Die Verkrautung der Havel im Sommer 2013

Veränderungen an der Havel
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Die Verkrautung der Havel im Sommer 2013
Zwischen Brandenburg an der Havel und Potsdam-Nord
Presse und Veröffentlichungen Stand Juli 2016 von der Autorin Marina Donner
Die Presse:
Nachfolgend sind einige Presseartikel zu dem
Phänomen „Verkrautung der Havel“ abgebildet.
Der Presserückblick hat keinen Anspruch auf
Vollständigkeit, sollte es weitere
Pressedarstellungen zu dem Thema geben,
danke ich sehr für eine Übermittlung per Mail an
[email protected]
Stand 2013:
Der Pflanzenbewuchs dicht unter der
Wasseroberfläche
Die Grüne Liga im „WRRL Info 31“, Juni 2016
WRRL ist die „Euröpäische Wasserrahmenrichtlinie“
Michael Bender hat eine Berichterstattung
veröffentlicht, die viele Fragen von 2013 aufgreift und
beantwortet.
Weitere Hintergrundinformationen bietet die Plattform
www.wrrl-info.de
Foto: Segelflieger und Umweltaktivist
Herbert M. Vater aus Schmergow
Der Schlänitzsee am 18.08.2013
Am Gewässerrand der kräftig-grüne
Algenbewuchs.
Stand 2013:
Algenteppich auf der Mittleren Havel
Foto: Segelflieger und Umweltaktivist
Herbert M. Vater aus Schmergow
Blick über den Trebelsee Richtung Ketzin
18.08.2013
Deutlich erkennbar die von Verkrautung
freigehaltene Fahrrinne und die algenüberzogene
Wasserskistrecke, links.
Sammlung, Zusammenstellung und Gestaltung: © Marina Donner, [email protected]
Fotos: 2x © Herbert M.Vater
2x © Marina Donner
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Nasser Protest / Havelland / Lokales - MAZ - Märkische Allgemeine
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Verschmutzte Flüsse in Ketzin
Nasser Protest
Beim Havelbadetag in Ketzin machten die Teilnehmer mit dem "Big Jump" auf die Verschmutzung der Flüsse aufmerksam.
Ihren Ursprung hat die Aktion an der Elbe, wo der Schweizer Roberto Epple 2002 die Veranstaltung ins Leben rief.
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Fahrrad-Fahrerin rollt über
die Motorhaube
Wenn die Profis Feuer
machen
Artikel veröffentlicht: Sonntag,
14.07.2013 11:30 Uhr
Artikel aktualisiert: Montag,
15.07.2013 11:44 Uhr
Der ganz große Sprung in die
Havel war es nicht: Nur rund 30
Badegäste machten gestern in
Ketzin mit. Das Wetter war
allerdings auch recht kühl.
Quelle: Vivien Boche
KETZIN/HAVEL. Manche Besucher waren gestern spontan dabei. "Ich
habe seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr in der Havel gebadet, obwohl ich
hier ja wohne – und dann habe ich gehört, dass heute der Havelbadetag ist",
sagte Carmen Kulla.
Also fuhr die Ketzinerin samt Familie in das Strandbad und sprang um Punkt
14 Uhr mit rund 30 anderen Badegästen zum "Big Jump" in die Havel. "Dass
es auch noch für eine gute Sache ist, kam mir entgegen", berichtete sie.
Die Idee, die hinter dem "Big Jump", dem gemeinsamen "großen Sprung"
steckt, erklärt Winfried Lücking vom BUND: "Wir wollen die Leute wieder an
das Wasser bringen." Flüsse hätten eine Grenzfunktion, aber sie verbinden
auch. "Ich wohne auch an der Havel, aber wusste teilweise nicht, wie die Orte
gegenüber heißen", sagt Chris Rappaport aus dem Groß-Kreutzer Ortsteil
Deetz (Potsdam-Mittelmark). Er ist der Vorsitzende des Fördervereins
Mittlere Havel und organisiert den Havelbadetag gemeinsam mit der
Gemeinde.
Wie in Ketzin sprangen gestern in ganz Europa Menschen gemeinsam ins
Wasser, um auf den Gewässerschutz aufmerksam zu machen. Ihren Ursprung
hat die Aktion an der Elbe, wo der Schweizer Roberto Epple 2002 den "Big
Jump" ins Leben rief. "Die Elbe war damals ein Abwasserfluss, die Leute sind
auf Distanz zum Fluss gegangen", sagt Lücking. Auch bei der Havel sieht er
Nachholbedarf. "Es ist nach wie vor so, dass die Havel mit Nährstoffen
überlastet ist." Er führt das auf Kläranlagen und die industrielle
Landwirtschaft zurück, teilweise würden Blaualgen in der Havel wachsen.
Bernd Lück, Bürgermeister von Ketzin, sieht das ähnlich. "Die Wasserqualität
ist nach wie vor verbesserungswürdig, aber sie ist auch schon viel besser
geworden." Erst am Freitag hätten Proben ergeben, dass die Sichtweite
derzeit 2,5 Meter betrage, berichtet Lück. "Da kann ich mich als Kind nicht
erinnern, so tief sehen zu können. Zu DDR-Zeiten konnte man sagen, ob die
Obstbude in Werder gerade Ketchup macht, das konnte man dann in der
Havel sehen." Er führt die bessere Wasserqualität auf die modernisierten
Kläranlagen und die Unternehmen zurück, die ihre Abwassersysteme
verbessert hätten.
Inzwischen sprangen die Havelländer zum elften Mal in die Havel, um gegen
die Verschmutzung der Flüsse zu protestieren. Dabei hat sich die Struktur des
Badetages gewandelt, seit 2011 wechseln sich die Gemeinden Groß-Kreutz
und Ketzin mit dem Organisieren ab. Zuvor waren auch andere
Havelgemeinden beteiligt. "Mein Amtskollege aus Groß-Kreutz und ich
wollten das auf keinen Fall sterben lassen, weil der Havelbadetag zu einem
festen Bestandteil des Kalenders geworden ist." Nach dem gestrigen Sprung
vielleicht auch für Carmen Kulla.
Von Stephan Henke
http://www.maz-online.de/Lokales/Havelland/Nasser-Protest
16.07.2013
Überall Kraut / Havelland / Lokales - MAZ - Märkische Allgemeine
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"Wasserpest" sorgt für Ärger
Überall Kraut
Im Volksmund heißt es Wasserpest, der Fachmann nennt es Gemeines Hornblatt und Tausendblatt. Was sich derzeit auf dem
Trebelsee und auf der Ketziner Havel zeigt, hat optisch eher mit einem sattgrünen Fußballrasen als mit einer Wasserstraße zu
tun.
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Farbiges Pflaster ersetzt
grauen Beton
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Attacke mit einem
Schraubenzieher
Artikel veröffentlicht: Dienstag,
23.07.2013 17:40 Uhr
Artikel aktualisiert: Mittwoch,
24.07.2013 08:40 Uhr
Ketzin/ Havel. Kraut, Kraut und nochmals Kraut. Nicht einmal die Enten
fühlen sich dort wohl, geschweige denn sind die Bootsführer von der grünen
Plage begeistert. "Im vorigen Jahr hat sich schon angedeutet, dass diese
Schlingpflanzen stark wachsen. Aber dass das so ausufert, hätte ich nicht
gedacht", sagt Ketzins Bürgermeister Bernd Lück. Er selbst war am
Wochenende mit dem Ruderboot im Bereich des Strandbades unterwegs, um
sich ein Bild zu machen.
Mittlerweile hat das Wasser- und Schifffahrtsamt Brandenburg (WSA) für
den Trebelsee eine Warnung herausgegeben. "Das Befahren ist nur noch in
der Fahrrinne möglich. Die halten wir frei. Es gilt äußerste Vorsicht", sagte
die zuständige Sachgebietsleiterin des WSA Brandenburg Britta Kornmesser
gegenüber der MAZ. Inzwischen wurde die Wasserskistrecke auf dem
Trebelsee gesperrt. Motorboote können auf der Ketziner Havel kaum noch
irgendwo anlegen, weil dann die Gefahr besteht, dass sich die Pflanzen um
den Motor wickeln. Der im Ketziner Bereich verantwortliche Fischer Lutz
Schröder habe große Schwierigkeiten mit dem Ausbringen und Einholen der
Reusen, so der Bürgermeister. Der Badebetrieb im Ketziner Strandbad läuft
noch ohne Probleme. "Aber die Pflanzen kommen näher", sagt Bernd Lück
und ergänzt: "Wir werden wohl bald auf den stadteigenen Wasserflächen
krauten müssen."
Mal abgesehen von den Kosten ist die Sache nicht so einfach. Die Untere
Wasserbehörde des Landkreises Havelland habe laut Bürgermeister Lück
zwar nichts dagegen, dass an bestimmten Stellen das Gemeine Hornblatt
entfernt wird. Aber das Wie ist noch nicht klar. Die einfachste aber
mühevollste Methode sei das Ausharken. Dazu werden Leute mit
entsprechenden Geräten gebraucht, die im Wasser stehend arbeiten.
Die Ketziner Stadtverwaltung hofft jedoch auf spezielle Mähboote. Über
einige dieser Fahrzeuge verfügt der in Nauen ansässige Wasser- und
Bodenverband. Der wäre auch bereit, zu helfen. "Nur sind diese Boote gerade
auf dem Großen Havelländischen Hauptkanal im Einsatz", wie
Geschäftsführer Peter Hacke erklärt. Ein Umsetzen nach Ketzin würde etwa
zwei Wochen dauern. Aber Peter Hacke kann das nicht anweisen, denn: "Der
Hauptkanal ist ein Gewässer 1. Ordnung. Wie müssen diesen Vorfluter so
freihalten, dass das Wasser ablaufen kann. Also müssen wir dort krauten."
Wenn der Wasser- und Bodenverband ein Mähboot umsetzen soll, müsse das
das Landesumweltamt entscheiden.
Über die Ursachen des plötzlichen Wachstums des Gemeinen Hornblattes
wird noch spekuliert. Sicher ist, dass die Ketziner Havel eine sehr gute
Wasserqualität hat, sprich die Sichttiefe etwa 2,50 Meter beträgt. Das
einfallende Sonnenlicht und die hohen Temperaturen lassen die
http://www.maz-online.de/Lokales/Havelland/Ueberall-Kraut
29.04.2014
Überall Kraut / Havelland / Lokales - MAZ - Märkische Allgemeine
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Schlingpflanzen sprießen. Ein zweiter Grund, so Bürgermeister Lück, sei der
hohe Nährstoffgehalt im Trebelsee und in der Ketziner Havel. Man vermutet,
dass die Stoffe unter anderem von den landwirtschaftlich genutzten Flächen
auf der Schmergower Seite des Trebelsees ins Wasser gelangt sind. Der
Verdacht einer illegalen Gülleeinleitung hat sich aber nicht bestätigt.
Vertreter der Unteren Wasserbehörde des Landkreises und des Wasser- und
Bodenverbandes Nauen konnten während eines Lokaltermins bei Schmergow
keine Verstöße feststellen.
Von Jens Wegener
http://www.maz-online.de/Lokales/Havelland/Ueberall-Kraut
29.04.2014
Die Havel wächst zu / Brandenburg/Havel / Lokales - MAZ - Märkische Allge...
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Pflanzen vermehren sich explosionsartig
Die Havel wächst zu
Die Havel ist grün. Ekelig grün. Wasserpflanzen vermehren sich zur Zeit besonders stark und ziehen Fadenalgen an. „Alles
verkrautet“, beschwert sich ein Schiffer. Einige Seitenarme sind gar nicht mehr befahrbar. An Schwimmen ist nicht zu
denken, klagt ein Anwohner.
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Verdammt viel Ärger mit den
Mücken
Tödlicher Liebesrausch
Artikel veröffentlicht: Dienstag,
23.07.2013 12:18 Uhr
Artikel aktualisiert: Mittwoch,
24.07.2013 08:44 Uhr
Brandenburg an der Havel. Sie wachsen, als gäbe es kein Morgen. Mit
dem Sommerhoch haben sich in der Havel und ihren Seen die
Wasserpflanzen explosionsartig vermehrt. Ihre Namen sind Hornkraut,
Tausendblatt, Wasserpest und Krebsschere. Massenhaft grünes Gewächs
würgt Bootsmotoren ab, bringt Schwimmer zum Gruseln, behindert
Berufsfischer von Potsdam bis Rathenow bei der Arbeit und lässt Angler
verzweifeln – Blinkern zwecklos.
Geradezu dramatisch ist die Lage auf dem Trebelsee vor Schmergow
(Potsdam-Mittelmark). „Alles verkrautet. Nur noch die Fahrrinne ist frei“,
berichtete der Saaringer Freizeitkapitän Conrad Helmcke, der mit seinem
Hausboot unterwegs war. Britta Kornmesser vom Wasser- und
Schifffahrtsamt Brandenburg rät, den Trebelsee nur mit allergrößter Vorsicht
zu durchfahren. Die dortige Wasserskistrecke ist bereits gesperrt.
Flussabwärts sieht es nicht besser aus. „Die Weseramer Havel ist zu, in der
Krummen Havel ist es grenzwertig“, weiß Michael Bohn vom Götzer
Angelverein. Die Petrijünger wollen beobachtet haben, dass sich die
Wasserpflanzen schon seit 2012 deutlich vermehrt haben. „Die bewachsene
Fläche hat sich mehr als verdoppelt“, so Bohn.
Hornkrautkolonie auf der Havel bei Tieckow (Potsdam-Mittelmark)
Quelle: MAZ
Was ist da los in der Havel? Jan Köhler liefert die Erklärung. Der
Gewässerexperte vom Leibniz-Institut für Binnenfischerei und
Gewässerökologie in Berlin sieht das Aufblühen der Wasservegetation als
Zeichen dafür, dass die Wasserqualität besser geworden ist. Der
http://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Die-Havel-waechst-zu
29.04.2014
Die Havel wächst zu / Brandenburg/Havel / Lokales - MAZ - Märkische Allge...
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Nährstoffeintrag, insbesondere von Phosphor und Stickstoff hat sich
verringert. Das bedeutet weniger Algen und mehr Sichttiefe. Das Licht dringt
in größere Tiefen vor und bringt neues Leben in die Havel. Dennoch ist der
Nährstoffeintrag immer noch so groß, dass sich die Wasserpflanzen
massenhaft vermehren können. „Ein Idealzustand ist das auch noch nicht“,
so Gewässerökologe Köhler.
Dagegen hat sich der Verdacht einer illegalen Gülleeinleitung als Quelle der
Pflanzenexplosion nicht bestätigt. Vertreter der Unteren Wasserbehörde des
Landkreises und des Wasser- und Bodenverbandes Nauen konnten während
eines Lokaltermins bei Schmergow keine Verstöße feststellen.
Jörg Rom aus Tieckow zeigt einen der grünen Ekel-Batzen aus der Havel
Quelle: MAZ
Ohnehin sind riesige Pflanzenteppiche auch auf der unteren Havel
anzutreffen. Am sogenannten Tieckower Riff, einer Sandbank auf östlicher
Havelseite, hat sich das Hornkraut auf einer Länge von über 100 Metern
ausgebreitet. An ungetrübte Badefreuden ist für Anwohner, wie Jörg Rom,
derzeit nicht zu denken: „In den Pflanzen verfangen sich Fadenalgen, was die
riesigen Klumpen besonders eklig macht“, berichtet Rom.
Auch Fischer Karl-Heinz Schenk aus Pritzerbe kann ein Lied von der KrautPlage singen. Einige Seitenarme kann er nicht mehr befahren. Immerhin
sieht Ronald Menzel, Vorsitzender der Fischereischutzgenossenschaft Havel
in dem Grünzeug auch Vorteile: „Die Pflanzen bieten Brutfischen
Unterschlupf und Nahrung. Und der Kormoran hat es auch schwerer.“
Von Frank Bürstenbinder
http://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Die-Havel-waechst-zu
29.04.2014
Auszug aus dem WRRL Info 31
Umsteuern in der Landwirtschaft
EU-Kommission verklagt Deutschland
wegen anhaltender Gewässerverunreinigung durch Nitrat
Die Richtlinie „zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch
Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen“ (Nitrat-Richtlinie) von 1991
gehört zu den Vorschriften, die in Deutschland bis heute nicht adäquat umgesetzt wurden. Die unzureichenden Bestimmungen und der
eingeschränkte Vollzug führt dazu, dass selbst offensichtlich gewässerschädigende Praktiken, wie Umpflügen von Gewässerrandstreifen
und Gülleausbringung in unmittelbarer Gewässernähe, nicht geahndet werden.
Die Novellierung des Düngegesetzes und der Düngeverordnung,
mit denen die Regelungslücke geschlossen werden könnte, ist trotz
jahrelanger Diskussion noch nicht abgeschlossen worden. In vielen
Regionen stieg der Nährstoffüberschuss durch die weitere Konzentration der Massentierhaltung und den Boom der Biogasanlagen in den
letzten Jahrn sogar deutlich an.
· EU-Kommission verklagt Deutschland
· Umsteuern in der Landwirtschaft dringender
nötig denn je!
· Globales Wasserziel erfordert Anpassungen
der UN-Struktur
· Meldungen, Impressum
Am 28. Mai 2016 war es nun soweit: Die EU-Kommission in Brüssel
reichte beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen Deutschland ein,
weil es versäumt hat, strengere Maßnahmen gegen Gewässerverunreinigungen durch Nitrat zu ergreifen. Überraschend kommt dieser
Schritt nicht. Die deutschen Behörden wurden bereits im Juli 2014
mit einer begründeten Stellungnahme aus Brüssel konfrontiert.
Der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,
Dr. Wilhelm Priesmeier, fordert „jetzt alle EU-Vorgaben zu Nitrat,
Phosphat und Ammoniak mit einzubeziehen, damit die Landwirte
auch Planungssicherheit erhalten. Die Zeit der Spielchen ist vorbei
und wir können nicht alle Jahre wieder das Düngerecht aufmachen.“
Die Umweltverbände Greenpeace, NABU, GRÜNE LIGA, WWF sowie
der Umweltdachverband DNR haben in einer gemeinsamen Stellungnahme nun konsequentere Schritte zur Reduzierung der Stickstoffeinträge gefordert. „Mit der Klageerhebung bestätigt die EU-Kommission, dass die laufende Novellierung der Düngegesetzgebung
nicht ausreicht, um den massiven Problemen durch Nitratüberschüsse
im Grundwasser und in Oberflächengewässern zu begegnen. Bund
und Länder müssen nun möglichst rasch bei der Düngeverordnung
nachbessern, um mögliche Strafzahlungen in Millionenhöhe zu vermeiden“, so die Verbände. Die Umweltverbände warnen: „Schlimmstenfalls muss die Bevölkerung die Kosten (...) doppelt tragen: mit
steigenden Wasserkosten für die Trinkwasseraufbereitung sowie
Strafzahlungen der EU.“
Quelle: Berichtsportal WasserBLick / BfG, Stand 22.03.2010
BDEW kritisiert Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung
Die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland war auch für die
deutsche Wasserwirtschaft keine Überraschung, sondern eine folgerichtige Entscheidung. „Die Nitratbelastung der Gewässer und Böden in Deutschland stellt seit Jahren eines der größten Probleme
der Wasserwirtschaft dar. Es war absehbar, dass die EU-Kommission
irgendwann klagen würde“, so Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer
Wasser/Abwasser des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Er begrüßte die Entscheidung der Kommission. „Die
Nichteinhaltung der EU-Stickstoffobergrenze, die Nichteinhaltung
des 50 Milligramm pro Liter Nitratwertes im Grund- und Oberflächenwasser und ständig steigende Belastungen im Trinkwasser dürfen
nicht länger als Lappalie abgetan werden“, so der BDEW und kritisiert weiter: „Auch die aktuelle Fassung des Gesetzesentwurfes des
Landwirtschaftsministeriums reicht nicht aus, um einen wirksamen
Schutz für die Gewässer herzustellen.“
Weitere Hintergrundinformationen: www.wrrl-info.de
Umsteuern in der Landwirtschaft
Umsteuern in der Landwirtschaft dringender nötig denn je!
Am 17. März 2016 organisierte die GRÜNE LIGA e.V. Bundeskontaktstelle Wasser ein Fachgespräch „Wege zur Nährstoffminderung“ mit
anschließender Podiumsdiskussion zur landwirtschaftlichen Nährstoffbelastung und zur anstehenden Novelle von Düngegesetz und
Düngeverordnung.
Themen des Fachgesprächs waren:
die Nährstoffbelastung der Küstengewässer und Meere,
die Nitrat- und Phosphatbelastung der Binnengewässer, vor
allem der Seen, und
die Stickstoffeinträge über den Luftpfad, insbesondere bezüglich
der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft.
Dr. Bettina Taylor vom BUND Meeresschutzbüro führte in ihrem
Eingangsreferat „... und die Flüsse fließen ins Meer“ die Situation
der Nährstoffbelastung der Küstengewässer und Meere, sprich der
Ostsee und der Nordsee, aus. Für den Meeresschutz sind dabei vor
allem die Stickstoffeinträge relevant. Die von den Flüssen in die
Nordsee geleiteten Nährstoffmengen übersteigen die Gesamteinträge in die Ostsee bei Weitem. Allein die Elbe führte 2015 cirka
100.000 Tonnen Stickstoff mit sich. Demgegenüber bringen die Flüsse – je nach Wasserführung – insgesamt nur etwa 20.000 bis 25.000
Tonnen Gesamtstickstoff aus dem deutschen Einzugsgebiet in die
Ostsee ein. Der Haupteintrag in die Ostsee erfolgt über den Luftpfad.
Von den hierfür modellierten 38.000 Tonnen stammt die Hälfte aus
der Landwirtschaft, der Rest vorrangig aus dem Verkehrsbereich und
dem Energiesektor.
Dr. Claudia Wiedner von der BTU Cottbus-Senftenberg stellte in
ihrer Präsentation den „Einfluss von Stickstoff und Phosphor auf
die Gewässergüte” und die Ergebnisse des Projektes „Nitrolimit“
vor. Nach herkömmlicher Auffassung ist Phosphor der limitierende
Faktor für Wachstum und Biomasse des Phytoplanktons und somit
der Gewässergüte in limnischen Systemen. Neue Indizien sprechen
jedoch dafür, dass Stickstoff neben Phosphor eine relevante Regulationsgröße ist. Daher entstand die Forderung, neben dem Eintrag
von Phosphor (P) auch den Eintrag von Stickstoff (N) zu reduzieren.
Die N-Reduktion ist jedoch mit Kosten verbunden und der Erfolg kann
aufgrund unzureichender Kenntnisse zur Herkunft, Umsetzung und
Wirkung von Stickstoff derzeit nicht eingeschätzt werden. Mit dem
Projekt „Nitrolimit“ sollten daher fundierte wissenschaftliche Grundlagen zur Beurteilung des Einflusses von Stickstoff auf die Gewässergüte geschaffen werden.
Für „Nitrolimit“ wurden Daten von 560 Messstellen an insgesamt
373 Seen des norddeutschen Tieflandes in einer Datenbank zusammengestellt und ausgewertet. Der Messzeitraum erstreckte sich über
die Monate April bis Oktober und umfasste den Zeitraum 2005 bis
2013.
Die Seen der norddeutschen Tiefebene befinden sich überwiegend in mäßigem bis schlechtem ökologischen Zustand. Stickstoffund Phosphorlimitation treten insgesamt fast gleich häufig auf. Die
Phosphorlimitation überwiegt in tiefen geschichteten Seen, die
Stickstofflimitation in Flachseen und Flussseen. Während der Vegetationsperiode wird die Phosphorlimitation häufig durch Stickstofflimitation und dann durch weitere limitierende Faktoren abgelöst. Die
seentypenspezifischen Zielwerte für Stickstoff und Phosphor für den
Grenzbereich zwischen dem mäßigen und dem guten Zustand liegen
im Allgemeinen weit unter den derzeitig gemessenen Konzentrationen. Die Phosphorreduktion war und ist nach wie vor richtig und
wichtig, eine Stickstoffreduktion sollte jedoch zusätzlich erfolgen,
da sie sich vielfach direkt auf die Gewässerqualität auswirkt.
Mit dem Projekt „Nitrolimit“ wurden die Quellen der Nährstoffbelastung ermittelt und die Zielwerte und somit die Reduktionserfordernisse zum Erreichen des Guten Zustands bestimmt. Die Ergebnisse
sind in der Schrift „Einfluss von Stickstoff und Phosphor auf die Gewässergüte von Seen“ vom Mai 2013 nachzulesen.
Inzwischen können auch einige der dort als offen dargestellten
Fragen beantwortet werden. Demnach ist die Phosphor-Rücklösung
aus dem Sediment inzwischen deutlich rückläufig. Cyanobakterien
können zwar Stickstoff aus der Atmosphäre binden, das führt jedoch
aufgrund der dann insgesamt reduzierten Biomasse nicht zu einer
Kompensation der Stickstoffreduktion, da sich dieser Eintrag nur auf
maximal etwa 10–15 % der Stickstoffeinträge in die Seen beläuft. Die
Stickstoffreduktion ist im Ergebnis ökologisch sinnvoll.
Ist Stickstoffreduktion wirtschaftlich vertretbar? Dazu wurden im
Rahmen des Projektes „Nitrolimit“ Kosten, Nutzen und die Akzeptanz von Maßnahmen zur Verringerung von Stickstoffeinträgen untersucht. Die Ergebnisse aus dem Bereich Landwirtschaft stellte beim
Fachgespräch Andreas Horbat von der TU Berlin in seinem Vortrag
„Die Akzeptanz von Agrarumweltmaßnahmen“ vor. Die Untersuchungen ergaben, dass einige der verfügbaren Agrarumweltmaßnahmen
für Landwirte nur wenig interessant sind, wobei ein Teil insbesondere der größeren Betriebe solche Maßnahmen als nicht akzeptabel
einstuft. Auch wollen die Betriebe größtmögliche Flexibilität bei der
Ausgestaltung von Vertragsdetails wie beispielsweise Vertragslaufzeit oder Kündigung. Hier zeigt sich auch die Grenze von einem rein
auf Freiwilligkeit basierenden Ansatz.
Amrei Münster von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ging in ihrem
Vortrag auf die europäische Richtlinie zur Reduzierung von Feinstaubemissionen (NEC bzw. NERC-RL2001/81/EG-Richtlinie) ein. Demnach
stammt die Hälfte des Feinstaubs (Hauptkomponenten sind dabei
SO2, NOX und NH3) in Deutschland aus nicht natürlichen Quellen, wie
beispielsweise Verkehr, Industrie oder Stromerzeugung, wobei fast
die Hälfte (45%) aus der Landwirtschaft kommt. Die SOX-Emission
konnte von 1990 bis 2000 sehr deutlich reduziert werden. Auch die
NOX-Emission weist seit 1990 eine sinkende Tendenz auf. Demgegenüber bewegt sich die Ammoniak-Emission seit 1995 auf etwa gleichem
Niveau. Dennoch verursacht Feinstaub laut Statistik cirka 34.000
Todesfälle jährlich. Die angestrebten Minderungsziele zur Revision
des Luftqualitätspakets gerieten im EU-Ministerrat unter Beschuss.
Am 4. April 2016 fand dazu eine Trilogverhandlung (Kommision.
Parlament und Ministerrat) statt. Ambitionierte Minderungsziele für
eine simultane Verringerung der Hauptkomponenten sind eine wichtige Voraussetzung zur Verbesserung der gesundheitlichen und ökologischen Folgen der Feinstaubemissionen.
Bei Ammoniak stammen 95 % der Emissionen aus der Landwirtschaft, wobei 80 % davon von nur 5 % der landwirtschaftlichen Betriebe verursacht werden. Zu wirksamen Minderungsmaßnahmen gehören die verbesserte Lagerung und emissionsarme Ausbringung von
Gülle und Jauche.
Michael Bender