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SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Wissen
Gold aus dem Weltraum?
Der amerikanische Traum vom Bergbau im All
Von Jan Bösche
Sendung: Mittwoch, 20. Juli 2016, 08.30 Uhr
Redaktion: Sonja Striegl
Regie: Autorenproduktion
Produktion: SWR 2016
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MANUSKRIPT
TON 1 – Werbevideo (mit Übersetzung):
Unser kleiner Planet befindet sich in einem riesigen Meer aus Rohstoffen. Dazu
gehören Millionen Asteroiden, gebadet in der kostenlosen Energie der Sonne, 24
Stunden am Tag. Die gleichen Gesteinsbrocken, die aus unserem Himmel fallen
können, haben gleichzeitig alles, was wir jemals brauchen könnten. Da draußen und
hier unten. Es ist an der Zeit, dass jemand die Chance ergreift: Deep Space
Industries.
TON 2 – Stephan Hobe:
Wollen wir eigentlich den Weltraum und seine Ressourcen anrühren? Für den
Weltraum ist diese im Schwerpunkt umweltrechtliche und umweltpolitische Frage
noch gar nicht gestellt worden. Und schon deshalb bin ich so skeptisch gegenüber
allen unilateralen Versuchen, hier vollendete Tatsachen zu schaffen.
TON 3 – John Lewis (mit Übersetzung):
Auf viele Weisen ist es ähnlich dem, was wir im Westen der USA gesehen haben.
Rechtliche Fragen, der Zugang zu Rohstoffen mit erheblichem Wert, neue
Technologien – es gibt viele Parallelen zwischen heute und dem Goldrausch von
1849.
ANSAGE:
„Gold aus dem Weltraum? – Der amerikanische Traum vom Bergbau im All“.
Eine Sendung von Jan Bösche.
Autor:
Für lange Zeit war das Science Fiction, eine Idee für Romane und Filme: Bergbau im
All. Asteroiden, ferne Planeten, voll mit Gold und Edelmetallen; Weltraum-Cowboys,
die auf gefährlichen Missionen diese Schätze bergen und zur Erde bringen.
ATMO 1: Film Outland
Autor:
Im Film „Outland“ von 1981 sorgt Sean Connery als Sheriff für Ordnung – in einer
Bergbau-Kolonie auf dem Jupiter-Mond Io. 2008 beschrieb der Film „Moon“, wie ein
Bergarbeiter auf dem Mond eine Roboter-Armee dirigiert, die das energiereiche
„Helium-3“ abbaut. Allein, im Gespräch nur mit einem Roboter:
ATMO 2: „Hey Gerty, Gerty wir müssen...“ „Guten Morgen, Sam.“ „Wir haben eine
Transport-Hülse fertig. Ich geh' mal raus und fang' sie ein!“ „Ok, Sam.“
Autor:
Ein Mensch im All, der mit Computern redet und Roboter beaufsichtigt. Fiktion? Nicht
mehr lange, prophezeit John Lewis:
TON 4 – John Lewis (mit Übersetzung):
Ich glaube, dass Menschen gebraucht werden, wenn auch nur für Wartung und
Inspektion der Ausrüstung. Ein Großteil der Arbeit, und besonders die gefährliche
2
Arbeit, wird von Robotern erledigt. Die Menschen beaufsichtigen mehr, als dass sie
körperlich arbeiten.
Autor:
Lewis hat eine lange Karriere in der Weltraum-Forschung hinter sich: Er ist
emeritierter Professor an der Universität von Arizona, hat unter anderem am
Massachusetts Institut of Technology gelehrt, zahlreiche Bücher geschrieben. Jetzt
arbeitet er für „Deep Space Industries“, eines der Unternehmen, die Bergbau im All
betreiben wollen – und er träumt einen uramerikanischen Traum:
TON 5 – John Lewis (mit Übersetzung):
Danach suchen wir: Technologien, die es Leuten ermöglichen, in einer neuen
Umgebung zuhause zu sein, in der wesentlich mehr Rohstoffe zur Verfügung stehen
als vorher. Ich sehe meine Rolle darin, genau dasselbe zu tun für das All, was meine
Vorfahren hier taten, als sie Amerika komfortabel machten für europäische
Auswanderer.
Autor:
Nach Lewis‘ Berechnungen reichen allein die Asteroiden in der Nähe der Erde aus,
um 10 Milliarden Menschen mit Rohstoffen zu versorgen – weit mehr, als die Erde
könnte. Man könne das Material zur Erde holen, man könne es aber auch im All
nutzen.
Wenn man den Raum rund um die Erde verlässt – also am Mond vorbeifliegt und
weiter in unser Sonnensystem, dann ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. Denn
die meisten bekannten Asteroiden bilden einen Gürtel zwischen Mars und Jupiter.
Hier sieht Lewis, den „Wilden Westen der Zukunft“:
TON 6 – John Lewis (mit Übersetzung):
Der gesamte Asteroidengürtel besteht zu einem Drittel aus baufähigen Metallen.
Außerdem gibt es unbeständige Materialien wie Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickoxide
und so weiter. Sie könnten genutzt werden, um künstliche Biosphären zu schaffen,
mit Wasser, Kohlenstoffdioxiden – alle Nährstoffe, die Pflanzen und Tiere brauchen.
ATMO 3: Werbevideo
Autor:
Die Werbevideos von „Deep Space Industries“ zeigen bereits das: Bergbau-Roboter,
die an Asteroiden andocken, die Rohstoffe abbauen, verarbeiten, und gleich in
großen 3D-Druckern zu Bauteilen machen, aus denen kreisrunde Raumstrukturen
gebaut werden. Die neue Heimat der Menschheit: Eine Raumstation im
Asteroidengürtel.
ATMO 3: Werbevideo
Autor:
Die Macher räumen ein, dass sie davon noch lange entfernt sind. Aber die
technischen Grundlagen dafür sind da – und sie wollen anfangen, sie zu nutzen.
MUSIK
3
Autor:
Alle Phantasien basieren auf der Annahme, dass es da draußen im All ein wahres
Rohstoff-Paradies gibt. Helium-3 auf dem Mond, Gold und Platin, Nickel, Eisen oder
Kobalt auf Asteroiden. Die Zahl der bekannten Asteroiden geht in die
hunderttausende. Nur wenige sind größer als 100 Kilometer im Durchmesser.
Entscheidend ist ihre Zusammensetzung, erklärt John Lewis, der ChefWissenschaftler von „Deep Space Industries“ ist.
TON 7 – John Lewis (mit Übersetzung):
Die Asteroiden in Erdnähe sind zu 30 Prozent aus Metallen: Eisen, Nickel, Kobalt,
Gold, Platin-Metalle. Die Konzentration an wertvollen Metallen ist in den Asteroiden
sehr viel höher als überall auf der Erdoberfläche.
Autor:
Natürlich haben die Forscher auch den Mond im Blick. Dort vermuten sie Helium-3,
ein Gas, das auf der Erde sehr selten ist. Helium-3 ist ein idealer Brennstoff für
Kernreaktoren. Schätzungen gehen von einer Million Tonnen Helium-3 auf der
Mondoberfläche aus. Nur 40 Tonnen würden ausreichen, um den Energiebedarf der
USA für ein Jahr zu decken. Eine äußerst vielversprechende Energiequelle also.
Metalle dagegen sind auf dem Mond nicht so viel versprechend, meint zumindest
Asteroiden-Forscher Lewis. Die Vorkommen, die es dort gebe, stammten von
Asteroiden, die mit dem Mond kollidiert seien:
TON 8 – John Lewis (mit Übersetzung):
Aus meiner Sicht ist der Mond ein schlechter Ort für die Suche. Es gibt den alten
Witz: Ein Mann sieht einen anderen Mann, der unter einer Straßenlaterne etwas
sucht. Er fragt: „Wonach suchen sie?“ Die Antwort: „Ich habe meine Uhr verloren.“
„Wo denn?“ „Oh, das weiß ich nicht. Ich suche hier unter der Laterne, weil es hier
einfacher ist.“ Das ist die Rolle des Mondes: Er ist bequem zu erreichen, der erste
Ort für die Suche; aber wahrscheinlich der letzte, an dem man etwas Wertvolles
findet.
Autor:
Außerdem ein Nachteil von Bergwerken auf dem Mond: Der Mond hat ein
Gravitations-Feld, zwar nicht so stark wie die Erde, aber doch merklich spürbar.
Jeder Raumfrachter mit Gestein an Bord bräuchte einen extra starken Antrieb, um
diese Schwerkraft zu überwinden. Die Anziehungskraft von Asteroiden ist dagegen
zu vernachlässigen, die Rohstoffe sind problemlos zu finden, sagt Lewis:
TON 9 – John Lewis (mit Übersetzung):
Alles, was man tun muss, ist: auf dem Asteroiden landen. Mit einem Magneten kann
man dann selektiv Metalle aufsammeln. Man muss auf einem Asteroiden also
wahrscheinlich gar nicht tief graben. Wenn man an hundert Stellen des Asteroiden
Proben nimmt, werden sie alle identisch sein.
Autor:
Also, hinfliegen, landen, einsammeln, zurückbringen. Klingt einfach, ist aber ziemlich
schwer.
4
MUSIK
Autor:
Im Jahr 2001 ist es zum ersten Mal gelungen, überhaupt auf einem Asteroiden zu
landen. Die NASA-Sonde „NEAR Shoemaker“ hatte den erdnahen Asteroiden 433
Eros ein Jahr lang umkreist, um Daten zu sammeln. Dann entschieden die Forscher,
auf dem Asteroiden zu landen, von wo aus die Sonde zwei Wochen lang weiter
Daten schickte.
ATMO 4: Start Ariane / Rosetta
Autor:
2004 dann startete die europäische Raumfahrtagentur ESA „Rosetta“. Die Sonde
machte sich auf den Weg zu dem erdfernen Kometen 67P. Mit an Bord war das
Landemodul „Philae“. „Philae“ war extra konstruiert, um auf einem Objekt zu landen,
das vergleichbar ist mit einem Asteroiden. Im November 2014 kam Philae aber schief
auf, konnte sich nicht richtig verankern und sendete nur unregelmäßig Daten.
In diesem Jahr schließlich, 2016, startet die NASA ihre Mission „OSIRIS-Rex“. Sie
soll zu einem Asteroiden fliegen, landen, Proben nehmen und sie wieder
zurückbringen. Kosten: 800 Millionen Dollar für gerade einmal zwei Kilo Material.
Das ist die teure Realität der wissenschaftlichen Asteroiden-Forschung. Die privaten
Asteroiden-Jäger verweisen lieber darauf, welche neue Dynamik es in der
Raumfahrt-Branche gibt:
ATMO 5: Start SpaceX / Falcon9
Autor:
Unternehmen wie SpaceX arbeiten daran, Raketenstarts günstiger und einfacher zu
machen. SpaceX ist besonders erfolgreich. Das Unternehmen mit Sitz in Kalifornien
bringt Satelliten ins All und Fracht zur internationalen Raumstation ISS – zu einem
Bruchteil der bisherigen Kosten. SpaceX-Gründer Elon Musk macht ein Geschäft
daraus, das Weltall erreichbar zu machen. Gleichzeitig hat er große Ziele für die
Menschheit:
TON 10 – Elon Musk (mit Übersetzung):
„Eine Multi-Planeten-Art“ – das wollen wir werden. Nicht eine Art, die von Planet zu
Planet zieht, sondern es geht darum, Zivilisationen und Leben zu erweitern, in den
Rest des Sonnensystems und darüber hinaus.
Autor:
Während die NASA irgendwann nach dem Jahr 2030 Menschen zum Mars fliegen
will, will Musk schon ab 2018 regelmäßige Frachtflüge dorthin starten. Die ersten
Menschen könnten laut seinen Plänen schon 2024 an Bord eines Marsfluges sein.
Die privaten Raumfahrer machen sich die Kostenvorteile zu Nutze, die wir
Verbraucher auch erleben, wenn wir Handys oder Computer kaufen: Es gibt immer
mehr Leistung in immer kleineren Geräten für immer weniger Geld.
5
Das Unternehmen „Moon Express“ plant zum Beispiel eine Erkundungs-Mission zum
Mond. Die geschätzten Kosten dafür haben sich innerhalb von 6 Jahren halbiert.
Allerdings hat Moon Express den Mond noch nicht erreicht. Und SpaceX beweist
zwar, dass es Raketen starten kann, aber zum Mars ist das Unternehmen auch noch
nicht geflogen. Die Unternehmen, die im Weltall Bergbau betreiben wollen, haben
noch nicht ein Gramm abgebaut. Aber: Sie haben einen Plan. Und der erste
Rohstoff, den sie abbauen wollen, klingt überhaupt nicht wertvoll: Wasser.
ATMO 6: Wasser / MUSIK
TON 11 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Es klingt wie eine Phantasie, aber die Gründe, es zu tun, finden sich wirklich hier auf
der Erde.
Autor:
Peter Marquez hat die Aufgabe, diese Gründe für die Suche nach Rohstoffen im All
unter die Leute zu bringen. Er ist Vizepräsident des Unternehmens „Planetary
Resources“, des älteren und größeren Unternehmens für Bergbau im All – neben
Deep Space Industries.
Das Unternehmen gibt es seit 2009. Chef Chris Lewicki hat früher für die NASA
gearbeitet und Mars-Missionen mit organisiert. Das Unternehmen wird finanziert von
Internet-Größen wie den Google-Mitbegründern Eric Schmidt und Larry Page oder
Richard Branson, dem Gründer von Virgin. Sie haben erklärtermaßen einen langen
Atem und wollen nicht sofort Rendite sehen.
Der Plan von Planetary Resources ähnelt dem von Mitbewerber „Deep Space
Industries“. Dieses Unternehmen wurde erst 2012 gegründet. Die Gründer
sammelten Geld bei Freunden und Verwandten ein, um zu starten.
Beide Unternehmen wollen das Geschäft mit einem Rohstoff beginnen, der bei uns
auf der Erde im Überfluss zu haben ist: Wasser. Sie wollen es von Asteroiden holen
und verkaufen.
Peter Marquez erklärt, warum:
TON 12 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Wasser ist im All sehr wichtig. Wasser von der Erde ins All zu bringen ist
außerordentlich teuer. Rund 10-tausend Dollar für einen knappen halben Liter – eine
Dose Cola. Wenn wir Wasser im All haben können, müssen wir es nicht von der Erde
hochbringen. Es gibt Wasser für Astronauten zum Trinken; Wasser, das aufgespalten
werden kann in Wasserstoff und Flüssigsauerstoff, das ist Raketentreibstoff.
Autor:
Mögliche Kunden sind die NASA und andere Raketen-Betreiber. Die Idee: Eine
Tankstelle im Weltall, an der Vorräte aufgefüllt werden, die dann nicht für teures Geld
ins All gebracht werden müssen.
In einem zweiten Schritt könnten dann Metalle abgebaut werden:
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TON 13 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Nickel, Eisen, Kobalt – auf Asteroiden gibt es Stahl in Fabrik-Qualität. Anstelle
schweres, empfindliches Equipment von der Erde hoch zubringen, kann man es im
All bauen. Im Januar zeigten wir ein Objekt, 3D-gedruckt, aus einem Meteoriden,
also einem Asteroiden, der auf die Erde gefallen ist. Wir haben bewiesen, dass wir
das können.
Autor:
Metalle aus Asteroiden könnten genutzt werden, um im All Module für Raumschiffe
zu bauen, oder besser: Mit 3D-Druckern zu drucken. Der Vorteil: Solche Module
müssen nicht den enormen Kräften standhalten, die beim Start von der Erde
entstehen – darum können sie weniger aufwändig gebaut werden.
Schritt 3 wäre schließlich der Schritt, edle Metalle zur Erde zu holen, Gold, aber vor
allem Platin:
TON 14 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Platinmetalle sind seltener als die so genannten „seltenen Erden“. Es gibt
unglaublich viel Platinmetall da oben. Man nimmt einen Asteroiden, reich an Platin,
100 Meter lang, er hat mehr Platin in sich als jemals auf der Erde gewonnen wurde.
Und das ist nur einer. Wir sprechen über einen Rohstoff, der gebraucht wird für
Katalysatoren, Krebs-Therapien, Medizin-Technik, Mobiltelefone.
Autor:
Die Unternehmen haben einen Plan. Sie sind sich sicher, die Technik bald entwickelt
zu haben, um diesen Plan auch umzusetzen. Sie sind bereit, die ersten Asteroiden in
Angriff zu nehmen. Aber: Dürfen sie das überhaupt?
MUSIK
Autor:
Der Weltraum – unendliche Weiten. Aber keinesfalls ein rechtsfreier Raum.
Stephan Hobe ist Professor an der Universität in Köln, der Direktor des dortigen
Instituts für Luft- und Weltraumrecht.
TON 15 – Stephan Hobe:
Es gibt insgesamt fünf völkerrechtliche Verträge, also Verträge, die Staaten
abgeschlossen haben. Und zwar ab 1967 bis 1979 – in diesem Zeitrahmen wurde
etwa der Weltraumvertrag abgeschlossen, ein Weltraum-Rettungsabkommen
abgeschlossen, ein Weltraum-Haftungsabkommen abgeschlossen, ein WeltraumRegistrierungsabkommen und schließlich ein Mondabkommen.
Autor:
In der Zeit, in der sich USA und UdSSR ein Wettrennen im All lieferten, jeder Satellit,
jeder Raketenstart als Beispiel der eigenen Überlegenheit gefeiert wurde – in dieser
Zeit waren die beiden Seiten in der Lage, gemeinsame Verträge für den Weltraum zu
verhandeln und zu beschließen. Der erste war der grundlegendste, der
Weltraumvertrag von 1967.
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TON 16 – Stephan Hobe:
Sie hatten das gemeinsame Interesse als damals einzige Weltraum-Mächte ihre
militärische Nutzung des Weltraums sozusagen zu legalisieren. Das zu tun und das
haben sie im Weltraum-Vertrag etwa im Artikel 4 gemacht, der ihnen die beschränkte
Möglichkeit der militärischen Nutzung des Weltraums ermöglichte. Darüber hinaus
sind sehr viele weitere Prinzipien in diesem Weltraumvertrag festgeschrieben
worden, u. a. eben auch ein Prinzip, welches sich mit der Nutzung des Weltraums
beschäftigt.
Autor:
Im Weltraumvertrag wird der Weltraum zu einem „Staatengemeinschaftsraum“
gemacht – das heißt, er gehört der ganzen Menschheit und kann von keinem Staat
allein in Anspruch genommen werden. Allerdings – der entscheidende Artikel ist
durchaus mehrdeutig, sagt Hobe:
TON 17 – Stephan Hobe:
Alldieweil man auch damals noch nicht so genau wusste, was man eigentlich wollte.
Man wollte jedenfalls, so wird man aus den Motiven erkennen können, verhindern,
dass ein Staat voran geht und entsprechend alle interessanten Nutzungen an sich
ziehen kann. Sondern die Nutzung des Weltraums sollte zum Nutzen der ganzen
Menschheit sich vollziehen.
Autor:
Damit waren die Verhältnisse geregelt – und die beiden Weltraummächte fuhren gut
damit, so lange Raumfahrt eine Sache der Staaten war, und nicht von
Privatunternehmen. Wie regelt der Weltraumvertrag aber das Geschäft mit
Rohstoffen?
TON 18 – Stephan Hobe:
Es ist sozusagen wie in der Juristerei häufiger – umstritten. Es gibt eine Meinung, die
sagt, es ist auch nach dem Weltraumvertrag verboten, eine andere Meinung sagt, es
ist jedenfalls nicht so deutlich verboten, dass man es als Verbot ansehen könnte, so
dass man noch von einer Erlaubnis ausgehen müsste.
Autor:
12 Jahre nach dem Weltraumvertrag gab es einen Anlauf, diese Frage konkreter zu
beantworten: Im so genannten „Mondvertrag“ von 1979.
TON 19 – Stephan Hobe:
Der würde uns deutlich weiterhelfen. Denn der Mondvertrag macht nach relativ
unbestrittener Auffassung eine relativ klare Aussage: Er verbietet einstweilen die
Nutzung von Ressourcen der Himmelskörper – so heißt es dort – unter denen eben
auch Asteroiden zu zählen wären, bis es ein internationales Nutzungs-Regime gibt.
So lange wird im Wege eines Moratoriums hier die Nutzung ausgeschlossen.
Autor:
Diesen Vertrag haben die USA jedoch nicht unterschrieben, darum fühlen sie sich an
das Moratorium nicht gebunden. So entstand eine rechtliche Grauzone –und der
Kongress war entschlossen, diese Grauzone auszunutzen. Parteiübergreifend – und
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mit einer Geschwindigkeit, die für den politischen Betrieb in den USA eher
ungewöhnlich ist.
MUSIK
Autor:
Die Branche drängte darauf, Rechtssicherheit zu bekommen. Planetary Resources
heuerte 2013 sogar eine Lobby-Firma an, um im US-Kongress Druck zu machen –
mit Erfolg.
Ein Jahr später brachten zwei Abgeordnete einen Gesetzes-Entwurf ins
Repräsentantenhaus ein, der Republikaner Bill Posey und der Demokrat Derek
Kilmer. Der Name: Asteroid-Gesetz. Eine seltene Zusammenarbeit im Kongress, in
dem sich die beiden Parteien sonst immer belauern und blockieren.
ATMO 7: Beginn Anhörung
Autor:
Am 10. September 2014 war es soweit: Der zuständige Unterausschuss für
Weltraum hatte Zeugen geladen, um das Gesetz auf Herz und Nieren zu prüfen.
Einer der Zeugen: Mark Sykes, Direktor des „Planetary Science Institute“ in Arizona.
Er stellte sich den Fragen der Abgeordneten.
TON 20 – Collage Hall / Sykes / Bell (mit Übersetzung):
Die erste Frage ist: Wie weit sind die Asteroiden entfernt und wie lange würde es
dauern, einen der Asteroiden zu erreichen, schätzungsweise?
Im Sonnensystem sind Asteroiden am einfachsten zu erreichen. Wir schwimmen in
einer Wolke aus erdnahen Objekten. (...) Man braucht weniger Treibstoff, um sie zu
erreichen – nicht alle – ich rede über einen Teil davon. (...) Sie bieten eine große
Bandbriete von Möglichkeiten zum einfachen Erreichen.
Autor:
Die entscheidende Frage in der Anhörung war: Wie kann die Politik den
Unternehmen helfen, die genau das machen wollen: Rohstoffe im All abbauen. Der
Demokrat Derek Kilmer, der den Gesetzesentwurf mit erarbeitet hatte, fragte Sykes
eher rhetorisch:
TON 21 – Collage Kilmer / Sykes (mit Übersetzung):
Meine Beobachtung ist: Unternehmen wollen vom Staat Vertrauen und
Berechenbarkeit. Ist es bedeutend, dass man einige Regeln schafft, während
Unternehmen überlegen, Asteroiden zu diesem Zweck auszuwerten? (...)
Ich würde sagen, Rechtssicherheit, wenn man da rausgeht und Material von einem
Asteroiden holt, ist für ein privates Unternehmen sehr wichtig. Irgendwann muss der
Rahmen geschaffen werden, um privaten Unternehmen die Sicherheit zu geben,
dass wenn sie investieren, das Material holen, dass niemand kommt und sagt:
Danke, und ihnen das Material wegnimmt.
9
Autor:
Diese Rechtssicherheit sollte das Asteroiden-Gesetz schaffen, indem es den
Unternehmen verbot, einen Asteroiden in Besitz zu nehmen, aber erlaubte, Bergbau
zu betreiben und das gewonnene Material auch zu behalten.
Mit am Zeugentisch saß Joanne Gabrynowicz. Sie ist Professorin für Weltraumrecht
an der Universität von Mississippi. Sie zeigte sich skeptisch, ob der Gesetzentwurf zu
den internationalen Verpflichtungen der USA passt:
TON 22 – Joanne Gabrynowicz (mit Übersetzung):
Ein Gedanke, der mir in den Sinn kommt: Wenn wir darüber reden, eine Industrie
voranzubringen, ob es wirklich eine Industrie ist oder nicht doch einzelne
Unternehmen? Im Gesetz-Entwurf ist von „schädlichen Störungen“ die Rede, in
Bezug auf Unternehmen A und B. Wenn Unternehmen A etwas tut, wird es geschützt
vor schädlichen Störungen durch Unternehmen B. Der Begriff „Schädliche
Störungen“ ist in internationalen Verträgen nie in diesem Sinne benutzt worden. Das
ist eine völlig neue Verwendung des Fachbegriffs und das fördert den Gedanken, wir
reden nicht über die Interessen einer Industrie, sondern einzelner Unternehmen.
Autor:
Die Professorin kritisierte, dass das Gesetz sehr vage formuliert sei und Begriffe in
neuen Zusammenhängen nutze. Das Gesetz brauche Grundlagen-Arbeit, politisch,
begrifflich – ansonsten könne es verfrüht sein.
Eine Einschätzung, die dem anderen Autor des Entwurfes, dem Republikaner Bill
Posey, natürlich nicht gefiel:
TON 23 – Bill Posey (mit Übersetzung):
Wenn wir Jahre warten, bevor wir das Thema angehen, wird das Geschäft woanders
hingehen, und ich garantiere ihnen, die Russen oder die Chinesen werden dem Rest
der Welt nicht die bedachte Betrachtung einräumen, die manche Leute erwarten.
Autor:
Diese Sichtweise setzte sich durch: Amerikanische Unternehmen sind bereit, neue
Rohstoffe zu erschließen, ein neues Abenteuer zu beginnen – warum sie aufhalten,
wegen vager und mehrdeutiger internationaler Verträge? Das Asteroiden-Gesetz
floss ein in eine Sammlung mehrerer neuer Regeln für die Private Raumfahrt, das
neue Gesetz wurde vom Repräsentantenhaus und vom Senat beschlossen. Im
vergangenen November unterschrieb Präsident Obama schließlich den „Space-Act“,
das „Weltraum-Gesetz“.
MUSIK
Autor:
Wie vorhergesagt: Der amerikanische Alleingang brachte international Ärger.
Weltraum-Rechtsexperte Stephan Hobe:
TON 24 – Stephan Hobe:
In meinen Augen zielt dieses Gesetz darauf, jetzt die Abenteurerlust der Pioniere zu
wecken, hier entsprechende Investitionen freizusetzen, das ist der ziemlich
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unverhohlene Hintergrund der ganzen Sache, und das ist als solches ja mal
zunächst auch vielleicht gar nicht so verkehrt. Es dürfen jedenfalls aber aus diesem
Gesetz dann nach meiner Auffassung keine konkreten Taten im Sinne von
konkretem Ressourcen-Abbau erfolgen, sondern da muss gewartet werden, bis es
ein internationales Rechts-Regime gibt.
Autor:
Ein Rechts-Ausschuss bei den Vereinten Nationen entschied, zunächst grundlegend
zu definieren, was es bedeutet, wenn man den Weltraum nutzen und ausbeuten will.
Klingt langwierig – und das ist es auch.
TON 25 – Stephan Hobe:
Die Vereinten Nationen, in denen das meiste Weltraumrecht gesetzt wird heute,
haben nicht wirklich einen guten und funktionierenden Rechtsfortbildungsapparat.
Der beste Beleg dafür ist die Tatsache, dass wir seit 1979, also seit über 30 Jahren
es nicht fertig bekommen haben, die Staaten es nicht fertig bekommen haben, sich
auf einen internationalen Vertrag zu einigen. Ich sehe das mit ganz großer Sorge, ich
sehe das aber auch deshalb mit Sorge, weil es eben viele Staaten, insbesondere die
großen Weltraumstaaten gibt, die ganz bewusst multilaterale Rechtssetzung als
subsidiär ansehen, und alles dafür tun, dass es nicht wirklich zu multilateraler
Rechtssetzung nach dem Typ der fünf großen Weltraumverträge kommt.
MUSIK
Autor:
Was kommt zuerst: Der Bergbau auf dem Asteroiden oder das nötige internationale
Abkommen? Das hängt vor allem davon ab, wie schnell die Bergbau-Firmen ihre
wunderbaren Animationen in die Wirklichkeit umsetzen können. Die Zeitangaben
sind schwammig, teilweise schon überholt.
„Deep Space Industries“ hat bisher noch kein Gerät im All gehabt – als Starttermin
für die erste Mini-Sonde wird jetzt 2017 genannt.
Planetary Resources startete im vergangenen Jahr die erste Test-Sonde, die von der
Internationalen Raumstation ins All gelassen wurde. Die nächste Testsonde ist
bereits fertig und wartet darauf, dass der private Raketen-Betreiber SpaceX Platz hat
bei einem der nächsten Starts. Vize-Präsident Peter Marquez sagt:
TON 26 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Unser Plan: 2020 die erste Begegnung mit einem Asteroiden, den vermessen wir
dann und finden heraus, was darauf ist. Innerhalb von zehn Jahren fangen wir dann
an, die Rohstoffe abzubauen.
Autor:
Die modernen Goldgräber haben für ihren Traum vom Reichtum aus dem All auch
schon einen Interessenten aus Europa gefunden: Luxemburg.
Das Land will zu einem Zentrum des Bergbaus im All werden und ist bereit, dafür
Kredite zu geben: 225 Millionen Euro. Sowohl Deep Space Industries als auch
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Planetary Resources lassen sich im Gegenzug in Luxemburg nieder, erklärt Peter
Marquez:
TON 27 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Wir bekommen großartige Unterstützung, politisch und finanziell. Außerdem haben
wir auf diese Weise Zugang zu brillanten Ingenieuren in Europa, die wir wegen den
US-Regeln nicht so einfach hier anstellen können. In Luxemburg haben wir Zugang
zu all dem. Wir werden so viele Luxemburger wie möglich anstellen, wir werden
Leute aus Frankreich und Deutschland und woanders her holen, um in Luxemburg
für uns zu arbeiten.
Autor:
In den nächsten drei Jahren soll die Filiale in Luxemburg genau so groß sein wie die
Firmenzentrale in den USA. Hier sollen bis dahin 60 Leute arbeiten.
MUSIK-Bett: Star Trek Theme
Autor:
Kleine Unternehmen, mit willigen Investoren und hilfsbereiten Regierungen
versprechen eine großartige Zukunft. Der technische Fortschritt und die rasante
Entwicklung der privaten Raumfahrt-Industrie lassen ihre Visionen vom Bergbau im
All plausibel erscheinen. Aber es ist noch völlig unklar, wann wir mit einem privaten
Raumschiff zu einer künstlichen Welt irgendwo im All fliegen können, die mit
Rohstoffen von Asteroiden erbaut und betrieben wird. Es klingt nach Science Fiction,
aber Macher wie Peter Marquez von Planetary Resources versprechen nicht
weniger, als diese Science Fiction Wirklichkeit werden zu lassen:
TON 28 – Peter Marquez (mit Übersetzung):
Das erste Raumschiff in der Art der "Enterprise" wird im All gebaut, mit Material aus
dem All. Wir kennen aus den Fernseh-Serien die futuristischen Werften im All. Es ist
ein langer Weg, und man kann es sich schwer vorstellen, und es wird klein anfangen.
Zum Beispiel mit Antennen oder kleinen Strukturen, gebaut im All. Es ist der Beginn
eines langen Weges zu dem, was man in den TV-Serien sieht.
MUSIK-Bett: Star Trek Theme (Aufblende)
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