Das Pongal-Fest in Indien: Überkochen erwünscht

Das Pongal-Fest in Indien:
Überkochen erwünscht
Was andernorts der Albtraum eines jeden Kochs wäre, ist in Südindien und
im nördlichen Sri Lanka ausdrücklich erwünscht: das Überkochen von Reis.
Beim so genannten Pongal-Fest spielen neben Reis besonders süße Speisen
eine große Rolle.
Es blubbert, dampft und zischt, wenige Sekunden später kocht der Reis über.
„Pongalo, Pongal“, rufen die etwa zehn Erwachsenen und fünf Kinder, die den
Topf nicht aus den Augen lassen. Was andernorts der Albtraum eines jeden
Kochs wäre, ist in Südindien und im nördlichen Sri Lanka erwünscht. „Das
ist unsere Art, uns bei den Göttern dafür zu bedanken, dass es uns gut geht.
Das Überkochen soll versinnbildlichen, dass die Reisernte so gut ausgefallen ist, dass man den Reis sogar überkochen lassen kann“, erläutert Nishalie
Subramanian aus Düsseldorf, deren Familie aus dem südindischen Chennai
stammt, und die Pongal sowohl in Deutschland als auch in Indien gefeiert hat.
Groß und Klein beten zum Gott ihrer Wahl
So lautet denn die Übersetzung des tamilischen Worts „Pongal“ auch „überkochen“. Das Fest wird alljährlich am 14. Januar gefeiert, übrigens nicht nur
auf dem südlichen Subkontinent, sondern weltweit. Indische Familien im
Ausland nehmen den Tag zum Anlass für ein großes Familientreffen. Dazu
gehört, dass zunächst das Haus gründlich gereinigt wird, in der traditionellen
Variante werden alte Gegenstände oder Kleider auch verbrannt. Gemeinsam
malt die Familie im Freien eine Sonne in leuchtenden Blau-, Rot-, Grün- und
Orangetönen auf den Boden. Erwachsene und größere Kinder beten gemeinsam über mehrere Stunden zu dem Gott ihrer Wahl. „In unserem Fall ist das
Ganesha“, sagt Subramanian. Ganesha, der Gott mit einem Elefantenkopf, gehört zu den vielseitigsten und populärsten Göttern Indiens. Er gilt als Gott,
der Barrieren beseitigen kann. Er kann aber auch jedem das Leben schwer
machen, der sich ihm gegenüber respektlos verhält.
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Pongal – Süßspeise mit Reis
Den Respekt ihrer Götter erringen Hindus an Pongal mit essbaren Opfergaben.
Sie werden in Schüsseln vor kleine Götterfiguren gestellt, die den jeweiligen
Gott verkörpern. Besonders beliebt bei den Göttern sind Gerichte wie Payasam
(süßes Pongal), eine Süßspeise, bei der Reis in bereits erhitzte und mit reichlich Zucker gesüßte Milch gegeben sowie mit Safran und Kardamom gewürzt
wird und bei niedriger Temperatur quillt. Sobald der Reis gar ist, kommen
Cashew-Nüsse und Rosinen dazu. Aber auch herzhafte Snacks wie Murukku,
ein pikantes Gebäck aus Reis- und Kichererbsenmehl, sowie frittierten Vadai,
die in ihrer Form an Donuts erinnern, serviert Familie Subramanian ihrem
Lieblingsgott Ganesha. Vadai bestehen aus Linsen, Kichererbsen, Kartoffeln
oder Linsenbohnen sowie Zwiebeln. „Das Gute an Pongal ist, dass die Götter
mit uns teilen. Am Ende dürfen wir alles aufessen“, freut sich Subramanian.