DIE WELT - Die Onleihe

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MONTAG, 4. JULI 2016
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07 . 2016
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Die Welt, in – sie
heute leben
seiner Zeit:
entstand zu
s Bosch
Hieronymu
Seite 12 – 21
CHRISMON
Hieronymus Bosch
malte die Welt, in der
wir heute leben
Beilage
WIRTSCHAFT
So ticken die Fans der
Sportartikelmarken
Seite 9
KULTUR
Zum Gedenken an
Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel
Seite 18
WISSEN
Mit Mach 1
durch das Meer
Seite 19
STEFAN FROMMANN
Joshua Kimmich: Erst 21 Jahre alt, das Supertalent. Er
macht kein besonders gutes Spiel beim epochalen EM-Sieg
gegen Italien. Doch im Elfmeterschießen trifft er eiskalt – im
Gegensatz zu vielen Altmeistern in der deutschen Nationalelf.
REUTERS/ CHRISTIAN HARTMANN
THANASSIS STAVRAKIS
MARVIN GUENGOER/GES/PA
I
Manuel Neuer: Noch nie konnte er im Nationaltor einen Strafstoß halten. Jetzt ist er Italiens Schreckgespenst. Der Titel als bester Torhüter der Welt wird ihm auch 2016 sicher sein.
Jonas Hector: Es ist sein erster Elfmeter überhaupt als
Fußballprofi. Schuss mit links, der Ball geht unter den Armen
von Buffon ins Tor. 7:6 für Deutschland, das Drama von BorSiehe Kommentar, Seiten 21-23
deaux ist entschieden.
Städtebund wünscht sich
Flüchtlinge als Polizisten
In der öffentlichen Verwaltung sollten zur besseren Konfliktlösung generell mehr Menschen mit
Migrationshintergrund arbeiten. Union mahnt „klares Bekenntnis zu unserer Rechtsordnung“ an
D
er Geschäftsführer des
Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB),
Gerd Landsberg, hat sich
dafür
ausgesprochen,
mehr Migranten im öffentlichen Dienst
anzustellen: „Mittelfristig müssen wir
versuchen, den Anteil von Personen mit
Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung deutlich zu erhöhen“,
sagte Landsberg im Interview der „Welt“.
VON MANUEL BEWARDER, MARCEL LEUBECHER
UND THORSTEN MUMME
Ein Flüchtlingsmanager „mit eigener
Fluchterfahrung“ sei für eine solche Aufgabe besonders gut geeignet, sagte
Landsberg. Dies gelte auch für den Polizeidienst: „Auch ein Polizist mit Migrationshintergrund hat es möglicherweise
bei Konflikten zwischen Flüchtlingen
leichter, diese Konflikte zu lösen.“
Die Unionsfraktion im Bundestag äußerte Bedenken bezüglich Landsbergs
Vorstoß. „Natürlich soll die Polizei ein
Spiegelbild der Gesellschaft sein“, sagte
PANORAMA
LOTTO:
4– 6 – 8 – 15 – 26 – 30
Superzahl: 9
Spiel77: 2 7 7 0 4 2 6
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der Großstadtbeauftragte der Union, Kai
Wegner (CDU), der „Welt“. Polizeikräfte
mit Migrationserfahrung und interkulturellen Kompetenzen seien zwar wünschenswert. „Klar muss aber sein, dass
an den Einstellungsvoraussetzungen und
Leistungsstandards keine Abstriche gemacht werden dürfen, um die hohe Qualität der Polizeiarbeit zu sichern“, warnte
Wegner. „Staatsbürgerschaft, sicheres
Beherrschen der deutschen Sprache und
ein klares Bekenntnis zu unserer Rechtsordnung sind dabei die Voraussetzungen.“ Die Polizei sei Garantin der inneren Sicherheit und nehme „besonders
sensible hoheitliche Aufgaben war“, sagte der Christdemokrat. „Da ist kein Platz
für Schnellschüsse oder Experimente.“
Was die Kosten der Flüchtlingskrise
angeht, forderte Städtebund-Geschäftsführer Landsberg mit Blick auf das
nächste Treffen zwischen Bund und Ländern einen Kompromiss. „Beim nächsten
Treffen am 8. Juli muss es endlich eine
Lösung geben“, so Landsberg. Aus Sicht
der Kommunen belaufen sich die Integrationskosten pro Jahr auf 20 Milliarden Euro. Die Kostenübernahme des
Bundes von 2,6 Milliarden Euro für Unterkünfte erwerbsloser Asylbewerber bis
2018 lobte der Verwaltungsjurist als richtiges Zeichen. „Für uns Kommunen
zählt, dass das Geld auch bei uns ankommt“, mahnte er aber.
Weiter pochte Landsberg auf mehr
Wohnungsneubau. „Wir brauchen 2016
Wann Flüchtlinge
arbeiten dürfen
Um Zugang zum Arbeitsmarkt
zu erhalten, spielt der Aufenthaltsstatus eine zentrale Rolle.
Grundsätzlich gilt in den ersten
drei Monaten ein Beschäftigungsverbot. Falls eine positive
Entscheidung über den Asylantrag fällt und somit eine Aufenthaltserlaubnis vorhanden ist,
dürfen Flüchtlinge hingegen
sofort eingestellt werden.
und in den folgenden Jahren rund
400.000 Wohnungen“, so der DStGBGeschäftsführer. „Das schaffen wir nur,
wenn wir die bisherigen bürokratischen
Hürden weiter absenken.“ Das Bauen
dürfe nicht mehr als 1500 Euro pro Quadratmeter kosten. „Wir müssen noch viel
mehr scheinbar unverrückbare Standards absenken“, forderte er. Als Beispiel
nannte er die Energieeinsparverordnung.
Auch im Bildungssektor sind laut
Landsberg Investitionen nötig. „Wir rechnen durch die hohe Flüchtlingszahl mit
300.000 zusätzlichen Schulkindern und
rund 100.000 zusätzlichen Kitakindern“,
so Landsberg. Dadurch seien alle Prognosen der vergangenen Jahre hinfällig. „Wir
brauchen mehr Gebäude, mehr Personal
und mehr Busse und Bahnen für den
Schulweg.“ Zudem sieht Landsberg in der
Ausbildung für Flüchtlinge „riesige Chancen“. Die deutsche Wirtschaft müsse jetzt
schon an den Wiederaufbau in Syrien
denken: „Wenn wir schlau sind, werden
das unsere Flüchtlinge sein, die wir ausgebildet haben und die dann für deutsche
Seite 4
Firmen dort arbeiten.“
ch muss gestehen: Ich hatte die
Nase schon ziemlich voll von diesen EM-Miesmachern, die mir seit
Wochen erzählen, dass dieses aufgeblähte Fußballturnier langweilig und
unattraktiv ist, dass Kroatien oder
Belgien
Europameister
wird,
Deutschland eh gegen Italien rausfliegt und Mannschaften wie Wales
und Island in Frankreich überhaupt
nichts verloren hätten. Auch die zunehmende Politisierung konnte einem die Stimmung versauen. Der eine wollte Boateng austricksen, der
andere Özil tunneln. Finito, der Spuk
ist endlich vorbei.
Als sei ihnen der Eiffelturm auf
den Kopf gefallen, dämmert es selbst
den Kritischsten: Die EM macht auf
einmal doch Spaß.
Manuel Neuer hat Deutschland
den Italien-Dämon ausgetrieben, er
hat in einem Viertelfinale zum Nägelkauen im Elfmeterschießen für den
ersten Sieg über Italien bei einem
Turnier gesorgt. Wer konnte danach
schon noch ruhig einschlafen? Neuer
ist zur deutschen Antwort auf Mario
Balotelli geworden, der das Nationalteam bei der vergangenen EM noch
erlegt hatte. Jetzt haben also auch wir
ein Schreckgespenst, das Italien so
schnell nicht vergisst, das geht runter
wie ein heißer Cappuccino.
Für viele kann jetzt kaum noch etwas passieren. Dass Deutschland
nach dem WM- nun auch den EM-Titel holen wird, ist beschlossene Sache. Oder gibt es eine Steigerung zu
einem Sieg, von dem schon unsere
Väter und Großväter geträumt haben? Besteht Deutschland am Donnerstag auch das Halbfinale auf so
souveräne Art, wird das Endspiel gegen Portugal oder Wales zur Ehrenrunde. Auslaufen unter Applaus.
Der Weltmeister dominiert das
kontinentale Turnier, wie es ihm
trotz der vielen Sterne auf dem Trikot kaum jemand zugetraut hatte. Im
Gegensatz zur WM vor zwei Jahren
sorgen dafür nun starke Individualisten und ein Bundestrainer, der seine
Taktik auf jeden Gegner neu ausrichtet. Es ist bezeichnend, dass es die
Mannschaft in Gestalt von Jérôme
Boateng sprichwörtlich selbst in die
Hand nehmen musste, im fünften
Turnierspiel ein erstes Gegentor zu
kassieren.
Die Fans haben ein gutes Gespür
für den Moment, an dem die große
Party beginnt. Fast immer war das
ein Viertelfinalsieg. 2006 gegen Argentinien, 2008 gegen Portugal, 2010
gegen Argentinien, 2014 gegen Frankreich. Jetzt dieser epochale Erfolg gegen Italien, und siehe da: Endlich füllen sich die Fanmeilen, Deutschlandfähnchen werden wieder aus dem
Ausverkauf genommen, und das
Fernsehen vermeldet EM-Rekordeinschaltquoten. Die EM begeistert.
[email protected]
Wofür 10.000 Euro? Für Sonnenbrillen
Warum fällt Männern
das Schönschreiben
bloß so schwer?
Seite 20
Nr. 154
Plötzlich macht
die EM Spaß
THEMEN
zin
elische Maga
Das evangn.de
B
KOMMENTAR
H
er mit den kleinen Engländerinnen! Und natürlich
auch: Her mit den kleinen Engländern! Das fordert der übermütige Sigmar Gabriel, er will
jungen Briten die doppelte
Staatsbürgerschaft anbieten. Die
Begründung: Für den Brexit hätten hauptsächlich alte Menschen
aus England und Wales gestimmt,
darunter dürften die jungen Menschen nicht leiden, die in liebenswerter Schusseligkeit oft gar
nicht zur Wahl gegangen waren.
Natürlich sollte es für die jungen
Briten dann eine Selbstverständlichkeit sein, aus Dankbarkeit
ihrem Wohltäter gegenüber mindestens zehn Jahre SPD zu wählen. Niemand kann behaupten,
dass Gabriel keine guten Ideen
hätte, aber warum erzählt er uns
immer nur die anderen? Je länger
man allerdings darüber nachdenkt, umso schlüssiger wird das
Gabriel-Projekt. Wir holen uns
einfach die knackigsten Europäer
aus allen Ländern und bürgern
sie ruck, zuck ein. Junge Briten,
Österreicher, Franzosen, Dänen
oder Polen, sie alle sollen zu uns
kommen und ein neues europäisches Geschlecht zeugen. Am
Ende gibt es dann nur noch ein
Mitglied in der EU, und das ist
das sozialdemokratische Deutschland.
* D 2,50 E URO
Im teuersten Scheidungsprozess Großbritanniens macht ein ehemaliges Supermodel eine interessante Rechnung auf
D
ie vielleicht teuerste Scheidung in der Geschichte des Vereinigten Königreiches überrascht die Öffentlichkeit mit vielen (Krokodils-)Tränen, vergossen im High Court von London, und mit Details aus dem Alltagsleben der frisch geschiedenen
Ehefrau Christina Estrada, eines ehemaligen Supermodels.
Es geht um 200 Millionen Pfund, die sie von ihrem Ex-Mann fordert. Nicht als Schmerzensgeld oder als Entschädigung. Es geht
schlicht um das, was Christina Estrada zum täglichen Leben braucht.
Um die Ernsthaftigkeit ihres Bedarfs zu untermalen, listen ihre Anwälte ihn auf. Hier eine kurze Zusammenstellung. Estrada braucht:
* 74 Millionen Euro für ein neues Haus,
* 1,2 Millionen Euro pro Jahr, um sich einzukleiden,
* 69.000 Euro für Handtaschen, konkret: 27.000 für sechs Alltagstaschen und 42.000 für zehn „clutch bags“,
* 10.000 Euro für 15 Paar Sonnenbrillen, zwei Set Skibrillen, die sie
für ihre Trips nach Gstaad in der Schweiz benötigt,
* 31.000 Euro für ihr Handy,
* 294.000 Euro hoch ist ihr jährlicher Bedarf für die Präsidentensuite
im Pariser Hotel „Ritz“, wo sie regelmäßig die Oktoberferien zu verbringen pflegt,
* 11.200 Euro kosten vier Flaschen Gesichtscreme, die sie pro Jahr
verbraucht. Für jede Flasche entstehen ihr also Kosten in Höhe von
2800 Euro,
* ein 65 Millionen Euro teures Haus am Eaton Square, „with a pool
and a hot tub“, würde sie nehmen, wodurch bei ihr aber ein Bedarf
von 7,5 Millionen Euro entstehen würde, um das Haus nach ihrem
Geschmack umzudekorieren.
Sie lehnte das Angebot ab, ein 7,7 Millionen Euro teures Anwesen
in Belgravia zu bekommen, weil sie dort auf einer Etage mit dem
Personal wohnen müsste. Der Mann, der das alles nicht einfach so
zahlen will, ist der 61 Jahre alte Walid Juffali, ein promovierter Neurowissenschaftler, Saudi-Araber, Unternehmer, Milliardär. Es wird
berichtet, dass er sich gerade in einer Schweizer Klinik einer Krebsbehandlung unterzieht, was, wie zu hören ist, die Anwälte von Estrada unter Druck setzt, eine schnelle Einigung zu erzielen.
Juffali nannte vor Gericht den Bedarf seiner Frau „übertrieben“. Er
bot, tutto completo, 44 Millionen. Das Angebot wurde ihm aber von
der Gegenseite ins Gesicht geschleudert. Tränen flossen. Allein der
Ring, den Juffali ihr einst an den Finger steckte, ein blauer Diamant,
soll zwölf Millionen gekostet haben. Angeblich hat Juffali den Ring an
sich genommen. Estrada hätte ihn gern zurück.
Vor Gericht fiel Estrada durch viele starke Emotionen auf. Sie
schlug immer wieder laut auf den Tisch und beteuerte ihren Anspruch auf „comfort breaks“, also Luxusurlaube. Sie sagte: „Ich bin
erschöpft, sehr müde“, und brach in Tränen aus. Sie erklärte der
Öffentlichkeit, worum es ihr gehe, nämlich darum, „sich starkzumachen für Frauen“. Der Anwalt ihres Ex-Mannes hatte eine andere
KATHRIN SPOERR
Theorie: Estrada sei einfach etwas „gierig“.
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DW-2016-07-04-zgb-ekz- 601f26355ce75910316a16f4ae005900
ISSN 0173-8437
154-27
ZKZ 7109