Der Regierungsrat des Kantons Thurgau Einführung eines

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau
Staatskanzlei, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld
Eidgenössisches
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie
und Kommunikation UVEK
Frau Doris Leuthard
Bundesrätin
3003 Bern
Zustellung per E-Mail an:
[email protected]
Frauenfeld, 5. Juli 2016
Einführung eines Verpflichtungskredits zur Abgeltung von Leistungen im regionalen Personenverkehr (RPV) für die Jahre 2018 bis 2021
Vernehmlassung
Sehr geehrter Frau Bundesrätin
Wir danken Ihnen für die Möglichkeit, zur Einführung eines Verpflichtungskredits zur
Abgeltung von Leistungen im regionalen Personenverkehr (RPV) für die Jahre 2018 bis
2021 Stellung nehmen zu können.
I.
Allgemeine Bemerkungen
Der regionale Personenverkehr (RPV) ist ein tragender Pfeiler des ÖV-Systems der
Schweiz. Der RPV konnte in den vergangenen Jahren aufgrund von politisch breit abgestützten Entscheiden kontinuierlich und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Er hat in
den Agglomerationen eine bedeutende Funktion zur Abdeckung der Mobilitätsbedürfnisse sowie zur Verlagerung des Verkehrs auf den ÖV. In den ländlichen Regionen bietet er, abgestützt auf die raumplanerischen und regionalpolitischen Ziele, ein Grundangebot an Mobilität, das die Abwanderung verhindert und den Tourismus fördert.
Im Interesse der Volkswirtschaft, der Standortattraktivität, des Umweltschutzes und insbesondere zur Entlastung der Strasse ist das Angebot des RPV weiter auszubauen. Die
Finanzierung der dafür notwendigen Bahninfrastrukturausbauten konnte mit den
Rechtsgrundlagen zur Finanzierung und zum Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) dauerhaft gesichert werden. Gestützt auf das Bundesgesetz über die zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEBG) und das Strategische Entwicklungsprogramm
Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld
T +41 58 345 53 10, F +41 58 345 53 54
www.tg.ch
2/4
(STEP) Ausbauschritt 2025 werden die Trassenkapazitäten auf der Schiene ab 2019
kontinuierlich erhöht werden, so auch im Kanton Thurgau. Konsequenterweise müssen
nun auch die notwendigen finanziellen Mittel für die Abgeltung der Angebotsverbesserungen bereitgestellt werden.
II.
Bemerkungen zu einzelnen Artikeln
1.
Bundesgesetz über die Personenbeförderung (PBG)
Artikel 30a
Wir begrüssen die vorgeschlagene Änderung und stimmen dieser ausdrücklich zu.
Das neue Instrument des Verpflichtungskredits erhöht die Verbindlichkeit, fördert die
Transparenz und erleichtert nicht zuletzt den Kantonen die Planung der eigenen Abgeltungsmittel an den RPV.
2.
Bundesbeschluss über einen Verpflichtungskredit für die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs für die Jahre 2018 bis 2021
Artikel 1
Der Artikel ist wie folgt zu ändern:
„Für die Abgeltung der ungedeckten Kosten des bestellten Angebots des regionalen
Personenverkehrs wird für die Jahre 2018 bis 2021 ein Verpflichtungskredit von 4104
Millionen Franken bewilligt und freigegeben.“
Um sich ein repräsentatives Bild über den zukünftigen Abgeltungsbedarf zu verschaffen, konsultierte das Bundesamt für Verkehr verschiedene Akteure des RPV und führte
eine Umfrage bei Transportunternehmen durch. Aus den Umfrageresultaten ergab sich
im vierjährigen Zeitraum des Verpflichtungskredits ein Abgeltungsmehrbedarf von total
882 Millionen Franken. Gemäss der rechtlich verankerten paritätischen Finanzierung
des RPV müssten Bund und Kantone diese Mehrkosten, soweit sie nicht von den
Transportunternehmen mit Tarifmassnahmen oder Effizienzsteigerungen aufgefangen
werden können, je hälftig tragen. Das UVEK schlägt in der Vernehmlassungsvorlage
vor, dass die Transportunternehmen auf diesem Weg die Hälfte der geschätzten Mehrkosten, also 441 Millionen Franken decken könnten. Auch wir sind der Auffassung, dass
die Transportunternehmen einen Beitrag zur Deckung der Mehrkosten leisten müssen.
Allerdings sind diesem Beitrag sowohl im Bereich der Tarifmassnahmen als auch bei
den Effizienzsteigerungen Grenzen gesetzt. Die Tarife des öffentlichen Verkehrs sind in
den letzten Jahren überdurchschnittlich stark gestiegen, wogegen das Autofahren immer günstiger geworden ist. Die Preisschere zwischen dem motorisiertem Individualverkehr (MIV) und dem öffentlichen Verkehr (ÖV) soll sich in den nächsten Jahren nicht
3/4
weiter öffnen, da sonst die Passagiere vom ÖV auf den MIV abwandern könnten. Im
Bereich der Effizienzsteigerungen haben die Transportunternehmen in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, je nach Unternehmen in unterschiedlicher Ausprägung. Es
können daher nicht alle Unternehmen über einen Leist geschlagen werden. Das Kosteneinsparpotenzial ist je nach Unternehmen unterschiedlich hoch. Die Ergebnisse des
Benchmarks sind bei den Vorgaben an die Transportunternehmen zu berücksichtigen.
Wir sind der Auffassung, dass die voraussichtlichen Mehrkosten von 882 Millionen
Franken zu je einem Drittel von Bund, Kantonen und den Transportunternehmen getragen werden sollen. Dies entspricht einem Anteil von 294 Millionen Franken pro Partner.
Der vom Bundesrat vorgeschlagene Verpflichtungskredit des Bundes in der Höhe von
3‘970 Millionen Franken berücksichtigt jedoch lediglich einen Zusatzbedarf von 160 Millionen Franken. Der Verpflichtungskredit des Bundes ist daher um 134 Millionen Franken auf 4‘104 Millionen Franken zu erhöhen. Damit würde sich der Bund - analog zu
den Kantonen und Transportunternehmen - mit je 294 Millionen Franken an den voraussichtlichen Mehrkosten im RPV beteiligen. Sollte sich der Bund nicht in diesem
Ausmass an den Mehrkosten im RPV beteiligen, bedeutete dies, dass die geplanten
Angebotsverbesserungen nicht umgesetzt werden könnten, obwohl die Infrastruktur und
das Rollmaterial dafür bereitstünden.
Mit der Erhöhung des Verpflichtungskredits des Bundes für die Abgeltung des RPV in
den Jahren 2018 bis 2021 um 134 Millionen Franken auf 4‘104 Millionen Franken ist
gewährleistet, dass der RPV seine wichtige Funktion im Verkehrsmarkt zum Wohle des
Wirtschaftsstandortes Schweiz und des Umweltschutzes wahrnehmen kann und die getätigten Ausbauten der Bahninfrastruktur nicht zu „Investitionsruinen“ verkommen.
Gemäss Artikel 2 des Bundesbeschlusses über einen Verpflichtungskredit für die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs für die Jahre 2018 bis 2021 sollen die zugewiesenen Mittel lediglich für die Fahrplanperiode 2018/2019 freigegeben werden. Über die
Freigabe des verbleibenden Kredits für die Fahrplanperiode 2020/2021 soll der Bundesrat bis Ende Februar 2019 entscheiden können, um so auf veränderte finanzpolitische
Rahmenbedingungen reagieren zu können. Damit wird die Verbindlichkeit und erhöhte
Planbarkeit, die mit der Anpassung von Artikel 30a PBG geschaffen wird, umgehend
wieder aufgehoben. Eine Kürzung der Bundesmittel im Februar 2019 hätte zur Folge,
dass die für die Fahrplanperiode 2020/2021 geplanten Angebotsverbesserungen nicht
eingeführt werden könnten, obwohl die dafür erstellten Infrastrukturausbauten bereit
stehen und das dafür notwendige Rollmaterial ausgeliefert ist. Da die Kantone aus
grundsätzlichen Überlegungen nicht in die Lücke des Bundes springen können, hätten
die Transportunternehmen die finanziellen Konsequenzen zu tragen. Die Kürzung der
Bundesmittel so kurz vor Einführung des Fahrplans 2020/2021 würde dem Grundsatz
4/4
von Treu und Glauben widersprechen. Der Verpflichtungskredit ist deshalb für vier Jahre zu beschliessen und ohne Vorbehalte freizugeben.
Im Kanton Thurgau wird das Angebot im RPV in Abstimmung mit dem Bundesamt für
Verkehr auf den Fahrplan 2019 ausgebaut. Im Kanton Thurgau investieren die Bahnen
bis Ende 2018, finanziert aus dem Bahninfrastrukturfonds des Bundes, 304 Millionen
Franken in das Bahnnetz. Diese Ausbauten ermöglichen ab dem Fahrplan 2019 ein
verbessertes Fahrplanangebot mit dichteren Fahrplänen (lückenloser HalbstundenTakt) und besseren Anschlüssen. Die SBB (S-Bahn Zürich) haben das für den neuen
Fahrplan benötigte Rollmaterial bestellt. Aufgrund von Richtofferten der Transportunternehmen wird der Bahn- und Busfahrplan 2019 im Thurgau einen Abgeltungsmehrbedarf
von ca. 18 Millionen Franken auslösen. Gemäss Verordnung über die Abgeltung des
regionalen Personenverkehrs (ARPV, SR 745.16) hat der Kanton Thurgau einen Anteil
von 54 % oder 10 Millionen Franken (davon Anteil Gemeinden 1/3) zu finanzieren. Diese Mittel hat der Regierungsrat im Finanzplan ab 2019 eingestellt. Wir erwarten, dass
der Bund seinen Anteil von 46 % oder 8 Millionen Franken ab dem Fahrplanjahr 2019
ebenfalls zur Verfügung stellt.
Artikel 2
Dieser Artikel ist zu streichen.
Zur Begründung verweisen wir auf die Ausführungen zu Artikel 1.
Mit freundlichen Grüssen
Die Präsidentin des Regierungsrates
Der Staatsschreiber