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Presseinformation
29.06.2016
Stadt Nürnberg
Kulturreferat
Nutzungs- und Vermittlungskonzept für den historischen Ort
Reichsparteitagsgelände
Kontakt:
Prof. Dr. Julia Lehner
Tel.-Nr. (0911) 231-2390
Hauptmarkt 18
Nürnberg möchte Zeppelintribüne und Zeppelinfeld baulich sichern, um auch
90403 Nürnberg
zukünftigen Generationen das größte erhaltene Bauensemble nationalsozia-
www.nuernbergkultur.de
listischer Staats- und Parteiarchitektur vermitteln zu können. Hierfür laufen
derzeit bauliche Arbeiten an Musterflächen. Der Erhalt ist kein Selbstzweck,
er ist Grundvoraussetzung für eine umfassende und den aktuellen Herausforderungen angepasste Bildungs- und Vermittlungsarbeit. Hierfür möchte
das Kulturreferat das Gelände öffnen, den „Goldenen Saal“ als einen neuen
Ort der Information und Bildungsarbeit entwickeln und die Bildungsarbeit im
Dokumentationszentrum wie vor Ort auf dem ehem. Reichsparteitagsgelände
den aktuellen Herausforderungen anpassen.
Der Erhalt der Bauten auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände als wichtiger
Lernort der deutschen Geschichte ist ein besonderes Anliegen der Stadt Nürnberg
und wird, je weniger Zeitzeugen uns über die NS-Zeit berichten können, immer
bedeutender für die Vermittlung historisch-politischer Bildung.
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, hat der Nürnberger Stadtrat bereits am 19.
Mai 2004 Leitlinien zum künftigen Umgang mit den baulichen Relikten der NS-Zeit
beschlossen. Danach soll weder ein bewusster Verfall noch eine Rekonstruktion
stattfinden, stattdessen soll der heutige Zustand bewahrt werden, um auch kommenden Generationen die Chance zur Auseinandersetzung zu belassen.
Seit April 2015 wurden für die Kostenermittlung zum Erhalt der Gesamtanlage
Zeppelinfeld an verschiedenen Musterflächen an der Zeppelintribüne sowie am
Zeppelinfeld inklusive dessen Wallanlage bauliche Untersuchungen und unterschiedliche Methoden der Sicherung erprobt.
Damit einhergehend legt das Kulturreferat nun im Stadtrat am 6.7.2016 ein künftiges Vermittlungs- und Nutzungskonzept mit Schwerpunkt Zeppelintribüne/-feld
vor.
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Derzeit kommen schätzungsweise jährlich mehr als 200.000 vor allem junge Menschen aus aller Welt auf das Gelände, um sich über die Zeit des Nationalsozialismus, seine Propagandamethoden und seine Herrschaftsbauten zu informieren.
Ziel ist es, für die Besucherinnen und Besucher – ob in Gruppen oder individuell –
bisher verschlossene Türen zu öffnen, um keine Mystifizierung der Bauten am
Zeppelinfeld mit ihrer größtenteils banalen Nutzung entstehen zu lassen. Dafür
sollen zum Beispiel das heute noch komplett gesperrte Zeppelinfeld sowie ausgewählte Punkte auf der Wallanlage begehbar sein. Aktuell ist nur der Blick der Herrschaftselite des NS-Staates auf das Zeppelinfeld möglich, aber nicht die Perspektive der Teilnehmer und Zuschauer auf dem Feld und den Rängen, die es auch zu
erklären und dekonstruieren gilt. Auch ein Turm an der Wallanlage soll Einblick in
seine banale Nutzung als Toilette geben. Davon unberührt bleibt auch weiterhin
die etablierte Sport- und Freizeitnutzung, die auf ihre Weise diesen Ort demokratisch erschließt.
Für eine bessere inhaltliche und räumliche Verzahnung zwischen dem im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände museal dargestellten und in den Kontext der NS-Geschichte eingeordneten Sachverhalten soll ein eigener Anlaufpunkt
auf dem weitläufigen Gelände geschaffen werden.
Hierfür soll die Halle im Mittelbau der Zeppelintribüne – der erst nach 1945 so bezeichnete „Goldene Saal“ – nach 15 Jahren wieder regelmäßig geöffnet und als
Anlaufpunkt mit knappen Informationen über den Raum, die Tribüne selbst und
dessen angedachte sowie tatsächliche Nutzung eingerichtet werden. Die Dekonstruktion dieses, auch in der Namensgebung auratisierten Raumes steht dabei
ebenso im Mittelpunkt wie seine Nutzung für die historisch-politische Bildungsarbeit.
Er soll als ein „Projektraum“ für die bisher allein im Dokumentationszentrum angesiedelte Bildungsarbeit zur Verfügung stehen. Neue pädagogische Ansätze des
forschenden Lernens und Mittel der ästhetischen Bildung sollen hier eingesetzt
werden und ergänzen die klassischen Bildungsformate. Die aktive Spurensuche
auf dem Gelände, der Bezug auf aktuelle Fragestellungen sollen hier ebenfalls im
Vordergrund stehen.
Die Bildungsprogramme der bisher im Studienforum zusammengeschlossenen
größtenteils externen Partner werden damit nicht nur um einen neuen Lernort er-
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weitert, sondern sollen auch inhaltlich entwickelt werden. Gerade jüngere Generationen kommen mittlerweile nach Nürnberg nicht nur ohne direkten Bezug mehr
zur NS-Zeit, sondern auch mit teils eigenen Gewalt- und Diktaturerfahrungen und
neuem, oft medial geprägtem Rezeptionsverhalten. Diesen neuen Anforderungen
an die Bildungsarbeit soll Rechnung getragen werden und das bestehende Studienforum zu einem Forum für Geschichte und Gegenwart weiterentwickelt werden.
Dieses soll im Zuge auch des geplanten Ausbaus der Räume des Dokumentationszentrums in der unfertigen Kongresshalle in den nächsten Jahren seine Arbeit
aufnehmen.
Der Stadtrat Nürnberg wird in seiner Sitzung am 6. Juli 2016 über dieses Nutzungs- und Vermittlungskonzept entscheiden.
Weitere Informationen erhalten Sie im Kulturreferat, Annekatrin Fries, Tel. (0911)
231-2369, [email protected].
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