An alle ärztlichen Mitglieder der KV Hessen Neues

KV HESSEN I Georg-Voigt-Straße 15 I 60325 Frankfurt
An alle
ärztlichen Mitglieder der KV Hessen
Neues Antikorruptionsgesetz: Prävention vor Repression
07.07.2016
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Vorstand
das Inkrafttreten des neuen § 299a StGB Anfang Juni dieses Jahres, besser
bekannt als Antikorruptionsgesetz, hat bei vielen von Ihnen Unsicherheit
ausgelöst. Ist die von mir eingegangene Kooperation strafbar? Sind Anwendungsbeobachtungen nun verboten? Bringen mich meine Zuweisungen jetzt
vor den Kadi?
Die sind nur drei mögliche Fragen, die sich einige von Ihnen jetzt stellen
und wir möchten daher an dieser Stelle ganz klar festhalten:
Die allermeisten von Ihnen werden von diesem neuen Paragraphen
nicht betroffen sein!
Wichtig ist jedoch, dass Sie wissen, wo zukünftig die „rote Linie“ liegt und
wo es Risiken gibt, damit Sie sich gegebenenfalls beraten lassen und rechtzeitig gegensteuern können nach dem Motto „Prävention vor Repression“.
Zur Erläuterung: Mit dem neuen § 299a StGB wurden Verhaltensweisen
erfasst, bei denen sich Angehörige eines Heilberufs in ihren Entscheidungen von nicht gerechtfertigten wirtschaftlichen Anreizen leiten lassen. So
sind z. B. finanzielle Zuwendungen strafbar, die für die Beeinflussung des
Verordnungsverhaltens von Ärzten oder die Zuführung von Patienten erfolgen.
Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass immer dann, wenn eine Leistung
nicht für eine adäquate Gegenleistung gewährt wird, erhöhte Vorsicht geboten ist. Ein klassisches und auch bereits bekanntes Beispiel sind die Anwendungsbeobachtungen. Anwendungsbeobachtungen sind generell weder
verboten, noch liegt in der Teilnahme an einer Anwendungsbeobachtung
gleich ein strafrechtliches Verhalten. Das kann aber im Einzelfall ganz anders sein, wenn beispielsweise für einen kurzen, mit wenig Aufwand auszufüllenden Fragebogen eine erstaunlich hohe Vergütung gezahlt wird. Allerdings ist dieser Sachverhalt auch jetzt schon berufsrechtlich untersagt und
kann sanktioniert werden. Angebote aus der Industrie sowie damit verbundene Vergütungsstrukturen sollten Sie immer kritisch hinterfragen und auf
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Tel 069 79502-602
Fax 069 79502-640
Kassenärztliche Vereinigung Hessen
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Angemessenheit prüfen. Kein Unternehmen verschenkt schließlich etwas ohne Hintergedanken.
Halten Sie sich also ganz eng an die Berufsordnung. Dann droht keine Gefahr!
Neu ist, dass künftig auch bestimmte Formen der Kooperation, z. B. zwischen Niedergelassen und
Krankenhäusern, strafrechtlich bedenklich sein können. Dabei gilt: Eine Kooperation, die allein der
Verbesserung der Versorgung der Patienten dient, ist auch künftig strafrechtlich unbedenklich. Strafbar ist die Kooperation hingegen, wenn sie ausschließlich der Steigerung der Einnahmen dient. Dies
ist z .B. dann der Fall, wenn eine Vereinbarung dahingehend getroffen wird, sich Patienten wechselseitig zuzuweisen oder für die Überweisung von Patienten "Kopfprämien" zu zahlen.
Wir empfehlen Ihnen daher auch hier nach der Devise „Prävention vor Repression“, Ihre Kooperationsverträge, so z. B. Ihren Honorararztvertrag, den Sie mit einem Krankenhaus abgeschlossen haben, juristisch prüfen zu lassen.
In Hessen gibt es dazu seit einigen Jahren das so genannte Clearingverfahren. Daran sind die Landesärztekammer Hessen (LÄKH), die hessische Krankenhausgesellschaft (HKG) und wir, die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, beteiligt.
Das Clearingverfahren funktioniert so: Sie schicken uns Ihren Vertragsentwurf an folgende Adresse:
Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Bereich Recht
Georg-Voigt-Str. 15
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Wir leiten ihn an LÄKH und HKG weiter, prüfen Ihren Entwurf dann eingehend und senden Ihnen eine
gemeinsame Stellungnahme zu. Diese Stellungnahme ist zwar kein Persilschein, schützt Sie also
nicht per se vor Strafverfolgung, jedoch wird sie vor Gericht wesentlich mehr Gewicht haben als z. B.
das Gutachten Dritter.
Hinzu kommt: Dieses Clearingverfahren ist für Sie kostenlos!
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Aufnahme des § 299a in das Strafgesetzbuch wird für die
allermeisten unter Ihnen kein kritisches Thema sein. Und sollten Sie unsicher hinsichtlich Ihrer Kooperationen sein, haben Sie mit uns einen Partner an Ihrer Seite, der Sie bestmöglich unterstützt.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Frank Dastych
Vorstandsvorsitzender
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Dr. Günter Haas
stv. Vorsitzender des Vorstands