„Blutmanagement“ in Tirol

Umsetzung in den Bundesländern
„Blutmanagement“ in Tirol
Im folgenden Beitrag wird auf die Entwicklung des Gesamtprozesses Blutmanagement in Tirol, mit
Schwerpunkt Landeskrankenhaus Innsbruck (LKI) eingegangen.
Prim. Univ.-Doz. Dr. Harald Schennach, Transfusionsverantwortlicher des LKI, Institutsvorstand Zentralinstitut für
Bluttransfusion und Immunologische Abteilung (ZIB), TILAK-Universitätskliniken – Landeskrankenhaus Innsbruck
„Blutmanagement“ besteht in Tirol aus
den Subprozessen
• Blutaufbringung mit dem Schwerpunkt
„Spendermedizin“ und
• optimale Anwendung von Blutkompo­
nenten („Optimal Blood Use“) mit der
Nachverfolgung des Transfusionserfol­
ges (Hämovigilanz).
Ziel ist es, durch kontinuierliche Verbes­
serung dieser Subprozesse Versorgungssi­
cherheit mit Blutkomponenten zu ge­
währleisten und jede Patientin/jeden Pa­
tienten bedarfsgerecht zu behandeln.
Blutaufbringung und
„Spendermedizin“
Schon seit dem Jahr 1950 besteht eine enge
Zusammenarbeit zwischen dem Blutspendedienst Tirol des ÖRK (verantwortlich für
die Aufbringung der Blutspenden) und dem
Zentralinstitut für Bluttransfusion und Im­
munologische Abteilung (ZIB) des LKI
(verantwortlich für die Präparation,
Testung, Verteilung der Blutkomponenten
an die Blutdepots). Der Institutsvorstand
des ZIB ist auch Blutspendereferent des
Roten Kreuz (RK) Tirol. Durch diese Kons­
tellation ist eine verbrauchsgesteuerte Auf­
bringung von Blutkonserven gewährleistet,
was sich vor allem bei Großschadensereig­
nissen bewährt hat, sich aber auch in einer
niedrigen Verwurfsrate von Blutkomponen­
ten widerspiegelt. Die Blutaufbringung ist
durch das Arzneimittelgesetz geregelt,
unterliegt dementsprechend detaillierten
Vorgaben und regelmäßigen behördlichen
Inspektionen. Das ZIB wurde schon 1997
als erste große Blutbank in Europa ISO­
9001-zertifiziert, um diesen Forderungen
gerecht zu werden.
Optimale Anwendung von
Blutkomponenten
Seit mehreren Jahren konzentrieren sich
die Innsbrucker Aktivitäten vermehrt auf
die optimale Indikationsstellung/Anwen­
dung von Blutkomponenten. Konzept­
grundlage sind u. a. Ergebnisse und Publi­
kationen aus den EU-Projekten „Sanguis“
und „Optimal Blood Use“, aber auch der
österreichischen Benchmark-Studien.
Hierbei wird nach folgendem Motto vor­
gegangen: Nach „richtiger“ Indikations­
stellung die „richtige“ Blutkomponente
zum „richtigen“ Patienten, zur „richtigen“
Zeit im „richtigen“ Zustand auf der Basis
von „Richtlinien“.
Transfusionskommission. Um die ent­
sprechenden Ergebnisse zu erzielen –
das Krankenanstaltengesetz gibt ja mit
Ausnahme des Punktes „Blutdepot“
keine speziellen Vorgaben – wurde 2010
mit Unterstützung der kollegialen
Führung des LKI eine Transfusionskom­
mission etabliert. Diese hat als Vorsit­
zenden den Transfusionsverantwort­
lichen und als Mitglieder die von
jeder Klinik benannten Transfusions­
beauftragten. Aufgabe der Transfusions­
kommission ist die Erarbeitung von
Vorgaben für die Sicherstellung der
Einhaltung und Durchführung von
Gesetzen, Verordnungen, Richt- und
Leitlinien sowie Empfehlungen für die
Qualitätssicherung des Transfusions­
prozesses. Sie soll die kollegiale Füh­
rung des LKI bei der Etablierung und
Fortentwicklung der Qualitätssicherung
bezüglich des Transfusionsprozesses
beraten, Vorschläge für entsprechende
Dienstanweisungen erarbeiten und den
organisatorischen Umgang mit Blut und
Blutprodukten regeln. Die Transfusions­
kommission hat dafür zu sorgen, dass
einrichtungs- und fachspezifische Rege­
lungen zur Anwendung von Blut- und
Blutprodukten auf dem Boden entspre­
chender Leitlinien erstellt werden.
Weiters gehören auch die Erstellung von
Verbrauchsstatistiken, die Fortbildung
im ärztlichen und pflegerischen Bereich
sowie für biome­
dizinische Ana­
lytikerInnen auf
dem Gebiet der
Hämotherapie
zu ihrem Aufga­
benbereich. Eine
Koordination
mit der Arznei­ Prim. Univ.-Doz. Dr.
mittelkommis­ Harald Schennach
sion des Kran­
kenhauses
ist
ebenfalls vorgesehen.
Leitlinien Indikationsstellung. Seit der
Etablierung der Transfusionskommission
wurde ein Leitlinienentwurf zur Indika­
tionsstellung und Anwendung von Blut­
komponenten erstellt, der kurz vor der
Freigabe ist. Weiters beschäftigt sich eine
interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit der
Erstellung einer Leitlinie und eines Algo­
rithmus für Massenblutungen, eine weite­
re war und ist mit der Anwendung von
Fibrinogen oder/und Frischplasma befasst.
Ausbildung. Ein besonderer Schwer­
punkt liegt in der Ausbildung: Im
Frühjahr 2011 wurde der erste Teil der
Transfusionsbeauftragten gemeinsam mit
Blutdepotbeauftragen anderer Tiroler
Krankenhäuser in einem zweitägigen
In-House-Seminar nach dem Muster der
deutschen Transfusionsbeauftragtenaus­
bildung geschult.
Schwerpunkte der kommenden Arbeit
der Transfusionskommission sind:
• Freigabe des Leitlinien-Entwurfs
• Komplettierung der Ausbildung der
Transfusionsbeauftragten
• Etablierung und Auswertung von indi­
kationsbezogenen Kennzahlen zum
Blutverbrauch
• Integration des Konzepts „Patient
Blood Management“ in das Tiroler
Blutmanagement-Projekt
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