Schaeffler, das Kapitalmarkt-Leckerli

B˛rsen-Zeitung
Zeitung fˇr die Finanzmärkte
Ausgabe
135 vom 16.07.2016, Seite 8
EUROBÖRSENTAG 2016
Schaeffler, das Kapitalmarkt-Leckerli
Klaus Rosenfeld ˇber Cash-flow-Orientierung, Diversifikation und
Disintermediation in der Refinanzierung
Zum 25. Mal haben auf dem Eurob˛rsentag Manager und Finanzmarktexperten aktuelle
Themen, die die Kapitalmärkte,
aber auch die Politik bewegen,
diskutiert. In seiner Keynote hat
Klaus Rosenfeld, Vorsitzender
des Vorstands der Schaeffler AG,
die bilanzielle Restrukturierung
und Refinanzierung mit Blick auf
die Kapitalmarktorientierung
ˇber Anleihen und den B˛rsengang im vorigen Oktober dargestellt.
Von Walther Becker, Frankfurt
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B˛rsen-Zeitung, 16.7.2016
,,Unternehmensfinanzierung ˇber
den Kapitalmarkt‘‘, das Thema des
diesjährigen Eurob˛rsentags von
B˛rsen-Zeitung und PwC: An kaum
ten und hoch verschuldeten Familienunternehmen zu einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft im
MDax, die sich mit hochverzinslichen Anleihen und ˇber den B˛rsengang finanziert, gedeichselt – und
den Teilnehmern des 25. Eurob˛rsentags in Frankfurt präsentiert. Dabei ist Schaeffler mit viel Glˇck und
Unterstˇtzung durch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken ein Familienunternehmen geblieben, an
dem Mutter und Sohn, die infolge
der rasanten Kursentwicklung der
Beteiligung am Dax-Konzern Continental so verm˛gend wie nie zuvor
sind, sämtliche Stimmrechte und
75 % des Kapitals halten. Der 50Jährige, vormaliger CFO der Dresdner Bank, hatte die Aufgaben des Finanzchefs von Schaffler bei seinem
Start März 2009 als ,,fachlich einen
big‘‘) habe sich 2009 ebenso verboten wie der Familie ein ,,go home‘‘,
der Debt-to-Equity-Swap. Also die
Kapitalmarkt-Karte.
Erste Ableitung
Seine ,,lessons learned‘‘: Es komme
primär stets auf die ,,Qualität des
operativen Geschäfts‘‘ an, die bei
Schaeffler allen Unbilden an der
Schuldenfront ˇber die Krise hinweg
gegeben war. ,,Finanzierung ist immer nur die erste Ableitung‘‘, betont
er und zollt dem Respekt, was in den
Werken tagein, tagaus geschaffen
wird. Zweitens: ,,Know your cashflow‘‘ und ,,Know your structure‘‘ –
der Blick auf die Struktur war in diesem Fall besonders komplex, weil
Georg Schaeffler in den USA lebte
und alle Schritte insofern auch steuerlich anspruchsvoll zu optimieren
waren.
Dritter Aspekt: Diversifikation im
Hinblick auf die Maturitäten sowie
Disintermediation, also auch andere
Quellen als Banken zur Kapitalaufnahme anzuzapfen. Schaeffler hatte
die Erfahrung gemacht, dass die Abhängigkeit von Banken in der Krise
gefährlich sein kann. Anfänglich
hatte das Familienunternehmen
sechs Gläubigerbanken – mit der
Commerzbank inklusive Dresdner
an der Spitze. Als eine der Adressen
dann Kredite mit Abschlag zur eigenen Bilanzsanierung verkaufen wollte, ,,haben wir das nicht akzeptiert‘‘.
Schließlich managte eine Investmentbank die Transaktion als Partner von Schaeffler.
Exekution und Timing
einem Konzern k˛nnte dies in einem
ˇberschaubaren Zeitraum von wenigen Jahren mit einer raschen Abfolge
aufeinander
aufbauender
Schritte besser dargestellt werden
als am Zulieferer Schaeffler. Klaus
Rosenfeld, im März 2009 in der
Stunde der Not bei dem fränkischen
Unternehmen als Finanzchef angetreten, hat die Entwicklung von einem weithin unbekannten, verschwiegenen, rein bankenfinanzier-
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gewissen Leckerbissen‘‘ betrachtet,
wie er rˇckblickend berichtet, sich
im Erfolg sonnend. Doch Pläne, nach
Bewältigung der Schuldenkrise von
Schaeffler nach Frankfurt zurˇckzugehen, habe er nicht, zumal es in
Herzogenaurach auch in Zukunft
nicht langweilig werde. Er kam mit
Kreditexpertise, hatte strategische
Projekte gefˇhrt und brachte eine
Portion Mut mit, sagt Rosenfeld
selbst. Conti ganz zu kaufen (,,go
Viertens zählten Volumen und Gr˛ße. Rosengeld macht keinen Hehl
daraus, dass die Dimension der
Schaeffler-Schulden nach der Übernahme von Continental – 12 Mrd.
Euro – in den Finanzierungsverträgen geholfen hat. Wichtig sei fˇnftens ,,Exekution und Timing‘‘, wo
Rosenfeld das Glˇck des Tˇchtigen
hatte. Den Bankern, die gefˇhrt werden wollten, besonders wenn es
viele seien, gibt er den Rat, diese
Rolle nicht unbedingt den Anwälten
zu ˇberlassen. Und last but not least
zählten Governance und Kommunikation, wobei er 2010 mit der ersten
Pressekonferenz in der Schaffler-Ge-
schichte Furore machte. Basis von allem seien ,,Transparenz, Vertrauen
und Teamarbeit‘‘, sagt er, wobei das
Team heute ein anderes ist als zu Beginn. Als Rosenfeld die Restrukturierung begann, stand der Conti-Kurs
mit 12 Euro auf dem Tief, heute sind
es 180 Euro. Mit dem feindlichen
Übernahmeangebot fˇr die damals
selbst hoch verschuldete Conti hatte
Schaeffler in die Krise hinein – kreditfinanziert fˇr 12 Mrd. Euro (Laufzeit drei Jahre) – 89 % an dem mehrfach gr˛ßeren Konzern aus Hannover erhalten. Zunächst ging es an
die Aufteilung der Schulden in Senior und nachrangig sowie die Verteilung auf das familiäre Oberdeck,
die Holdco, und die AG (Opco). Damit gelang es, Fälligkeiten zu strekken und Konditionen neu auszurichten. Zunächst wurde das Banken-
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konsortium stabilisiert und neu sortiert.
Auf zwei Säulen
Es folgte die Kapitalerh˛hung von
Conti, bei der Schaeffler verwässerte, ein beschleunigtes Bookbuilding zu 60 Euro je Conti-Aktie aus
der Schaeffler-Schatulle, und dann
das Kapitalmarktdebˇt mit Anleihen
in Dollar und Euro sowie mit neuen
Banken plus Aufnahme von Investorenkrediten. Mit Term Loans und
High-Yield-Bonds wurde Schaeffler
– basierend dann auf einer ZweiSäulen-Struktur mit heute drei Finanzierungskreisläufen – gerade
auch bei Institutionellen in den USA
eine bekannte und als häufiger Emittent gerne gesehene Adresse. Es folg-
ten Anleihen der Holdco und zwei
weitere Aktienplatzierungen von
Anteilen von Conti, an der nun
46 % gehalten werden. ,,Es gab 20
Kapitalmarktransaktionen im Gesamtvolumen von rund 28 Mrd. Euro‘‘, sagt Rosenfeld. Die Umsetzung
wurde begˇnstigt von der Niedrigzinspolitik und erschwert von Phasen mit Volatilität. ,,Proaktive Vorbereitung und strikte Vertraulichkeit‘‘
hätten in der Realisierung geholfen.
Es kam schließlich nicht nur auf
Finanzmanagement an. Herzogenaurach meets Dax: Heavy Metal
der Realwirtschaft trifft Liquiditätskurven, Familiengesellschafter stoßen auf anonyme Kapitalmarktinvestoren: ,,Solche Spannungsfelder geben Energie ab‘‘, sagt Rosenfeld.