Was wusste Matthias Müller?

DE UTSCHLANDS WI RTSCHAFTS- UND FI N A N ZZ E I T U N G
Familien-Fehde
Krisenmanager für Pimco
Eon-Chef mahnt
Oetker-Konzern auf der Suche
nach Führungspersonal. S. 20
Was den neuen Chef Emmanuel Roman bei
der Allianz-Tochter erwartet. S. 28
Johannes Teyssen über Brexit
und die Zukunft Europas. S. 48
G 02531 NR. 139
PREIS 2,80 €
DONNERSTAG, 21. JULI 2016
Kurz notiert
Matthias Müller:
Scharfe Anklage
gegen den
VW-Chef.
Dax
E-Stoxx 50
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2964.39
+1.56%
+1.14%
Dow Jones
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Neuer Anti-Terror-Kurs: Nach
der Würzburger Axt-Attacke
diskutiert die Politik über neue
Anti-Terror-Maßnahmen. Die
Union will schon Sympathiebekundungen für Terrorismus bestrafen. Experten warnen, gegen
Einzeltäter seien die Behörden
„machtlos“. Seite 8
imago/IPON
Belgien 3,50 € Frankreich 3,90 € Großbritannien 3,40 GBP
Luxemburg 3,50 € Niederlande 3,50 € Österreich 3,50 €
Polen 21,50 PLN Schweiz 5,50 CHF Tschechien 130,00 CZK
Ungarn 1200,00 FT
·
·
Streit über die Rente: Während Arbeitsministerin Andrea
Nahles in der Rentenfrage auf
Zeit spielt, hat die IG Metall ein
fertiges Reformkonzept auf den
Tisch gelegt, das die Koalition in
Erklärungsnöte bringen dürfte.
Gewerkschaftsboss
Jörg Hofmann verlangt die Rückabwicklung der
Riester-Reformen.
Seite 10
Was wusste Matthias Müller?
Der VW-Chef ist ins Visier der US-Staatsanwälte geraten. Der Vorwurf: Müller und
andere Topmanager hätten von der Dieselaffäre Kenntnis haben müssen. Volkswagen
hält das für unbegründet – muss aber weitere Milliarden für Rechtsrisiken zurückstellen.
Markus Fasse, Stefan Menzel
München, Düsseldorf
A
merikanische Staatsanwälte sind für ihre
scharfen Anklagen gefürchtet. Anders als in
Deutschland sind sie nicht verpflichtet, Entlastendes gegen Beschuldigte zu sammeln. So liest
sich die 84-seitige Anklageschrift des New Yorker Generalstaatsanwalts Eric Schneiderman gegen Volkswagen wie ein Pamphlet gegen mehrere Manager des
Autokonzerns.
Schneiderman verdächtigt ein Netzwerk von VWManagern, die den Abgasbetrug systematisch betrieben hätten. Eine „reuelose Firmenkultur“ habe das
ermöglicht. Den Ausgang des Betrugs verortet der
Ermittler bei der Tochter Audi. So unterstellt die Anklageschrift, dass bereits im Juli 2006 sowohl der damalige Audi-Chef Martin Winterkorn als auch Matthi-
2,2
MILLIARDEN
Euro an weiteren
Belastungen fallen
bei Volkswagen im
zweiten Quartal an.
Quelle: Unternehmen
as Müller, damals Chef des Produktmanagements,
Kenntnis über die unzureichende Abgasbehandlung
von Audi-Modellen in den USA gehabt hätten. Einen
Beweis für die Anordnung des Audi-Managements,
eine illegale Software zur Täuschung der Behörden
einzubauen, liefert die Klage nicht. VW hält die Vorwürfe gegen Müller für unbegründet.
Neben den neuen Ermittlungen muss VW weitere
Milliardenlasten in den USA verkraften. Konkret geht
es um 2,2 Milliarden Euro, „die im Wesentlichen auf
Nordamerika entfallen“. Dank guter Verkäufe in Europa und China läuft wenigstens das operative Geschäft besser als gedacht. Der Betriebsgewinn stieg
im ersten Halbjahr auf 7,5 Milliarden Euro.
Die Anschuldigungen der US-Staatsanwälte lassen
sich mit diesen Zahlen allerdings kaum aufwiegen.
·
Microsoft übertrifft
die Erwartungen: Das Geschäft
mit dem Cloud-Computing entwickelt sich rasant, wie die
Quartalszahlen von Microsoft
zeigen. Die IT-Dienstleistungen
aus dem Netz sind das Geschäft der Zukunft. Der Konzern
rüstet sich für einen Verteilungswettkampf mit Amazon
und Google. Seite 16
·
Air-Berlin-Teilverkauf elektrisiert Investoren: Um mehr als
20 Prozent ist die Aktie von Air
Berlin am Mittwoch gestiegen.
Das Handelsblatt hatte über
Gedankenspiele von Lufthansa
berichtet, Strecken und Flugzeuge von Air Berlin zu übernehmen. Die Chancen einer
Transaktion werden von den
Beteiligten jedoch unterschiedlich beurteilt. Seite 18
> Titelthema Seiten 4, 5
Erdogan weitet Säuberungen aus
60 000 Staatsdiener entlassen oder festgenommen. Ausreiseverbot für Akademiker.
Zahl der festgenommenen Militärangehörigen ist mit rund 6 000, gemessen an den
insgesamt 640 000 Soldaten, gering. In einigen Bereichen gehen die Dezimierungen
aber an die Substanz. So wurden bisher
ein Drittel aller Generäle und ein Fünftel
der Richterschaft suspendiert. Am Montag
kündigte die Regierung an, auch 21 000
Privatlehrern die Lizenz zu entziehen. Zudem wurde für alle Akademiker ein Ausreiseverbot verhängt, damit mutmaßliche
Mitverschwörer nicht ins Ausland fliehen
könnten, berichteten türkische Medien.
Die Bundesregierung beobachtet die
Vorgänge in der Türkei mit Sorge. „Fast
täglich kommen neue Maßnahmen hinzu,
die einem rechtsstaatlichen Vorgehen widersprechen“, ließ Kanzlerin Angela Merkel durch ihren Regierungssprecher mitteilen. Gerd Höhler
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> Bericht Seiten 6, 7
·
imago/Christian Thiel
E
in solches Großreinemachen gab es
in der Türkei zuletzt beim Putsch der
Generäle 1980. Damals ließen die Militärs Zehntausende Zivilisten festnehmen.
Jetzt finden die „Säuberungen“ unter umgekehrtem Vorzeichen statt: Rund 60 000
Staatsdiener hat Präsident Recep Tayyip Erdogan seit dem gescheiterten Putsch bereits
suspendieren oder festnehmen lassen.
Das sind zwar nur knapp zwei Prozent
der drei Millionen Beamten, und auch die
Bankenrettung auf italienisch: Eine teilstaatliche Stützung soll die Krisenbank Monte
dei Paschi retten. Faule Kredite
des Instituts sollen verkauft
werden, und ein Rettungsfonds
soll Geld geben. Die Details entscheiden, ob die EU-Kommission einverstanden sein wird.
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