Inhalt 2 - Editorial 5 - Ausstellung „Alles im Eimer“ in Scharnebeck 6 - 10 Points! Großer Spaß mit Google Earth 6 - Ein Römerlager bei Hannover 7 - Römische Marschlager im Luftbild 8 - Lange Rollbahn, kurzer Flug 8 - Exkursion nach Hildesheim 9 - Exkursion nach Kalkriese 10 - Exkursion „Ptolemaios“ nach Marienmünster und Corvey 12 - Buchtipps: Eine Burg im Moor - die Arkeburg / Kochen wie im Mittelalter Editorial Liebe Vereinsmitglieder! Im vergangenen Jahr sind dem Vorstand über Luftbildaufnahmen auch Informationen weitergegeben worden, die nach unserer Meinung eine sehr unerfreuliche Wertschätzung archäologischer Denkmalen durch die untere Denkmalschutzbehörde offenbaren. Betroffen ist ein ehemals hervorragend erhaltenes Hügelgräberfeld in der Gemarkung Stühren, Stadt Bassum, im Landkreis Diepholz. Das in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts fast unberührte Gräberfeld, das wegen der imposanten großen Hügel zum Flurnamen „Sieben Berge“ geführt hat, musste im Verlauf der immer intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung große Verluste hinnehmen. Für die Eigentümer bzw. Pächter oder Nutzer waren die Grabhügel immer nur ein Hindernis bei der Feldbestellung und so wurden im Verlauf der Zeit zahlreiche Hügel abgetragen und überpflügt. Andere Bereiche, in denen die Grabhügel noch geschützt waren, weil sie im Wald lagen, wurden durch die Rodung von Waldflächen ebenfalls der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt. Bis auf einen großen Grabhügel aus der Gruppe der „Sieben Berge“ sind die meisten heute an der Oberfläche nicht mehr auszumachen, ihre ehemalige Lage ist aber in Luftbildaufnahmen noch zu erkennen (Abb. 1). 13 - Römische Buchstaben in Corvey? 14 - Römischer Mörtel in Corvey? 16 - FAN-Mitglied Professorin in Oxford/GB 16 - Germanicus im Spiegel der Münzprägung 20 - Römische Münzen aus dem Emsland 21 - Römische Neufunde im Oldenburger Land 22 - Ausgrabungen denkmal3D in Ganderkesee 26 - Ehrenamtliche Mitarbeit bei Ausgrabungen Dünsberg und Liebenau 29 - Treffen und Exkursionen des ArchAN in Lingen und Wagenfeld 31 - Nachrufe 32 - Über den FAN 32 - Veranstaltungskalender 2016 / 2017 Abbildungen Titelseite: oben: zusammengesetztes Gefäß aus Bef. 7906 der Grabung in Ganderkesee (S. 22, Foto: A. Thümmel), unten: Goldring und Bronzenägel aus dem Bronzeeimer von Sasendorf und Detail Henkel (S. 5, Fotos: W. Gebers) 2 Abb. 1: Stühren, Drohnen-Luftbild mit Spuren von Grabhügeln und anderen Bodendenkmalen (Foto: E. Meininger) Die Zerstörung der Grabhügel betrifft allerdings nur die oberirdisch sichtbaren Hügelschüttungen, die sich über den tiefer im Boden liegenden Gräbern der späten Steinzeit und der frühen Bronzezeit befunden haben. Notgrabungen des Landesamtes für Denkmalpflege im Bereich widerrechtlich abgetragener Hügel belegen, dass sich die meisten der ehemaligen Grablegen im Untergrund noch weitgehend unbeschädigt erhalten haben, so dass die gesamte Fläche, die vom ehemaligen Hügelgräberfeld eingenommen wurde, auch heute noch schützenswert ist. Der endgültige Verlust war absehbar, als diese Fläche in der Gemarkung Stühren durch die Änderung des Flächennutzungsplanes von einem Gebiet mit „bevorzugt Naherholung“ in ein Gebiet mit „bevorzugt Bodenabbau“ umgewandelt werden sollte. Angesichts der uns vorliegenden älteren und neueren Luftbilder, auf denen nicht nur die Lage der ehemaligen Grabhügel, sondern auch Grabenanlagen einer mutmaßlich noch nicht erkannten Befestigung zu erkennen waren, hat der Vorstand sich dazu entschlossen, in dieser Angelegenheit einen Brief an den Ministerpräsidenten Stephan Weil mit der Bitte um Unterstützung zu senden. Ziel war es, die Änderung des Flächennutzungsplanes vorerst auszusetzten, um durch Forschungsgrabungen eine fundierte Neubewertung des Denkmalensembles zu erreichen. Unsere Anfrage und die Antwort des zuständigen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur sind nachfolgend wiedergegeben. Aus unserer Sicht ernüchternd. Ganz offensichtlich sind archäologische Belange immer dann von geringer Bedeutung, wenn wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen. Mit Verlaub: Sand lässt sich auch an Stellen abbauen, an denen keine archäologischen Denkmale vorhanden sind. Das Trostpflaster, dass bei derartigen Verfahren das „Veranlasserprinzip“ gilt, so dass der mögliche Veranlasser der Denkmalzerstörung für die Kosten der notwendigen, fachgerechten archäologischen Bergung und Dokumentation aufkommen muss, erniedrigt das Denkmalschutzgesetz zu einem „Denkmalbeseitigungsgesetz“. Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e.V. c/o Dr. Wilhelm Gebers, Nieders. Landesamt für Denkmalpflege Scharnhorststr. 1, 30175 Hannover Es ist zu befürchten, dass im Verlauf der Zeit mit dem Sandabbau in Stühren begonnen werden wird und die staatliche Denkmalpflege - wie bislang - nur Notgrabungen in einem teilzerstörten Areal durchführen kann. Noch eine Frage sei erlaubt: Wer kümmert sich eigentlich um die Publikation der zahlreichen, nach dem Veranlasserprinzip durchgeführten Ausgrabungen? Wir hätten uns vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur etwas mehr Empathie erwartet. Wir lassen uns aber nicht entmutigen und werden dieses Denkmalgebiet beobachten und versuchen, mit Hilfe von Luftbildern die ehemaligen Anlagen weiter zu dokumentieren. Wilhelm Gebers Hier unser Schreiben an den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil ... Hannover, den 18.09.2015 An den Ministerpräsidenten Herrn Stephan Weil Niedersächsische Staatskanzlei Presse- und Informationsstelle der Landesregierung Planckstr. 2 30169 Hannover Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir wenden uns in einer dringenden Angelegenheit der archäologischen Denkmalpflege an Sie und bitten um Ihre Unterstützung. Es handelt sich um die Änderung des Flächennutzungsplanes in der Gemarkung Stühren, Stadt Bassum, Ldkr. Diepholz. Ziel der Änderung des Flächennutzungsplanes ist es, ein Gebiet mit „bevorzugt Naherholung“ in ein Gebiet mit „bevorzugt Bodenabbau“ zu ändern. In diesem Bereich befinden sich zahlreiche archäologische Bodendenkmale, die durch den geplanten Bodenabbau zerstört würden. Die Denkmale befinden sich auf einem Gebiet, das bereits mit den Flurnamen „Sieben Berge“ auf ehemals sieben große Grabhügel bezogen ist. Die Gruppe „Sieben Berge“ ist jedoch nur der besonders auffällige Teil einer Hügelgräbergruppe von ehemals mindestens 46 Grabhügeln, die alle im Abbaugebiet liegen und nun in ihrem Bestand gefährdet sind. Sechs der ehemals „sieben Berge“ sind durch die Landwirtschaft widerrechtlich zerstört worden. Die Zerstörungsabschnitte sind in den Anlagen chronologisch aufgelistet. In den Luftbildaufnahmen, die von unserer Luftbild AG in diesem Jahr erstellt wurden, sind außer den an der Oberfläche noch sichtbaren Grabhügeln zahlreiche überpflügte Hügel zu erkennen. Die Schüttung dieser Hügel ist durch den Pflug zwar stärker eingeebnet, im Luftbild aber noch gut zu erkennen. Die ursprünglich tief unter den Grabhügeln angelegten Körpergräber der jüngeren Stein- und Bronzezeit sind noch ungestört im Untergrund erhalten. Die Luftbilder zeigen aber noch viel mehr als die Lage der Grabhügel: eine quadratische Befestigungsanlage mit etwa 400 Metern Seitenlänge befindet sich ebenfalls im Abbaubereich. Diese ist der staatlichen Denkmalpflege bislang noch unbekannt und in der Kombination mit Hügelgräbern einmalig. Ein archäologisches Ensemble dieser Art darf nicht dem Sandabbau geopfert werden! Diese Denkmale gehören nicht dem Unternehmer, der nach und nach die Grundstücke erworben hat. Sie sind vielmehr Eigentum aller Bürger. Es hat schon ein „Geschmäckle“, wenn man die Zielstrebigkeit und Rücksichtslosigkeit bedenkt, mit der hier vor Ort die Eigeninteressen eines Einzelnen bis zur Änderung des Flächennutzungsplanes von langer Hand vorangetrieben wurden. Wir haben alle die schrecklichen Taten des IS vor Augen, der wahllos Kulturstätten zerstört. Aber gibt es einen Unterschied? Ja! Er liegt in der Gewinnsucht Einzelner, hat aber das gleiche Ergebnis. Wir fordern den Vorrang für die archäologischen Denkmale vor der Gewinnmaximierung verantwortungsloser Mitbürger! Die Änderung des Flächennutzungsplanes muss ausgesetzt werden, weil die Voraussetzungen zur Änderung nicht gegeben sind. Eine Änderung ist erst möglich, nachdem die auf der Fläche vorhandenen vorgeschichtlichen Denkmale (Grabhügel, Siedlungen und Befestigungsanlagen) im Rahmen einer Forschungsgrabung durch ein renommiertes wissenschaftliches Institut dokumentiert worden sind. Mit freundlichen Grüßen Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e. V. Der Vorstand 3 Abb. 2: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte (NNU) Band 65(1)/1996. Der damalige Bezirksarchäologe Dr. Erhard Cosack dokumentierte die fortschreitende Zerstörung des Hügelgräberfeldes in seinem Beitrag „Die Untersuchung spätneolithischer und altbronzezeitlicher Gräber bei Stühren, Stadt Bassum, Ldkr. Diepholz“ (S. 37-68) ... und hier die Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur Postfach 261, 30002 Hannover Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e.V. c/o Herrn Dr. Wilhelm Gebers Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege Scharnhorststr. 1 30175 Hannover Bearbeitet von v. Reitzenstein Mein Zeichen 35-57 731 / 1 Bassum-Stühren Hannover, den 30.10.2015 Bodendenkmale in Stühren, Stadt Bassum, Lk. Diepholz Hier: Gefährdung durch neue Nutzung der Flächen (Raumordnungsverfahren) Bezug: Ihr Schreiben an den Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen vom 18. September 2015 Sehr geehrter Herr Dr. Gebers, sehr geehrte Damen und Herren, Ihr o.g. Schreiben an Herrn Ministerpräsidenten wurde dem für die Denkmalpflege zuständigen Ministerium für Wissenschaft und Kultur übergeben. Deshalb antworte ich Ihnen. Sie bitten um Unterstützung beim Erhalt der komplexen archäologischen Kulturlandschaft in der Gemarkung Stühren, Stadt Bassum, Lk Diepholz. Es handelt sich um ein Areal, auf dem sich u.a. ein Friedhof mit zahlreichen Hügelgräber befindet, von denen schon die Mehrzahl durch landwirtschaftliche Aktivitäten eingeebnet wurde. Die archäologischen Spuren einer Befestigungsanlage unbekannter Zeitstellung erweitern das Spektrum archäologischer Zeugnisse auf den Flächen. Bisher ist das Areal als „bevorzugtes Naherholungsgebiet" ausgewiesen. Die von Ihnen genannte Nutzungsänderung von „Naherholung" zu „Sandabbau" findet sich im Raumordnungsverfahren (ROV), das der Landkreis Diepholz als untere Landesplanungsbehörde durchführt. Die Denkmalfachbehörde, das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD), hat mit Planungsbeginn die Belange der archäologischen Denkmale eingebracht. Sie sind in vollem Umfang in der Planfeststellung des ROV aufgenommen. Es ist darauf zu verweisen, dass bei derartigen Verfahren das Veranlasserprinzip gilt. Der mögliche Veranlasser der Denkmalzerstörung durch Sandabbau muss gemäß § 6 Abs. 3 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes für die Kosten der durch Sandabbau notwendigen, fachgerechten archäologischen Bergung und Dokumentation aufkommen. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrage v. Reitzenstein 4 Sonderausstellung in Scharnebeck Nur noch sieben Bestattungen verfügten über Beigaben wie Rechteckfibeln, Rollenkappenfibeln, Bronze- und Knochen- Der Bronzeimer aus Sasendorf stand im Mittelpunkt der nadeln und Gürtelteile. Ausstellung „Alles im Eimer“, die vom 12.09.2015 bis zum 11.10.2015 auf dem „Kulturboden“ in Scharnebeck bei Lüneburg „Ein Friedhof nur für Frauen?“ gezeigt wurde. Veranstalter waren neben dem Verein für Eine zehnjährige Oberflächenabsuche in Sasendorf ergab bis Heimatkunde im Raum Scharnebeck e. V. der F.A.N. e.V. sowie 2013 rund 80 Buntmetallbeigaben, davon über 50 Fibelfragmente das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege. Inhaltlich (Gewandschließen), jedoch keine Schwerter, Lanzen, Sporen vorbereitet wurde die Präsentation von Christian Krohn, Heinz- und Schildbeschläge. Nach alter Bezeichnung handelt es sich Dieter Freese, Dr. Wilhelm Gebers und Agata Michalak. Für alle, somit um einen Frauen-Friedhof vom „Typ Darzau“. Trotzdem die aus zeitlichen Gründen nicht nach Scharnebeck kommen könnten hier auch Männer bestattet worden sein, wie der Inhalt konnten, wollen wir hier kurz die Ausstellung beschreiben. der Bronzeurne eindrücklich zeigt. In der Mitte des Raumes hatten die Mitglieder des „Top(p) oder Flop?“ Heimatvereines Scharnebeck einen Scheiterhaufen aufgebaut, Die Fundgeschichte des Bronze-Eimers. F.A.N.-Mitglied Heinz- auf dem ein „Verstorbener“ aufgebahrt lag (Abb. 1). Er trug Dieter Freese stieß am 4. Oktober 2005 bei der Oberflächen- zwar wikingerzeitliche Kleidung, dennoch wirkte er ziemlich prospektion auf den Fundort des Bronzeeimers. Aber erst am 19. lebensecht. Umgeben war er mit Grabbeigaben: Blumen, August 2006 fand unter dem Motto „Top(p) oder Flop?“ die lang Nahrungsmittel, eine hölzerne Maske, Lederbecher und ersehnte Grabung statt. Tatsächlich stieß die Kelle auf die Schmuckscheiben aus Holz. Wandung eines römischen Eimers, riesige Freude! Bis nachmittags gegen 16.30 Uhr konnte die Bronze-Eimer-Urne fast unbeschadet en bloc geborgen werden. Abb. 1: Eröffnung der Ausstellung mit H.-D. Freese und Chr. Abb. 2: Fragment einer silbernen, kräftig profilierte Fibel, Krohn hinter dem Scheiterhaufen mit dem aufgebahrten rechts Darstellung einer vollständigen Fibel mit Ausschnitt des „Toten“ (Foto: Chr. Krohn) Fragmentes (Foto: W. Gebers) Die Besucher sollten sich bei diesem Anblick fragen, welche „Und die Grab-Beigaben?“ Grabbeigaben wohl restlos im Feuer verbrennen. Außerdem galt Fast sechs Jahre später, am 14. Juni 2012, übernahm F.A.N.- es das Rätsel zu lösen, welchen Gegenstand ein Toter im ersten Mitglied Gerd Lübbers die Freilegung des Erdblockes. Nach 20 Jahrhundert ganz bestimmt NICHT mit auf den Scheiterhaufen Arbeitsstunden war der Eimer äußerlich komplett freigelegt, er bekommen hat. Die richtige Antwort lautete: eine Kartoffel. ist 25 cm hoch. Im Innern wurden zwischen Sand und An den vier Wänden zeigten Vitrinen mit Objekten sowie Leichenbrand als besondere Fundstücke freigelegt: erläuternde Text- und Fototafeln die Fundgeschichte des eine eiserne Kniefibel, eine Eisenschere, ein Eisenmesser, ein Urnenfriedhofes Rasiermesser, vier Bronzenägel mit halbrundem Kopf, drei Sasendorf und als Besonderheit den importierten Bronzeeimer. Fragmente von Knochennadeln, zwei Bruchstücke eines Steingefäßes, ein Kasserollen-Rand, 112 Bronzeschmelz- Es gab folgende Stationen: fragmente, ein Silberfibel-Fragment (Abb. 2), eine Bronzegefäßhalterung, ein Goldring, zwei flache Holzfragmente. „Überraschung beim Pipelinebau“ Beim Bau einer Pipeline wurde im Jahre 2003 in Sasendorf, Ldkr. „Anthropologische und paläopathologische Untersuchung“ Uelzen, ein Brandgräberfeld aus dem 1. und 2. Jahrhundert nach Gerd Lübbers fand in der Urne insgesamt 1032 g Knochenbrand, Christus entdeckt. Das Grabungsteam unter der Leitung von der von Kristina Scheelen M.A. vom Zentrum für Anatomie der Christoph Sommerfeld legte insgesamt 22 Bestattungen in Urnen Universitätsmedizin Göttingen untersucht und gewogen wurde. frei. Der Friedhof erstreckt sich über 100 m von NW nach SO. Alle auswertbaren Merkmale deuten auf einen älteren Mann 5 hin, wobei leider viele der sonst zur Beurteilung genutzten Südwestlich von Wilkenburg sehen Sie die feinen linearen morphologischen Strukturen nicht im Knochenmaterial überliefert Gräben, die zur Entdeckung des Römerlagers führten. sind. Der Verstorbene war zwischen 60 und 70 Jahre alt. Er litt Zwischen Ahlten und der Autobahn erkennen wir einen unter schwerer Arthrose und Parodontose und war lange Zeit flächendeckenden Bombenteppich. Die doppelte Kreisgraben- bettlägerig. anlage am nördlich Ortsausgang von Rodewald in Richtung Lichtenmoor misst 80 Meter im Durchmesser, vermutlich handelt Am Ende des Rundganges durch die Ausstellung konnten die es sich um einen Vieh-Kral. Und genau mittig zwischen den Besucherinnen und Besucher noch zu einem Meinungsbild Ortschaften Stöckendrebber und Norddrebber ist der große beitragen. Die Frage lautete: Was soll mit dem Leichenbrand Ringgraben (50 Meter) wieder zu sehen, den ich einmal in einem dieses Menschen geschehen? Erbsenfeld dokumentiert hatte. Also so was! Zwischenzeitlich war ich zu der festen Ansicht gelangt, dass das Bewuchsmerkmal nur A: Er soll mit der Bronze-Urne und mit den Grabbeigaben wieder durch einen defekten Beregner zustande gekommen war. Da in Sasendorf beigesetzt werden. (JA: 4 mal) passt wieder mal mein Lebensmotto: „Einmal dachte ich, ich B: Der Leichenbrand soll in Sasendorf wieder beigesetzt werden, hätte mich geirrt, aber ich hatte mich getäuscht." Viel Spaß mit die Urne und die Beigaben bleiben zur Ausstellung im Museum. Google Earth! (JA: 49 mal) C: Der Leichenbrand soll mit Urne und mit Beigaben ausgestellt Heinz-Dieter Freese werden. (JA: 49 mal) D: Der Leichenbrand soll im Magazin aufbewahrt werden für spätere Untersuchungen, Urne und Beigaben kommen in die Ausstellung. (JA: 29 mal) Ein Römerlager bei Hannover Zur Eröffnung der Ausstellung am 12. September fanden sich Am 27. Oktober 2014 erhielt ich in Aachen den „Deutschen Preis trotz herrlichem Herbstwetter rund 80 Personen auf dem für Denkmalschutz". In seiner Laudatio betonte der Landes- „Kulturboden“ ein, weitere 200 Besucher sahen die Ausstellung archäologe Dr. Henning Haßmann: „Wo viele sofort ein bis zum 11. Oktober 2015. Römerlager erkennen wollen, hält er (Freese) sich zurück." Bei diesen Worten hat das Schicksal sicher milde gelächelt, denn Heinz-Dieter Freese keine drei Wochen später erkannte ich auf alten Luftbildern ... „ein Römerlager!" Eigentlich hatte ich nur alte Luftfotos aus der Gegend von 10 Points! Großer Spaß mit Google Earth Hannover durchsucht, um sie bei der jährlichen Luftbildschau im Januar 2015 präsentieren zu können. Dabei fiel mir die Bei der Luftbildschau am 9.1.2015 im NLD zeigte ich „10 Points" abgerundete Ecke eines Grabens als Bewuchsmerkmal im auf Google Earth-Bildern vom 1. Juli 2015. Großartige, schöne Getreide auf. Der Ort liegt gegenüber der Hannover-Messe am Fotos von archäologischen Fundstellen, aber auch von Westufer des Flusses Leine in der Gemarkung Wilkenburg, Stadt Gemüsefeldern, Versuchsbeeten, Eiskeilen. Und das alles in Hemmingen. Und es gab in einigen hundert Metern Abstand einer wunderbaren, klaren graphischen Auflösung - 10 Points noch weitere gleichartige Grabenstücke, darunter eines mit dafür! Außerdem sind die Fotos entstanden zur besten einem Tordurchlass. Alle Luftaufnahmen stammten aus der Hand archäologischen Luftbildzeit nach mehrwöchiger Trockenheit - von Otto Braasch, aufgenommen in den Flugsommern 1990 bis wie oft haben wir uns solch eine Befliegung durch Google Earth 1992. Auf alten Karteikarten war vermerkt, dass Otto Braasch gewünscht! Dennoch zeigte sich leider, dass die archäologischen hier selbst ein „kaiserzeitliches castellum" vermutete. Aber bei Strukturen weiterhin viel verwaschener und schwerer zu deuten einer Ortsbegehung in den 90er Jahren erhärtete sich dieser sind als vergleichbare Handaufnahmen aus dem Flugzeug- Verdacht nicht. Es wurde nur ein wenig vor- und frühgeschicht- fenster. Dieses Manko wird ein bisschen wettgemacht durch die liche Keramik aufgelesen. Und welcher seriöse Archäologe hätte riesengroße Fläche zwischen Hoya und Hameln, die ein damals ernsthaft römische Truppen in Hannover vermuten wollen Privatflieger unmöglich in so kurzer Zeit prospektieren kann. - das war einfach zu fantastisch. Aber schauen Sie selbst einige Beispiele bei Google Earth nach: Auch nach meiner Identifizierung der Luftbildstrukturen war die Den Doppelgraben des jungsteinzeitlichen Erdwerkes in Rössing Sache so eindeutig weiterhin nicht. Ich habe deshalb am 14. (1,5 km südöstlich des Ortskerns) sieht man selbst aus 2000 März 2015 auf der Jahreshauptversammlung des FAN bei Metern Höhe! Etwa 2 km nordnordöstlich der Ortschaft meinem Vortrag „Das Geheimnis von XXXXenburg" nur von Schwicheldt stoßen wir auf ein perfektes Rondell mit Kreisgraben einer 70-prozentigen Wahrscheinlichkeit eines Römerlagers von 120 Metern Durchmesser. Leider nicht steinzeitlich, sondern gesprochen. Denn die von mir im Vorfeld konsultierten wohl nur eine mittelalterliche Burgstelle. hauptamtlichen Luftbildarchäologen äußerten sich angesichts 6 der zugesandten Fotos eher skeptisch bis ablehnend. Außerdem Wilkenburger Spitzgräben jedoch kaum vorhanden. Warum so waren die linearen Grabenverläufe auf den Luftfotos nicht flach? Ich möchte vermuten, dass solch ein großer Heeres- eindeutig in einen Zusammenhang zu bringen. Und vor allem verband es gar nicht für erforderlich hielt, besonders tief zu störte ein breiter bewaldeter Bruchgraben, der das angebliche graben. Auf jeden Fall schlechte Voraussetzungen für die Römerlager in zwei Teile zerlegte. Luftbild-Archäologen! An zwei Stellen in Wilkenburg war der Grabenverlauf als schwache, exakt lineare Verfärbung im Getreide zu sehen, sogar am 1. Juli 2015 bei Google Earth. Schauen Sie es sich dort an, finden Sie die Gräben? Und wenn Sie an anderen Orten vergleichbare Verfärbungen im Luftbild entdecken - welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus? H.-D. Freese vor dem Römerlager Wilkenburg (Fotomontage: H.-D. Freese) Diese Geländesituation hatte ich mir im Januar und Februar ganz in Ruhe vor Ort angeschaut, begleitet nur von meinem Hund Bobby. Das waren zwei schöne Nachmittage, in denen das Römerlager Wilkenburg, Ausgrabungsfläche mit markier- hannoversche „Römerlager" mir ganz allein gehörte, getreu dem tem Spitzgrabenverlauf (Foto: H.-D. Freese) „Rumpelstilzchen"-Motto: „Ach wie gut, dass niemand weiß..." Bei der Jahreshauptversammlung des FAN am 15. März wurde Typisch „römisch" ist daran jedenfalls gar nichts! Meist handelt das „Geheimnis von XXXXenburg" aber schließlich gelüftet, und es sich um normale Spuren vom Ackerbau. Erst die Ecke macht ich übergab das Römerlager für weitere Nachforschungen an das die Sache rund, so paradox es klingt. Denn ein typisches NLD und symbolisch an die Römer-AG im FAN. „Römerlager" hat abgerundete Ecken in der Form einer Spielkarte. In einer Google Earth-Luftaufnahme aus dem Jahre 2004 Sie, liebe Leserinnen und Leser, wissen ja, wie die Geschichte sieht man die südwestliche, abgerundete Ecke des Wilkenburger dann weiterging: der Landesarchäologe Dr. Henning Haßmann Lagers, aber man sieht halt nur eine einzige abgerundete Ecke. hat sich der Sache intensiv angenommen. Und schon nach Was ist daran speziell römisch? Gar nichts! Es gibt abgerundete sieben Monaten, am 14. Oktober 2015, gab es eine große Ecken in ganz normalen Ackerflächen oder beispielsweise auch Pressekonferenz, auf der meine anfänglichen Vermutungen in einem Erdwerk in Sachsen-Anhalt. anhand von Fundobjekten in vollem Umfang bestätigt wurden. Wirklich ungewöhnlich ist nur die präzise Ausführung der Wilkenburger Ecke, die Otto Braasch im Jahre 1992 zum ersten Heinz-Dieter Freese Mal fotografiert hat. So präzise ausgeführt, dass meines Erachtens nur "Militär" dafür infrage kommt. Aber welches Militär? Allein das römische? Das ist jetzt eine Römische Marschlager im Luftbild Anfrage an die Militärexperten im FAN: gibt es Beispiele für mittelalterliches oder neuzeitliches Militär, das eben solch perfekt „Davon gibt es hunderte, man muss sie nur noch finden", heißt abgerundete Ecken ausgeführt hat? Das würde ich sehr gern es immer wieder. Aber so einfach es klingt, so schwer ist es in wissen. Für Wilkenburg kann man jedenfalls festhalten, dass erst der Realität, wie man jetzt bei dem neu entdeckten Marschlager die Kombination von Luftbildern aus verschiedenen Jahren und Wilkenburg nachvollziehen kann. Denn die Gräben, die der die anschließende Grabung sowie die Begehung mit Metall- römische Heeresverband dort hinterlassen hat, waren für detektor den Nachweis erbracht hat, dass es sich um ein Luftbildzwecke viel zu flach. Es geht ja stets darum, dass das römisches Marschlager handelt. Deshalb zweifele ich sehr daran, Sommergetreide in den alten Gräben mehr Feuchtigkeit findet dass wir auf die schnelle noch weitere hundert Lager entdecken. und deshalb höher wächst und länger grün bleibt. Die Kapazität, Wasser zu speichern, war in den schmalen und flachen Heinz-Dieter Freese 7 Lange Rollbahn, kurzer Flug Nach wechselhaftem Wetter im Mai 2015 kam Anfang Juni eine richtige Hitzewelle. Drei Wochen lang Sonnenschein! Endlich mal Exkursion der Römer-AG mit der Numismatischen Gesellschaft zu Hannover nach Hildesheim wieder stand ein Luftbildjahr ins Haus! Ich informierte die Piloten der Luftbild-AG und das NDR-Fernsehen, das schon 2014 einen Hildesheim feierte im Jahr 2015 das 1200-jährige Jubiläum der Beitrag über die Luftbildarchäologie bringen wollte. Grünes Licht Bistumsgründung. Die Römer-AG und die NGH nutzten mit 30 auch vom Landesarchäologen für die mögliche Erstattung von Teilnehmern die besondere Gelegenheit der Wiedereröffnung Benzinkosten. Und weil in der dritten Hitzewoche alles auf eine des renovierten Domes und der Neugestaltung und Erweiterung SUPER-Luftbildsaison hindeutete, gab es sogar einen landes- des Dommuseums mit dem berühmten Domschatz (Weltkultur- weiten Aufruf von Radio FFN an alle Piloten, in den kommenden erbe!) und zusätzlich der Sonderausstellung zum Jubiläum im Wochen nach auffälligen Verfärbungen auf den Äckern zu Roemer-Pelizaeus-Museum zu einer Ganztagsexkursion am suchen. Doch dann war alles ziemlich schnell wieder vorbei. 4. Juli 2015 bei herrlichem (bei 32 Grad sogar ein wenig zu gutem) Sommerwetter. Am 26. Juni haben wir noch den Filmbeitrag für „Hallo Niedersachsen“ des NDR-Fernsehens fertiggestellt (http:// www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/EinLuftbild-Archaeologe-erkundet-Niedersachsen,hallonds27936 .html). Und schon zum Sendetermin am 6. Juli hatte wechselhaftes Wetter mit vielen kräftigen Schauern eingesetzt und die SUPER-Luftbildsaison endete abrupt. Wahrscheinlich können Sie sich gar nicht vorstellen, wie empfindlich das Getreide auf Trockenheit reagiert und wie schnell es sich wieder erholt? „Zum Glück!" würden die Bauern sagen. Schanze bei Wienbergen (Foto: H.-D. Freese) Die Exkursionsteilnehmer vor dem Dom in Hildesheim (Foto: W. Pollak) Trotzdem haben Erich Schwinge, Ernst Meininger, Günter Lange, Der Vormittag galt überwiegend dem Dom mit Bernwardstüren, Andreas Grüttemann und ich einige Flüge durchgeführt und Christussäule, Heziloleuchter und - in der Krypta (mit Gründungs- dabei auch einige schöne Entdeckungen gemacht. Bei der reliquiar) - dem Godehardschrein, zu dem Daniel Fellenger MA Schanze von Wienbergen, Ldkr. Nienburg, dokumentierte Günter aus seiner Dissertation die eigenen metallurgischen Unter- Lange beispielsweise einen Pfostenbau. Unglaublich, dass wir suchungsergebnisse referierte. Dr. Robert Lehmann führte den nicht schon vorher gesehen haben! Vielleicht waren darin souverän durch die neue Domschatzpräsentation und wusste Pulver, Munition und Vorräte gelagert. Alle Fotos aus 2015 das besondere Interesse der Teilnehmer in jeder Phase wach- wurden in der F.A.N.-Luftbildschau am 9. Januar 2016 im NLD zuhalten. Sogar römische Spuren konnte er - wenn auch nicht vorgestellt. ganz unumstritten - auf dem Kreuzgang ausmachen, von dem Heinz-Dieter Freese Unumstritten war dann jedoch die sensationelle Entdeckung aus ein Blick auf den Tausendjährigen Rosenstock dazugehörte. der Stelle vor dem Südteil des Domes, an der mittelalterliche Gußaktivitäten archäologisch nachgewiesen wurden und wo sehr wahrscheinlich auch die Bernwardstüren gegossen wurden. 8 Wolfgang Meyer, der schon eine frühere Hildesheimexkursion Hierauf nahmen wir uns eine gute Stunde Zeit, den Oberesch der Römer-AG vorbereitet hatte, führte dann vor der Mittags- selbst unter die Füße zu nehmen: dem Metallplattenweg mit den pause noch in die sog. „Katakomben“ seiner alten dem Dom Infos am durch Stangen markierten viel diskutierten „Wall“ benachbarten Bildungsstätte, des Gymnasium Josephinum, in folgend bis zum tiefen Bacheinschnitt im Westen, wo die der die in Südeuropa gebräuchlicheren Bestattungssitten eine Gespräche notwendigerweise bestimmte Kontroversen um den Besonderheit darstellen. Charakter der Wallanlage (germanischer Hinterhalt oder doch Nach der verdienten Mittagspause trafen alle am Denkmal der Berichterstattung der FAN-Post 2015 zum Ausdruck kamen. eher Römerlager?) aufleben ließen, die ja auch schon in der Entdeckung des Hildesheimer Silberfundes wieder zusammen Vor einer kleinen Cafeteria-Rast wurde individuell die und informierten sich bei dieser Gelegenheit auch über die Dauerausstellung besucht, wobei einige Teilnehmer sich Anstrengungen, die sich der FAN unter Leitung von Dr. Gebers besonders für die Funde unseres im Vorjahr verstorbenen und Alf Metzler MA vor etlichen Jahren um die Wiederentdeckung Mitglieds Tony Clunn interessierten, dem die Römer-AG der alten Fundstelle und deren erneute Untersuchung gemacht verbunden bleibt. hatte. Den Abschluß bildete dann die Sonderausstellung „Die Wurzeln Der Nachmittag galt ganz der Geländeerkundung: zuerst der der Rose“ im Roemer-Pelizaeus-Museum, und zwar wieder unter natürlich neuzeitliche, aber idyllisch im Wald gelegene ehemalige der bewährten Führung durch Dr. Lehmann. Herausragend Eiskeller des Gutes Alt-Barenau, bei dem bei jedermann waren z.B. die Modellrekonstruktionen des Domes nach Assoziationen zum mutmaßlichen Aussehen des seit Jahr- Abschluß der Grabungen, die endlich bestimmte wichtige hunderten vergeblich gesuchten von Germanicus angelegten Fragen klären konnten. Tumulus unvermeidlich waren. Dann parkten wir die stattliche Sicher weniger wichtig, aber für die Corvey-Interessierten bequemer Sitzecke u.a. das Problem der Herkunft der drei dort besonders interessant war eine Vitrine mit ziemlich unschein- von Clunn gefundenen römischen Schleuderbleie, die vor über baren Objekten, die bei Grabungen im Innern der Kirche der einem Vierteljahrhundert Auslöser der Kalkriesegrabungen ehemaligen wurden. PKW-Reihe vor dem Tor von Alt-Barenaue und diskutierten in Corveyer Benediktiner-Reichsabtei geborgen wurden: neben einigen Fliesen (römische Spolien?) vor allem Danach ging die Fahrt zu insgesamt vier Stationen weiter: zur zwei vergoldete Metallbuchstaben, die aus einer „imperialen“ Stelle des umfänglichen von Clunn entdeckten Denarhortes an verlorenen Inschrift stammen und unbedingt metallurgisch (in der Alten Heerstraße (Lutter Damm) - zum vermutlichen Anlass Hannover!) beprobt werden sollten (vergleiche dazu Bericht Dr. der Niederlegung dieses Hortes und der beiden weiteren Horte R. Lehmann zu Buchstaben aus Corvey, hier S. 13). in unmittelbarer Nachbarschaft längs dieser Heerstraße hat Einige Unentwegte ließen es sich schließlich nach offiziellem Gerhard Steinborn spontan eine hochinteressante These Veranstaltungsende nicht nehmen, noch in Ruhe in einer entwickelt -, dann wieder auf die andere Seite des Mittelland- gemütlichen Eisdiele einen schönen, aber ungewöhnlich heißen kanals zum Hof Dröge, wo unser Mitglied Dr. Joachim Harnecker Tag ausklingen zu lassen. vor nunmehr bereits etlichen Jahren so erfolgreich wichtige Funde und sogar Befunde in einer kaiserzeitlichen Siedlung Wilhelm Dräger zutage gefördert hat, hierauf zur „Varusdeele“ auf dem Hof Sommerfrüchte, der unmittelbar an den Oberesch und an wichtige römische Fundstellen (an denen zwei Aurei gefunden wurden) grenzt. Die letzte Station war dann das „Felsener Feld “in Schwagstorf, Exkursion der Römer-AG nach Kalkriese nur 7 km vom Oberesch entfernt und lange Zeit nach einem Braasch-Luftfoto in „Verdacht“, eines der bei Kalkriese vermute- Samstag, 1.8.2015 ten römischen Marschlager zu sein. Leider ist inzwischen ein Nach der Begrüßung an der Museumsrezeption besuchten wir erheblicher Teil, und zwar gerade der „verdächtige“, total zunächst die Germanicus-Sonderausstellung, die vor allem überbaut. Immerhin ist der genaue Fundort einer derzeit wieder wegen der vielen Leihgaben antiker Portraits bestach. untersuchten subferraten römischen Münze bekannt. Dann verschafften wir uns von der Aussichtsplattform des Auch der Abend im einsam im Campemoor gelegenen Gasthaus Museums einen Überblick: einmal in die Weite bis zu den Beinker, dem FAN von vorangegangener Einkehr vertraut, diente Dammer Bergen und der Dümmerregion, dann aber vor allem nicht nur der Erholung. Das Gespräch nach einem konzentrierten über den berühmt gewordenen sog. „Oberesch“, dem das Fachvortrag von Dr. Robert Lehmann über seine metallurgischen Hauptinteresse der Forschung gilt und dem das archäologische Untersuchungen an einem für die Datierung des Kalkrieser Abschlußwerk „Kalkriese VI“ mit 35 eindrucksvollen Fund- Fundareals wegen einer äußerst schwer zu lesenden Ritzinschrift verbreitungskarten gewidmet ist. besonders wichtigen Fundstück wurde erst Schlag Mitternacht abgebrochen. 9 bestandes Ptolemaios“ von 8.000 (!) Koordinaten (Orte, Flussmündungen, -quellen und Gebirge) verwies: wie groß ist die Heterogenität der ursprünglichen Messdaten, die wohl zum Teil von römischen Agrimensoren vor fast 2000 Jahren zusammengetragen wurden? Ptolemaios stützte sich jedoch auch auf Reiseberichte und astronomisch-geographische Fachliteratur aus der Bibliothek von Alexandria. Wie genau bzw. wie fehlerhaft sind diese Daten übertragen und weiterverarbeitet worden? Welches Ausmaß haben grobe Fehler hierbei? Wo liegt der eigentliche Nullmeridian der Längengradeinteilung? K.-H. Schulze führte beispielhaft vor Augen, wie plausiblere Ergebnisse für Ortskoordinaten zustande kommen können, z.B. Abb. 2: Die Exkursionsteilnehmer im Römerpark Kalkriese durch Zahlendreher oder unter Annahme variierter Daten, die (Foto: W. Pollak) dann zu eindeutigen, plausiblen Ortsidentifizierungen führen (können). Dieses Prinzip verdeutlichte er dadurch, statt der Sonntag, 2.8.2015 Flussquellen die Punkte der Schiffbarkeit weiter flussabwärts als Auch das Frühstück bot reichlich Zeit zum Gedankenaustausch Referenzpunkte anzunehmen. Zudem legt Herr Schulze allen und zu darauf aufbauenden Verabredungen. Dann war die seinen Berechnungen eine Maßstabsanpassung um den Faktor spannende Frage, ob es uns gelingen würde, die der Römer-AG 0.8 vor, weil Ptolemaios die zu kleine Erdkugel des Marinos durch diverse Grabungsführungen von Alf Metzler vertraute (Äquatorumfang nur 32006 km statt 40000 km) zugrunde gelegt Fundstelle der neolithischen Wege im riesigen Campemoor hatte. Allein hieraus resultiert für das gesamte „Rechenwerk“ eine wiederzufinden, aber es gelang erstaunlich mühelos. Verständ- systematische Verfälschung. licherweise sind nach Grabungsabschluss nur noch Spuren der jahrelangen Tätigkeit schwach auszumachen. Diese „Maßstabsverschiebung“ konnte dann auch Peter Oppitz, Der Abschluss wurde dann wie geplant zur Mittagszeit am der aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Marienmünster gekommen Dümmer gemacht, und zwar nicht wie ursprünglich geplant in war, in seinem anschließenden Vortrag bestätigen. Könne man Lembruch, wo der FAN so gute Erinnerungen an die „Strandlust“ in den „bekannten“ Bereichen westlich des Rheines und südlich hat, sondern praktischerweise schon auf der Durchreise am der Donau von konkreten zivilisierten Lokationen ausgehen, so Oldenburger Ufer im Olgahafen in Dümmerlohausen, wo wir sei es für die „Germania Libera“ schwieriger, auf der Basis den einzigen freien Tisch mit Seeblick erspähten bei einem dem unsicherer Koordinaten/Messwerte die entsprechenden wahren herrlichen Sommerwetter angepassten Publikumsandrang. (heutigen) Orte zu identifizieren. Wilhelm Dräger Für seine Berechnungen nahm er so die „wahrscheinlich sicheren“ Flussmündungen von Weser und Weichsel und am Hochrhein das alte „Augusta Raurica“ als feste Referenzpunkte. Diesen Gedanken schickte er eingangs die Vita von Ptolemaios Exkursion der Römer-AG zu PTOLEMAIOS - Marienmünster und Kloster Corvey mit seiner „Geographike Hyphegesis“ voraus. Er sprach von den neun Büchern mit Listen von Orten aus der Zeit um das Jahr 160 Am 12. September 2015 traf sich unsere Römer-AG zu ihrer schon länger geplanten Veranstaltung im bewährten Tagungslokal „Klosterkrug“ in Marienmünster, Kr. Höxter, Weserbergland. Nach einer herzlichen Begrüßung führte Gerhard Steinborn, für den es ein Heimspiel war, die „internationalen“ Teilnehmer aus Hessen, NRW und Niedersachsen durch diese gemütliche Atmosphäre. Im Mittelpunkt stand die Diskussion um den Beitrag von Peter Oppitz (Co-Autor Gerhard Steinborn) „Der Quellcode des Ptolemaios“, veröffentlicht in der Geographischen Rundschau. (1) Eingeleitet wurde das Thema durch den Beitrag von Karl-Heinz Schulze, der aus Dortmund angereist war. In ausführlicher Weise ging er auf die hochkomplizierte Thematik ein, indem er auf die vielen Aspekte, „Fallstricke“ und Unsicherheiten des „Daten- 10 Abb. 1: Die Runde „Ptolemaios“ in Marienmünster, vorne: P. Oppitz, rechts: K.-H. Schulze. (Foto: E. Heller) n. Chr., er erklärte das geographische Koordinatensystem und mit dem mehr als 20-fachen die große innere Unruhe der BIG ging auf die Klimata des Marinos von Tyros ein. P. Oppitz stellte DATA des Ptolemaios. Im günstigsten Fall entsprechen ebenso wie K.-H. Schulze den Längengrad-Nullbezug vom 5 Bogenminuten bei den Breitengraden 7,4 km. Der SPIEGEL Ptolemaios in Frage. Seiner Meinung nach liege dieser in Puerto dokumentiert dazu in seiner Ausgabe 39/2010 über die Rico auf Gran Canaria, abweichend von K.-H. Schulze, der „Berliner Kartografen“ eine Verortungsgenauigkeit im Bereich diesen in Madeira sieht. Welche Länge zwischen 150 bis 210 m von 10 bis 20 km. (2) legte Ptolemaios dem Stadion zugrunde? Die Analyse von Dr. Lehmann ließ weiterhin die Aussage zu, Wie umfangreich sind die Abschreibfehler der Textbe- dass 68% aller Daten stark fehlerhaft seien. Diesen Tatsachen schreibungen in der Majuskel-Schreibweise vor dem 9. Jh.? gelte es bei der weiteren Betrachtung dieser Thematik ins Auge Eine (positive) Prüfung seiner Berechnungsmethode auf Zuver- zu sehen. Vorläufig zusammenfassend konnte an dieser Stelle lässigkeit erfolgte durch einen Vergleich mit den Aussagen von gesagt werden, dass es das Ziel aller Ptolemaios-Forschungen „Berlin“ (Kleineberg et. al.). (2) (3) ist, durch entsprechende „Aufbereitung“ der 2000 Jahre alten heterogenen Messdaten die wahren (heutigen) Zielorte zu identifizieren unter Berücksichtigung/Elimination aller Fehler kategorien – soweit dies überhaupt möglich ist. „Unterbrochen“ wurden die Vorträge durch eine der schönsten „Nebensächlichkeiten“: fleischige und nicht-fleischige Gastronomie in der Mittagspause im Refektorium des Klosterkruges, begleitet von einem regen wie „PTOL-Len“ bratkartoffelmäßigen Gedankenaustausch. Nach der klösterlichen Mahlstärkung zog uns Dr. Lehmann erneut in seinen Bann, als er über Römischen Mörtel referierte – den Mörtel (Cementum), von dem gelegentlich vermutet wird, dass dieser seit 2000 Jahren nicht nur das römische Fundament zusammenhält. Wir hörten u.a., dass es möglich ist, mit den Mitteln der Abb. 2: Alte kartografische Darstellungen PTOL (4) Mikroskopie und des Raster-Elektronen-Mikroskops (REM) (Grafik: E. Heller) visuell die typischen Strukturen eines römischen Mörtels (mehr Tuffgestein) zu erkennen. Eine Besonderheit ist, dass sich Noch vor der Mittagspause referierte Dr. Robert Lehmann unter Risse im Mörtel, die z.B. durch Erschütterungen/Erdbeben dem Titel „Anmerkungen zu Ptolemaios“: Er ging auf die Güte entstehen, anschließend selbständig wieder verschließen! der Originalmessdaten und deren Weiterverarbeitung ein. Die abschließende, übergreifende Diskussion über die Ausgehend vom Stand der damaligen „Technik“ führte er aus, fruchtbaren Beiträge machte noch einmal die Vielfalt aller dass die um 200 v. Chr. unbekannten trigonometrischen Unwägbarkeiten deutlich, die es durch weitere Forschungen Rechenformeln um 200 n. Chr. noch Abweichungen von den einzugrenzen gilt, soweit überhaupt möglich. endgültigen fehlerfreien Formeln gehabt hätten, derer Ptolemaios sich bedient habe. Diese resultierten in eine weitere Im Anschluss folgte ein „Außentermin“ in Corvey/Höxter, dem Verschlechterung der Ergebnisqualität. sich noch zahlreiche Teilnehmer anschlossen. Wenn wir es auch nicht wagten, uns heimlich in die Fugen des Westwerkes hinein Um dieser ganzen Unwägbarkeiten besser Herr werden zu zu kratzen, um auf den vermutlichen römischen Mörtel zu stoßen, können, stellte Dr. Lehmann ein computergestütztes Verfahren so gab es doch einen Trost: Der „moosbegrünte“ Verschluss vor, wie man es heute bei großen (digitalen) Datenmengen einer rezenten Trinkflasche - gefunden vom Verfasser dieses jeglicher Art – BIG DATA - anwendet: Cluster-Analyse. Dieser Berichtes – konnte mit seinem römischen Aufdruck einen Rechenprozess bringt Licht in die verborgenen Datenstrukturen. „signifikanten“ Schatten auf das „Karolingische Westwerk“ von Es gelte, zur Prüfung auf Konsistenz - unter Einbeziehung von Kloster Corvey (auf der Eintrittskarte) werfen. Ergänzend sei in Ähnlichkeiten und Differenzen dieses BIG DATA-Komplexes - diesem Zusammenhang erneut eine alte Frage aufgeworfen: Strukturen und Systematiken zu erkennen. Der erste Schritt der gibt es mit dem Westwerk vielleicht doch eine vorkarolingische Vorverarbeitung – die Ausreißer-Elimination - verlief erst bzw. vorchristliche Vergangenheit, die in der Römischen störungsfrei nach Vorgabe einer Varianz von 2°! Man bedenke, Kaiserzeit ihren Anfang nahm? dass den Orts-Koordinaten Entfernungsangaben in den Größenordnungen zwischen „Stadion“ und „Tagesreise(n)“ zugrunde Ein schöner Tag bei sonnigem Wetter ging zu Ende – und: gelegt werden. „Liefert“ Ptolemaios als Genauigkeit seiner gedankt sei ausdrücklich Wilhelm Dräger für die „Vorfeld- Ortskoordinaten 5 Bogenminuten im Ergebnis, so erkennen wir organisation“ und Gerhard Steinborn für die „Vorortorganisation“ 11 inclusive Führung durch den schönen Tag in Marienmünster, den Buchtipps Vortragenden und allen Interessierten, die ins Weserbergland gekommen waren. Eckhard Heller Bernd U. Hucker (Hrsg.): Eine Burg im Moor - die Arkeburg Anmerkungen/ Literatur: [1] Oppitz, Peter u. Steinborn, Gerhard: Der Quellcode des Ptolemaios. Geographische Rundschau 5/2015 [2] Kleineberg, Andreas et. al.: Germania und die Insel Thule. Darmstadt 2010. [3] Nüsse, Hans-Jörg / Marx, Christian / Lelgemann, Dieter: Germania magna – Ein neuer Blick auf eine alte Karte. Germania – Anzeiger der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, Verlag Philipp von Zabern, Jahrgang 89, 2011. [4] Heller, Eckhard: Die „Germania Magna“ des Ptolemaios – Entsprang die Weser für die Römer am Harz? VDVmagazin 6/2012. Solivagus-Verlag, 2015, 152 S., 19,90 €, ISBN 978-3-943025-25-5 Prof. Dr. Bernd U. Hucker lehrt Landesgeschichte an der Universität Vechta; er ist habilitierter Mediävist und FAN-Mitglied. Die Arkeburg bei Goldenstedt zählt zu den wichtigsten archäologischen Bodendenkmalen im norddeutschen Raum. Als größte bekannte Ringwallanlage Nordwestdeutschlands beeindruckt sie noch heute jeden Besucher. In einem institutionenübergreifenden Forschungsprojekt wurde 2014 damit begonnen, die Arkeburg archäologisch wie historisch zu erforschen. Fischer, Doris / Besau, Gisela: Kochen wie im Mittelalter Geschichte, Zutaten, Rezepte 128 S.,122 farb. und 2 s/w Abb., Theiss-Verlag/WBG, Darmstadt, 2015, 16,95 €, ISBN: 9783806228540 Doris Fischer ist Grabungstechnikerin, FAN-Mitglied und Autorin weiterer Bücher zum Leben Abb. 3: Das karolingische Westwerk von Kloster Corvey (Foto: W. Pollak) 12 im Mittelalter. Archäometallurgische Beiträge: Römische Buchstaben in Corvey? sogenannte charakteristische Fluoreszenzstrahlung erzeugt wird, Im Weltkulturerbe Kloster Corvey wurden im Füllschutt der Bündelung der Röntgenstrahlung auf einen winzigen Messfleck ersten Außenkrypta, mit dem Westwerk wohl einem der ältesten von 50 µm kann sogar die ganze Probe abgerastert werden, so Bereiche des Klosters, in den Jahren 1975-77 bei Ausgra- dass sogenannte Elementverteilungskarten generiert werden bungen zwei verbogene, vergoldete Buchstaben aus Buntmetall können. Diese stellen die lokale Verteilung der Elemente als eine gefunden (Abb. 1). Es handelt sich um ein I oder abgebrochenes farbige Karte dar. Die Technik wird dann µRFA genannt, die T (Befund 20&22 F18, KI18, Phase B: Erweiterung des Chores, Ergebnisse sind in der Abbildung 2 dargestellt. Hellere Bereiche vor 873) sowie ein O (Bef. 17&22 F17, KI18, Phase A: Gründung stehen hierbei für höhere Konzentrationen des jeweiligen der ersten karolingischen Kirche, 822–840). Elements, dunklere Bereiche für niedrigere. welche anschließend gemessen wird. Diese erlaubt Aussagen zu den enthaltenen Elementen und deren Gehalten. Durch Die pRFA-Messung ergab, dass beide Buchstaben aus Kupfer (> 96% Cu) bestehen. Diese enthalten als wichtigste Verunreinigung Blei (um 3 % Pb). Die Nägel bestehen aus einer Bleizinnbronze. Auf der Oberfläche der Buchstaben und der Nagelköpfe liegt eine dicke Vergoldung auf. Der Nachweis von größeren Mengen Quecksilber (bis zu 10% in der Oberfläche) Abb. 1: Die beiden in Corvey bei Ausgrabungen gefunden Abb. 2: µ-RFA Elementverteilungskarte für einen Ausschnitt vergoldeten Buchstaben (O und I oder abgebrochenes T) des Buchstabens O mit Halterungsnagel. Rot = Kupfer, gelb nach römischem Stil (Analysenr. 4350-51). = Gold, grün = Quecksilber. (Fotos: R. Lehmann) belegt eine Feuervergoldung, bei welcher auf das gebeizte Die Buchstaben enthalten Reste von Nägeln, mit welchen sie in Kupfer Goldamalgam aufgetragen wird, welches durch Erhitzen eine Tafel eingeschlagen waren. Allerdings passen sie von der anschließend umgewandelt wird. Dabei verdampft das flüchtige Größe her nicht in die Inschriftentafel aus der Gründungszeit im Quecksilber zum Großteil und lässt eine poröse Goldoberfläche Westwerk (ehemalige Klosterkirche), wo ursprünglich doppelt so zurück. Die Oberfläche wird anschließend poliert, um den große Buchstaben eingesetzt waren. Da der karolingische Stil Glanzeffekt zu erzielen. Die Goldschicht weist keine nennens- der Buchstaben (capitalis quadrata) dem römischen angelehnt werten Verunreinigungen von Silber oder Kupfer auf, d.h. es ist, wurde oftmals hinterfragt, ob die Buchstaben vielleicht sogar wurde kein legiertes Gold, sondern relativ reines Gold zur doch römisch sein könnten und damit einen Hinweis dafür liefern Vergoldung eingesetzt. Die Elementverteilungskarten bestätigen würden, dass Corvey tatsächlich römische Wurzeln haben dies bei beiden Buchstaben. könnte. Diese Frage sollte nun durch archäometrische Analysen näher beleuchtet werden. Die Analysen wurden vermittelt durch Der Einsatz von reinerem Gold zur Feuervergoldung erlaubt eine Birgit Mecke (LWL-Archäologie für Westfalen, Münster), Markus abschätzende Datierung. Aus hunderten Analysen von mittel- C. Blaich (RPZM, NLD) und Wilhelm Dräger (FAN). alterlichen Kirchenschätzen kann geschlossen werden, dass reines Gold auf Kupfer in der Regel nur bis etwa 1175 n.Chr. Die archäometrische Analyse der beiden Buchstaben erfolgte eingesetzt wurde. Auf Grund der Abnahme von Goldimporten aus durch den Autor im Arbeitskreis Archäometrie des Instituts für Afrika im 12. Jh. wurde Gold in Europa noch rarer und musste Anorganische Chemie der Leibniz Universität Hannover. Die gestreckt werden. Dies lässt sich an den Kirchenschätzen gut Ermittlung der groben Zusammensetzung erfolgte mittels der beobachten. Ab dem letzten Viertel des 12. Jhs. weisen die portablen Röntgenfluoreszenzanalyse (pRFA). Die Röntgen- Vergoldungen erhöhte Anteile von Silber, seltener Kupfer auf. fluoreszenzanalyse erlaubt es, zerstörungsfrei und ohne Dieses gestreckte Gold musste dann nach der Vergoldung mit Berührung die Zusammensetzung zu ermitteln. Hierbei wird Säure gebeizt werden, um einen reinen Goldton zu erzeugen. weiche Röntgenstrahlung auf die Buchstaben eingestrahlt. Diese Nach dem 12. Jh. wurde immer häufiger Silber statt Kupfer tritt mit den Atomen der Buchstaben in Wechselwirkung, wobei vergoldet, wohl weil der Silberpreis sank und die Kirchen reicher 13 Römischer Mörtel in Corvey? wurden. Deshalb ist vergoldetes Kupfer typisch für das Frühmittelalter bis zum 12. Jh., danach wurde es durch vergoldetes Silber verdrängt. Bei Ausgrabungen im Westwerk des Klosters Corvey, seit 2014 Die Anwesenheit von Blei im Kupfer im Prozentbereich stört Weltkulturerbe, wurde ein zusammengebackener Klumpen dabei die Vergoldung massiv. Dies wussten bereits die Römer. gefunden, welcher Rätsel aufgab. Manche sehen darin So tritt beim Erhitzen des Amalgams auf bleihaltigem Kupfer römischen Beton. Ebenso wurden ungewöhnlich harte Mörtel- das Blei tropfenförmig aus und erzeugt in der Goldschicht reste aus sekundär verbauten Steinen in der Mauer an der unansehnliche graue Flecken. Um diese Flecken zu kaschieren, Weserseite (äußere Ostmauer, sog. „Düstere Pforte“) festgestellt. war eine mehrfache und dicke Vergoldung notwendig, was sehr Die ungewöhnliche Härte ließ auch hier mögliche Reste von kostenintensiv war. Dies ist der Grund, wieso die Römer derartige römischer Technik vermuten. Mit archäometrischen Analysen Vergoldungen von bleihaltigen Objekten in der Regel mieden. am Institut der Anorganischen Chemie der Leibniz Universität Diese Vergoldungen waren qualitativ minderwertig und ver- Hannover sollte geklärt werden, ob diese Auffälligkeiten auf brauchten viel Gold. Das Wissen um die schädliche Wirkung von römisches Baumaterial schließen lassen könnten. Die Klärung Blei bei Vergoldungen ist jedoch im frühmittelalterlichen Europa dieser Frage sollte einen Beitrag zur Diskussion liefern, ob verloren gegangen. Erst im Hochmittelalter wurde dieses Wissen Corvey nicht nur auf karolingische Gründung zurückgeht, neu entdeckt. Der berühmte Goldschmied Theophilus Presbyter sondern möglicherweise sogar römische Wurzeln haben könnte. (wohl identisch mit Rogerus von Helmarshausen) schrieb erst im Der Nachweis von opus caementitium wäre hier ausschlag- 12. Jh. nieder, dass Blei im Kupfer bei der Vergoldung massiv gebend. stört und deshalb sehr reines und deshalb teureres Kupfer eingesetzt wurden muss. Nur reines Kupfer kann dünn vergoldet Opus caementitium bezeichnet römischen Beton, welcher zu den und so Gold eingespart werden. Dieses Wissen setzte sich erst innovativsten Baustoffen der Antike zählte und architektonische ab Ende des 12. Jh. wieder durch. Experimente erlaubte. Während heute weit mehr als 50 % der Bauwerke aus Beton sind, etablierte sich der römische Beton erst Der Nachweis von bleihaltigem Kupfer und einer dicken im 1. Jh. n.Chr. Der erste Nachweis für römischen Beton wurde Vergoldung bei den vorliegenden Buchstaben erlauben unter der für 273 v.Chr. in Cosa (Spanien) geliefert. Die besterhaltenen Berücksichtigung der geschichtlichen Überlieferungen und antiken Bauwerke, wie das Pantheon in Rom (114-118 n.Chr.) Reihenanalysen die Einschätzung, dass die beiden Buchstaben und das Grabmal des Theoderich des Großen (6 Jh. n.Chr.) in wohl NICHT römischen Ursprungs sind. Sie sind mit hoher Ravenna, wurden aus opus caementitium hergestellt. Dieser Wahrscheinlichkeit im Frühmittelalter, genauer vor 1175 n.Chr., hochqualitative Beton hat eine Lebensdauer von über 2000 entstanden. Dies bedeutet, dass sie trotz der römisch Jahren, während im Vergleich dazu moderne Betonbauten in der aussehenden Schriftart keine Bestätigung der erwogenen Regel eine Lebenszeit von 70-120 Jahren haben. Der Grund Datierung der alten Klosterkirche, insbesondere des Kerns des hierfür liegt in der Zusammensetzung des modernen Betons. Ab sog. "Westwerks", in die römische Zeit liefern können. Vielmehr 1950 wird immer mehr günstigeres Kaliumoxid statt Calciumoxid bestätigen die Ergebnisse eine Einordnung der Bauphase, in der beigemischt, welches wasserlöslich ist und so den Beton diese Buchstaben verwendet wurden, in das Frühmittelalter. kurzlebiger macht. Beton wird allgemein aus Zement, Wasser Um zu erfahren, woher das Metall für die Buchstaben stammt und Zuschlägen (Sand, Steine usw.) hergestellt. Das Bindemittel (sowohl das Kupfer als auch das Gold), wird eine Bleiiso- (Zement, Kalk u.a.) ist dabei entscheidend für die Qualität und topenanalyse angestrebt. Dann kann auch diskutiert werden, wie Langlebigkeit. groß das Einzugsgebiet für Metall in Corvey war und wer diese Römischer Beton besteht im Wesentlichen aus gebranntem Inschrift möglicherweise stiftete. Die Metallherkunft kann zudem Kalkstein (Calciumcarbonat wird durch Hitze zu Calciumoxid) mit eine bessere zeitliche Einordnung erlauben, da die Bezugs- oder ohne Ton und ggf. Puzzolan (vulkanische Asche/Tuff, quellen sich im Laufe des Frühmittelalters häufig drastisch Ziegelmehl). Dabei ist eine sehr feine Mahlung der Bindemittel änderten, sei es durch Konflikte oder neu entdeckte Lagerstätten. und des Puzzolans entscheidend, da dadurch die chemische Reaktionsoberfläche vergrößert und der resultierende Beton so Dr. Robert Lehmann druckfester (stabiler) und enorm langlebig wird. Der Vorteil des Einsatzes von Tuff (Vulkangestein) ist, dass der Beton selbst Literatur: unter Wasser aushärtet und durch Erdbeben entstehende A. S. Gai, K. H. Krüger, B. Thier, Die Klosterkirche Corvey. Mikrorisse sich selbstständig schließen. Dadurch kann der Beton Geschichte und Archäologie (Denkmalpfl. u. Forsch. in Westfalen bei optimalen Bedingungen Jahrtausende überdauern. 43.1.1), Darmstadt, Verlag Philipp v. Zabern, 2012, S. 438 – 440, Das Geheimnis liegt u.a. in der Bildung des Minerals Strätlingit, U. Lobbedey, Vergoldeter Buchstabe einer Inschrift. In: eines Kalzium-Aluminium-Silikats, welches die Risse ausfüllt. Der Ausstellungskatalog Paderborn 1999, Bd. 2, S. 571-572 Tuff kann auch durch sehr fein gemahlenes Ziegelmehl ersetzt werden, allerdings ist der resultierende Beton weniger hochwertig. Im Rheinland nutzen die Römer Tuff aus der Eifel, in Italien meist vom Vesuv. 14 In der karolingischen Zeit, in welche das Kloster Corvey Proben aus Corvey (Abb. 1-2) keinerlei Spuren dieser allgemein datiert wird, baute man dagegen mit gebranntem, besonderen Minerale auf. Im Gegenteil, die gefundenen gelöschten Kalk, welcher mit feinem Sand und organischen Strukturen weisen einen Mörtel aus, welcher typisch für Zuschlägen vermischt wurde. Der resultierende Mörtel hatte mittelalterliche und spätere Produktion ist. Die besondere Härte jedoch keine so dauerhafte Bindekraft wie römischer. erklärt sich durch teilweise Rekristallisation und Versteinerung/ Für die Untersuchung standen mehrere Proben aus Corvey zur Sinterprozesse (Abb. 2). Verfügung, welche in unterschiedlichen Jahrzehnten und Im Mörtel aus Corvey konnten demnach keinerlei Spuren Lokalitäten an verdächtigen Stellen entnommen wurden. Die römischen Mörtels oder Betons identifiziert werden. Die Analysen wurden durch Peter Oppitz und Wilhelm Dräger Bausubstanz passt zu den im Vergleich zu römischen Techniken vermittelt und durch den Autor ausgeführt. Peter Oppitz besorgte geringeren Qualitäten des Mittelalters. zudem mehrere Vergleichsproben aus der Eifel (Abb. 3), der Autor reiste nach Sizilien, um italienische römische Mörtelproben Dr. Robert Lehmann vor Ort zu nehmen (Abb. 4). Als Analysetechnik kam die Rasterelektronenmikroskopie (REM- Literatur: EDX) zum Einsatz. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 1-4 P. Oppitz, Römischer Mörtel: http://www.roemerfreunde-weser. dargestellt. Während in den Vergleichsproben mit Tuff aus der info/römischer-mörtel.pdf Eifel eindeutige Marker von römischem Beton (z.B. das Mineral H.-O. Lamprecht, opus caementitium Bautechnik der Römer, Strätlingit u.a.) identifiziert werden können (Abb. 3), weisen alle Beton-Verlag 2001 Abb. 1: REM-Aufnahme einer Mörtelprobe aus der Ausgra- Abb. 3: Römische Mörtelprobe mit Tuff aus der Eifel. REM- bung 1975-77, zusammengebackener Klumpen. Typische EDX- Aufnahme. Deutlich sind die Strätlingit-Kristalle Calicit-Kristallisationen und Mörtelbestandteile, jedoch keine (Ca2Al[(OH)6AlSiO2(OH)4]·2.5 H2O) in den Tuffporen zu er- Hinweise auf römische Rezepte erkennbar. kennen, welche typisch für opus caementitium sind. Abb. 2: REM-Aufnahme einer Mörtelprobe von den sekun- Abb. 4: Römische Mörtelprobe mit massiven Tuffanteilen där verbauten Steinen in der Außenmauer zur Weser. Typi- aus dem Vulkan Ätna (Etna, Sizilien). Deutlich sind die Mi- sche Versinterungen von Mörtelbestandteilen, jedoch keine kroporen des Vulkanglases erkennbar, welche im Corvey- Hinweise auf römische Rezepte erkennbar. Mörtel nicht vorkommen. (Fotos: R. Lehmann) 15 „Etwas Rullstorf ist immer mit dabei“ Germanicus im Spiegel der frühkaiserzeitlichen Münzprägung * Dr. Anke Hein, Familienmitglied des FAN und manchem noch bekannt durch ihren Vortrag im Jahre 2004 und ihren Beitrag in Nero Claudius Drusus Germanicus wurde am 24. Mai des der FAN-Post 2-2007 zu ihren Grabungserlebnissen in China, Jahres 15 v.Chr. geboren. Er trug den Namen seines Vaters, der wird ab Januar 2016 an der School of Archaeology der im Jahre 12 v.Chr. das Oberkommando in Germanien erhalten Universität Oxford in England Chinesische Archäologie lehren. hatte und dafür posthum mit dem erblichen Ehrentitel Oxford ist in der Geschichte der Archäologie mit berühmten "Germanicus" ausgezeichnet wurde. Als Mitglied des Kaiser- Namen verbunden. Auch bei uns bekannt sind Sir Arthur hauses durchlief Germanicus die für die römische Oberschicht Evans, der Ausgräber von Knossos, Thomas Edward Lawrence übliche Karriere wesentlich schneller. Am Beginn stand das Amt (Lawrence of Arabia) und Dame Kathleen Kenyon, die Ausgräbe- des Quästors, welches er im Jahre 6 bekleidete. Zwischen 7 und rin von Jericho; sie war auch Prinzipalin des St. Hugh's College, 8 befehligte er eine militärische Einheit im pannonischen Krieg dem Anke Hein angehören wird. und übernahm 9 den Oberbefehl als Nachfolger seines Adoptivvaters Tiberius. Bald jedoch musste er dieses Oberkommando wieder abgeben und Tiberius erhielt erneut den Oberbefehl und beendete diesen Krieg. Die Meutereien der Rheinarmeen nach Augustus Tod im Jahre 14 und die Thronbesteigung des Tiberius brachten Germanicus erneut ins Zentrum der Ereignisse. Nachdem die Aufstände beendet worden waren, zog er mit rund 30.000 Mann erneut ins germanische Gebiet. Dieser Feldzug endete im Jahre 17 und damit auch die Pläne, Germanien dauerhaft dem römischen Reich territorial einzuverleiben, ging nun doch keine unmittelbare Gefahr mehr von den rechtsrheinischen Gebieten aus. Das politisch wichtigste Ereignis dieser Feldzüge war dabei sicherlich die Rückgewinnung von zwei der drei unter Varus verlorenen Es ist die erste Professur dieser Art in Europa, die ausschließ- Feldzeichen. Germanicus wurde nun die Erlaubnis zum Triumph lich unter archäologischen Aspekten ausgeschrieben wurde, gegeben, ein Ehrenbogen für ihn errichtet und ein zweites während sonst eine Einbindung in die Ostasiatische Kunst- Konsulat gewährt. Bis zu seinem Tode im Jahre 19 hielt er sich geschichte oder auch die Sinologie (für die ältere Schriftkultur im Osten des Reiches auf, mit dem Ziel, die Verhältnisse in Chinas) die Regel ist. Man wollte also eine "echte" Prähisto- Armenien neu zu regeln, um dort politische Stabilität zu rikerin, die auch "fieldwork" betreiben kann und lehrt. Kernbereich erreichen. ist die Bronzezeit bis zu den ersten Kaisern, auch wenn die Vertretung des Fachs weiter gespannt ist vom Neolithikum bis zum Hochmittelalter (nach mitteleuropäischen Maßstäben). Leider sind deutsche Universitäten bisher über die Planungsphase für vergleichbare Stellen nicht hinausgekommen. Anke Hein hat unter der Leitung von Dr. Wilhelm Gebers 2003 an der Pipelinetrassengrabung zwischen Stade und Teutschenthal teilgenommen, war im gleichen Jahr im NLD an der Fundaufarbeitung beteiligt und 2005 auch bei den Grabungen in Rullstorf dabei. Sie betrachtet diese "Lehrzeit" als Basis für ihre eigene Grabungstätigkeit; etwas "Rullstorf" und Archäologie Niedersachsens sind also auch im fernen China und im Lehrbetrieb der altehrwürdigen Universität Oxford immer mit dabei. Der Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e.V. wünscht seinem Mitglied Dr. Anke Hein auch weiterhin viel Erfolg im Beruf, Freude an der Archäologie sowie bei der Vermittlung von Kenntnissen zu den ostasiatischen Kulturen. Wir sind stolz, nun auch an der ehrwürdigen Universität in Oxford ein Mitglied zu haben, und freuen uns auf ihren Besuch in Hannover. Dr. Manfred Hein, Dr. Wilhelm Gebers 16 Abb. 1: Fürprägungen der iulisch-claudischen Zeit Abb. 1 gibt einen Überblick über die Prägungen von Augustus Auf dem Avers eines Dupondius erscheint Germanicus in einer bis Claudius, auf denen die Mitglieder der domus augusta, des Quadriga, die Legende verweist auf die Rückgewinnung der Kaiserhauses, dargestellt werden. Diese Stücke werden als Feldzeichen im Jahre 17 (Abb. 3). Auf Assen, die bildtypengleich Fürprägungen angesprochen. In der linken Spalte sind die mehrfach wiederholt werden, ist sein Bild auf der Vorderseite zu Kaiser, in der Zeile blau unterlegt, und darunter die sehen (Abb. 4). Familienmitglieder gelistet. In den nachfolgenden fünf Spalten mit den Nominalen (Aureus, Denar, Sesterz, Dupondius und As) sind die männlichen Mitglieder des Kaiserhauses gelb und die weiblichen grau unterlegt. Es ist von Bedeutung, in welchem Nominal bzw. Münzmetall ein Angehöriger des Kaiserhauses dargestellt wird, waren doch rund 95 % des umlaufenden Geldes in Edelmetall. Hier sollen nun einzig die Darstellungen des Germanicus näher betrachtet werden. Früh werden unter der Herrschaft des Augustus in Nemausus, dem heutigen Nîmes, die sogenannten Nemausus-Asse geprägt. Sie zeigen auf der Vorderseite die voneinander abgewandten Bildnisse des Augustus und des Agrippa. In der Edelmetallprägung wird auf Divus Iulius, den vergöttlichten Iulius Caesar, Abb. 2: RIC (2) 17 Aureus des Caligula, auf der Rückseite das Bildnis des Germanicus, London, British Museum R.6334; Dm 18 mm den Stammvater des iulischen Hauses verwiesen. Ebenso werden die potentiellen Nachfolger Caius und Lucius Caesares im Münzbild aufgebaut und einzig in der Edelmetallprägung thematisiert. Nach deren unerwartetem Tod wird Tiberius nach seiner Adoption im Jahre 4 nun als potentieller Nachfolger aufgebaut. Sein Bildnis begegnet dabei gleichermaßen in der Edel- und in der Buntmetallprägung. Während der Regierung des Tiberius ist die Zahl der dargestellten Familienmitglieder auf Divus Augustus, den Adoptivvater, Livia die Mutter und Drusus den Sohn beschränkt. Ihre Darstellungen sind jedoch nicht gleichermaßen auf die Abb. 3: RIC (2) 35 As des Caligula, auf der Vorderseite das Bildnis des Germanicus nach links, Münzkabinett Berlin 18214268; Dm 30 mm Edelmetall- und Aesprägung verteilt. Dem vergöttlichten Augustus sind allein die aurei und denarii vorbehalten. In der Aesprägung ist seine Person ebenso auf Sesterzen, Dupondien und Assen thematisiert. Während Livia, als Iulia Augusta, nur auf Sesterzen zu finden ist, wird der Sohn Drusus auf Sesterzen, Dupondien und Assen wiedergegeben. Mit der Herrschaft des Caligula wird das Prägeprogramm zur familiären Selbstdarstellung wesentlich umfangreicher. Wiederum werden nicht alle Angehörigen gleichermaßen in der Abb. 4: RIC (2) 57 Germanicus Dupondius, Münzkabinett Edelmetall- und Buntmetallprägung berücksichtigt. Den Brüdern Berlin, 18212923; Dm 28 mm und Schwestern ist allein die Aesprägung vorbehalten: Agrippina minor, Drusilla und Iulia sind auf Sesterzen, Nero und Drusus Caesares auf Dupondien und Assen abgebildet. Der Großonkel Agrippa ist jedoch nur auf Assen zu finden. Divus Augustus und Agrippina maior und Germanicus sind hingegen in der Edel- und Buntmetallprägung repräsentiert. Diese aurei und denarii sind alle von gleichem Aufbau. Auf der Vorderseite ist immer das Bildnis des Caligula wiedergegeben, auf der Rückseite eines der drei Familienmitglieder (Abb. 2). Diese werden mehrfach während der Herrschaft des Caligula thematisiert und stets Abb. 5: RIC (2) 106 As des Claudius, auf der Vorderseite zeitgleich geprägt. Sie sind somit als ein Prägeprogramm Bildnis des Germanicus nach rechts, Münzkabinett Berlin anzusprechen, welches mehrfach wiederholt wurde. 18214305; Dm 30 mm 17 In der Münzprägung des Claudius werden die Mutter Antonia in der Nominalverteilung Unterschiede. Neben den Assen sind minor, der Vater Nero Claudius Drusus Germanicus, die Ehefrau Dupondien nur in Neuss und Augusta Raurica anzutreffen. Agrippina minor und der Sohn Nero Claudius Drusus, der spätere Die deutlichsten Unterschiede in geographischer Verteilung und Kaiser Nero, in der Edelmetallprägung und teilweise auch in der prozentualem Anteil sind bei den Fürprägungen des Claudius zu Buntmetallprägung thematisiert. Germanicus erscheint nur auf erkennen. Einzig Germanicus und Antonia minor sind merklich einem As (Abb. 5) und einem Sesterz. Auf dem größten der im Fundgut der untersuchten Plätze vertreten. Aesnominale ist auch Agrippina maior zu finden. Divus Augustus Während die Dupondien für Antonia minor nur an den beiden begegnet nur zusammen mit Livia, die im Jahre 42 vergöttlicht Fundorten in Rheingebiet erscheinen, zeigen die Asse für wurde, auf einem Dupondius. Die starke Bindung an Augustus, Germanicus das gegenteilige Bild; im Rheingebiet sind sie nicht den Begründer der iulisch-claudischen Kaiserdynastie, wird unter vorhanden, wohl aber in den Funden von Carnuntum und vom Claudius somit aufgegeben. Dafür wird ein potentieller Magdalensberg. Nachfolger massiv im Münzbild aufgebaut. Um einen Eindruck vom Anteil der Fürprägungen innerhalb der Um den Anteil der Fürprägungen im Münzumlauf zu ermitteln, Edelmetallprägung zu gewinnen, müssen Hortfunde untersucht werden die Einzelfunde aus Novaesium (Neuss), Augusta werden. Im Gegensatz zu den Einzelfunden sind hier die Münzen Raurica (Augst/Kaiseraugst), Carnuntum und dem Magdalens- bewußt niedergelegt worden, um später wieder gehoben zu berg untersucht (Abb. 6a). Da die Einzelfunde zumeist aus werden. Hortfunde enthalten in der Regel fast ausschließlich kleineren Nominalen bestehen, vermitteln sie uns nur ein Bild Prägungen aus Edelmetall. Unter den wenigen aussagekräftigen vom Anteil der Familienmitglieder, die in der Buntmetallprägung Schatzfunden der frühen Kaiserzeit wurden die Funde aus der dargestellt wurden (Abb. 8). Villa in Boscoreale bei Pompeji und von Pudokota im heutigen Die Prozentzahlen in der Abbildung 8 beziehen sich auf die Indien herangezogen (Abb. 6b und 7). Gesamtzahl der Funde jeweils eines Kaisers und seiner Angehörigen, bezogen auf den jeweiligen Fundort. Von den Mitgliedern der domus augusta sind in der Aesprägung des Augustus lediglich Tiberius sowie er selbst und Agrippa wiedergegeben. Anteilig sind diese sogenannten NemaususAsse in Novaesium und Augusta Raurica mit rund 20 % nahezu gleich. In Carnuntum sind sie nicht vorhanden; auf dem Magdalensberg liegt ihr Anteil bei knapp 10%. Ähnliches gilt für die Münzen, die Tiberius zeigen: Ihr Anteil ist in den Fundorten am Rhein am höchsten. In der Münzprägung des Tiberius sind von den Angehörigen der kaiserlichen Familie nur Divus Augustus, Drusus und Livia in der Aesprägung vorhanden. Je nach untersuchtem Fundort ist auch ihr Anteil unterschiedlich hoch im Fundgut vertreten. Die Divus Augustus Prägungen sind in Augusta Raurica, Neuss und Carnuntum die weitaus häufigsten Gepräge. Auf dem Magdalensberg entspricht ihr Anteil etwa dem der übrigen Prägungen des Tiberius. Die Gepräge für Drusus Caesar treten demgegenüber nur in Carnuntum und auf dem Magdalensberg deutlich hervor. Unter den Fürprägungen für Caligula sind einzig die Dupondien für Divus Augustus, die Agrippa-Asse und die Dupondien und Asse für Germanicus in bedeutenden Anteilen unter den Funden anzutreffen. Die Münzen der übrigen in der Aesprägung vertretenen Familienmitglieder spielen bis auf die für Nero und Drusus Caesares keine Rolle. Diese sind lediglich in Neuss erkennbar vorhanden. Bei den übrigen Fürprägungen finden sich ebenfalls geographisch bedingte Unterschiede in der Verteilung. Die Divus Augustus Prägungen sind nur anteilig stark mit rund 17% in Neuss und Augusta Raurica. In Carnuntum machen sie dagegen nur knapp 5% aus. Während die Münzen mit Germanicus an allen Orten hinreichend deutlich vertreten sind, gibt es lediglich 18 Abb. 6a und b: Fundorte mit Germanicus-Prägungen Die augusteischen Fürprägungen werden in beiden Funden von Die "Germanicus"-Thematik spielt somit nur in den Jahren den Münzen für Caius und Lucius Caesares dominiert. Unter der zwischen 37 und 41 eine wichtige Rolle. Herrschaft des Tiberius sind die Edelmetallprägungen für Augustus in geringem Anteil vorhanden. Die caliguläischen Ulrich Werz Prägungen für Germanicus dominieren in der Villa von Boscoreale und Pudokota und kommen in etwa gleichen Anteilen vor. Die deutlichsten Unterschiede zwischen beiden Schätzen finden sich bei den Münzen der Regierung des Claudius: * Der Artikel beruht auf einem Vortrag am 9.9.2015 bei der Numismatischen Gesellschaft zu Hannover. Der vollständige Vortrag ist - mit weitere Arbeiten - zum Download unter https://independent.academia.edu/Werz verfügbar. Übereinstimmungen gibt es nur bei dem Anteil der Gepräge für Nero Claudius Drusus, dem zum Nachfolger aufgebauten Sohn. Fürprägungen werden von den einzelnen Kaisern in unterschiedlichen Anteilen geprägt und sind dementsprechend nicht an allen Orten zu gleichen Teilen im Münzumlauf anzutreffen. Ihr Zweck liegt in erster Linie in der familiären Selbstdarstellung. Augustus beschränkt sich auf die Wiedergabe der potentiellen Nachfolger. Unter Tiberius ist der Verweis auf den Adoptivvater, den vergöttlichten Augustus, von besonderer Bedeutung. Erst mit Caligula wird der Kreis der im Münzbild thematisierten Mitglieder der domus augusta sehr stark erweitert und bezieht sich dabei in erster Linie auf die Vorfahren. Nun wird Germanicus erstmals und besonders hervorgehoben. Sein Bild ist auf den Edelmetallwie auf den Aesprägungen zu finden. Im Münzumlauf haben diese Prägungen jeweils einen hohen Anteil. Mit Claudius ändert sich der Kreis der bevorzugten Familienmitglieder. Wie unter Augustus wird wieder der aktuelle Nachfolger besonders berücksichtigt. Im Gegensatz zu Caligula ist somit unter seiner Regierung der dynastische Gedanke auf den zukünftigen Herrscher projiziert. Abb. 7: Anteil der Fürprägungen in den Hortfunden aus der Villa in Boscoreale und aus Pudokota Abb. 8: Anteil der Fürprägungen in den Einzelfunden ausgewählter Fundorte 19 Aus dem Emsland: 18 römische Neufund-Münzen Faustina I, Denar, 141 n.Chr., Hadrianus, Denar, 117-122 n.Chr. (Abb. 11), Faustina II, Denar, 152-154 n.Chr., Wir bleiben am „Ball“, und so möchte die Archäologische Gruppe Marcus Aurelius, Denar, 174-175 n.Chr., Lingen (AGL) mit diesem Bericht auf die Funde der letzten Septimius Severus, Denar, 197-198 n.Chr., anderthalb Jahre eingehen, mit einem Unterschied, dass nicht Sabina, Denar, 128-136 n.Chr., von einer Fundstelle berichtet wird, sondern von mehreren Gordianus III, Antoninian, 243-244 n.Chr. (Abb. 9), Fundstellen und deren römischen Münzen. Aurelianus, Antoninian, 274-275 n.Chr., Dank der schnellen und urteilssicheren Bestimmung der Münzen Constantinus I, Follis, 321 n.Chr. (Abb. 1), durch Bernd Hamborg, die uns immer wieder verblüfft, konnte Commodus?, Denar, 177-192 n.Chr., auch schlecht erhaltenes Fundmaterial noch identifiziert und Magnentius, AE, 350-353 n.Chr., Kaiser RS nach links, damit nahezu alle Münzen bestimmt werden. Wenn man nun die hält Victoria und Labarum, AE, nicht näher bestimmbar, anderen Artefakte wie Keramik, Fibeln, Glasperlen, Bronze- Antoninus Pius, Sesterz, 138-161 n.Chr. schmelzen, Holzkohle von hochgepflügten Feuerstellen, gebrannten Flint usw. mit einbezieht, kann man sich schon ein Interessantes Bild von den Fundstellen machen, deren Funde in der Pflugschicht vorhanden sind. Durch unsere sorgfältige Dokumentation der Funde bzw. der Fundstellen können wir zumindest festhalten und aufzeigen, wie in Zukunft mit den Flächen von Seiten der Amtsarchäologie umzugehen sein sollte. Aber nun zu den Münzen. Aus den Fundstellen vom nördlichen Emsland (Hümmling) sind in dem oben erwähnten Zeitraum folgende römische Münzen geborgen worden (Fotos: R. Kopprasch): Abb. 5+6: Antoninus Pius, Denar, 139 n.Chr., Rom, VS: IMP T AEL CAES HA(DR ANTONINVS), Belorbeerter Kopf des Marcus Aurelius nach rechts, RS: (AVG PIVS PM T)R(P COS II o. …PP), Pax steht nach links, hält Zweig und Füllhorn, AR, 2,51 g, 6, 18 mm, RIC 23 o. 35, gelocht. Abb. 1+2: Constantinus I, Follis, 321 n.Chr. Trier, VS: CONSTANTINVS AVG, Gepanzerte Büste des Constantinus I mit Helm nach rechts, Abb. 7+8: Lucius Verus, Sesterz, 161-169 n.Chr., Rom, RS: BEATA TRANQVILLITAS, Globus auf Altar, darauf VS: Drapierte Büste des Lucius Verus nach rechts, VOTIS XX, oben drei Sterne, im Abschnitt STR, AE, 17,90 g, 30 mm, in der Mitte ein Loch von 9x9 mm, Bil, 1,49 g, 12, 19 mm, RIC VII/S. 190,303 nicht näher bestimmbar Abb. 3+4: Septimius Severus, Denar, 194-195 n.Chr., Abb. 9+10: Gordianus III, Antoninian, 243 - 244 n.Chr., Rom, Emesa, VS: (IMP CAE L SEP SEV PERT AVG COS II), Be- VS: IMP GORDIANVS PIVS FEL AVG, Drapierte und gepan- lorbeerte Büste des Septimius Severus nach rechts, RS: zerte Büste des Gordianus III mit Strahlenkrone nach rechts, (FORTVN REDVC), Fortuna (Hilaritas) steht nach links, hält RS: FORT REDUX, Fortuna nach links, hält Steuerruder und lg. Palmzweig und Füllhorn, AR, 1,57 g, 11, 17 mm, RIC 383 Füllhorn, unter d. Sitz Rad, AR, 1,78 g, 12, 20 mm, RIC 143 20 Aus den Fundstellen im südlichen Emsland sind folgende Münzen geborgen worden: Vespasianus oder Titus, Denar, nicht weiter bestimmbar, Septimius Severus, Denar, 194-195 n.Chr. (Abb. 3), Commodus, Denar, 187-188 n.Chr., Lucius Verus, Sesterz, 161-169 n.Chr. (Abb. 7), Antoninus Pius, Denar, 139 n.Chr. (Abb. 5). Abb. 1: Marcus Aurelius, Denar, 163-164 n.Chr., Rom, VS: M ANTONINVS AVG IMP II, Kopf des Marcus Aurelius nach rechts, RS: TR(P X)VIII (COS III), Minerva steht nach links, hält Zweig und Speer, linke Hand an Schild, 2,09 g, 6 h, 17 mm, RIC 102. Abb. 11+12: Hadrianus, Denar, 117-122 n.Chr., Rom, VS: (IMP CAESAR TRAIAN HADRIANVS AVG), Belorbeerte Büste des Hadrianus, linke Schulter drapiert nach rechts, RS: PM TR(P COS DES II o. COS II o. COS DES III o. COS III), Concordia sitzt na. links, hält Patera u. stützt Ellenbogen auf Spesstatue, unter dem Sitz Füllhorn, im Abschnitt CONCORD, AR, 2,69 g, 7, 18 mm, RIC 17 o. 39b o. 49 o. 118 Diese Münzen stammen wahrscheinlich alle aus germanischen Siedlungsbereichen. Nun könnte man annehmen, dass durch die Datierung der Münzen auch die Zeit der Besiedlung einzugrenzen ist. Aber wenn man die Altfunde einbezieht, kann man feststellen, dass durch Funde einzelner Münzen nicht unbedingt eine genaue Datierung der Fundstelle möglich ist. Die meisten Abb. 2: Sabina, Denar, 136 n.Chr., Rom, VS: (SABINA AVGVSTA), Drapierte Büste der Sabina mit Diadem und Zopf nach rechts, RS: VENE(RI GENETRICI), Venus steht nach rechts, hebt ihr Gewand und hält Apfel, 2,36 g, 6 h, 18 mm, RIC 396. oben genannten Fundmünzen stammen von Fundstellen, auf dem auch ältere Artefakte zum Vorschein kamen, wie Steinbeil, Pfeilspitze der älteren Bronzezeit oder Fibeln wie Almgren 19, Frühlatène-Fibeln, Stufe Latène B2, oder Funde aus dem 4. bis 5. Jahrhundert der sächsischen Zeit auf einem Feld. In diesem Sinne ist es für uns wichtig, die Gesamtheit der Fundstelle unter die Lupe zu nehmen. Ralf Kopprasch Archäologische Gruppe Lingen (AGL) Abb. 3: Antoninus Pius, AS, 138 – 161 n.Chr., Rom, VS: Belorbeerte Büste des Antoninus Pius nach rechts, 7,66 g, 28 mm, nicht weiter bestimmbar. Römische Neufunde im Oldenburger Land In Anbetracht dessen, dass in Südoldenburg (Ldkr. Cloppenburg) in der jüngeren Vergangenheit kaum römische „Neufunde“ gemeldet wurden, freut es mich, im Folgenden einige Funde aus 2014 und 2015 präsentieren zu können. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die aktive Suche nach den Zeugnissen römischer Aktivitäten in unserer Heimat aufzunehmen. Mit aktiver Suche ist gemeint, dass nicht nur in der Theorie geforscht wird, sondern dass diese Theorien mit Befunden und Funden belegt werden. Die hier gezeigten Münzfunde (Fotos: U. Kansy) wurden von Bernd Hamborg, Numismatische Gesellschaft zu Hannover, bestimmt. Abb. 4: Dupondius, VS: Belorbeerte Büste oder Büste mit Strahlenkrone nach rechts, 9,97 g, 28 mm, nicht weiter bestimmbar. 21 Von Langhäusern, Gräberfeldern und Rennfeueröfen - Die Ausgrabungen in Ganderkesee, Ldkr. Oldenburg, 2012 bis 2015 Trompeterfund Dieser Fund hat in den archäologischen Reihen für etwas Aufsehen gesorgt. Ein weiterer „Trompeter“ wurde im Cloppenburger Stadtgebiet gefunden. Schon 2001 hatte Dr. Wilhelmi in den Archäologischen Nachrichten aus Nordwestdeutschland 21 (2001) den Trompeter thematisiert, nachdem ein Exemplar im Aufgrund der Nähe zu einer Ende des Jahres 2009 ausge- Ldkr. Osnabrück gefunden wurde. Dr. Wilhelmi hatte den grabenen archäologischen Fundstelle wurde in Ganderkesee, Trompeter zeitlich nicht eingrenzen können, und daher war die Ldkr. Oldenburg, ein geplantes, 26 Hektar großes Gewerbe- Frage der Datierung lange Zeit offen. (1) gebiet nordöstlich der Autobahnauffahrt „Ganderkesee-West“ von den Denkmalbehörden mit einer archäologischen Voruntersuchung beauflagt. Während bei dieser ersten Maßnahme bereits zahlreiche steinhaltige Gruben und viele Keramikscherben zu Tage kamen, erbrachten auch die vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Stützpunkt Oldenburg, durchgeführten Prospektionen auf der großen, westlich davon gelegenen Bebauungsfläche im Folgejahr viele archäologische Befunde. Siedlungs- und Schlackengruben ließen dabei u. a. einen Verhüttungsplatz vermuten. Die Keramikfunde deckten zu diesem Zeitpunkt bereits den Zeitraum von der älteren vorrömischen Eisenzeit bis hin zur römischen Kaiserzeit ab. Um das erkannte Bodendenkmal im Vorfeld jeglicher Bauvorhaben sachgemäß zu dokumentieren und auszugraben, war somit eine Flächengrabung unerlässlich. Trompeter-Figur aus Cloppenburg (Foto: U. Kansy) Die Ausgrabungen des Areals, welche die Vechtaer GrabungsErst als der dritte Trompeter gefunden wurde, ist auf Anregung firma denkmal3D durchführte, begannen im November 2012 von Wilhelm Dräger eine metallurgische Untersuchung an der (Abb. 1) und endeten nach über 300 Arbeitstagen zunächst im Leibniz-Universität Hannover durch Dr. Lehmann durchgeführt März 2014. Ein schmaler, etwa 5000 m2 großer Streifen im worden. Das Ergebnis war ernüchternd, aber eindeutig: Norden konnte in dieser Zeit noch nicht bearbeitet werden. Dies "Das Objekt besteht aus hochwertigem Messing, mit 25 % erfolgte im Sommer 2015, wobei durch die vorangegangene Zinkanteil und etwa 2 % Blei, Rest Kupfer. Diese Legierungs- Maßnahme bereits sicher war, dass auch diese Fläche voller qualität und Legierungsreinheit ist für derartige Objekte ab der Befunde sein würde. frühen Neuzeit üblich, kommt jedoch vereinzelt auch früher vor. Trotz sehr unterschiedlicher Witterungsbedingungen über diese Die Herkunft des Kupfers konnte dem Alten Lager im Zeit hinweg erfolgten die Grabungsarbeiten ohne größere Rammelsberg zugeordnet werden. Die Isotopie des Trompeters Unterbrechungen. Mit einer parallelen Kampfmitteluntersuchung ist typisch für Objekte vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit. im Winter/Frühjahr 2013, zweier neu ausgewiesener Flächen im Eine zeitliche Einordnung in diese Phase ist deshalb sehr Osten des Untersuchungsareals oder der Dokumentation nicht wahrscheinlich. zu erwartender Gräberfelder sollen nur einige Umstände genannt Eine nähere stilistische Betrachtung seitens der NLD- sein, die für das Grabungsteam bei einem Projekt dieses Archäologen (Wulf, Haßmann u.a.) brachte die frühere Neuzeit Ausmaßes durchzuführen und zu bewältigen waren. in den Fokus der Diskussion. Nach späteren Erkenntnissen Um die Größe der Grabung vor der Präsentation der Ergebnisse seitens der Archäologen und Vergleichsanalysen an den anderen noch einmal vor Augen zu führen, sind folgende Rahmendaten bekannt gewordenen "Trompetern" könnte es sich wahr- zu nennen: von der etwa 20 Hektar großen, beauflagten Fläche scheinlich um ein Objekt um das 18. Jahrhundert herum handeln. wurden fast 16 Hektar, der Befundsituation entsprechend, im Näheres soll von den Archäologen separat diskutiert und rollierenden Bauverfahren aufgedeckt. Es konnten in über 350 publiziert werden.“ (Dr. R. Lehmann) Arbeitstagen etwa 8000 Befunde dokumentiert und ausgegraben werden. Die angelegten Profile wurden auf über 210 A3- Ulrich Kansy Zeichenblättern maßstabsgerecht gezeichnet und in etwa 18.000 Fotos dokumentiert. Insgesamt waren über 30 Mitarbeiter, (1) Archäologischen Nachrichten aus Nordwestdeutschland 21 darunter Grabungstechniker, Archäologen, Vermessungsinge- (2001), 33 ff nieure, Historiker und Biologen im Einsatz. Die Öffentlichkeit wurde bei mehreren Informationsveranstaltungen und in etwa 30 Presse- und Fernsehberichten über das aktuelle Geschehen informiert. 22 Abb. 1: Der Beginn des Flächenabzugs im November 2012 (Foto: D. Behrens) Innerhalb der etwa 8000 Befunde wurden insgesamt 200 weitere, dicht gesetzte Pfostengruben differenziert werden. Die Befundkomplexe herausgestellt. Dabei waren einige der Wandgräbchen treten an den Schmal-, aber auch an den Komplexe Langseiten der Häuser auf. Einige Häuser sind fast durch- von Hausgrundrisse 2015 der Fortsetzungen bekannter gehend von Wandgräbchen umgeben. Bei den niederländischen Besonderheit in Ganderkesee ist nicht nur die Größe der Vergleichsbeispielen finden sich die umlaufenden Wandgräben aufgedeckten nur bei den kaiserzeitlichen Beispielen. Mit wenigen Ausnahmen sondern von bereits Die Fläche, Maßnahme auch, 2012-2014. dass man hier verschiedene Fundstellenarten im Untersuchungsareal auf- haben die Gebäude in Ganderkesee drei Schiffe. Häufig ist diese decken konnte. Neben einer dichten Siedlung im Nordwesten Mehrschiffigkeit jedoch nur im östlichen Gebäudeteil zu fanden sich ein Eisenverhüttungsplatz, zwei Gräberfelder und beobachten. Ein Gebäude schneidet eine Abfallgrube, in der eine Feuerstellenreihe. wenige Bruchstücke von Terra Sigillata aufgefunden worden sind. Eine Datierung in die römische Kaiserzeit ist demnach sehr Innerhalb der Siedlung wurden 20 Gebäude erfasst, die vorerst wahrscheinlich. als Wohnhäuser oder Wohn-Wirtschaftsbauten zu interpretieren sind. Sie sind weitestgehend West-Ost ausgerichtet, wobei bestimmte Hausgruppen leicht nach Norden oder Süden abweichen. Die Gebäudelängen der oft vollständig erhaltenen Häuser betragen bis zu 47 m. Führt man einen Haustypenvergleich mit anderen Fundstellen durch, gerät man unweigerlich in das in dieser Hinsicht besser erforschte niederländische Gebiet. Fundplätze wie Noordbarge und Peelo-Haverland (Typ Fochteloo B) bieten beispielsweise vergleichbare Hausgrundrisse. Allgemein stellt man fest, dass mehr Charakteristika kaiserzeitlicher als eisenzeitlicher Häuser in Ganderkesee wiederzufinden sind. Eisenzeitliche Häuser sind häufig durch mit Doppelpfosten markierte Eingangsbereiche bzw. korridorartige Gebäudeteile gekennzeichnet. In der römischen Kaiserzeit und auch in Ganderkesee sind diese Eingangsbereiche weniger stark ausgeprägt. Viele Häuser der Fundstelle weisen auch Wandgräbchen an den Außenseiten auf. Beim Abtiefen konnten diese teilweise in Abb. 2: Mit Keramik verfüllte Grube eines Vier-PfostenSpeichers (Foto: A. Thümmel) 23 Neben den 20 Gebäuden wurden auf der gesamten Fundstelle 65 Nebengebäude erkannt. Dabei handelt es sich um kleine Speichergebäude, Arbeitshütten oder Ställe, wenngleich erstere den Großteil ausmachen (Abb. 2). Auch konnten parallel zu den Gebäuden palisadenartige Pfostenreihen erfasst werden, bei denen es sich um Gehöftbegrenzungen oder Zäune handeln dürfte. Die grabenartigen Strukturen erreichen Längen von über 50, teilweise über 100 m. Zum Siedlungskomplex Ganderkesee ist schließlich noch eine Vielzahl Gruben unterschiedlicher Funktion zu zählen. Einerseits wurden zahlreiche, mehrere Meter durchmessende Materialentnahmegruben dokumentiert. Sie reichten teilweise mehrere Meter in den anstehenden Lehmboden. Weiter wurden Abfall-, Abb. 4: Urne aus dem nördlichen Gräberfeld, Profilansicht (Foto: D. Behrens) Vorrats- und Schuttgruben sowie brunnenartige Wasserschöpfstellen erfasst. Die Funktion der Gruben wird mehrfach Eine Besonderheit stellt eine Feuerstellenreihe östlich des auch in einer Kombination wie beispielsweise die anfängliche Gräberfeldes im Süden dar. Sie wurde bereits im Vorfeld durch Materialgewinnung und sekundäre Nutzung als Abfallgrube geomagnetische Messungen durch das Niedersächsische Institut bestanden haben. für historische Küstenforschung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut, Berlin, erkannt. Sie besteht In Ganderkesee tritt nun der in der Archäologie eher seltene aus 27 perlenschnurartig aufgereihten Feuerstellen in Nord-Süd- Fall auf, dass auch ein Bestattungsplatz in unmittelbarer Nähe Richtung. Die Feuerstellen sind durchschnittlich 1,30 m groß und zur Siedlung gefunden wurde. Es handelt sich um Brand- weisen neben einer schwarzen Brandschicht zahlreiche faust- bestattungen, bei denen die verbrannten Knochen, teilweise bis kopfgroße Steine als Verfüllung auf. Die Interpretation dieses noch mit erhaltenen Beigaben, in einer Urne aus Keramik oder Phänomens und die eigentliche Funktion der regelmäßig aus organischem Material lagen. Letztere haben sich in angeordneten Feuerstellen sind in der Forschungsliteratur noch Ganderkesee weitestgehend nicht erhalten. Die über 80 nicht hinreichend geklärt. Am plausibelsten erscheint im Falle Befunde, die als Urnengräber, Gräber mit Leichenbrandnestern Ganderkesees jedoch die Deutung als Abgrenzung eines und urnenlose Brandgräber angesprochen wurden, waren Grabbezirks. ehemals teilweise überhügelt, worauf wenige kreisförmige oder ovale Strukturen verweisen. Prägend für die Fundstelle Ganderkesee ist schließlich noch der Die beiden Gräberfelder (Abb. 3 und 4), die jeweils noch Eisenverhüttungsplatz. Die 200 Schlackengruben, die sich einmal in zwei Gruppen unterteilt werden können, scheinen in weiträumig verteilt vor allem im Westen und Norden der Ganderkesee die größte Zeitspanne widerzuspiegeln. Sie Untersuchungsfläche datieren einerseits in die ausgehende Bronze- und beginnende konzentrationen vor. Die Betreiber dieser Werkplätze waren mit befinden, liegen in acht Befund- Eisenzeit (8./7. Jh. v.Chr.), andererseits in die jüngere vorrö- hoher Wahrscheinlichkeit die Bewohner der beschriebenen mische Eisenzeit und die römische Kaiserzeit (Jahrhunderte um Gehöfte. Insgesamt konnten etwa zwei Tonnen Verhüttungs- Christi Geburt). Es ist also anzunehmen, dass unter anderem die schlacke geborgen werden (Abb. 5). Diese Größe eignet sich in den Gebäuden lebenden Menschen in Sichtweite auf den jedoch nicht zur Berechnung der ursprünglichen Eisen- genannten Gräberfeldern bestattet wurden. produktion. Abb. 3: Urne aus dem südlichen Gräberfeld, Profilansicht Abb. 5: Schlackengrube in Planum 1 (Foto: A. Hummel) (Foto: D. Behrens) 24 Vielmehr müsste man pro Ofen 100 kg Schlacke bzw. 10 kg Luppeneisen kalkulieren, so dass man in Ganderkesee auf über zwei Tonnen gewonnenes Luppeneisen käme. Neben der Eisenproduktion konnte 2012-2014 auch die Weiterverarbeitung in Form einer Schmiedetätigkeit nachgewiesen werden, da man auch Hammerschlagpartikel gefunden hat. Holzkohle, die für all diese Prozesse benötigt wurde, stellte man in Meilern her. So wurden auch 63 Meiler dokumentiert, deren 14C-Datierung aber noch aussteht. Geht man von einer Besiedlungszeit von 200 bis 300 Jahren aus, hätte man im Jahr durchschnittlich eiserne Gegenstände mit einem Gewicht von wenigen Kilogramm herstellen können. Von einer auf Überproduktion oder auf den Handel ausgerichteten Eisenproduktion kann also keine Rede sein. Vielmehr wird sie eher den lokalen Bedarf der hier Abb. 7: Nahezu vollständiges Gefäß aus Bef. 3267 in situ siedelnden Menschen gedeckt haben. (Foto: A. Thümmel) Der Blick auf das keramische Material bestätigt den bisher gewonnen Datierungsansatz. Der Großteil der Keramik, zu der auch viele nahezu vollständige Töpfe, Tassen, Schalen und Teller zählen, datiert in die jüngere vorrömische Eisen- und die römische Kaiserzeit, vor allem jenes Material aus dem befundreichsten Teil der Untersuchungsfläche im Nordwesten (Abb. 6 - 9). Kurze Halsformen, glatt abgestrichene oder facettierte Ränder, ausbiegende Ränder, pokalartige Gefäße, nachgedrehte und gepichte Ware, hohe Schulterumbrüche an den Gefäßen, flächig mit Kniffen verzierte Stücke oder Stempelverzierung sind Merkmale, die hauptsächlich in dieser Zeitstufe vorzufinden sind. Abb. 8: Zwei Gefäßreste aus Bef. 5608 in situ (Foto: D. Behrens) Abb. 9 (Titelseite): Grabungskampagne 2015, zusammengesetztes Gefäß aus Bef. 7906 (Foto: A. Thümmel) Zu den Funden zählen weiterhin Webgewichte und teils verzierte Spinnwirtel sowie Mahl- und Klopfsteine. Unter den Metallfunden, u.a. als Beigaben der Brandgräber, sind Fibeln, eine Kette, Nadeln oder eine Perle aus Eisen und Bronze zu nennen, wobei noch weitere Beigaben beim Öffnen der Blockbergungen der Urnen zu erwarten sind. Abb. 6: In den Boden eingetieftes Vorratsgefäß Mit der Flächengrabung von Ganderkesee wurde ein detaillierter (Foto: E. Riemann) Einblick in das Siedlungsgeschehen vor 2000 Jahren gewährt. Es konnte eine für die Region einmalige Siedlungs- und Befundkomplexe, die eher der frühen Eisenzeit zuzuweisen sind, Bestattungslandschaft aufgedeckt werden, die für die Er- liegen beispielsweise am östlichen Rand der Siedlung. Eine forschung der Region und auch Nordwestdeutschlands wichtige charakteristische Keramikform ist die Nienburger Tasse, Leitform Erkenntnisse erbringen wird. der Harpstedt-Nienburger Gruppe. Häufig sind sie mit Rillen, Es ist zu wünschen, dass die bisherigen Ergebnisse in Zukunft Dellen oder Strichbündeln in Winkelform an der Gefäßschulter einer ausführlichen, wissenschaftlichen Bearbeitung zugeführt verziert. Gefäßtypen aus dieser Zeit weisen oft lange Zylinder- werden, wozu beispielsweise die umfassende Vorlage der oder Kegelhälse mit einfachen Rändern auf. Doppelkonische dokumentierten Hausgrundrisse zählt. 14C-Datierungen von Gefäßformen, flache einhenklige Deckschalen in Urnengräbern Holzkohleproben könnten vor allem die Gräber, den Ver- sowie Steineinbauten in den Brandgräbern sind ebenfalls hier zu hüttungsplatz und die Feuerstellenreihe auf ein naturwissen- verorten. schaftliches Fundament stellen und damit die Zusammenhänge 25 der Befundkomplexe noch genauer beleuchten. Die ohnehin 87 Jahre alt und seit 1999 immer dabei, und Henning Kurzke, schon ertragreichen Ergebnisse würden weiter aufgewertet 64, Vermessungsingenieur aus Flensburg, der seit 2001 die und könnten noch präziser in die Vor- und Frühgeschichte Grabungen, Fundstellen und Waldwege vermisst. Ganderkesees eingebettet werden. Ich konnte acht Tage im Juli und August teilnehmen. Organisiert Ein so umfassendes Bild kann bei kleineren Kampagnen von wurde die Grabung von Arnold Czarski, dem 2. Vorsitzenden des 10.000 m2 Fläche oder weniger zumeist nicht erstellt werden. AGL e.V. Mit den in Ganderkesee von 2012 bis 2015 erfolgten Grabungen wurde der Wissenschaft nun diese Möglichkeit eröffnet. Andreas Hummel / Daniela Behrens / Andreas Thümmel Literatur: Behrens u. a. 2015 D. Behrens, A. Hummel, A. Thümmel, H. Jöns, Ein mehrperiodiger Siedlungs-, Begräbnis- und Eisenverhüttungsplatz – entdeckt im Gewerbegebiet von Ganderkesee, Ldkr. Oldenburg, in: Marschenratsbeiheft 52 (Wilhelmshaven 2015) 30-36. Waterbolk 2009 H. T. Waterbolk, Getimmered Verleden. Sporen van voor- en vroeghistorische Houtbouw op de Zand- en Kleigronden tussen Eems en Ijssel, Groningen archaeological studies 10 (Groningen 2009). Abb. 1: GrabungsteilnehmerInnen beim Putzen des ersten Planums nach dem Abtrag von Laub und Humus, Fläche 1, v.l.n.r.: Werner Rüspeler, Heide Sänger, Werner Bender, Thomas Wolf und Kerstin Fuchs. Ehrenamtliche Mitarbeit bei Ausgrabungen 2015 – zwei Beispiele aus Hessen und Niedersachsen Es wird hier über die Mitarbeit von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern an Ausgrabungen in Hessen und Niedersachsen berichtet (Fotos: G. Lübbers). Keltische Stadt (Oppidum) Dünsberg, Gem. Biebertal-Fellingshausen, Kr. Gießen, Hessen Von 1999 – 2004 hat die Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, Frankfurt/M., Forschungsgrabungen in der keltischen Stadt auf dem Dünsberg durchgeführt. Der Verein Archäologie im Gleiberger Land e.V. (AGL) hat sich die weitere Erforschung von Siedlung und Gräberfeldern zum Ziel gesetzt, die u.a. durch Raubgräber und Abb. 2: Jeder gelbe Stecker markiert eine Fundstelle, meist von Scherben. forstwirtschaftliche Tätigkeiten gefährdet sind (siehe auch Bericht in der FAN-Post 2015: Ehrenamtliche Mitarbeit an Ausgra- Auf der Grabungsfläche, eine Siedlungsterrasse in der Kelten- bungen - das Beispiel Dünsberg, Kreis Gießen). stadt knapp unter dem Berggipfel, wurde ein Areal von 28 m Nach zehnjähriger Grabungspause im Oppidum wurde im Länge und 5 m Breite auf dem Rückeweg abgesteckt und in Sommer 2015 eine vierwöchige Rettungsgrabung auf dem sechs gleichgroße Felder eingeteilt. So ergaben sich zwei Berg angesetzt, um einen Rückeweg der Forstwirtschaft auf Reihen mit den Flächen 1, 3 und 5 sowie 2, 4 und 6, von denen archäologische Befunde und Funde hin zu untersuchen. schachbrettartig versetzt die Flächen 1, 4 und 5 ausgegraben An der Ausgrabung vom 13.7. bis 7.8.2015 unter Leitung der Humus befreite Geländeoberfläche, Planum 2 und 3 ergaben Archäologin Dr. des. Regine Müller nahmen 27 ehrenamtliche sich nach dem Abspaten und -schaufeln von jeweils etwa 10 cm HelferInnen teil, von denen viele seit Jahren an Grabungen am Erde und vielen kleinen und größeren Steinen, z.T. waren und um den Dünsberg mitarbeiten. Hier möchte ich zwei AGL- zahlreiche Baumwurzeln „im Weg“; an einigen Stellen mit Mitglieder hervorheben: Werner Rüspeler aus Biebertal, schon Befunden wurde bis auf Planum 4 abgegraben. wurden. Das erste Grabungsplanum bildete die von Laub und 26 Einsatzfreude und Begeisterung der TeilnehmerInnen beim Siedlung angesetzt, die mit weiteren kleinen Grabungen bis 1973 Abtragen der Erde und Freilegen der Befunde wurden belohnt drei sehr dicht beieinanderliegende Grubenhausbefunde mit durch den Fund von zahlreichen Keramikscherben. Aber auch einer hohen Anzahl an Scherbenfunden freigelegt haben. Die gebrannter Hüttenlehm, verkohlte Getreidereste und einige ehemalige Oberfläche zur Zeit der Besiedlung war noch erhalten, Metallgegenstände (Nägel, Eisenfibel, Tüllenbeil) konnten da sich nach Aufgabe der Siedlung eine Sandverwehung über entdeckt und geborgen werden. Unter den Befunden sind einige das Gelände gelegt hatte und dieses niemals umgepflügt wurde. Pfostengruben sowie größere Gruben oder Schichten zu nennen Der Sandabbau wurde nach der ersten Probegrabung gestoppt und als „Highlight“ ein verkohlter Holzbalkenrest aus Fläche 1, und das Gelände der Sandgrube wird heute von der Gemeinde der im Block geborgen wurde und möglicherweise ein Dendro- Liebenau als Lagerplatz für Grünschnitt genutzt. Datum liefern kann. Abb. 3: Andreas Schmickler untersucht einen Wurzelteller Abb. 1: Stelle 7, vom Bewuchs befreit. nach Funden. Auch die Wurzelteller einiger bei Stürmen umgestürzter Bäume Die aktuelle Grabung 2015 war eine Lehrgrabung des Semi- in der Nähe der Grabungsflächen wurden darauf untersucht, ob nars für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität Funde mit aus dem Boden gerissen worden sind. Göttingen und gleichzeitig ein Angebot für Ehrenamtliche im Im unteren Bereich des Dünsberges wurden außerdem die Projekt „ehrenWERT“ der Klosterkammer Hannover. Sie wurde neuen Rückewege systematisch eingemessen; diese Arbeit ist in Kooperation mit dem Kommunalarchäologen der Schaum- recht wichtig für weitere Tätigkeiten am Berg, da sie zusammen burger Landschaft, Dr. Jens Berthold, und den Gemeinden mit Lesefunden schlaglichtartige Einblicke in das Siedlungs- Liebenau und Steyerberg durchgeführt. Das Projekt richtete sich geschehen ermöglichen. an ehrenamtliche Helfer im Kulturbetrieb und ermöglichte diesen Die Grabungsteilnehmer wurden, wie seit vielen Jahren üblich, die Teilnahme an verschiedenen archäologischen Übungen und täglich durch die örtliche Bäckerei Volkmann mit Brot und Seminaren. Brötchen und die Firma Schunk mit Mittagessen versorgt. Die An der dreiwöchigen Lehrgrabung vom 20.7.-7.8.2015 unter der Unterkunft für Grabungsteilnehmer aus entfernten Teilen der Leitung von Tobias Scholz M.A., wissenschaftlicher Mitarbeiter Bundesrepublik stellte der Verein AGL e.V. bereit. am o.g. Seminar, haben neben acht Studierenden der Für die Möglichkeit zur Grabungsteilnahme, das Korrekturlesen Universitäten Göttingen, Marburg und Münster auch 12 freiwillige und die Genehmigung zur Publikation dieses kurzen Berichtes Helferinnen und Helfer meist aus Stadt und Kreis Nienburg danke ich Regine Müller und Arnold Czarski ganz herzlich. teilgenommen, ich habe eine Woche ab 27.7. mitgearbeitet. Mittelalterliche Siedlung bei Liebenau, Auf der einige Meter hohen bewaldeten Sanddüne waren vor LK Nienburg, Niedersachsen einiger Zeit mehrere Bäume gefällt worden, deren Wurzeln aber Die sächsisch-karolingische Siedlung des 8. und 9. Jh. n.Chr. noch im Boden steckten. Um diese herum musste an den ersten bei Liebenau liegt auf einem Sanddünenrücken zwischen Weser Grabungstagen die dichte Bodenvegetation aus Dornen- und der „Großen Aue“. Ein vermutlich zu dieser Siedlung gewächsen auf der geplanten Grabungsfläche von Hand gehörendes Gräberfeld mit 520 Urnen- und Körperbestattungen beseitigt und die Humusschicht abgetragen werden (Abb. 1). wurde ab 1953 über 35 Jahre lang vom Niedersächsischen Landesmuseum Hannover ausgegraben. Im Zug des Sand- Anschließend wurden einige Grabungsstellen eingemessen (5 x abbaus an der Düne und zum Zeitpunkt der Ausgrabungen am 5 m) und zwei dieser Teilflächen (Stellen 4 und 5) in spatentiefen Gräberfeld von Liebenau wurde 1971 aufgrund von Keramik-, Schichten bis auf Planum 1 und 2 abgegraben. Die dabei Knochen- und Schlackefunden eine Probegrabung in der anfallenden Funde, meist Keramikscherben, wurden gewaschen, 27 einem Tachymeter genauestens eingemessen, sodass später eine dreidimensionale Darstellung der Ausgrabung möglich ist. Auch die in den beiden Teilflächen 4 und 5 verbliebenen großen Wurzeln wurde von Hand soweit freigelegt, dass Michael sie mit einer Kettensäge ohne Probleme abschneiden konnte, anschließend wurden sie aus der Fläche gehoben. Gelegentlich sorgte ein Regenschauer für eine Unterbrechung der Arbeiten, dann konnte unter einem Grabungszelt anderes getan werden, z.B. Scherben waschen oder ein „Keramikseminar“ von Michael Wesemann erleben; er stellte eigene nachgetöpferte Tassen und Töpfe mittelalterlicher Form - mit und ohne Standboden und unterschiedlichen Rändern - vor und erklärte die sich daraus ergebenden Datierungen und die Bedingungen beim Brand der Gefäße (oxydierend oder Abb. 2: Heike Schüttler beim Scherbenwaschen. reduzierend). Eine dritte Teilfläche (Stelle 12) wurde Mithilfe eines vom örtlichen Bauhof bereitgestellten Kleinbaggers vom niedrigen getrocknet, und für jeden Befund gesondert eingetütet und mit Bewuchs samt Humus durch den Grabungsleiter freigelegt Fundzetteln versehen (Abb. 2). Im Fundgut besonders zu (Abb. 4), der, nach einer Einweisung, an den folgenden Tagen erwähnen sind eine Messerklinge, eine Pfeilspitze, eine kleine eine beachtliche Fertigkeit mit dem Gerät entwickelte, gleichzeitig blaue Glasperle und eine kleine Rechteckfibel. aber immer den Fortgang der Grabungstätigkeiten im Griff hatte. In dem anstehenden gelben Boden zeichneten sich nach dem Am „Tages des offenen Denkmales“ am 30.7. besichtigten etwa „Abziehen“ der Plana unterschiedlich große Verfärbungen von 50 BesucherInnen die Grabung und erhielten von T. Scholz, J. Pfosten- und anderen Gruben meist nur schwach ab. Berthold und einigen Studierenden ausführliche Erläuterungen. In Stelle 5 haben sich Rillen unter der relativ mächtigen Die Gemeinden Liebenau und Steyerberg sind für einen Großteil Kulturschicht erhalten, die man als Wagenspuren deuten kann der Grabungskosten aufgekommen, der Heimatverein Liebenau (Abb. 3). Diese können nach Tobias Scholz allerdings erst ganz hat die Restaurierungskosten der Metallfunde getragen. am Ende des Besiedlungszeitraums entstanden sein oder, was wahrscheinlicher ist, auch noch jünger sein. Zum Schluss danke ich Tobias Scholz und Jens Berthold ganz Diese Befunde wurden anschließend vom Grabungsleiter herzlich für die Gelegenheit zur Mitarbeit, das Korrekturlesen und fotografiert und beschrieben sowie von den Studierenden von die Genehmigung zur Veröffentlichung dieses kleinen Berichts. Hand eingemessen und im Maßstab 1:20 gezeichnet - hierbei Für mich war es eine weitere lehrreiche Erfahrung und eine zeigte auch die Museumspädagogin Gundula Tessendorf, dass schöne Woche, in einem Team mit jungen Studierenden und sie das archäologische Zeichnen beherrscht. Die Grabungs- ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern mitarbeiten zu können. stellen und Befunde wurden außerdem vom Grabungstechniker des NLD-Stützpunktes Oldenburg, Michael Wesemann, mit Gerd Lübbers Abb. 3: Die Ehrenamtlichen Hans-Albert Bremer, Henning Abb. 4: Der Grabungsleiter Tobias Scholz als versierter Dormann und Sandra Wiemann arbeiten an Stelle 5, die Baggerführer, Vincent Niestlé, Student der Universität „Spurrillen“ sind bereits „ausgelöffelt“. Münster, fährt die vollen Schubkarren ab. 28 Frühjahrstreffen und Exkursion des Archäologischen Arbeitskreises Niedersachsen (ArchAN) in Lingen Das zu untersuchende Gebiet erstreckt sich über 30 km², von denen nur ein kleiner Teil mit Metalldetektoren prospektiert werden konnte. Da aufwändige Ausgrabungen die Ausnahme bilden, können nur die systematischen Begehungen mit Detektoren ein weiträumiges Bild der Truppenbewegungen, Das diesjährige Frühjahrstreffen des Archäologischen Arbeits- Kampfzonen, Deponierungen von Münzen (Hortfunde) oder gar kreises Niedersächsischen Bereichen mit Hinweisen auf Weiterverarbeitung von Beutegut Heimatbund (NHB) fand am 30. Mai 2015 in Lingen, Ldkr. Niedersachsen (ArchAN) im erbringen. Anhand von Karten wurden die schon prospektierten Emsland, statt. Gastgeber waren der Heimatverein Lingen und Flächen und die mittlerweile 40 Grabungsflächen und deren die Archäologische Gruppe Lingen (AGL), die mittlerweile auf Verhältnis zu dem riesigen Areal dargestellt. Da die Sonden nur 30 erfolgreiche Jahre zurückblicken kann. Mit einleitenden 25-30 cm in den Boden reichen und die Fundzonen vielerorts Grußworten eröffneten der 1. Sprecher des ArchAN, Peter unter einem mächtigen landwirtschaftlichen Bodenauftrag (Esch) Kewitsch, und die Vertreterin der Archäologischen Fachgruppe liegen, können nur anschließende Grabungen das tatsächliche im NHB, Dr. Jutta Precht, den Vortragsteil des Tages. Fundaufkommen erfassen. Es begann Renate Rayer mit einer kurzen Beschreibung der Ein aktuelles Forschungsprojekt (Conflict Landscape) untersucht AGL, in enger Zusammenarbeit mit den Denkmalschutz- die Einflüsse der damaligen Kulturlandschaft mit ihren behörden leistete diese Gruppe von archäologisch Interes- Siedlungen und Wegenetzen sowie der gesamten germanischen sierten in den letzten Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Infrastruktur auf die militärischen Aktivitäten der Römer. Erschließung neuer Fundstellen im Emsland. Die Ergebnisse Die Forschungsarbeit in Kalkriese wird fortgesetzt, so besteht dieser erfolgreichen Arbeit konnten letztes Jahr in einer auch zukünftig die Chance, weitere neue Erkenntnisse zu beeindruckenden Ausstellung mit römischen Fundstücken, gewinnen. Besonders Neufunde mit Inschriften und Münzen besonders von zahlreichen Fundmünzen, präsentiert werden. könnten zur weiteren Auflösung des großen Rätsels führen. Die AGL, die seit 2004 von Hartmut Oosthuys bis zu seinem Tode Das letzte Kapitel zum Fundplatz „Kalkriese“ ist noch lange nicht im Juni 2015 geleitet wurde, hatte bisher große Erfolge im geschrieben. Bereich der Prospektion mit Metalldetektoren. Die Fülle an Funden wirft ein Licht auf die Aktivitäten des römischen Militärs Es folgte ein Vortrag von Dr. Robert Lehmann zum Thema der Okkupationszeit in dieser Region. „Neues zum Harzhorn - erste Ergebnisse eines interdisziplinären Hierzu passend bezog sich der folgende Vortrag von Dr. Achim Forschungsprojektes“. Rost, Universität Osnabrück, und Dr. Susanne Wilbers-Rost, Dieser Vortrag bezog sich auf das zweite große in Nieder- Museum und Park Kalkriese, auf „Die Prospektionen im sachsen entdeckte Schlachtfeld aus römisch-germanischer Kampfareal von Kalkriese“. Zeit. Offensichtlich war im Jahre 235 n.Chr. (Zeit des Kaisers Maximinus Thrax) ein größerer römischer Heeresteil nach einem wohl siegreichen Straffeldzug auf dem Rückweg zu seinen Hauptbasen am Rhein von einem germanischen Verband angegriffen worden. Wie in Kalkriese über 200 Jahre zuvor lässt sich auch hier ein geeigneter Landschaftraum für einen Hinterhalt erkennen. Die überaus gut erhaltenen reichhaltigen Funde deuten auf ein intensives Kampfgeschehen zwischen Einheiten unterschiedlicher römischer Waffengattungen und germanischen Kriegern hin. Über die Anzahl der Kombattanten wird noch kontrovers diskutiert. Die germanischen Krieger waren wohl zahlenmäßig und waffentechnisch stark unterlegen, nutzten aber die Vorteile des Geländes und das Überraschungsmoment. Dass es zu keiner systematischen Plünderung des Schlachtfeldes gekommen war, Dr. Achim Rost referiert über Prospektionen in Kalkriese. deutet auf einen kurzen erfolgreichen Abwehrkampf der Römer (Foto: E. Heller) hin. Die Menge und der sehr gute Erhaltungszustand der Funde gibt Gelegenheit, mit Hilfe von naturwissenschaftlichen Analysen Nach über 25 Jahren Ausgrabungen mit über 5.000 Antworten auf viele der Fragen zu finden. Fundstücken, darunter neben römischen Militaria auch Aus welchen Teilen des römischen Reiches kamen die Truppen Knochenreste und tausende Fundmünzen, gaben die beiden und deren Ausrüstung und wie groß ist der Anteil an Wissenschaftler einen Einblick in die aktuellen Forschungs- germanischen Funden? Typologisch lassen sich, so der Leiter arbeiten der Ausgrabungen Dr. Michael Geschwinde, nur 4 % der Funde zur geschehens. Rekonstruktion des vergangenen Kampf- eindeutig als germanisch bezeichnen. 29 Hierzu wurden etliche Fundstücke von Dr. Robert Lehmann von Ausstattung einen eindrucksvollen Tagungsort für die mit 42 der Universität Hannover (Abteilung Archäometrie) untersucht. Gästen gut besuchte Veranstaltung. Passend zum Vortragsort Mit traditionellen sowie modernsten Analysemethoden konnten konnte der ArchAN ein umfassendes Vortragsprogramm zum Produktionsverfahren und chemische Besonderheiten des Thema Moorarchäologie in Niedersachsen anbieten. Namhafte Materials unterschieden werden. In einer kurzen Zusammen- Wissenschaftler/innen konnten für die Veranstaltung gewonnen fassung (die endgültigen Ergebnisse sind noch nicht hinreichend werden. diskutiert und publiziert) verwies Lehmann auf hochwertige Vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege waren komplexe Härtungstechnologien, welche auch die gute Erhaltung Dr. Andreas Bauerochse und Dr. Marion Heumüller angereist. erklären können. Vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf kam Dr. Eilin Jopp Hohe Qualität und aufwändige Messingapplikationen deuten als Spezialistin für forensisch–anthropologische Untersuchungen auf eine nahöstliche Provenienz einiger Objekte hin. Ein Teil an Moorleichen. der Truppen kam wohl aus dem syrischen Raum. Die Nach einleitenden Worten von Peter Kewitsch (1. Sprecher Herkunftsbestimmung Osmium- ArchAN) und Dr. Jutta Precht (Fachgruppe Archäologie im isotopenverhältnissen versucht, dieses ist bisher jedoch noch des Eisens wurde mit Niedersächsischen Heimatbund) gab Jan Grabowsky (Leiter des nicht zufriedenstellend gelungen. Im Rahmen von wissen- Fachzentrums) einen Einblick in die Aktivitäten des Hauses. schaftlichen Qualifizierungsarbeiten werden die Forschungen Zu Beginn der Vorträge gab Dr. Robert Lehmann einen kurzen weitergeführt, weitere faszinierende Details sind zu erwarten. Überblick über die aktuellen Erkenntnisse rund um die Nach dem Vortragsprogramm im Kolpinghaus und einem anschließenden Mittagessen gab es noch eine Exkursion zum Großsteingrab „Thuine“. Diese beeindruckende Grabkammer mit einer Länge von 27 Metern ist an die 4.000 Jahre alt. Ebenfalls Entdeckung eines großen römischen Marschlagers südlich von Hannover bei Wilkenburg an der Leine. Die Öffentlichkeit war erst wenige Tage zuvor über diesen sensationellen Fundort informiert worden. Anschließend dominierte das Thema Moorarchäologie. bei Thuine überraschte die AGL mit einer neu entdeckten Frau Dr. Heumüller, die neue hauptamtliche Moorarchäologin für Wallanlage, deren Ursprung und Bedeutung zu anhaltenden Niedersachsen, zog Vergleiche zwischen der süddeutschen Diskussionen führte. Moor- und Gewässerarchäologie und deren bedeutenden So fand diese übrigens gut besuchte Veranstaltung des ArchAN Fundorten wie die Ufersiedlungen (Pfahlbaudörfer) an den ihren Abschluss. großen Seen und ihrem neuen Tätigkeitsfeld in Niedersachsen. Werner Pollak Norddeutschland, das noch im 19. Jahrhundert zu über 30 % von Moorflächen überzogen war, kann bis in die jüngste Zeit mit einer großen Anzahl an außergewöhnlichen und gut erhaltenen Herbsttreffen des ArchAN in Wagenfeld, Ldkr. Diepholz Feuchtbodenfunden aufwarten. Funde aus sonst leicht vergäng- Am 17. Oktober 2015 fand das diesjährige Herbsttreffen des neue Geheimnisse preis. Das Fundspektrum spannt sich von Archäologischen Arbeitskreises (ArchAN) im Europäischen Achs- und Radfunden, Bohlenwegen und Resten von Ufer- lichen Materialien wie Holz, Textilien und menschliche Körper geben auch dank der neuesten Untersuchungsmethoden immer Fachzentrum für Moor und Klima in Wagenfeld, Ldkr. Diepholz, statt. Das Forschungs- und Informationszentrum gab mit seinem TeilnehmerInnen des ArchAN-Herbsttreffens vor dem Euro- großen Vortragssaal und der entsprechenden technischen päischen Fachzentrum für Moor und Klima. (Foto: W. Pollak) 30 siedlungen (Dümmer) bis hin zu den faszinierenden Moorleichen. Archäologie gewidmet. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern So handelt es sich bei dem Bohlenweg „PR31“ aus dem der seit über 30 Jahren bestehenden Archäologischen Gruppe Campemoor mit Fälldaten um 4530 v.Chr. um den wohl ältesten Lingen (AGL) und hat mit seinem beispielhaften Engagement die von Menschen errichteten Verkehrsweg überhaupt. Da nur noch Gruppe maßgeblich geprägt und weiterentwickelt. Sein etwa 3 % der ehemaligen Moorflächen heute erhalten sind, ist geschärfter Blick für archäologische Artefakte hat uns immer jeder Neufund von allergrößter Bedeutung für die Wissenschaft. wieder bei Feldbegehungen und den Lesefunden fasziniert. Der Der zweite Beitrag von Dr. Andreas Bauerochse, dem Einsatz von technischen Hilfsmitteln führte ihn und damit die AGL zur Schwerpunktverlagerung hin zur Forschungskoordinator für Moorprojekte in Niedersachsen, römische Okkupationszeit und deren handelte vom “Nachweis klimatischer Veränderungen anhand Spuren im Emsland. Zahlreiche von Holzfunden aus Mooren und deren Auswirkungen auf das Ausstellungen der AGL, die Hartmut Siedlungsgeschehen in den Moorregionen Norddeutschlands“. federführend organisierte, machten Die damalige Anlage von Bohlenwegen als Reaktion auf auch der Öffentlichkeit die vielen klimatische Veränderungen gibt dank der sehr exakten Datie- Ergebnisse allgemein zugänglich. rungsmöglichkeiten der Dendrochronologie Hinweise auf z.B. Durch Vorträge in Fachkreisen und niederschlagsreiche siedlungsfeindliche Phasen. Mit Hilfe von Beiträge Zeittabellen, basierend auf den Wuchs- und Lebensphasen der umgebenden Hölzer, bis hin zu Wachstumsanomalien und regionalen Absterbeereignissen von Kiefern und Eichen lassen sich immer exaktere klimatische, nicht nur regionale, Klimamodelle der vergangenen Jahrtausende erstellen. in Zeitschriften den heimatnahen gewährte er dem interessierten Publikum einen spannenden Einblick in die emsländische Frühgeschichte. Die gute Zusammenarbeit mit den Denkmalschutzbehörden und dem Landesamt sowie der enge Kontakt zum FAN e.V., dem er seit 16 Jahren angehörte, sowie Der dritte Vortrag von Dr. Eilin Jopp widmete sich ausführlich zum ArchAN, war ihm immer ein großes Anliegen. Zu der und spannungsvoll den neuen Erkenntnissen zum Thema Moor- Anerkennung, die die AGL im Laufe der Jahrzehnte erfahren leichen. Auch hier erbringen neueste Forschungsmethoden mit durfte, hat Hartmut sehr viel beigetragen. kriminalistischer Akribie an den in den letzten zwei Jahrhunderten Wir haben mit ihm nicht nur ein großes Fachwissen, sondern oft falsch geborgenen und unzureichend konservierten Körpern auch einen unermüdlichen Streiter für die Belange der noch neue Erkenntnisse. Natürlich durfte „Moora“, die aktuelle Archäologie und einen stets hilfsbereiten Freund verloren. Moorleiche aus dem Uchter Moor und sicherlich der am besten Renate Rayer untersuchte Fund, nicht fehlen. Hier sind die langjährigen Nachruf Wolfgang Blankau interdisziplinären Untersuchungen noch im vollen Gange. Kriminalistisches „Highlight“ stellen sicherlich die forensischen 29. Mai 1931 bis 8. Dezember 2015 Untersuchungen von Dr. Jopp an der Oldenburger Moorleiche Wolfgang Blankau gehörte seit dem 18.11.2000 dem Freundes- dar, dem „Jungen von Kayhausen“. Bei diesem an die 2000 kreis für Archäologie in Niedersachsen an. Der Denkmalpflege Jahre alten Fund konnte die Anthropologin mit den Mitteln der und der Archäologie war er in den letzten Jahrzehnten seines operativen Fallanalyse einen Tathergang rekonstruieren, der Lebens sehr zugetan. Solange es seine körperlichen Kräfte starke Parallelen zu heutigen Sexualmorden aufweist. zuliessen, war er sowohl beim Freundeskreis als auch beim Trotz der unheimlichen Thematik ließ sich niemand den Appetit Niedersächsischen Landesverein für Urgeschichte bei vielen verderben und so fand ein veritables Mittagsmahl im Moor- Ausgrabungen mit dabei. Beim Landesverein gehörte er Anfang zentrum statt. Die Cafeteria bot sogar „moortypische Gerichte“ der 90er Jahre zu den Gründern der an. Ein Ausflug mit der Moorbahn unter der sachkundigen noch immer aktiven Gruppe ehren- Leitung von Peter Germer vom B.U.N.D. brachte zum Abschluss amtlicher Mitarbeiter, die sich auch der Veranstaltung noch einen großen Teil der Teilnehmer in außerhalb der Grabungen an jedem unmittelbaren Kontakt mit diesem interessanten Naturraum. Montag im Landesmuseum Hannover Dem Thema Moorleichen und Mumien will sich der ArchAN im zu den unterschiedlichsten Tätig- Jahr 2016 noch stärker widmen keiten für die Archäologie trafen. Dazu Werner Pollak gehörten Nachbereitungs- arbeiten in der Folge von Ausgrabungen, die Übersetzung älterer, in altdeutscher Schreibweise geschriebener Archivbücher, die Nachruf Hartmut Oosthuys Erfassung von dem Museum überlassener bzw. zur 22. Juni 1949 bis 20. Juni 2015 Dokumentation übergebener Felsbilder, um nur Einiges zu Am 22.06.2015 mussten wir uns von Hartmut Oosthuys nennen. Wolfgang Blankau verstarb am 8. Dezember 2015 nach verabschieden. Eine schwere Krankheit hat den Leiter unserer langer schwerer Krankheit. Wir werden ihn in unserer Erinnerung Archäologischen Gruppe nur 66 Jahre alt werden lassen. behalten. Er wird uns fehlen. Hartmut hat seit seiner frühen Jugend seine Freizeit der Horst Leskova 31 Über den FAN FAN – Post – Kalender 2016 Der "Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e. V." und Frühjahr 2017 hat das Ziel, archäologische Denkmalpflege und Forschung in 09. 01. 2016, 10.30 Uhr, Luftbildschau mit H.-D. Freese im Niedersachsen zu fördern. Dabei arbeiten wir zusammen mit Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD), dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Scharnhorststr. 1, 30175 Hannover. Hannover. Unser Verein informiert über Aufgaben und Ziele 20. 02. 2016, 13.00 Uhr, Archäologischer Stammtisch im archäologischer Denkmalpflege. “Paulaner am Thielenplatz“, Prinzenstr. 1, 30159 Hannover. Heimatkundlich interessierten Bürgern und Laienforschern 12. 03. 2016, 09.30 Uhr, FAN-Jahreshauptversammlung, wird die Möglichkeit gegeben, aktiv gestaltend an den NLD, Scharnhorststr. 1, 30175 Hannover, 10.00 - 12.30 Uhr, Aufgaben der Denkmalpflege mitzuwirken. Dies geschieht in Vorträge: Dr. F. Both: Grabung in der Arkeburg bei Golden- Arbeitsgruppen, bei Studientagen und Vorträgen, bei stedt, F.-W. Wulf, MA: das neu entdeckte Römerlager bei Exkursionen, Feldbegehungen und Ausgrabungen sowie in Hannover, H.-D. Freese u. Dr. R. Lehmann: Pro und Kontra Zusammenarbeit mit anderen archäologisch tätigen Vereinen zur antiken Herkunft einer Bronzestatuette; ab 14.00 Uhr oder durch Veröffentlichungen und Museumsbesuche. Mitgliederversammlung (ges. Einladung an die Mitglieder). Auch eigene Schwerpunktsetzungen sind möglich. 04.06.2016, 11.00 Uhr, Frühjahrstreffen der Römer-AG in der --------------------------------------------------------------------------------- Gaststätte „Paradiek“, Vechtaer Str. 28, 49356 Diepholz- Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen (FAN) e. V. c/o Dr. W. Gebers, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Scharnhorststr. 1, 30175 Hannover Vorstand: Dr. W. Gebers (Vors.; 0511- 925 5345), W. Haase, A. Gebers, G. Lübbers, Aschen, Vorträge von E. Heller, Dr. R. Lehmann und W. Pollak, archäologischer Spaziergang nach Mehrholz, Anmeldung zum Spargelessen erforderlich bis 28.5.: 05042-1380 (Dräger). 09. 07. 2016, 10 - 17 Uhr, Exkursion der Römer-AG in den Solling, mit G. Steinborn, Treffpunkt vor Schloß Bevern (mit Marschverpflegung), Abschluss in der Gaststätte "Zum kühlen Grunde", Gestütstr. 14, 37586 Dassel-Hunnesrück, Anmel- W. Dräger, Dr. K. Hagemann www.fan-niedersachsen.de, Email: [email protected] Bankverbindung: Sparkasse Hannover, IBAN: DE19 2505 0180 0000 0499 08 SWIFT-BIC: SPKHDE2HXXX --------------------------------------------------------------------------------- Ich möchte Mitglied werden im Freundeskreis für Archäologie in Niedersachsen e. V. dung bis 1.7.: 05042-1380 (Dräger). 23. /24. 09. 2016, 2-Tage-Exkursion der Römer-AG zum Römerlager Hachelbich nach 99706 Kyffhäuserland- Hachelbich, Kyffhäuserkreis/ Thüringen; unter Vorbehalt, dass eine Grabung stattfindet! Alternativ: am 24. 09. Exkursion nach Haltern am See, Römerpark Aliso. 19. 11. 2016, 13.00 Uhr, Archäologischer Stammtisch im “Paulaner am Thielenplatz“, Prinzenstr. 1, 30159 Hannover. Ich habe Kenntnis von der Satzung genommen. Ich bitte, mir die Satzung zu übersenden. 14. 01. 2017, 10.30 Uhr, Luftbildschau im Nieders. Landesamt Den Jahresbeitrag in Höhe von ............ Euro für Denkmalpflege (NLD), Scharnhorststr. 1, 30175 Hannover, Einzelpersonen 15 Euro H.-D. Freese zeigt Aufnahmen aus dem Jahr 2016. Familienbeitrag 20 Euro 18. 02. 2017, 13.00 Uhr, Archäologischer Stammtisch im Studenten “Paulaner am Thielenplatz“, Prinzenstr. 1, 30159 Hannover. 6 Euro juristische Personen / fördernde Mitglieder (ggf. plus Spende) ab 50 Euro zahle ich durch Überweisung auf Konto bei der Sparkasse Hannover IBAN: DE19 2505 0180 0000 0499 08 SWIFT-BIC: SPKHDE2HXXX 11. 03. 2017, ab 09.30 Uhr, FAN-Jahreshauptversammlung, NLD, Scharnhorststr. 1, 30175 Hannover, 10.00 - 12.30 Uhr Vorträge und Diskussionen, ab 14.00 Uhr Mitgliederversammlung (gesonderte Einladung an die Mitglieder). oder durch Einzugsermächtigung von Veranstaltungen anderer Vereinigungen: Bank/Sparkasse: ............................................................. 21. 05. 2016, 10 - 17 Uhr, Archäologischer Arbeitskreis IBAN: _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Niedersachsen (ArchAN) im NHB, Frühjahrssymposium SWIFT-BIC: ..................................................................... „Mumien- und CT-Forschung in Niedersachsen“, Roemer- Name: .................................... Vorname: ........................... Pelizaeus-Museum, Am Steine 1, 31134 Hildesheim. PLZ: ................... Ort: ........................................................ --------------------------------------------------------------------------------- Straße: ............................................................................... Die "FAN-Post", das Mitteilungsblatt des Freundeskreises Datum: ............................ Unterschrift: ............................. für Archäologie in Niedersachsen e. V., erscheint jährlich, Sie erkennen unsere Beitragseinzüge an unserer Gläubiger- Auflage: 800. Redaktion: Dr. W. Gebers, G. Lübbers. Identifikationsnummer DE26 ZZZ0 0000 6564 82 und an V.i.S.d.P.: Der Vorstand. Ihrer persönlichen Mandatsreferenz (dreistellige Zahl). Druck: H.-J. Rießelmann GmbH, 49393 Lohne. 32
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