festbericht bieler tagblatt

Nr. 153 AZ 2500 Biel CHF 3.70
heute
Privatmarkt
Die Zeitung für Biel und das Seeland
Montag,
4. Juli 2016
www.bielertagblatt.ch
Weg mit dem Müll
Frisch gepflückt
Kleine Läden, grosses Herz
Ferenc Büdi sorgt dafür, dass in
Grenchen täglich bis zu 90 Tonnen
Abfall entsorgt werden. – Seite 7
Jetzt sind sie reif, die Kirschen.
Besuch bei Fellers auf ihrem
Hof in Ruchwil. – Seite 8
Wie soll Erlach in Zukunft
aussehen? Der Gemeinderat
sucht Antworten. – Seite 9
Braderie sorgt für
den üblichen Dreck
Aarberger schwingt in Aarberg obenaus
Biel Die Braderie ist ausgesprochen friedlich
verlaufen. Viel Arbeit gab es für das Putzteam.
Zehntausende Besucher strömten dieses
Wochenende in die Bieler Innenstadt.
Die Braderie ging ruhig über die Bühne.
Selten verlief das Strassenfest so friedlich
wie heuer. Polizei und Organisationskomitee ziehen eine sehr positive Bilanz.
Am Stand des EHC Biel herrschte
Hochbetrieb. Zahlreiche Fans deckten
sich mit Shirts, Mützen und Schals ein.
Auch der eine oder andere EHC-Profi
liess sich an der Braderie blicken und
verteilte Autogramme. Derweil mischten sich die Elite-Junioren unter die Besucher und machten diese auf ihr Crowdfunding-Projekt aufmerksam. Mit Erfolg.
Bis gestern kamen sie ihrem Minimalziel
bereits sehr nahe.
Ein ganz anderes Ziel verfolgten die 34
Mitarbeiter der städtischen Strassenreinigung. Sie sorgten dafür, dass die tausenden Besucherinnen und Besucher der
Braderie am Samstag- und Sonntagmorgen durch frisch geputzte Strassen und
Gassen spazieren konnten. Am Samstag-
morgen begann ihr Einsatz bereits um
4 Uhr, damit die Frühaufsteher unter den
Schnäppchenjägern bereits um 7 Uhr
saubere Strassen vorfanden. Für die
Strassenwärter lag das Müllaufkommen
in diesem Jahr etwa in der gleichen
Grössenordnung wie in den letzten Jahren üblich. Das heisst, dass sie während
der Braderie rund 45 Tonnen Abfall entsorgten.
Im Gegensatz zur sonst üblichen Müllentsorgung achteten die städtischen Angestellten in den letzten zwei Tagen in
der Innenstadt nicht darauf, nur Säcke
mit Müve-Aufklebern mitzunehmen.
«An der Braderie entsorgen wir allen Abfall», sagte Martin Siegenthaler, Leiter
der Strassenreinigung. Obwohl die Strassenwärter auch heute Morgen im Einsatz
standen, dauert es noch rund eine Woche,
bis die Sauberkeit der Innenstadt wieder
auf dem normalen Stand ist.
rüf/leh/pst – Brennpunkt Seiten 2 und 3,
Sport Seite 17
Hangar mit sieben
Island-Märchen
Flugzeugen brannte ist zu Ende
Kappelen In der Nacht auf Sonntag hat
auf dem Flugplatz Biel-Kappelen ein
Hangar gebrannt. Darin abgestellt waren sieben Kleinflugzeuge. Entsprechend
gross ist der Sachschaden: Nach ersten
Schätzungen beträgt er rund drei Millionen Franken.
Verletzt wurde niemand. Unter den total ausgebrannten Maschinen ist auch
ein historisches Kampfflugzeug, das die
Franzosen im Algerien-Krieg eingesetzt
hatten. Die Brandursache war bis gestern Abend nicht bekannt und ist Gegenstand von Ermittlungen. Kurz vor 4 Uhr
hatten Anwohner der Kantonspolizei gemeldet, dass es auf dem Flugplatz Explosionen gebe. Daraufhin waren drei Feuerwehren mit rund 60 Mann ausgerückt.
bk – Region Seite 4
Fussball Der Lauf der isländischen Nationalmannschaft ist gestoppt worden.
Frankreich überforderte das Überraschungsteam der Euro und gewann den
letzten Viertelfinal gestern 5:2.
Während die Isländer die Heimreise
antreten müssen, wartet auf Frankreich
ein grosser Brocken. Der EM-Gastgeber
trifft am Donnerstag im Halbfinal auf
Deutschland, das Italien im Penaltyschiessen bezwang. Nach der Zitterpartie
nahm ARD-Kommentator Mehmet
Scholl den Stab von Bundestrainer Joachim Löw in die Mangel. Scholl kritisierte die taktische Aufstellung. Löw
hatte von der Viererkette auf eine Dreierkette umgestellt. «Das hätte man auch
anders lösen können», so Scholl.
stü/rb – Sport Seite 19
Warum das Projekt Foodsharing
in Biel gescheitert ist
Biel Die Vorsätze waren gross: Bis August letzten Jahres sollten in Biel an mehreren Orten öffentlich zugängliche Kühlschränke stehen. Übriggebliebene Nahrungsmittel sollten gratis angeboten statt
entsorgt werden. In mehreren Schweizer
Städten wurde das Modell im vergangenen Jahr zu einem Trend. Auch in Biel
bildete sich ein «Foodsaver»-Team aus
sieben Freiwilligen.
Ein Jahr später nun die Ernüchterung:
Das Projekt kam in Biel nie zustande, die
Kühlschränke wurden nie aufgestellt, die
Helfer zogen sich zurück. Der einstige
«Drahtzieher» des Projekts erkrankte
und zog sich aufgrund seiner Vaterschaft
ganz aus dem Projekt zurück. Zurück
bleibt einzig die aktuelle Administratorin
der Facebookseite. «Und alleine kann ich
nichts machen», sagt sie.
Dabei gebe es durchaus Helfer: Auf der
Facebookseite von Foodsharing Biel gab
es mehrere Anfragen, wie man helfen
könne. Zudem zählt eine Facebookgruppe namens «Foodsharing-Helfer
Biel» immerhin neun Mitglieder. Aber es
fehlt an Leitung und Koordination. Das
zeigen andere Foodsharing-Städte wie
Bern. Dort ist das Projekt ein Erfolg.
reu – Region/Wirtschaft Seite 5
Schwingfest 3800 Fans kamen in die Aarolina-Schwingarena und sahen, wie Florian Gnägi
(links gestützt von Bruder Damian, rechts von Cousin und Neukranzer Cyril Vonlanthen) das
111. Seeländische vor Christian Stucki gewann. Bild: Matthias Käser – Sport Seiten 15 und 16
BT heute
Wetter
Kultur
Kultfigur in Neuenburg
Seite 12
Am Festival International du Film Fantastique ist in diesem Jahr John Carpenter zu Gast – der Regisseur sorgt seit bald
vier Jahrzehnten für Horror. – Seite 14
Abo Service
Tel. 0844 80 80 90
[email protected], www.bielertagblatt.ch/abo
Schweiz
SP sucht neue Wähler
Der Nationalrat ist nach rechts gerückt.
Nun überlegt die SP, wie sie Wähler gewinnen kann. – Seite 24
Ausland
Corbyn klebt am Sessel
Die Krise um den britischen LabourOppositionschef Jeremy Corbyn spitzt
sich weiter zu. Dieser hält dennoch an
seinem Amt fest. – Seite 26
14°/24°
Heute auf bielertagblatt.ch
Redaktion
Robert-Walser-Platz 7, 2502 Biel
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Der BT-PartyReporter war
unterwegs an
der Braderie
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Das Video von Ronny Sommer zur Bieler
Braderie finden Sie unter:
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Leserbriefe
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Agenda/Kino
Forum/Sudoku
Wetter/Leserbeiträge
TV + Radio
10
11
12
27
Inserate
Privatmarkt
6
Todesanzeigen
22
Immobilienmarkt Di/Do
Jobplattform
Mi/Fr/Sa
15
Bieler Tagblatt Montag, 04.07.2016
Sport
Sport
Die Lysserin Xenia Knoll und
ihre Partnerin Alizé Cornet
sind in Wimbledon ausgeschieden. Andrea Hlavackova und Lucie Hradecka siegten in drei Sätzen. – Seite 18
Ausland
Einem Anschlag in Bagdad
im Irak sind 119 Menschen
zum Opfer gefallen. Verantwortlich ist anscheinend
erneut ein Selbstmordattentäter des IS. – Seite 26
Dominic Bloch
hofft weiter
Einen guten Wettkampf lieferte der bald
31-jährige Dominic Bloch ab. Unter Berücksichtigung des Mitte Mai beim Oberaargauischen in Hindelbank zugezogenen Kreuzbandrisses sowieso. Im ersten
Gang spürte der Vinelzer das linke Knie,
danach sei es gut gelaufen. «Allerdings
war ich etwas gehemmt. Wenn ich selber
ziehe und links belaste, kann ich nicht genügend Druck ausüben.» Die Leistung
sei durchzogen, blieb er selbstkritisch.
Bis nach dem sechsten Gang war er sich
nicht sicher, ob es nun für den angestrebten Kranz gereicht hat. So sagte er im Ungewissen: «Wenn ja, mache ich weiter,
gehe am Sonntag auf den Rigi und dann
an das Kantonale und hoffe, dass es für
das Eidgenössische reicht. Wenn nein,
beende ich die Saison und lege einen
Operationstermin fest.» Was bedeuten
würde, dass sich das Karriereende auf
2017 verschieben würde. Ende Mai im
nächsten Jahr würde er beim Seeländischen in Meinisberg die Schwingerhosen
ans Brett nageln. Das für ihn erfreuliche
Resultat nach dem Gespräch mit dem BT
und nach allen Auswertungen: siebter
Rang und der 27. Karrierekranz. Es geht
auch 2016 noch weiter.
Philipp Roths Trotzreaktion
Kurz vor der Entscheidung: Florian Gnägi war für Willy Graber zu aufsässig.
Bilder: Matthias Käser
«Einer meiner schönsten Erfolge»
Seeländisches Schwingfest In Aarberg feierte der Aarberger Florian Gnägi mit seinem sieben Kranzfestsieg
einer der wichtigsten Erfolge. In einem gut besetzten Feld liess er fünf weitere Eidgenossen hinter sich.
Beat Moning
Sechs Eidgenossen kamen nach Aarberg
und sie boten für die knapp 4000 Fans bei
besten äusseren Bedingungen starken
Schwingsport. Vor allem die Direktbegegnungen hielten teilweise, was sie versprachen. Zwar war der Auftakt mit Schwingerkönig Kilian Wenger und Christian Stucki
noch etwas verhalten, doch danach kamen
die Anwesenden auf die Rechnung. Etwa
bei Florian Gnägi gegen Remo Käser, der
an seinem ersten Seeländischen Platz 3
belegte. Auch Willy Graber und Simon Anderegg hielten bis ganz zum Schluss mit
und sorgten für Spannung pur. Vor dem
letzten Gang waren fünf Schwinger innerhalb von 0,50 Punkten klassiert. Kilian
Wenger war mit zwei Gestellten noch dabei, Bernhard Kämpfs Startniederlage
gegen Käser war die eine zu viel.
ten Gang nicht gelungen war, Simon Mathys mit einer 10 zu schlagen. «Als ich ihn
unten hatte, wollte ich einfach nichts mehr
riskieren», erklärte der Lysser sein Vorgehen. Andere sagten, in einem für ihn noch
wichtigeren Anlass hätte er es damit nicht
bewenden lassen.
Florian Gnägi hat Willy Graber schon
vor zwei Jahren beim Bernisch-Kantonalen-Schlussgang in St. Imier bezwungen.
Da brauchte er etwas über zwei Minuten.
«Wir kennen uns gut und es ist nie einfach
gegen ihn», so Gnägi, der sich auch gegen
Remo Käser einen grossen Fight lieferte.
«Beide hatten die Möglichkeit zum Sieg,
ich etwas mehr. Er griff immer wieder frech
an. Ich musste auf der Hut sein. Am Ende
war der Gang gerechterweise gestellt.» Käser war am Ende seines ersten Seeländischen nicht unzufrieden. Zwei Gestellte
und zwei Erfolge mit 9,75 reichten aber
nicht für die Endausmarchung. Die Zuschauer feierten also Florian Gnägi, der seit
seiner ersten Teilnahme 2004 an einem
Seeländischen immer wieder um Spitzenpositionen kämpfte. Nicht immer glücklich. Stucki war schon sein Bezwinger. 2013
stellte Gnägi mit Simon Anderegg, worauf
Matthias Sempach und Matthias Glarner
den Festsieg teilten. 2012 gewann Gnägi
das Seeländische in Port nach einem Sieg
über Stucki. Jetzt also in Aarberg. Sozusagen vor der Haustüre. «Ich kam zu Fuss
und fühlte mich eigentlich ganz gut am
Morgen. Klar, Druck war da», so Gnägi, der
sich dafür entschuldigte, dass er nicht allen
an diesem Sonntag die Hand schütteln
konnte. «Ich musste mich schon etwas abschotten, wollte ich da meine Vorbereitung wie gewohnt durchführen.» Gnägi
Erwartungsdruck war gross
Am Ende übertrumpfte einer alle: Florian
Gnägi (27) gewann im Schlussgang gegen
Willy Graber. In der sechsten Minute mit
Abfangen eines äusseren Hakens und
Überdrücken am Boden. Der Lokalmatador, 0,25 und mehr Punkte vor der Gegnerschaft, wollte nichts mehr anbrennen lassen. «In einem Schlussgang willst du einfach gewinnen», sagte er, mit Siegerstier
«Janick» an der Leine. Warum diese Frage?
Bei einem Gestellten, auf den er sich durchaus hätte konzentrieren können, wäre sein
Teamkollege Christian Stucki als Sieger
ausgerufen worden. Der Lysser aber gratulierte dem Aarberger als einer der Ersten.
«Ich blieb auf dem Platz zum Erben», lächelte der Lysser danach. «Aber ich wusste
auch, dass Flöru gut drauf war und Graber
bezwingen würde.» Stucki selber verpasste
den Schlussgang, nach dem es ihm im fünf-
stufte den zweiten Sieg an einem Seeländischen als einen der grössten in seiner Laufbahn ein, «weil eben der Erwartungsdruck
von aussen in den letzten Wochen auf dieses Fest hin schon gross war», antwortete
er dem stolzen Gemeindepräsidenten und
OK-Vizepräsidenten Fritz Affolter. Gnägi
hat standgehalten, was ihm zusätzlich Mut
gibt. «Ich hatte keine einfachen Gegner
und die meisten Kämpfe davon waren intensiv.» Was beweist, dass die Formkurve
nach oben zeigt. «Bislang hatte ich aufgrund meiner Beschwerden keine optimale Saison. In den letzten Wochen spürte
ich aber, dass es stetig aufwärtsgeht.» Normal weiter trainieren und nichts Neues
ausprobieren, heisst nun das Credo im
Hinblick auf die nächsten Feste. Die sind
mit dem Rigi und dem Bernisch-Kantonalen sowie dem Brünig Ende Juli schwerer
als das Seeländische einzustufen. «Ich
hoffe, dass ich meine Form nun bis zum
Eidgenössischen halten kann.»
Den 10. Kranz holte sich Philipp Roth (21)
nach einem Beginn, der nicht nur Gutes
verhiess. Aber: Er stellte gegen den Eidgenossen Simon Anderegg zum zweiten Mal
innert kurzer Zeit, musste dann aber mit
einem weiteren Gestellten gegen Simon
Urfer einen Rückschlag einstecken. Der
Biberister vom Schwingklub Aarberg liess
sich aber nicht entmutigen und gewann
die folgenden vier Kämpfe mit der
Höchstnote 10. «Nach dem zweiten Gang
war ich etwas enttäuscht und haderte mit
mir selber. Aber ich sagte mir auch, jetzt
erst recht.» Danach sei es nahezu optimal
gelaufen. Mit dem dritten Saisonkranz
hat er sich die Teilnahme am Eidgenössischen mehr als verdient.
Sein Bruder Dominik muss dafür noch
zittern und versucht es nach seiner erlittenen Schulterprellung in zwei Wochen
am Bernisch-Kantonalen in Meiringen.
Und dann wäre da noch Robin Roth, der
15-jährige Bruder der beiden Aktivschwinger. Erstmals nahm der Jüngste
des Trios teil. Drei Siege und drei Niederlagen standen auf dem Notenblatt. «Damit habe ich mein Ziel erreicht. Ich weiss
jetzt, wie es sich gegen Aktive anfühlt», so
Robin Roth. In der Rangliste nimmt er
Platz 13 ein. Etwas weniger gut lief es dem
zweiten Aktiv-Debütanten. David Schwab
zog erst vier Niederlagen ein, dann hatte
er mit einem Sieg und einem Gestellten
noch einen versöhnlichen Abschluss.
Bester Seeländer Schwinger ohne Auszeichnung wurde Fredy Burger. Der am
21. April 40 Jahre alt gewordene Kallnacher gewann drei Kämpfe, stellte einen
und verlor zwei. bmb
Zurück zum Bauern
Bleibt die Frage, was mit dem Siegerstier
passiert? Gnägi lakonisch: «Mein Balkon
ist definitiv zu klein.» Eine andere Anfrage
seiner Eishockeyteamkollegen der Seedorfer Pinguins musste er ebenfalls abschlägig beantworten. Die wollten den
Simmentaler Stier nämlich auf dem Grill
wiedersehen und eine grosse Party veranstalten. Nicht so Florian Gnägi: «Er ist zu
jung und zu schön dafür. Ich gebe ihm dem
Bauern zurück.» Dafür erhält der Aarberger den Siegercheck, der sich in der Regel
um die 5000 Franken oder mehr bewegt.
Vielleicht liegt ja für seine Kollegen ein Essen im Steakhaus drin.
Sieg aber keine 10: Christian Stucki verpasste den Schlussgang um 0,25 Punkte. Simon
Mathys wurde mit 9,75 aus dem Sägemehl verabschiedet.
Weitere Bilder, Rangliste/Statistik
www.bielertagblatt.ch/galerien
Meldet sich zurück: Dominic Bloch (in
Weiss) holte seinen ersten Saisonkranz
und hofft weiter auf Estavayer. mk
16
Sport
Bieler Tagblatt Montag, 04.07.2016
Seeländer im Wechselbad der Gefühle
Schwingen Cyril Vonlanthen hat am Seeländischen in Aarberg seinen ersten Kranz gewonnen. Knapp verpasst hat
die Auszeichnung dagegen Matthias Zimmermann, der jetzt um die Teilnahme am Eidgenössischen bangen muss.
Wo war der
Ami?
Gespannt war man auf den Auftritt eines Ausländers: Unter den
Gästeschwingern figurierte Frank
Kaech aus Kalifornien. Vor einer
Woche nahm er am Freiburger
Kantonalen teil und wurde mit je
drei Siegen und Niederlagen
Zehnter. Der im Klub von Muotathal figurierende AuslandSchweizer hätte gestern auch in
Aarberg antreten sollen, so jedenfalls war er gemeldet. Kurzfristig
änderte er sein Programm und
schwang beim Innerschweizerischen in Einsiedeln. Da wurde er
mit einem Sieg, zwei Gestellten
und drei Niederlagen 21. Daheim
kann er immerhin erzählen, er
habe vor 8000 Fans geschwungen. bmb
Notenblätter
1 * Gnägi Florian ***
+ Kramer Lario *
- Käser Remo **
+ Kämpf Marcel *
+ Röthlisberger Simon **
+ Schmid Reto **
+ Graber Willy ***
58.75
10.00
9.00
10.00
9.75
10.00
10.00
2 Stucki Christian ***
- Wenger Kilian ***
+ Graber Bruno **
+ Zehnder Jürg *
+ Studer Stefan **
+ Mathys Simon *
+ Weyermann Florian *
58.25
8.75
9.75
10.00
10.00
9.75
10.00
3 a Käser Remo **
+ Kämpf Bernhard ***
- Gnägi Florian ***
+ Schenkel Remo *
+ von Weissenfluh Kilian *
+ Luginbühl Hanspeter **
- Anderegg Simon ***
57.50
10.00
9.00
9.75
9.75
10.00
9.00
3 b Roth Philipp *
- Anderegg Simon ***
- Urfer Simon *
+ Lauber Lorenz
+ Gerber Fritz
+ Derron Julien
+ Studer Stefan **
57.50
8.75
8.75
10.00
10.00
10.00
10.00
3 c Wenger Kilian ***
- Stucki Christian ***
+ Brunner Marcel *
- Graber Willy ***
+ Fankhauser Kurt **
+ Wüthrich Niklaus **
+ von Büren Stephan *
57.50
8.75
10.00
9.00
9.75
10.00
10.00
Schliesslich setzte die Zeit dem
Kampf ein Ende, und mit diesem
Gestellten platzten zugleich Zimmermanns Kranzträume. Für das
Eidgenössische habe er allerdings
noch nicht ausgeträumt. Nur dass
nun Zimmermann seinen zweiten Kranz in dieser Saison nach
dem Erfolg vom 9. Mai am Mittelländischen in Oberbalm halt im
Fest der letzten Chance holen
muss. In zwei Wochen am Bernisch Kantonalen in Meiringen,
wo die Trauben angesichts der gewichtigen Konkurrenz noch höher hängen dürften.
4 a * Graber Willy ***
+ Röthlisberger Simon **
+ Schmid Reto **
- Wenger Kilian ***
+ Zimmermann Matthias *
+ Kämpf Marcel *
o Gnägi Florian ***
57.25
10.00
10.00
9.00
9.75
9.75
8.75
4 b Anderegg Simon ***
- Roth Philipp *
+ Wüthrich Niklaus **
+ Gehrig Philipp *
+ Berger René **
+ Thomet Adrian **
- Käser Remo **
57.25
8.75
10.00
10.00
10.00
9.75
8.75
4 c Kramer Lario *
o Gnägi Florian ***
+ Wenger Ruedi
+ Tschanz Richard *
- Bloch Dominic **
+ Aeschlimann Martin
+ Schletti Andreas *
57.25
8.50
10.00
10.00
8.75
10.00
10.00
Bildergalerie des Seeländischen
www.bielertagblatt.ch/galerien
5 a Kämpf Bernhard ***
o Käser Remo **
+ Reust Markus *
- Bloch Dominic **
+ Graber Bruno **
+ Kropf Thomas *
+ Gehrig Damian **
57.00
8.50
10.00
9.00
9.75
10.00
9.00
Ferner:
7 e Bloch Dominic **
+ Thomet Adrian **
+ Glauser Daniel *
- Kämpf Bernhard ***
- Kramer Lario *
- Brunner Marcel *
+ Waber Lorenz *
56.50
10.00
9.75
9.00
9.00
8.75
10.00
8 b Vonlanthen Cyril
- Schüpbach Janick
+ Oberli Pascal
- Kropf Thomas *
+ Bögli Xavier
+ De Fusco Dario
- Röthlisberger Simon **
56.25
8.75
10.00
9.00
9.75
9.75
9.00
Zwei Gestellte: Für Matthias Zimmermann (links oben) gegen Daniel Glauser und Cyril Vonlanthen (rechts vorne) gegen Simon Röthlisberger mit unterschiedlichen Folgen. Bilder: Matthias Käser
Francisco Rodríguez
Als Cyril Vonlanthen an der Siegerehrung nach vorne gerufen
wird, bricht in der Aarfit-Halle
grosser Jubel aus. «Ich kann es
noch immer nicht glauben», sagt
ein sichtlich überwältigter Vonlanthen. Zum ersten Mal in seiner
Karriere hat er einen Kranz gewonnen. «Und erst noch am
Heimfest, das ist das Höchste der
Gefühle.» Schulterklopfen, Händeschütteln und von überall her
viel Lob für den Neukranzer: Vonlanthen wird schon fast wie ein
Sieger gefeiert.
Steigerungslauf in Aarberg
Mit einem Gestellten gegen den
Emmentaler Janick Schüpbach
begann sein Wettkampftag ansprechend. Danach steigerte sich
Vonlanthen weiter und errang
drei Siege sowie dazwischen
einen Gestellten, ehe er auf den
Teilverbandskranzschwinger Simon Röthlisberger traf. Für den
20-jährigen Nidauer lag der erste
Kranzgewinn in Reichweite, dazu
musste aber noch einmal ein Erfolg her.
Lob vom Technischen Leiter
Mit vollem Einsatz kämpfte Vonlanthen für seine persönliche
Krönung. Den Sieg holte er sich
zwar knapp nicht, aber einen Gestellten, der dank aktiver Kampfführung mit einer hohen Note
von 9,00 belohnt wurde. «Cyril
hat in diesem letzten Gang eine
sehr gute Leistung gezeigt», würdigt Dominik Matter den Auftritt
des jungen Schwingers. Der Technische Leiter des Seeländischen
Schwingverbandes sagt, er hätte
dies nicht unbedingt erwartet und
freute sich zusammen mit Vonlanthen über die schöne Auszeichnung. Insgesamt sei das
ganze Schwingfest mit dem Sieg
von Florian Gnägi und fünf Kränzen ein wunderbarer Erfolg für
die Seeländer. «Es hat alles geklappt, ich bin sehr zufrieden.»
Vonlanthen spricht von einem
Traum, der in Erfüllung gegangen
ist, nachdem in Vergangenheit
mehrmals nur wenig gefehlt
hatte. «Jetzt habe ich endlich
meinen ersten Kranz, und dann
gewinnt mein Cousin auch noch
dieses Seeländische. Das ist wirklich toll.» Florian Gnägi habe ihm
diverse Tipps gegeben, vor allem,
wie man gegen die Kranzschwinger kämpfen müsse.
Schwingen sei in der Familie
ein Dauerthema, auch ausserhalb
des Sägemehls. Kein Wunder,
sind doch Florian Gnägi, Damian
Gnägi, Lionel Gnägi, Christian
Gnägi und Cyril Vonlanthen alle
miteinander verwandt. Geerbt
haben sie das Kämpfer-Gen von
Lionels Vater Thomas Gnägi, der
sich in seiner früheren Karriere
30 Mal Eichenlaub erschwungen
hatte. Mit Vonlanthens Premiere
und Gnägis Heimsieg ist gestern
das Palmarès in der Familie um
prestigeträchtige Auszeichnungen erweitert worden.
Einen Kranzgewinn hatte auch
Matthias Zimmermann angestrebt. Vor allem, weil er sich damit das Ticket für das Eidgenössisches Schwingfest Ende August
in Estavayer praktisch gesichert
hätte. Mit einem Gestellten sowie zwei Siegen lag der Jenser
nach drei Durchgängen auf Kurs.
Gegen den späteren SchlussgangTeilnehmer Willy Graber zeigte
Zimmermann einen starken vierten Gang, drängte den Eidgenossen sogar an den Rand einer Niederlage, musste sich aber
schliesslich dennoch geschlagen
geben.
Zimmermann nicht belohnt
Der Seeländer wusste, dass nach
einem Gestellten im fünften Gang
zum Abschluss eine Zehn nötig
war. Gegen den Oberaargauer Daniel Glauser übernahm Zimmermann sofort die Initiative, suchte
beherzt die Entscheidung und
legte ihn auf den Rücken. «Ich bin
der Meinung, dass er unten war.
Den hätten sie geben müssen, bin
mir aber bewusst, dass es halt immer auch eine Ermessensfrage
ist», so der vermeintliche Sieger.
Die Kampfrichter waren nicht
gleicher Meinung und liessen
weiterschwingen.
Letzte Chance in Meiringen
Gebührender Abschied und neue Herausforderung für Lanz
Schwingen Christian
Lanz hat seine Karriere
siegreich beendet. Jetzt
wird der Lengnauer
Nachfolger von
Dominik Matter als
Technischer Leiter.
Diesen Abschiedssieg wollte
Christian Lanz unbedingt. Entsprechend topmotiviert stieg der
Lengnauer in seinen letzten
Kampf gegen Adrian Wüthrich.
Gross war die Freude, als er den
Riedstätter zu Boden drückte. Damit ist Lanz‘ Aktivkarriere nach
16 Jahren, beziehungsweise 26
Jahren – die Zeit bei den Jungschwingern miteingerechnet – erfolgreich zu Ende gegangen.
Der Präsident des Schwingklubs Unteres Seeland zeigte sich
glücklich. Vor und während des
Kampfes sei er noch angespannt
gewesen. Danach feierte Lanz den
speziellen Moment mit seinen
Angehörigen und Freunden. In
einem symbolischen Akt schlug
er einen Nagel in ein Brett und
hängte sprichwörtlich seine
Schwingerhosen an den Nagel.
Eigentlich hätte er schon letztes
Jahr seine Aktivkarriere beenden
wollen. «Dann verletzte ich mich
und musste das Seeländische auslassen», so Lanz. Mit einer Verletzung unbemerkt durch die Hintertür zu verschwinden, das kam
für den Schwinger, der 1990 in
Letzter symbolischer Akt: Christian Lanz hängt seine Schwingerhosen an
den Nagel und will neuer Technischer Leiter der Seeländer werden.
Attiswil erstmals an einem Fest in
die Schwingerhosen gestiegen
war, nicht in Frage. «Ich wollte
mich unbedingt vor dem Heimpublikum verabschieden.»
Zwei Kränze hat Lanz in dieser
langen Zeit geholt, einen am Seeländischen 2008 in Ipsach und
den anderen am Neuenburger
Kantonalfest. Gestern lagen die
Kranzränge für den Lengnauer
ausser Reichweite. «Dafür habe
ich schlicht zu wenig trainiert.»
Am Ende resultierte hinter 40
Konkurrenten Rang 12a. Ein insgesamt gutes Ergebnis, mit dem
auch Lanz gut leben kann.
Mit dem Schwingsport wird der
Seeländer weiter in engem Kontakt bleiben. Nicht nur als Präsident des Schwingklubs Unteres
Seeland. Lanz übernimmt vom
zurücktretenden Dominik Matter das Amt des Technischen Leiters. «Ich bin Kandidat für das
Gemeindepräsidium in Kall-
nach», so Matter, dem als SVPGemeindepolitiker schlichtweg
die Zeit fehlen würde, um sich
weiterhin in selbem Umfang für
die Schwinger zu engagieren.
«Ich bin bereit und will Technischer Leiter werden, sollte sich an
der Hauptversammlung vom November nicht noch jemand anderes vordrängen», bestätigte Lanz
gestern am Randes des Seeländischen Schwingfestes sein grosses
Interesse. «Schliesslich kann man
nicht von heute auf morgen dem
Schwingsport den Rücken kehren. Wir haben einen super Teamgeist und ich möchte weiterhin
mit allen zusammen sein. Es
macht Spass zu sehen, wie sich die
Jungen integrieren und positiv
entwickeln.» Lanz, der gestern
zum letzten Mal auf der grossen
Bühne stand, will seine Erfahrung
weitergeben und mithelfen, die
Seeländer für weitere Erfolge fit
zu machen. Francisco Rodríguez
Rangliste: 1. Gnägi 58,75. 2. Christian Stucki
(Lyss) 58,25. 3. Remo Käser (Alchenstorf),
Philipp Roth (Biberist) und Kilian Wenger
(Horboden) je 57,50. 4. Graber, Simon Anderegg (Unterbach) und Lario Kramer (Galmiz) je 57,25. 5. Bernhard Kämpf (Sigriswil),
Remo Schenkel (Worb) und Roman Sommer (Wasen im Emmental) je 57,00. Ferner;
7e Dominic Bloch (Vinelz) 56,50. 8b Cyril
Vonlanthen (Nidau) 56,25. Ferner Seeländer ohne Auszeichnung: 11c Fredy Burger
(Kallnach) 55,50. 12. Christian Lanz (Lengnau), Matthias Zimmermann (Jens) 55,25.
13. Jan Freitag (Erlach), Robin Roth (Biberist, Schwingklub Aarberg) 55,00. 15.
u.a. Christian Gnägi (Bellmund), Damian
Gnägi (Bühl), Thierry Heeb (Aarberg), Mike
Dubler (Lüscherz) je 54.50. 16. Lionel Gnägi
(Bellmund) 54,25. 18. Roger Grossenbacher
(Brügg) 53,75. 19. Marco Messer (Arboldswil, SC Biel) 53,50. 22. David Schwab (Aarberg), Sandro Wyss (Seedorf) je 52,75.