Helaba Volkswirtschaft/Research REGIONALFOKUS 15. Juli 2016 Zahlen & Fakten: Das Bundesland Thüringen AUTOR Barbara Bahadori Telefon: 0 69/91 32-24 46 [email protected] REDAKTION Dr. Stefan Mitropoulos Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderal aufgebauter Staat, der aus 16 Bundesländern besteht. Eines davon ist Thüringen, das in der Mitte Deutschlands liegt und mit einer Fläche von rund 2 16.200 km eher zu den kleineren Bundesländern zählt. Thüringen in der Mitte Deutschlands Thüringen hat 2,2 Mio. Einwohner, das sind 2,6 % der deutschen Bevölkerung. Dabei hat das Bundesland eine turbulente Entwicklung hinter sich. Betrug vor der Wiedervereinigung die Einwohnerzahl rund 2,7 Mio., sank sie in den Folgejahren aufgrund von Abwanderung und Geburtendefizit drastisch. 2015 wurden dann die in Deutschland angekommenen Flüchtlinge auf alle Bundesländer verteilt, wovon auch Thüringen profitierte; die Thüringer Bevölkerung vergrößerte sich damit erstmalig seit Ende der 1980er Jahre. Einwohner in Mio., 2015 HERAUSGEBER Dr. Gertrud R. Traud Chefvolkswirt/ Leitung Research SchleswigHolstein 2,8 Mio. Helaba Landesbank Hessen-Thüringen MAIN TOWER Neue Mainzer Str. 52-58 60311 Frankfurt am Main Telefon: 0 69/91 32-20 24 Telefax: 0 69/91 32-22 44 Bremen 0,7 Mio. Hamburg 1,8 Mio. Niedersachsen 7,9 Mio. NordrheinWestfalen 17,7 Mio. Hessen 6,1 Mio. MecklenburgVorpommern 1,6 Mio. Brandenburg 2,5 Mio. Berlin 3,5 Mio. SachsenAnhalt 2,2 Mio. Thüringen 2,2 Mio. Sachsen 4,1 Mio. Die Neuankömmlinge werden von der Wirtschaft gebraucht. Schon jetzt liegt in den Thüringer Betrieben eine „ältere“ Altersstruktur als in den westdeutschen Unternehmen vor. Dazu ist die Arbeitslosenquote mit 7,2 % (Januar bis Juni 2016) deutlich niedriger als im Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer von 9,0 % und kaum noch höher als der Bundesdurchschnitt von 6,3 %. RheinlandPfalz 4,0 Mio. Saarland 1,0 Mio. BadenWürttemberg 10,8 Mio. Bayern 12,7 Mio. Quellen: Statistisches Bundesamt, Helaba Volkswirtschaft/Research Die Publikation ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Sie enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden. Auch wirtschaftlich hat Thüringen enorm aufgeholt. Gestartet mit einer sehr geringen Wirtschaftsleistung – wie alle neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung – erreicht das Land inzwischen 71 % des gesamtdeutschen Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner, was mehr als eine Verdopplung darstellt. Auch den internationalen Vergleich muss das Bundesland nicht scheuen. Ausgewählte Kennzahlen Deutschland Thüringen 357.340 16.173 Einwohner (2015) 81,6 2,2 BIP (nominal, in Mrd. €, 2015) 3.026 57 BIP pro Einwohner (in €, 2015) 37.100 26.400 BIP pro Erwerbstätigen (in €, 2015) 70.300 54.500 6,3 7,2 Fläche (in km2) Arbeitslosenquote (in %, Ø Januar - Juni 2016) Quellen: Statistische Landesämter, Bundesagentur für Arbeit, Helaba Volkswirtschaft/Research H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 1 5 . J U L I 2 0 1 6 · © H E L A B A 1 Z AHLEN & F AKT EN: D AS BUNDESLAND T HÜRINGEN Thüringens BIP pro Kopf erreicht 92 % des EU-Durchschnitts Thüringens Wirtschaftsleistung je Einwohner liegt gemessen am EU-Durchschnitt nur 8 % darunter. Verglichen mit anderen Nachfolgestaaten des ehemaligen Ostblocks wie Tschechien und Polen, die 54 % bzw. 40 %des EU-Niveaus erreichen, ist dies ein hervorragender Wert. Auch große südeuropäische Länder sind in puncto Wirtschaftskraft pro Kopf entweder gleich auf wie Italien mit 93 % oder sogar deutlich niedriger wie Spanien mit 81 %. Thüringens Pro-Kopf-BIP so hoch wie in Italien Industriegeprägtes Thüringen BIP pro Einwohner in % des Durchschnitts EU-28 Anteil an der Bruttowertschöpfung in %, 2015 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 BIP (nominal) in Bill. €, 2015 1,8 BIP pro Einwohner 1,5 1,2 BIP 0,9 0,6 0,3 0,0 Öffentliche und sonstige Dienstleister 30% 30% Finanzierung, Vermietung, Unternehmensdienstleister 21% 25% Handel, Verkehr,Gastgewerbe, Information/Kommunikation Baugewerbe Produzierendes Gewerbe (ohne Bau) 16% 6% 26% 19% 6% 26% 22% 20% 20% 5% 26% Land-, Forstwirtschaft Thüringen Quellen: Arbeitskreis VGR der Länder, Eurostat, Helaba Volkswirtschaft/Research Ostdeutschland* Deutschland *Ostdeutschland inkl. Berlin Quellen: Arbeitskreis VGR der Länder, Helaba Volkswirtschaft/Research Thüringen hat auf den ersten Blick eine Wirtschaftsstruktur, die dem gesamtdeutschen Durchschnitt ähnelt: In dem Bundesland werden zu 32 % Güter und Bauten hergestellt, bundesweit sind es 31 %. Bleibt man bei dieser groben Aufteilung, sind Dienstleistungen das Hauptergebnis allen Wirtschaftens sowohl in Thüringen als auch in den anderen Bundesländern. Abweichungen treten hauptsächlich innerhalb des Dienstleistungsbereiches auf. So ist das Gewicht des staatlich dominierten Sektors „öffentliche und sonstige Dienstleister“ mit einem Anteil an der Bruttowertschöpfung von 30 % höher (Deutschland: 22 %). Die Versorgung der Thüringer Bürger mit staatlichen Leistungen führt dazu, dass pro Einwohner gerechnet in diesem Bereich ähnlich viel „produziert“ wird wie bundesweit. Die beiden privatwirtschaftlichen Dienstleistungssektoren haben dagegen einen geringeren Anteil. Thüringer Unternehmen sind häufig in nationale oder internationale Konzerne eingebunden und fragen deshalb Dienstleistungen an ihren Firmensitzen nach, die aber vielfach in den alten Bundesländern liegen. Das Baugewerbe ist ebenfalls vergleichsweise stark vertreten, da öffentliche Infrastruktur und private Bauinvestitionen in der DDR-Zeit vernachlässigt wurden und es keinen adäquaten Bestand gab, den Behörden, Firmen und Privatpersonen nutzen konnten. Dies gilt zum Teil noch, wenn Firmen in Thüringen expandieren möchten. Auch sind noch nicht alle Verkehrsprojekte zur Deutschen Einheit abgeschlossen. Industrieland Thüringen Der Industriebesatz Thüringens (Bruttowertschöpfung pro Kopf) hat mit 72 % des Bundesdurchschnitts ein Niveau erreicht, das innerhalb der neuen Bundesländer einen Spitzenwert darstellt. Selbst traditionsreiche Industriestandorte wie Sachsen und Sachsen-Anhalt kommen nur auf 65 % bzw. 57 %. Damit werden pro Einwohner mehr Waren in Thüringen erzeugt als im ostdeutschen Durchschnitt. Der Anteil des Produzierenden Gewerbes (ohne Bau) an der Bruttowertschöpfung erreicht mit 26 % den deutschen Durchschnitt. Thüringen ist damit ein Bundesland mit industriellem Schwerpunkt. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 1 5 . J U L I 2 0 1 6 · © H E L A B A 2 Z AHLEN & F AKT EN: D AS BUNDESLAND T HÜRINGEN Diversifizierte Industriestruktur in Thüringen Deutsche Industriestruktur: Automobilbau wichtig Thüringen: Anteil am Industrieumsatz, 2015 Deutschland: Anteil am Industrieumsatz, 2015 Gummi-, Kunststoffwaren 9% Kraftwagen, Kfz-Teile 16% Maschinenbau 9% Holz/Papier 6% Glas, Keramik, Verarb. v. Steinen/Erden 4% Chemie/Pharma 4% Metall- Elektrotechnik, Optik branche 9% 11% Maschinenbau 13% Kraftwagen, Kfz-Teile 24% Sonstige 9% Elektrotechnik, Optik 15% Ernährungsgewerbe 9% Ernährungsgewerbe 12% Metallbranche 16% Chemie/ Pharma 11% Quellen: Thüringer Landesamt f. Statistik, Helaba Volkswirtschaft/Research Sonstige 19% Gummi-, Kunststoffwaren 4% Quellen: Statistisches Bundesamt, Helaba Volkswirtschaft/Research Diversifizierte Industriestruktur Mit Kraftwagen/-teile, Metallbranche, Elektrotechnik/Optik und Ernährungsgewerbe gibt es nahezu vier gleich gewichtige Branchen innerhalb der Thüringer Industrie (Anteile zwischen 12 % und 16 %). Gummi-/Kunststoffwaren und Maschinenbau schließen sich mit Anteilen von jeweils 9 % an. Mit dieser diversifizierten Struktur unterscheidet sich Thüringen vom gesamtdeutschen Durchschnitt. Bundesweit trägt der Automobilbau fast ein Viertel zum Industrieumsatz bei. Vier weitere Branchen (Maschinenbau, Chemie/Pharma, Metallbranche, Elektrotechnik/Optik) weisen deutlich niedrigere Anteile zwischen 9 % und 13 % auf. In der Exportpalette sind die Unterschiede deutlich geringer. Die Beliebtheit deutscher und thüringischer Produkte mit hohem Technikanteil ist international sehr hoch und so werden diese besonders bei Investitionsvorhaben weltweit nachgefragt. Die 25 größten Unternehmen Die Wirtschaftsstruktur des Bundeslandes spiegelt sich in den 25 größten Unternehmen Thürin1 gens wider, wobei in dem von uns erstellten Ranking auf die Beschäftigten eines Unternehmens in Thüringen abgestellt und nicht seine bundes- oder weltweite Bedeutung gemessen wurde. Rangliste der 25 größten Unternehmen in Thüringen Unternehmen Branche 14 Continental Gruppe Automobilzulieferer 15 E.ON Thüringer Energie AG Versorger Logistik 16 GeAT Randstad Deutschland Überlassung von Arbeitskräften 17 Jenoptik-Konzern Bosch Elektrotechnik 6 Helios Kliniken GmbH Krankenhäuser 18 Metro Group Handel 7 Rewe Markt Region Ost Handel 19 ITT Industrie- und Transportschutz Thüringen GmbH 8 Rhön-Klinikum Krankenhäuser 9 Zeitungsgruppe Thüringen Verlagsgewerbe 20 Bertelsmann Wach- und Sicherheitsdienste Druckgewerbe, Call Center SWE Stadtwerke Erfurt GmbH Versorger, Verkehr 21 Rege Motorenteile GmbH Autombilzulieferer 22 Stadtwerke Jena Versorger, Verkehr 11 Carl Zeiss AG Optische u. Elektroindustrie 23 August Storck KG Ernährungsgewerbe 12 Deutsche Telekom AG Telekommunikation 24 Siemens Elektrotechnik 13 Opel Eisenach GmbH Automobilindustrie 25 K+S Kali GmbH Gewinnung von Rohsalzen Rang Unternehmen Branche 1 Edeka Handel 2 Deutsche Bahn AG Logistik 3 Deutsche Post AG 4 5 10 Rang 1 Überlassung von Arbeitskräften Optische u. Elektroindustrie Quellen: Helaba Volkswirtschaft/Research, LEG Thüringen Hohe Exportquote Die Exportquoten der Industrieunternehmen sind in den vergangenen fünfzehn Jahren kräftig gestiegen. Dabei erreicht Thüringen 2016 (Januar bis April) mit einem Anteil von 34 % des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz zwar eine für Deutschland unterdurchschnittliche Exportquote. Dies dürfte zum Teil jedoch darin begründet sein, dass der Export unterschätzt wird. Viele hochtechnisierte Produkte werden als Bauteile in Exportgütern anderer deutscher Hersteller verwendet und somit nicht in den Thüringer Ausfuhren erfasst. In der Wirtschaftskrise 2008/2009 war es zu einem Einbruch der In- und Auslandsnachfrage gekommen, sodass in der Summe die Exportquoten nur leicht gesunken waren. Von der weltwirtschaftlichen Erholung 2010 konnten die thüringischen Betriebe profitieren und die Exportquoten stiegen wieder. Mit dem Erstarken der Binnenkon1 Für Thüringen basiert die Rangliste auf dem Jahr 2010. Erfahrungsgemäß ändern sich die Unternehmen und ihre Reihenfolge nur geringfügig. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 1 5 . J U L I 2 0 1 6 · © H E L A B A 3 Z AHLEN & F AKT EN: D AS BUNDESLAND T HÜRINGEN junktur blieben die Ausfuhrquoten zunächst weitgehend konstant. 2015 und 2016 war erneut ein leichter Anstieg zu beobachten, der auch in Thüringen zu sehen war. Exportquoten auf hohem Niveau Exporte gehen überwiegend nach Europa Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz in % Anteil an Exporten, Januar bis Dezember 2015 50 50 45 Deutschland 45 40 Ostdeutschland 40 Frankreich Italien Österreich Spanien 7% 5% 5% 5% Übrige Eurozone 13% 6% 8% 5% 5% 5% 7% 6% 9% 14% 25 25 20 20 Großbritannien Ungarn Tsch. Republik Polen Übrige EU USA China Übriges Asien 15 Sonstige Länder 35 35 Thüringen 30 15 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 * 30 Russland 1,8% *Durchschnitt Januar bis Februar 2016 Quellen: Statistisches Bundesamt, Helaba Volkswirtschaft/Research Hauptexportziel: Europa Thüringen Frankreich Niederlande Italien Österreich Belgien Übrige Eurozone Großbritannien Polen 9% 7% 5% 5% 4% 8% 8% 4% Übrige EU 14% USA China 10% 6% Übriges Asien 10% Sonstige Länder Russland 1,8% Quellen: Statistisches Bundesamt, Helaba Volkswirtschaft/Research Die Eurozone war 2015 das Hauptzielgebiet der Exporte, in das 35 % der thüringischen Ausfuhren gesendet wurden, wobei die deutschen Nachbarstaaten und Italien zu den Top-Abnehmern zählten. Europa insgesamt erhielt 72 % der Ausfuhren Thüringens. Asien war die zweitgrößte Zielregion (Anteil an den Exporten 15 %), mit China als Hauptimporteur. Für Thüringer Firmen waren die Nachbarn im Osten – Ungarn, Polen und Tschechien – wichtige Abnehmerländer für ihre Produkte. 2015: Wachstum in Deutschland auf Vorjahresniveau Stabiler Arbeitsmarkt Reale Veränderung des BIP gegenüber Vorjahr in % Arbeitslosenquoten in % aller Erwerbspersonen 6 Thüringen Deutschland 4 12% Deutschland 6 4 2 2 0 0 -2 -2 -4 -4 -6 -6 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 Quellen: Statistisches Bundesamt, Helaba Volkswirtschaft/Research 20 20 Ostdeutschland 18 16 18 16 Thüringen 14 14 12 12 10 10 8 Deutschland 6 8 6 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 * *Durchschnitt Januar bis Mai 2016 Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Helaba Volkswirtschaft/Research Nach dem Wirtschaftseinbruch erreichte Thüringen 2010 und 2011 kraftvolle Wachstumsraten. Anschließend kühlte sich die Konjunktur deutlich ab. Die thüringische Wirtschaft war von der Schwächephase zunächst stärker betroffen. Allerdings ließ die Bremswirkung in Thüringen schneller nach und führte schon 2013 zu einer spürbaren Erholung. 2014 und 2015 war das Wirtschaftswachstum wieder in fast allen Bundesländern im Plus, wobei Thüringen mit 1,3 % bzw. 1,1 % unter dem Bundesdurchschnitt von 1,6 % bzw. 1,7 % lag. BIP-Prognose 2016: Deutschland 1,7 % In Deutschland ist die Entwicklung derzeit hauptsächlich vom inländischen Konsum getragen, der aufgrund hoher Reallohnsteigerungen und einer sehr starken Zuwanderung dynamisch wächst. Die lockere Geldpolitik sowie die historisch niedrigen Zinsen sollten zudem den konjunkturellen Verlauf etwas unterstützen. Entlastend wirkt sich die bessere Lage in vielen Eurozonenländern aus, das weltwirtschaftliche Wachstum ist dagegen verhalten. Entsprechend nehmen die hiesigen Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen schwach zu. Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union dürfte die Wachstumsaussichten nur geringfügig eintrüben. In Thüringen sollte sich aber in diesem Jahr der Abstand zum erwarteten bundesdeutschen Wachstum von 1,7 % (nicht kalenderbereinigt) wieder einengen. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 1 5 . J U L I 2 0 1 6 · © H E L A B A 4 Z AHLEN & F AKT EN: D AS BUNDESLAND T HÜRINGEN Beschäftigung steigt Auf dem thüringischen Arbeitsmarkt wirkt das insgesamt hohe Output-Niveau der letzten Jahre. Die Arbeitslosenquote sinkt in Thüringen weiter und nähert sich dem gesamtdeutschen Durchschnitt an. Bei der günstigen Entwicklung der Erwerbslosigkeit spielen neben der inzwischen erreichten Kapazitätsauslastung auch demografische Faktoren eine Rolle – gerade in den neuen Bundesländern. Die Stabilität am Arbeitsmarkt zeigt sich ferner im positiven Beschäftigungstrend bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, der nahezu ununterbrochen seit sechs Jahren anhält. Dabei finden nicht nur heimische Arbeitnehmer eine neue Stelle, sondern die Unternehmen können den Arbeitskräftebedarf entsprechend ihrem Anforderungsprofil auch aus zugewanderten Arbeitssuchenden decken. Verschuldung: Thüringen leicht überdurchschnittlich Bayern Brandb. Hessen Thüringen Niedersachsen Rheinl.Pfalz Sachs.Anhalt 9.423 NRW 8.976 7.414 7.223 6.978 6.785 5.782 3.791 Baden- Mecklb.Württemb. Vorp. 7.983 Sachsen 7.753 Insgesamt 1.781 566 6.651 14.272 Verschuldung der Bundesländer pro Einwohner in €, Dezember 2015 Schles.- Saarland Holstein Quellen: Bundesfinanzministerium, Helaba Volkswirtschaft/Research Die wirtschaftsstarken Bundesländer erzielen deutlich höhere Steuereinnahmen. So liegt beispielsweise in Hessen die Finanzkraft pro Einwohner bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer 22 % über dem Bundesdurchschnitt. Thüringen hingegen erreicht nur 53 % des Durchschnitts. Da Deutschland einerseits ein föderaler Staat ist und andererseits auf die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse achtet, wird die Umsatzsteuer nach anderen Kriterien verteilt, so dass dann die finanzschwachen Bundesländer aufholen. Der sich anschließende Länderfinanzausgleich zwischen den Bundesländern führt zu einer weiteren Angleichung der Einnahmen pro Einwohner, die durch die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen noch verstärkt wird. So liegt die Finanzkraft je Einwohner in Hessen nach der Verteilung bloß 2 % über dem Durchschnitt, während Thüringen 94 % erreicht. Rating durch engen Finanzverbund unterstützt Der enge Finanzverbund zwischen den Ländern sowie die Bestandsgarantie der Bundesländer im Grundgesetz veranlassen die Ratingagentur Fitch zu einer Kopplung der Bundesländer-Ratings an das der Bundesrepublik. Thüringen könnte somit grundsätzlich ein „AAA“- Rating erhalten, wenn es als Emittent eine aktive Ratingbeziehung zu Fitch hätte. Standard & Poor’s bezieht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die Verschuldungssituation ein und differenziert entsprechend. Thüringen wird allerdings von dieser Rating-Agentur nicht eingestuft. H E L A B A V O L K SW I R T S C H A F T / R E S E A R C H · 1 5 . J U L I 2 0 1 6 · © H E L A B A 5
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