Presseinformation Völklinger Str. 49 40221 Düsseldorf Telefon (0211) 5867-3505/06 Telefax (0211) 5867-3225 13. Juli 2016 Hintergrund und Fakten zum Grundschulkonzept Nordrhein-Westfalen Die Landesregierung hat vor dem Hintergrund des demografischen Wandels mit dem 8. Schulrechtsänderungsgesetz die Grundlagen für eine nachhaltige und zukunftsfeste Grundschullandschaft geschaffen (Grundschulkonzept). Das 8. Schulrechtsänderungsgesetz ist zum 22. November 2012 in Kraft getreten. Seit dem Schuljahr 2014/15 sind die Regelungen zur Klassenbildung für alle öffentlichen Schulträger verbindlich. Für die Regelungen zur Fortführung von kleinen Grundschulstandorten wurde beginnend mit dem Schuljahr 2013/14 eine 5-jährige Übergangsregelung eingeführt. Grundlage für das Grundschulkonzept waren die Vereinbarungen von CDU, SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Schulpolitischen Konsens für Nordrhein-Westfalen vom 19. Juli 2011, in dem bereits das gemeinsame Ziel, nämlich die Sicherung eines wohnungsnahen und qualitativ hochwertigen Schulangebots im Grundschulbereich – kurze Beine, kurze Wege – und eine schrittweise Absenkung des Klassenfrequenzrichtwerts von 24 auf 22,5 verankert wurden. 1. Handlungsbedarf • Der seinerzeit gültige Klassenfrequenzrichtwert von 24 wurde landesweit deutlich unterschritten, damit standen insgesamt zu wenige Lehrerstellen zur Abdeckung der Unterrichtsvorgaben zur Verfügung. • Kleiner werdende Grundschulen und Klassen verursachten erhebliche Probleme bei der Unterrichtsversorgung. Dem stand eine große Zahl von Klassen mit 30 oder mehr Kindern gegenüber. Es bestand ein Zielkonflikt zwischen der Erhaltung einer möglichst wohnungsnahen Schulversorgung sowie einer qualitativ hochwertigen Erfüllung des pädagogischen Auftrages durch die Schulen. • Unterschiedliche Vorgehensweisen in den Kommunen verursachten erhebliche regionale Disparitäten bei der Klassenbildung, die letztlich zu großen Ungerechtigkeiten bei der Lehrerversorgung geführt hatten. 1 2. Maßnahmen und Ziele des Grundschulkonzepts Oberstes Ziel ist die Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen einer wohnungsnahen Schulversorgung und pädagogisch sinnvollen und schulorganisatorisch machbaren Schulangeboten unter Beachtung der speziellen Bedürfnisse des ländlichen Raumes. Die Maßnahmen: • Schrittweise Absenkung des Klassenfrequenzrichtwerts von 24,0 auf 22,5 ab dem Schuljahr 2012/13 bis zum Schuljahr 2015/16 (das entspricht rund 1.700 zusätzlichen Lehrerstellen, bzw. 85 Mio. Euro jährlich). • Einführung einer Kommunalen Klassenrichtzahl als eine Höchstzahl für die Bildung von Eingangsklassen gemäß der Gesamtzahl der einzuschulenden Kinder auf Ebene der Kommunen; z.B.: 200 Kinder geteilt durch 23 = 8,69 = 9 Eingangsklassen. (§ 6a Abs. 2 VO zu § 93 Abs. 2 Schulgesetz) • Eindeutige und praxisgerechte Vorgaben zur Klassenbildung auf Schulebene (§ 6a Abs. 1 VO zu § 93 Abs. 2 Schulgesetz; für das Schuljahr 2013/14 noch optional anzuwenden, ab dem Schuljahr 2014/15 verbindlich). • Einführung von neuen und eindeutigen Fortführungsgrößen für Grundschulen verbunden mit einer Intensivierung von Teilstandortlösungen. • Einführung einer an das Konzept angepassten Zuweisung des Lehrerstellengrundbedarfs verbunden mit mehr Leitungszeit für Schulleitungen von Schulen mit mehreren Standorten. 3. Auswirkungen der Maßnahmen des Grundschulkonzepts auf die Grundschullandschaft bis zum Schuljahr 2015/16 a. Die durchschnittliche Klassengröße an den öffentlichen Grundschulen im Kontext zum rechtsförmlich vorgegebenen Klassenfrequenzrichtwert hat sich landesweit wie folgt entwickelt: Klassenfrequenzrichtwert Durchschnittliche Klassengröße lt. ASD 2010/11 24,00 23,10 2011/12 24,00 23,20 Schuljahr 2012/13 2013/14 23,75 23,50 23,20 23,10 2014/15 23,00 23,20 2015/16 22,50 23,20 (ASD = Amtliche Schuldaten) Damit steht der normierte und für die Bereitstellung von Lehrerressourcen relevante Klassenfrequenzrichtwert ab dem Schuljahr 2014/15 wieder in Einklang mit der tatsächlichen durchschnittlichen Klassengröße. Die strukturelle Lücke konnte vollständig geschlossen werden. b. Die aktuellen Amtlichen Schuldaten sind ein Beleg dafür, dass die eingeführten Regelungen zur Klassenbildung auf Ebene der einzelnen Schulen bereits greifen. 2 • • Die Regeln zur Klassenbildung auf Schulebene wurden bereits an knapp 96 Prozent der Schulen eingehalten. Dies ist ein erfreulicher Befund. Nach den Amtlichen Schuldaten für das Schuljahr 2015/16 wurden an 2.671 Schulen (von 2.786) regelkonforme Eingangsklassen gebildet. Darunter haben 134 regelkonform die ausgewiesenen Korridore unterschritten, d.h. sie haben freiwillig etwas größere Klassen gebildet. An 115 Schulen wurden die Korridore regelwidrig überschritten, d.h. es wurden zu kleine Klassen gebildet. Die Zahl der gebildeten Eingangsklassen mit 30 und mehr Schülerinnen und Schülern ist seit dem Schuljahr 2011/12 bis zum Schuljahr 2015/16 von 199 um 159 auf 40 zurückgegangen ist. Das entspricht einem Rückgang von fast 80 Prozent. c. Bereits im zweiten Schuljahr, in dem die Vorschriften zur Bildung einer Kommunalen Klassenrichtzahl verbindlich sind, kann festgestellt werden, dass die ganz überwiegende Anzahl der Kommunen die Einhaltung der Kommunalen Klassenrichtzahl bei ihrer Schulentwicklungsplanung in den Blick genommen haben. Dadurch ist es bereits zu einer ausgewogeneren Klassenbildung und einer gerechteren Ressourcenverteilung gekommen. • Nach den Amtlichen Schuldaten für das Schuljahr 2015/16 halten 236 Kommunen die Kommunale Klassenrichtzahl genau ein, d.h. es wird genau die Anzahl von Eingangsklassen gebildet, die sich nach der in § 6a Abs. 2 zu § 93 Abs. 2 Schulgesetz festgeschriebenen Berechnung als Höchstzahl ergibt. In 114 Kommunen wird die Kommunale Klassenrichtzahl regelkonform unterschritten, d.h. es werden von den Kommunen auf freiwilliger Basis weniger und damit im Durchschnitt größere Klassen gebildet, als es nach der genannten Vorschrift erforderlich wäre. • Lediglich in 46 Kommunen wurde die Kommunale Klassenrichtzahl überschritten, d.h. es wurden unter Zugrundelegung der Schülerzahlen der Amtlichen Schuldaten in der Nachbetrachtung zu viele und damit im Durchschnitt zu kleine Klassen gebildet. Davon haben 33 Kommunen die Richtzahl um eine Klasse*, acht Kommunen um zwei Klassen und drei Kommunen um mehr als zwei Klassen überschritten. *(Erläuternder Hinweis: Rechnerische Überschreitungen der Kommunalen Klassenrichtzahl, die erst im Nachhinein auf Grundlage der Amtlichen Schuldaten festgestellt werden können, sind auch künftig nicht gänzlich zu vermeiden, da Kommunen die Planung der Eingangsklassen bereits zum 15.01. vornehmen.) d. Im Schuljahr 2015/16 ist die Anzahl der Standorte insgesamt (Haupt- und Teilstandorte) gegenüber dem Schuljahr 2014/15 um 26 zurückgegangen (- 41 Schulstandorte zuzüglich 15 neue Teilstandorte). Die Durchschnittsgröße von Grundschulen ist seit Einführung des Grundschulkonzepts bei gleichzeitig weiter sinkender Schülerzahl kontinuierlich (leicht) angestiegen. Dies ist grundsätzlich eine positive Entwicklung. Denn: Kleine Standorte haben trotz gezielter Unterstützung tendenziell weniger Spielräume, die Unterrichtsversorgung qualitativ und quantitativ sicherzustellen. 3 Grundschulen mit weniger als 92 und mindestens 46 Schülerinnen und Schülern können künftig nur noch als Teilstandort geführt werden. Für diese Regelung gilt noch eine Übergangsfrist bis zum Ende des Schuljahres 2017/18. Trotz der bestehenden Übergangsregelung hat sich die Zahl der Standorte mit weniger als 92 Schülerinnen und Schülern seit Einführung des Grundschulkonzepts bis zum Schuljahr 2015/16 von 135 im Schuljahr 2012/13 um 77 auf 58 verringert. Dies zeigt, dass der mit dem Grundschulkonzept initiierte Schulentwicklungsprozess trotz der o.g. Übergangsregelung in vielen Kommunen bereits eingesetzt hat. Parallel dazu wurden die Entlastungsstunden für die Aufgaben der Schulleitung (sog. Leitungszeit) für Schulen mit Teilstandorten erhöht. Neben der bestehenden Entlastung von elf Lehrerwochenstunden pro Grundschule zuzüglich 0,7 Lehrerwochenstunden pro Grundstelle werden für jeden weiteren Standort sieben Lehrerwochenstunden gewährt. Beispiel: Eine Grundschule mit 300 Schülerinnen und Schülern (rd. 14 Grundstellen) und zwei Standorten erhält z.B. eine Leitungszeit von insgesamt rd. 28 Lehrerwochenstunden. Dies entspricht im Ergebnis einer Entlastung im Umfang von einer Lehrerstelle. Diese wird der Schule zusätzlich zugewiesen. e. Regelkonforme kleine Grundschulstandorte und Schulen in Gemeinden, die aufgrund der örtlichen Situation regelkonforme kleine Klassen bilden müssen, profitieren von einer neu eingeführten Form der Zuweisung des Grundbedarfs. Denn: der Grundstellenbedarf einer Schule wird nicht mehr ausschließlich nach Maßgabe der Schüler/Lehrer-Relation und der Schülerzahl sondern in drei Schritten zugewiesen: 1. Alle Grundschulen erhalten zunächst eine schülerzahlunabhängige Vorabzuweisung in Höhe von 0,5 Stellen pro Schule sowie 0,25 Stellen für jeden weiteren Standort. Damit wird sichergestellt, dass die Entlastungsstunden auch an kleinen Schulen nicht zu Lasten der Unterrichtsversorgung gehen. 2. Für kleinere Kommunen, in denen an bestimmten Schulen aus sachlichen Gründen z.B. zur Standorterhaltung regelkonforme kleine Kassen gebildet werden, wurde der Schulaufsicht ein gesondertes Budget (im Schuljahr 2015/16 = 535 Stellen) bereitgestellt. Aus diesem Budget können solche Schulen gezielt mit einer gesonderten Stellenzuweisung unterstützt werden. Diese Regelung stellt zum einen sicher, dass die Klassenbildung nicht zu wesentlichen Beeinträchtigungen bei der Unterrichtsversorgung führt und zum anderen, dass „Quersubventionierungen“, also ein Stellenabzug in anderen Kommunen, zur Finanzierung von zu kleinen Klassen weitestgehend vermieden werden kann. 3. Die verbleibenden Grundbedarfsstellen (rechnerischer Grundbedarf abzüglich Vorabzuweisung und Budgetzuweisung) werden auf der Grundlage der Schülerzahl und einer Bewirtschaftungsrelation auf die Schulen verteilt. 4 Dieser Verteilmechanismus führt zwar nicht dazu, dass insgesamt mehr Stellen als der insgesamt zur Verfügung stehende Grundbedarf zugewiesen werden können. Er sorgt jedoch für eine bedarfsgerechtere Zuweisung der Stellen, die insbesondere dem Umstand Rechnung trägt, dass Standorte mit einer geringeren Schülerzahl und / oder mit regelkonformen kleinen Klassen eine etwas höhere Personalausstattung zur Erfüllung der Stundentafel benötigen. 5
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