Integer leben (Daniel 1) ℘ Einleitung Integer leben, so habe ich die heutige Predigt überschrieben. Dabei war ich mir bewusst, dass das Wort Integer nun nicht gerade zuvorderst in unserem Sprachgebrauch ist. Wenn man im Duden Integer nachschlägt steht dort: „Integer: unbescholten, moralisch einwandfrei; unbestechlich“ (Duden). Integer hat aber auch die Bedeutung dass man sich und seinen Werten treu bleibt. Und wenn wir an die Geschichte aus Daniel 1 denken, dann bedeutet Integrität auch Gott treu zu bleiben. Dazu kommt mir in meinem Leben immer die Episode in den Sinn, wo ich für einen Nachmittag meine Werte nicht gelebt habe und dabei kläglich unterging. Ich war noch keine 20 und mit einem Arbeitskollegen und seinen Freunden in den Skiferien. Damit ich meine Ski’s nicht jeden Tag von der Bergbahnstation zur Herberge schleppen musste, schloss ich sie bei der Station jeweils ein. Mitnehmen musste ich nur einen kleinen Schlüssel. Diesen Schlüssel steckte ich immer in meine linke Jackentasche. Als wir dann als ganze Gruppe an einem Nachmittag zuerst was essen und anschliessend noch woanders Kaffeetrinken gingen merkte ich, dass der Schlüssel nicht mehr in meiner Jackentasche war. Ihr wisst was dann passiert. Man beginnt jede Tasche zu durchsuchen und alles abzutasten. Die anderen bekamen das natürlich mit und fragen mich, was ich denn suche. Den Schlüssel für meine Ski’s. Ich beschloss nochmals zurück zum Restaurant zu gehen. Kaum war ich ein paar Meter gelaufen, fasste ich nochmals in die Jackentasche und da war der Schlüssel. Mir war das peinlich, dass ich vorher so einen Aufstand gemacht hatte und den Schlüssel trotz mehrmaligem nachschauen einfach übersehen haben musste. Also ging ich wieder zurück ins Café und sagte, dass ich den Schlüssel wieder habe. Wäre die Geschichte hier fertig, wäre alles gut. Doch sie geht leider noch weiter. Jemand frage mich, wo ich den Schlüssel gefunden habe. Und weil es mir peinlich war, dass ich ihn in der Jackentasche übersehen hatte und weil ich mich in dieser Gruppe beweisen wollte und nicht ungeschickt wirken wollte, log ich und sagte, dass ihn im Restaurant gefunden habe. Plötzlich lachten alle ganz laut. Ich wurde verlegen und fragte nach dem Grund. Mein Sitznachbar sagte mir, dass es halt lustig sei mich beim Lügen zu ertappen. Der Schlüssel sei mir hier aus der Tasche gefallen und er habe ihn gefunden und mir kurz vor dem Aufstehen wieder zugesteckt. Natürlich eine fiese Aktion, aber die Entscheidung zu lügen und damit gegen meine Werte zu verstossen habe ich selber getroffen. Und jetzt war es mir erst richtig peinlich. Und noch Jahre später wenn wir uns wieder sahen, bekam ich die Story wieder zu hören. Integer Leben ist also keine einfache Sache. Und jemand könnte nun sogar einwenden, dass er in der ganzen Bibel das Wort integer nicht findet. Wieso also darüber predigen? Und ja ich muss zugeben, dass ich das Wort auch in meiner Bibel nicht gefunden habe. Und trotzdem ist es wichtig darüber zu predigen. Denn Jesus selber hat uns aufgefordert integer zu leben. Unter anderem kommt das in der Bergpredigt sehr stark heraus. Wir sollen das Licht dieser Welt sein. Unser Licht soll für alle sichtbar sein, wie - !1 - Integer leben (Daniel 1) auf einem Berg und wir sollen es nicht unter einem Kessel verstecken. Wörtlich heisst es dort: „Ihr seid das Licht der Welt - wie eine Stadt auf einem Berg, die in der Nacht hell erstrahlt, damit alle es sehen können. 15 Versteckt euer Licht nicht unter einem umgestülpten Gefäß! Stellt es lieber auf einen Lampenständer und lasst es für alle leuchten.“ (Matthäus 5,14-15) Ich finde dieser Aufruf von Jesus an uns hat sehr viel mit der Geschichte aus Daniel 1 und dem Titel dieser Predigt zu tun. Und ich bin überzeugt, dass uns die Geschichte von Daniel und seinen drei Freunden ermutigen und stärken wird, damit wir mit unserem Licht stärker in die Welt hinaus leuchten werden. ℘ In der Gefangenschaft… Und so nebenbei, dass Daniel und seine Freunde überhaupt zu Kriegsgefangen wurden, hat mit fehlender Integrität Israels gegenüber ihrem Gott zu tun. Denn Jahrelang hatten die Propheten die Könige von Juda gewarnt, dass ihr Götzendienst, ihre Sittenlosigkeit und ihre Ungerechtigkeit gegenüber den Armen und Bedürftigen die Nation in den Ruin treiben würde. Die Propheten sahen den Tag kommen, an dem Gott die babylonischen Heere herbeiführen würde, um Jerusalem und den Tempel zu zerstören, das Volk gefangen zu nehmen und nach Babylon zu verschleppen. Jesaja, Micha und Habakuk warnten über 100 Jahre hinweg vor diesem Moment. Jeremia musste dann sogar miterleben wie sich seine eigene Prophetie erfüllte. Zum Glück sind Sittenlosigkeit, Ungerechtigkeit gegenüber Armen und Bedürftigen und ein Abwenden vom christlichen Glauben nicht aktuell! Falsch, das alles ist bei uns hier hochaktuell. So wie die ganze Geschichte aus Daniel 1 eigentlich hochaktuell ist. Wir haben es in der Lesung gehört. Der babylonische König Nebukadnezar hatte Jerusalem eingenommen und neben den Tempelgeräten nahm er sich auch Kriegsgefangene mit an seinen Hof. Dort gab er den Befehl, man soll die besten der Jungen Männer aussuchen und sie drei Jahre unterrichten. Sie sollen zu seinen Beratern werden. Es war die Absicht des Königs, die besten Leute aus den eroberten Völkern auszubilden, damit sie als seine Berater arbeiten konnten. So konnte er von den Kenntnissen ihres eigenen Volkes profitieren und durch ihre Fähigkeiten seine eigene Regierung stärken. Unter anderem wurde eben Daniel, Hananja, Mischaël und Asarja ausgewählt. Sie waren gesund, intelligent, begabt und schön. Und sie waren von königlichem Blut. Sie waren also in jeder Hinsicht das Beste, was der Stamm Juda damals zu bieten hatte. Eigentlich war es eine Ehre im königlichen Palast zum Berater ausgebildet zu werden. Doch für die Israeliten war es auch eine Prüfung. Denn in der Ausbildung wurde nicht - !2 - Integer leben (Daniel 1) einfach Wissen vermittelt, sondern die Schüler sollten zu Babylonier werden. Das Ziel war es sie anzupassen. Das bedeutet nicht nur in einem neuen Land leben, sondern auch neue babylonische Namen, neue Bräuche, neue Ideen und eine neue Sprache. Drei Jahre dauerte diese Gehirnwäsche, wo sie lehrten wie Babylonier zu denken und zu leben. Vielleicht war es für die vier Jungen Männer kein grosses Problem eine neue Sprache zu lernen und neue Namen zu erhalten. Aber es war sicher ein Problem die neuen Sitten sich anzueignen die klar gegen das Gesetz von Mose gingen. Im Bereich der Mathematik, militärischen Strategie und im Bereich des Bauens konnten Daniel und seine Freunde sicher sehr viel von den Babylonier lernen. Doch die babylonische Religion bestand aus Mythen und Aberglaube. Gerade so wie auch christliche Schüler und Studenten auch heute in öffentlichen Schulen und Universitäten Lerninhalte verkraften müssen, die ihrem Glauben widersprechen. Doch die vier jungen Israeliten waren äusserst gute Schüler und schnitten am Schluss mit Abstand am besten an. In Vers 20 heisst es, dass sie schlussendlich allen anderen Gelehrten und Zeichendeutern zehnmal überlegen gewesen sind. Doch wie verhielten sie sich, wenn ihre Ausbildung verlangte, dass sie dem heiligen Gesetzt ungehorsam werden sollten? ℘ … integer leben In diesem ersten Kapitel wird das anhand dem Essen schön aufgezeigt. Das Essen des Königs war sicher das Beste im ganzen Land. Und dennoch weisen es Daniel und die anderen drei zurück. Als Juden war es ihnen wichtig nur Tiere zu essen, die von Gott als rein erklärt und in einer Weise zubereitet worden waren, dass im Fleisch kein Blut mehr vorhanden war. Denn das Essen von Blut war streng verboten. Auch den Wein mussten sie leider ablehnen. Das Essen von Insekten war ihnen ebenfalls streng verboten. Wenn man bei der Herstellung des Weines nicht ganz genau darauf achtet, dann landet da schnell noch der eine oder andere Käfer mit in der Presse. Was konnten Daniel und seine Freunde tun? Sie hatten nur die Wahl sich gegen ihren Gott oder gegen ihren König zu wenden. Ich habe mir da so überlegt, was der einfachste Weg gewesen wäre. Sie hätten sagen können, na gut wir sind in Gefangenschaft und wollen unser Leben schützen und Essen was der König uns auftischt. Sie hätten sagen können, wie wir es heute teilweise tun. „Gott ist gross. Er wird es sicher verstehen und darüber hinweg schauen. Er kann ja nicht wollen, dass wir bestraft oder getötet werden.“ - !3 - Integer leben (Daniel 1) Solche Sätze sprechen Menschen aus, die sich ganz der Welt angepasst haben. Nennen wir diese Gruppe deshalb einmal „Angepasste“. Ihr Leben wird vom Druck von Aussen bestimmt. Doch Daniel und die Männer, die mit ihm waren haben einen anderen Weg gesucht. Sie waren keine „Angepasste“ sondern sie waren „Umformer“. Denken wir immer daran, sie waren in einem fremden Land in Gefangenschaft und dort vom König auserwählt zu seinem Beraterstab zu gehören. Doch dafür mussten sie eine harte Schule durchlaufen. Sie bekamen wie eine Gehirnwäsche. Und trotzdem, als sie gezwungen waren sich zwischen ihrem Gott und dem König zu entscheiden, haben sie sich für Gott und gegen den König entschieden. Solche „Umformer“ passen sich nicht selber an, sondern bewirken Veränderung. Gott gebrauchte sie, um die Gedanken mächtiger Herrscher zu verändern und in einem heidnischen Land den Namen Gottes zu grosser Ehre zu bringen. Doch wie konnten sie die Speise des Königs ablehnen ohne in Schwierigkeiten zu kommen? Sie wollten ja nicht als Märtyrer enden. Der Vers 8 liefert uns da einen ersten wichtigen Hinweis: „Daniel beschloss in seinem Herzen, …“ (Daniel 1,8). Der erste Schritt ein Umformer zu werden ist also sich selbst völlig dem Herrn hinzugeben. Denn ein Herz, das den Herrn liebt, vertraut auf den Herrn. Wisst ihr, Glaube bedeutet nicht einfach alles ohne Beweise für Wahr halten. Das wäre nur Aberglaube. Glaube bedeutet Gott zu gehorchen und zwar ungeachtet aller Konsequenzen. Das mag für uns fremd klingen. Ja wir hatten die letzten Jahrhunderte auch das Glück, dass wir Christen nicht verfolgt wurden. Doch es kommt der Tag auch hier bei uns, wo wir vor der Wahl stehen werden uns für einen Herrscher oder für Gott zu entscheiden. Und dann kommt es auch auf unser Herz drauf an. Ein Herz, dass Gott liebt hat keine Schwierigkeiten die richtige Entscheidung zu treffen und vertraut darauf, dass Gott die möglichen Folgen im Auge behält. Der zweite Schritt ein Umformer zu werden ist unsere Freundlichkeit gegenüber unseren Vorgesetzten, unseren Mächtigen. Daniel und seine Freunde versuchten sich mit ihrem Aufseher gut zu stellen und Gott schenkte, dass es auch gelang. Dazu fällt mir ein Vers ein: „Wenn die Wege eines Menschen dem Herrn gefallen, lässt er sogar seine Feinde in Frieden mit ihm leben.“ (Sprüche 16,7) Anstatt zu erwarten, dass ein heidnischer Beamte dem Gesetz des Mose gehorchte und sich selbst damit bei seinem König in Schwierigkeiten brachte, wählte Daniel und seine Freunde ein weiseres Vorgehen und erbaten ein zehntägiges Experiment. - !4 - Integer leben (Daniel 1) Versteht ihr, sie bedrohten niemanden und sie organisierten keinen Protest. Sie lebten vielmehr, wozu später auch Paulus im Brief an die Römer aufrief: „Tragt euren Teil dazu bei, mit anderen in Frieden zu leben, so weit es möglich ist!“ (Römer 12,18) Sie gingen einfach Weise vor und versuchten die Gunst des Aufpassers zu erlangen, in dem sie sich als Schüler anstrengten und nicht aufmüpfig gaben. Und sie waren gescheit genug, als sie dann seine Gunst hatten, zu wissen, dass es trotz ihren Bemühungen ein Geschenk Gottes war. ℘ Schlussgedanke Ja diese vier Hebräer lebten wahrlich integer am babylonischen Königshof. Sie waren sich ihren Werten treu und sie waren Gott treu. Und das obwohl sie klar zu Babylonier gemacht werden sollten. An den richtigen Stellen liessen sie dies auch zu, aber da wo es gegen ihren Glauben ging, waren sie keine „Angepasste“ sondern „Umformer“. Ihr Glauben war stark genug und ihre Weisheit gross genug, sich nicht einfach für den einfachen Weg, sondern für den richtigen Weg zu entscheiden. Und Gott war mit ihnen. Nach dem zehntätigen Experiment mit Wasser und Gemüse sahen sie besser aus als alle anderen. Um auf den Vers vom Anfang zurück zu kommen. Sie waren Licht. Und sie versteckten ihr Licht nicht unter einem Gefäss. Nein sie leuchteten selbst in der Gefangenschaft hell und lebten äusserst integer als „Umformer“ in einem fremden Land. Ich weiss nicht wie es euch nun geht. aber mich inspiriert diese Geschichte aus Daniel 1 nochmals ganz neu Gott treu zu sein, auch wenn es nicht der einfache Weg ist. Und genau das bedeutet doch integer leben. Gott treu zu sein und sich gegen einen fremden Herrscher, gegen die Versuchungen des Lebens und für ihn zu entscheiden. Amen. Simon Rohr, 17.07.2016 - !5 -
© Copyright 2024 ExpyDoc