Pionier der Jugendsozialarbeit Bildungsforscher und Theologe

URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM160715_Falkbuch.pdf
Pionier der Jugendsozialarbeit
Bildungsforscher und Theologe geben Publikation zu Johannes Daniel
Falk heraus
Er war einer der größten Wohltäter in der Weimarer Geschichte, verkehrte mit Goethe, Herder,
Wieland und war im klassischen Weimar stets in der zweiten Reihe präsent. Dennoch ist der
Schriftsteller, Pädagoge, evangelische Theologe und Pionier der Jugendsozialarbeit Johannes
Daniel Falk (1768-1826), Schöpfer des Weihnachtsliedes "Oh Du fröhliche...", heute allgemein nur
wenig bekannt. Das könnte sich mit dem rechtzeitig vor dem 500. Reformationsjubiläum
erschienenen Band "Johannes Daniel Falk - Impulse für Pädagogik, Diakonie und Sozialpolitik"
ändern. Herausgegeben wurde er von Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz und Prof. Dr. Michael Haspel Koerrenz ist Professor für Historische Pädagogik und Globale Bildung der
Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU), Haspel ist Direktor der Evangelischen Akademie
Thüringen und außerplanmäßiger Professor für Systematische Theologie der FSU. Sie setzen
damit die langjährige interdisziplinäre, fakultätsübergreifende und durch verschiedene
Vernetzungen etablierte Kooperation der Bereiche Theologie und Pädagogik an der Jenaer
Universität fort.
Vom Sozialanalytiker zum Sozialpraktiker
Die Publikation vereint zehn Beiträge renommierter deutscher Wissenschaftler. Einige der Texte
gehen zurück auf eine Tagung zum 200. Jubiläum der "Gesellschaft der Freunde in der Not", die
Falk 1813 gemeinsam mit dem Stiftsprediger Karl-Friedrich Horn in Weimar gegründet hatte.
Ergänzt wurden diese Texte um im Kontext des Falk-Jahres 2013 entstandene Studien. Anliegen
des Bandes sei es, "Falk einerseits aus der unverdienten Vergessenheit zu holen und andererseits
die Interpretationen um kritische und differenzierte Perspektiven zu ergänzen, um so mehr über,
aber auch von Falk zu lernen", machen die Herausgeber in ihrem einleitenden Text deutlich. Dabei
ziehe sich die sehr spannende Entwicklung Falks vom Sozialanalytiker, über den vielfach bissigen
Literaten bis zum Sozialpraktiker wie ein roter Faden durch das Buch. Es ordnet Falks Leben und
Werk in den historischen Kontext ein, spürt seinen theologischen Orientierungen nach, zeigt
pädagogische Perspektiven und sozialpolitische Impulse auf. "Ungeachtet der Tatsache, dass es in
den Archiven immer noch einiges zu entdecken gibt, dokumentiert diese Edition den aktuellen
wissenschaftlichen Stand der Falk-Forschung", unterstreicht Prof. Koerrenz, ebenso Theologe und
Pädagoge wie Falk.
Als Sohn eines Perückenmachers in einem frommen Danziger Elternhaus geboren, ermöglichte ein
Stipendium Johann Daniel Falk ab 1787 ein Theologiestudium in Halle, das er jedoch nicht
abschließen konnte. Er ließ sich als Privatlehrer, Gelehrter und Literat in Weimar nieder, gab u. a.
das "Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satyre" heraus, schrieb Gedichte und
bissige Satiren sowie Arbeiten über Luther und Goethe.
Pionier der Jugendsozialarbeit
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Falks Pädagogik folgt dem Prinzip des Vorlebens
Von den Schrecken des Napoleonischen Krieges selbst hart getroffen, öffnete Falk sein Haus für
Kinder und Jugendliche, die durch die Kriegswirren eltern- und heimatlos geworden waren. Das als
Falksches Institut bekannt gewordene Rettungshaus wurde von privaten Spenden getragen. Die
jungen Leute wurden bei Handwerksmeistern praktisch ausgebildet und lernten in der eigens
eingerichteten Sonntagsschule. Das sei eine Reaktion auf die veränderten Verhältnisse gewesen,
um vor dem Hintergrund gleicher Rechte für alle Menschen auch diesen Kindern und Jugendlichen
eine Chance zu geben, betont Prof. Koerrenz, der seit 17 Jahren zu Johann Daniel Falk forscht.
Die Pädagogik Falks habe nach dem Prinzip des Vorlebens in gestalteten Strukturen funktioniert.
"Falk war sehr modern, hat damals schon in Netzwerkstrukturen gedacht und den Grundstein für
das gelegt, was wir heute als duale Berufsausbildung bezeichnen. Er wollte keine Armenfürsorge,
sondern die Integration der jungen Menschen in die Gesellschaft, damit sie über das Lernen ihren
eigenen Lebensweg finden. Das kann als Beginn der Jugendsozialarbeit und als einer der
Gründungsimpulse der Diakonie angesehen werden", resümiert der Jenaer Wissenschaftler.
Bibliographische Angaben:
Ralf Koerrenz/Michael Haspel (Hg.): Johannes Daniel Falk - Impulse für Pädagogik, Diakonie und
Sozialpolitik; Evangelische Akademie Thüringen und Wartburg-Verlag GmbH 2016; 268 Seiten; 14
Euro; ISBN 978-3-86160-271-2
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz
Institut für Bildung und Kultur der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Planetarium 4, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945320
E-Mail: [email protected]
Meldung vom: 15.07.2016 11:38 Uhr
Bildungsforscher und Theologe geben Publikation zu Johannes DanielFalk heraus
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