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Honorar- versus Provisionsberatung: Makler-Sterben durch Provisionsverbot?
Alles Lüge!
"Nichts ist trügerischer als eine offenkundige Tatsache", zitiert Michael A. Hillenbrand, Vorstand der dvvf
Deutsche Verrechnungsstelle für Versicherungs- und Finanzdienstleistungen, Meisterdetektiv Sherlock
Holmes. In einem Gastbeitrag kommentiert Hillenbrand das britische Provisionsverbot.
"Die negativen Folgen des Provisionsverbots" titelte ein `Erfahrungsbericht´ am 10.06.2016 in diesem
werten Presseorgan DAS INVESTMENT.com, "Provisionsverbot mit fatalen Folgen?" hieß es am
selben Tag auf Versicherungsjournal.de.
In beiden Artikeln ging es um einen Vortrag beim VDVM-Makler-Symposium, in dem einmal mehr die
Mär durch`s Dorf getrieben wurde, dass das im Rahmen der "retail distribution review" (RDR)
durchgesetzte Provisionsverbot in Großbritannien zum dortigen Untergang der beratenden
Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche geführt hätte, und dass deshalb ein riesiger
Kundenkreis von qualifizierter Beratung ausgeschlossen sei.
Wir von der Deutschen Verrechnungsstelle (dvvf AG) hatten bereits im vergangenen Herbst unter der
Überschrift "Alles Lüge!" aufgezeigt, wie viel (nämlich wenig bis keine!) Wahrheit hinter diesen
Vergleichen stecken, sondern dass Sie vielmehr einzig das Ziel verfolgen, mit egal welchen Mitteln
Honorarmodelle (und damit eine steigende Mündigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Vermittlers im
Umgang mit seinen Kunden) zu verhindern.
Daher lässt sich das nachfolgende überschreiben mit: Alles Lüge! - reloaded!
In dem Vortrag eines Standard Life - Managers (und die sollten nun tatsächlich ausgezeichnete
Kenntnisse über den britischen Markt haben) wird zunächst die Behauptung aufgestellt, dass durch das
Provisionsverbot die Zahl der britischen Berater "von 280.000 auf 35.000 zurückgegangen" wäre, mithin
also fast eine Viertelmillion Berater seit 2011 "gestorben" seien. Eine Nachfrage nach der Quelle dieser
Erkenntnis blieb von der SL unbeantwortet.
Eigene Recherche fördert dagegen überraschendes zutage.
Kein Vermittlersterben in Großbritannien - gestorben wird vielmehr in Deutschland
So findet man auf statista.com nachfolgende Grafik, aus der hervorgeht, dass es in GB zumindest seit
2001 noch nie 280.000 Berater gab, dass der Höchststand vielmehr Ende 2015 mit 193.000 erreicht
wurde, und - ACHTUNG - dass die Anzahl britischer Berater (total = blaue Linie) seit 2011 kontinuierlich
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gestiegen ist.
Grafik: Statista
Auch andere Quellen (unter anderem "FAMR Financial Advice Market Review - Final Review" der `FCA
Financial Conduct Authority´, März 2016, "The Financial Adviser Market: In Numbers" der `APFA
Association of Professional Financial Advisers´, März 2016; zu finden auf www.imd2.de) liefern keinerlei
Hinweise für ein solches, durch die deutschen Lande posauntes, Vermittlersterben in Großbritannien.
Seite 2: Ganz anders sieht es in Deutschland aus
Ganz anders sieht es in Deutschland aus
Ganz anders sieht es leider hier in Deutschland aus (und hier gibt es kein Provisionsverbot). Analysiert
man die Statistiken des DIHK, so zeigt sich erschreckendes: von 2011 bis 2015 sind 23.760 Vermittler
aus dem Markt ausgeschieden.
Warum spricht niemand in derselben Schärfe über das ECHTE deutsche Vermittlersterben, welches
meiner Meinung nach (gerade auch durch die reichlichen Provisionskürzungen der Versicherer nach
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Einführung des LVRG) weiter zunehmen wird?
Grafik: dvvf (Quelle: eigene Grafik anhand der Statistiken des DIHK; für die ungebundenen Vermittler
wurde nur einmalig ein Wert veröffentlicht; das hat sicher seinen Grund).
Britische Berater leben gut von Honoraren - das können wir in Deutschland auch
Noch dreister wird es, wenn in dem Vortrag behauptet wird, dass die britischen Berater durch Honorare
(fees, das heißt direkt mit dem Kunden vereinbarte Vergütungen) nur einen kleinen Anteil von 12
Prozent ihrer Einnahmen erwirtschaften ("Provisionen vom Kunden machen nur einen kleinen Anteil
aus"). Dazu wird ein Tortendiagramm abgebildet.
Vergleicht man das Diagramm jedoch mit seinem Original, nämlich dem Tortendiagramm aus dem
APFA - Bericht, so zeigt sich: a) es geht hier nicht um die Einkünfte des Beraters, sondern um die
Zahlungsströme/-methoden (payment methods), und b) es hapert ein bisschen mit der Übersetzung:
ALLE "non commission payments", also die "fees", sind nämlich nichts anderes als mit dem Kunden
vereinbarte Honorareinnahmen, die lediglich über Dritte bezahlt werden.
##BOX_1450##
Grafik: DAS INVESTMENT.com
Seite 3: "Ins rechte Licht gerückt"
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"Ins rechte Licht gerückt"
Ins rechte Licht gerückt wird deutlich, dass so gering der Honoraranteil doch nicht ist: Sie machen
nämlich tatsächlich 60 Prozent der Einnahmen der Vermittler aus.
Dies wird durch eine weitere Grafik der APFA zu den Einkommensquellen der britischen Berater
bestätigt:
Die Vermittlungshonorare betragen 33 Prozent (rot). Die laufenden Betreuungshonorare betragen 35
Prozent (grün).
Der Anteil an Honorareinnahmen vom Kunden der britischen Berater betrug also 2015: 68
Prozent!!!
(Quelle: dvvf aus APFA Report: The Financial Adviser Market: In Numbers Edition 4.0, S. 14)
Beratungslücken haben ihre Ursachen nicht im Provisionsverbot, sondern in sich grundsätzlich
verändernden Bedingungen (Digitalisierung, etc.)
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Die finale Behauptung des Vortrags, dass nämlich aufgrund des Provisionsverbots und dem damit
einhergehenden Maklersterben "der Beratungsmarkt den meisten Menschen verschlossen bliebe", ist
ebenfalls unhaltbar.
Wenn sich die Marktteilnehmer in zunehmend Maße (also auch die Versicherer, und das gilt für den
britischen ebenso wie für den deutschen Markt) auf Fintech- und Online-Services ausrichten, bleibt es
nicht aus, dass einfachere Bevölkerungsschichten deshalb schlechter versorgt werden, weil sie sich
schlicht nicht für Versicherungen und Vorsorge interessieren. Sie nehmen die Möglichkeiten nicht wahr.
Auch die Höhe der Honorare spielt dabei durchaus eine Rolle. Daher unterstreichen sowohl die
britische Aufsicht als auch das britische Finanzministerium im FAMR-Report, dass mehr
Vorfinanzierungsmodelle geschaffen werden müssen, um es den Kunden zu erleichtern, Honorare zum
Beispiel in zwölf Monatsraten zu bezahlen.
Die Märkte werden sich - wie sie das so oft getan haben - den geänderten Bedingungen anpassen.
Mit einem Sherlock Holmes - Zitat habe ich den Beitrag eingeleitet, mit einem weiteren möchte ich
abschließen:
"Never trust to general impressions, my boy, but concentrate yourself upon details."
(dt. Trauen Sie niemals allgemeinen Eindrücken, mein Junge, sondern konzentrieren Sie sich auf
Einzelheiten.)
(Sherlock Holmes in Arthur Conan Doyle`s `A Case of Identity´)
In diesem Sinne bitte ich Sie: überprüfen Sie, was Sie lesen, woher die Informationen kommen, ob es
sich um Fakten handelt und wie Sie belegt sind. Nehmen Sie nichts für bare Münze, ohne vorher
darüber nachgedacht zu haben.
Ganz besonders dann, wenn es um Ihre eigene berufliche Zukunft geht.
Autor: Michael A. Hillenbrand
Dieser Artikel erschien am 06.07.2016 unter folgendem Link:
http://www.dasinvestment.com/berater/news/datum/2016/07/06/die-ueberhaupt-nicht-wundersame-heilung-des-englischen-patienten/
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