Nordkurier - Haff-Zeitung vom 25.07.2016 Autor: Seite: Rubrik: Seitentitel: J. Mladek und J. Foetzke 15 bis 15 Haff-Zeitung HZ Gattung: Jahrgang: Auflage: Reichweite: Tageszeitung 2016 5.609 (gedruckt) 5.347 (verkauft) 5.383 (verbreitet) 0,01 (in Mio.) Patrick Dahlemann: Pfusch im Lebenslauf Häme und Sticheleien gab es schon lange in den Fluren des Schweriner Landtags, wenn es um den SPD-Jungstar Patrick Dahlemann und sein nicht enden wollendes Studium ging. 16 Semester, kein Abschluss in Sicht! Eigentlich nicht schlimm, solange jemand seinen Job als Abgeordneter vernünftig macht – und doch: Wo so viel Wert auf Titel und Ämter gelegt wird, hält man das für einen Makel. Und nun legen Dahlemanns Gegner mit einer ganz anderen StudienAffäre nach. uecke-randow. Patrick Dahlemann soll im offiziellen Handbuch des Landtages falsche Angaben in seinem Lebenslauf gemacht haben. Direkt danach befragt, räumt er das auch selber ein. Nachlesen kann man in dem Handbuch, dass Dahlemann als Student in Greifswald eingeschrieben ist, und so konnte man es auch bis vor wenigen Tagen auf seiner Homepage lesen. Beides falsch. Schon 2014 beendete Dahlemann sein Studium der Politologie in Greifswald ohne Abschluss und schrieb sich an der Fernuniversität in Hagen ein. Eigentlich eine Kleinigkeit, könnte man meinen, da haben Politiker mit ihren akademischen Weihen schon ganz anderen Schindluder getrieben. Abschlüsse einfach ausgedacht, wie jetzt gerade bei Dahlemanns Parteifreundin, der SPDBundestagsabgeordneten Hinz, die für ihren erlogenen Jura-Abschluss gleich noch das dazugehörige Abitur miterfand. Dann die vielen Affären um Mogeleien in Doktorarbeiten. Und Dahlemann erklärt die Sache denn auch mit einem Versehen. Als er 2014 in den Landtag nachgerückt sei, habe er korrekte Angaben für das Handbuch gemacht. Damals sei er noch in Greifswald eingeschrieben gewesen. 2015, als das neue Handbuch erstellt wurde, habe er einfach die alten Angaben übernommen, der Wechsel des Studienorts sei ihm nicht so wichtig vorgekommen. Dahlemann kam dem Rauswurf aus der Uni zuvor Wörter: © 2016 PMG Presse-Monitor GmbH 646 Das allerdings klingt nur plausibel, wenn man Dahlemanns ewiges Ringen mit den akademischen Mühen nicht kennt. Das Studium und der fehlende Abschluss sind auch für ihn selbst neuralgische Punkte. Schon 2011/2012 hatte er den drohenden Rauswurf in Greifswald vor Augen, weil er nicht alle Prüfungen rechtzeitig abgelegt hatte – Überlastung durch die politische Arbeit, wie er erklärt. Nur durch eine Ausnahmeregelung in der Studienordnung, die er geschickt nutzte, konnte er in Greifswald bleiben. 2014 drohte dann der erneute Rauswurf aus der Uni – diesmal endgültig. Wieder, weil er einfach nicht das ganze Pensum schaffte. Dahlemann entging dem Rauswurf durch den Wechsel an die Fernuniversität Hagen. In der Öffentlichkeit verlor er darüber nie ein Wort, ließ sein politisches Umfeld und auch die Medien im Glauben, dass er noch in Greifswald sei. Klang ja irgendwie auch so weltläufig und trotzdem heimatverbunden, was er dazu auf seiner Homepage schrieb: „Ich pendele also zwischen Parlament und Hörsaal.“ Ein öffentliches Eingeständnis, dass er nicht mehr in Greifswald studiert, hätte auch ein Eingeständnis seines Scheiterns an dieser Uni bedeutet. Und da er stets betont hatte, unbedingt seinen Abschluss machen zu wollen, wäre das ein sicher nicht leichter Schritt gewesen. Und warum hat er uns das nicht gleich gesagt? Und mit dieser ganzen Vorgeschichte will er also quasi aus Versehen den Lebenslauf im Abgeordnetenhandbuch und auch auf seiner Homepage falsch verfasst haben? Bei einem jungen Abgeordneten, der sich selbst immer als Politiker neuen Typs stilisierte – komplett offen, transparent und auch bereit, zu sagen, wenn etwas nicht geht – schwer vorstellbar. Andererseits: Nicht einmal seine Gegner leugnen, dass Dahlemann mit immensem Zeitaufwand seiner politischen Arbeit nachgeht; da kann man Schwierigkeiten im Studium womöglich ebenso nachsehen wie schlampige Angaben. Noch dazu, wenn die Wahrheit offenbar so schmerzhaft ist. Gelegenheiten, die auf den Tisch zu legen, gab es genug. Zuletzt hatte der Nordkurier vor gut zwei Wochen mit Dahlemann über sein Studium gesprochen. Dabei hatte Dahlemann erklärt, dass lediglich noch die Abschlussprüfung fehle. Kein Wort über den Weggang aus Greifswald. Dahlemann, der als mutiger Jungpolitiker bundesweit Anerkennung fand, weil er auf einer NPD-Demo auf offener Bühne klare Worte gegen Rechts fand – als es um ihn selbst und seinen schwächsten Punkt ging, entschied er sich fast zwei Jahre lang lieber für das Schweigen. Kontakt zu den Autoren [email protected]
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