Zusammenfassung des 25. Datenschutzberichts des

Mainz, 12. Juli 2016
Zusammenfassung des 25. Datenschutzberichts des Landesbeauftragten für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit
Der 25. Datenschutzbericht des LfDI umfasst die Jahre 2014 und 2015.
Entwicklung des Datenschutzes
Ende des Jahres 2015 wurden die Verhandlungen über die künftige Neugestaltung des
europäischen Datenschutzrechts abgeschlossen. Zwischenzeitlich wurde die europäische
Datenschutz-Grundverordnung auch formell verabschiedet, so dass sie im Mai des Jahres
2018 in allen Mitgliedsstaaten in Kraft tritt und bestehende Datenschutzgesetze ablösen wird.
Innerhalb der Europäischen Union wird es demnach einen Mindeststandard für die Erhebung
und Verarbeitung personenbezogener Daten geben, welcher aber auch innerstaatliche
Öffnungsklauseln zu bestimmten Themenbereichen vorsieht. Um die Einhaltung der
Datenschutz-Grundverordnung effektiv kontrollieren zu können, werden auch die
Aufsichtsbehörden gestärkt, was jedoch gleichermaßen zu einem erhöhten Bedarf an
Ressourcen und Personal beim LfDI führen wird (vgl. Tz. I-1.3).
Im Rahmen der Safe Harbor-Entscheidung durch den Europäischen Gerichtshof,
welche die Zulässigkeit der Datenübermittlung in Drittländer wie die USA in Frage stellt,
wurde vom LfDI eine großangelegte Umfrageaktion bei 120 rheinland-pfälzischen
Unternehmen gestartet, um einerseits auf die Problemlage hinzuweisen sowie andererseits
nach den Grundlagen der unternehmenseigenen Datentransfers in die USA zu fragen. Mehr
als die Hälfte der befragten Unternehmen war mit der Thematik vertraut und gut aufgestellt,
bei den übrigen Unternehmen herrscht jedoch noch zum Teil erheblicher Aufklärungsbedarf.
Hierfür bietet der LfDI Veranstaltungen, Beratungen und Veröffentlichungen an (vgl. Tz. I-1.4
und I-1.5).
-2Landesgesetzgebung
Bereits 2013 hatte sich der LfDI dahingehend positioniert, dass ein sog. Livestream von
öffentlichen Ratssitzungen ohne spezifische Rechtsgrundlage nur mit Einwilligung aller
möglicherweise Betroffenen (Mandatsträgerinnen und -träger, Beschäftigte, Zuhörerinnen
und Zuhörer) zulässig ist. Da dies in der Praxis nicht oder nur schwer umsetzbar gewesen
wäre, konnte nur der Erlass einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage weiterhelfen. Eine
Regelung der sog. Medienöffentlichkeit, um über digitale Aufzeichnungen und Bild- und
Tonübertragungen von Rats- und Ausschusssitzungen die Einwohnerinnen und Einwohner
am kommunalen Geschehen teilhaben zu lassen, ist mit dem Landesgesetz vom 22.
Dezember 2015 erfolgt. Wesentliche Rechtsgrundlagen sind nunmehr § 35 Abs. 1 S. 4 bis 6
GemO, § 28 Abs. 1 S. 4 bis 6 LKO und § 7 Abs. 3 BezO, die am 01. Juli 2016 in Kraft treten.
Ein sog. Livestream wird auf der Grundlage der Hauptsatzung, mit der Näheres zur Art und
Weise geregelt werden kann, möglich (vgl. Tz. I-3.2).
Ausgewählte Schwerpunkte
Die im Dezember 2013 gegen den Debeka-Krankenversicherungsverein a.G. (Debeka)
eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren sind im Dezember 2014 mit einem Bescheid
des LfDI im Wege der Verständigung mit einer Geldbuße in Höhe von 1,3 Millionen Euro
abgeschlossen worden – die höchste Geldbuße, die jemals von einer deutschen
Datenschutzbehörde verhängt wurde. Das Unternehmen stellte darüber hinaus zusätzlich
600.000 Euro für eine Stiftungsprofessur bereit, die mittlerweile an der Johannes GutenbergUniversität Mainz, Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, eingerichtet und zum
Wintersemester 2016 besetzt werden konnte (vgl. Tz. II-2).
Der Zustrom von Flüchtenden und Asylbewerberinnen und -bewerbern hat auch
zahlreiche datenschutzrechtliche Fragen aufgeworfen: Wie kann erreicht werden, dass
die Registrierungen effektiver erfolgen und Mehrfacherfassungen vermieden werden? Wie
können die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer angemessen über die zu betreuenden
Flüchtenden informiert werden? Dürfen Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister die
Identitätsdaten der in ihre Gemeinde Zuwandernden erfahren? Und: Wie kann die
Zusammenarbeit der Gemeinden mit der Bundesanstalt für Arbeit (bzw. den Jobcentern)
datenschutzkonform erfolgen? Der LfDI hat zu allen wesentlichen Fragen praxisnah Stellung
genommen und die betroffenen Behörden informiert (vgl. Tz. II-4).
Medien und Telekommunikation
Smart TV-Geräte verzahnen traditionelles Fernsehen mit dem Internet und erlauben es, die
Fernsehgewohnheiten und die Nutzung von Zusatzdiensten bis ins Detail nachzuvollziehen
und das Nutzungsverhalten auszuwerten. Aus Sicht des LfDI muss eine Möglichkeit des
anonymen Fernsehens erhalten bleiben und erkennbar sein, wie und welche Nutzungsdaten
durch wen erhoben, genutzt und gegebenenfalls an Dritte weitergegeben werden.
Nutzerinnen und Nutzer müssen sich darauf verlassen können, dass Dritte nicht ungewollt
erfahren, was, wann und wie oft oder wie lange man fernsieht. Die
Datenschutzaufsichtsbehörden haben hierzu eine Orientierungshilfe veröffentlicht
-3(http://www.datenschutz.rlp.de/downloads/oh/oh_smart-TV.pdf). In eine bundesweite Prüfung
wurde auch ein Gerät eines rheinland-pfälzischen Herstellers einbezogen. Dieser hat sich im
Rahmen der Prüfung durchgängig kooperativ gezeigt und zugesagt, die notwendigen
Änderungen für künftige Modelle sowie für alle vergleichbaren Endgeräte (z.B. SatellitenReceiver) umzusetzen (vgl. Tz. III-1.1).
Die Nutzung von Fanpages bei Facebook durch Behörden ist seit vielen Jahren
Gegenstand der Aufmerksamkeit des LfDI (vgl. 23.Tb., Tz. I-3.2.2; 24. Tb., Tz. II-7.4.4). Da
sich Facebook nach wie vor nicht an die deutschen Datenschutzvorgaben beim Umgang mit
den Nutzerdaten hält, tragen öffentliche Stellen, die in Form einer eigenen FacebookFanpage einen „Honigtopf“ aufstellen, dazu bei, dass Facebook weiter Nutzerrechte verletzt.
Hier besteht eine eigene Verantwortung besonders der staatlichen Stellen, welche der LfDI
mit einem vorgelegten Handlungsrahmen für öffentliche Stellen unterstützt (vgl. Tz. III-1.3).
Wirtschaft
Rund ein Drittel aller an den LfDI gerichteten Eingaben im privaten Datenschutz betrifft den
Bereich der Videoüberwachung, davon in zunehmendem Maße die Videoüberwachung
durch Privatpersonen. Der Grund für diesen Anstieg sind offenbar auch die in den
vergangenen Jahren gesunkenen Preise für Überwachungstechnik zum Privatgebrauch.
Oftmals fühlen sich die Betroffenen einer dauerhaften Überwachung ihrer Nachbarschaft
ausgesetzt oder vermuten eine Beobachtung des öffentlichen Verkehrsraums. Dem LfDI ist
in solchen Fällen häufig ein Einschreiten nicht möglich, da das Bundesdatenschutzgesetz auf
Datenverarbeitungen zu persönlichen bzw. familiären Zwecken keine Anwendung findet. Das
bedeutet allerdings nicht, dass die Videoüberwachung damit zulässig ist, vielmehr muss
deren Beurteilung auf Grundlage des Zivilrechts durch die Gerichte erfolgen (vgl. Tz. III-2.2).
Auch der Einsatz von Drohnen und von Wildkameras nimmt weiter zu - im Falle der
Wildkameras zeichnet sich allerdings in Rheinland-Pfalz eine Lösung ab.
Beschäftigtendatenschutz
Gerade im Bereich der Arbeitswelt wird sowohl bei Behörden als auch in den Unternehmen
eine große Zahl an personenbezogenen Daten der Beschäftigten erhoben. Der
Beratungsbedarf ist in diesem Bereich sehr groß. Der LfDI unterstützt die Behörden und
Unternehmen, fit bei der digitalen Verarbeitung von Beschäftigtendaten zu werden. Mit einer
Orientierungshilfe zur IT-Nutzung am Arbeitsplatz sowie zum datenschutzkonformen
Einsatz von Online-Bewerbungsverfahren gab der LfDI den Arbeitgeberinnen und -gebern
Ratschläge an die Hand, den Wandel von Papier zu elektronischen Daten im Büro auch
datenschutzrechtlich einwandfrei zu vollziehen (vgl. Tz. III-3.2.2 und III-3.1.3).
Daneben haben sowohl die Gerichte bei den Bediensteten im öffentlichen Bereich als auch
das Bundesarbeitsgericht den Schutz der Beschäftigten vor unerlaubten Kontrollen und
Datenübermittlungen weiter gestärkt. Das Bundesarbeitsgericht erklärte zum einen
Beweismittel für eine Kündigung, die in unzulässiger Weise gewonnen wurden, als nicht
verwertbar. Der Bundesgerichtshof ging in einem anderen Fall sogar so weit, für
-4datenschutzwidrige erhobene Beschäftigtendaten durch Detektive Haftstrafen für die
jeweiligen Detektive auszusprechen.
Polizei und Verfassungsschutz
Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Antiterrordateigesetz wurde die
Verpflichtung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in das Gesetz
aufgenommen, spätestens alle zwei Jahre die Antiterrordatei (ATD) zu prüfen.
Dementsprechend hat der LfDI eine Kontrolle der ATD-Nutzung beim Verfassungsschutz
sowie beim Landeskriminalamt und den Polizeipräsidien durchgeführt. Die Prüfung hat
ergeben, dass sämtliche in der ATD geführten Personen rechtmäßig und nachvollziehbar
gespeichert waren. Die vergebenen Zugriffsberechtigungskonzepte entsprachen den
datenschutzrechtlichen Anforderungen (vgl. III-4.1).
Seit April 2015 werden bei der Polizei im Rahmen eines Pilotprojekts Bodycams in
besonders kriminalitätsbelastenden Gebieten oder bei besonderen Gefahrenlagen
eingesetzt. Die Videoaufzeichnungen erfolgen zur Eigen- und zur Beweissicherung. In einer
Verwaltungsvorschrift werden Einsatzbedingungen und Löschung der Daten geregelt. Die
ersten Erfahrungen mit den Bodycams sind aus polizeilicher Sicht positiv; das Einschalten
der Kamera - was dem polizeilichen Gegenüber mitgeteilt wird - habe im Allgemeinen zur
Deeskalation geführt. Noch in diesem Jahr ist eine wissenschaftliche Evaluation des
Pilotprojekts vorgesehen; in dieser Evaluation wird auch die Frage der Erforderlichkeit der
Bild- und Tonaufzeichnungen behandelt. Der LfDI wird diese Ergebnisse bei seiner
datenschutzrechtlichen Bewertung mit einbeziehen (vgl. Tz. III-4.3).
Gesundheit
Von zunehmender Bedeutung ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten. Der LfDI hat vor
diesem Hintergrund gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz eine
bundesweit einmalige Website erstellt, die Ärztinnen und Ärzten und anderen Angehörigen
der Heilberufe die Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben bei dem Betrieb einer
eigenen Praxis erleichtern soll (www.mit-sicherheit-gut-behandelt.de). Der Aufbau des
bislang gut angenommenen Informationsangebots war eingebettet in eine landesweite
Initiative zur Verbesserung des Datenschutzes im ärztlichen Bereich, mit der insbesondere
die Sensibilisierung der Praxisinhaberinnen und -inhaber erreicht werden sollte (vgl. Tz. III5.2.1).
Wie zukunftsträchtig das Thema Gesundheit im datenschutzrechtlichen Kontext ist, zeigt sich
am steigenden Einsatz telematischer Anwendungen im Bereich der gesundheitlichen und
pflegerischen Versorgung. Beispiele hierfür sind intelligente Assistenzsysteme, die den
Menschen trotz gesundheitlicher Einschränkungen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben
ermöglichen sollen. Der LfDI hat sich frühzeitig um eine angemessene Beachtung des
informationellen Selbstbestimmungsrechts bei der Entwicklung entsprechender Verfahren
bemüht. Auf seine Initiative hin soll die Vereinbarkeit der Telematik im Gesundheitswesen mit
den Grundsätzen des Datenschutzes als strategisches Ziel von der
Gesundheitsministerkonferenz benannt werden (vgl. Tz. III-5.4).
-5-
Bildung und Erziehung
Die Bildungsaktivitäten des LfDI wurden auch in den zurückliegenden beiden Jahren weiter
vorangebracht. Hervorzuheben ist, dass das Jugendportal www.youngdata.de, welches
als Eigenentwicklung des LfDI im Jahr 2013 gestartet war, im Februar 2015 in die Hände
aller Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder überführt wurde. Youngdata ist
seitdem das gemeinsame Jugendangebot aller Datenschutzbeauftragten (vgl. Tz. III-8.1).
Erstmals veranstaltete der LfDI im Mai 2015 ein Coding Camp für programmierbegeisterte
Jugendliche. Mit Unterstützung von Informatikstudierenden der Fachhochschule Bingen, der
Hochschule Mainz und Mitgliedern des Chaos Computer Clubs Mainz/Wiesbaden gelang es,
Smartphone-Apps zu entwickeln, die von einer Jury ausgezeichnet wurden. Aufgrund des
erfolgreichen Verlaufs wird sich der LfDI auch künftig an vergleichbaren Projekten mit
Jugendlichen zum Thema „Informatik“ beteiligen (vgl. Tz. III-8.4).
Justiz
Der LfDI hat sich wiederholt zu strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen geäußert und
für eine Verbesserung der Normenklarheit sowie für eine Stärkung der Transparenz für
Betroffene eingesetzt. So hat er gegenüber dem Justizministerium dargelegt, dass nach
seiner Einschätzung eine rechtskonforme Durchführung der sog. Quellen-TKÜ (vgl. 24. Tb.,
Tz. III-4.1.8) nicht möglich ist. Gleiches gilt für den Einsatz sog. stiller SMS, die nach
ihrem Versand durch die Ermittlungsbehörden beim SMS-Empfänger zwar nicht angezeigt
werden und auch kein Empfangssignal auslösen, die aber gleichwohl Verbindungsdaten
generieren, welche polizeilich ausgewertet werden. Gleichzeitig hat der LfDI aber das
ermittlungstaktische Bedürfnis für stille SMS anerkannt und wird deren Einsatz nur dann
nicht beanstanden, wenn er im Rahmen der strengen Voraussetzungen einer
Telekommunikationsüberwachung nach §§ 100a, 100b StPO erfolgt. In Bezug auf die
Funkzellenabfrage (vgl. hierzu § 100g Abs. 3 n.F. StPO) regt der LfDI an, neue
Benachrichtigungsinstrumente für Betroffenen zu schaffen (vgl. Tz. III-10.2).
Verbraucherschutz
Der LfDI hat im Berichtszeitraum die Zusammenarbeit mit dem Verbraucherschutz weiter
verstärkt. So veranstaltete er zusammen mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz eine
Podiumsdiskussion zur Zukunft des Bargelds in der digitalen Gesellschaft, in welcher
auch unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten über die Chancen und Risiken einer
bargeldlosen Zukunft diskutiert wurde. Bargeldlose Zahlungen bergen die Gefahr, dass
künftig jeder einzelne Bezahlvorgang nachvollziehbar dokumentiert und somit die
Verbraucherinnen und Verbraucher zu gläsernen Konsumenten gemacht werden (vgl. Tz. III11.3).
Auch der vierte Verbraucherdialog „Smart Home“ in Zusammenarbeit mit dem damaligen
Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz und der
-6Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz setzte die enge Zusammenarbeit fort. Ziel der
Verbraucherdialoge ist es, zusammen mit Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden
und Behörden datenschutz- und verbraucherfreundliche Anforderungen an neue digitale
Technologien zu formulieren. Diese werden in Empfehlungen zusammengefasst und
veröffentlicht, die sich zum einen an Verbraucherinnen und Verbraucher, zum anderen aber
auch an Produktanbieter richten. Da die im intelligenten Zuhause anfallenden Daten die
räumliche Privatsphäre und damit einen besonders schützenswerten Rückzugsort betreffen,
war es aus Sicht des LfDI wichtig, Leitlinien zur Umsetzung grundlegender
datenschutzrechtlicher Prinzipien für Smart Home-Anwendungen zu definieren. Besondere
Bedeutung kommt in den Empfehlungen daher den Aspekten der Transparenz, der
Datensouveränität, der Datensparsamkeit aber nicht zuletzt auch der Datensicherheit zu (vgl.
Tz. III-11.4).
Das Thema Scoring ist ein datenschutzrechtlicher Dauerbrenner. Nachdem durch die
Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes im Jahr 2010 insbesondere die Auskunftsrechte
der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt wurden, entschied der Bundesgerichtshof im
Januar 2014, dass diese Auskunftsrechte durch das Recht der Wirtschaftsauskunfteien an
ihrem Geschäftsgeheimnis eingeschränkt werden.
Angesichts der existentiellen Bedeutung von Einträgen bei Wirtschaftsauskunfteien für viele
Bürgerinnen und Bürger hält der LfDI eine gesetzliche Nachbesserung für dringlich geboten
(vgl. Tz. III-11.5).
Finanzen
Im Bereich der Steuerverwaltung beschäftigten die Auskunftsansprüche der
Steuerpflichtigen den LfDI auch in diesem Berichtszeitraum. Während der LfDI zuletzt
verhalten optimistisch war, dass Betroffene zukünftig voraussetzungslos Auskunft über ihre
bei der Finanzverwaltung vorhandenen persönlichen Daten erlangen können, hat sich diese
Hoffnung im Berichtszeitraum leider zerschlagen. Das gemeinsame Konzept von Bund und
Ländern zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sah zwar die Schaffung
bereichsspezifischer Regelungen zum Datenschutz und insbesondere einen
Auskunftsanspruch vor. Doch wurden die geplanten Regelungen mit Hinweis auf die
nunmehr unmittelbar bevorstehende EU-Datenschutz-Grundverordnung verworfen, da man
zunächst die europäischen Vorgaben abwarten wolle. Dies bedeutet eine erneute
Verzögerung für ein klar definiertes Auskunftsrecht der Steuerpflichtigen (vgl. Tz. III-12.2).
Verkehr
Das moderne Auto verfügt über vielfältige Systeme, die den Nutzerinnen und Nutzern das
Leben im Auto sicher und angenehm machen sollen. Dazu zählen z.B. Navigation, Notruf
(das sog. eCall-System), Werkstattdokumentation und auch Mulitmediaanwendungen. Diese
fortschreitende Technik bietet einerseits vielfältige Vorteile im Bereich Verkehrssicherheit
und Komfort. Doch beeinträchtigt sie andererseits auch die Persönlichkeitsrechte der
Fahrzeugnutzerinnen und -nutzer in nicht unerheblichem Umfang, denn es fallen zahlreiche
persönliche Daten an. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder begleiten
die moderne Entwicklung konstant: sie haben eine Entschließung zu den aus ihrer Sicht
-7besonders gravierenden Risiken gefasst und gemeinsam mit dem Verband der
Automobilindustrie ein Papier veröffentlicht, um für das Thema weiter zu sensibilisieren und
sicherzustellen, dass Kfz-Nutzerinnen und -Nutzer von den Vorteilen profitieren, ohne ihr
Persönlichkeitsrecht im hohen Maße einzuschränken (vgl. Tz. III-13.1).
Der LfDI hat zudem am 4. Juli 2016 im Landesmuseum Mainz eine Podiumsdiskussion zu
diesem Thema veranstaltet: Unter dem Titel „Der unsichtbare Beifahrer – Chancen und
Risiken des Connected Car“ diskutierten Vertreter des Verbraucherschutzes, der
Wissenschaft und der Automobil-, Internet- und Versicherungsbranche.
Im Zusammenhang mit einem Angriff auf ein IT-Verfahren der Zulassungsbehörden
wurde eine Speicherung der Zugriffsdaten einschließlich der vollständigen IP-Adressen
problematisiert. Als Konsequenz aus dem Angriff auf das Verfahren hat der Landesbetrieb
Daten und Information in Abstimmung mit dem LfDI eine Verfahrensweise festgelegt, bei der
die für Sicherheitszwecke erforderlichen Zugriffsdaten auf einem separaten Protokollserver
für sieben Tage gespeichert werden. Mit der gewählten Lösung wird sowohl dem
Datenschutz als auch den Notwendigkeiten für die Abwehr und Analyse von Angriffen
entsprochen. Im Fall eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens stehen die jeweiligen
Zugriffsdaten auch für einen darüber hinausgehenden Zeitraum zur Verfügung (vgl. III-13.2).
Weitere technische Themen
Gütesiegel und Zertifikate zum Datenschutz sind wertvolle Instrumente, um gegenüber
Verbraucherinnen und Verbrauchern die Datenschutzkonformität digitaler Angebote
nachzuweisen. Sie schaffen Transparenz, Vertrauen und Sicherheit innerhalb von
Unternehmen und gegenüber Kundinnen und Kunden und Geschäftspartnerinnen und partnern. Die Vorteile entsprechender Zertifizierungen von Unternehmen waren daher
Gegenstand der im Oktober 2015 gemeinsam mit der Landesregierung veranstalteten
Landesdatenschutzkonferenz. Solche Gütesiegel sind jedoch auch in der Verwaltung von
Bedeutung. Mit Blick auf die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung und die geplante
Zunahme digitaler Verwaltungsdienste sollten die Möglichkeiten genutzt werden, gegenüber
Bürgerinnen und Bürgern durch entsprechende Kennzeichnungen auf eine
datenschutzfreundliche oder datensparsame Gestaltung der Verfahren hinzuweisen. Der
LfDI hat daher den Vorschlag an die Landeregierung herangetragen, bei der anstehenden
Umsetzung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung vorzusehen, dass öffentliche
Stellen zur Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherheit ihre Verfahren sowie
ihre technischen Einrichtungen im Rahmen einer Zertifizierung prüfen und bewerten lassen
(vgl. Tz. II-2.3 und III-14.7).