am LTZ, Analysen von Aminosäuren und bestimmten Vitaminen nur an der LA Chemie durchgeführt.
Für weitere spezielle Untersuchungen stehen das CVUA Freiburg (Dioxine und PCB sowie Radioaktivität), das CVUA Karlsruhe (pharmakologisch wirksame Substanzen) und das CVUA Stuttgart (Radioaktivität) zur Verfügung.
Die LA Chemie ist eine Einrichtung der Universität Hohenheim. Diese hat beschlossen, die Analytik der Universität zukünftig
in einer zentralen „Core Facility“ zu bündeln und neu auszurichten. Die bisherige LA Chemie wird ein Teil dieser zentralen
Einrichtung, an der Analysen im Auftrag der Universitätsinstitute durchgeführt werden sollen. Die neue Einheit soll damit
einen wesentlichen Beitrag zu den Forschungsprojekten der Universität leisten. Dies war auch bisher schon eine wichtige
Aufgabe der LA Chemie. Die LA Chemie kann darüber hinaus bestehende Aufgaben im Bereich der amtlichen Futtermitteluntersuchung nach der Neuausrichtung nicht mehr wahrnehmen. Sie endeten zum 31. Dezember 2015. Diese und
weitere bisher von der LA Chemie wahrgenommenen Landesaufgaben, wie die amtliche Düngemitteluntersuchung, hat
mit Beginn des Jahres 2016 das LTZ übernommen. Die damit verbundene weitgehende Konzentration der Futtermitteluntersuchungen an einer Stelle soll nach einer Übergangszeit zu einer verbesserten Koordinierung und auch wirtschaftlicheren Probenbearbeitung beitragen.
◆
100
Die Regierungspräsidien und das MLR bedanken sich für die jahrzehntelange erfolgreiche Zusammenarbeit mit der LA
Chemie. Als Brücke zwischen Wissenschaft, Verwaltung und landwirtschaftlicher Praxis stand sie dem Land als wertvoller
Berater sowohl bei analytischen als auch bei wissenschaftlichen Fragen, in nationalen und internationalen Gremien und bei
der Beurteilung von Gesetzesvorhaben zur Verfügung. Immer wieder war sie auch gefragt bei der Aufklärung von Schadensfällen (siehe Beitrag: Rätselhafte Todesfälle bei Weiderindern).
101
TEIL V FUT TERMIT TEL
Zusammenfassung
Abkürzungsverzeichnis
Die Futtermittelüberwachung Baden-Württemberg hat im Berichtsjahr 1.265 (Vorjahr: 1.303) Betriebe kontrolliert, in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden. Sie führte dazu teilweise mehrfach im selben
Betrieb Betriebsprüfungen (Kontrollen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Schwerpunkt der Dokumentenkontrolle
und der Sauberkeit und Hygiene) und Buchprüfungen (Dokumentenkontrolle über einen festgelegten Zeitraum vor der
Prüfung) durch. Insgesamt hat sie 1.826 (Vorjahr: 1.529) Inspektionen durchgeführt und dabei insgesamt 226 Verstöße
festgestellt. 39 (43) Unternehmen, das sind 3,1 % (Vorjahr: 3,3 %) der kontrollierten Betriebe, wurden mit Verfahren
belegt. In den vorgenannten Zahlen enthalten sind 753 (Vorjahr: 612) Inspektionen auf 580 (Vorjahr: 552) landwirtschaftlichen Betrieben mit einer Beanstandungsquote von 5,4 % (Vorjahr: 8,3 %).
Das Futtermittelkontrollpersonal hat 1.041 (Vorjahr: 1.031) Futtermittelproben gezogen, von denen 121 (Vorjahr: 99)
nicht den Vorschriften entsprachen. Dies entspricht einer Beanstandungsquote von 11,6 % (Vorjahr: 9,6 %). Die Untersuchungsergebnisse der verschiedenen Futtermittelgruppen sind in der Tabelle aufgeführt.
Einzelfuttermittel
Mischfuttermittel
Vormischungen und Zusatzstoffe
Gesamt
Die wichtigsten in diesem Jahresbericht verwendeten Abkürzungen sollen in nachfolgender Tabelle erläutert werden:
3-MCPD
3-Monochlorpropandiol (3-Chlor-1,2-propandiol)
AkadVet
Landesakademie Baden-Württemberg für Veterinär- und Lebensmittelwesen
ARfD
akute Referenzdosis
AVV
Allgemeine Verwaltungsvorschrift
BfR
Bundesinstitut für Risikobewertung
BfS
Bundesamt für Strahlenschutz
BGBestimmungsgrenze
BLL
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.
BMEL
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
BMG
Bundesministerium für Gesundheit
BqBecquerel
BVL
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
CVUA
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt
Dioxine
PCDD und PCDF
dl-PCB
dioxinähnliche PCB
7,6 (5,1)
E. coli
Escherichia coli
80 (71)
15,4(13,2)
EFSA
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority)
(62)
6 (6)
10,0 (9,7)
EFSA-PRIMo
EFSA-Berechnungsmodell für Pestizidrückstände (Pesticide Residue Intake Modell - PRIMo)
1.041(1.031)
121(99)
11,6 (9,6)
ELISA
Enzyme Linked Immunosorbent Assay (antikörperbasiertes Nachweisverfahren)
Futtermitteluntersuchungen und Beanstandungen nach Futtermittelgruppen (Zahlen in Klammern: Vorjahr)
Futtermittelgruppe
ZU S A M M E N FA S SU N G
A B K Ü R ZU N G S V E R Z E I C H N I S · G LO S S A R
JA H R E S B E R I C H T 2015
FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
UntersuchungenBeanstandungen
Anzahl
Anzahl
Anteil %
462 (430)
519 (539)
60
35 (22)
GC-MSgaschromatografisch-massenspektrometrisch
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Zahl der durchgeführten Untersuchungen, wobei je Probe in der
Regel mehrere Untersuchungen durchgeführt wurden. Da Ergebnisse auch aus der Untersuchung von Verdachts- und
Verfolgsproben stammen können, sind die Beanstandungszahlen nach Art und Häufigkeit nicht geeignet, um die Qualität der Futtermittel insgesamt zu beschreiben.
Futtermitteluntersuchungen und Beanstandungen nach Futtermittelgruppen (Zahlen in Klammern: Vorjahr)
Futtermittelgruppe
Inhaltsstoffe (ohne Wasser)
Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln)
unerwünschte Stoffe
unzulässige Anwendung/verbotene Stoffe
davon „tierische Bestandteile“
GVO Schädlingsbekämpfungsmittel (Wirkstoffe)
mikrobiologische Qualität (z.B. Verderb)
Salmonellenuntersuchungen
formale Kennzeichnungsvorschriften
UntersuchungenBeanstandungen
Anzahl
Anzahl
Anteil %
927 (1.064)
351
(516)
3.035 (3.792)
50 (80)
36* (50)*
7
(10)
5,4
10,3
0,2
GV
gentechnisch verändert
HACCP
Hazard Analysis and Critical Control Point (zu deutsch: Gefahrenanalyse und kritische Lenkungspunkte)
IMIS
integriertes Mess- und Informationssystem für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt
KbE
Koloniebildende Einheit
LA Chemie
Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der Universität Hohenheim
LAV
Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz
LFGB
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch
LGALandesgesundheitsamt
(7,5)
LIMS
Laborinformations- und -managementsystem
(9,7)
LKL-BW
Landeskontrollteam Lebensmittelsicherheit Baden-Württemberg
(0,3)
LMHV
Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittel-Hygieneverordnung)
6
(11)
0,4
(0,7)
LRALandratsamt
72
(162)
2
(0)
2,8
(0,0)
LTZ
Landwirtschaftliches Technologiezentrum
134
(147)
3
(3)
2,2
(2,0)
LUBW
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
6.040 (6.062)
1
(1)
MLR
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
6
(3)
MRL
Maximum Residue Limits
10,0(12,2)
MRPL-Wert
Minimum Required Performance Standard (zu deutsch: Mindestanforderung an international verwendete Analysenmethoden)
47,5 (48,6)
NGNachweisgrenze
1.439 (1.682)
131
40
583
(136)
(41)
(514)
4 (5)
277 (250)
0,02 (0,02)
4,6
(2,2)
* in 5 (18) Fällen Überschreitung des gesetzlichen Höchstwertes für das jeweilige Futtermittel
Aus den Beanstandungen ergaben sich folgende Maßnahmen:
n In 327 (Vorjahr: 320) leichten Fällen wurden die Betroffenen durch Hinweise belehrt.
n 4 (Vorjahr: 3) Verwarnungen mussten ausgesprochen werden.
n In 19 (Vorjahr: 11) Fällen wurde eine weitere Behandlung des Futtermittels, dessen anderweitige
Verwendung (nicht zur Verfütterung) oder die unschädliche Beseitigung angeordnet.
n 39 (Vorjahr: 43) Bußgeldverfahren zur Ahndung von 72 (Vorjahr: 68) Beanstandungen wurden eingeleitet, 28 (Vorjahr: 22) Bußgeldverfahren zur Ahndung von 56 (Vorjahr: 37) Beanstandungen wurden abgeschlossen.
Dabei wurden Bußgelder in Höhe von 6.400 (Vorjahr: 4.950) Euro vereinnahmt.
n Insgesamt wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 8.505,98 (Vorjahr: 2.746,27) Euro erhoben.
n Strafverfahren mussten nicht eingeleitet werden.
NMR
Kernresonanzspektroskopie (von engl. nuclear magnetic resonance = Kernmagnetische Resonanz)
NOAEL
No observed adverse effect level
NRKP
Nationaler Rückstandskontrollplan
ÖGD
Öffentlicher Gesundheitsdienst
PAPyrrolizidinalkaloide
PAK
polyzyklische (= polycyclische) aromatische Kohlenwasserstoffe
PCB
polychlorierte Biphenyle
PCDDDibenzo-p-dioxine
PCDF
POPs
102
persistent organic pollutants (dt. langlebige organische Schadstoffe)
PSMPflanzenschutzmittelwirkstoffe
RKI
Hildegard Assfalg, RP Stuttgart · Horst Kraus, RP Tübingen · Dr. Jürgen Looser, RP Karlsruhe · Brigitte Speck, LTZ
Dr. Moritz Bauer, LTZ · Dr. Regina Modi, MLR · Dr. Bernhard Eckstein, MLR
polychlorierte Dibenzofurane
PCRPolymerase-Ketten-Reaktion
Robert Koch-Institut
RPRegierungspräsidium
SES
Stabsstelle für Ernährungssicherheit
103
LEBENSMIT TEL-, TRINK WASSER,- FUT TERMIT TELÜBERWACHUNG BW
GLOSSAR
N OT I Z E N
0
STEC Shiga-Toxin-bildende E. coli
STUA
Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt Aulendorf – Diagnosezentrum
JA H R E S B E R I C H T 2015
................................................................................................................................................................................................
Staph. aureus Staphylococcus aureus
................................................................................................................................................................................................
TATropanalkaloide
................................................................................................................................................................................................
TEQToxizitätsäquivalente
Tier-LMHV
Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung)
................................................................................................................................................................................................
TMTrockenmasse
TrinkwV
Trinkwasserverordnung (aus dem Jahr 2001)
................................................................................................................................................................................................
UBAUmweltbundesamt
UNEP
United Nations Environment Programme
................................................................................................................................................................................................
VOVerordnung
VTEC
Verotoxinbildende E. coli
................................................................................................................................................................................................
WHOWeltgesundheitsorganisation
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
Größenvergleich von Konzentrationsangaben
Die im Jahresbericht angegebenen Ergebnisse der Gehalte verschiedener Stoffe werden in den verschiedensten Konzentrationen angegeben.
Die nachfolgende Tabelle erläutert diese Angaben.
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
Verhältnis in Worten
Verhältnis in Zahlen
Potenz
Erläuterung
1 Prozent
10 g/kg
10 Gramm
pro Kilogramm
1 Teil von
hundert Teilen
1:100
10-2
Prozent = %
1 Promille
1 g/kg
1 Gramm
pro Kilogramm
1 Teil von
tausend Teilen
1:1.000
10-3
Promille = ‰
1 ppm
1 mg/kg
1 Milligramm
pro Kilogramm
1 Teil von
einer Million Teilen
1:1.000.000
10-6
ppm = part
per million
1 ppb
1 μg/kg
1 Mikrogramm
pro Kilogramm
1 Teil von
einer Milliarde Teilen
1:1.000.000.000
10-9
ppb = part
per billion
1 ppt*
1 ng/kg
1 Nanogramm
pro Kilogramm
1 Teil von
einer Billion Teilen
1:1.000.000.000.000
10-12
ppt = part
per trillion
................................................................................................................................................................................................
1 ppq
1 pg/kg
1 Picogramm
pro Kilogramm
1 Teil von
einer Billiarde Teilen
1:1.000.000.000.000.000
10-15
ppq = part
per quadrillion
................................................................................................................................................................................................
Bezeichnung
entspricht
entspricht in Worten
................................................................................................................................................................................................
* 1 ppt entspricht einem Stück Würfelzucker (2,5 g) im Starnberger See (2,5 Billionen Liter Wasser) oder 20 Stück Würfelzucker im
Bodensee (50 Billionen Liter Wasser).
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
104
105
LEBENSMIT TELÜBERWACHUNG BW
I M P R E SS U M
0
JA H R E S B E R I C H T 2015
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
................................................................................................................................................................................................
Herausgeber:
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR)
Abteilung Verbraucherschutz und Ernährung
Kernerplatz 10, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711.126 - 0
[email protected]
www.mlr.baden-wuerttemberg.de
Redaktion:
Birgit Bienzle, MLR
Lektorat:
Beate Wörner, Fellbach
www.beatewoerner.de
Grafik Design + Prepress:
Friedrich Don BDG - Don Design, Waiblingen
www.don-design.de
Druck:
Firma Offizin Scheufele Druck und Medien GmbH + Co. KG, Stuttgart
www.scheufele.de
Bezugsquelle:
Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Baden-Württemberg herausgegeben. Sie ist nicht
zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landes-, Bundestags-, Kommunal- und Europawahlen.
Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen,
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Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel.
Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne
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zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu
Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden wird.
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Fotos:
Wir danken allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Lebensmittel-, Trinkwasser- und Futtermittelüberwachung des Landes Baden-Württemberg für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial.
Weiteres markiertes Bildmaterial von ◆ shutterstock · ■ MLR/Joachim E. Röttgers · w Don Design
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© 2016 Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
Drucknummer: MLR 11-2016-36
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Herausgeber
Ministerium für
Ländlichen Raum
und Verbraucherschutz
Baden-Württemberg (MLR)
Kernerplatz 10
70182 Stuttgart
Für eventuelle Rückfragen
Telefon:0711.126 - 0
www.mlr.baden-wuerttemberg.de
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