SÜDWESTUMSCHAU Mittwoch, 27. Juli 2016 NOTIZEN Ab aufs Amt Fahrgäste zurückgelassen Viele befristet angestellte Lehrer im Land werden in den Sommerferien arbeitslos Sommerferien, endlich frei! Für Vertretungslehrer kein Spaß. Sie verlieren ihren Job, müssen Unterstützung beantragen. Das Land spart an ihnen Millionen. TOBIAS KNAACK Ulm. Simone Müller könnte Erholung gut gebrauchen. Runterfahren, verreisen, Abstand gewinnen nach elf intensiven Monaten. Müller hat an vier verschiedenen Schulen im Raum Stuttgart gearbeitet, viermal musste sie sich einarbeiten, viermal neue Strukturen und Kollegen kennenlernen, viermal neue Schülernamen merken. Müller ist Gymnasiallehrerin – und ab heute arbeitslos. Mindestens mal für die nächsten sechs Wochen. Denn wo sie nach den Sommerferien arbeitet, das weiß sie noch nicht. Für die Ferienzeit bedeutet das: kein Gehalt im August, kein Gehalt für den halben September – und der andere Teil des Septembers kommt erst mit dem Oktobergehalt. Sofern sie bis dahin eine Stelle hat. So wie der 30-Jährigen, die ihren richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, geht es in Baden-Württemberg vielen Lehrerinnen und Lehrern. Knapp 3900 von ihnen werden laut Kultusministerium mit dem heutigen Tag entlassen. Hinzu kommen nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) etwa 5000 Referendare, die erst zum neuen Schuljahr angestellt werden. Der Geschäftsführer der GEW, Matthias Schneider, findet die Entlassung und „Ich habe mich gefühlt wie ein Wanderpokal“ Nichtbezahlung der Lehrkräfte, von denen die meisten im neuen Jahr wieder befristet beschäftigt sein werden, „verwerflich“. Das Kultusministerium aber sieht keinen Spielraum: 20 Millionen Euro jährlich koste eine „Weiterbeschäftigung aller befristet Beschäftigten über die Sommerferien hinweg“. Das sei schlicht nicht zu stemmen. Ministerin Susanne Eisenmann (CDU): „Nicht alles, was wünschenswert wäre, ist auch finanzierbar.“ Vor der Landtagswahl im März hatte das von Seiten der Christdemokraten noch anders geklungen: Im Programm wollten sie „die Beschäftigungsverhältnisse unserer Lehrerinnen und Lehrer so anlegen, dass sich niemand in den Sommerferien arbeitslos melden muss.“ Simone Müller musste dennoch. Arbeitslosengeld bekommt sie des- Hirschberg. Ein Busfahrer hat auf der Autobahn 5 bei Hirschberg (RheinNeckar-Kreis) einen Unfall gebaut und seine Fahrgäste danach auf einem Parkplatz zurückgelassen. Wie die Polizei mitteilte, war er am Montag mit seinem Fahrzeug gegen die Leitplanke gekracht, weil er in seinem Rucksack gekramt hatte. Ein Fahrgast wurde dabei leicht verletzt. Mehrere Fahrgäste drängten demnach darauf, aussteigen zu dürfen, woraufhin der Fahrer an einem Parkplatz hielt. Als sie dort die Polizei verständigten, fuhr der Mann jedoch einfach davon. Die Ermittler machten ihn schließlich am Mainzer Hauptbahnhof ausfindig. Böller sorgt für Alarm Viele Vertretungslehrer fühlen sich als „Lehrer zweiter Klasse“: Über die Sommerferien werden sie vom Land entlassen.Foto: dpa halb aber nicht. Sie hat von September bis Juli gearbeitet, dafür werden ihr elf durchgehende Monate angerechnet, zwölf wären für Arbeitslosengeld nötig. Bedeutet: Hartz IV. Die Viten im Lehrerberuf sind sehr unterschiedlich, Vergleiche auch zwischen den verschiedenen Schulformen mitunter schwierig. Manchmal geht es aber eben auch doch. Marina Spitzer ist Grundschullehrerin und hat seit vergangener Woche eine feste Stelle in Giengen an der Brenz. Zweifel daran hatte sie häufiger. Drei Jahre hintereinander ist sie in die Sommerferien gestartet in dem Wissen, nicht zu wissen, an welcher Schule sie im September lehren würde. In einem Jahr habe sie am Freitag vor dem Start des neuen Schuljahres erfahren, wo es für sie hingeht. Das Kultusministerium verweist darauf, dass Lehrereinstellung, Personalplanung und Ressourcensteuerung bei rund 120 000 Lehrkräften und rund 4000 Schulen im Land „komplex“ seien. Komplex – so könnte man auch das Hin und Her von Marina Spitzer bezeichnen. An drei Schulen war sie in den vergangenen drei Jahren tätig: Blaufelden und zwei in Crailsheim. Überall hat sie sich eingearbeitet, engagiert, eingebracht und am Ende dafür gute Beurteilungen der Rektoren eingeheimst. Am Ende stand neben dem Abschiedsschmerz aber auch der Frust über die Rückkehr der Ungewissheit. Denn die Sorgen, so erzählt Spitzer, kämen spätestens im Frühjahr. Immer dann, wenn in Konferenzen auch das neue Schuljahr Thema wird. Dann ist man zwar dabei – aber eben auch nicht richtig. „Da fühlt man sich wie ein Lehrer zweiter Klasse.“ Im vergangenen Sommer hatte sie bereits eine feste Stelle – für zwei Tage. Dann habe das Regierungspräsidium in Stuttgart ein Veto gegen die Wahl des Rektors, die nach einem Vorstellungsgespräch auf sie gefallen war, eingelegt und eine andere Kandidatin genommen. Es kamen Fragen bei ihr auf: „Für ein Jahr bin ich gut genug, aber nicht für eine feste Stelle?“ Vielschichtiges Verfahren Prozedere Das Vergabeverfahren von Lehrerstellen im Land ist vielschichtig und komplex. Hier – vereinfacht – einige Eckdaten: Im Dezember werden die ersten Stellen im schulbezogenen Ausschreibungsverfahren für den ländlichen Raum ausgeschrieben. Die Bewerbungen gehen direkt an die Schulen. Am 31. März ist online der Schlusstermin für Anträge auf Aufnahme in die Bewerberlisten. Die Regierungspräsidien stellen nur Lehr- kräfte ein, die sich in die Bewerberliste des jeweiligen Lehramts haben aufnehmen lassen. Im Anschluss an die Vergaberunde gibt es noch Nachrückverfahren. Danach bleiben befristete (Vertretk tungs-)Stellen. Die Geschichten der befristet angestellten Lehrer erzählen vom Hoffen, dass es im neuen Schuljahr mit einer festen Stelle klappt. Von der Enttäuschung, (wieder) nicht berücksichtigt worden zu sein. Und von der Ermüdung, die dieser diffuse Zustand über die Zeit mit sich bringt. „Ich habe mich wie ein Wanderpokal gefühlt“, sagt Marina Spitzer. „Ich weiß nicht, ob ich das fünf Jahre gemacht hätte.“ Das Land wäre darauf angewiesen, denn Vertretungslehrer werden gesucht. Die Erfahrung hat Marina Spitzer in Gesprächen mit dem Regierungspräsidium gemacht. Auch GEW-Geschäftsführer Matthias Schneider sieht den Bedarf. Er würde sich eine Erhöhung des Stocks von zurzeit 1666 Stellen in der ständigen Lehrerreserve wünschen. Für ihn steht die Attraktivität des Lehrerberufs im Südwesten auf dem Spiel. Daher fordert er, dass man wenigstens „einen Teil der befristeten Stellen über die Sommerferien bezahlt“. Ansonsten fürchtet er auf Sicht auch einen Aderlass an jungen Lehrern, die wechseln könnten. Diese Sorge scheint man im Kultusministerium nur bedingt zu teilen. Auf Anfrage unserer Zeitung heißt es pauschal: „Um frühzeitig geeignete Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen, setzt die Schulverwaltung Baden-Württemberg auf ein mehrstufiges Einstellungsverfahren.“ Das beuge auch einer möglichen „Abwanderung“ etwa in benachbarte Länder vor. Simone Müller sagt: „Für eine feste Stelle würde ich auch woanders anfangen.“ Lörrach. Anwohner haben in Lörrach Böller für eine Schießerei gehalten – und einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. In einem Wohngebiet hatten Menschen am Montagabend Weinen und vermeintliche Schüsse gehört, wie die Ermittler mitteilten. Sie alarmierten die Beamten, die „mit allen verfügbaren Kräften und Diensthunden“ anrückten. Die Einsatzkräfte drangen in eine Wohnung ein – und überwältigten den Bewohner im Bett. Schnell stellte sich heraus: Die vermeintlichen Schüsse kamen von einem Feuerwerkskörper im Freien. Mann niedergestochen Lörrach. Ein 18-Jähriger ist in Lörrach niedergestochen und schwer verletzt worden. Er hatte sich zuvor offenbar in den Streit zweier Männer eingemischt, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Während der Angreifer geflüchtet sei, habe der Verletzte in der Nacht zum Samstag selbst die Polizei alarmiert. Nach dem Hinweis eines Zeugen konnten die Beamten den mutmaßlichen Täter schließlich in einer Eisdiele festnehmen. Verletzte nach Unfall Mühlheim. Ein 25-Jähriger ist am Dienstag bei einem Frontalzusammenstoß zweier Autos in Mühlheim (Kreis Tuttlingen) lebensgefährlich verletzt worden. Er war mit seinem Auto auf die Gegenfahrbahn geraten und frontal gegen ein Auto geprallt, wie die Polizei mitteilte. Der 25 Jahre alte Fahrer des zweiten Autos wurde schwer verletzt. Lebensgefährlicher Streit Lahr. Ein 35-Jähriger ist in Lahr (Or- tenaukreis) von seinem Schwager mit einem Messer lebensgefährlich verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, hatte ihn der 43-Jährige während eines Streits am Sonntag im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses mit einem Messer angegriffen. Er verletzte den 35-Jährigen lebensgefährlich. Nach einer Notoperation ist sein Zustand laut Polizei stabil. Der 43-Jährige stellte sich kurz nach der Tat. Campingplatz ist zum Erholen da Gerichte billigen Abstellfläche für Wohnmobile im Gewerbegebiet Ein Urteil für die Urlaubszeit: Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, welchen Zweck ein Campingplatz von Amts wegen zu erfüllen hat. HANS GEORG FRANK Mannheim. 18 Stellplätze für Wohnmobile, dazu ein Technikgebäude für die Versorgung mit Strom und Trinkwasser, auch die Vorrichtung für die Entleerung der Toilette fehlt nicht – also ganz eindeutig ein Campingplatz. Das jedenfalls dachte sich der Anwohner eines Grundstücks in Keltern (Enzkreis). Aber weil es sich um ein Gewerbegebiet handelt, hielt er das Projekt seines Nachbarn im Gewann „Dammfeld/Regelbaum“ für illegal. Doch seine Klage gegen die Baugenehmigung wurde von zwei Gerichtsinstanzen abgewiesen. Wohnmobile dürfen neben dem Gelände der Firma, die Fahrzeuge mit Solar- und Foto: Janni/Fotolia.com Satellitenanlagen ausrüstet, stehen – sagt der VGH. Der Kläger lebt auf seinem Firmengrundstück in der Betriebsleiterwohnung. Die Wohnmobile auf der 1986 Quadratmeter großen Nachbarparzelle wollte er nicht akzeptieren, weil seiner Ansicht nach ein Campingplatz in einem Gewerbegebiet gar nicht zulässig ist. Im Grund lag er mit dieser Annahme richtig, dafür bedarf es tatsächlich eines förmlichen Sondergebiets. Doch sowohl das Verwaltungsgericht in Karlsruhe als auch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim konnten in Keltern gar keinen Campingplatz erkennen. Die Parkbuchten, vier Meter breit, gehören zum Serviceangebot einer Firma, die Wohnmobile mit vollautomatischen Solar- und Satellitenanlagen bestückt. Weil die Montage nicht immer innerhalb weniger Stunden erledigt werden kann, dürfen die Kunden des Unternehmens ihr rollendes Ferienheim neben der Werkstatt parken. Dieses Areal sei „sehr karg eingerichtet“, erklärte VGH-Sprecher Matthias Hettich, auch die Versorgungseinrichtung sei „sehr knapp gehalten“. Von einer Erholung könne keine Rede sein, heißt es im Urteil. Damit sei der eigentliche Zweck eines Campingplatzes nicht erfüllt. Schließlich liege ein solcher laut Baunutzungsverordnung in einem „Sondergebiet, das der Erholung dient“. Die Kunden könnten neben der Firma lediglich die Wartezeit überbrücken. Nicht einmal touristische Attraktionen könnten angefahren werden, weil ihr Fahrzeug ja in der Werkstatt benötigt werde. Mit dieser Auslegung der Paragrafen mag sich der Kläger nicht abfinden. Er hat beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt.
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