Schweizermeisterschaften - Silbermedaille für Jonas Raess

Schweizermeisterschaften - Silbermedaille für Jonas Raess
Autor:
Gian Marco Meier
Fotos:
Gian Marco Meier und diverse / athletix.ch
Dass Freud und Leid manchmal sehr nahe beieinander liegen, zeigte sich an
den Schweizermeisterschaften in Genf einmal mehr sehr deutlich. Alexandra
Bosshard verpasste die Medaille über 800m nur knapp, dafür gewann Jonas
Raess kurz danach und mit einem sensationellen Schlussspurt die Silbermedaille über 1500m.
Mit einer rekordverdächtig grossen Delegation reiste der LC Regensdorf an die diesjährigen Schweizermeisterschaften nach Genf. Obwohl Michèle Wieland am Samstagmorgen krankheitshalber auf ihren ersten Start an den Aktivmeisterschaften verzichten musste, vertrat das Runningteam mit 8 AthletenInnen fast alle Mittel- und
Langstreckendisziplinen. Erfreulicherweise erreichte mit Alexander Heid endlich auch
wieder einmal ein Werfer des LCR die Limite für die nationalen Meisterschaften.
Samstag:
400m Frauen Vorlauf: Die erst 15Jährige Michelle Gröbli starte an ihren
ersten Meisterschaften bei den „Grossen“ über 400m. Eine leichte Verletzung im Frühlingstrainingslager hinderte Michelle während einigen Wochen
an regelmässigen Schnelligkeits- und
Intervalltrainings auf der Bahn. Doch
diese Probleme sind glücklicherweise
überstanden und die Formkurve von
Michelle ist wieder am Steigen. Mit
sehr schnellen ersten 200m lief Michelle in ihren Vorlauf an der Spitze mit. Dass sie
einen für die direkte Finalquali notwendigen ersten oder zweiten Rang belegen konnte, war anhand der Saisonbestenliste und Serieneinteilung ausgeschlossen. Aber mit
einer äusserst schnellen Zeit bestand noch eine kleine Hoffnung. Die Chancen waren
bei der 300m-Marke, welche sie in 41“3 Sekunden passierte noch intakt, wurden
durch den Hammermann auf den letzten Metern aber leider zunichte gemacht. Mit
der Zeit von 58“86 klassierte sich Michelle auf dem ausgezeichneten 3. VL-Rang,
blieb weniger als eine Sekunde über ihrer PB und klassierte sich als mit Abstand
jüngste Athletin über 400m auf
dem ausgezeichneten 10. Rang.
Ein sehr gelungener erster Auftritt
an den Aktivmeisterschaften.
400m Männer VL: Samuel Jost
musste in diesem Jahr nicht optimal vorbereitet an den Start gehen. Die Belastungen im Studium
beanspruchten ihn mehr, als dies
fürs Training optimal war. Bereits
im Training zeigte sich deutlich,
dass ihm der notwendige Speed für eine Zeit unter 50“ fehlt. So galt es auch für Sämi, ohne realistische Finalchancen zu starten und dabei die eigene Saisonbestzeit
anzugreifen. Mit einer Zeit von 51“34 gelang ihm dies. Jetzt gilt es bis im September
die etwas verloren gegangene Schnelligkeit und Stehvermögen zurückzugewinnen,
damit Sämi an den Staffelmeisterschaften in alter Form an den Start stehen kann.
800m Frauen VL: Im 1. Vorlauf über 800m startete Alexandra Bosshard als klare Favoritin. Sehr kontrolliert gewann sie ihren Vorlauf in einer Zeit von 2‘14“00 und qualifizierte sich für den Final.
5000m Frauen Final: Arlette MeierHunger startete an ihren 22igsten
Schweizermeisterschaften wie bereits
im letzten Jahr über 5000m. Mitten in
ihrer Marathonvorbereitung für Berlin
sind ihre Ausdauerwerte gut wie noch
nie, doch dass sie die schnellen Bahntrainings in letzter Zeit zu Gunsten der
Marathontrainings vernachlässigte, war
allen bewusst. Bei sehr warmen Temperaturen lief Arlette lange mit regelmässigen Rundenzeiten auf PB-Kurs. Erst nach ca. 3km verlor sie den Anschluss an die
Verfolgergruppe und kämpfe nicht nur gegen die müden Beine, sondern auch gegen
die Hitze. Mit 18‘03“22 klassierte sich Arlette trotzdem noch als 7. Schweizerin unter
16 Teilnehmerinnen.
400m Hürden Frauen VL: Zum ersten
Mal seit über 20 Jahren, vertrag eine
Athletin über 400m Hürden die Farben
des LCR an den nationalen Meisterschaften. Leana Wanner schaffte die
Limite bereits im 2. Jahr, in welchem Sie
sich über diese Distanz wagt. Für Leana
galt es in erster Linie, Erfahrungen zu
sammeln. Bei den ersten beiden Hürden
konnte Sie ihren gewohnten Rhythmus
laufen, danach folgten aber drei Hürden,
bei welchen die Schritte zu kurz und das Tempo zu langsam wurden. Mit ihrer Zeit
von 71“05 blieb Leana zwar über ihrer PB, sie kann aber mit ihrem ersten SMEinsatz trotzdem zufrieden sein.
1500m Frauen VL: Auch Annika Vetterli
musste die gesamte SM-Vorbereitung
mit Alternativtrainings absolvieren. Eine
hartnäckige Wadenverhärtung machte
sie leider viel zu lange zum „Hinkebein“.
Ohne die Sicherheit, ob die Wade die
Belastung mit den Spikes verträgt, lief
Annika aber ein mutiges Rennen. Bis
eine Runde vor dem Ziel lief Annika immer noch auf PB-Kurs. Doch dann meldeten sich die Waden wieder stärker und
der Abstoss wurde merklich kraftloser. Annika kämpfe aber bis am Schluss und blieb
mit 5‘10“39 nur 5 Sekunden über ihrer persönlichen Bestzeit.
1500m Männer VL: Steven Malischke
war in der deutlich stärker besetzten
ersten Vorlaufserie eingeteilt. Da sich
doch einige der Medaillen-Mitfavoriten
im Feld befanden, war es doch sehr erstaunlich, dass diese ein so langsames
Tempo zuliessen. Erst nach 800m in
2‘16“ wurde das Tempo langsam aber
sicher gesteigert. Steven lief bis unauffällig, aber immer gut positioniert im Feld
mit. Auch auf den letzten 500m kämpfte
Steven um den Anschluss an die Spitzengruppe. Erst auf der Zielgerade verlor er
noch etwas an Boden, erzielte aber mit 4‘04“76 trotz dem langsamen Beginn eine
neue PB. Auch die Schlussrunde in 60.7 Sekunden zeigen auf, dass Steven auch in
seinem Sprachaufenthalt in Vancouver CAN sehr fleissig trainiert hat und es nur
noch eine Frage der Zeit ist, bis er deutlich unter 4‘00“ laufen wird.
Jonas Raess wusste bereits vor dem Start im 2. Vorlauf, dass die Quali für den Final
nur durch einen Stutz verhindert werden konnte. Die äusserst langsame Siegerzeit
der ersten Serie zeigte, dass der 9. Rang und eine Zeit von unter 4‘00“ für die Finalteilnahme reichen. Mit diesem Wissen und der Sicherheit, dass die Formkurve stark
ansteigend ist, verliess er sich auf seine schnellen letzten 300m und qualifizierte in
3‘56“80 sich als Vorlaufsieger souverän.
Im nahe gelegenen Frankreich fanden wir kurzfristig ein super Hotel. Die Finalisten
regenerierten - die anderen AthletenInnen trainierten bereits am frühen Sonntagmorgen wieder. Dasselbe galt auch für die Coaches ;-)
Sonntag:
Diskus Männer Final: Endlich konnte mit Alexander Heid auch wieder einmal ein
Werfer des LCR die Limite für die Schweizermeisterschaften erreichen. Bereits im
Mai verbesserte er seine persönliche Bestweite um über einen Meter. Am Sonntag
dann lief es sogar noch besser. Mit einer Weite von 41.56 m verbesserte er seine
Bestweite nochmals um 14 cm was ihm den 12. Rang einbrachte. Eine grosse
Motivation für Alexander ist aber sicherlich, dass wenn er knapp 2 Meter weiter
geworfen hätte, sich bereits in die Top 6 platzieren könnte und für die Medaille nur
noch 4 m fehlen. Wir hoffen doch sehr, dass er vermehrt Jagd auf die DiagonalLäufer auf dem Wisacher macht. Gerne überlassen wir ihm einen immer grösser
werdenden Teil der Wiese…
800m Frauen Final: Alexandra Bosshard gehörte als Saisonschnellste und nach dem
souveränen Vorlauf-Sieg sicherlich zu den Mitfavoritinnen über 800m. Wäre da nur
nicht die Verunsicherung, ob die Achillessehne hält ! Beim Vorbereitungswettkampf
in La Chaux-de-Fonds über 400m zwickte die Sehne – so standen zwei Wochen
Alternativtraining, statt schnelle Bahntrainings und ein letzter Test-Wettkampf auf
dem Trainingsplan. Alles andere als optimal! Dies war dann vermutlich auch die
Ursache dafür, dass Alexandra in einem taktischen Rennen, welches eigentlich
perfekt auf ihre Endschnelligkeit ausgerichtet gewesen wäre, an Schluss ihren
gefürchteten Sprint nicht zeigen konnte. Sie musste sich mit dem für sie sehr
enttäuschende 4. Rang abfinden. Wir wünschen Alexandra, dass sie in Zukunft
möglichst verletzungsfrei bleibt und wissen, dass für sie schon bald die nächsten
Medaillen bereit liegen.
1500m Männer Final: Unsere zweite Medaillenhoffnung, Jonas Raess, gehörte als
zweitschnellster der Saisonbestenliste sicherlich zum Favoritenkreis. Doch um den
1500m-Dominator der letzten Jahre, Jan Hochstrasser, ein schnippchen zu schlagen,
hätte schon ein kleines Wunder passieren müssen. Also war die Taktik vor allem auf
den Gewinn einer Medaille ausgerichtet. Dass Jonas in einem sehr langsamen
Rennen mit einem kurzen Schlussspurt nicht die besten Karten besass, war uns
ebenfalss bewusst. So war ein früher Antritt bereits bei 700m geplant. Dies setzte
Jonas auch perfekt um und brachte sehr viel Leben in das noch dichte Feld der 12
Finalisten. Damit sich Jonas nicht auf den letzten beiden Runden müde laufen
würde, liess er sich nochmals überholen. Dass er bis auf die 8. Position
durchgereicht wurde, war für Trainer, Coaches und Fans doch sehr
nervenaufreibend. Doch Jonas war sich sicher, er war noch frisch! Erst auf der
letzten Gegengerade verbesserte er sich um zwei Position und lag 200m vor dem
Ziel an 6. Stelle. Eingangs der Zielgeraden hatte er den Rückstand auf die
Medaillenplätze nochmals verringert und setzte zu einem unglaublichen Schlussspurt
an. Er flog am gesamten Feld vorbei und lief mit 3’58“08 auf den 2. Rang. Nur Jan
Hochstrasser war noch etwas schneller. Die Analyse nach dem Lauf zeigte ganz
neue Qualitäten von Jonas: er lief die letzten 300m in knapp über 39.3 Sekunden
und beweist, dass er sich auch in diesem Bereich stark verbessern konnte. Die
Freude über die Silbermedaille ist bei Jonas und allen Beteiligten riesig. Nach dem
knappen Verpassen der Medaille im letzten Jahr ist ihm dieser Erfolg sehr zu
gönnen.