Durchfallquote Lehrabschlussprüfung «Wir müssen Probleme früher ansprechen und schneller handeln» 30 bis 40 Prozent der angehenden Spenglerinnen und Spengler fallen bei der Lehrabschlussprüfung durch. Der Gebäudetechnikverband reagiert mit einer Sensibilisierungsoffensive. Im Gespräch: Martin Müller, Geschäftsführer von suissetec Kanton Bern. kenntnisse sind unabdingbar, um dem Unterricht in der Berufsfachschule zu folgen. Wie viele Lernende fallen im Qualifikationsverfahren durch? Bei den Spenglerinnen und Spenglern liegt die Durchfallquote bei 30 bis 40 Prozent. Und bei den anderen Berufen der Gebäudetechnik? Bei der zweijährigen beruflichen Grundbildung «Haustechnikpraktiker/-in EBA» haben wir im Prinzip kein Problem. Bei den Berufen «Heizungs- und Sanitärinstallateur/-in EFZ» sowie beim Beruf «Lüftungsanlagenbauer/-in EFZ» bestehen von Jahr zu Jahr Schwankungen. Mal ist die Durchfallquote hoch, mal liegt sie im grünen Bereich. Kaum Probleme gibt es bei der vierjährigen beruflichen Grundbildung Gebäudetechnikplaner/-in EFZ»: 90 bis 95 Prozent der Lernenden beenden ihre Ausbildung erfolgreich. Mit diesem Beruf sprechen wir offenbar ein anderes Zielpublikum an. «Wir finden nicht immer jene Lernenden, die wir gerne hätten»: Martin Müller, Geschäftsführer des Gebäudetechnikverbands suissetec Kanton Bern. Rolf Marti Bei den Spenglerinnen und Spenglern ist die Durchfallquote bei den Qualifikationsverfahren (Lehrabschlussprüfungen) hoch. Was läuft falsch? Wir finden nicht immer jene Lernenden, die wir gerne hätten bzw. die den Anforderungen des Berufs entsprechen. Der Hauptgrund liegt in der demografischen Entwicklung: Wir haben nicht mehr jene Auswahlmöglichkeiten, wie noch vor einigen Jahren. Je nach Region ist die Zahl der Schulaustretenden um 20 bis 40 Prozent gesunken. Hinzu kommt, dass die Berufe der Gebäudetechnik – obwohl die Branche gute Löhne zahlt und attraktive Entwicklungsmöglichkeiten bietet – bei den Jugendlichen oft nur zweite oder dritte Wahl sind. Das kann Einfluss auf die Motivation haben. Wie steht es um das Anforderungsprofil im Beruf «Spengler/-in EFZ»: Wurden die An- sprüche in den vergangenen Jahren nach oben geschraubt? Nein, das Anforderungsprofil hat sich kaum verändert. Wir stellen aber fest, dass heute mehr Jugendliche ihre Lehre mit schulischen Defiziten antreten. Sie sind in Mathematik und Deutsch nicht auf dem Stand, den der Lehrplan am Ende der Volkschule vorsieht. Beide Fächer sind jedoch zentral: In der Gebäudetechnik muss man Flächen berechnen und Masseinheiten umrechnen können. Und gute Deutsch- Was, wenn die Entwicklung bei den Spenglerinnen und Spenglern so weitergeht? Bekommt die Branche ein Nachwuchsproblem? Der Fachkräftemangel ist bereits Tatsache. Deshalb sind die Betriebe motiviert, möglichst viele junge Menschen auszubilden. Wer in unserer Branche die Lehre abschliesst, hat praktisch eine Jobgarantie. suissetec Kanton Bern reagiert mit einer Sensibilisierungsoffensive auf die hohen Durchfallquoten. Information und Kommunikation spielen eine zentrale Rolle. Was muss besser werden? Der Dialog zwischen Lehrbetrieb, Berufsfachschule, überbetrieblichem Kurs, Lernenden und Eltern muss intensiviert werden. Wir müs- sen Probleme früher ansprechen und schneller handeln. Mögliche Massnahmen für die Lernenden sind Stütz- und Ergänzungskurse oder ein Profilwechsel – also der Wechsel von der dreijährigen beruflichen Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis in die zweijährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest. Was können die Lehrbetriebe zur Verbesserung der Situation beitragen? Entscheidend ist ein gutes Selektionsverfahren. Ein solches umfasst eine Woche Schnupperlehre, einen Eignungstest und ein Bewerbungsgespräch unter Einbezug der Eltern. Hinzu kommt das sorgfältige Abwägen, ob die Kandidatin bzw. der Kandidat reif für eine dreijährige Grundbildung ist. Im Zweifelsfall ist die zweijährige Grundbildung vorzuziehen. Schliesslich sollten die Lehrbetriebe ihre Lernenden enger begleiten und bei schlechten Leistungen in der Berufsfachschule oder im überbetrieblichen Kurs das Gespräch mit den Lernenden, den Eltern und den Ausbildungspartnern suchen. Nicht alle Betriebe nehmen diese Verantwortung im selben Masse wahr. Wünschenswert wäre, wenn die Ausbildungsberatung des Kantons solche Betriebe intensiver begleiten würde. Welchen Part spielen die überbetrieblichen Kurse und die Berufsfachschule? Bei den überbetrieblichen Kursen wird schon viel gemacht. Sie liefern detaillierte Berichte an die Lehrbetriebe. Schön wäre, wenn mehr Berufsbildende ihre Lernenden in den Kursen besuchen würden. So könnten Probleme vor Ort diskutiert werden. Die Berufsfachschulen setzen mit Noten und Berichten klare Signale. Wichtig ist, diese ernst zu nehmen. sierungsoffensive gesetzt? Das Ziel ist für alle Berufe eine Erfolgsquote von 80 bis 85 Prozent – ohne dass wir dazu bei den Anforderungsprofilen Kompromisse machen, denn die Qualität der Ausbildung darf nicht leiden. Wir werden die Lehrbetriebe auf verschiedenen Ebenen informieren und sensibilisieren. Sollte das zu wenig bewirken, werden wir uns weitere Massnahmen überlegen müssen. [email protected] Berufsfeld Gebäudetechnik Zum Berufsfeld Gebäudetechnik gehören drei berufliche Grundbildungen. •Haustechnikpraktiker/-in EBA Fachrichtung Heizung, Lüftung, Sanitär und Spenglerei): Die Lehre als Haustechnikpraktiker/-in dauert zwei Jahre und schliesst mit einem eidgenössischen Berufsattest (EBA) ab. Bei guten Leistungen ist der Einstieg in eine verkürzte Lehre mit Abschluss EFZ der gewählten Fachrichtung möglich. •Sanitär- und Heizungsinstallateur/ -in EFZ, Lüftungsanlagenbauer/-in EFZ, Spengler/-in EFZ: Die Lehre dauert drei Jahre und schliesst mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) ab. •Gebäudetechnikplaner/-in EFZ: Die Lehre als Gebäudetechnikplaner/-in dauert vier Jahre und wird in den drei Fachrichtungen Heizung, Lüftung und Sanitär angeboten. Sie schliesst mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) ab. Über die Berufe und die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten im Berufsfeld Gebäudetechnik informiert die Website www.toplehrstellen.ch. Welche Ziele haben Sie sich mit der Sensibili- «espace einsteiger» ist eine Dienstleistung der Espace Media AG und des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Bern und wird in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern realisiert: BEKB | BCBE (www.bekb.ch) • Die Schweizerische Post, Berufsbildung (www.post.ch/lehrstellen oder 0848 85 8000) • Berufsbildung Bundesverwaltung (www.epa.admin.ch/dienstleistungen/lehrstellenangebote) • Meyer Burger AG (www.meyerburger.com)
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