2 GEA-Wirtschaftsmagazin GEA-Wirtschaftsmagazin 3 4.0 - Nachgeforscht an der Hochschule Reutlingen Wie vielfältig die Entwicklungen im Bereich 4.0 sein können, zeigt sich an den Forschungsprojekten der Hochschule Reutlingen. Von den Professoren der Hochschule D er Begriff »4.0« hat sich inzwischen zu einem Schlagwort für die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft entwickelt. Ursprünglich leitet sich »4.0« aus der Bezeichnung »Industrie 4.0« und der damit verbundenen vierten industriellen Revolution ab – gemeint ist in erster Linie die digitale Vernetzung physischer Produktionssysteme. Digitale Technologien spielen inzwischen jedoch in allen Lebensbereichen eine wesentliche Rolle – so auch an der Hochschule Reutlingen. An der Fakultät Informatik wird das Thema »4.0« aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Die Fakultät setzt auf allgemeine Lösungen und demonstriert diese in spezifischen Anwendungsszenarien. Dabei liegen die Herausforderungen oft in der Interdisziplinarität, stets stellen jedoch moderne Informationstechnologien (IT) einen zentralen Baustein für innovative Lösungen dar. So entstand zum Beispiel das Management Cockpit aus langjährigen Forschungsaktivitäten im Forschungsbereich »Enterprise Performance Management & Business Intelligence« unter der Leitung von Prof. Armin Roth. Mit dem Management Cockpit kann man erforschen, wie der Managementprozess der Planung, Steuerung und Kontrolle durch Analyse- und Visualisierungsmöglichkeiten besser unterstützt und effizienter gestaltet werden kann. Aktuell wird untersucht, inwiefern durch Industrie Blick ins Management Cockpit an der Fakultät Informatik der Hochschule Reutlingen 4.0 generierte Datenströme mittels Echtzeitdatenanalyse dem Management in Entscheidungsprozessen behilflich sein können. Neue Methoden des künstlichen Sehens werden auch intensiv im Forschungsbereich »Kognitive Systeme« unter der Leitung von Prof. Dr. Cristóbal Curio entwickelt. Die Entwicklungen konzentrieren sich im Rahmen eines öffentlich geförderten BMBF Projekts »Offene Fusions-Plattform« im Bereich Elektromobilität auf das autonome Fahren im städtischen Verkehr. Zusammen mit beteiligten Institutionen wie dem DLR oder der Streetscooter GmbH stellen sich die Reutlinger Forscher der Herausforderung, neue Logistikkonzepte auf den innerstädtischen Bereich auszudehnen und erweiterte Wahrnehmungsfunktionen in der So sieht der intelligente OP der Zukunft aus: Digitale Systeme erfassen und optimieren die Vorgänge Analyse des Fußgängerverhaltens für die autonomen Transportmittel zu entwickeln. Zudem wird im Labor Internet-of-Things unter der Leitung von Prof. Dr. Natividad Martínez ein adaptives Fahrassistenzsystem entwickelt, das Echtzeitrückmeldungen über das Fahrverhalten mit dem Ziel des sicheren und energieeffizienten Fahrens gibt. Im »Intelligenten Operationssaal« werden optimierte, prozessunterstützende Systeme vor allem wegen der hohen Variabilität der Eingriffe sowie der notwendigen Flexibilität im OP-Umfeld erforderlich. Prof. Dr. Oliver Burgert, Sprecher der Forschungsgruppe Computer-Assistierte Medizintechnik, arbeitet daher an der Qualitäts- und Effizienzsteigerung im OP-Umfeld durch prozessunterstützende Maßnahmen. Es wird erforscht, wie die komplexe und schwer vorhersehbare Situation im Operationssaal und im OP-Umfeld angemessen erfasst und ausgewertet werden kann. Neue Geschäftsmodelle für Unternehmen Im Lehr- und Forschungszentrum für Wertschöpfungs- und Logistiksysteme der Fakultät ESB Business School entwickeln Prof. Dr. Vera Hummel und Prof. Dr. Daniel Palm in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation IAO, Stuttgart neue Geschäftsmodelle im Kontext von Industrie 4.0 für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Da es bislang für das produzierende Gewerbe und unternehmensbezogenen Dienstleistungen an validen Methoden zur individuellen Potenzialermittlung, Trans- parenzbildung und insbesondere Risikoabschätzung bei der Umstellung auf 4.0 fehlt, soll das Projekt GEN-I 4.0 an dieser Stelle unterstützen. Durch GEN-I 4.0 wird das Wissen, welches zur Bewertung und Selektion von Lösungen und Ansätzen für die Überführung in Geschäftsmodelle erforderlich ist, durch nationale und internationale Analysen und Interviews gewonnen und konkretisiert. Es fließt gemeinsam mit dem Know-how der Projektpartner zu Industrie 4.0 und zur Geschäftsmodellentwicklung in zwei Online-Tools ein, mit denen KMU online durch eine Selbstbewertung (Self-Assessment) einerseits das Potenzial durch Industrie 4.0 für ihr individuelles Geschäftsmodell und einen strukturierten, konkreten Pfad zur Erschließung ermitteln können und andererseits ihr individuelles Risiko aufgezeigt bekommen. Auf dem Weg zur netzfernen Energieversorung An einer Lösung für die Energieversorgung von Orten, die weit von infrastrukturell ausgebauten Industrieregionen entfernt liegen, arbeitet derzeit Prof. Dr. Antonio Notholt aus der Fakultät Technik. Diese Orte haben oft keinen Anschluss zum Stromnetz und werden deshalb mittels Diesel-Stromerzeuger versorgt. Die Einbindung von Erneuerbaren Energien wäre zwar eine kostengünstige Alternative, stellt sich jedoch noch als sehr komplex in Planung und Betrieb heraus. Daher forschen Prof. Notholt und sein Team an einer Möglichkeit, eine Vernetzung zwischen Solarstromerzeugern, Dieselstromerzeugern und Betreibern zu schaffen, sodass das System eigenständig und optimal arbeiten kann. Ziel ist, dass der Betreiber jederzeit genau weiß, was mit seinem System passiert und wie er bei Problemen verfahren soll. Darüber hinaus gibt es eine virtuelle Inbetriebnahme und Support des Systems, damit notwendige Unterstützung innerhalb von Minuten aus Deutschland in die abgelegensten Regionen gewährleistet werden kann. Technologie-Roadmap für Prozesssensoren Prof. Dr. Karsten Rebner von der Fakultät Angewandte Chemie hat an der Entwicklung einer Technologie-Roadmap für »Prozesssensoren 4.0« der VDI/VDE-Gesellschaft mitgearbeitet. Diese Roadmap fokussiert sich auf die Erfassung von physikalischen und chemischen Messgrößen mittels spezifischer und unspezifischer Sensoren, die der Steuerung und dem Verständnis von Prozessen dienen. Sie zeigt die nötigen Anforderungen an smarte Prozess-Sensoren auf – vom einfachen Temperatursensor bis über heute in Entwicklung befindlichen Mess-Systeme hinaus. Wichtige smarte Eigenschaften sind beispielsweise die Konnektivität und Kommunikationsfähigkeit nach einem einheitlichen Protokoll, die Instandhaltungs- und Betriebsfunktionen oder die Interaktionsfähigkeit. Eine ausführliche Übersicht dieser und weiterer Projekte zu 4.0 finden Sie hier
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