137 18.07.-06.08.2016 34. Jahrgang • A31202 Dietrich Enk Ein Herz für die Region Titelstory „Essen ist ein bindendes Element“, sagt Dietrich Enk über seinen Beruf. Dietrich Enk in seinem Büro mit „Bulli“, dem Maskottchen von Red Bull Leipzig Im historischen Saal des Centralpalasts finden auch Events statt. ENK Leipzig Caterer der ersten Liga An diesem Mann kommt man im Leipziger Cateringbusiness nicht vorbei: Ob bei Events an historischen Schauplätzen, in der Kulturgastronomie oder als VIP-Caterer in der Red Bull Arena, Dietrich Enk spielt kulinarisch in der ersten Liga. Kaiser Maximilian verhalf Leipzig einst zum Messeprivileg – und dem Max Enk zu seinem Namen. 4 Der MDR rauscht vorbei, das Völkerschlachtdenkmal und dann: S-Bahn-Haltestelle Leipzig-Stötteritz. Im unscheinbaren Osten der sächsischen Messestadt ist die große Sanierungswelle noch nicht angekommen. Ein günstiges Viertel für Gewerbetreibende, die viel Platz brauchen – wie die Enk Leipzig GmbH. Büro, Lager, Fuhrpark und moderne Produktionsküche sind hier seit ein paar Jahren an einem Ort vereinigt, den Inhaber Dietrich Enk „Centralpalast“ getauft hat. Das ehemalige Brauereigasthaus mit historischem Ballsaal diente in der DDR als Kulturhaus für Rundfunktechniker, in den 90ern als Tabledance-Bar und Technoclub, später als Ausstellungsraum für Tischlereimaschinen. „Jeder Leipziger hat eine Geschichte zu dem Gebäude zu erzählen“, berichtet Enk, der seiner Geburtsstadt eng verbunden ist. „Mein Leipzig lob ich mir. Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute“, zitiert der 43-Jährige den berühmten Satz von Goethe. „Leipzig ist Kultur, ist Wirtschaft, Kunst, Wissenschaft.“ Das spiegelt sein ungewöhnliches, Geist ausstrahlendes Büro wider: tiefgrün gestrichen, mit Kunstwerken geschmückt, einem großen, goldgerahmten Spiegel – und drei farbigen, fast lebensgroßen Luther-Figuren, die dem Betrachter das Neue Testament präsentieren. So individuell wie sein Inhaber ist auch das Unternehmen, das sich auf mehrere Säulen stützt: Eventcatering, Veranstaltungsorganisation und Locationmanagement sowie mehrere gastronomische Betriebe und das VIP-Catering in der Red Bull Arena. „Wir sind wirklich ein Individualcaterer. Von den mehreren Hundert Angeboten, die wir jedes Jahr machen, kommt keines aus der Schublade“, erzählt Enk stolz. Leidenschaft für die Region Insgesamt beschäftigt Dietrich Enk rund 70 Mitarbeiter, neue werden ständig gesucht. Die Kollegen im Büro nennt er scherzhaft „Kollektiv“, die Hierarchien sind flach. Gerade hat ihm das Kollektiv zwei Kamerunschafe zum Geburtstag geschenkt. Da bleibt selbst dem redegewandten Chef kurz die Sprache weg, denn sein neuestes Baby ist ein Bauernhof im Vorerzgebirge, rund 45 Minuten Autofahrt von der Firmenzentrale ent- fernt. Treu seiner Unternehmensphilosophie „Wir haben das Besondere im Natürlichen gefunden“ erfüllt er sich auf dem Land einen Traum. Ein Seminarzentrum mit Holzbackofen, Kräutergarten, Gemüseanbau und allem, was das Herz eines Eventgastronomen höher schlagen lässt. „Essen ist ein bindendes Element, die Basis für Begegnungen“, glaubt Enk. Und wo könnte er das besser schaffen als an diesem Ort? Als verwandten Geist schätzt Enk den schwäbischen Koch Vincent Klink, der regionale Bio-Bauern und artgerechte Tierhaltung unterstützt. „Meine Vision ist, dass wir zur Regionalität finden“, sagt Dietrich Enk. „Ich finde es schön, dass es jetzt mehr kleinere Betriebe gibt. Ich freue mich über jede private Senfmühle.“ Dabei propagiert Enk mehr als die lokale Küche: „Es geht dabei nicht unbedingt um Leipziger Allerlei oder sächsische Kartoffelsuppe, sondern genauso gut, aus sächsischem Weißkraut ein Kimchi* anzusetzen und internationale Foodtrends umzusetzen.“ ferpartner für die Enk Leipzig GmbH. Schon seit der Eröffnung seines ersten Restaurants ist Enk Kunde bei der Gebietszentrale in Wurzen, die seit 2015 Rauchhaupt GmbH heißt. „Interessant ist für mich vordergründig das Produkt“, betont Enk. Als leidenschaftlicher Unterstützer der Regionalität ist er auch ein Fan der Wurzener Wildspezialitäten, die zum Unternehmen der Familie Rauchhaupt gehören (lesen Sie mehr dazu im Servisa Extrablatt Oktoberfest!). „Qualität ist kein Luxus, sondern die Basis“, den Spruch hat er sich von seinem Lieblingswinzer abgeschaut. Sein Fachberater stand ihm von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite – auch in stürmischen Zeiten. „Von der Versicherung bis hin zu den Mitarbeitern habe ich in den ersten Jahren jeglichen Fehler gemacht, den man machen kann“, gibt Enk zu. Seine Geschichte ist eine Geschichte voller Abenteuer und Chancen, oder wie er es nennt: „Fügung“. „Qualität ist kein Luxus, sondern die Basis“ Mit dem Ende seiner Schulzeit ging es auch mit der DDR zu Ende. Der junge Dietrich unterbrach seine Kochlehre im Gästehaus der Universität, holte das Abitur nach und liebäugelte mit dem ... Neben kleinen, lokalen Produzenten ist der Service-Bund der wichtigste Lie- Kombüse statt Karriere * koreanisches Gericht aus milchsauer vergorenem Gemüse 5 Titelstory Dietrich Enk bespricht sich mit seinem Catering-Küchenchef Andreas Reinke. die Lehre in einem Traditionslokal abschloss – als Stadtbester. Auf eine klassische Kochkarriere hatte er jedoch überhaupt keine Lust. Stattdessen schloss er sich als kochender Marco Polo den Segelcrews auf Traditionssegelschiffen wie der Alexander von Humboldt und der Thor Heyerdahl an und verdingte sich als Smutje von der Ostsee über die Kanarischen Inseln bis nach Guatemala. „Meine Eltern waren bitter enttäuscht, als ich mit dieser Auszeichnung sächsischer Super-Nachwuchskoch auf ein Schiff gegangen bin, wo ich nicht mal Geld verdient habe, sondern mir nur Abenteuer gekauft habe“, erinnert sich Enk an seine etwas anderen Wanderjahre. Plötzlich Gastronom Auf einem seiner Zwischenstopps in Deutschland half er nur mal eben bei einem Autohausfest aus – prompt wurde ihm ein leer stehendes Lokal angeboten. Mit geborgtem Geld von der Ein Ort der Esskultur Aufstieg in die erste Liga Mit dem neuen Standort und dem Locationmanagement hat sich Enk in Leipzig längst etabliert. Die Stadt bietet viele Vorteile: kurze Wege, verhältnismäßig günstige Immobilien und eine überschaubare Konkurrenz im gehobenen Cateringbereich. „Wir können uns hier gut entwickeln, denn die Stadt ist für sehr große Cateringunternehmen noch zu klein“, erklärt Dietrich Enk. Im selben Jahr wie die ENK Leipzig GmbH gründete sich auch Red Bull Leipzig, dessen Profis ab der kommenden Saison in der ersten Fußballbundesliga spielen. Zunächst caterte Enk Vereinsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern, als die „roten Bullen“ noch in der Oberund Regionalliga spielten. 2014 setzte sich Fußballfreund Enk bei einer Aus- Torsten Hempel (l.) leitet das Restaurant „Max Enk“. 6 schreibung gegen große Namen der Branche durch und übernahm die Gastronomie im VIP-Bereich der Red Bull Arena für bis zu 1.500 Personen und die Mitarbeiterverpflegung. In der Küche steht Dietrich Enk beruflich jedoch nur noch selten, das übernehmen inzwischen andere: In der Catering-Produktionsküche regiert Küchenchef Andreas Reinke, im eleganten Max Enk kocht Gastgeber Torsten Hempel, und im Stadion betreut Sven Krieg die Küchenmannschaft. Künste und das Grassimuseum, deren attraktive Flächen Enk für Unternehmensevents nutzte. 2008 eröffnete der Theaterliebhaber am Schauspiel Leipzig dann die szenige Bistro-Bar „PILOT“. Seinen Ruf hatte er sich da längst erarbeitet: begeisterungsfähig, entscheidungsfreudig, mutig und getrieben von ein „bisschen Größenwahn“. So setzte Enk mitten in der Wirtschaftskrise mal wieder alles auf eine Karte und erwarb das Gelände des „Centralpalastes“. Alles, was Catering betrifft, wird hier vor Ort produziert. Für Events kooperiert Enk mit zahlreichen öffentlichen und privaten Stätten, die eine tolle Kulisse bieten. So caterte Enk 2014 auch eine Tagung des Service-Bund im bekannten Panometer Leipzig – und nicht nur die Location begeisterte alle. Fotos: © ENK Leipzig GmbH ... Theater, bevor er seinen Eltern zuliebe Großtante und mehr Begeisterung als Ahnung eröffnete der junge Gastronom das französisch inspirierte „Allée“. Als das Lokal wirtschaftlich schon kurz vor dem Aus stand, öffnete sich eine neue Tür: Eines ruhigen Abends saß ein Amerikaner als einziger Gast im Lokal. Enk servierte ihm übrig gebliebene Schokoladenmousse. Kostenlos, aber nicht umsonst – denn der Gast, wie sich herausstellte, war der Direktor der nahe gelegenen Business School. Am nächsten Tag kam ein Anruf: Ob er nicht auch belegte Brötchen liefern könne, für Meetings und Events! „Das war das beste verschenkte Dessert meines Lebens“, erinnert sich Enk. Sein Cateringbusiness war geboren. Im Laufe der Zeit boten sich weitere Chancen. Von einem Tag auf den anderen übernahm Enk die Mitarbeiterversorgung einer großen Unternehmensberatung. „Nachts habe ich mir ein Taxi genommen, um die Küche anzuschauen, morgens um sechs Uhr stand ich auf dem Großmarkt, und dann ging‘s los mit Businesslunch und Events.“ Ein erfolgreiches Ausflugslokal am beliebten Cospudener See kam hinzu, in dem der heute vierfache Vater jedoch seinen Anspruch an frische Küche nur mit allzu großem Aufwand umsetzen konnte. Enk verkaufte seine Restaurants und entwickelte stattdessen gastronomische Konzepte für das Museum der Bildenden Das Max Enk liegt mitten in der Leipziger Altstadt in einem historischen Messegebäude, über dem Eingang wacht Namensgeber Kaiser Maximilian I., im Flur schmücken traditionelle Geweihe die Decke. Solide, schnörkellos, national und international beschreibt sich die Küche des gehobenen Restaurants, das sogar im Guide Michelin Erwähnung findet. Sterne sind Enk und seinem Geschäftspartner Torsten Hempel jedoch schnuppe. Ihr Restaurant ist ein Ort der Esskultur, ein eleganter Ruhepool, dessen klassisch-moderner Stil durch auffällige Installationen des renommierten Leipziger Künstlers KAESEBERG gebrochen wird. Ein überdimensionales Messer mit Fleischstücken, metallene Stoßzähne und eingeschweißte Kleidung an der Wand verleihen dem Restaurant eine ganz individuelle Note und einen Hauch von jenem Künstlergeist, den Enk verkörpert. Sven Krieg, Küchenchef Red Bull Leipzig Die Focaccia für eine Ausstellungseröffnung bäckt Andreas Reinke selbst. Die nächsten Abenteuer Dietrich Enk und die ENK Leipzig GmbH Trotz allem unternehmerischen Wagemut weiß Dietrich Enk auch Traditionen wie die gute alte weiße Kochjacke zu schätzen. Filialen, Franchising und kurzlebige Trends, das ist nichts für den Selfmade-Unternehmer. Er beschäftigt sich am liebsten mit neuen Projekten und Innovationen. Die nächsten Ideen schwirren schon in Enks Kopf herum, so zahlreich wie die Locken auf seinem Kopf. Ein großes Restaurant, eine neue Eventlocation und natürlich der Bauernhof auf dem Land: Das nächste Abenteuer wartet bestimmt. • Geboren 1973 in Leipzig • Beginn der Lehre 1989 • In den 90er-Jahren: Abitur, Lehre in Leipziger Traditionslokal, Schiffskoch auf Traditionssegelschiffen • 1999: erstes Restaurant „Allée“ • 2005-2013 stereo-Bar in der Hochschule für Grafik und Buchkunst • Seit 2008 Theaterlokal PILOT inkl. Foyergastronomie, Mitarbeiterversorgung • Seit 2009 ENK Leipzig GmbH, Zusammenfassung der Filialbetriebe • Seit 2010 Café Gloria im Bachmuseum Leipzig • Seit 2012 MAX ENK, Restaurant mit Bar mit Städtischen Kaufhaus Leipzig • Seit Juli 2014 Stadioncatering von RB Leipzig im VIP-Bereich • Privat: verheiratet, vier Kinder, Theaterfan www.enk-leipzig.de www.enk-location.de 7
© Copyright 2024 ExpyDoc